Urteil des LG Düsseldorf vom 19.02.2002

LG Düsseldorf: stand der technik, erfindung, gesetzlicher vertreter, eigenes verschulden, muster, patentanspruch, verarbeitung, bohrung, form, kunststoff

Landgericht Düsseldorf, 4a O 536/99
Datum:
19.02.2002
Gericht:
Landgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
4a. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
4a O 536/99
Tenor:
I.
Die Beklagten werden verurteilt,
der Klägerin unter Vorlage eines einheitlichen, geordneten
Verzeichnisses darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie im
Zeitraum vom 1. Januar 1995 bis zum 4. Februar 2001 im
Geltungsbereich des deutschen Teils des europäischen Patents
xxxxxxxxxxxxxx
verlorene Schalungen für Ringbalken, Deckenränder und/oder Stürze
mit Kunststoffbügeln mit wenigstens zwei im Wesentlichen senkrecht
zueinander angeordneten Abschnitten und mit Mehrschichtplatten aus
Polystyrol-Hartschaum bzw. EPS-Hartschaum, die eine
Putzträgeraußenschicht und wenigstens eine Wärmedämmschicht
sowie voneinander beabstandete, zu ihrer Auflagenfläche senkrechte
Bohrungen besitzen, die so bemessen sind, dass jeweils der eine
Abschnitt eines der Kunststoffbügel vollständig einschiebbar ist,
angeboten oder geliefert zu haben,
bei denen die Mehrschichtplatten im Bereich der Bohrungen an ihrer
Auflagefläche Ausnehmungen besitzen, die in den Bohrungen münden,
und dass jeweils ein anderer Abschnitt der Kunststoffbügel eine
Einrichtung zur Befestigung dieses Abschnitts auf einem Auflager hat,
ohne
unübersehbar darauf hinzuweisen, dass die Schalungen ohne
Zustimmung der Klägerin als ausschließliche Lizenznehmerin am
europäischen Patent xxxxxxxxxxx nicht als Schalungen für Ringbalken,
Deckenränder und/oder Stürze mit wenigstens zwei im Wesentlichen
senkrecht zueinander angeordneten Abschnitten mit Mehrschichtplatten,
die eine Putzträgeraußenschicht und wenigstens eine
Wärmedämmschicht sowie voneinander beabstandete, zu ihrer
Auflagefläche senkrechte Bohrungen besitzen, die so bemessen sind,
dass jeweils der eine Abschnitt eines der Kunststoffbügel vollständig
einschiebbar ist, und bei denen die Mehrschichtplatten im Bereich der
Bohrungen an ihrer Auflagefläche Ausnehmungen besitzen, die die
horizontalen Schenkel der Kunststoffbügel vollständig aufnehmen
können, indem diese in das Material der Mehrschichtplatte so tief
eingedrückt werden können, dass die Auflagefläche der
Mehrschichtplatte einen bündigen Abschluss mit dem Auflager bildet,
und dass jeweils ein anderer Abschnitt der Kunststoffbügel eine
Einrichtung zur Befestigung dieses Abschnittes auf einem Auflager hat,
eingesetzt werden dürfen,
und zwar unter Angabe
a) der Herstellungsmengen und -zeiten, der Menge der erhaltenen oder
bestellten Erzeugnisse sowie der Namen und Anschriften der Hersteller,
Lieferanten und anderer Vorbesitzer,
b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -
zeiten und -preisen und Typenbezeichnungen sowie den Namen und
Anschriften der Abnehmer,
c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -
zeiten und -preisen Typenbezeichnungen sowie den Namen und
Anschriften der Angebotsempfänger,
d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren
Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten
Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,
II.
Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet
sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr und den
Patentinhabern, dem am 30. September 1995 verstorbenen Herrn xxx
xxx und dessen Erbin, Frau x xxxx, durch die zu I. bezeichneten, seit
dem 1. Januar 1995 bis zum 4. Februar 2001 begangenen Handlungen
entstanden ist und noch entstehen wird.
III.
Die Klage wird im Übrigen abgewiesen.
IV.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin zu 50% und den
Beklagten als Gesamtschuldnern zu 50% auferlegt.
V.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar, für die
Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 250.000,00 € und für
die Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 10.000,00 €. Die
Sicherheit kann auch durch die unbedingte Bürgschaft einer in
Deutschland ansässigen, als Zoll- und Steuerbürgin zugelassenen Bank
oder Sparkasse erbracht werden.
Tatbestand:
1
Die Klägerin behauptet, ausschließliche Lizenznehmerin des mit Wirkung unter
anderem für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents
xxxxxxxxxxx (Anlage K 1; nachfolgend: Klagepatent), das auf einer Anmeldung vom 4.
Februar 1981 beruht und eine Unionspriorität vom 5. Mai 1980 in Anspruch nimmt, zu
sein. Die Anmeldung des Klagepatents wurde am 11. November 1981 veröffentlicht. Die
Patenterteilung wurde am 28. September 1983 bekannt gemacht. Eingetragener
Patentinhaber ist Herr xxxxxxxxx, der am 30. September 1995 verstarb. Das
Bundespatentgericht hat mit Urteil vom 14. November 2000 (Anlage E) in dem von der
Beklagten zu 1) gegen das Klagepatent betriebenen Nichtigkeitsverfahren die Klage
abgewiesen. Das Klagepatent betrifft eine verlorene Schalung für Ringbalken,
Deckenränder und/oder Stürze. Der Patentanspruch 1 des Klagepatents hat folgenden
Wortlaut:
2
"Verlorene Schalung für Ringbalken, Deckenränder und/oder Stürze mit Metallbügeln
(2, 13, 22) mit wenigstens zwei im Wesentlichen senkrecht zueinander angeordneten
Abschnitten (5, 6; 14, 16; 23, 25) und mit Mehrschichtplatten (1, 1a), die eine
Putzträgeraußenschicht und wenigstens eine Wärmedämmschicht sowie voneinander
beabstandete, zu ihrer Auflagefläche senkrechte Bohrungen (11) besitzen, die so
bemessen sind, dass jeweils der eine Abschnitt (6, 14, 23 bzw. 24) eines der
Metallbügel (2, 13, 22) vollständig einschiebbar ist, dadurch gekennzeichnet, dass die
Mehrschichtplatten (1, 1a) im Bereich der Bohrungen (11) an ihrer Auflagefläche
Ausnehmungen (12) besitzen, die die Höhe der Metallbügelstärke haben und in den
Bohrungen (11) münden, und dass jeweils ein anderer Abschnitt ( 5, 15, 25) der
Metallbügel eine Einrichtung (7, 3; 17, 18; 26, 21) zur Befestigung dieses Abschnittes an
einem Auflager hat."
3
Die nachfolgend wiedergegebenen Abbildungen stammen aus der Klagepatentschrift
und verdeutlichen die Erfindung anhand eines bevorzugten Ausführungsbeispiels. Figur
1a zeigt eine senkrechte Schnittansicht einer verlorenen Schalung für einen Ringbalken
oder Sturz, Figur 1b zeigt eine Seitenansicht des in der Schalung der Figur 1a
verwendeten Metallbügels, Figur 1c zeigt eine Draufsicht auf den Metallbügel der Figur
1b, Figur 2 zeigt eine Draufsicht auf einen Teil einer in der Schalung verwendeten
Mehrschichtplatte und Figur 3 zeigt eine Seitenansicht der in Figur 2 dargestellten
Mehrschichtplatte.
4
Die Beklagte zu 1), deren Geschäftsführer der Beklagte zu 2) ist, stellt her und vertreibt
unter der Bezeichnung "xxxxxxxx" Decken-Abschal-Komponenten. Die Beklagte zu 1)
bietet diese Decken-Abschal-Komponenten unter anderem im Internet unter der Adresse
http:// www. xxx. xx/xx-xx-x htm an, von der die Klägerin einen Ausdruck als Anlage K 2
eingereicht hat, in der die einzelnen Verarbeitungsschritte zur Verarbeitung der Decken-
5
Abschal-Komponenten gezeigt werden. Auf dieser Internetseite wird die Möglichkeit
eröffnet, eine "PDF"-Datei zu laden, die den aus der Anlage K 3 ersichtlichen Inhalt hat.
Nachfolgend wird eine schematische Zeichnung einer einzelnen Decken-Abschal-
Komponente mit Maßangaben aus der Anlage K 3 wiedergegeben.
