Urteil des LG Erfurt vom 28.09.2007

LG Erfurt: abnahme des werkes, unerlaubte handlung, altes recht, verjährungsfrist, prüfer, unternehmer, zustellung, unterlassen, baustelle, firma

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Gericht:
OLG Frankfurt 25.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
25 U 124/04
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 195 BGB, § 195aF BGB, §
634a Abs 1 Nr 2 BGB, § 638
BGB, § 638aF BGB
(Werkvertrag: Verjährung von Schadenersatzansprüchen
gegen den Bausachverständigen wegen der fehlerhaften
Begutachtung von Frischbeton)
Leitsatz
Zur Verjährung von Schadensersatzansprüchen gegen den Werkunternehmer wegen
unterlassener Prüfung von Frischbeton auf Luftgehalt
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Fulda vom
28.8.2003 – 2 O 537/02 – wird auch insoweit zurückgewiesen, als sie sich gegen die
Abweisung der Klage gegenüber den Beklagten zu 1. und 2. wendet.
Die Kosten des Berufungsverfahrens, soweit nicht bereits durch Teil-Urteil
vom 21.4.2006 beschieden, werden der Berufungsklägerin auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung
durch die Beklagten zu 1. und 2. gegen Sicherheit in Höhe von 120% des aufgrund
dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, falls nicht die Beklagten zu 1.
und 2. vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des jeweils zu
vollstreckenden Betrages leisten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Klägerin nimmt die Beklagte zu 2. und den Beklagten zu 1., der
Geschäftsführer der Beklagten zu 2. ist, wegen angeblich fehlerhafter
Begutachtung von Frischbeton auf Schadensersatz und Feststellung künftiger
Ersatzpflicht in Anspruch. Zwischen den Parteien ist insbesondere umstritten, ob
etwaige Ansprüche verjährt sind. Bezüglich der durch rechtskräftiges Teilurteil vom
21.4.2006 (Bl 34ff. Band III d.A.), ausgeschiedenen Beklagten zu 3) haben die
Parteien um die Frage der Passivlegitimation gestritten.
Die Klägerin hatte als Generalunternehmerin von der "A" den Auftrag erhalten, die
Tank- und Rastanlage … (Bundesautobahn - BAB …) herzustellen.
Der Beton für die Flächen der Tankstationen für Pkw einerseits und Lkw
andererseits wurde am 1. und 2. April 1997 – Dienstag bzw. Mittwoch nach Ostern
- angeliefert und von der B GmbH eingebaut. Die Klägerin ließ aufgrund eines
frühestens am Karfreitag, 28.3.1997, erteilten Auftrags die Betongüte der
Lieferung vom 2.4.1997 durch die Beklagte zu 2. prüfen. Der Beklagte zu 1. nahm
auftragsgemäß die Fertigbetonprüfung Ende April 1997 vor. Beanstandungen
wurden vom Beklagten zu 1. und der Beklagten zu 2. nicht erhoben. Die Klägerin
nahm die Arbeiten der B GmbH im April 1997 ab und beglich in der Folgezeit die
Rechnungen der Beklagten zu 2. und des Beklagten zu 1.
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Am 3.7.2000 beantragte die Klägerin bei dem Landgericht Erfurt – 10 OH 88/00 -
die Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens gegen die B GmbH, weil
einige der hergestellten Flächen schadhaft geworden waren. Der Beton, der als
Oberfläche an der Betankungsanlage aufgebracht worden war, platzte großflächig
ab. Dabei verkündete sie mit Schriftsatz vom 16.1.2002 u.a. dem Beklagten zu 1.,
nicht aber der Beklagten zu 2. den Streit.
Der Sachverständige Dipl.Ing. SV1 gelangte in seinem Gutachten vom 25.9.2001
zu dem Ergebnis, dass der Beton nicht hätte eingebaut werden dürfen, weil er
einen zu geringen Mikro-Luftporengehalt aufgewiesen habe und überdies die
maximale Entladezeit von 90 Minuten (Zeitraum vom Verlassen des Werkes bis
Entladungsende) bei 9 von 10 Lieferungen am 2.4.1997 überschritten worden sei,
wodurch die Eigenschaften des Betons nicht mehr garantiert gewesen seien. Im
Ergebnis weise der Beton infolge dieser Fehler einen ungenügenden Frost-Tausalz-
Widerstand auf, der sich in den Abplatzungen zeige.
