Urteil des LG Kassel vom 03.11.2009

LG Kassel: rücktritt vom vertrag, rückgabe, kennzeichen, zubehör, geschäftsführer, einspruch, form, reifen, käufer, nebenkosten

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Gericht:
LG Kassel 7.
Zivilkammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
7 O 53/08
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 284 BGB, § 346 BGB, § 347
Abs 2 BGB, § 434 BGB, § 437
Abs 2 BGB
Leitsatz
Durch den Rücktritt vom Kaufvertrag wird ein Anspruch auf Ersatz eines
Nutzungsausfallschadens in Form von Mietwagenkosten nicht ausgeschlossen.
Tenor
Das Versäumnisurteil der Kammer vom 12. Mai 2009 wird aufrechterhalten.
Die Klägerin hat die weiteren Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu
vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar. Die Vollstreckung aus dem
Versäumnisurteil darf nur gegen Leistung dieser Sicherheit fortgesetzt werden.
Tatbestand
Die Klägerin nimmt die Beklagte im Zusammenhang mit der Rückgabe eines von
der Beklagten ausgelieferten Fahrzeugs „…“ aus eigenem und abgetretenem
Recht der „…“ Leasing GmbH in Anspruch.
Die Klägerin bestellte am 22. August 2003 bei der Beklagten einen über die „…“
Leasing GmbH finanzierten Pkw „…“ Limousine mit dem späteren Kennzeichen
„…“ Das Fahrzeug wurde, wie im Verlaufe des Rechtsstreits zwischen den Parteien
unstreitig geworden ist, abweichend vom ursprünglichen Vortrag der Klägerin nicht
am 22. Oktober 2003, sondern erst nach Erstzulassung am 2. Dezember 2003 an
die Klägerin ausgeliefert. Bereits am 22. Oktober 2003 war an die Klägerin ein
weiteres Fahrzeug „…“ übergeben worden, welches das amtl. Kennzeichen “ … „
erhalten hatte.
Nachdem es bei einer Fahrt am 20. September 2004 zu Problemen mit der
Lenkung des Pkw gekommen war, ließ die Klägerin das Fahrzeug im September
2004 zum „ … " in „…“ abschleppen. Mit anwaltlichem Schreiben vom 22.
September 2004 (K7, Blatt 81 ff. d.A.) erklärte sie den Rücktritt vom Vertrag. Am
21. Oktober 2004 wurde das Fahrzeug an die Niederlassung der Beklagten in „…“
zurückgegeben und der Vertrag anschließend auf der Grundlage eines
Rücknahmeprotokolls vom 26. Oktober 2004 (Blatt 105 d.A.) rückabgewickelt.
Mit der Klage begehrt die Klägerin nach erfolgloser Zahlungsaufforderung mit
anwaltlichem Schreiben vom 3. April 2006 (Anlage K8, Blatt 86 ff. d.A.)
Aufwendungsersatz für Winter- und Sommerreifen, Schneeketten, eine
Kofferraumwanne, einen Grundträger, einen Gummimattensatz sowie acht
Leichtmetallfelgen in Höhe von 10.036,32 Euro brutto gemäß Rechnung der „…“
vom 22. Oktober 2003 (Anlage K3, Blatt 15 d.A.) abzüglich eines Abschlags von für
45.000 gefahrene Kilometer (0,5 % je 1.000 gefahrene km = 2.258,17 Euro),
mithin 7.778,15 Euro. Hilfsweise stützt sie das Klagebegehren auf einen Anspruch
auf Erstattung von Mietwagenkosten für die Monate November und Dezember
2004 gemäß Rechnungen vom 30. November und 2. Dezember 2004 (K9, Blatt 90
f. d.A.).
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Die Klägerin behauptet, der Vertrag sei auf der Grundlage eines berechtigten
Rücktritts wegen Mängeln des Pkw rückabgewickelt worden. Das vorgenannte
Zubehör habe sie für den Pkw mit dem amtlichen Kennzeichen „…“ angeschafft.
Zudem seien Mietwagenkosten angefallen, weil ein neuer Pkw erst sechs Monate
später angeschafft worden sei. Die Klägerin meint, aus eigenem Recht, jedenfalls
aber aus abgetretenem Recht der „…“ Leasing GmbH zur Geltendmachung der
Ansprüche berechtigt zu sein.