Die Klägerin trägt vor, am 28. März 1981 habe der damalige Patentinhaber Herr xxxxxx
mit der Firma xxxxxxx, Inhaberin Frau xxxxxx, eine ausschließliche Lizenz für die
Benutzung des Klagepatents vereinbart. Mit Vertrag vom 18. März 1991 sei sie, die
Klägerin, an die Stelle der Firma xxxxxxxxx in den Lizenzvertrag eingetreten. Nach dem
Tod des Herrn xxxxxxxxx sei dessen Witwe Frau xxxxxxx kraft notariellen Testaments
alleinige Erbin geworden. Mit der Nachtragsvereinbarung vom 6. Oktober 1995
zwischen Frau xxxxxxxxx und ihr, der Klägerin, sei die Fortdauer des Lizenzvertrages
bestätigt worden.
6
Die Klägerin ist der Ansicht, mit der von der Beklagten zu 1) angebotenen und
vertriebenen Decken-Abschal-Komponente mache diese von der technischen Lehre des
Klagepatents teilweise wortsinngemäß und teilweise in äquivalenter Form unmittelbar,
jedenfalls aber mittelbar Gebrauch. Sie macht unter anderem geltend, das Merkmal, das
besage, dass die Ausnehmungen im Bereich der Bohrungen der Mehrschichtplatte die
Höhe der Bügelstärke hätten, sei wortsinngemäß verwirklicht. Dies ergebe sich aus dem
als Anlage K 9 vorgelegten Muster eines angegriffenen Schalungselements. Jedenfalls
würde diese Ausgestaltung bei der Verarbeitung des Schalungselements zwangsläufig
herbeigeführt, so dass von einer äquivalenten Verwirklichung auszugehen sei.
7
Ursprünglich hat die Klägerin im Hauptantrag unter Ziffer I. 1. beantragt, die Beklagte zu
verurteilen, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht
festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 500.000,- DM, ersatzweise Ordnungshaft bis zu
sechs Monaten, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle mehrfacher
Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, zu unterlassen, im Geltungsbereich
des deutschen Teils des europäischen Patents xxxxxxxxxxxx verlorene Schalungen für
Ringbalken, Deckenränder und/oder Stürze mit Kunststoffbügeln mit wenigstens zwei im
Wesentlichen senkrecht zueinander angeordneten Abschnitten und mit
Mehrschichtplatten, die eine Putzträgeraußenschicht und wenigstens eine
Wärmedämmschicht sowie voneinander beabstandete, zu ihrer Auflagefläche
senkrechte Bohrungen besitzen, die so bemessen sind, dass jeweils der eine Abschnitt
eines der Kunststoffbügel vollständig einschiebbar ist, herzustellen, anzubieten, in
Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen
oder zu besitzen, bei denen die Mehrschichtplatten im Bereich der Bohrungen an ihrer
Auflagefläche Ausnehmungen besitzen, die mindestens die Höhe der
Kunststoffbügelstärke haben und in den Bohrungen münden, und dass jeweils ein
anderer Abschnitt der Kunststoffbügel eine Einrichtung zur Befestigung dieses
Abschnittes an einem Auflager hat, sowie den unter Ziffer I. 2. formulierten
Rechnungslegungsantrag und den unter Ziffer II. formulierten Schadensersatzanspruch
für die Zeit seit dem 1. Januar 1995 ohne zeitliche Beschränkung gestellt. Nachdem die
Schutzdauer des Klagepatents am 4. Februar 2001 abgelaufen ist, haben die Parteien
den Rechtsstreit im Hinblick auf den Unterlassungsantrag zu Ziffer I. 1 übereinstimmend
für erledigt erklärt.
8
Die Klägerin beantragt nunmehr,
9
I.
10
die Beklagten zu verurteilen,
11
der Klägerin unter Vorlage eines einheitlichen, geordneten Verzeichnisses darüber
Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie im Zeitraum vom 1. Januar 1995 bis zum 4.
Februar 2001 im Geltungsbereich des deutschen Teils des europäischen Patents
xxxxxxxx
12
verlorene Schalungen für Ringbalken, Deckenränder und/oder Stürze mit
Kunststoffbügeln mit wenigstens zwei im Wesentlichen senkrecht zueinander
angeordneten Abschnitten und mit Mehrschichtplatten, die eine Putzträgeraußenschicht
und wenigstens eine Wärmedämmschicht sowie voneinander beabstandete, zu ihrer
Auflagefläche senkrechte Bohrungen besitzen, die so bemessen sind, dass jeweils der
eine Abschnitt eines der Kunststoffbügel vollständig einschiebbar ist,
13
hergestellt, angeboten, in den Verkehr gebracht oder gebraucht oder zu den genannten
Zwecken eingeführt oder besessen zu haben,
14
bei denen die Mehrschichtplatten im Bereich der Bohrungen an ihrer Auflagefläche
Ausnehmungen besitzen, die mindestens die Höhe der Kunststoffbügel haben,
15
hilfsweise (Hilfsantrag 1),
16
bei denen die Mehrschichtplatten im Bereich der Bohrungen an ihrer Auflagenfläche
Ausnehmungen besitzen, die eine gegenüber der Höhe der Kunststoffbügel nur um
wenige Millimeter geringere Höhe haben,
17
und die in den Bohrungen münden, und dass jeweils ein anderer Abschnitt der
Kunststoffbügel eine Einrichtung zur Befestigung dieses Abschnitts auf einem Auflager
hat;
18
hilfweise (Hilfsantrag 2),
19
verlorene Schalungen für Ringbalken, Deckenränder und/oder Stürze mit
Kunststoffbügeln mit wenigstens zwei im Wesentlichen senkrecht zueinander
angeordneten Abschnitten und mit Mehrschichtplatten aus Polystyrol-Hartschaum bzw.
EPS-Hartschaum, die eine Putzträgeraußenschicht und wenigstens eine
Wärmedämmschicht sowie voneinander beabstandete, zu ihrer Auflagefläche
senkrechte Bohrungen besitzen, die so bemessen sind, dass jeweils der eine Abschnitt
eines der Kunststoffbügel vollständig einschiebbar ist,
20
hergestellt, angeboten, in den Verkehr gebracht oder gebraucht oder zu den genannten
Zwecken eingeführt oder besessen zu haben,
21
bei denen die Mehrschichtplatten im Bereich der Bohrungen an ihrer Auflagefläche
Ausnehmungen für die Aufnahme der Kunststoffbügel besitzen und in den Bohrungen
münden, und dass jeweils ein anderer Abschnitt der Kunststoffbügel eine Einrichtung
zur Befestigung dieses Abschnitts auf einem Auflager hat,
22
hilfsweise (Hilfsantrag 3),
23
sinngemäß zu erkennen wie geschehen.
24
Die Beklagten beantragen,
25
die Klage abzuweisen.
26
Die Beklagten bestreiten zunächst die Aktivlegitimation der Klägerin. Im Übrigen
bestreiten die Beklagten den Verletzungsvorwurf. Sie machen hierzu insbesondere
geltend, das Merkmal, das besage, dass die Schalung Metallbügel aufweise, sei bei der
angegriffenen Ausführungsform nicht verwirklicht, weil die Bügel aus Kunststoff
bestünden. Eine äquivalente Verwirklichung dieses Merkmals scheide ebenfalls aus,
weil sich bereits die Aufgabe des Klagepatents, Kältebrücken zu vermeiden, nicht stelle.
Die Problematik von Kältebrücken stelle sich allein bei der Verwendung von
Metallbügeln, die wegen ihrer besonders großen Wärmeleitfähigkeit entsprechend auch
Wärme ableiten. Das Merkmal, das besage, dass die Metallbügel wenigstens zwei im
Wesentlichen senkrecht zueinander angeordnete Abschnitte besitzen, sei wegen des
Fehlens von Metallbügeln bei der angegriffenen Ausführungsform ebenfalls nicht
verwirklicht. Das Merkmal, das besage, dass die Schalung Mehrschichtplatten aufweise,
sei nicht verwirklicht, weil die angegriffene Schalung durchgehend aus einem einzigen
Material bestehe, bei dem es sich um Polystyrol handele. Lediglich auf der dem Putz
zugekehrten Außenseite sei ein Mörtelstaub aufgesprüht, der die Haftung des Putzes
verbessere. Da eine Mehrschichtplatte fehle, seien auch die Merkmale des
Klagepatents nicht verwirklicht, die eine solche voraussetzen. Das Merkmal, das
besage, dass die Mehrschichtplatten voneinander beabstandete, zu ihrer Auflagefläche
senkrechte Bohrungen aufweise, sei bei der angegriffenen Schalung nicht verwirklicht,
weil diese Öffnungen scharfkantig und nicht kreisrund seien und zudem nicht durch
einen Bohrvorgang, also durch eine drehende Bewegung hergestellt würden. Die
Öffnungen würden vielmehr durch einen Aufschäumvorgang in einer mit Formkernen
bestückten Form hergestellt. Schließlich sei das Merkmal, das besage, dass die
Ausnehmungen die Höhe der Metallbügelstärke besitzen, bei der angegriffenen
Schalung nicht verwirklicht. Die Ausnehmungen der angegriffenen Schalung würden
von der Auflagefläche bis zur Mündung der Einstecköffnungen verlaufen und von der
Halteplatte des Formkerns herrühren. Mit einer Höhe von 3 mm würden diese
Ausnehmungen nicht der Höhe der Bügelstärke von 6 mm entsprechen.
