Urteil des LG Köln vom 02.02.2006

LG Köln: form, vergütung, verbringen, wohnrecht, grundpfandrecht, pflegeheim, mittellosigkeit, akte, hypothek, belastung

Landgericht Köln, 1 T 481/05
Datum:
02.02.2006
Gericht:
Landgericht Köln
Spruchkörper:
1. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
1 T 481/05
Vorinstanz:
Amtsgericht Köln, 51 XVII K 181/03
Tenor:
Die sofortige Beschwerde des Betroffenen gegen den Beschluss des
Amtsgerichts Köln vom 23.11.2005 – 5103 XVII K 181 – sowie die
sofortige Beschwerde der Betei-ligten zu 2) gegen den Beschluss des
Amtsgerichts Köln vom 22.11.2005 – 51 XVII K 181/03 – werden
zurückgewiesen.
G r ü n d e:
1
Für den Betroffenen ist Betreuung eingerichtet worden. Der Aufgabenkreis umfasst
Vermögenssorge, Gesundheitsfürsorge, Aufenthaltsbestimmung, Vertretung bei
Behörden und Versicherungen sowie Befugnis zum Empfang und Öffnen der Post. Zur
Betreuerin ist die Beteiligte zu 2) berufen worden.
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Mit Beschluss vom 11.8.2004 ist der Beteiligte zu 3) zum Ergänzungsbetreuer berufen
worden. Der Aufgabenkreis umfasst einen Verkauf des Hauses des Betroffenen in der
X-Straße in C und die Abwicklung des Vertrages vor Notar Dr. E in C vom 7.2.2002,
Urkundenrolle Nr. ###/2002. Mit Schriftsatz vom 17.9.2004 meldete sich für die
Beteiligte zu 2) Herr Rechtsanwalt H und teilte mit, dass sich eventuell ein Verkauf des
Hauses erübrige, wenn der Betroffene zu Hause die erforderliche Pflege erhalten werde;
nach den vorliegenden Erkenntnissen seien die wirtschaftlichen Verhältnisse des
Betroffenen geregelt, so dass nach dem Aufenthalt des Betroffenen im St. W Haus in
Köln die ursprünglich ins Auge gefasste Verkaufsabsicht überprüft werden müsse.
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Nachdem von den Verkaufsbemühungen Abstand genommen worden war, ist mit
Beschluss des Amtsgerichts Köln vom 20.4.2005 die Ergänzungsbetreuung aufgehoben
worden.
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Mit Beschluss vom 23.11.2005 ist für den Beteiligten zu 3) als ehemaligem
Ergänzungsbetreuer eine Vergütung einschließlich Auslagenersatz in Höhe von
6.167,28 € bewilligt worden. Gleichzeitig hat das Amtsgericht angeordnet, dass sich
dieser Vergütungsanspruch in voller Höhe gegen den Betroffenen richte.
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Gegen diesen am 24.11.2005 zugestellten Beschluss wendet sich der Betroffene mit
seiner sofortigen Beschwerde, die mittels Schriftsatz seines Verfahrensbevollmächtigten
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am 8.12.2005 bei Gericht eingegangen ist. Zur Begründung wird ausgeführt, die
Hinzuziehung eines anwaltlichen Ergänzungsbetreuers sei nicht notwendig gewesen.
Im übrigen hätten die Kosten der Staatskasse auferlegt werden müssen.
Mit Beschluss vom 22.11.2005 sind für den Beteiligten zu 4) für dessen Tätigkeit als
Verfahrensbevollmächtigtem der Beteiligten zu 2) gemäß § 11 RVG insgesamt 5.981,54
€ festgesetzt worden, die von der Beteiligten zu 2) zu erstatten sind.
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Gegen diesen am 30.11.2005 zugestellten Beschluss wendet sich die Betreuerin mit
ihrer sofortigen Beschwerde, die mittels Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten
am 14.12.2005 bei Gericht eingegangen ist. Zur Begründung wird darauf verwiesen,
gegen die Gebührenansätze bestünden Bedenken. Eine Terminsgebühr sei nicht
angefallen. Außerdem müsse nach der BRAGO die außergerichtliche Geschäftsgebühr
auf die Verfahrensgebühr angerechnet werden, da von einem einheitlichen Mandat
auszugehen sei.
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Das Amtsgericht hat beiden sofortigen Beschwerden durch Verfügung vom 23.12.2005
nicht abgeholfen und die Sache der Kammer zur Entscheidung vorgelegt.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.
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Die sofortige Beschwerde des Betroffenen gegen den Beschluss des Amtsgerichts Köln
vom 23.11.2005 ist gemäß § 56 g Abs. 5 FGG zulässig, insbesondere form- und
fristgerecht eingelegt und begründet worden, in der Sache allerdings nicht erfolgreich.
