Urteil des LG Frankfurt am Main vom 13.03.2008

LG Frankfurt Main: rechtliches gehör, erhöhung des grundkapitals, satzung, tagesordnung, heilende wirkung, bekanntmachung, ex tunc, anfechtungsklage, nebenintervenient, einberufung

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Gericht:
OLG Frankfurt 5.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
5 W 4/08
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 76 Abs 1 AktG, § 121 Abs 3
S 2 AktG, § 241 Nr 1 AktG, §
246a Abs 1 AktG
(Freigabeverfahren für die Handelsregistereintragung
angefochtener Hauptversammlungsbeschlüsse der
Aktiengesellschaft: Vertretung der Gesellschaft;
Rechtsfolgen von Bagatellverstößen bei der Einberufung
der Hauptversammlung)
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss der 5.
Kammer für Handelssachen des Landgerichts Frankfurt am Main vom 27.
November 2007 in der Fassung des Nichtabhilfebeschlusses vom 15. Januar 2008
wird zurückgewiesen.
Der Antragsgegner hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Beschwerdewert: 25.000,00 €.
Gründe
I. Die Antragstellerin ist eine deutsche Aktiengesellschaft mit Sitz in O1, deren
ordentliche Hauptversammlung am 6. Juni 2007 stattfand. In der diesbezüglichen
Einladung, zu deren inhaltlichen Einzelheiten auf Bl. 88 bis 100 der beigezogenen
Akte 5 U 6/08 verwiesen wird, war als TOP 7. (Beschlussfassung über die
Ermächtigung zur Ausgabe von Options- und Wandelschuldverschreibungen …)
der Vorschlag des Vorstands und des Aufsichtsrats aufgenommen, den Vorstand
zu ermächtigen, mit Zustimmung des Aufsichtsrats bis zum 5. Juni 2012,
frühestens jedoch mit der Eintragung der geplanten Kapitalerhöhung aus
Gesellschaftsmitteln sowie des Aktiensplits gemäß TOP 5 …, einmalig oder
mehrmals durch die Gesellschaft auf den Inhaber lautende Options- und/oder
Wandelschuldverschreibungen im Gesamtnennbetrag von bis zu 5 Mio. € … zu
begeben und den Inhabern oder Gläubigern von Schuldverschreibungen Options-
oder Wandlungsrechte auf insgesamt bis zu 1.500.000 auf den Inhaber lautende
Stückaktien der Gesellschaft mit einem anteiligen Betrag am Grundkapital von bis
zu 1.500.000,00 € nach näherer Maßgabe … zu gewähren“. Die
Teilnahmebedingungen waren in der Einladung auszugsweise wie folgt angegeben:
„Zur Teilnahme an der Hauptversammlung und zur Ausübung des
Stimmrechts sind diejenigen Aktionäre berechtigt, die sich spätestens bis zum
Ablauf des 30. Mai 2007 (24.00 Uhr) bei der Gesellschaft anmelden. Die
Anmeldung bedarf der Textform und kann in deutscher oder englischer Sprache
erfolgen.
Die Aktionäre müssen darüber hinaus ihre Berechtigung zur Teilnahme an der
Hauptversammlung und zur Ausübung des Stimmrechts nachweisen. Hierzu
bedarf es eines Nachweises ihres Anteilbesitzes durch das depotführende Institut,
der sich auf den Beginn des 16. Mai 2007 (00.00 Uhr) beziehen und der
Gesellschaft spätestens bis zum Ablauf des 30. Mai 2007 (24.00 Uhr) zugehen
muss. Der Nachweis bedarf der Textform und kann in deutscher oder englischer
Sprache erfolgen.
Die Anmeldung und der Nachweis sind an folgende Adresse zu richten: …“
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Das Grundkapital der Antragstellerin belief sich am 31.07.2008 auf 3,84 Mio. €, das
in 3,84 Mio. nennwertlose Stückaktien eingeteilt ist, von denen der Antragsgegner
10 bzw. nach dem Aktiensplitt 20 hält bei einem Kurs der Aktie von 1,76 € am 6.
Dezember 2007.
In der Hauptversammlung wurde zu TOP 7. der Beschluss über die Ermächtigung
zur Herausgabe von Options- und Wandelschuldverschreibungen, die Schaffung
eines bedingten Kapitals bis zu 1.200.000,00 € und die entsprechende
Satzungsänderung eines neuen genehmigten Kapitals (mit der Möglichkeit der
Sachkapitalerhöhung) sowie die entsprechende Änderung der Satzung gefasst.
Dieser Beschluss beruht auf dem Antrag eines Aktionärs, den dieser einen Tag vor
der Hauptversammlung bei der Verwaltung der Antragstellerin eingereicht hatte
und über den der Versammlungsleiter vorrangig vor dem Beschlussvorschlag von
Vorstand und Aufsichtsrat abstimmen ließ. Der Antragsgegner hat gegen diesen
Hauptversammlungsbeschluss Anfechtungsklage erhoben, die vom Landgericht
Frankfurt am Main im Verfahren 3/05 O 185/07 mit Urteil vom 14. Januar 2008
abgewiesen und gegen das zu Aktenzeichen 5 U 6/08 beim erkennenden Senat
Berufung eingelegt worden ist.
Nach Eintragung der bedingten Kapitalerhöhung und der Satzungsänderung
betreibt die Antragstellerin - Beklagte des Hauptsacheverfahrens - das vorliegende
Freigabeverfahren gemäß § 246a Abs. 1 AktG mit dem Antrag festzustellen, dass
die Erhebung der Klage gegen die Wirksamkeit des Beschlusses der
Hauptversammlung der Antragstellerin zu TOP 7. der Eintragung des Beschlusses
über die Beschaffung eines bedingten Kapitals sowie der entsprechenden
Satzungsänderung nicht entgegen steht und Mängel des
Hauptversammlungsbeschlusses die Wirkung der Eintragung unberührt lassen.