27
Das Gericht hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 19. Dezember 2000 (Bl.
57 f.) durch Vernehmung der Zeugen xxxxxxxxxxxx, xxxxxxxxxx und xxxxxxxxx. Wegen
des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 12. Juni
2001 (Bl. 78 ff.) verwiesen.
28
Wegen des weiteren Sachvortrags beider Parteien wird auf die wechselseitig zur
Gerichtsakte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
29
Entscheidungsgründe:
30
Soweit die Parteien den Rechtsstreit hinsichtlich des Unterlassungsanspruchs
übereinstimmend für erledigt erklärt haben, war gemäß § 91a Abs. 1 ZPO nur noch über
die Kosten zu entscheiden. Im Übrigen ist die Klage nach ihrem Hauptantrag und den
beiden Hilfsanträgen 1 und 2 unbegründet. Die Klage ist aber nach dem Hilfsantrag 3
begründet.
31
I.
32
Die Klägerin hat durch Vorlage des ursprünglichen Lizenzvertrags vom 28. März 1981
zwischen dem damaligen Patentinhaber Herrn xxxxxxxx und der Firma xxxxxxx,
Inhaberin Frau xxxxxxxxx, sowie der Vertragsübernahmevereinbarung vom 18. März
1991, mit der sie, die Klägerin, an die Stelle der Firma xxxxxxxxxxxx in den
Lizenzvertrag eingetreten ist, und der Bestätigungsvereinbarung vom 6. Oktober 1991
zwischen Frau xxxxxxxxxx und ihr, der Klägerin, ihre Aktivlegitimation als
ausschließliche Lizenznehmerin ausreichend dargetan und belegt. Dass Frau xxxxxxx
die alleinige Erbin des ursprünglichen Patentinhabers Herrn xxxxxxxxx hinsichtlich des
Schutzrechts geworden ist, ergibt sich aus der notariellen Bestätigung gemäß der
Anlage K 11, der die Beklagten nicht mehr entgegengetreten sind.
33
II.
34
Das Klagepatent betrifft verlorene Schalungen für Ringbalken, Deckenränder und/oder
Stürze.
35
Im Bauwesen können Gebäudeteile wie zum Beispiel Wände, Decken und Böden, aber
auch Teile von Wänden aus Beton gegossen werden. Da der Zement bei der
Verarbeitung flüssig ist, muss er in Formen gegossen werden. Diese Formen werden
Schalungen genannt und können aus unterschiedlichen Materialien bestehen wie zum
Beispiel Holzbretter, Kunstfaserplatten oder Stahlblech. Üblicherweise wird zwischen
Schalungen und sogenannten verlorenen Schalungen unterschieden. Schalungen wie
zum Beispiel Holzbretter können nach dem Erhärten des Betons abgenommen und
eventuell wieder verwendet werden. Dagegen bleiben verlorene Schalungen auch nach
dem Erhärten des Betons im Bauwerk zurück.
36
Nach den einleitenden Darlegungen der Klagepatentschrift werden Ringbalken bzw.
Ringanker an Gebäuden, Raumdeckenrändern und Fenster- und Türstürzen
üblicherweise mit Holzschalungen hergestellt, die nach dem Aushärten des Betons
entfernt und ggf. wiederverwandt werden. In derartige Holzverschalungen werden an der
Fassadenseite Putzträger in Form von Platten vor dem Eingießen des Betons senkrecht
eingelegt, um bei diesen vor Ort betonierten Bauteilen an ihren auf der Fassadenseite
liegenden Flächen die erforderliche Putzfähigkeit zu erreichen und das Durchschlagen
des Schwerbetons beim Putz zu verhindern. Diese Putzträgerteile können aus
zementgebundener Holzwolle bestehen. Es können aber auch Mehrschichtplatten
verwendet werden, wobei die zur Fassade hin gerichtete Schicht putzfähig ist, während
die zum Beton gerichtete Schicht eine Wärmedämmschicht wie etwa Polystyrolschaum
ist.
37
Die Klagepatentschrift bemängelt hieran, dass die Herstellung solcher Bauteile mit
Holzschalungen sehr zeit- und arbeitsaufwendig ist, weil unter anderem die genannten
Bauteile sich gewöhnlich an gemauerte Wände oder Tür- oder Fensteröffnungen
anschließen, die keiner Schalung bedürfen, so dass die Holzschalungen ausschließlich
für die genannten Bauteile wie Ringbalken oder Stürze angebracht werden müssen.
38
Die Klagepatentschrift geht schließlich auf die xxxxxxxxxxx (Anlage K 5) ein, aus der
Montagebauteile zur Herstellung von Hohl- oder Mantelbetonwänden bekannt sind.
Diese bestehen aus mindestens zwei Wärmedämmplatten mit taschenartigen
Aussparungen, in die an ihren beiden Enden nach ein oder zwei Seiten winklig
39
abgebogene Abstandhalter eingedrückt werden.
Das Klagepatent kritisiert an diesem Stand der Technik als nachteilig, dass die
Montagebauteile keine Mittel zur Befestigung an einem Auflager haben und sich
Kältebrücken ergeben, weil der Verbindungssteg der Abstandhalter frei liegt und einen
Abstand der Wärmedämmplatte von dem ihm benachbarten Element erzeugt.
40
Vor diesem Hintergrund liegt dem Klagepatent das technische Problem ("die Aufgabe")
zugrunde, einfach montierbare Schalungen für Ringbalken, Deckenränder und/oder
Stürze bereit zu stellen, die keine Kältebrücken ergeben.
41
Zur Lösung dieser Aufgabe schlägt das Klagepatent die Kombination folgender
Merkmale vor:
42
Verlorene Schalung für Ringbalken, Deckenränder und/oder Stürze
43
1.
44
die Schalung weist Metallbügel (2, 13, 22) auf;
45
2.
46
die Metallbügel (2, 13, 22) besitzen wenigstens zwei im Wesentlichen senkrecht
zueinander angeordneten Abschnitte (5, 6; 14, 16; 23, 25);
47
3.
48
die Schalung weist Mehrschichtplatten (1, 1a) auf;
49
4.
50
die Mehrschichtplatten (1, 1a) besitzen eine Putzträgeraußenschicht;
51
5.
52
die Mehrschichtplatten (1, 1a) besitzen wenigstens eine Wärmedämmschicht;
53
6.
54
die Mehrschichtplatten (1, 1a) weisen voneinander beabstandete, zu ihrer Auflagefläche
senkrechte Bohrungen (11) auf;
55
7.
56
die Bohrungen (11) sind so bemessen, dass jeweils der eine Abschnitt (6, 14, 23 bzw.
24) eines der Metallbügel (2, 13, 22) vollständig einschiebbar ist;
57
8.
58
die Mehrschichtplatten (1, 1a) weisen im Bereich der Bohrungen (11) an ihrer
Auflagefläche Ausnehmungen (12) auf;
59
9.
60
die Ausnehmungen (12) haben die Höhe der Metallbügelstärke;
61
10.
62
die Ausnehmungen (12) münden in den Bohrungen (11);
63
11.
64
ein anderer Abschnitt ( 5, 15, 25) der Metallbügel besitzt eine Einrichtung (7, 3; 17, 18;
26, 21) zur Befestigung dieses Abschnitts an einem Auflager.
65
Nach den weiteren Darlegungen der Klagepatentschrift können derartige verlorene
Schalungen schnell montiert werden, weil lediglich die Metallbügel mittels der
Befestigungseinrichtung an dem darunter befindlichen Auflager wie das Mauerwerk
oder ein Rolladenkasten in Abständen voneinander befestigt werden und anschließend
die Mehrschichtplatten mit ihren Bohrungen oder Kanälen auf die senkrecht stehenden
Schenkel der befestigten Metallbügel aufgeschoben werden müssen. Die
Mehrschichtplatten, die bei den bisher verwendeten Holzschalungen ebenfalls
erforderlich waren, dort aber lediglich eingelegt wurden, dienen somit gleichzeitig als
Schalung, die mit Hilfe der einfach montierbaren Metallbügel im erforderlichen Abstand
gehalten und auf dem darunter befindlichen Auflager befestigt werden. Als einziges
zusätzliches Mittel ist ein Metallbügel erforderlich, der ein Einsparen von Zeit und
Arbeitskraft ermöglicht sowie den Einsatz von Holzschalungen und ggf.