Der angefochtene Beschluss ist unter keinem rechtlichen oder tatsächlichen
Gesichtspunkt zu beanstanden. Er findet seine gesetzliche Grundlage in § 1835 Abs. 3
BGB in Verbindung mit den Vorgaben des RVG. Soweit der Beschwerdeführer darauf
verweist, im vorliegenden Falle sei nichts dafür ersichtlich, dass gerade ein
Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung der Aufgaben eines Ergänzungsbetreuers zu
beauftragen war, ist dem entgegen zu halten, dass die Situation gekennzeichnet war
durch das Grundpfandrecht in Höhe von 250.000.- € zu Gunsten der Beteiligten zu 2),
und Gegenstand der Ergänzungsbetreueraufgaben auch die Abwicklung des Vertrages
von Notar Dr. E vom 7.2.2002 war. Hinzu kam das Wohnrecht zu Gunsten der
Beteiligten zu 2). Im Vordergrund standen erhebliche Interessenkonflikte, so dass es
gerade eines versierten Rechtsanwalts bedurfte, um den ins Auge gefassten Verkauf
des Anwesens des Betroffenen in der X-Straße in C durchführen zu können. Nach
eingehenden Verhandlungen, die seitens des Ergänzungsbetreuers umfangreich
dokumentiert worden sind, haben die Beteiligten von einem derartigen Verkauf Abstand
genommen, weil sich der Sachverhalt geändert hatte. Ursprünglich war beabsichtigt,
das Anwesen zu veräußern, weil nicht erwartet wurde, der Betroffene werde sein
weiteres Leben in diesem Anwesen verbringen, vielmehr sich für dauernd in einem
Pflegeheim aufhalten. Da aber realistischerweise eine Rückkehr des Betroffenen in sein
früheres Wohnumfeld möglich wurde, hatte sich der Lebenssachverhalt so sehr
verändert, dass es eines Verkaufs des Anwesens nicht mehr bedurfte. Die dazu
notwendigen Einzelheiten sind mit allen Beteiligten besprochen worden, was seitens
des Beteiligten zu 3) ausführlich dem Gericht mitgeteilt worden ist. Angesichts der
Kompliziertheit, der Schwierigkeiten und der Interessengegensätze, die sich namentlich
in dem Sicherungsinteresse der Betreuerin manifestieren, war die Hinzuziehung gerade
eines anwaltlichen Betreuers notwendig, so dass dieser nach den Grundsätzen des
RVG abzurechnen berechtigt war.
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Von einer Mittellosigkeit des Betroffenen ist nicht auszugehen. Der Betroffene verfügt
über monatliche Einkünfte in Höhe von 3.262,84 €. Auch dann, wenn die monatlichen
Belastung etwa in Form der Vergütung für Pflegeleistungen in Abzug gebracht wird,
verbleibt weit mehr als das Schonvermögen. Aus dem zuletzt vorgelegten
Betreuungsbericht für die Zeit vom 15.10.2003 bis 15.4.2004 ergeben sich auf dem
Girokonto Beträge, die bei knapp 10.000.- € liegen; hinzu kommt der Grundbesitz. Dass
sich die Situation im Nachhinein erheblich geändert haben könnte, ist nicht ersichtlich.
Angesichts dieser Sachlage war nicht zu beanstanden, dass das Amtsgericht den
Vergütungsanspruch als gegen den Betroffenen selbst gerichtet angesehen hat. Die
sofortige Beschwerde unterlag daher der Zurückweisung.
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Ein weiteres Rechtsmittel wird nicht zugelassen, weil die Sache nicht von
grundsätzlicher Bedeutung ist.
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Die sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 2) gegen den Beschluss des Amtsgerichts
Köln vom 22.11.2005 ist gemäß § 11 Abs. 2 RVG in Verbindung mit § 104 Abs. 3 ZPO
zulässig, auch insoweit form- und fristgerecht bei Gericht eingegangen, in der Sache
aber nicht erfolgreich. Soweit die Beschwerde darauf verweist, Rechtsanwalt H habe
pflichtwidrig auf einen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe verzichtet, kann
die Beschwerdeführerin mit diesem Einwand im Kostenfestsetzungsverfahren nicht
gehört werden, da es sich um einen Einwand aus materiellem Recht handelt. Im übrigen
sind aber die Gebühren angefallen, die Gegenstand des Antrags vom 8.6.2005 waren.
Im Gegensatz zur Auffassung der Beschwerdeführerin sind Verfahrens- und
Terminsgebühr angefallen, Ziffern 3100 und 3104 der Anlage 1 zum RVG. Die
Teilnahme des Verfahrensbevollmächtigten an der mündlichen Erörterung der
gesamten Angelegenheit unter Einschluss des ehemaligen Ergänzungsbetreuers war
notwendig, da auch die Sicherungsinteressen der Betreuerin zu beachten waren;
insoweit wird auf den Vertrag vor Notar Dr. E vom 7.2.2002 verwiesen. Dort war ein
Wohnungsrecht für die Betreuerin zu beachten und naturgemäß die Hypothek über den
Betrag von 250.000.- €. Angesichts dieser Sachlage war nicht zu beanstanden, dass
das Amtsgericht in seiner angefochtenen Entscheidung die Gebühren antragsgemäß
festgesetzt hat.
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Soweit die Beschwerde auf eine Anrechnung der Gebühren infolge früherer
Mandatierung verweist, kann dem nicht gefolgt werden. Zum Einen wird nicht dargelegt,
zu welchem Zeitpunkt Rechtsanwalt H außergerichtlich im vorliegendem Falle vor dem
Besprechungstermin im April 2005 tätig geworden ist; zum Anderen findet sich in der
vorliegenden Akte ein erster Schriftsatz des Herrn Rechtsanwalts H vom 17.9.2004,
gerichtet an den ehemaligen Ergänzungsbetreuer. Damit ist nichts dafür ersichtlich,
dass die früheren Vorschriften der BRAGO zur Anwendung kommen könnten. Die
sofortige Beschwerde unterlag demgemäß der Zurückweisung.
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Eine Kostenentscheidung war nicht veranlasst.
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