Sie hat die Klage des Antragsgegners im Hauptsacheverfahren für offensichtlich
unbegründet gehalten und daneben ein in jedem Fall überwiegendes
Vollzugsinteresse der Antragstellerin mit der Begründung geltend gemacht, dass
es sich bei der geplanten Ausgabe der Wandelschuldverschreibungen um ein
wichtiges Finanzierungsinstrument für die Antragstellerin handele, die mit der
Klage verbundene Unsicherheit habe dazu geführt, dass sie die Wandelanleihe
bislang nicht ausgegeben habe, wobei die zwischenzeitliche Entwicklung an den
Kapitalmärkten bereits zu einer wesentlichen Erhöhung der für eine solche
Wandelschuldverschreibung zu zahlenden Zinsen geführt habe und die Platzierung
am Kapitalmarkt weiter erschwere.
Der Antragsgegner hat Zurückweisung des Antrags begehrt.
Mit der angefochtenen, am 27. November 2007 verkündeten Entscheidung (Bl. 87
bis 98 d.A.), auf die auch zur Ergänzung des erstinstanzlichen Sach- und
Streitstandes verwiesen wird, hat das Landgericht die begehrte Feststellung
getroffen, den Antrag für zulässig und für begründet gehalten, weil die erhobene
Nichtigkeits-/Anfechtungsklage zur Beschlussfassung zu TOP 7. der Tagesordnung
jedenfalls offensichtlich unbegründet sei.
Der sofortigen Beschwerde des Antragsgegners hat es mit Beschluss vom 15.
Januar 2008 nicht abgeholfen und sie dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
Nachfolgend hat der Antragsgegner die sofortige Beschwerde begründet, wegen
der Einzelheiten wird auf die Beschwerdebegründung vom 18. Februar 2008 (Bl.
121 bis 123 d.A.) Bezug genommen.
Der Antragsgegner beantragt,
1. den Beschluss des Landgerichts Frankfurt (3/5 O 200/07) vom 27.11.2007
aufzuheben,
2. den Antrag der Antragstellerin, es sei festzustellen, dass die Erhebung der Klage
durch den Antragsgegner vor dem Landgericht Frankfurt gegen die Wirksamkeit
des Beschlusses der Hauptversammlung der Antragstellerin vom 6.7.2007 zu TOP
7 (Beschlussfassung über die Ermächtigung zur Ausgabe von Options- und
Wandelschuldverschreibungen, die Schaffung eines bedingten Kapitals und
entsprechender Satzungsänderung), der Eintragung des Beschlusses über die
Schaffung eines bedingten Kapitals sowie der entsprechenden Satzungsänderung
nicht entgegen steht und Mängel des Hauptversammlungsbeschlusses die
Wirkung der Eintragung unberührt lassen, zurückzuweisen.
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Die Antragstellerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
II. Die sofortige Beschwerde ist statthaft (§ 246a Abs. 3 Satz 3 AktG), form- und
fristgerecht eingelegt (§ 569 Abs. 1, 2 ZPO) und auch sonst zulässig.
Dem Antragsgegner musste, nachdem den Parteien mit Verfügung vom
22.01.2008 mitgeteilt worden war, der Senat werde über die sofortige Beschwerde
nicht vor dem 19.02.2008 entscheiden, nicht Gelegenheit zur Stellungnahme zum
am 10.03.2008 eingegangenen Schriftsatz der Antragstellerin gegeben werden,
weil der Senat diesem weder in rechtlicher noch tatsächlicher Hinsicht neue
Aspekte, die nicht bereits Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens gewesen
wären, entnommen hat.
Das Rechtsmittel ist nicht begründet.
Der Freigabeantrag ist zulässig.
Auch im Freigabeverfahren nach § 246a AktG wird die Gesellschaft gemäß § 76
Abs. 1 AktG nur durch ihren Vorstand vertreten. Die Regelung in § 246 Abs. 2 Satz
2 AktG, wonach die Gesellschaft im Anfechtungsprozess durch Vorstand und
Aufsichtsrat vertreten wird, findet keine entsprechende Anwendung (a. A. OLG
Düsseldorf, AG 2004, 207, Juris Rz. 2), weil das Freigabeverfahren und die
Anfechtungsklage gemäß § 246 AktG selbständige Verfahren mit eigenständigem
Streitgegenstand sind. Auch ist der Zweck der Regelung in § 246 Abs. 2 Satz 2
AktG zu verhindern, dass der Vorstand sich über seine Pflicht, den Beschluss zu
verteidigen, hinwegsetzen und eigenmächtig im Einvernehmen mit dem
Anfechtungskläger über den angefochtenen Beschluss disponieren könnte, nicht
einschlägig, weil der Vorstand, der namens der Gesellschaft das Freigabeverfahren
beantragt, dadurch dem angefochtenen Beschluss gerade zur Geltung verhelfen
will (vgl. Schwab in K. Schmidt/M. Lutter [Hrsg], AktG 2008, § 246a, Rz. 11),
weshalb die nicht begründete abweichende Auffassung des OLG Düsseldorf nicht
zu überzeugen vermag (vgl. OLG Karlsruhe, AG 2007, 284, Juris Rz. 13 m.w.N. zur
h. M. betreffend die vergleichbare Regelung in § 319 Abs. 6 AktG).
Der Antrag ist auch nicht etwa deshalb unzulässig, weil der Antragstellerin das
Rechtsschutzbedürfnis im Hinblick darauf gefehlt haben könnte, dass sie
erfolgreich die Eintragung des angegriffenen Beschlusses im Handelsregister
erreicht hat.
Freigabeanträge nach § 246a AktG sind auch nach Eintragung eines
Hauptversammlungsbeschlusses nach §§ 221 Abs. 1, 192 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1
AktG zulässig. Dem Wortlaut des § 246a AktG kann nicht entnommen werden, der
Freigabeantrag setze voraus, dass der Beschluss der Hauptversammlung noch
nicht eingetragen sei, vielmehr legt er die Möglichkeit nahe, dass die
Freigabeentscheidung auch dann noch beantragt werden kann, wenn der
Hauptversammlungsbeschluss bereits eingetragen ist, weil die hinzutretende
Rechtsfolge der Entscheidung, dass Mängel des Hauptversammlungsbeschlusses
die Wirkung der Eintragung unberührt lassen, nicht davon abhängig ist, ob der
Antrag der Gesellschaft der Eintragung zeitlich vorgeht oder nachfolgt (vgl. OLG
Celle, ZIP 2008, 318, Juris Rz. 4 ff.). Denn der Freigabebeschluss bezweckt auch
den Bestandschutz der erfolgten Eintragung (vgl. Hüffer, AktG, 7. Aufl., § 246a, Rz.