Außengerüstaufbauten überflüssig macht. Um ein Abmessen der Abstände zwischen
den Metallbügeln zu vermeiden, können diese vor der Befestigung in die Bohrungen der
Mehrschichtplatten eingeschoben werden. Die so zusammengesetzte Schalung kann
dann mittels der Befestigungseinrichtungen an den Metallbügel an dem Auflager
befestigt werden. Werden die Metallbügel zunächst an dem Auflager befestigt und
anschließend die Mehrschichtplatte aufgeschoben, ist es zweckmäßig, die Bohrungen
breiter als die Breite der Metallbügel zu machen, um ein Spiel für das Einschieben der
Metallbügel zu bekommen.
66
III.
67
1.
68
Eine unmittelbare Verletzung des Klagepatents liegt nicht vor.
69
Die angegriffene Schalung verwirklicht zwar entgegen der Ansicht der Beklagten die
Merkmale 1 bis 8 sowie 10 und 11 der vorangestellten Merkmalsgliederung. Eine
Verwirklichung des Merkmals 9 des Patentanspruchs 1 des Klagepatents kann aber im
Ergebnis nicht festgestellt werden.
70
Das Merkmal 1 besagt, dass die Schalung Metallbügel aufweist. Dieses Merkmal ist
zwar - was die Klägerin zu Recht auch nicht geltend macht - nicht wortlautgemäß
verwirklicht, weil die angegriffene Ausführungsform die Verwendung von
Kunststoffbügeln vorsieht; jedoch liegen die Voraussetzungen patentrechtlicher
Äquivalenz vor.
71
Die Kunststoffbügel entsprechen in ihrer technischen Funktion den patentgemäßen
Metallbügeln und sie erzielen auch die gleiche Wirkung wie diese. Mittels der
Metallbügel sollen die Mehrschichtplatten sicher im richtigen Winkel festgehalten
werden. Sie sollen, wie aus der Klagepatentschrift Spalte 3, Zeilen 27 ff (Anlage K 1)
hervorgeht, der Schalung eine ausreichende Standfestigkeit vor dem Betonieren geben.
Hierzu ist allein erforderlich, dass der Bügel hinreichend stabil ist und seinerseits auf der
Auflage befestigt werden kann. Diese Voraussetzungen erfüllen auch die von der
Beklagten verwendeten Kunststoffbügel, die so stark und breit ausgebildet sind, dass
die Schalung sicher auf ihrer Auflage stehen kann und die Platte im richtigen Winkel
festgelegt werden.
72
Der Fachmann konnte die bei der angegriffenen Ausführungsform eingesetzten
abgewandelten Mittel in Gestalt von Kunststoffbügeln auch beim Studium der in den
Patentansprüchen beschriebenen Erfindung unter Einsatz seines Fachwissens
auffinden. Denn er entnimmt der Patentschrift, dass die patentgemäßen Metallbügel
lediglich die vorgenannte Aufgabe erfüllen müssen. Hiervon ausgehend ist es für ihn
ohne weiteres erkennbar, dass der Metallbügel auch durch einen Bügel aus einem
anderen Material ersetzt werden kann, sofern ein solcher aus anderem Material
hergestellter Bügel in der Lage ist, die Mehrschichtplatte sicher in ihrer Lage zu halten.
Einen Grund dafür, warum die erfindungsgemäßen Bügel ausgerechnet aus Metall
bestehen sollen, kann der Fachmann der Klagepatentschrift nicht entnehmen. Aus der
gattungsbildenden deutschen Offenlegungsschrift xxxxxxxx (Anlage K 5) ist ihm zudem
bereits bekannt, dass die dortigen Verbinder bzw. Abstandshalter auch aus Kunststoff
bestehen können (Anlage K 5, Seite 3, 3. Abs.). Die Verwendung von Kunststoff als
Material wird in der Klagepatentschrift weder abgelehnt noch kritisiert, so dass nicht
ersichtlich ist, was den Fachmann davon abhalten sollte, auf Kunststoff als Material zur
Herstellung der Bügel anstelle von Metall zurückzugreifen. Dies gilt um so mehr, als die
Klagepatentschrift (Anlage K 1) in Spalte 3, Zeilen 25 ff, ausdrücklich darauf hinweist,
dass die (Metall-)Bügel eine unterschiedliche Länge, Breite und Stärke haben können
und ihre Form je nach der speziellen Anwendung etwas voneinander abweichen kann.
In diesem Zusammenhang weist die Klagepatentschrift auch darauf hin, dass der
(Metall-)Bügel aus Vollmaterial oder dünnwandigem, durch Verformung stabilisierten
Metall bestehen kann, wodurch Material eingespart wird. Die Klagepatentschrift stellt die
Ausgestaltung der Bügel weitgehend in das Belieben des Fachmanns, so dass es sich
für diesen geradezu aufdrängt, auch über ein anderes Material nachzudenken. Tut er
dies, liegt die Verwendung von Kunststoff auf der Hand, zumal die deutsche
Offenlegungsschrift xxxxxxxxxxx (Anlage K 5) dieses bereits als geeignetes Material
vorschlägt.
73
Soweit die Beklagten geltend machen, dass sich bei Kunststoffbügeln das Problem der
Kältebrücken nicht stelle, weil Kunststoff anders als Metall nicht wärme(ab-)leitfähig sei
und sie hieraus offenbar die mangelnde Auffindbarkeit des Austauschmittels herleiten
will, bleibt dieser Einwand ohne Erfolg. Denn die Klagepatentschrift kritisiert am Stand
der Technik gemäß der deutschen Offenlegungsschrift xxxxxxxx (Anlage K 5) nicht,
dass die Verwendung von Metallbügeln zu den als nachteilig beanstandeten
Kältebrücken führt. Vielmehr wird der Nachteil der aus der xxxxxxxx bekannten Bauteile
darin gesehen, dass der Verbindungssteg der Abstandhalter frei liegt und einen Abstand
der Wärmedämmplatten von dem ihm benachbarten Element erzeugt (vgl. Anlage K 1,
Spalte 1, Zeilen 38 ff.). Die Klagepatentschrift kritisiert damit, dass bei diesem Stand der
Technik die Verbindungsstege oben auf den Plattenschmalseiten aufliegen und sich
74
damit, wenn ein weiteres Plattenelement aufgesetzt oder die Platte an einem Auflager
angelegt wird, zwangsläufig ein Schlitz (Abstand) mit der Breite der
Verbindungsstegdicke bildet. In diesen Schlitz fließt beim Ausgießen der Schalung
Beton, was zwar einen guten Halt und eine feste Verbindung mit dem Beton mit sich
bringt, gleichzeitig jedoch Kältebrücken entstehen lässt. Deren Entstehung hängt damit
von der Schlitzbildung, nicht aber vom Material des Bügels ab, der sich im Übrigen nicht
bis zur äußeren Oberfläche der Mehrschichtplatte erstreckt.
Der Kunststoffbügel der angegriffenen Schalung bildet ausweislich der Anlage K 4 in
der Seitenansicht in etwa eine L-Form und besitzt somit entsprechend dem Merkmal 2
des Patentanspruchs 1 des Klagepatents zwei im Wesentlichen senkrecht aufeinander
angeordnete Abschnitte. Der eine Abschnitt des Bügels ist entsprechend dem Merkmal
11 unstreitig mit einer Ausnehmung versehen, durch die ein Nagel oder eine Schraube
durchgeführt werden kann, so dass es möglich ist, den Bügel an dem Auflager zu
befstigen.
75
Wortsinngemäß verwirklicht sind auch die Merkmale 3, 4 und 5, die besagen, dass die
Schalung Mehrschichtplatten aufweist (Merkmal 3), die eine Putzträgeraußenschicht
(Merkmal 4) und eine Wärmedämmschicht besitzen (Merkmal 5).
76
Was das Klagepatent unter einer Mehrschichtplatte versteht, ergibt sich aus Spalte 1,
Zeilen 16 bis 22, der Klagepatentschrift (Anlage K 1). Darin heißt es, dass es bereits
bekannt ist, als Putzträger Mehrschichtplatten zu verwenden, bei denen die zur Fassade
gerichtete Schicht putzfähig ist, während die zum eingebrachten Beton gerichtete
Schicht eine Wärmedämmschicht ist. Als Wärmedämmschicht nennt die
Klagepatentschrift beispielhaft Polystyrolschaum.