Nachdem die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 12. Mai 2009 säumig
geblieben ist, ist ihre auf Zahlung von 7.778,15 Euro nebst 5 % Zinsen über dem
jeweiligen Basiszinssatz seit dem 18. April 2006 sowie Nebenkosten in Höhe von
644,50 Euro nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit
Rechtshängigkeit gerichtete Klage durch Versäumnisurteil vom selben Tag
abgewiesen worden. Gegen das am 19. Mai 2009 zugestellte Versäumnisurteil hat
die Klägerin mit am 2. Juni 2009 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz Einspruch
eingelegt, mit dem sie ihr ursprüngliches Begehren, nunmehr nur noch Zug-um-
Zug gegen Übergabe der vorgenannten Gegenstände, weiter verfolgt.
Die Klägerin beantragt,
das Versäumnisurteil vom 12. Mai 2009 aufzuheben und die Beklagte zu
verurteilen, an die Klägerin 7.778,15 Euro nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen
Basiszinssatz seit dem 18. April 2006 sowie Nebenkosten in Höhe von 644,50 Euro
nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechthängigkeit Zug um
Zug gegen Übergabe von:
zu bezahlen.
Die Beklagte beantragt,
unter Zurückweisung des Einspruchs vom 2. Juni 2009 das
Versäumnisurteil vom 12. Mai 2009 aufrecht zu erhalten.
Die Beklagte behauptet, Grundlage der Rückabwicklung des Vertrags sei eine
einvernehmliche Vereinbarung über die vorzeitige Beendigung des „…“ deren
Geschäftsführer im Übrigen mit dem Geschäftsführer der Klägerin
personenidentisch sei, aufgeführten Gegenstände seien nicht für das Fahrzeug mit
dem amtlichen Kennzeichen „…“ sondern allenfalls für das bauidentische
Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen „…“ angeschafft und genutzt worden.
Die Beklagte hat die Einrede der Verjährung erhoben. Sie verweist darauf, dass
Ansprüche aus dem Leasingvertrag binnen sechs Monaten nach Rückgabe des
Leasinggegenstands verjähren.
Wegen des weiteren Vortrags der Parteien wird auf den Inhalt der von ihnen
eingereichten Schriftsätze Bezug genommen.
Die Kammer hat den Geschäftsführer der Klägerin persönlich angehört. Das
Ergebnis der Anhörung ist aus dem Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 29.
September 2009 (Blatt 131 ff. d.A.) ersichtlich.
Entscheidungsgründe
Der Einspruch der Klägerin gegen das Versäumnisurteil ist zulässig, insbesondere
form- und fristgerecht eingelegt worden.
In der Sache hat der Einspruch jedoch keinen Erfolg.
Die Klage ist unbegründet.
Ansprüche aus eigenem oder abgetretenem Recht der Leasinggeberin gemäß §§
434, 437 Nr. 2, 346, 347 Abs. 2 BGB auf Verwendungsersatz in Höhe der Kosten
der ihrer Behauptung nach für den Pkw mit dem amtlichen Kennzeichen „…“
angeschafften Zubehörteile stehen der Klägerin schon deshalb nicht zu, weil sie
nicht nachgewiesen hat, dass sie überhaupt Verwendungen auf den an die
Beklagte zurückgegebenen Pkw „…“ gemacht hat.
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Beweis für ihre Behauptung, sie habe die in der Rechnung aufgeführten Reifen,
Felgen und sonstigen Gegenstände für den Pkw „…“ angeschafft bzw. genutzt, hat
die Klägerin trotz gerichtlichem Hinweis nicht angetreten. Auf den hierfür
ursprünglich benannten Zeugen „…“ ist mit Schriftsatz vom 7. September 2009
ausdrücklich verzichtet worden. In der mündlichen Verhandlung vom 29.
September 2009 hat die Klägerin durch ihren Prozessbevollmächtigten erklärte,
ein Zeuge stehe für die Behauptung nicht zur Verfügung.
Die Überzeugung davon, dass die in der vorgenannten Rechnung aufgeführten
Gegenstände für den Pkw „…“ angeschafft und genutzt wurden, hat sich die
Kammer auch nicht aufgrund der persönlichen Anhörung des Geschäftsführers der
Klägerin verschaffen können. Dieser hatte an den Erwerb der in der Rechnung der
„…“. aufgeführten Gegenstände keine konkrete Erinnerung mehr. Er konnte
lediglich angeben, dass er für sämtliche Fahrzeuge, welche die Klägerin erworben
habe, entsprechendes Zubehör erworben habe. Weshalb sich die Gegenstände im
Zeitpunkt der Rückgabe nicht im bzw. am Pkw befunden haben, vermochte er
nicht zu erklären.
