Urteil des LG Frankfurt am Main vom 19.01.2007

LG Frankfurt: stand der technik, vermieter, gebäude, mangel, zustand der mietsache, klimaanlage, mietvertrag, hitze, anschlussberufung, heizung

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Gericht:
OLG Frankfurt 2.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
2 U 106/06
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 3 ArbStättV, § 6 ArbStättV, §
536 Abs 1 BGB
(Mangel der Mietsache: Aufheizung aufgrund
Sonneneinstrahlung von nicht klimatisiert vermieteten und
den baurechtlichen Bestimmungen entsprechenden
Büroräumen; Anwendbarkeit der Arbeitsstättenverordnung
im Mietrecht)
Leitsatz
Die Beurteilung, ob wegen Aufheizung eines Gebäudes aufgrund Sonneneinstrahlung
ein Mangel der Mietsache vorliegt, richtet sich nach den vertraglichen Vereinbarungen
und dem baulichen Zustand des Gebäudes, nicht nach der Arbeitsstättenverordnung.
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 21.4.2006 verkündete Urteil des
Landgerichts Frankfurt am Main - Az.: 2-27 O 106/04 – abgeändert.
Die Klage wird insgesamt abgewiesen.
Die Anschlussberufung der Klägerin wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin kann die Zwangsvollstreckung der Beklagten abwenden gegen
Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus diesem Urteil vollstreckbaren
Betrages, sofern nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des
jeweils beizutreibenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I.
Die Klägerin nimmt die Beklagte in Anspruch auf Zahlung der Kosten des Einbaus
einer Sonnenschutzanlage und Durchführung von baulichen Maßnahmen, welche
gewährleisten sollen, dass in den angemieteten Räumen keine höhere
Innentemperatur als 26° Celsius oder bei Außentemperaturen von über 32°
Celsius keine höhere Innentemperatur als 6° Celsius unter der Außentemperatur
herrscht.
Die Parteien schlossen am 8. und 10.3.2000 einen Mietvertrag mit einer Laufzeit
von 10 Jahren über gewerbliche Büro- und Archivräume in dem X genannten
Anwesen der Klägerin in …, A-str. Als Büroflächen sollten 1.249,38 m² Fläche im 2.
und 3. Obergeschoss des Hauses „…“ und 576,62 m² im 3. Obergeschoss des
Hauses „…“ dienen. In § 2 des Mietvertrages ist festgelegt, dass die Mieträume zu
Büro- und Verwaltungszwecken genutzt werden sollten.
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Anschließend heißt es in § 2 Abs. 2 des Mietvertrages: „Es obliegt dem Mieter
selbst zu überprüfen, ob die Ausstattung für die von ihm vorgesehene Nutzung
ausreichend ist. Für die Erfüllung gegenwärtiger und künftiger behördlicher und
technischer Vorschriften (z. B. DIN, VDS, VDE) die den Betrieb des Mieters
betreffen, hat der Mieter auf eigene Kosten zu sorgen.“
In § 3 Abs. 1 des Mietvertrages heißt es: „Der Vermieter hat vor Übergabe
Umbauleistungen und/oder Renovierungsmaßnahmen vorzunehmen, deren Art
und Umfang in der beiliegenden Baubeschreibung (Anlage 5) fixiert sind.
“In der beigefügten Mieterbaubeschreibung (Anlage 5) ist bei dem Punkt
„Fassade“ unter anderem Folgendes festgelegt: „Zum Sonnenschutz werden die
Bürofenster mit Außenraffstores ausgestattet, jedoch nicht nordseitig. Betätigt
werden diese elektrisch. Eine Windwächteranlage wird installiert.“
In § 12.2 des Mietvertrages heißt es: „Der Mieter ist berechtigt, Einrichtungen
anzubringen, die ihm zur Nutzung des Mietobjektes erforderlich erscheinen, sofern
diese die schutzwürdigen Interessen des Vermieters und/oder anderer Mieter nicht
beeinträchtigen. Hierzu zählt insbesondere die Installation von Klimaanlagen auf
dem Dach, für die der Vermieter schon jetzt seine Zustimmung erteilt. Eine
eventuell behördlich notwendige Genehmigung ist vom Mieter einzuholen und dem
Vermieter nachzuweisen. Eventuelle behördliche Auflagen hat der Mieter auf
eigene Kosten zu erfüllen.“
Auf den weiteren Inhalt des Mietvertrages und der Mieterbaubeschreibung wird
verwiesen.
Im Jahr 2003 holte die Klägerin ein Gutachten der B mbH ein (Bl. 46ff. d. A.), die
während einer relativ warmen Spätsommerperiode im August und September mit
einem Fühler an der Nordseite des Gebäudes Außenlufttemperaturen zwischen
15° und 29° Celsius maß und im Innenbereich als Spitzenwert im Großraumbüro
30,5° Celsius sowie 29,5° Celsius in einem Büroraum. Auf den näheren Inhalt des
Gutachtens wird verwiesen.
Hinsichtlich des Zeitraums bis 30.6.2003 machte die Klägerin als Beklagte und
Widerklägerin des Vorprozesses 2-10 O 45/03 Minderung und Schadenersatz
gegen die Beklagte als dortige Klägerin geltend. Insoweit schlossen die Parteien
am 10.6.2003 einen Vergleich (Bl. 164, 165 d. Beiakte).
Im ersten Rechtszug hat die Klägerin vorgetragen, in den gemieteten Büroflächen
herrschten von Mai bis September selbst bei bewölktem Himmel Temperaturen
von bis zu 35 ° Celsius. Ihre Mitarbeiter litten deshalb unter gesundheitlichen
Problemen.
Die vorhandenen Jalousien verstärkten noch den Wärmestau im Gebäudeinneren.
Durch die Reflexstrahlung der Fenster gegenüberliegender Gebäude sei auch auf
der Nordseite ein Sonnenschutz erforderlich.
Die Klägerin hat sich auf die Rechtsprechung der Oberlandesgerichte Hamm (NJW-
RR 1995, 143), Köln (NJW-RR 1993, 466), Düsseldorf (NZM 1998, 916) und Rostock
(NJW-RR 2001, 802) sowie des Landgerichts Bielefeld vom 16.4.2003 (AiB 2003,
752) berufen, welche hinsichtlich sommerlicher Hitze einen Mangel der Mietsache
bestätigt und teilweise die arbeitsschutzrechtliche Vorschrift § 6 Abs. 1 Satz 1
ArbStättVO und die dazu erlassene Verwaltungsrichtlinie ASR 6 Abschnitt I Nr. 3.3
sowie der DIN 1946 Teil 2 zur Definition eines Mangels herangezogen haben.