1), der mit der bloßen Eintragung gerade noch nicht erreicht werden kann (vgl.
OLG Celle, a.a.O.; stillschweigend bejaht von OLG Köln, Beschluss vom 8.8.2007 -
18 W 71/06, zitiert nach Juris, nicht veröffentlicht). Die Gegenmeinung (vgl.
Anwaltskommentar AktG/Heidel, 2. Aufl., § 246a, Rz. 2; Schütz, NZG 2005, 5, 9)
überzeugt nicht. Zu Unrecht wird darauf verwiesen, die in der Ausnutzung der
durch die Anfechtungsklage regelmäßig entstehenden Handlungsunfähigkeit der
Gesellschaft liegende Missbrauchsgefahr könne sich nicht mehr verwirklichen,
wenn der Hauptversammlungsbeschluss trotz gegen ihn gerichteter Klage bereits
eingetragen worden sei. Denn die Gesellschaft hat gleichwohl ein Interesse an der
Freigabeentscheidung auch nach Eintragung, weil gerade im Bereich von
Kapitalerhöhungsmaßnahmen trotz zwischenzeitlicher Eintragung des Beschlusses
aufgrund laufender Klage die Durchführung der Maßnahme häufig unterbleibt (vgl.
Ihrig/Erwin, BB 2005, 1973, 1974; Schwab a. a. O., § 246a, Rz. 14). Auch die
Antragstellerin hat durch Vorlage der eidesstattlichen Versicherung ihres
Vorstandes glaubhaft gemacht, wegen der vom Antragsgegner erhobenen Klage
von der Begebung der Wandelschuldverschreibung bislang abgesehen zu haben,
wobei die zwischenzeitliche Entwicklung an den Kapitalmärkten bereits zu einer
Erhöhung der für eine solche Wandelschuldverschreibung zu zahlenden Zinsen
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Erhöhung der für eine solche Wandelschuldverschreibung zu zahlenden Zinsen
geführt habe. Kein Argument dafür, § 246a AktG auf bereits eingetragene
Beschlüsse nicht anzuwenden, ist die vermeintliche Verlagerung der Überprüfung
der Rechtmäßigkeit des Hauptversammlungsbeschlusses aus dem Klageverfahren
in das Freigabeverfahren, weil die damit verbundene systemimmanente
Einschränkung der Rechte von Anfechtungsklägern schon für das
Freigabeverfahren des § 16 Abs. 3 UmwG gesehen und weithin anerkannt worden
ist (vgl. Ihrig/Erwin, a.a.O); letztlich ist dem Gesetz auch kein Hinweis auf
Exklusivität der Eintragung oder des Freigabeverfahren zu entnehmen (Ihrig/Erwin,
a.a.O.).
Die Rüge des Antragsgegners, der Antrag hätte statt seinem
Verfahrensbevollmächtigten ihm persönlich zugestellt werden müssen, greift aus
den diesbezüglichen zutreffenden Gründen der landgerichtlichen Entscheidung, auf
die verwiesen wird, nicht durch. Ein etwaiger Zustellungsmangel wäre auch gemäß
§ 189 ZPO geheilt worden, nachdem der Antragsgegner in Person mit seinem
Verfahrensbevollmächtigten im Termin zur mündlichen Verhandlung über den
Freigabeantrag erschienen und hiernach davon auszugehen ist, dass ihm die
Antragsschrift und die Terminsladung tatsächlich zugegangen sind.
Entgegen der Ansicht des Antragstellers musste die Antragstellerin den Antrag
weder (auch) gegen den im Hauptsacheverfahren beigetretenen
Nebenintervenienten richten, noch war der Nebenintervenient von Amts wegen
zum Freigabeverfahren hinzu zu ziehen oder ihm in dessen Rahmen zumindest
rechtliches Gehör zu gewähren, insoweit fällt dem Landgericht kein
Verfahrensfehler zur Last.
Soweit der Antragsgegner eine Nebenintervenientin A als im Hauptsacheverfahren
beigetreten bezeichnet, ist das nicht verständlich, weil dem Antragsgegner im
Hauptsacheverfahren der Aktionär B beigetreten ist, wie das auch das Urteil des
Landgerichts vom 14. Januar 2008 korrekt im Rubrum ausweist.
Freigabeverfahren und Hauptsache (Anfechtungs-/Nichtigkeitsklageverfahren) sind
jeweils selbständige Verfahren mit eigenständigem Streitgegenstand, weshalb es
von Amts wegen einer Beteiligung der Nebenintervenienten, die der
Anfechtungsklage beigetreten sind, auch am Freigabeverfahren des § 246a AktG
nicht bedarf (vgl. OLG Jena, ZIP 2006, 1989, Juris Rz. 36). Bereits für die
Freigabeverfahren nach §§ 327 e Abs. 2, 319 Abs. 6 AktG war anerkannt, dass der
Kläger der Anfechtungsklage und der ihm in diesem Verfahren beigetretene
Nebenintervenient im Freigabeverfahren nicht notwendige Streitgenossen sind,
weil der Nebenintervenient schon im Anfechtungsprozess nicht Partei ist und nicht
dadurch zum notwendigen Streitgenossen wird, dass in einem gesonderten
Verfahren über die Frage entschieden wird, ob der von ihm lediglich unterstützte
Prozess der Eintragung in der Handelsregister entgegen steht (vgl. OLG
Düsseldorf, AG 2005, 654, Juris Rz. 27 ff., 31; OLG Stuttgart, AG 2005, 662, Juris Rz.