77
Danach ist eine Mehrschichtplatte eine solche, die mindestens zwei Schichten aufweist,
nämlich eine Wärmedämmschicht und eine Putzträgeraußenschicht. Mehr verlangt der
Patentanspruch 1 insoweit nicht. Auch in der Klagepatentschrift findet sich keine
diesbezügliche Einschränkung, insbesondere nicht zu der Dicke der
Putzträgeraußenschicht. Erforderlich ist aus technischer Sicht nur, dass mittels dieser
Schicht die zur Fassade gerichtete Seite der Platte putzfähig gemacht wird. Der
Patentanspruch 1 sagt im Übrigen auch nicht, dass die Putzträgerschicht aus einem
bestimmten Material bestehen muss. Er verlangt insoweit nicht etwa, dass diese Schicht
aus zementgebundener Holzwolle bestehen muss. Dieses Material wird auch in der
allgemeinen Beschreibung der Klagepatentschrift sowie in der besonderen
Beschreibung einer bevorzugten Ausführungsform nur beispielhaft genannt (vgl. Anlage
K 1, Spalte 1, Zeilen 14 bis 16; Spalte 5, Zeilen 64 bis 65).
78
Hiervon ausgehend weist die angegriffene Ausführungsform eine Mehrschichtplatte im
Sinne des Klagepatents auf, die aus einer Wärmedämmschicht und einer
Putzträgeraußenschicht besteht. Die Deckenabschalkomponente der angegriffenen
Ausführungsform besteht nach dem eigenen Vorbringen der Beklagten aus Polystyrol, d.
h. aus einem wärmedämmenden Material, auf deren zur Fassade gerichteten Seite
Mörtelstaub aufgesprüht ist, um die Haftung des Putzes zu verbessern. Bei dieser
aufgebrachten Mörtelschicht handelt es sich um eine Putzträgeraußenschicht im Sinne
des Klagepatents. Dass diese unmittelbar auf das Wärmedämmmaterial aufgesprüht ist,
ändert hieran nichts. Dies schließt das Klagepatent nicht aus. Entscheidend ist, dass
eine zusätzliche Schicht vorhanden ist, die sich in ihrer Zusammensetzung und ihrer
Eigenschaft von der Wärmedämmschicht unterscheidet.
79
Das ferner streitige Merkmal 6, welches besagt, dass die Mehrschichtplatten
voneinander beabstandete, zu ihrer Auflagefläche beabstandete Bohrungen aufweist, ist
ebenfalls erfüllt. Denn das Klagepatent verlangt entgegen der Ansicht der Beklagten mit
der Verwendung des Begriffs "Bohrung" keine durch eine Drehbewegung entstandene
und damit kreisrunde Öffnung.
80
Mit dem Begriff "Bohrung" bringt das Klagepatent zum Ausdruck, dass die
Mehrschichtplatte in die Tiefe gehende Bereiche im Sinne von Kanälen, Schlitzen,
taschenartigen Aussparungen etc. aufweisen soll, in die der eine Abschnitt des
Metallbügels vollständig eingeschoben werden kann. Der Begriff "Bohrung" geht auf die
gattungsbildende deutsche Offenlegungsschrift xxxxxxxxxxxx (Anlage K 5) zurück, zu
der die Klagepatentschrift (Anlage K 1) in Spalte 1, Zeilen 32 bis 38, ausführt, dass ihre
Wärmedämmplatten mit "taschenartigen Aussparungen" versehen sind. Wie diese
"Bohrungen" hergestellt werden, lässt der Patentanspruch und die Klagepatentschrift
offen. Die Klagepatentschrift führt insoweit aus, dass die Bohrungen zweckmäßig in die
Mittelschicht eingefräst werden (vgl. Anlage K 1, Spalte 6, Zeile 8). Der Fachmann
entnimmt dem, dass die patentgemäßen "Bohrungen" nicht durch einen Bohrvorgang,
sondern auf beliebige Weise hergestellt werden können. Eine bestimmte Form müssen
diese "Bohrungen" entgegen der Ansicht der Beklagten nicht aufweisen; sie müssen
bloß so ausgebildet sein, dass der Metallbügelabschnitt vollständig in sie eingeschoben
werden kann. Die Klagepatentschrift spricht insofern in ihrer allgemeinen Beschreibung
von "Bohrungen oder Kanälen" (vgl. Anlage K 1, Spalte 2, Zeile 12). Dass dem so ist,
verdeutlichen auch die Figuren der Klagepatentschrift. Die Figur 2 der
Klagepatentschrift zeigt rechteckige "Bohrungen". Zudem zeigt keine der Figuren der
Klagepatentschrift Bügel mit einem runden Abschnitt, welcher bei einer kreisrunden
Bohrung aber erforderlich wäre. Zwar mag der Fachmann allgemein unter einer
Bohrung eine durch eine Drehbewegung entstandene kreisrunde Öffnung verstehen.
Hierauf kommt es aber nicht an. Patentschriften stellen - wovon die Kammer in ständiger
Rechtsprechung ausgeht - im Hinblick auf die dort gebrauchten Begriffe gleichsam ihr
eigenes Lexikon dar. Weichen diese vom allgemeinen oder logisch-wissenschaftlichen
Sprachgebrauch ab, ist letztlich nur der sich aus der Patentschrift selbst ergebende
Begriffsinhalt maßgebend (vgl. BGH, Entscheidung vom 2. März 1999, X ZR xx/96,
GRUR 1999, 909 - Spannschraube).
81
Die Mehrschichtplatte der angegriffenen Ausführungsform weist derartige voneinander
beabstandete Öffnungen auf, die senkrecht zu der Auflagefläche der Platte verlaufen.
82
Diese Bohrungen sind entsprechend dem Merkmal 7 unstreitig so bemessen, dass
jeweils ein Abschnitt des Kunststoffbügels in sie vollständig einführbar ist.
83
Ferner sind im Bereich der Bohrungen an der Auflagefläche der Platte unstreitig
Ausnehmungen vorhanden (Merkmal 8), die in den Bohrungen münden (Merkmal 10).
84
Es kann aber nicht festgestellt werden, dass diese Ausnehmungen der angegriffenen
Schalung die Höhe der Bügelstärke haben, wie es das Merkmal 9 des Patentanspruchs
1 des Klagepatents besagt. Die Beklagten haben insoweit unter Vorlage der Muster
gemäß Anlage B und C sowie der Zeichnungen der Anlagen D und D 1 geltend
gemacht, die Ausnehmungen an der Auflagefläche der Platte betrage lediglich 3 mm,
während die Bügelstärke 6 mm betrage. Danach ergibt sich ein Überstand von 3 mm,
wenn die Platte an einem Auflager mittels der Kunststoffbügel befestigt wird.
85
Soweit die Klägerin demgegenüber gestützt auf das als Anlage K 9 überreichte Muster
behauptet hat, die Ausnehmung in der angegriffenen Platte entspreche der Höhe der
Bügelstärke, ist sie beweisfällig geblieben. Ihr diesbezüglicher Vortrag, das Muster der
Anlage K 9 stamme aus einem Kauf vom 18. Juli 2000 bei der xxxxxxx GmbH und zeige
ausweislich der Rechnung nach Anlage K 10 die angegriffene Ausführungsform, steht
nach dem Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme nicht mit der nach § 286 ZPO
erforderlichen Sicherheit zur Überzeugung des Gerichts fest. Die hierzu von der
Klägerin benannten Zeugen haben dies nicht bestätigen können. Auf die Vernehmung
des nachträglich benannten Zeugen xxxxxx Endholzner hat die Klägerin mit Schriftsatz
vom 22. Oktober 2001 (Bl. 94 d.A.) verzichtet.
86
Der Zeuge xxxxxxx, der bei der Klägerin als Außendienstmitarbeiter beschäftigt ist, hat
ausgesagt, er habe im Auftrag der Klägerin Abschalungs-Komponenten der
Bezeichnung "x" der Beklagten auf dem freien Markt erwerben sollen. Er habe am 18.
Juli 2000 einen entsprechenden Kauf getätigt. Der Zeuge konnte aber aus der
Erinnerung weder angeben, ob er anlässlich dieses Kaufs die als Muster gemäß Anlage
K 9 vorliegende Decken-Abschal-Komponente erworben und die Rechnung gemäß
Anlage K 10 erhalten hat, noch konnte der Zeuge beschreiben, wie die von ihm
erworbenen Decken-Abschal-Komponenten im Bereich der Ausnehmungen konkret
ausgesehen haben, d.h. ob bei diesen der bereits eingeschobene Kunststoffbügel
vollständig in die Ausnehmung eingeführt war. Die Aussage des Zeugen xx ist mithin
unergiebig.
87
Auch die Aussage des Zeugen xx xx ist unergiebig. Der Zeuge xx, der bei der
Baustoffhandlung xx xx GmbH für den Ein- und Verkauf tätig ist, hat ausgesagt, er könne
sich zwar erinnern, dass sie Decken-Abschal-Komponenten der Beklagten auf einen
besonderen Kundenwunsch bei dieser bestellt und an diesen ausgeliefert hätten. Der
Zeuge konnte aber nicht beschreiben, wie diese Decken-Abschal-Komponenten
ausgestaltet waren, insbesondere ob bei ihnen der mitgelieferte Kunststoffbügel in die
Ausnehmungen der Platte bereits eingeschoben war und ob es sich bei ihnen um
solche gemäß dem Muster der Anlage K 9 gehandelt hat.