Sie hat neben der Gewährleistung einer bei Hitze deutlich unter der
Außentemperatur liegenden Innentemperatur die Kosten für die im Jahr 2002
durchgeführte Installation der Sonnenjalousie über dem Glasdachsattel in Höhe
von 46.302,68 € verlangt.
Diese Kosten seien zwar bereits umfasst gewesen von ihrer Klage im Rechtsstreit
2-4 O 7/03 vor dem Landgericht Frankfurt, die später durch Verbindung zur
Widerklage im Vorprozess 2-10 O 45/03 geworden ist. Die Kosten seien jedoch
nicht Gegenstand des Vergleichs im Vorprozess geworden. Die Beklagte befinde
sich seit Zustellung der dortigen Klageschrift im Verzug.
Die Klägerin hat beantragt,
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1. die Beklagte zu verurteilen, an sie 46.302,68 € nebst 8 % Zinsen über dem
Basiszinssatz seit dem 11.2.2003 zu zahlen;
2. die Beklagte zu verurteilen, in den von der Klägerin gemieteten
Büroräumlichkeiten zu gewährleisten, dass bei einer Außentemperatur von bis zu
32° C die Innentemperatur 26°C nicht übersteige und bei höheren Temperaturen
mindestens 6°C unter der jeweiligen Außentemperatur liege, mit den
erforderlichen Arbeiten sei zwei Wochen nach Zustellung des Urteils zu beginnen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat überhöhte Temperaturen bestritten und sich auf die
Vereinbarungen im Mietvertrag berufen. Sie hat weiterhin argumentiert, die von
der Klägerin herangezogene Rechtsprechung überdehne die Vermieterpflichten.
Sie stütze sich auf die Arbeitsstättenverordnung, welche jedoch nicht für
Sonneneinstrahlung, sondern für interne Wärmequellen gelte.
Die Klageforderung zu 1) sei durch den Vergleich im Verfahren 2-10 O 45/03
abgegolten.
Hinsichtlich des weitergehenden Vortrags der Parteien wird auf die tatsächlichen
Feststellungen des Landgerichts verwiesen.
Das Landgericht Frankfurt am Main hat Beweis erhoben durch Vernehmung der
Zeugen 1, 2, 3, 4, 5, 6 und 7 und Einholen eines Sachverständigengutachtens
Prof. Dr. SV1 gemäß Beweisbeschluss vom 17.6.2005 (Bl. 258ff. d. A.).Bezüglich
des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Niederschrift der öffentlichen
Sitzung des Landgerichts vom 17.3.2006 (Bl. 321ff. d. A.) und das schriftliche
Gutachten des Sachverständigen vom 16.11.2005 (Anlagenmappe) verwiesen.
Das Landgericht Frankfurt am Main hat durch Urteil vom 21.4.2006 (Bl. 342ff. d.
A.) die Beklagte verurteilt, in den von der Klägerin gemieteten Büroräumlichkeiten
zu gewährleisten, dass bei einer Außentemperatur von bis zu 32°C die
Innentemperatur 26°C nicht übersteige und bei höheren Temperaturen
mindestens 6°C unter der jeweiligen Außentemperatur liege; wobei mit den
erforderlichen Arbeiten zwei Wochen nach Zustellung des Urteils zu beginnen sei.
Die weitergehende Klage hat das Landgericht abgewiesen.
Es hat ausgeführt, nach den für Raumtemperaturen heranzuziehenden
arbeitsschutzrechtlichen Bestimmungen seien die Grenzwerte aufgrund der
baulichen Beschaffenheit nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht
eingehalten. Die Eignung des Mietobjekts zum vertraglichen Gebrauch sei in
grundsätzlicher Weise beeinträchtigt.
Eine Verpflichtung zur Erstattung der Kosten des Sonnensegels für den
Glasdachsattel könne dagegen nicht verlangt werden, da dies bereits Gegenstand
des Vergleichs im Vorprozess 2-10 O 45/03 gewesen sei.
Auf den näheren Inhalt der Entscheidungsgründe wird verwiesen.
Gegen dieses Urteil, welches der Beklagten am 2.5.2006 (Bl. 354 d. A.) zugestellt
wurde, hat diese am 30.5.2006 (Bl. 357 d. A.) Berufung eingelegt, die nach
Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 2.8.2006 (Bl. 388 d. A.) am
31.07.2006 begründet worden ist (Bl. 398ff. d. A.).Die Klägerin hat am 21.8.2006
eine mit Gründen versehene Anschlussberufung eingelegt (Bl. 430ff. d. A.). Die
Frist zur Berufungserwiderung war bis zu diesem Tag verlängert (Bl. 427ff. d. A.).
Die Berufung rügt eine Rechtsverletzung und eine fehlerhafte Bewertung der
festgestellten Tatsachen.
Mit der Berufung macht die Beklagte geltend, nach dem Urteil des Landgerichts
müssten tausende von Gebäuden mit Klimaanlagen nachgerüstet werden, da die
vom Landgericht postulierten Werte nur so eingehalten werden könnten. Dies liefe
dem Kyoto-Protokoll und der Energieeinsparverordnung zuwider. Das Landgericht,
das sich ausschließlich an der Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Rostock
orientiert habe, habe übersehen, dass seither die Arbeitsstättenverordnung im
Jahr 2004 geändert worden sei. Zu § 6 Abs. 1 ArbStättV 1975/1996 sei einhellig
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Jahr 2004 geändert worden sei. Zu § 6 Abs. 1 ArbStättV 1975/1996 sei einhellig
anerkannt gewesen, dass dieser sich auf rauminterne Wärmequellen beziehe. Die
Arbeitsstättenrichtlinie 6 enthalte zur Raumtemperatur lediglich eine Soll-
Bestimmung, dass die Lufttemperatur 26 °C nicht überschreiten solle, bei darüber
liegender Außentemperatur dürfe die Lufttemperatur höher sein.
Der Sachverständige Prof. Dr. Sv1 habe nicht bestätigt, dass das Gebäude nicht
dem Stand der Technik oder den öffentlich-rechtlichen Vorschriften entspreche.