9). Auch nach Ansicht des Senats ist es zur Wahrung der Rechte des im
Hauptsacheverfahren beigetretenen Nebenintervenienten im Rahmen des
Freigabeverfahrens zunächst nicht erforderlich, dass die antragstellende
Gesellschaft den Freigabeantrag auch gegen den Nebenintervenienten richtet.
Das ergibt sich schon daraus, dass auch im Hauptsacheverfahren nicht jeder
Aktionär, obwohl § 248 Abs. 1 Satz 1 AktG sämtliche Aktionäre der Rechtskraft des
stattgebenden Anfechtungsurteils unterwirft, Partei des Anfechtungs-
/Nichtigkeitsrechtsstreit sein muss. Nach der Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofes ist die Gewährleistung rechtlichen Gehörs im
Anfechtungsprozess im Wege der Nebenintervention verfassungsrechtlich
unabdingbar (vgl. BGH, Beschluss vom 23.4.2007 - II ZP 29/05, BGHZ 172, 136,
Juris Rdz 15). Dies hat zur Konsequenz, dass im Freigabeverfahren an eine
Beteiligung des den Antragsgegner im Hauptsacheverfahren unterstützenden
Nebenintervenienten neuerlich in der Form der Nebenintervention zu denken ist,
was hier aber offen bleiben kann, weil der Nebenintervenient des Antragsgegners
im Rahmen des Freigabeverfahrens seinen Beitritt nicht erklärt hat. Es musste ihm
auch nicht von Amts wegen rechtliches Gehör gewährt werden, obwohl schon das
Landgericht als Prozessgericht der Hauptsache Kenntnis vom Beitritt des
Nebenintervenienten im Hauptsacheverfahren hatte und dieser ausweislich des
Protokolls der mündlichen Verhandlung vom 13. November 2007 im
Freigabeverfahren auch angesprochen worden ist. Für das Unterlassen der
Gewährung rechtlichen Gehörs lässt sich, anders als in dem Freigabeverfahren
nach §§ 327 e Abs. 2, 319 Abs. 6 AktG, allerdings nicht anführen, dass es im
Unbedenklichkeitsverfahren keine Rechtskrafterstreckung der stattgebenden
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Unbedenklichkeitsverfahren keine Rechtskrafterstreckung der stattgebenden
Entscheidung gibt, die das Nebeninterventionsinteresse bei der Anfechtungsklage
begründet (vgl. OLG Düsseldorf, a.a.O., Juris Rz. 34). Denn gemäß § 246a Abs. 3
Satz 5 2. Halbsatz AktG wirkt die Feststellung der Bestandskraft der Eintragung für
und gegen jedermann. Daraus ist gefolgert worden, dass derjenige, der in der
Hauptsache schon interveniert und die ihm nach dem Prozessmodell der §§ 241 ff.
AktG zugewiesene Initiative bereits ergriffen habe, am Freigabeverfahren beteiligt
werden müsse - und zwar bereits von der Gesellschaft, indem sie den Antrag auch
gegen richtet (vgl. Schwab a. a. O., Rz. 15).
Das überzeugt jedoch nicht. Es ist zwar zutreffend, dass im Unterschied zur
Hauptsacheklage, deren Erhebung wie der Termin zur mündlichen Verhandlung
vom Vorstand unverzüglich bekannt zu machen ist (§ 246 Abs. 4 AktG), das
Freigabeverfahren quasi „hinter dem Rücken“ des Nebenintervenienten des
Hauptsacheverfahrens geführt werden könnte, weil eine Bekanntmachung der
Einleitung des Freigabeverfahrens nicht vorgesehen bzw. vorgeschrieben ist. Das
gebietet eine amtswegige Gewährung rechtlichen Gehörs für den
Nebenintervenienten des Hauptsacheverfahrens im Freigabeverfahren hingegen
nicht. Nach zutreffender Ansicht gewinnt dieser die mit der Nebenintervention
verbundenen prozessualen Rechte nur in demjenigen Verfahren, in dem er
beigetreten ist, während eine lückenlose Einbeziehung der Drittbetroffenen durch
das Recht auf Gehör nicht gewährleistet wird (vgl. K. Schmidt, liber amicorum
Wilhelm Happ 2006, S. 259 (268, 269)). Der Aktionär, der den
Hauptversammlungsbeschluss nicht als Kläger angreift, sondern sich darauf
beschränkt, die Klage eines anderen Aktionärs nur als Nebenintervenient zu
unterstützen, nimmt mit dieser Entscheidung bereits in Kauf, dass sich ein etwa
von der Gesellschaft eingeleitetes Freigabeverfahren nicht auch gegen ihn als
Antragsgegner richten wird. Da das Freigabeverfahren vor dem Prozessgericht
durchzuführen ist, hat der Nebenintervenient des Hauptsacheverfahrens jederzeit
die Möglichkeit, sich beim Gericht darüber zu unterrichten, ob ein
Freigabeverfahren, das durch die Erhebung der Hauptsacheklage bedingt ist (vgl.
Spindler/Spitz/Dörr, AktG, § 246a, Rz. 11), von der Gesellschaft eingeleitet worden
ist. Es kann dahin stehen, ob sich diese Auskunftserteilung nach § 299 Abs. 2 ZPO
richtet oder es sich, insbesondere, wenn ein Freigabeverfahren (noch) nicht
anhängig ist, um einen Akt der Justizverwaltung handelt (vgl. OLG Brandenburg,
NJW 2002, 451, Rz. 2 ff betreffend die Auskunft, ob ein Insolvenzverfahren eröffnet
ist). Das rechtliche Interesse an der Erteilung der Auskunft und - bei
Zurückweisung des Antrags - auf gerichtliche Entscheidung (§ 24 Abs. 1 EGGVG)
folgt ohne weiteres aus der Tatsache der Nebenintervention im
Hauptsacheverfahren. Das Auskunftsverlangen ist dem Streithelfer im
Hauptsacheverfahren auch zuzumuten, er bedarf nicht des besonderen Schutzes
amtswegigen rechtlichen Gehörs wie etwa ein Mitgesellschafter, der im Fall der
Auflösungsklage gegen die Gesellschaft keine Kenntnis von der Einleitung des
Verfahrens hat, aber durch die anstehende gerichtliche Entscheidung unmittelbar
in seinen Rechten beeinträchtigt werden wird (vgl. BVerfG, Beschluss vom 9.