Die Klägerin hat zunächst am 30.4.2002 gegen die B GmbH Klage vor dem
Landgericht Erfurt erhoben. Nachdem über das Vermögen der B GmbH mit
Beschluss des Amtsgerichts Wuppertal vom 10.5.2002 das Insolvenzverfahren
eröffnet worden war, hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 24.6.2002 (zugestellt
frühestens am 11.7.2002) die Klage auf den Beklagten zu 1. erweitert mit der
Ankündigung eines Antrags, den Beklagten zu verurteilen, an sie 30.937,20 Euro
nebst Zinsen zu zahlen. Mit Schriftsatz vom 27.2.2003 hat die Klägerin die Klage
gegenüber dem Beklagten zu 1. erweitert um die Ankündigung von
Feststellungsanträgen hinsichtlich aller weiteren Schäden, die aus Kontrollmängeln
oder der unterlassenen Offenbarung, dass er auch die Ausgangskontrolle des
Lieferwerks übernommen hat, entstehen und erstreckte die so erweiterte Klage in
subjektiver Hinsicht auch gegen die Beklagten zu 2. und 3.
Mit Abtretungserklärung vom 4./11.3.2003 (Kopie Bl. 120 Band II d.A.) wurden von
der C GmbH, der Erbbauberechtigten der Tank- und Rastanlage , sämtliche
Ansprüche, die ihr wegen der Beschädigung der Betonfläche und aller damit
zusammenhängenden Folgeschäden "sei es gegen die Personen oder Firmen, die
die Betonherstellung, den Transport oder die Verarbeitung überwachen, sei es die
verarbeitende Firma" zustehen, an die Klägerin abgetreten.
Die Klägerin hat behauptet, allein die am 2.4.1997 hergestellten Betonflächen
seien schadhaft geworden. Am 2.4.1997 sei der Beton für die Pkw-
Betankungsanlage eingebaut worden, während am 1.4.1997 die Betonfläche der
Lkw-Betankungsanlage erstellt worden sei, die keine Schäden aufweise.
Die Beklagte zu 2., die mit der Überwachung sowohl der Lieferung vom 1.4. als
auch derjenigen vom 2.4.1997 betraut gewesen sei, habe die Betonlieferungen
nicht ausreichend geprüft. Überdies habe sie gegen elementare Regeln der DIN-
Norm 1045 verstoßen, indem der Beklagte zu 1. sowohl die Ausgangskontrolle im
Werk als auch über die Beklagte zu 2. die Empfangskontrolle an der Baustelle
übernommen habe. Es gelte für seine Tätigkeit die 30jährige Verjährungsfrist nach
§ 195 BGB a.F., weil es sich um einen "typischen Weiterfresserschaden" handele.
Der Mangel der Tätigkeit des Beklagten zu 1. habe dazu geführt, dass von der
Klägerin unversehrt eingebrachtes Material wie Unterbau und Betonbewehrung in
seiner Verwendbarkeit und seinem Wert beeinträchtigt wurde oder sogar
vollständig zerstört wurde. Der Mangel des Betons habe die sonst fehlerfrei
hergestellte Tankstelle zerstört. Auch für die Folgen der unerlaubten
Doppeltätigkeit als Kontrolleur im Werk und an der Empfangsstelle gelte eine
30jährige Frist. Bei Kenntnis dieser Umstände hätte die Klägerin von vornherein ein
anderes Unternehmen mit der Frischbetonprüfung betraut, so dass dadurch die
eingetretenen Schäden vermieden worden wären. Schließlich hafteten die
Beklagten aus unerlaubter Handlung, weil sie durch die Freigabe mangelhaften
Betons das Eigentumsrecht des Grundstückseigentümers verletzt hätten.
Zur Sanierung sei nach einem eingeholten Angebot vom 10.5.2002 (Bl. 36f. Band I
d.A.) ein Betrag von 30.937,20 Euro (inkl. 16% USt.) erforderlich.