Die Berufung greift die Beweiswürdigung des Landgerichts an. Den Messungen
könne entnommen werden, dass keine regelmäßige, lang anhaltende
Überschreitung von 26° C vorgelegen habe, sondern allenfalls kurze
Temperaturspitzen unter 30 ° Celsius. Die Zeugen hätten keine längeren
Temperaturmessungen durchgeführt und maßgeblich Angaben zu den
Verhältnissen vor Installation des Sonnenschutzes gemacht.
Das Landgericht habe nicht geprüft, ob der Mieter durch Lüften oder
Tischventilatoren zumutbar Abhilfe schaffen könne.
Ebenso habe es die vertraglichen Regelungen, insbesondere die einbezogene
Baubeschreibung nicht hinreichend beachtet.
Die Beklagte beantragt,
1. das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 21.4.2006 abzuändern
und die Klage abzuweisen,
2. die Anschlussberufung der Klägerin zurückzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
1. die Berufung zurückzuweisen,
2. im Wege der Abänderung der angefochtenen Entscheidung die Beklagte zu
verurteilen, an sie 46.302,68 € nebst 8 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem
11.2.2003 zu zahlen.
Die Klägerin verteidigt das Urteil, soweit es ihr günstig ist, und rügt mit der
Anschlussberufung, das Landgericht habe den Vergleich, der die Summe von
46.302,68 € nicht umfasst habe, rechtsfehlerhaft bewertet und dem Willen der
damaligen Parteien bei Abschluss des Vergleichs nicht ausreichend Rechnung
getragen. Das Landgericht hätte den als Zeugen angebotenen damaligen
Vorsitzenden Richter der Zivilkammer hören müssen.
Hinsichtlich des näheren Inhalts des Vorbringens der Parteien im zweiten
Rechtszug wird auf den Inhalt der Berufungsbegründung vom 31.7.2006 (Bl. 410ff.
d. A.), der Berufungserwiderung mit Anschlussberufung vom 21.8.2006 (Bl. 449ff.
d. A.) sowie die Schriftsätze vom 2.10.2006 (Bl. 486ff. d. A.) und vom 15.1.2007
(Bl. 514ff. d. A.) verwiesen.
II.
Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und
begründet worden; §§ 517, 519, 520 ZPO.
Die zweite Anschlussberufung vom 21.8.2006 ist nach § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO
fristgerecht eingelegt und gleichzeitig begründet worden, so dass es auf die ohne
Begründung eingereichte erste Anschlussberufung vom 6.6.2006 nicht ankommt.
Die Berufung ist begründet. Die nach dem Sachverständigengutachten
festgestellte Überhitzung der Räume bei hochsommerlichen Temperaturen kann
von der Klägerin nicht als Mangel geltend gemacht werden, da die Klägerin bei
Abschluss des Mietvertrages auf die bauliche Gestaltung Einfluss genommen und
spezielle Anforderungen für den Sonnenschutz der Fassade verlangt und erhalten
hat. Der Zustand des Gebäudes entspricht in diesem Punkt den Vorgaben des
Mietvertrags und ist damit mangelfrei.
Sommerliche Hitze durch Sonneneinstrahlung in einem nicht baurechtswidrigen
Gebäude ist Teil des allgemeinen Lebensrisikos und kein Mangel, soweit der
Vermieter nicht erkennbar eine Klimatisierung oder besondere Dämmung des
Gebäudes zugesagt hat. Dass ein Glasdach über dem Großraumbüro, an dem
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Gebäudes zugesagt hat. Dass ein Glasdach über dem Großraumbüro, an dem
Gebäude insgesamt große Fensterflächen vorhanden waren und dass die Räume
im dritten Stock unter dem Dach liegen, war der Klägerin von Anfang an bekannt.
Dies waren die Faktoren, die der Sachverständige Prof. Dr. SV1 als Ursachen
hoher Temperaturen in den Büroräumen feststellen konnte. Bei einem solchen
Gebäude kann insbesondere im Dachbereich nicht damit gerechnet werden, dass
die Temperaturen im Spätfrühling, Sommer und Frühherbst stets 6 ° Celsius unter
der Außentemperatur bleiben.
Nach § 536 b Satz 1 und 2 BGB wäre die Klägerin mit einem solchen Mangel
ausgeschlossen, der sich ihr nach allgemeiner Lebenserfahrung hätte aufdrängen
müssen, da nicht vorgetragen ist, dass die Beklagte den „Mangel“ arglistig
verschwiegen hat.
Der Senat ist jedoch der Überzeugung, dass ein Mangel überhaupt nicht vorliegt.
Die Tauglichkeit von nicht klimatisiert vermieteten und den baurechtlichen
Bestimmungen entsprechenden Büroräumen zum vertragsgemäßen Gebrauch
wird durch sommerliche Hitze nicht eingeschränkt, so wie die Tauglichkeit von
ohne Heizung vermieteten Räumen im Winter auch nicht durch Kälte
eingeschränkt wird. In diesen Fällen ist die Regelung der Innentemperatur vielmehr
vertraglich dem Mieter überlassen. Der Senat schließt sich damit der
Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Hamm (NJW-RR 1995), des
Oberlandesgerichts Rostock (NJW-RR 2001, 802), des Oberlandesgerichts
Naumburg (NJW-RR 2004, 299) und des Landgerichts Bielefeld (AiB 2003, 752)
ausdrücklich nicht an.
Ein Mangel im Sinne von § 536 Abs. 1 BGB ist die Abweichung der tatsächlichen
Beschaffenheit der Mietsache von der vertraglich vorausgesetzten. Vertraglich
vorausgesetzt ist ein Zustand, der im Mietvertrag festgelegt ist oder mit dem ein
Mieter aufgrund der üblichen Beschaffenheit von Gebäuden der betreffenden
Bauart und Altersklasse rechnen darf.
Keine dieser Voraussetzungen liegt im vorliegenden Fall vor. Die von der Klägerin
geforderte Einhaltung von Höchsttemperaturen in Mieträumen findet keine
gesetzliche Stütze in den baurechtlichen Vorschriften. Zur Überwachung
potentieller gesundheitlicher Gefährdungen von Gebäudenutzern durch bauliche
Konstruktionen sind die Bauaufsichtsbehörden auf der Grundlage des öffentlich-
rechtlichen Baurechts zuständig. Im vorliegenden Fall ist weder eine Beanstandung
durch eine Bauaufsichtsbehörde noch ein Verstoß gegen baurechtliche
Schutzvorschriften vorgetragen.
