Urteil des LG Dortmund vom 15.02.2008

LG Dortmund: treu und glauben, vermittler, arglistige täuschung, gegen die guten sitten, kapitalanlage, provision, kaufpreis, eigentumswohnung, bedingter vorsatz, verkäuferin

Landgericht Dortmund, 3 O 170/05
Datum:
15.02.2008
Gericht:
Landgericht Dortmund
Spruchkörper:
3. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
3 O 170/05
Tenor:
Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner an die Kläger
342,18 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem
Basiszinssatz seit dem 24.1.2008 zu zahlen und es wird festgestellt,
dass der Beklagten zu 1 aus dem Vorausdarlehensvertrag vom
26.10.1995/9.11.1995 keine Darlehensrückzahlungs- und
Zinszahlungsansprüche gegenüber den Klägern zustehen, Zug um Zug
gegen Auflassung eines Miteigentumsanteils von 1987/100.000 an dem
Grundstück G1, Gebäude und Freiflächen, zur Größe von insgesamt
5293 m² verbunden mit dem Sondereigentum der Wohnung im 2.
Obergeschoss rechts mit einem Kellerraum, Aufteilungsplan Nr. 42,
eingetragen im Wohnungsgrundbuch von F Blatt ##### an die beklagten
Gesamtschuldner sowie die Bewilligung der Eintragung im Grundbuch.
Es wird weiter festgestellt, dass sich die Beklagten mit der Annahme des
Übereignungsanspruchs seit dem 31.10.2002 in Verzug befinden.
Es wird weiter festgestellt, dass die Beklagten den Kläger
gesamtschuldnerisch den gesamten Schaden und alle Kosten zu
ersetzen haben, die durch die Abwicklung des Darlehensvertrages und
Übereignung der vorstehend bezeichneten Eigentumswohnung
entstehen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger als
Gesamtschuldner 42% und die Beklagten als Gesamtschuldner 58%
nach einem Streitwert von 165.418,47 €.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des
beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
1
Seit 1989 vermittelten die Fa. I & C und die von ihr später gegründeten Firmen
C2 und C3 den Verkauf von mehr als 8000 Eigentumswohnungen und deren
Finanzierungen durch Bausparverträge und Vorausdarlehen. Die Beklagte zu 1
hatte mit den Firmen I & C und C3 Agenturverträge bezüglich der Vermittlung
von Bausparverträgen geschlossen. Die Beklagte zu 1 gewährte der I & C seit
1995 in erheblichem Umfang Kredite, um deren Liquidität zu sichern
(Einzelheiten Rn. 38 bis 48 der Stellungnahme der Q AG).
2
Die B-AG (im Folgenden B) war Eigentümerin von mehr als 8.000 vermieteten
Eigentumswohnungen. Sie hatte diese Wohnungen von der in finanzielle
Schwierigkeiten geratenen M übernommen und beabsichtigte, die Wohnungen
zu veräußern. Die Bewirtschaffung der Wohnungen war wegen der überwiegend
nicht auf dem Marktniveau liegenden Mieten und des aufgrund gestiegener
Zinsen hohen Kapitaldienstes nicht kostendeckend. An der B war die Beklagte
zu 1 mit 12,85% beteiligt. B2 war bis 2001 Vorstandsmitglied der Beklagten zu 1
und Aufsichtsratsmitglied der B. Der Vertrieb der Eigentumswohnungen erfolgte
unter anderem durch die Fa I & C. Die Geschäftsbeziehung zwischen der B und
der I & C hatte die Beklagte zu 1 vermittelt.
3
Mit notariell beurkundetem Kaufvertragsangebot vom 20.10.1995 (Anlage A5)
bot die B den Klägern die im Wohnungsgrundbuch von F Blatt #####
eingetragene, 64,91 m² große Eigentumswohnung Nr. ## des Aufteilungsplanes
(L-Str., 2. Obergeschoss rechts) zu einem Kaufpreis in Höhe von 144.100,-- DM
zum Kauf an. Dieses Angebot nahmen die Kläger vertreten durch A mit notariell
beurkundeter Erklärung vom 24.10.1995 (Anlage A6) an.
4
Der 1955 geborene Kläger zu 2 war kaufmännischer Angestellter und die 1956
geborene Klägerin zu 1 Montagehelferin. Ihr monatliches Nettoeinkommen belief
sich etwa auf 5.000,- DM. Wegen der weiteren Einzelheiten der persönlichen
und wirtschaftlichen Verhältnisse der Kläger wird auf den Darlehensantrag
(Anlage A3) verwiesen.