Die Klägerin hat erstinstanzlich zuletzt beantragt,
1. die Beklagten zu 1. bis 3. als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie
30.937,20 Euro nebst 8% Zinsen zu zahlen, und zwar die Beklagte zu 1. Seit
Zustellung des Schriftsatzes vom 24.6.2002, die Beklagten zu 2. und 3. nach
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Zustellung des Schriftsatzes vom 24.6.2002, die Beklagten zu 2. und 3. nach
Zustellung des Schriftsatzes vom 27.2.2003;
2. festzustellen, dass die Beklagten verpflichtet sind, der Klägerin allen
weiteren Schaden zu ersetzen, den sie dadurch erleidet, dass
a) die Beklagten zu 1. und 2. es pflichtwidrig unterlassen haben, der
Klägerin zu offenbaren, dass die Beklagte zu 2. durch DIN 1045 vorgesehene
Eigenüberwachung der Ausgangkontrolle des Lieferwerks auftragsgemäß
durchzuführen hatte für die Betonlieferung vom 01. und 02.04.1997,
b) die Beklagte zu 2. ihrer Verpflichtung nicht nachgekommen ist, die
Betonlieferung der D, Zweigniederlassung der E GmbH, O1 vom 2.4.1997
ordnungsgemäß zu kontrollieren;
c) die Beklagte zu 3. am 2.4.1997 fehlerhaft hergestellten Beton an die
Baustelle der Klägerin zur Herstellung der PKW-Betankungsfläche der Raststätte …
geliefert hat.
Die Beklagten haben beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagten zu 1. und 2. haben sich in erster Linie auf Verjährung berufen. Im
Übrigen sei schlechterdings nicht mehr nachvollziehbar, welche Betonlieferung für
welche Betankungsfläche verwandt worden sei.
Die Beklagten meinen, für eine Haftung des Beklagten zu 1., fehle von vornherein
ein Anknüpfungspunkt, weil die Ergebnisse der Festbetonprüfung nicht von Einfluss
auf Fehler beim Einbau des Betons am 1. oder 2. April gewesen sein könnten. Die
allein mit der Frischbetonprüfung am. 2.4.1997 beauftragte Beklagte zu 2. hafte
nicht, weil etwaig vorhandene Betonabplatzungen allenfalls auf der Lieferung vom
1.4.1997 beruhten. Der Sachverständige im selbständigen Beweisverfahren sei
von falschen Voraussetzungen ausgegangen. Er habe die "Zusätzlichen
Technischen Vorschriften für den Bau von Fahrbahnflächen aus Beton" – ZTV-
Beton – seiner Würdigung zugrunde gelegt, obwohl diese Bedingungen – unstreitig
- gar nicht vereinbart worden seien. Gemessen an den dann allein einschlägigen
Regeln der DIN-Normen 1045, 1048 und 1084 sei das Ergebnis der Überprüfung
nicht zu beanstanden.
Das Landgericht hat mit Urteil vom 28.8.2003 (Bl. 271 Band I d.A.) die Klage
abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass Ansprüche gegen die
Beklagten zu 1. und 2. jedenfalls wegen Verjährung ausschieden. Gegen die
Beklagte zu 3. bestünden Ansprüche nicht, weil nicht hinreichend dargelegt und
bewiesen sei, dass die Beklagte zu 3. Rechtsnachfolgerin der angeblichen
Betonlieferantin ist. Im Übrigen seien die Ansprüche auch diese Ansprüche
verjährt.
Die am 27.10.2003 eingelegte Berufung hat die Klägerin nach Verlängerung der
Berufungsbegründungsfrist bis zum 29.12.2003 mit einem am 24.12.2003
eingegangenen Schriftsatz begründet.
Sie hat zunächst uneingeschränkt ihre erstinstanzlichen Ziele weiterverfolgt. Sie
meint, die Beklagte zu 2. hafte vertraglich ungeachtet des Umstandes, dass die
5jährige Verjährungsfrist abgelaufen sei. Diese Verjährungsfrist gelte nicht für den
eingetretenen Schaden. Denn bei diesem handele es sich "zweifelsfrei" um einen
entfernten Schaden der mangelhaften Kontrollarbeit, weil er zeitlich und sachlich
entfernt liege von der eigentlichen mangelhaften Arbeitsleistung der Beklagten zu
2. Für diese Mangelfolgeschäden betrage die Verjährungsfrist 30 Jahre. Dasselbe
gelte im Hinblick darauf, dass es sich um einen "Weiterfresserschaden" handele.