Februar 1982 - 2 BVR 191/81, BVerfG E 60, 7, Juris Rz. 23; BGH, Urteil vom 20.
Januar 1986 - 2 ZR 73/895, BGHZ 97, 28, Juris Rz. 9). Denn der Nebenintervenient
muss mit der Einleitung des Freigabeverfahrens rechnen. Er kann sich rechtliches
Gehör sogleich durch Einreichung einer Schutzschrift, die das Gericht
berücksichtigen muss (vgl. Zöller-Vollkommer, ZPO 26. Aufl., § 937, Rz. 4) bei dem
ihm bekannten Prozessgericht verschaffen, wie dies für das Verfahren des
einstweiligen Rechtsschutzes, mit dem das Freigabeverfahren Ähnlichkeit hat,
anerkannt ist. Der Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 23.4.2007 (II ZB
29/05 a. a. O.), die die Rechte des Nebenintervenienten im Hauptsacheprozess
betrifft, ist dem gegenüber nicht zu entnehmen, die Gewährleistung des
rechtlichen Gehörs bedinge die amtswegige Beteiligung des nicht als
Hauptsachekläger auftretenden Mitaktionärs im Freigabeverfahren.
Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit des § 246a AktG bestehen nicht. Der
Senat geht von der Verfassungsmäßigkeit der Vorschrift aus, wie dies auch
gesicherter höchstrichterlicher Rechtsprechung für die Regelung des § 327 e Abs.
2 AktG und die gesetzlich normierten Voraussetzungen der Entscheidung im
Freigabeverfahren auf Grundlage von eidesstattlichen Versicherungen zur
Glaubhaftmachung entspricht. Denn die gesetzliche Regelungen gewährleisten
hier durch § 246 a Abs. 4 Satz 1 AktG wie dort hinreichend, dass die
Antragsgegner vollen Ersatz ihres Schadens bzw. „volle“ Entschädigung erhalten,
sollte sich die Hauptsacheklage als begründet erweisen (vgl. für die übertragende
Auflösung nach § 179 a AktG, BVerfG, 1. Senat, 1. Kammer, Beschluss vom 23.
August 2000-1 BVR 68/95, 1 BVR 147/97, AG 2001, 42, Juris Rz. 14 ff.; §§ 317 a ff.
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August 2000-1 BVR 68/95, 1 BVR 147/97, AG 2001, 42, Juris Rz. 14 ff.; §§ 317 a ff.
AktG, BGH, Beschluss vom 25. Juli 2005 - II ZR 3278/03, AG 2005, 921, Juris Rz. 2).
Zu Recht hat dass Landgericht den Freigabeantrag für begründet gehalten, weil
die Klage des Antragsgegners offensichtlich unbegründet ist. Offensichtliche
Unbegründetheit in diesem Sinne liegt vor, wenn sich mit hoher Sicherheit
vorhersagen lässt, dass die Klage erfolglos bleiben wird, was gleichbedeutend
damit ist, dass eine von der Beurteilung des Freigabegerichts abweichende
rechtliche Auffassung unvertretbar ist (vgl. Senat, Beschluss vom 26. Februar
2007 - 5 W 3/07, AG 2007, 867, Juris Rz. 3; Hüffer, a.a.o., § 319, Rz. 18; OLG Jena,
a.a.O., Juris Rz. 41 m.w.N.).
Der vom Antragsgegner im Freigabeverfahren und nachfolgend auch im
Hauptsacheverfahren - der Antragsgegner hat sich in der Beschwerdebegründung
auf sein Vorbringen im Hauptsacheverfahren bezogen - geltend gemachte
Nichtigkeitsgrund gemäß § 241 Nr. 1 AktG i. V .m. § 121 Abs. 3 Satz 2 AktG liegt
nicht vor.
Gemäß § 121 Abs. 3 Satz 2 AktG muss die bekannt zu machende Einberufung der
Hauptversammlung u. a. auch die Bedingungen angeben, von denen die
Teilnahme an der Hauptversammlung und die Ausübung des Stimmrechtes
abhängen. Soweit der Antragsgegner zunächst eingewandt hatte, die in der
Einberufung angegebenen Bedingungen seien falsch, hätten keine Grundlage in
der Satzung der Beklagten und seien mit § 9 Abs. 4 der Satzung der Beklagten
unvereinbar, weil diese Satzungsbestimmung regele, dass die Aktionäre ihre
Aktien unter Einhaltung einer Hinterlegungsfrist bei in der Einberufung
anzugebenden Hinterlegensstellen hinterlegen müssten, greift das nicht durch,
weil der Antragsgegner dies nicht glaubhaft gemacht hat. Demgegenüber hat die
Antragstellerin dargelegt und durch Vorlage der Anmeldung der
Satzungsänderung zum Handelsregister vom 8. Juni 2006, eines aktuellen
Handelsregisterauszuges der Antragstellerin vom 31. Juli 2007 und einer Kopie der
aktuellen Satzung der Antragstellerin mit der Bescheinigung nach § 181 AktG
glaubhaft gemacht, dass § 9 Abs. 4 der Satzung nicht den vom Antragsgegner
vorgetragenen, sondern den unter I. der Gründe auszugsweise mitgeteilten Inhalt
hat.
Allerdings ist sein - zunächst nicht im Freigabeverfahren, sondern erst nach Erlass
des hier angefochtenen Beschlusses im Hauptsacheverfahren mit Schriftsatz vom
5. Dezember 2007 - erhobener Einwand berechtigt, die beiden letzten Sätze des §
9 Abs. 4 der Satzung der Beklagten, die lauten: ” Die Gesellschaft ist berechtigt,
bei Zweifeln an der Richtigkeit oder Echtheit des Berechtigungsnachweises einen
geeigneten weiteren Nachweis zu verlangen. Bestehen auch an diesem Zweifel, so
kann die Gesellschaft die Berechtigung des Aktionärs zur Teilnahme an der
Hauptversammlung und zur Ausübung des Stimmrechts zurückweisen.“, seien in
der Einberufung der Hauptversammlung vom 6.6.2007 nicht angegeben worden.