Das Gebäude ist weder erkennbar baurechtswidrig noch entgegen den allgemein
anerkannten Regeln der Technik errichtet worden, insbesondere sind die
baurechtlich zum Zeitpunkt der Errichtung höchst zulässigen
Sonneneintragskennwerte nach dem Vortrag der Parteien nicht überschritten
worden. Maßgeblich ist § 3 Abs. 4 EnEV iVm Anhang 1 Abschnitt 2.91, welche auf
die mehrfach geänderte DIN 4108-2 verweisen. Das Gebäude verfügt im
Gegensatz zu den Fällen, welche vom Oberlandesgericht Rostock, NJW-RR 2001,
802, und dem Landgericht Bielefeld, AiB 2003, 752, entschieden wurden, über
Sonnenjalousien an den Fenstern der hauptsächlich von der Sonneneinstrahlung
betroffenen Fassaden und durch nachträgliche Installation der Klägerin inzwischen
auch über eine Sonnenschutzanlage über dem verglasten Dachsattel. Eine
Vermutung der Überschreitung von Sonneneintragswerten besteht seit Installation
des Sonnenschutzes an den Oberlichtern nicht mehr wie der Sachverständige Prof.
Dr. SV1 in seinem Gutachten festgestellt hat. Der Senat muss davon ausgehen,
dass die DIN 4108-2, Abschnitt 8, welche die Sonneneintragswerte behandelt, jetzt
eingehalten ist. Da die Klägerin die Kosten für die zusätzliche
Sonnenschutzmaßnahme als Ersatzvornahme nach § 536a Abs. 2 Nr. 1 BGB
sowohl im Vorprozess als auch im vorliegenden Verfahren der Beklagten
auferlegen wollte, kann der Senat auch nicht den Zustand der Mietsache ohne
diese auf Dauer angelegte Abhilfemaßnahme beurteilen, sondern darf die
nunmehr vorhandene Sonnenschutzanlage über dem Glasdachsattel nicht außer
Acht lassen, obwohl die Beklagte die Installation des nach dem Gutachten des
Sachverständigen Prof. Dr. SV1 notwendigen zusätzlichen Sonnenschutzes
verweigerte. Das baurechtlich zulässige und nach den Feststellungen des
Sachverständigen jetzt mit ausreichendem Sonnenschutz versehene Gebäude
wird lediglich durch die Sonne als natürliche, außerhalb der Mieträume gelegene
Wärmequelle in üblichem Umfang aufgeheizt, so wie es umgekehrt im Winter ohne
Heizung auskühlen würde.
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Im vorliegenden Fall beruhen die hohen Temperaturen im Inneren der Mieträume
nach den Feststellungen des Sachverständigen auf Wärmeeintragung durch das
Dach, das Glasdach und die Fenster. Im vorliegenden Fall handelt es sich um einen
sanierten und umgebauten Altbau mit großen Fenstern und einem verglasten
Dachsattel. Bei Bauten mit großen Glasflächen, ganz besonders im Dachbereich,
muss auch bei Jalousien und Sonnensegeln mit entsprechend größerer
Hitzeeinwirkung und folglich auch höheren Temperaturen in den Räumen auch
über einen längeren Zeitraum gerechnet werden. Dies ist ein ganz allgemein
bekannter Nachteil der wegen der Helligkeit und Transparenz als angenehm
empfundenen großen Glasflächen. Wer die hierdurch auftretenden Temperaturen
trotz Jalousien noch als unzuträglich empfindet, muss als Mieter selbst eine
Klimaanlage einbauen oder mit dem Vermieter eine entsprechende Vereinbarung
über Abhilfemaßnahmen treffen.
Aus dem gleichen Grunde könnte in ausdrücklich ohne Heizung angemieteten
Räumen nicht der Einbau einer Heizung oder meterdicker Dämmung mit der
Begründung verlangt werden, die Arbeitnehmer des Mieters würden bei zu
niedrigen Temperaturen in der Gesundheit beeinträchtigt, was dem Zweck der
Vermietung zuwiderliefe. Ein Mieter hat ohne vertragliche Vereinbarung keinen
Anspruch auf nachträgliche bauliche Veränderung eines den Bauvorschriften
entsprechenden und baumangelfreien Gebäudes, sei es durch Einbau einer
Klimaanlage, einer Dach- oder Fassadendämmung oder Einbau von Jalousien oder
Fensterläden.
Im vorliegenden Fall ist nicht zu entscheiden, ob ein Mieter extreme Temperaturen
hinnehmen muss, welche bei üblicher Beschaffenheit von Gebäuden nicht
auftreten. Im vorliegenden Fall wurden sowohl von der B mbH als auch von dem
Sachverständigen Prof. Dr. SV1 Temperaturen bis knapp über 30° gemessen, mit
denen bei hohen Außentemperaturen bis 29 ° Celsius in einem solchen Gebäude
gerechnet werden muss. Da Temperaturen in einem nicht klimatisierten Gebäude
in hohem Maße auch vom Lüftungs- und Beschattungsverhalten der Nutzer
abhängen, kann bei solchen Temperaturen in der Regel kein Mangel des Gebäudes
vorliegen. Insofern sind auch die Aussagen der im ersten Rechtszug
vernommenen Zeugen, die für den maßgeblichen Zeitraum nach Installation des
Sonnendachs im Jahr 2004 nicht konkret befragt wurden, sondern in ihre Aussagen
auch den nicht maßgeblichen Zeitraum vorher einbezogen haben, nicht von
entscheidender Bedeutung.