Die Beklagte zu 2. habe ihre Leistungstreuepflicht aus dem Vertragsverhältnis
gröblichst verletzt, indem sie den Auftrag angenommen habe. Zu Unrecht habe
sich das Landgericht mit diesem Haftungsgesichtspunkt gar nicht befasst. Es sei
selbstverständlich, dass die Klägerin davon abgesehen hätte, die Beklagte mit der
Kontrolle des Betons an der Baustelle zu beauftragen, wenn ihr bekannt gewesen
wäre, dass der Beklagte zu 1. bereits mit der Betonausgangskontrolle befasst war.
Die Beklagte zu 2. habe pflichtwidrig gehandelt, indem sie den fehlerhaften Beton
zur Verarbeitung freigegeben habe. Sie habe damit mindestens fahrlässig das
Erbbaurecht "der C" an dem Betriebsgrundstück der Tankstelle beeinträchtigt und
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Erbbaurecht "der C" an dem Betriebsgrundstück der Tankstelle beeinträchtigt und
beschädigt. Von Stoffgleichheit des Mangelunwertes mit dem Schaden könne
keine Rede sein, weil der Unterbau für die Betankungsfläche nebst
Eisenbewehrung längst beanstandungsfrei fertig gestellt gewesen seien, als die
Betonlieferung erfolgte. Durch die mangelhafte Betonoberfläche seien "im
Schadensumfang" Unterbau und Eisenbewehrung vernichtet worden und hätten im
Zuge der Mängelbeseitigung erneuert werden müssen. Auch diese deliktischen
Ansprüche gegen die Beklagte zu 2. seien nicht verjährt, weil die Klägerin erst
aufgrund des Beweissicherungsgutachtens Kenntnis im Sinne von § 852 BGB von
der Person des Ersatzpflichtigen erlangt habe.
Die Haftung des Beklagten zu 1. ergebe sich daraus, dass er es persönlich
unterlassen habe, den Hinweis auf die Werksausangskontrolle zu geben. Er habe
den Auftrag entgegen genommen, wohlwissend, dass die Klägerin es andernfalls
unterlassen haben würde, sein Unternehmen zu beauftragen. Er hafte daher aus
unerlaubter Handlung neben seinem Unternehmen.
In einem aufgrund der Hinweise im Termin vom 2.12.2005 nachgelassenen
Schriftsatz vom 20.1.2006 hat die Klägerin zu den Klageanträgen erläutert, dass
beim Klageantrag zu 2) jeweils nur die Beklagten in Anspruch genommen werden
sollen, die bei dem jeweiligen Buchstaben am Anfang genannt sind.
Die Klägerin hat im Termin am 2.12.2005 die Klage hinsichtlich eines auf
Umsatzsteuer entfallenden Teilbetrages in Höhe von 4.267,20 Euro mit
Zustimmung der Beklagten zu rückgenommen.
Im Übrigen beantragt sie hinsichtlich der Beklagten zu 1. und 2. zuletzt,
unter Abänderung des angegriffenen Urteils
1. die Beklagten zu 1. und 2. als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die
Klägerin 26.670 Euro nebst 8% Zinsen zu zahlen, und zwar der Beklagte zu 1. seit
Zustellung des Schriftsatzes vom 24.6.2002, die Beklagte zu 2. nach Zustellung
des Schriftsatzes vom 27.2.2003;
2. a) festzustellen, dass die Beklagten verpflichtet sind, der Klägerin allen
weiteren Schaden zu ersetzen, den sie dadurch erleidet, dass die Beklagten zu 1.
und 2. es pflichtwidrig unterlassen haben, der Klägerin zu offenbaren, dass die
Beklagte zu 2. auch die durch die DIN 1045 vorgesehene Eigenüberwachung der
Ausgangskontrolle des Lieferwerks auftragsgemäß durchzuführen hatte für die
Betonlieferung vom 01. und 02.04.1997,
2. b) festzustellen, dass die Beklagte zu 2. verpflichtet ist, der Klägerin
allen weiteren Schaden zu ersetzen, den sie dadurch erleidet, dass die Beklagte zu
2. ihrer Verpflichtung nicht nachgekommen ist, die Betonlieferung der Firma D,
Zweigniederlassung Firma E GmbH, O1 vom 2.4.1997 bei Anlieferung an die
Baustelle ordnungsgemäß zu kontrollieren,
hilfsweise den Rechtsstreit an das Landgericht zurückzuverweisen.
Die Beklagten zu 1. und 2. beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigen das angegriffene Urteil. Wegen der Einzelheiten des Vorbringens
der Beklagten zu 1. und 2. wird auf die Schriftsätze vom 8.3.2004 und 19.6.2007
verwiesen.