Sofern diese Unterlassung geeignet ist, einen Verstoß gegen § 121 Abs. 3 Satz 2
AktG zu begründen, führt dies ausnahmsweise nicht zur Nichtigkeit des
angegriffenen Hauptversammlungsbeschlusses; auf eine hiernach in Betracht
kommende Anfechtbarkeit kann sich der Antragsgegner indessen im Weiteren
nicht berufen.
Es kann dahinstehen, ob es sich bei den beiden letzten Sätzen des § 9 Abs. 4 der
Satzung überhaupt um satzungsmäßige Teilnahmebedingungen handelt, was die
Antragstellerin im Hauptsacheverfahren unter Bezugnahme auf die
Regierungsbegründung zum UMAG zur Neuregelung des Teilnahmerechts in § 123
Abs. 3 (BT-Drucksache 15/5092, S. 13) mit der Begründung in Abrede gestellt hat,
die beiden letzten Sätze des § 9 Abs. 4 wiederholten lediglich das vom
Gesetzgeber als nicht regelungsbedürftig, da als selbstverständlich angesehene
Recht der Gesellschaft zur Überprüfung zweifelhafter Nachweise sowie zur
Anforderung weiterer Nachweise von dem betreffenden Aktionär.
§ 121 Abs. 3 Satz 2 AktG soll gewährleisten, dass die Aktionäre der einberufenden
Gesellschaft gleichermaßen die für ihre Teilnahme an der Hauptversammlung und
die Mitwirkung an den Abstimmungen erforderlichen und sachgemäßen
Maßnahmen in die Wege leiten, weshalb die Einladung zur Hauptversammlung
etwaige Voraussetzungen für die Teilnahme an der Hauptversammlung und die
Ausübung des Stimmrechts klar verständlich, vollständig und richtig wiedergeben
muss (vgl. BGH, Urteil vom 25. September 1989 - II ZR 53/89, NJW-RR 1990, 166,
Juris Rz. 11). Satzungsregelungen betreffend die Legitimation des Aktionärs stellen
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Juris Rz. 11). Satzungsregelungen betreffend die Legitimation des Aktionärs stellen
nach Auffassung des OLG Düsseldorf (ZIP 1997, 1153, 1160, 1161) schon keine
Bedingungen für die Teilnahme an der Hauptversammlung im Sinne des § 121
Abs. 3 Satz 2 AktG auf, weshalb auf sie nicht besonders hingewiesen werden
müsse.
Aber selbst wenn man eine Bedingung für die Teilnahme annähme oder der
Ansicht folgte, dass auch Legitimationsbedingungen nach § 123 Abs. 3 Satz 1
AktG angegeben werden müssen (vgl. Zimons in K. Schmidt/ M. Lutter [Hrsg] AktG
2008, § 121, Rz. 35), ist der etwaige Bekanntmachungsfehler nicht so
schwerwiegend, dass er die Nichtigkeitsfolge nach sich zieht. Der Senat hält daran
fest, dass nicht jede unrichtige Bekanntmachung der Teilnahmebedingungen auch
zur Nichtigkeit des Beschlusses führt, sondern diese nur dann eintritt, wenn vom
Gesetz als Mindestanforderungen angesehene Voraussetzungen nicht eingehalten
sind (vgl. Senatsurteile vom 10. Mai 1988 - 5 U 285/86, WM 1989, 1688, 1691; vom
19. Februar 1991 - 5 U 56/86, AG 1991, 208, 209). Diese Rechtsprechung hat bei
sich als Bagatellverstöße darstellenden Einberufungsmängeln Zustimmung
gefunden (vgl. OLG Düsseldorf, a. zuletzt a. O., 1159; OLG München, AG 2000,
134, 135). Auch wenn in der Literatur diese Rechtssprechung als zu großzügig
kritisiert wird (vgl. Hüffer, a.a.O., § 121, Rdz 11) oder der Begründungsansatz
bezweifelt wird, weil § 121 Abs. 3 AktG nicht zwischen Mindestangaben und
sonstigen Angaben unterscheide (Großkomm AktG/Werner. 4. Aufl. 1993, § 121,
Rz. 83), wird doch gesehen, dass sich bei geringfügigen Bekanntmachungsfehlern
die Nichtigkeitsfolge als eine unangemessene, nach dem Gesetzes nicht
erforderliche Sanktion darstellt (vgl. Werner, a.a.O.), wenn es sich um
Auslassungen und Bekanntmachungsfehler handelt, die sich auf das
Teilnahmerecht eines durchschnittlichen Lesers der Bekanntmachung
schlechterdings nicht auswirken oder die Aktionäre in keiner Weise beschwere (vgl.
MünchKommAktG/Kubis 2. Aufl., § 121, Rz. 42). Vorliegend ist eine Auswirkung des
etwaigen Bekanntmachungsfehlers auf das Teilnahmerecht nicht ersichtlich, weil
nicht dargelegt ist, Aktionäre der Antragstellerin hätten sich von erforderlichen und
sachgemäßen Maßnahmen zur Teilnahme an der Hauptversammlung abhalten
lassen. Auch hat der Antragsgegner nicht dargelegt, die Antragstellerin habe bei
den ihr im Rahmen der Anmeldung zur Hauptversammlung am 6. Juni 2007
vorgelegten Nachweise über den Anteilsbesitz Zweifel hegen, zu ihrem Recht zur
Anforderung weiterer Nachweise Gebrauch machen oder bestimmte Aktionäre
zurückweisen müssen.