Eine exorbitante Aufheizung auf 35 bis 40°, wie sie in den vom 9. Zivilsenat des
Oberlandesgerichts des Landes Sachsen-Anhalt am 17.6.2003 (NJW-RR 2004, 299)
oder des 24. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf am4.6.1998 (NJW-RR
1998, 1308) entschiedenen Fällen - jeweils Ladengeschäfte betreffend, die in der
Regel schlechter zu belüften sind als Büroräume in oberen Geschossen - zugrunde
lag, die außerhalb des Erwartungshorizonts eines Mieters liegen mag und die eine
Nichteinhaltung der Anforderungen der DIN 4108-2 indizieren könnte, war weder
nach dem von der Klägerin noch nach dem vom Landgericht eingeholten
Gutachten feststellbar. Selbst wenn die Zeugen in Einzelfällen höhere
Temperaturen gemessen haben, kann nicht ausgeschlossen werden, dass es sich
um kurze Temperaturspitzen aufgrund unzureichender Lüftung oder Beschattung
handelte. Zum Zustandekommen der von den Zeugen gemessenen oder
empfundenen Werte trägt auch die Klägerin nicht näher vor. Bei hochgezogenen
Jalousien und geschlossenen Fenstern – insbesondere über das Wochenende -
können an Sonnenscheintagen mühelos in fast jedem Gebäude sehr hohe
Temperaturen erzeugt werden. Die Angaben der Zeugen sind insofern nicht
geeignet, die objektiven Feststellungen der Sachverständigen in den beiden
Gutachten in Zweifel zu ziehen. Insofern besteht für den Senat kein Anlass, von
Amts wegen ein weiteres Gutachten einzuholen, um zu überprüfen, ob die
durchaus nicht ungewöhnlichen gemessenen Temperaturen doch auf einer
Nichteinhaltung von Bauvorschriften oder einer Abweichung vom Stand der
Technik beruhen könnten.
Ein Mangel aufgrund nicht eingehaltener vertraglicher Zusagen liegt gleichfalls
nicht vor.
Nach dem Mietvertrag sind die Räume mit Heizung, jedoch ohne Klimaanlage
vermietet, so dass es Sache der Klägerin ist, für eine Klimatisierung ihrer
Büroräume zu sorgen, wenn sie in der warmen Jahreszeit den Bedarf hierfür sieht.
Der Beklagten ist vertraglich auferlegt, für eine funktionsfähige Heizung und – mit
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Der Beklagten ist vertraglich auferlegt, für eine funktionsfähige Heizung und – mit
Ausnahme der explizit ausgenommenen Nordfassade – für Außenjalousien an den
Fenstern zu sorgen.
Die Klägerin mietete die Büroetagen nach genauer baulicher Untersuchung und
Festlegung des gewünschten Standards an, der Niederschlag fand in der Anlage 5
zum Mietvertrag. Hierbei wurde explizit auch eine Sonnenschutzmaßnahme an der
Fassade einbezogen. Wenn dieser Standard ihr im Nachhinein nicht ausreicht, so
ist dies ihr Risiko. Ein weiterer Sonnenschutz für die Fenster war nicht vorgesehen.
Die Funktionsfähigkeit des vorhandenen Sonnenschutzes hat der Sachverständige
Prof. Dr. SV1 in seinem Gutachten vom 16.11.2005 geprüft, weil die Klägerin
behauptet hatte, dieser würde die Hitzewirkung eher verschlimmern, und
festgestellt, dass der angebrachte Sonnenschutz in jedem Fall die
Hitzeeinstrahlung abmildert. Mehr kann nicht verlangt werden, da keine Jalousie
die Hitze völlig fernhält. Für die Beseitigung der Blendwirkung auf der Nordseite ist
die Klägerin als Mieterin ebenfalls zuständig, da hierfür Innenjalousien oder
Vorhänge ausreichen. Auf die Aufheizung des Gebäudes hat dies keinen
erkennbaren Einfluss. Der Sachverständige Prof. Dr. SV1 hat in seinem Gutachten
vom 16.11.2005 den Sinn einer solchen Maßnahme bezweifelt, weil von einer
anderen reflektierenden Fassade nicht in solchem Maß Wärme abgegeben wird,
dass dies nennenswerte Auswirkungen hat.
Aus § 12 Abs. 2 des Mietvertrages kann geschlossen werden, dass die Klägerin
einen potentiellen Bedarf einer Klimaanlage bereits vor Abschluss des
Mietvertrages erkannt hat. Es ist dem Vertrag nicht zu entnehmen, dass es sich
hierbei um eine spezielle Anlage für Computer handeln sollte und die Parteien im
Übrigen darüber einig gewesen wären, dass die Beklagte für eine eventuell
erforderlich werdende Raumkühlung zu sorgen habe. Die Entscheidung, ob eine
Klimaanlage eingebaut werden sollte, haben die Parteien generell dem
wirtschaftlichen Ermessen der Klägerin zugewiesen. Die Klägerin entschloss sich, in
den Konferenz- und Vorstandsräumen Klimageräte einzusetzen, nicht jedoch in
den gewöhnlichen Büros. Von der ausdrücklich vertraglich eingeräumten Option,
auch in den Mitarbeiterbereichen Klimaanlagen einzubauen, machte die Klägerin
keinen Gebrauch, obwohl dies technisch möglich und zumutbar war.
Dies ist ihre eigene Entscheidung. Die Klägerin muss ihren Arbeitnehmern bei
unzumutbarer Hitze notfalls stundenweise freigeben oder durch Klimageräte für
Abhilfe sorgen, wie sie das in den Vorstands- und Konferenzräumen bereits getan
hat. Nach dem Mietvertrag kann die Klägerin weder eine vom Vermieter
eingebaute Klimaanlage noch weitergehenden Sonnenschutz an Fenstern,
Fassade oder Dach in Form von Jalousien oder Dämmung beanspruchen. Diese
vertragliche Regelung möchte die Klägerin unter Hinweis auf die
Arbeitsstättenverordnung revidieren, indem sie vorbringt, der Zweck des
Mietvertrages verpflichte den Vermieter, die arbeitsrechtlichen Voraussetzungen
für einen Bürobetrieb zu schaffen.