II.
Die zulässige, insbesondere statthafte, form- und fristgerecht eingelegte und
innerhalb der verlängerten Begründungsfrist mit Begründung versehene Berufung
hat auch gegenüber den Beklagten zu 1. und 2. in der Sache keinen Erfolg.
Hinsichtlich der Feststellungsklage scheitert das Begehren der Klägerin entgegen
der Ansicht der Beklagten allerdings nicht bereits an der Zulässigkeit. Das gemäß
§ 256 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse erlischt nicht dadurch, dass im
laufenden Prozess Bezifferung möglich geworden ist (BGH, WM 1993, 1241). Dass
aufgrund des Vorbringens der Klägerin über die mit dem Leistungsantrag
verfolgten Beträge hinaus der Eintritt eines weiteren Schadens gänzlich
unwahrscheinlich, also keine Möglichkeit eines weiteren Schadens ersichtlich ist, ist
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unwahrscheinlich, also keine Möglichkeit eines weiteren Schadens ersichtlich ist, ist
keine Frage der Zulässigkeit, sondern der Begründetheit (arg. BGH, NJW 1991,
2707).
Die Beklagten haften der Klägerin wegen der Abplatzungen am Beton der Tank-
und Rastanlage ….weder aus eigenem noch aus abgetretenem Recht auf
Schadensersatz. Die Klage ist unschlüssig.
A. Haftung der Beklagten zu 2)
1. Es bedarf keiner Aufklärung, ob der am 2.4.1997 eingebaute Beton, für den
allein die Beklagte zu 2. die Frischbetonprüfung vorzunehmen hatte, schadhaft ist.
Wenn freilich entgegen dem Vortrag der Klägerin die am 1.4.1997 betonierte
Fläche von den Schäden betroffen gewesen sein sollte, würde die Beklagte zu 2.
hierfür unter keinem denkbaren Gesichtspunkt einzustehen haben, da sie sich
nicht zu irgendwelchen Leistungen im Zusammenhang mit dem Einbau am
1.4.1997 verpflichtet hatte. Die Klägerin hat insoweit schlicht darauf verzichtet,
eine Frischbetonprüfung sicherzustellen.
Selbst wenn man unterstellt, die Betonierung am 2.4.1997 sei im Ergebnis
mangelhaft, haftet die Beklagte zu 2. nicht.
2. Abgesehen davon, dass jeglicher Vortrag und Beweisantritt dafür fehlt, dass die
Beklagte zu 2. zur Zeit der Frischbetonprüfung bei ordnungsgemäßer Prüfung
einen unzureichenden Mikro-Luftporengehalt oder eine Überschreitung der
maximalen Einbaufrist – gleichgültig, ob sie 90 Min. oder, wie die Beklagten geltend
machen, 120 Min. beträgt - hätte feststellen können, wären vertragliche
Ansprüche der Klägerin gegen die Beklagte zu 2. jedenfalls verjährt.
Die Verjährungsfrist betrug längstens 5 Jahre ab Abnahme des Werkes der
Beklagten zu 2. Wenn ein Gutachter für die Errichtung eines Bauwerks
hinzugezogen wird, verjährten nach dem bis zum 31.12.2001 geltenden Recht die
Ansprüche gegen den Sonderfachmann wie gegen den Bauhandwerker in 5 Jahren
ab Abnahme (vgl. BGH, NJW 1999, 2434; BGHZ 72, 257; 58; 225). Da die Abnahme
durch Abnahme des Werkes der B GmbH, spätestens aber durch vorbehaltlose
Zahlung der Rechnung der Beklagten zu 2. im Jahre 1997 stattgefunden hat,
müsste eine Verjährungsunterbrechung jedenfalls vor dem 31.12.2002 eingetreten
sein. Die Klageerweiterung gegenüber der Beklagten zu 2) erfolgte indes erst im
Februar 2003 . Eine Verjährungsunterbrechung ist vorher nicht eingetreten,
insbesondere war die Beklagte zu 2. am selbständigen Beweisverfahren nicht
beteiligt. Infolge von Art. 229 § 6 Abs. 3 EGBGB ist der Zeitpunkt des
Verjährungsablaufs nach altem Recht maßgeblich, so dass die Verjährung noch im
Jahre 2002 vollendet war.