88
Die Aussage des Zeugen xxxxist ebenfalls unergiebig. Der Zeuge xxxx ist bei der
Baustoffhandlung xxxxx GmbH für die Abholung und Auslieferung von Baustoffen
zuständig. An den Transport von Decken-Abschal-Komponenten konnte sich der Zeuge
x noch erinnern. Er hat im Übrigen aber keine konkreten Angaben dazu machen
können, wie diese Decken-Abschal-Komponenten insbesondere im Bereich der
Ausnehmungen der Platten ausgestaltet waren und ob es sich bei ihnen um solche
gemäß dem Muster der Anlage K 9 gehandelt hat.
89
Dieses Ergebnis geht zu Lasten der Klägerin, weil sie nach den allgemeinen Regeln der
Darlegungs- und Beweislast für die für sie günstigen Tatsachen nicht nur darlegungs-,
sondern auch beweispflichtig ist.
90
Soweit sich die Klägerin im Übrigen darauf beruft, die Beklagte zu 1) biete unter ihrer
Website xx. xx. x Decken-Abschal-Komponenten unter der Bezeichnung "xxx-x" an,
deren Abbildungen - von denen die Klägerin als Anlage K 12 einen Ausdruck vorgelegt
hat - zeigen würden, dass die Bügel so tief in das Schalungselement eingelassen
werden können, dass sie nicht über die äußere Begrenzung der Auflagefläche des
Schalungselements herausragen, ergibt sich hieraus keine Verletzung des
91
Patentanspruchs 1 des Klagepatents. Es handelt sich bei den Abbildungen um bloße
Prinzipskizzen, die vereinfacht den Aufbau und die Maße einer Decken-Abschal-
Komponente der Beklagten zu 1) wiedergeben, und nicht um Maßzeichnungen. Die
Ausnehmungen der Platte und damit ihre Ausgestaltungen sind nicht erkennbar.
Entgegen der Ansicht der Klägerin verwirklicht die angegriffene Ausführungsform auch
nicht mit äquivalenten Mitteln das Merkmal 9 des Patentanspruchs 1 des Klagepatents.
Es fehlt insoweit bereits an der erforderlichen Gleichwirkung.
92
Die angegriffenen Decken-Abschal-Komponenten weisen nach den Ausführungen der
Beklagten, von denen im Weiteren nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme
auszugehen ist, bei ihrer werkseitigen Ausgestaltung Ausnehmungen auf, die die
mitgelieferten Kunststoffbügel nicht vollständig in der Weise aufnehmen können, dass
die Auflagefläche der Schalung nach der Befestigung der eingeschobenen Bügel auf
dem Auflager mit diesem flächig in Kontakt tritt. Vielmehr stehen die Bügel nach ihrem
Einschieben in die Ausnehmungen mit ihrem freien Schenkel um etwa 3 mm gegenüber
der Auflagefläche der Mehrschichtplatten über. Dadurch kommt es zu Kältebrücken, die
das Klagepatent mit der erfindungsgemäßen Ausgestaltung der Ausnehmungen gerade
vermeiden will. Das Klagepatent grenzt sich damit von dem gattungsbildenden Stand
der Technik gemäß der deutschen Offenlegungsschrift xxxxxxxx (Anlage K 5) ab, bei der
in die taschenartigen Aussparungen der Wärmedammplatten Abstandhalter eingeführt
werden, deren Verbindungsstege frei liegen und einen Abstand der jeweiligen
Wärmedammplatte von dem ihm benachbarten Element erzeugen, wodurch es zu
Kältebrücken kommt (vgl. Anlage K 1, Spalte 1, Zeilen 38 bis 43).
93
Soweit sich die Klägerin demgegenüber darauf beruft, dass die Vertiefung der
Ausnehmungen auf mindestens die Bügelstärke beim Einbau der Schalungen
zwangsläufig durch Eindrücken der Bügel in das ohne besonderen Kraftaufwand
verformbare Polystyrol-Material der Schalungsplatten erfolge, so dass in der
Verwendung eines verformbaren Plattenmaterials ein gleichwirkendes Mittel gegenüber
einer an die Kunststoffbügelstärke angepassten Höhe der Ausnehmung liege, kann dem
nicht beigetreten werden. Dabei kommt es in diesem Zusammenhang nicht darauf an,
ob sich eine entsprechende von der Klägerin beschriebene Verformung der Platten bei
ihrem Einbau und damit ein bündiger Abschluss der Mehrschichtplatte mit dem Auflager
notwendigerweise ergibt. Denn selbst wenn dem so wäre, würden die angegriffenen
Decken-Abschal-Komponenten selbst nicht eine erfindungsgemäße Ausgestaltung
hinsichtlich ihrer Ausnehmungen aufweisen, sondern würde diese erst aufgrund eines
weiteren Verarbeitungsschritts erhalten können. Das Merkmal 9 des Patentanspruchs 1
des Klagepatents wird also bei der angegriffenen Ausführungsform nicht durch ein
gleichwirkendes Mittel ersetzt, sondern es fehlt vollständig.
94
Selbst wenn die angegriffenen Schalungen nach diesem Vortrag der Klägerin der in
Patentanspruch 1 des Klagepatents beschriebenen Gesamtkombination angepasste
erfindungsfunktionell individualisierte Teile sein sollten, genügt dies nicht zur Annahme
einer unmittelbaren Patentverletzung. Eine unmittelbare Verletzung eines
Kombinationspatents liegt grundsätzlich nur dann vor, wenn die Verletzungsform
sämtliche Kombinationsmerkmale verwirklicht. Von diesem Grundsatz kann es allenfalls
eng begrenzte Ausnahmen geben, wenn die angegriffene Ausführungsform alle
wesentlichen Merkmale des geschützten Erfindungsgedankens aufweist und es zur
Vollendung lediglich noch der Hinzufügung selbstverständlicher und für den
Erfindungsgedanken nebensächlicher Zutaten bedarf. In diesem Ausnahmefall kann es
95
gleichgültig sein, ob der letzte, für die erfinderische Leistung unbedeutende Akt des
Zusammenfügens der Gesamtvorrichtung von einem Dritten vorgenommen wird (vgl.
BGH, GRUR 1982, 165, 166 – Rigg; LG Düsseldorf, Urteil vom 8. Juli 1999 – 4 O xx/98,
Entsch. 1999, 75, 77 - Verglasungsklotz). Dies ist vorliegend nicht der Fall. Der
Patentanspruch 1 des Klagepatents schützt eine verlorene Schalung aus
Mehrschichtplatten, deren Ausnehmungen im Bereich ihrer Bohrungen gerade so
bemessen sind, dass die für die Befestigung der Schalung auf einem Auflager benutzten
Bügel vollständig in diese Ausnehmungen aufgenommen werden können. Dass die
Ausnehmungen die Höhe der Bügelstärke aufweisen, ist keine selbstverständliche für
den Erfindungsgedanken nebensächliche Zutat, sondern eine beim Herstellen der
geschützten Gesamtvorrichtung wesentliche Ausgestaltung. In dieser Ausgestaltung
liegt der "Kern" der Erfindung, die zur Verwirklichung der erfindungsgemäßen Vorteile
wesentlich und damit Bestandteil der durch Patentanspruch 1 geschützten
Gesamtkombination ist.
2.
96
Mit der Lieferung und dem Anbieten der angegriffenen Decken-Abschal-Komponenten
verletzen die Beklagten aber mittelbar das Klagepatent.
97
Nach Art. 64 des Europäischen Patentübereinkommens (EPÜ) gewährt das
europäische Patent seinem Inhaber von dem Tag der Bekanntmachung des Hinweises
auf seine Erteilung an in jedem Vertragsstaat, für den es erteilt ist, dieselben Rechte, die
ihm ein in diesem Staat erteiltes nationales Patent gewähren würde. Das Klagepatent
hat daher gemäß § 10 Abs. 1 PatG die Wirkung, dass es jedem Dritten verboten ist,
ohne Zustimmung der Klägerin im Geltungsbereich des Patentgesetzes anderen als zur
Benutzung der patentierten Erfindung berechtigten Personen Mittel, die sich auf ein
wesentliches Element der Erfindung beziehen, zur Benutzung der Erfindung im
Geltungsbereich dieses Gesetzes anzubieten oder zu liefern, wenn der Dritte weiß oder
es aufgrund der Umstände offensichtlich ist, dass diese Mittel dazu geeignet und
bestimmt sind, für die Benutzung der Erfindung verwendet zu werden.