Allein aus dem Zweck des Mietverhältnisses aus Mietersicht lässt sich ein Mangel
aber nicht ableiten. Soweit § 536 Abs. 1 BGB an die Tauglichkeit zum
vertragsgemäßen Gebrauch anknüpft, bedeutet dies lediglich, dass der
vorhandene Mangel hierauf Auswirkungen haben muss, nicht dass der Vermieter
verpflichtet ist, auf seine Kosten zu gewährleisten, dass der beabsichtigte Betrieb
unter allen Umständen stattfinden kann. Insoweit unterscheidet sich der Miet- vom
Pachtvertrag, bei dem eine funktionsfähige gewerbliche Einheit zur Erzielung von
Einkünften – in § 581 BGB als Früchte bezeichnet - verpachtet wird. Beim
gewerblichen Mietvertrag obliegt die Herstellung des funktionsfähigen Betriebes
dagegen dem Mieter, soweit der Mietvertrag keine anders lautenden Zusagen
enthält. So muss auch der leere Räume anmietende Gastwirt die
Voraussetzungen für die Konzessionierung einer Schank- oder Speisegaststätte
selbst schaffen und kann dies nicht vom Vermieter erwarten. Ob und wie sich ohne
entsprechende Anlagen angemietete Räume für den angestrebten gewerblichen
Zweck ausstatten lassen, insbesondere ob für den Betrieb eine Klimaanlage
installiert werden muss, ist grundsätzlich vom Mieter zu prüfen. Der Mietzweck
eines Bürobetriebs kann auch nicht ohne Schreibtische, Bürostühle,
Telefonanschlüsse, Computer, Toiletten und andere notwendige Einrichtungen
erfüllt werden. Die entsprechende Einrichtung der Räume obliegt dennoch dem
Mieter, wenn der Vermieter nicht entsprechende Installationen oder Mobiliar
mitvermietet hat durch Erwähnung im Mietvertrag oder stillschweigend durch die
bei Besichtigung vorhandene Ausstattung der Räume. Im Gegensatz zu Toiletten
und Heizung gehört eine Klimaanlage auch nicht einmal zur Standardausrüstung
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und Heizung gehört eine Klimaanlage auch nicht einmal zur Standardausrüstung
gewerblicher Mieträume.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Verordnung über Arbeitsstätten oder
der DIN 1946-2. Das Oberlandesgericht Hamm (Urteil des 7. Zivilsenats vom
18.10.1994, NJW-RR 1995, 143), das Oberlandesgericht Köln (Urteil vom
28.10.1991, NJW-RR 1993, 466), das Oberlandesgericht Rostock (Urteil des 3.
Zivilsenats vom 29.12.2000, NJW-RR 2001, 802) und das Landgericht Bielefeld (AiB
2003, 752) haben auf dieser Grundlage einen Mangel bei einem nicht
klimatisierten Gebäude bejaht, woran die Klägerin anknüpft. Dieser Rechtsansicht
vermag der Senat sich jedoch nicht anzuschließen.
Die bloße Anknüpfung an die Vorgaben der Arbeitsstättenverordnung zur
Feststellung eines Mangels ohne Beachtung vertraglicher Vorgaben und ohne
Prüfung, welche Erwartungen der Mieter anhand der Umstände des Einzelfalls an
ein vermietetes Gebäude stellen kann, ist aus Sicht des Senats im Mietrecht nicht
möglich und in den Konsequenzen auch nicht durchdacht. Hierzu bedarf es nicht
der Heranziehung des Kyoto-Protokolls oder der Energieeinsparungsverordnung,
sondern lediglich einer Auseinandersetzung mit den Umständen des
mietrechtlichen Einzelfalls.
Die Verordnung über Arbeitsstätten liefert im Mietrecht keinen tauglichen
Anknüpfungspunkt. Adressat der Arbeitsstättenverordnung ist nicht der Vermieter,
sondern nach § 3 ArbStättV ausschließlich der Arbeitgeber, also der Mieter.
Öffentlich-rechtliche oder arbeitsrechtliche Vorschriften und Auflagen für
Gewerbetreibende sind nicht vom Vermieter, sondern vom Mieter zu beachten.
Hierfür Sorge zu tragen ist Aufgabe der Klägerin als Arbeitgeber. Durch den
Mietvertrag wurden diese Pflichten nicht der Beklagten überbürdet. § 2.2 des
Mietvertrages spricht im Gegenteil dafür, dass die Parteien die Aufgabe der
bautechnischen Anpassung des Gebäudes an den Betrieb des Mieters der Klägerin
zugeordnet haben.
Der Vermieter ist grundsätzlich kein Garant für den reibungslosen Betriebsablauf
des Mieters. Ein Arbeitgeber, dessen Arbeitnehmer unter Berufung auf die
Arbeitstättenverordnung wegen zu hoher oder zu niedriger Innentemperaturen
aufbegehren, kann dieses betriebliche Risiko nur dann auf den Vermieter
abwälzen, wenn eine Abweichung der Beschaffenheit des Mietobjekts von den
vertraglichen Vorgaben feststellbar ist, etwa weil bei den
Mietvertragsverhandlungen ein unzutreffender Energiepass vorgelegt wurde, eine
zur Temperaturregelung mitvermietete Anlage, sei es Klimaanlage oder Heizung,
nicht die erforderliche Leistung erbringt, wie in dem vom 8. Zivilsenat des
Kammergerichts mit Urteil vom 2.9.2002 (Grundeigentum 2003, 48-49)
entschiedenen Fall, Fenster kalte Zugluft einlassen oder Sonnenschutzjalousien
defekt sind.
Auch unter anderen Gesichtspunkten begegnet die Anwendung der Verordnung
über Arbeitsstätten im Mietrecht Bedenken. Es ist bereits im Ansatzpunkt
zweifelhaft, ob die Arbeitsstättenverordnung in der Fassung vom 12.8.2004
Anwendung finden kann bei einer Aufheizung von Räumen aufgrund
Sonneneinstrahlung oder ob – wie nach den Auslegungen zu früheren Fassungen
der Vorschrift - lediglich interne Wärmequellen, für welche der Arbeitgeber
verantwortlich ist, damit angesprochen werden sollen. Selbst wenn die Vorschriften
der Arbeitsstättenverordnung den Arbeitgeber auch hinsichtlich der von ihm nicht
beherrschbaren Sonneneinstrahlung in die Pflicht nehmen sollen, sieht Ziffer 3.5
Abs. 1 im Anhang „Anforderungen an Arbeitsstätten nach § 3 Abs. 1 ArbStV“
lediglich vor, dass in Arbeitsräumen eine gesundheitlich zuträgliche
Raumtemperatur bestehen muss. Der ausschließlich den Richtlinien 6/1.3 hierzu
entnommene Soll-Wert von 26° Celsius ist lediglich ein Empfehlungswert zur
vorherrschenden Temperatur, welcher dem durchschnittlichen
Behaglichkeitsempfinden Rechnung trägt, aber nicht einmal gegenüber dem
Arbeitgeber eine bei höheren Außentemperaturen verpflichtende Regelung
enthält, Abhilfe durch Änderung der baulichen Gegebenheiten der Arbeitsstätte zu
schaffen. Eine Temperaturobergrenze ist dieser Wert gerade nicht, sondern
lediglich ein Erfahrungswert zum durchschnittlichen Behaglichkeitsempfinden.