Auf subjektive Komponenten – Kenntnis von Schaden und Schädiger – kommt es
für den Lauf der Verjährung nach § 638 BGB a.F. nicht an.
Ein Fall, für den nach der Rechtsprechung des BGH eine Sekundärhaftung des
Sonderfachmanns aus positiver Vertragsverletzung mit der Folge 30jähriger
Verjährungsfrist (altes Recht) in Betracht kommt (vgl. Palandt-Sprau, 61. Aufl.,
Einf. 7d vor § 631), liegt hier nicht vor. Vorausgesetzt ist nämlich, dass der
Sonderfachmann nicht nur die Aufgabe hatte, durch mangelfreie Arbeit den
eingetretenen Schaden zu verhindern, sondern darüber hinaus gerade auch die
Aufgabe hatte, die Ursache von Mängeln, selbst wenn es seine eigene Leistung
war, die zum Mangel geführt hat, aufzuklären. Eine solche Konstellation liegt für die
Beklagte zu 2. nicht vor. Im Übrigen würde freilich auch eine solche
Sekundärhaftung daran scheitern, dass ein ursächlicher Beitrag der Beklagten zu
2. zum Schaden nicht dargetan ist.
Fehlsam ist die Auffassung der Klägerin, die Verjährungsfrist habe nach altem
Recht 30 Jahre betragen, weil es sich um einen "entfernten Mangelfolgeschaden"
oder um einen "Weiterfresserschaden" gehandelt habe. Nach altem Recht wurde
zwar in der Tat nach Schäden, die mit dem Werk eng zusammenhängen,
einerseits und entfernten Folgeschäden andererseits differenziert. Indes war
höchstrichterlich geklärt, dass Bauwerksschäden, wenn sie auf unkörperlichen
Werken wie Planungs- oder Prüfungsleistungen beruhen, zu den dem Mangel eng
und unmittelbar anhaftenden Schäden gehören. Die Vorstellung der Klägerin, ein
Fehler der Beklagten zu 2. bei der Frischbetonprüfung liege zeitlich und räumlich
entfernt vom eingetretenen Schaden, ist nicht nachvollziehbar. Ein engerer
zeitlicher und räumlicher Zusammenhang als den, dass ein Sonderfachmann vor
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zeitlicher und räumlicher Zusammenhang als den, dass ein Sonderfachmann vor
Ort die Entscheidung trifft, dass sich Werk (Prüfleistung) in dem Bauwerk
(Betonplatte) Minuten nach der Prüfung verkörpern soll, lässt sich kaum denken.
Auch etwaige Mängel der Dokumentation – der Vortrag der Klägerin hierzu ist
ebenfalls unzureichend – würden sich schon deswegen nicht auf den Lauf der
Verjährungsfrist auswirken, weil diese Mängel der Klägerin bei der gebotenen
eigenen Sorgfalt zwingend im Jahre 1997 hätten auffallen müssen.
3. Zu Unrecht möchte die Klägerin eine Haftung der Beklagten zu 2. aus der
Verletzung einer Pflicht zum Hinweis auf einen Verstoß der Klägerin gegen die DIN-
Norm 1045 Ziff. 5.2.2.6 (2) ableiten.
a) Eine solche Pflicht bestand nicht. Die Pflicht aus der DIN-Norm,
Werksausgangskontrolle und Frischbetonprüfung nicht in dieselben Hände zu
legen, richtet sich an den Unternehmer, also die Klägerin selbst, nicht an den
Prüfstelleninhaber. Diese Regelung folgt aus der Natur der Sache. Im Gegensatz
zum Frischbetonprüfer weiß der Unternehmer genau, von welchem Werk der Beton
bezogen wird. Er kann also unproblematisch selbst vor Vertragsabschluss
erfragen, ob der Prüfstelleninhaber gerade auch diesen Zulieferer überprüft. Der
Prüfer kann demgegenüber allenfalls aus den Lieferunterlagen – sofern sie ihm zur
Zeit der Beauftragung, spätestens zur Zeit der Prüfung vorliegen – schlussfolgern,
dass der Unternehmer gegen seine Verpflichtungen aus DIN-Norm 1045 Ziff.