98
Bei den von der Beklagten angebotenen Decken-Abschal-Komponenten handelt es sich
um ein wesentliches Element der Erfindung im Sinne des § 10 PatG. Auch Einzelteile,
die als solche vorbekannt sind, die jedoch Eingang in eine patentierte
Gesamtkombination gefunden haben, können Gegenstand einer mittelbaren
Patentverletzung sein. Das ist der Fall, wenn sie in Bezug auf das geschützte
Kombinationspatent ein wesentliches Element darstellen. Die Frage, ob ein bestimmtes
Mittel für die Erfindung wesentlich oder unwesentlich ist, beurteilt sich nach der
patentierten Lehre. Maßgeblich ist, ob das betreffende Mittel für den eigentlichen Kern
der Erfindung von wesentlicher oder von lediglich untergeordneter Bedeutung ist (vgl.
Landgericht Düsseldorf, Urteil vom 25. Februar 1997, 4 O x/95, Entsch. 1997, 25, 27 f. –
Klemmhalter; Benkard, PatG/GebrMG, 9. Auflage 1993, § 10 PatG Rdnr. 14). Unter
Zugrundelegung dieser Maßstäbe handelt es sich bei den angegriffenen Decken-
Abschal-Komponenten um ein wesentliches Element der Erfindung. Nach den obigen
Ausführungen verwirklichen sie die Merkmale 1 bis 8 sowie 10 und 11 teilweise
wortsinngemäß und teilweise mit äquivalenten Mitteln. Werden diese Decken-Abschal-
Komponenten auf der Baustelle verarbeitet, so kann auch das Merkmal 9 durch den
Anwender verwirklicht werden. Beim Einbau der angegriffenen Decken-Abschal-
Komponenten können die vorgesehenen Ausnehmungen im Bereich der Bohrungen der
Mehrschichtplatte von dem Anwender in ihren Ausmaßen auf die Höhe der Bügelstärke
99
vergrößert werden, weil der verwendete Polystyrolschaum der Mehrschichtplatte von
einer weichen Konsistenz ist, die grundsätzlich ein Eindrücken ermöglicht, wie sich
anhand des von den Beklagten als Anlage B eingereichten Musters feststellen lässt.
Das Eindrücken wird durch die zusätzliche Aussparung in der Platte, die jeweils parallel
zu der der Aufnahme des vertikal stehenden Schenkels des Bügels dienenden Bohrung
an der Außenseite der Platte vorgesehen ist, begünstigt, weil sie nicht nur das Material
der Platte an dieser Stelle verdünnt, sondern auch den vertikal hochstehenden
Verstärkungssteg des horizontalen Schenkels des Bügels aufnimmt. Dadurch kann der
horizontale Schenkel des Bügels, der sich zudem trapezförmig zum vertikalen Schenkel
hin verjüngt, mit seinem flachen Teil leichter auf der Unterseite der Platte aufgelegt
werden und die Platte muss nur über eine relativ kleine Fläche eingedrückt werden.
Dass der Anwender üblicherweise so vorgehen wird, ergibt sich entgegen der Ansicht
der Beklagten aus den Nachteilen, die auftreten, wenn die Bügel nicht erfindungsgemäß
in den Ausnehmungen der Platte vollständig aufgenommen werden. Unter den
Schalungen würde sich ein etwa 3 mm hoher Spalt bilden. Dadurch würde zunächst
eine Instabilität der Lage des Schalungselements entstehen, weil der Kunststoffbügel
sich nur bis zur Mitte der Platte erstreckt. Es würde sich des Weiteren eine Abweichung
von den Standardmaßen der Schalung im Ergebnis um 3 mm ergeben. Durch den
verbleibenden 3 mm breiten Spalt würde dünnflüssiger Zement und auch
überschüssiges Wasser (Zementmilch) zur Fassade hin austreten, wobei in den Spalt
eindringender Zementleim eine Wärmebrücke bilden würde. Auslaufender Zement
würde ein Nacharbeiten erforderlich machen. Ein Eindrücken der Bügel in die
Ausnehmungen ist dabei unabhängig von der Art der Verarbeitung der angegriffenen
Schalungselemente mittels Montageschaum oder sonstiger Befestigungsvorrichtungen
denkbar. Sofern ein Montageschaum auf der Auflagefläche der Platte dünn aufgetragen
wird, werden bei dem anschließend erforderlichen Aufdrücken des Schalungselements
auf das Auflager, um den Montageschaum großflächig auf der Unterseite der Platte zu
verteilen und um einen sicheren Stand des Schalungselements zu erreichen, die
jeweiligen Bügel in die Ausnehmungen so gedrückt, dass die Unterseite der Bügel mit
der Unterseite der Platte bündig abschließen. Werden die Bügel mittels Nägel oder
ähnlichen Befestigungsmittel, die durch entsprechende Einrichtungen des horizontalen
Schenkels des Bügels in Kontakt mit dem Auflager gebracht werden, an dem Auflager
befestigt, so werden die Bügel bei dem dabei gleichfalls erforderlichen Andrücken – wie
es auch eine der Abbildungen in der Anlage K 3 zeigt - in die Schalung eingedrückt und
die vorgesehene Ausnehmung wird vergrößert. Dabei kommt es entgegen der Ansicht
der Beklagten nicht darauf an, ob das Material der angegriffenen Decken-Abschal-
Komponente ein Eindrücken um exakt 3 mm ermöglicht, oder ob das Maß des
Eindrückens – wie die Beklagten in der mündlichen Verhandlung vom 10 Januar 2002
geltend haben – aufgrund eines Zurückfedern des Materials nicht genau möglich ist.
Das Klagepatent will nach den obigen Ausführungen insbesondere das Entstehen von
Kältebrücken vermeiden. Hierfür ist ein bündiger Abschluss zwischen der Auflagefläche
des Schalungselements und dem Auflager erforderlich. Auf eine exakte Einhaltung der
vorgegebenen Maße kommt es danach nicht an.
Soweit die Beklagten demgegenüber geltend machen, der Abstand von 3 mm sei
bewusst zum Ausgleich von Unebenheiten im Auflager vorgesehen, steht dies einem
Eindrücken der Bügel in die Ausnehmungen, so dass ein bündiger Abschluss zwischen
dem Schalungselement und dem Auflager entsteht, nicht entgegen. Ein Andrücken des
Schalungselements erfolgt bei deren Verarbeitung in der oben geschilderten Weise
auch dann in einem Ausmaß, dass ein Spalt in Anbetracht der oben aufgeführten
Nachteile möglichst vermieden wird. Dass es durch das Eindrücken der Bügel in die
100
Ausnehmungen zu einer Zerstörung der Struktur des Schalungselements kommen
würde, wie die Beklagten vorgetragen haben, ist nach dem Muster der Anlage B nicht
ersichtlich und wird von den Beklagten auch nicht substantiiert behauptet.
Die Angebotsempfänger sind zur Nutzung der Erfindung nach dem Klagepatent nicht
berechtigt. Umstände, aus denen sich eine solche Berechtigung ergeben könnte, sind
weder dargetan noch ersichtlich.
101
Erfüllt sind offensichtlich auch die subjektiven Voraussetzungen einer mittelbaren
Patentverletzung. Erforderlich ist insoweit ein positives Wissen von der Eignung und
Bestimmung des Mittels seitens des Lieferanten, wobei aber eine Beweiserleichterung
in der Weise vorgesehen ist, dass dieses schwer nachzuweisende Wissen durch den
Nachweis der aufgrund der Umstände offensichtlichen Eignung und Bestimmung der
Mittel ersetzt werden kann (vgl. Benkard, a.a.O., § 10 PatG Rdnr. 20 f.). Die Bestimmung
zur Benutzung der Erfindung setzt einen Handlungswillen des Angebotsempfängers
bzw. Belieferten voraus. Der Angebotsempfänger bzw. Abnehmer muss die Benutzung
des Gegenstandes wollen. Über die Bestimmung zur patentverletzenden Benutzung
entscheidet demnach der Angebotsempfänger oder Abnehmer; sein Handlungswille,
d.h. seine Vorstellung von der konkreten Verwendung des angebotenen oder gelieferten
Mittels ist entscheidend (vgl. Benkard, a.a.O., § 10 PatG Rdnr. 17). Der Anbieter bzw.
Lieferant muss seinerseits die Bestimmung durch den Angebotsempfänger oder
Abnehmer im Inland kennen und wollen. Sein Wissen und Wollen bezieht sich auf
dessen Handlungswillen und enthält damit eine Zweckbestimmung, d.h. er muss
vorsätzlich handeln. Zum Nachweis des Handlungswillen des Abnehmers und der
Kenntnis und des Wollens des Lieferanten können Erfahrungen des täglichen Lebens
verwertet werden (vgl. Benkard, a.a.O., § 10 PatG Rdnr. 20). Wenn der Lieferant des
Belieferten zu einer bestimmten Verwendung eines gelieferten Stoffes anleitet oder eine
bestimmte Verwendung einer Vorrichtung empfiehlt, spricht die Erfahrung dafür, dass
sich der Belieferte nach der Anleitung oder Empfehlung richten wird und den gelieferten
Stoff oder die gelieferte Vorrichtung zu einer entsprechenden Verwendung bestimmt und
dass der Lieferant dies weiß. Statt des Nachweises der Kenntnis des Anbieters oder
Lieferanten genügt im Übrigen nach § 10 Abs. 1 PatG Offensichtlichkeit aufgrund der
Umstände.