Dieser kann in einem normalen belüftbaren Gebäude mit Sonnenschutz bei
Außentemperaturen bis 26 ° Celsius in der Regel durch Lüften mit weit geöffneten
Fenstern annähernd wiederhergestellt werden. Für Außentemperaturen über 26°
Celsius enthält die Richtlinie ausdrücklich keinen Empfehlungswert. Von einem
Vermieter kann aber unter Berufung auf arbeitsrechtliche Richtlinien nicht mehr
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Vermieter kann aber unter Berufung auf arbeitsrechtliche Richtlinien nicht mehr
gefordert werden, als ein Arbeitgeber garantieren müsste.
Gesicherte Aussagen, dass bei darüber liegenden Temperaturen die Gesundheit
von Menschen gefährdet wird, auf die man eine entsprechende Verpflichtung des
Vermieters, Abhilfe zu schaffen, stützen könnte, existieren bislang nicht. Die
Tatsache, dass auch in weit weniger gemäßigten Klimazonen Menschen ohne
Klimaanlage und Dämmung leben und arbeiten können, spricht ebenso dagegen
wie die mangelnde Verbreitung von Klimaanlagen in Wohn- und Bürogebäuden
hierzulande. Dass bei starker Hitze eine allgemeine Ermattung und Einschränkung
der Arbeitskraft zu verzeichnen ist, ist eine saisontypische Erscheinung und
ebenso wenig auf einen Mangel der Mietsache zurückzuführen wie eine verstärkte
Neigung zu Erkältungskrankheiten und lichtmangelbedingten Verstimmungen der
Arbeitnehmer des Mieters im Winter. Hitze in einem nicht klimatisierten Gebäude
gehört mithin zum allgemeinen Lebensrisiko, für das der Vermieter nicht
verantwortlich gemacht werden kann.
Der Versuch, über die Anwendung der DIN 1946-2 – Klimatechnik - eine flexible
Obergrenze von maximal 6 ° Celsius über der Außentemperatur zu konstruieren,
beruht nach Ansicht des Senats auf einem Missverständnis dieser Industrienorm,
die für den Zweck, für den die Rechtsprechung (Oberlandesgericht Hamm aaO und
Landgericht Bielefeld aaO) sie bemüht, nicht bestimmt ist. Diese DIN richtet sich
nicht an den Erbauer oder Vermieter von nicht klimatisierten Gebäuden, sondern
an Klimaanlagenbauer und Architekten, welche Klimaanlagen einbauen lassen. Der
Sinn der Industrienorm ist die Beschränkung der maximalen Kühlung von
Gebäuden auf höchstens 6 ° unter den Außentemperaturen zur Vermeidung von
Temperaturschocks, nicht die Temperierung zu heißer Gebäude auf eine
Maximaltemperatur (vgl. Harms, Mechanische Kühlung als „Hitzeschutz“ für
gewerbliche Mieter? in NZM 2005, 441-443). Die Zielrichtung dieser technischen
Norm, die auf nicht klimatisierte Räume gar nicht anwendbar ist, geht also in eine
gegenteilige Richtung.
Die Errichtung und Vermietung nicht klimatisierter Bürogebäude ist in Deutschland
üblich und widerspricht nicht den anerkannten allgemeinen Regeln der Technik, so
dass eine fehlende Klimaanlage, die im Mietvertrag nicht vorgesehen ist,
grundsätzlich nicht zur Begründung eines Mangels herangezogen werden kann,
auch nicht unter Berücksichtigung des Mietzwecks.
Ebenso ist der Standard der Dämmung von Dächern und Fassaden sehr
unterschiedlich, vor allem in unterschiedlichen Baualtersklassen. Es ist nicht
Aufgabe des Mietrechts, hier eine Änderung in den Gewohnheiten der Bevölkerung
und im technischen Standard künstlich herbeizuführen, da klimatisierte und stark
isolierte Gebäude auch durchaus gesundheitliche Nachteile haben können, ein
flächendeckender Bedarf der Bevölkerung offenkundig bisher nicht bestand und
durch falsch verstandene richterliche Fürsorge keinesfalls geschaffen werden
sollte. Die zitierte Rechtsprechung ist insoweit auf Kritik gestoßen (vgl. Busse,
Klimaanlage par ordre du mufti? In NJW 2004, 1982-1985; Harms, Mechanische
Kühlung als „Hitzeschutz“ für gewerbliche Mieter? in NZM 2005, 441-443), weil
hierdurch ein großer Teil der in der Bundesrepublik Deutschland gewerblich
vermieteten Gebäude als aus gesundheitlichen Gründen grundsätzlich ungeeignet
und damit mangelhaft festgelegt werden könnte, obwohl die Gebäude den
baurechtlichen Vorschriften entsprechen. Der Ansicht der zitierten Autoren tritt der
Senat bei. Bei hochsommerlichen Temperaturen kann nämlich selbst in
grundsätzlich kühlen Altbauten mit kleineren Fenstern und dickem Mauerwerk eine
zeitweise Überhitzung bei längeren Hitzeperioden nie ganz ausgeschlossen
werden. Nichts anderes könnte im Übrigen für Wohnräume gelten, die kaum
jemals klimatisiert vermietet werden, da auch Wohnraummieter nicht in der
Gesundheit gefährdet werden dürften.
Lediglich ergänzend weist der Senat darauf hin, dass der Antrag auf
Gewährleistung einer bestimmten Temperatur durch den Vermieter ohne
Rücksicht auf das vom Vermieter nicht zu steuernde Beschattungs-, Lüftungs- und
Heizungsverhalten des Mieters und von diesem eingebrachte Wärmequellen auf
eine unmögliche Leistung gerichtet wäre. Auch wenn der Senat der
Rechtsauffassung der Klägerin folgen würde, hätte eine Verurteilung unter den
Vorbehalt einer zumutbaren Mitwirkung des Mieters in diesen Bereichen gestellt
werden müssen. Ebenso wäre angesichts der notwendigen umfangreichen
Planungsmaßnahmen und der notwendigen Ausschreibung eine Frist von zwei
Wochen bis zum Beginn der Arbeiten von unbekanntem Ausmaß keinesfalls
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Wochen bis zum Beginn der Arbeiten von unbekanntem Ausmaß keinesfalls
angemessen.