Dahinstehen kann, ob ein etwaiger Bekanntmachungsfehler die Anfechtbarkeit des
Hauptversammlungsbeschlusses begründen könnte (vgl. Senatsurteil vom 10. Mai
1988, a.a.O., S. 1691; OLG München, a.a.O., S. 135), ob der
Bekanntmachungsfehler hier nicht einmal die Anfechtung des
Hauptversammlungsbeschlusses ermöglichen kann, weil er marginal und so ohne
die erforderliche Relevanz sein könnte (vgl. BGH, Urteil vom 25. November 2002 -
II ZR 49/01, BGHZ 153, 32, Juris Rdz 12; OLG Frankfurt, Urteil vom 21. März 2006 -
10 U 17/05, AG 2007, 374, Juris Rz. 25), oder ob die angemessene Folge eines
Bagatellverstoßes nicht die Anfechtbarkeit, sondern grundsätzlich die
uneingeschränkte Wirksamkeit der in der nachfolgenden Hauptversammlung
gefassten Beschlüsse ist (vgl. MünchKommAktG/Kubis, a.a.O., Rz. 42, Rz. 45).
Denn der Antragsgegner hat diesbezüglich in der Hauptsache bereits die Klagefrist
des § 246 Abs. 1 AktG versäumt. Den etwaigen Anfechtungsgrund hat er erst mit
Schriftsatz vom 5. Dezember 2007 geltend gemacht, während er in der
Klageschrift fristgerecht lediglich eingewandt hat, die Beschlussfassung habe einen
nicht ordnungsgemäß bekannt gemachten Gegenstand der Tagesordnung und
auch keinen Antrag zu einem Gegenstand der Tagesordnung betroffen (§ 124 Abs.
4 AktG), und die Verletzung des § 192 Abs. 2 Satz 2 AktG i. V. m. § 182 Abs. 1
Satz 5 AktG - überproportionale Beeinträchtigung alter Stückaktien - gerügt. Ein
zur Nichtigkeit führender Bekanntmachungsmangel liegt ferner nicht unter
Berücksichtigung des Vorbringens des Antragsgegners vor, die Änderungen des §
9 der Satzung der Antragstellerin in der Hauptversammlung vom 2. Juni 2006
seien ihrerseits nichtig, weil schon diese Hauptversammlung unter Verstoß gegen
§ 121 Abs. 3 Satz 2 AktG durch Bekanntmachung einer Teilnahmebedingung, für
die es in der Satzung der Antragstellerin keine Rechtsgrundlage gegeben habe,
einberufen worden sei. Für die Einladung zur Hauptversammlung 2007 ist § 9 der
Satzung der Antragstellerin in der Fassung des in der ordentlichen
Hauptversammlung der Antragstellerin vom 2. Juni 2006 unter TOP 7.
(Beschlussfassung über Satzungsänderungen im Hinblick auf die Einberufung, die
Anmeldung und die Teilnahme an der Hauptversammlung) gefassten Beschlusses
über Satzungsänderungen maßgebend. Diese Änderung des § 9 der Satzung der
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über Satzungsänderungen maßgebend. Diese Änderung des § 9 der Satzung der
Antragstellerin ist durch Eintragung in das Handelsregister am 21. Juni 2006
gemäß § 181Abs. 3 AktG wirksam geworden. Zwar entfaltet die Eintragung als
solche keine heilende Wirkung für Mängel des Satzungsänderungsbeschlusses.
Hinzutreten muss, wenn ein Hauptversammlungsbeschluss nach § 241 Nr. 1 AktG
nichtig ist, dass seit Eintragung des Beschlusses in das Handelsregister drei Jahre
verstrichen sind, ohne dass eine Klage auf Feststellung der Nichtigkeit
rechtshängig ist (§ 242 Abs. 2 Satz 1, Satz 2 AktG). Diese Frist ist vorliegend noch
nicht verstrichen. Das gebietet indessen eine abweichende Beurteilung nicht. Nach
der Senatsrechtsprechung ist jedenfalls im Zeitpunkt der Einladung die geänderte
Satzungsbestimmung wirksame Grundlage für die Einladung, selbst eine auf Klage
ausgesprochene Nichtigerklärung mit ex-tunc-Wirkung vermag an der
Ordnungsgemäßheit der vor Rechtskraft erfolgten Einladung in Anlehnung an die
Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft nachträglich nichts mehr zu ändern (vgl.
Senat, Beschluss vom 5. November 2007 - 5 W 22/07, ZIP 2008, 138, Juris Rz 81).
Der Beschluss ist des weiteren nicht unter dem Gesichtspunkt anfechtbar, dass er
unter Verstoß gegen die Vorschriften des § 124, 126 AktG zustande gekommen
sei (§ 243 Abs. 1 AktG). Ihm lag ausweislich des unwidersprochen gebliebenen
Vorbringens der Antragstellerin im Hauptsacheverfahren ein Antrag des Aktionärs
A in der Hauptversammlung zugrunde, den dieser erst nach Ablauf der
Zweiwochenfrist (§ 126 Abs. 1 Satz 1 AktG) kurz vor der Hauptversammlung
eingereicht hatte. Schon deshalb kam eine Mitteilung unter Wahrung der
Zweiwochenfrist gegenüber den in § 125 Abs. 1 bis 3 AktG genannten Berechtigten
nicht in Betracht. Eine Pflicht der Aktionäre, ihre Gegenanträge der Gesellschaft so
früh zukommen zu lassen, dass diese sie unter Einhaltung der Zweiwochenfrist
zugänglich machen kann, besteht nicht, weshalb § 126 AktG die Möglichkeit, einen
oppositionellen Beschlussantrag erstmals in der Hauptversammlung zu stellen,
nicht ausschließt (MünchKommAktG/Kubis, a.a.O., § 126, Rz. 1).
Die Beschlussfassung über diesen Antrag hat nicht gegen § 124 Abs. 4 Satz 1
AktG unter dem Aspekt nicht ordnungsgemäßer Bekanntmachung eines
Gegenstandes der Tagesordnung verstoßen, weil es sich bei dem Antrag des
Aktionärs A um einen Antrag zu einem Gegenstand der Tagesordnung handelte.