102
Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Die Beklagte zu 1) zeigt den
Angebotsempfängern in ihrer Produktinformation gemäß der Anlage K 3, dass die
Decken-Abschal-Komponenten mittels Montageschaum oder Nägeln am Auflager
befestigt werden. Für den Angebotsempfänger ist es insoweit offensichtlich, dass er
einen bündigen Abschluss zur Vermeidung der oben angeführten erheblichen Nachteile
erreichen kann, wenn er die Bügel in die Ausnehmungen des Schalungselements
vollständig eindrückt. Dass er die beschriebenen Nachteile in der Regel zu vermeiden
sucht, entspricht der Lebenserfahrung. Etwas anderes könnte nur dann gelten, wenn in
der Anleitung zur Verarbeitung der Schalungselemente ein Spalt zeichnerisch
angedeutet oder in anderer Weise umschrieben worden wäre, was aber nicht der Fall
ist. Daraus folgt, dass die Beklagten zumindest damit gerechnet und billigend in Kauf
genommen haben, dass ihre Angebotsempfänger die in der Anlage K 3 gegebene
Verarbeitungsbeschreibung als Anleitung zur erfindungsgemäßen Verwendung der
Schalungselemente verstehen und sich nach dieser richten.
103
III.
104
Da die Beklagte zu 1) und der für sie handelnde Beklagte zu 2) durch das Anbieten und
die Lieferung der angegriffenen Decken-Abschal-Komponenten die
Ausschließlichkeitsrechte der Klägerin an dem Klagepatent entgegen § 10 Abs. 1 PatG
mittelbar verletzt haben, waren sie gegenüber der Klägerin während der Schutzdauer
des Klagepatents zur Unterlassung verpflichtet, § 139 Abs. 1 PatG i.V.m. Art. 64 EPÜ.
105
Dabei war den Beklagten das Angebot und der Vertrieb der angegriffenen Decken-
Abschal-Komponenten nicht generell untersagt, sondern nur für den Fall verboten, wenn
und soweit den Beklagten bekannt und/oder es aufgrund der Umstände für sie
offensichtlich war, dass der jeweilige Empfänger beabsichtigt, die Decken-Abschal-
Komponenten im Sinne der Lehre des Klagepatents zu verwenden. Denn kann ein als
mittelbar patentverletzender Gegenstand erkannter Gegenstand auch patentfrei benutzt
werden und trifft daher die für das Eingreifen des § 10 PatG erforderliche Bestimmung
der Mittel für die Benutzung der Erfindung verwendet zu werden erst der Abnehmer,
kommt nur ein eingeschränktes Verbot in Betracht, das sicherstellt, dass einerseits der
wirtschaftliche Verkehr mit dem angegriffenen Gegenstand außerhalb des Schutzrechts
unbeeinträchtigt bleibt, das aber andererseits eine Bestimmung zum patentverletzenden
Gebrauch durch den Abnehmer ausschließt. Nach den Umständen des vorliegenden
Falls ist entgegen der Ansicht der Klägerin eine Verarbeitung der angegriffenen
Decken-Abschal-Komponenten auch in nicht erfindungsgemäßer Weise denkbar. Dies
ist zum Beispiel dann der Fall, wenn der Abnehmer eine dicke Schicht Montageschaum
aufträgt, innerhalb dessen der Bügel einsinkt, ohne dass er ihn zur Erreichung eines
bündigen Abschlusses zwischen der Auflagefläche des Schalungselements und dem
Auflage in die Ausnehmung weiter eindrücken muss. Der Grad der Gefahr einer
patentverletzenden Verwendung der angegriffenen Ausführungsform ist entgegen der
Ansicht der Klägerin unter diesem Gesichtpunkt nicht besonders hoch, so dass sie ein
uneingeschränktes Vertriebsverbot – wie es die Klägerin mit ihrem Hilfsantrag 2
beantragt hat – nicht zu rechtfertigen vermag. Nach ständiger Rechtsprechung der
Kammer können – entsprechend der vor Inkrafttreten des § 10 PatG 1981 geregelten
Rechtslage – in diesem Fall regelmäßig nach den Umständen des Einzelfalls und der
Wahrscheinlichkeit eines patentverletzenden Gebrauchs abgestufte Maßnahmen
angeordnet werden. Dazu zählen etwa das Versehen des Erzeugnisses mit einem
Hinweis, dass das dem Abnehmer gelieferte Erzeugnis nicht ohne Zustimmung des
Schutzrechtsinhabers im patentgemäßen Sinne verwendet werden darf oder die
Auferlegung einer gegebenenfalls vertragsstrafebewehrten
Unterlassungsverpflichtungserklärung beim Verkauf des Erzeugnisses (vgl. LG
Düsseldorf, Urteil vom 23.9.1999, 4 O xx/99, Entsch. 1999, 111, 114 f. – WC-Körbchen II,
m.w.N.), wie es die Klägerin mit ihrem Hilfsantrag 3 auch beantragt hat.
106
Nach Ablauf der Schutzdauer des Klagepatents am 4. Februar 2001 sind die Beklagten
gegenüber der Klägerin zur Leistung von Schadensersatz für Handlungen in der Zeit
vom 1. Januar 1995 bis zum 4. Februar 2001 verpflichtet, § 139 Abs. 2 PatG i.V.m. Art.
64 EPÜ. Denn die Beklagte zu 1) hätte als Fachunternehmen die Patentverletzung bei
Anwendung der im Geschäftsverkehr erforderlichen Sorgfalt zumindest erkennen
können, § 276 BGB. Der Beklagte zu 2), der als ihr gesetzlicher Vertreter für die
Beachtung absoluter Rechte Dritter hätte Sorge tragen müssen, haftet nach § 840 BGB
gesamtschuldnerisch mit der Beklagten zu 1) auf Schadensersatz. Da es hinreichend
wahrscheinlich ist, dass der Klägerin durch die rechtsverletzenden Handlungen der
Beklagten ein Schaden entstanden ist, der von der Klägerin jedoch noch nicht beziffert
werden kann, weil sie den Umfang der rechtsverletzenden Benutzungshandlungen
ohne ihr Verschulden nicht im Einzelnen kennt, ist ein rechtliches Interesse der Klägerin
107
an einer Feststellung der Schadensersatzverpflichtung anzuerkennen, § 256 ZPO.
Außerdem sind die Beklagten zur Rechnungslegung und Auskunftserteilung verpflichtet,
damit die Klägerin in die Lage versetzt wird, den ihr zustehenden
Schadensersatzanspruch beziffern zu können. Denn die Klägerin ist auf die
zuerkannten Angaben angewiesen, über die sie ohne eigenes Verschulden nicht
verfügt, und die Beklagten werden durch die von ihnen verlangten Auskünfte nicht
unzumutbar belastet.
108
IV.
109
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 91a Abs. 1, 269 Abs. 3 ZPO. Soweit
die Kostenentscheidung auf § 91a Abs. 1 ZPO beruht, waren die Kosten insoweit der
Klägerin aufzuerlegen. Dies entspricht billigem Ermessen unter Berücksichtigung des
Sach- und Streitstandes, weil der von der Klägerin zunächst gestellte
Unterlassungsantrag gestützt auf eine unmittelbare Patentverletzung nach den obigen
Ausführungen unter Ziffer III. 1 von vornherein unbegründet war. Danach hätte die
Klägerin ohne Eintritt des erledigenden Ereignisses ebenfalls gemäß § 91 Abs. 1 ZPO
insoweit die Kosten zu tragen gehabt. Gründe, die eine andere Kostenentscheidung
rechtfertigen, sind nicht ersichtlich. Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang
geltend macht, dass den auf dem Markt erworbenen angegriffenen Schalungen nicht
angesehen werden könne, dass sie aufgrund der verformbaren Materialeigenschaften
der Platten erst nach Auslieferung bei der Beklagten mit den Ausnehmungen gemäß
dem Merkmal 9 des Patentanspruchs 1 des Klagepatents versehen worden seien,
rechtfertigt diese Überlegung keine andere Entscheidung. Dieser Sachverhalt hätte von
der Klägerin vor Einreichung der Klage aufgeklärt werden können.
110
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 709, 108 ZPO.
111
Der Streitwert beträgt 250.000,00 €.
112