Dahingestellt bleiben kann weiterhin, ob der nicht feststellbare
Herstellungsaufwand in Anbetracht der zu zahlenden Miete und der im Raum …
derzeit ausreichend vorhandenen leerstehenden Büroflächen verhältnismäßig
wäre oder ob eine Verpflichtung zu grundlegender Umgestaltung des Anwesens im
Raum stünde, die auf Bedenken im Hinblick auf Art. 14 GG stoßen könnte.
Die Anschlussberufung hat in der Sache keinen Erfolg.
Zu Recht hat das Landgericht einen Anspruch der Klägerin auf Erstattung der
Kosten des Sonnenschutzes an dem Glasdach verneint.
Die Klage ist in diesem Punkt unzulässig, weil diese – nach dem Gutachten des
Sachverständigen Dr. SV1 durchaus notwendigen - Kosten bereits Gegenstand
eines durch Vergleich abgeschlossenen anderen Rechtsstreits waren und damit
der erneuten sachlichen Prüfung des Gerichts in diesem Rechtsstreit entzogen
sind. Die bezifferte Forderung war Gegenstand der Klageschrift vom 7.1.2003, die
durch Verbindung später zur Widerklage wurde, in dem Verfahren 2-4 O 7/03, was
die Klägerin nicht in Abrede stellt, und ist durch den Prozessvergleich erloschen.
Der Rechtsstreit ist durch den Vergleich insgesamt objektiv erledigt worden.
Materiellrechtlich ist die damals bereits geltend gemachte Forderung damit
untergegangen. Die Klägerin und damalige Widerklägerin hat die Widerklage in
diesem Punkt nicht etwa durch Teilrücknahme zurückgenommen, sondern sich
laut Protokoll lediglich – damals nicht streitgegenständliche – Ansprüche für die
Zukunft vorbehalten. Für eine teilweise Widerklagerücknahme findet sich kein
Anhaltspunkt. Es handelte sich auch nicht um einen Teilvergleich mit der Folge,
dass die Forderung auf Kostenerstattung im dortigen Rechtsstreit noch
rechtshängig wäre, sondern einen den gesamten Rechtsstreit beendenden
Vergleich.
Der im Protokoll vor Abschluss des Vergleichs erwähnte Vorbehalt bezieht sich
ausschließlich auf zukünftige Rechte wegen der überhitzten Mieträume, nicht die
bereits entstandenen und mit der Widerklage eingeklagten Kosten für den von der
Klägerin angebrachten Sonnenschutz. Die Klägerin ist mit dieser Forderung
aufgrund des im Vorprozess abgeschlossenen Vergleichs ausgeschlossen, der alle
gegenseitigen Ansprüche auch aus den von der Klägerin und damaligen Beklagten
behaupteten Mängeln erledigte. Hinsichtlich der prozessualen Wirkung des
Vergleichs kommt es auf den objektiven protokollierten Wortlaut des Vergleichs
an, der im vorliegenden Fall eindeutig und keiner Auslegung zugänglich ist. Der
Vergleich ist nicht angefochten oder widerrufen worden, so dass die
Klageforderung zu 1) rechtskräftig im Vorprozess abgegolten ist und nicht zum
zweiten Mal geltend gemacht werden darf.
Auf die subjektive innere Einschätzung des Vergleichsinhalts durch die Zeugen
oder die Geschäftsleitung der Klägerin, die nach dem Vorbringen der Klägerin von
dem objektiven Inhalt des Vergleichs abweicht, kommt es im vorliegenden
Rechtsstreit im Ergebnis nicht an, da dies allenfalls im dortigen Rechtsstreit vor
dem Landgericht Frankfurt eine Fortsetzung des Verfahrens wegen eines Streits
über Umfang und Wirksamkeit des Vergleichs rechtfertigen könnte (vgl. Palandt,
Bürgerliches Gesetzbuch, 65. Auflage, Anm. 37 bis 41 zu Anh § 307 BGB). Wenn
das dortige Streitverfahren entgegen dem Wortlaut des Vergleichs nicht erledigt
wäre, stünde der Klageforderung zu 1) im hiesigen Verfahren der prozessuale
Einwand der doppelten Rechtshängigkeit nach § 261 Abs. 3 Ziffer 1 ZPO entgegen.
Wegen der unstreitig vorrangig eingetretenen Rechtshängigkeit der Forderung in
dem vorangegangenen Verfahren, die nicht erkennbar durch eine teilweise
Rücknahme der Widerklage beseitigt wurde, wäre das Verfahrenshindernis durch
einen Streit über die Wirksamkeit des Vergleichs nicht beseitigt. Einer der Fälle, in
denen die Rechtsprechung bei Streit um die Wirksamkeit des Vergleichs
ausnahmsweise ein neues Verfahren als zulässig zugestanden hat, nämlich
Erledigung mehrerer Rechtsstreite durch einen Vergleich (BAG MDR 1982, 526)
oder Miterledigung von nicht zum Gegenstand des Rechtstreits gewordenen
weiteren Ansprüchen, die nunmehr gerichtlich geltend gemacht werden sollen
(BGHZ 86, 189), liegt hier nicht vor.
Die Kosten des Rechtsstreits waren nach §§ 97, 91 Abs. 1 ZPO der Klägerin
aufzuerlegen, nachdem sie im Berufungsverfahren in vollem Umfang unterliegt.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Ziffer 10,
711 ZPO.
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Die Revision wird nach § 543 ZPO zugelassen, da der Rechtsstreit grundsätzliche
Bedeutung hat im Hinblick auf eine sich verfestigende Rechtsprechung zum
Thema Hitze als Mangel der Mietsache, von welcher der Senat abweicht, weil er
der Auffassung ist, dass ein Mangel insoweit anhand der Umstände des Einzelfalls
zu prüfen ist, insbesondere anhand der vertraglichen Vereinbarungen und
berechtigten Erwartungen des Mieter, nicht jedoch ausschließlich anhand
arbeitsschutzrechtlicher Bestimmungen, die nicht an den Vermieter gerichtet sind.
Eine Entscheidung des Revisionsgerichts liegt hierzu noch nicht vor.
Der Streitwert für den zweiten Rechtzug beträgt 404.175,27 €.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.