5.2.2.6 (2) verstoßen könnte, weil der Beklagte zu 1. als Geschäftsführer der
Beklagten zu 2. für die Werksausgangskontrolle zuständig war.
b) Vom Schutzzweck der DIN-Norm 1045 Ziff. 5.2.2.6 (2) passt die Vorschrift für
die vorliegende Konstellation nicht. Das an die Klägerin gerichtete Verbot,
Werksausgangskontrolle und Frischbetonprüfung in eine Hand zu legen, dient
ersichtlich dem Zweck, es zu verhindern, dass ein schon ab Werk minderwertiger
Beton "durchgewunken" wird. Dazu, dass ein solcher Fall hier vorgelegen haben
könnte, fehlt schon jeglicher Vortrag der Klägerin, und auch aus dem Gutachten im
selbständigen Beweisverfahren ergibt sich das nicht einmal ansatzweise.
c) Selbst wenn man eine Hinweispflicht der Beklagten annehmen könnte, ist nicht
ersichtlich, wie sich die behauptete Pflichtverletzung – unterlassener Hinweis auf
anderweitige Befassung – ursächlich im konkreten Schaden niedergeschlagen
haben könnte. Die Klägerin bringt zum Ausdruck, dass sie bei Kenntnis des
Umstandes, dass die Beklagte zu 2. auch Werksprüferin war, keinen Auftrag erteilt
hätte. Dann ist es aber eben nicht zwangsläufig so, dass dann der Erfolg
(mangelhafter Beton) nicht eingetreten wäre.
Es bleibt schon offen, ob die Klägerin dann einen anderen Prüfer beauftragt hätte
oder ob sie – wie am 1.4.1997 – gänzlich auf die Prüfung verzichtet hätte. Selbst
der Beklagten zu 2. hatte sie frühestens an Karfreitag (28.3.1997) mitgeteilt, dass
sie die Frischbetonprüfung am 2.4.1997 übernehmen solle. Wie die Klägerin auf
einen Hinweis betreffend die Doppeltätigkeit mit Erfolg noch rechtzeitig hätte
reagieren können, bleibt beim Vortrag der Klägerin offen. Überdies fehlen auch für
den Fall, dass es der Klägerin gelungen wäre, einen anderen Prüfer hinzuziehen,
hinreichende Anknüpfungstatsachen dafür, dass dann der Schaden ausgeblieben
wäre, zumal sich aus dem Vortrag der Klägerin nichts dafür ergibt, dass der
Mangel bereits zu einem Zeitpunkt vorlag, zu dem ein Prüfer ihn bemerken
konnte.
d) Dafür, dass der Klägerin aus der angeblichen Verletzung der Hinweispflicht über
die mit dem Leistungsantrag verfolgten Beträge hinaus, weitere Schäden drohen
könnten, fehlt jeglicher Anhaltspunkt, so dass der darauf gerichtete
Feststellungsantrag zu 2a) auch aus diesem Grunde jedenfalls erfolglos bliebe.
4. Deliktische Ansprüche der Klägerin aus eigenem Recht kommen nicht in
Betracht. Sie wurde durch eine – wie auch immer geartete Schlechtleistung der
Beklagten zu 2. – nicht in einem durch § 823 Abs. 1 BGB geschützten Recht
betroffen. Eine deliktische Haftung der Beklagten zu 2. gegenüber der Klägerin aus
§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. einem Schutzgesetz scheitert hinsichtlich der DIN-Norm
1045 aus denselben Gründen wie in vertraglicher Hinsicht.
5. Aus abgetretenem Recht der erbbauberechtigten C GmbH scheiden vertragliche
Ansprüche mangels vertraglicher Beziehungen zur Beklagten zu 2. von vornherein
aus.
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6. Deliktische Haftung aus abgetretenem Recht nach §§ 823 ff. BGB kommt
ebenfalls nicht in Betracht.
Keine der denkbaren Fehlleistungen bei der Frischbetonprüfung, die dazu hätte
beitragen können, dass der Beton nunmehr nicht mangelfrei ist, stellt eine
Verletzung des Erbbaurechts dar. Insbesondere ist die Vorstellung der Klägerin, es
liege ein "Weiterfresserschaden" vor, fernliegend. Die zur Abgrenzung zwischen
Mangelgewährleistung und deliktischer Haftung gebotene natürliche und
wirtschaftliche Betrachtungsweise führt hier dazu, dass der geltend gemachte
Schaden sich mit dem Mangel der Tankanlage deckt. Mit anderen Worten hat der
Erbbauberechtigte von vornherein ein um die Nachbesserungskosten im Wert
gemindertes Gut erhalten. Der ersetzt verlangte Schaden betrifft das
Äquivalenzinteresse, nicht das Integritätsinteresse. Nach natürlicher und
wirtschaftlicher Betrachtung kann nicht zwischen zunächst mangelfrei erfolgtem
Unterbau nebst Stahlbewehrung einerseits und der Betonierung andererseits
unterschieden werden. Getrennte Übereignungsvorgänge finden insoweit nicht
statt, sondern es wird erst durch die Betonierung ein einheitliches, zuvor nicht im
Eigentum des Erbbauberechtigten stehendes Wirtschaftsgut geschaffen.