5
Zur Finanzierung des Kaufpreises schlossen die Kläger und die Beklagte zu 1,
auch handelnd im Namen und für Rechnung der Beklagten zu 2 unter dem
26.10.1995 und 9.11.1995 (Anlagen A7 und D8, Blatt 314 - 323) einen
schriftlichen Darlehensvertrag unter anderem mit folgendem Inhalt:
6
"Vorausdarlehen 170.000,- DM, Zinssatz nominal 6,45%, anfängl. effekt.
Jahreszins 7,67%, Zins fest für Jahre 5, Disagio 6.800,- DM, Nettokredit
163.200,- DM. ...
7
Die monatliche Zinsrate beträgt 913,75 DM ......
8
Die Tilgung des Vorausdarlehens soll mit der/den zugeteilten Bausparsumme/n
der nachgenannten Bausparverträge erfolgen:
9
######## 85.000,- DM
10
######## 85.000,- DM
11
Die monatliche Sparrate beträgt:
12
1. – 3. Jahr 127,50 DM
13
4. – 6. Jahr 178,50 DM
14
7. – 9. Jahr 246,50 DM
15
ab dem 10. Jahr 314,50 DM
16
Bei mehreren Bausparverträgen wird vom Bausparer zunächst der erste Vertrag
mit den angegebenen Sparraten bespart. ... Nach dessen Zuteilung gemäß ABB
werden nacheinander die weiteren Bausparverträge bespart und die Verträge
nach Zuteilung entsprechend den ABB getilgt.
17
......
18
Die in § 1 genannten Darlehen werden gesichert durch:
19
Guthaben aus dem/den vorfinanzierten Bausparvertrag/verträgen
20
Grundschuldeintragung zugunsten der C4 Bausparkasse AG über 170.000,- DM
....
21
Auszahlungen aus Vorfinanzierungsdarlehen (...) und zugeteilten
Bauspardarlehen erfolgen, wenn
22
......
23
Beitritt in eine Mieteinnahmegemeinschaft, die nur mit unserer Zustimmung
gekündigt werden darf......"
24
Eine Widerrufsbelehrung enthält der Darlehensvertrag nicht
25
Mit notariell beurkundeter Erklärung vom 15.11.1995 (Urkundenrolle ####/###)
bestellten die B und die Kläger der Beklagten zu 1 eine Grundschuld in Höhe
von 170.000,- DM (Anlage A9). Die Kläger übernahmen die persönliche Haftung
und unterwarfen sich der sofortigen Zwangsvollstreckung. Sie wiesen die
Beklagte zu 2 an, das Darlehen treuhänderisch auf das Notaranderkonto zu
überweisen.
26
Sämtliche Verträge wurden durch C5 angebahnt. Er führte die Verhandlungen
mit den Klägern in deren Privatwohnung. Einen persönlichen Kontakt zwischen
den Klägern und den Beklagten gab es nicht. Der Inhalt der
Vertragsverhandlungen ist streitig. Die Kläger unterschrieben folgende
formularmäßigen Urkunden:
27
Ohne Datum:
28
Selbstauskunft (Muster Anlage B7),
29
Risikohinweise (Anlage D2 Blatt 478),
30
Besuchsbericht (Anlage D3, Blatt 310), unter anderem mit folgendem Inhalt: "...
./. Mieteinnahme 510,- DM ... mtl. Aufwand vor Steuern 408,-- DM."
31
Vereinbarung über Mietenverwaltung (Anlagen A4 und D4 Blatt 311, 312)
32
Objekt- und Finanzierungsvermittlungsauftrag (Anlage D5 Blatt 313) an C2 und
C3 unter anderem mit folgendem Inhalt:
33
"Ich erteile hiermit den Auftrag, mir das o.g. Objekt und die Finanzierung zu
vermitteln. Der Auftrag soll durch die in Punkt 4 und 5 der nachfolgenden
Aufstellung benannte Firma zu den dort genannten Gebührensätzen ausgeführt
werden. ...
34
1. Kaufpreis .....
2. Grunderwerbsteuer 2% .....
3. Notar- und Gerichtskosten .....
4. Finanz.-Verm. Gebühr ..... 3.400,- DM
5. Courtage 3,45% …. 4.971,- DM
6. Abschlussgebühr ...... 2.720,- DM"
35
36
Unter dem 11.10.1995:
37
Darlehensantrag (Anlage A3),
38
Bausparanträge (Anlage A3),
39
Die Beklagte zu 1 nahm die Bausparanträge an (Anlage A8) an und die
Beklagte zu 2 zahlte die Darlehenssumme auf das Notaranderkonto.
40
Am 28.3.1996 fand eine Besprechung zwischen den Vorständen U und E der
Fa. B und den Geschäftführern der "I & C Gruppe" statt an der auch B2 teilnahm.