Bereits die zeitlichen Zusammenhänge sprechen demgegenüber dafür, dass das
in der Rechnung aufgeführte Zubehör nicht für den Pkw „…“ sondern für den
baugleichen Pkw „…“ erworben wurde. Dieser Pkw ist taggenau am 22.Oktober
2003 an die Klägerin ausgeliefert worden, während der Pkw „…“ überhaupt erst im
Dezember 2003 in den Besitz der Klägerin gelangte. Es liegt daher auf der Hand,
dass das am 22. Oktober 2003 erworbene Zubehör auch für den an diesem Tag
ausgelieferten Pkw „…“ und nicht „auf Vorrat“ für einen erst mehrere Monate
später zu erwartenden Pkw angeschafft und genutzt wurde. Dies gilt umso mehr,
als die Klägerin nach Angaben ihres persönlich gehörten Geschäftsführers
sämtliche Kfz mit Zubehör ausrüstet. Überdies war im Rahmen der Klageschrift
auch ursprünglich ausgeführt worden, das Zubehör sei für einen am selben Tag
erhaltenen Pkw gekauft worden. Nur so erklärt sich auch, dass sich die in der
Rechnung vom 22. Oktober 2003 aufgeführten Gegenstände im Zeitpunkt der
Rückgabe des Pkw „…“ nicht an bzw. in diesem Fahrzeug befanden, obwohl dies
zumindest bei den Reifen und Felgen zu erwarten gewesen wäre, und obwohl die
Rückgabe nach Angaben des Geschäftsführers der Klägerin unvorbereitet im
Anschluss an einen während der Fahrt aufgetretenen Defekt erfolgte, so dass
keine Gelegenheit zur Umrüstung des Kfz vor dessen Rückgabe bestand. Hätte die
Klägerin die in der Rechnung der „…“ aufgeführten Gegenstände für den im
Oktober 2004 zurückgegebenen Pkw erworben, hätte überdies nahe gelegen, dass
Verwendungs- und Aufwendungsersatzansprüche bereits im Rahmen der
Rückabwicklung geltend gemacht werden. Weder im Zusammenhang mit dem
Rücktritt noch im Rücknahmeprotokoll ist hiervon jedoch die Rede, obwohl die
Klägerin seinerzeit bereits anwaltlich beraten war.
Mangels Nachweises, dass die behaupteten Zubehörteile für den Pkw „…“
angeschafft wurden, scheidet auch ein Aufwendungsersatzanspruch aus §§ 434,
437 Nr. 2, 284 BGB aus, ohne dass es noch darauf ankommt, ob die weiteren
Voraussetzungen dieses Anspruchs, insbesondere die erforderliche Fristsetzung
zur Nacherfüllung, überhaupt schlüssig dargetan sind.
Andere Rechtsgrundlagen tragen das Begehren der Klägerin auf Aufwendungs-
bzw. Verwendungsersatz ebenfalls nicht.
Die hilfsweise geltend gemachten Mietwagenkosten aus eigenem oder
abgetretenen Recht kann die Klägerin ebenfalls nicht beanspruchen. Zwar wird
durch den Rücktritt vom Kaufvertrag ein Anspruch auf Schadenersatz auch
insoweit nicht ausgeschlossen, als es um den Ersatz eines
Nutzungsausfallschadens geht, der dadurch entstanden ist, dass dem Käufer
infolge eines Mangels der Kaufsache deren Nutzung entgeht. Der Umfang des
Anspruchs ist jedoch auf den Zeitraum begrenzt, den der Käufer benötigt hätte,
um ein Ersatzfahrzeug anzuschaffen (OLG Celle, Urt. v. 16. April 2008, Az.: 7 U
224/07; s. Reinking/Eggert, Der Autokauf, 10. Auflage 2009, Rdn. 1872 m.w.N.).
Angesichts des ständigen Überangebots auf dem Gebrauchtwagenmarkt und
unter Beachtung der jedem Geschädigten obliegenden
Schadensminderungspflicht ist insoweit regelmäßig nur ein Zeitraum von ein bis
zwei Wochen anzusetzen (OLG Celle, a.a.O.). Mietwagenkosten für den Zeitraum
ab November 2004 kann die Klägerin, die den Pkw bereits am 20. September 2004
nicht mehr genutzt hat. Ob die weiteren Voraussetzungen eines
Schadenersatzanspruchs überhaupt schlüssig dargetan sind, kann bei dieser
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Schadenersatzanspruchs überhaupt schlüssig dargetan sind, kann bei dieser
Sachlage dahinstehen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in
§ 709 Satz 1 und 3 ZPO.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.