Zur diesbezüglichen Beschlussfassung bedurfte es einer Bekanntmachung nicht (§
124 Abs. 4 Satz 2, Alt. 2 AktG). Nach dem unwidersprochen gebliebenen
Vorbringen der Beklagten im Hauptsacheverfahren hatte der Aktionär A zu TOP 7.
den Antrag gestellt, den von der Verwaltung vorgeschlagenen Beschluss in der
bekannt gemachten Fassung mit der Maßgabe zu fassen, dass an Stelle des dort
genannten Höchstbetrages die Schaffung eines bedingten Kapitals in Höhe von
1.500.000,00 € ein Höchstbetrag von 1.200.000,00 € festgelegt und demzufolge
auch die Ermächtigung zur Herausgabe von Options- und/oder
Wandelschuldverschreibungen nebst entsprechender Satzungsänderung
angepasst werden sollte, während der Wortlaut seines Gegenantrages im Übrigen
mit dem bekannt gemachten Text der Verwaltung identisch war. Von § 124 Abs. 4
Satz 2 Alt. 2 AktG nicht mehr gedeckte, vom Verwaltungsvorschlag inhaltlich
abweichende Sachanträge, die ohne gesonderte Bekanntmachung nicht zur
Abstimmung zuzulassen sind, müssen von lediglich bekanntmachungsfrei
ergänzenden Anträgen abgegrenzt werden, Maßstab hierfür ist die wirtschaftliche
Abweichung des Antrags von dem bekannt gemachten Tagesordnungspunkt (vgl.
MünchKommAktG/Kubis, § 12, Rz. 874). Nach § 124 Abs. 1 AktG steckt die bekannt
gemachte Tagesordnung den möglichen Beschlussrahmen ab (vgl. Senat,
Beschluss vom 22. Juli 2004 - 5 W 18/03, DB 2004, 2361, Juris Rz. 5), in diesem
Rahmen darf die Hauptversammlung auch von mit der Tagesordnung bekannt
gemachten Vorschlägen abweichende Beschlüsse fassen (vgl. Semmler in
Münchener Hdb. des Gesellschaftsrechts, Bd. 4, 3. Aufl., § 35, Rz. 49). Der
Gegenstand der Tagesordnung wird durch den Vorschlagstext nicht konkretisiert
und eingegrenzt, vielmehr kommt es für den Kreis zulässiger
Beschlussgegenstände entscheidend auf die Kurzkennzeichnung in der
Tagesordnung an (vgl. Hüffer, a.a.O., § 124, Rz. 9; MünchKommAktG/Kubis, § 124,
Rz. 11). Wenn auch bei einer geplanten Kapitalerhöhung die Aktionäre nicht damit
rechnen müssen, dass die bekannt gemachte mögliche Kapitalerhöhungsziffer in
der Hauptversammlung überschritten wird (vgl. Senatsbeschluss vom 22. Juli
2004, a. a. O., Juris Rz. 6), zwingt dies nicht zu der Annahme, dass auf
entsprechende Anträge von Aktionären nicht ein hinter dem in der
Bekanntmachung genannten Höchstbetrag zurück bleibender Höchstbetrag
beschlossen werden dürfte. Das ergibt sich schon daraus, dass die
Hauptversammlung die Kapitalerhöhung in Gänze ablehnen dürfte (vgl. Werner, a.
a. O., § 124, Rz. 95 (Fußnote 96); Baumbach/Hueck/Zöllner, GmbHG, 18. Aufl., §
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a. O., § 124, Rz. 95 (Fußnote 96); Baumbach/Hueck/Zöllner, GmbHG, 18. Aufl., §
51, Rz. 26).
Soweit der Vortrag des Antragsgegners in der Klageschrift zur Hauptsache, der
Versammlungsleiter habe angekündigt, dass er unter Punkt 7. der Tagesordnung
über den „Gegenantrag“ des Aktionärs vorrangig und vor dem Beschlussvorschlag
von Vorstand und Aufsichtsrat abstimmen lassen werde, dahin zu verstehen sein
sollte, dass sich die Verwaltung den Gegenantrag zu eigen gemacht und ihn statt
ihres ursprünglichen Verwaltungsvorschlages zur Abstimmung gestellt hat, ist ein
Verstoß gegen § 124 Abs. 4 Satz 1 AktG gleichfalls nicht ersichtlich. Daran, dass
der als Gegenantrag mitgeteilte Änderungsantrag als solcher
bekanntmachungsfrei zur Abstimmung hätte gestellt werden dürfen, ändert sich
nicht dadurch etwas, dass sich die Verwaltung diesen Vorschlag zu eigen macht
und ihn statt des ursprünglichen Verwaltungsvorschlages zur Abstimmung stellt
(vgl. OLG Hamm, DB 2005, 2236, Juris Rz. 77).
Ein Gesetzesverstoß unter dem Gesichtspunkt einer Verletzung der §§ 192 Abs. 3
Satz 2, 182 Abs. 1 Satz 5 AktG ist vom Antragsgegner schon nicht plausibel
aufgezeigt. Nach diesen Vorschriften müssen Bezugsaktien so gestückelt sein,
dass nach ihrer vollständigen Ausgabe (§ 199 AktG) die Erhöhung der Aktienzahl
der Erhöhung des Grundkapitals entspricht (vgl. Hüffer, a.a.O., § 192, Rz. 25), dies
stellt der Beschluss der Hauptversammlung nach dem unwidersprochen
gebliebenen Vortrag der Antragstellerin sicher.
Auf die Frage, ob das Vollzugsinteresse der Antragstellerin am alsbaldigen
Wirksamwerden der Kapitalerhöhung das Interesse des Antragsgegners am
Aufschub überwiegt, ob also dem Antragsgegner gewichtige Nachteile durch die
Vollziehung entstehen könnten, kommt es daher nicht mehr an.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO; die Festsetzung des
Beschwerdewerts beruht auf § 3 ZPO unter Berücksichtigung des zu bewertenden
Interesses der Antragstellerin am Eintritt der Bestandskraft.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.