In dem von B2 unterschriebenen "Ergebnisprotokoll" heißt es unter anderem:
41
"Er (B2) stellt klar, dass die B hervorragende Produkte liefert, die I & C Gruppe
erstklassig vertreibt und einen ausgefeilten Service für die Kunden auch in der
Zeit nach Durchführung des Kaufes bietet. Was ganz besonders aus der Sicht
des Finanzierers wichtig ist, ist die Tatsache, dass man sich stets mit
besonderem Engagement um Störfälle kümmert. Von den inzwischen rd. 4.400
durch die C4 finanzierten Wohnungen sind kaum welche in eine
Zwangsversteigerung geraten und wenn, habe die Gruppe die Wohnungen unter
Inkaufnahme finanzieller Einbußen übernommen. Es läge im allseitigen
Interesse, über Abwicklungen zu verfügen, die keinerlei "Rauch" in der
Öffentlichkeit aufsteigen ließen.
42
Er hebt weiter hervor, dass sowohl die I & C Gruppe als auch die B
wechselseitig stets voneinander profitieren, was auch so bleiben soll. Dies liegt
ganz besonders auch im Interesse der C4, deren Beteiligung an der B nur dann
dem Bausparkassengesetz entspricht, wenn sie aus dieser Verbindung Nutzen
für das Bausparerkollektiv in Form von Neugeschäft ziehen kann.
43
.......
44
Zu dem immer wieder angesprochenen Thema der Abgabepreise führt Herr U
aus, dass I & C freilich den maximalen Preis anstrebe. Die B muss aber als
Kaufmann den Marktpreis ausloten und ihren Abgabepreis danach ausrichten.
Bekommt die Fa. I & C aber höhere Preise, so muss man bei B annehmen, man
habe sich verschätzt, oder "sie nehmen dem Kunden zuviel ab". Wir kalkulieren
für die B ein möglichst großes Stück aus dem Kuchen.
45
Nach langer Diskussion merkt Herr I an, dass die B I & C nicht verstehen kann
und erinnert daran, dass der Markt für die Immobilien zu dem von I & C
geforderten Preis ohnehin nicht vorhanden ist sondern erst im
Beratungsgespräch gemacht werden muss.
46
....
47
Die Herren U und E erkennen den Wunsch auf eine Mehrerlösabrede an. Sie
meinen aber, dass mit der 30 %igen Gesamtbelastung der Wohnungen mit
Weichkosten die Schallgrenze erreicht ist. Andernfalls leidet das B-Produkt
darunter. ......"
48
Die Beklagte zu 2 trat ihre Ansprüche aus dem Darlehensvertrag an die
Beklagte zu 1 ab (Anlage R15).
49
Mit Anwaltsschreiben vom 30.9.2002 erklärten die Kläger den Widerruf. Mit der
vorliegenden Klage begehren sie Schadensersatz wegen eines Verschuldens
bei Vertragsschluss und hilfsweise die Rückabwicklung der Verträge.
50
Die Beklagte zu 1 kündigte das Darlehen wegen Zahlungsverzuges und betrieb
die Zwangsvollstreckung aus der notariellen Urkunde vom 15.11.1995 (UR
####). Dagegen wandten sich die Kläger in dem Verfahren 6 O 504/02 mit einer
Vollstreckungsabwehrklage. Das Landgericht Dortmund wies diese Klage mit
Urteil vom 4.4.2003 ab (Anlage D15 Blatt 327 – 332). Die Berufung des Klägers
wies das Oberlandesgericht Hamm (5 U 125/03) mit Urteil vom 1.12.2003
zurück. Auf die Revision der Kläger hob der Bundesgerichtshof das Urteil vom
1.12.2003 auf und verwies die Sache zur erneuten Verhandlung und
Entscheidung an das Oberlandesgericht Hamm zurück (XI ZR 6/04 Urteil vom
16.5.2006). Die Kläger nahmen die Klage dann zurück.
51
Mit der vorliegenden Klage begehren sie Schadensersatz wegen eines
Verschuldens bei Vertragsschluss und hilfsweise die Rückabwicklung der
Verträge. Ihren Schaden berechnen sie wie folgt:
52
streitige gezahlte Darlehenszinsen in Höhe von 555,56 € x 106 Monate
53
(November 1995 bis September 2004) = 58.889,36 € (Blatt 157) oder 37.947,11
(Einzelheiten Blatt 845, 846, 849 bis 863)
hilfsweise Disagio (3.476,78 €) sowie Mehrkosten gegenüber einem
Annuitätendarlehen (die Kläger behaupten 52.499,22 € (Einzelheiten Blatt 53 –
59).