7. Für eine deliktische Haftung der Beklagten zu 2. wegen eines objektiv falschen
Gutachtens fehlt schon jeglicher Vortrag der Klägerin dazu, dass das Gutachten
überhaupt falsch war. Aus dem Gutachten des Sachverständigen SV1 lässt sich
schließen, dass allenfalls die Forderungen der – tatsächlich nicht vereinbarten ZTV-
Beton – nicht vollständig eingehalten wurden.
8. Der Feststellungsantrag zu 2b) ist, soweit er die Beklagte zu 2. betrifft, aus
denselben Gründen nicht gerechtfertigt wie der Leistungsantrag.
B. Ansprüche gegen den Beklagten zu 1.
Da der Beklagte zu 1. keine Prüfung des Frischbetons vorzunehmen hatte, ist eine
Grundlage für eine Inanspruchnahme des Beklagten wegen Fehlern bei dieser
Tätigkeit, selbst wenn solche Fehler dargetan wären, nicht ersichtlich. Irgendwelche
Fehler bei der Fertigbetonprüfung sind nicht vorgetragen oder ersichtlich.
Vertragliche wie deliktische Ansprüche gegen den Beklagten zu 1. scheiden
insoweit von vornherein aus.
Hinsichtlich vertraglicher Ansprüche wegen angeblicher Verletzung von
Hinweispflichten gilt das oben zu A. 3. Gesagte entsprechend.
Auch deliktische Ansprüche bestehen nicht. Zwar haften juristische Personen für
unerlaubte Handlungen ihres Vertreters (neben diesem), nicht aber ohne weiteres
der Vertreter für eine unerlaubte Handlung der juristischen Person. Der
verfassungsmäßige Vertreter haftet aus Delikt nur dann neben der Körperschaft,
wenn er entweder selbst die unerlaubte Handlung begangen oder eine
Garantenstellung innehatte (BGHZ 109, 297). Beides trifft für den Beklagten zu 1.
nicht zu. Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang erneut auf eine nach DIN-
Norm 1045 verbotene Doppeltätigkeit des Beklagten zu 1. verweist, geht dies fehl,
weil – wie ausgeführt – sich das Verbot überhaupt nur an den Unternehmer – die
Klägerin - richtet. Nicht der Prüfer, sondern der Unternehmer muss die
organisatorischen Vorkehrungen treffen, die es ausschließen, dass er gegen DIN-
Norm 1045 verstößt. Den Beklagten zu 1. trafen in diesem Zusammenhang keine
Pflichten, von sich aus aufklärend tätig zu werden.
Ansprüche gegen den Beklagten zu 1. aus abgetretenem Recht scheitern
spätestens aus den unter A.5. und 6. genannten Gründen.
Auch für die Unbegründetheit der Feststellungsanträge gegenüber dem Beklagten
zu 1. ergeben sich keine von der Haftung der Beklagten zu 2. abweichenden
Gesichtspunkte.
C. Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711, 709 S. 2
ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen. Die Sache hat weder grundsätzliche Bedeutung
noch wirft sie Fragen auf, die zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer
einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern.
Ausschlaggebend für die Beurteilung sind nicht klärungsbedürftige Rechtsfragen
grundsätzlicher Art, sondern die besonderen tatsächlichen Umstände des
grundsätzlicher Art, sondern die besonderen tatsächlichen Umstände des
Einzelfalles. Eine darüber hinausreichende Bedeutung des Streitfalles oder eine
entscheidungserhebliche Abweichung von obergerichtlicher oder
höchstrichterlicher Rechtsprechung ist nicht ersichtlich, ebenso wenig, dass die
Streitsache im Interesse der Allgemeinheit Anlass zur Entwicklung
höchstrichterlicher Leitsätze geben könnte.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.