54
Die Kläger behaupten, C5 habe sie im September 1995 angerufen und gefragt,
ob sie Interesse an Steuerersparnissen hätten. Es sei ein Termin in ihrer
Privatwohnung vereinbart worden. C5 habe sie dort aufgesucht (unstreitig) und
die Vorzüge des Erwerbes der vermieteten Eigentumswohnung
(Steuerersparnis, steigende Mieten, Sicherheit, Altersvorsorge) herausgestellt.
Er habe das Finanzierungsmodell der Beklagten als festen Bestandteil des
Kapitalanlagekonzepts angepriesen und alle anderen
Finanzierungsmöglichkeiten wegen des Steuersparmodells und der
Vollfinanzierung aller Kosten als ungeeignet ausgeschlossen. Er habe erklärt,
dass die Beklagten für die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der
Kläger die genau passende Finanzierung anbieten. Das Finanzierungskonzept
sei gut durchdacht und nach allen Seiten hin abgesichert. Die monatliche
Belastung betrage vor Steuern 399,64 DM und nach Steuern 217,24 DM
(Beispielsrechnung Anlage A2). Tatsächlich habe die tatsächlich erzielbare
Miete 3,50 DM je m² (laut Mietspiegel) abzüglich 30% Bewirtschaftungskosten
und 15% Mietausfallwagnis mithin 2,08 DM je m² (Blatt 63, 64) oder 6,45 DM
(Blatt 959 bis 961) oder 5,33 DM (Blatt 961, 962), die Unterdeckung der
Liquidität 1.685,63 € (Blatt 68. 69) und die monatliche Belastung nach 10 Jahren
1.401,08 DM (Blatt 371) betragen. B2 habe am 1.12.1994 die in der
Beleihungswertermittlung vom 18.11.1994 (Anlage 1/12 zum Schriftsatz vom
22.1.2008) kalkulierte Miete von 6,70 DM – 10% BWK = 6,03 DM handschriftlich
auf nicht erzielbare 7,85 DM heraufgesetzt. Der Mietpool für das Objekt Heinrich
von L- Str. # bis # in F habe unter Berücksichtigung der Unterdeckung und der
"Mietpoolsubventionen" folgende "Mieterträge" je m² erzielt (Einzelheiten Blatt 2
bis 7 des Schriftsatzes vom 22.1.2008 (Blatt 953 bis 958 dA) und Anlagen 1/11):
55
1995: 0,55 DM
56
1996: 3,16 DM
57
1997: 4,40 DM
58
1998: 4,28 DM
59
1999: 4,51 DM
60
2000: 2,77 DM
61
2001: 2,04 DM
62
2002: 3,45 DM
63
2003: kein Vortrag
64
2004: Verlust
65
Die Kläger hätten folgende Mietpoolergebnisse erzielt (Einzelheiten Blatt 847,
849, 868 bis 877):
66
1999: 3.568,44 DM - 131,20 DM (Nachzahlung) = 3.437,24 DM
67
2000: 2.075,62 DM - 137,52 DM (Nachzahlung) = 1.938,10 DM
68
2001: 1.326,75 DM - 728,42 DM (Nachzahlung) = 598,33 DM
69
2002: 1.270,27 € - 369,37 € (Nachzahlung) = 900,90 €
70
2003: 204,84 € - 775,16 € (Nachzahlung) = (-)534,32 €
71
Nennenswerte Steuervorteile seien ausweislich der Steuerbescheide (Blatt 878
bis 890) nicht erzielt worden.
72
Die Kläger meinen, die Beklagten hätten Beratungs- und Aufklärungspflichten
verletzt, weil sie nicht auf
73
1. die Vor- und Nachteile der Ausgestaltung der Finanzierung einschließlich
Disagio (3.476,78 €) insbesondere die Mehrkosten gegenüber einem
Annuitätendarlehen (die Kläger behaupten 52.499,22 €), die Laufzeit der
Finanzierung (die Kläger behaupten bis zu 34 Jahre), den vom
Regelbausparbeitrag abweichenden, geringeren anfänglichen Bausparbeitrag,
den Anstieg der monatlichen Belastungen, die Tilgungsaussetzung, die
steuerlichen Auswirkungen, die lebenslange Verschuldung sowie
74
2. die objektbezogenen Risiken insbesondere des Mietpools, der
Liquiditätsunterdeckung, den tatsächlichen Verkehrswert (die Kläger behaupten
55.741,94 DM, Blatt 121 – 127) und die Innenprovisionen (die Kläger behaupten
20% - 40%)
75
hingewiesen worden seien und
76
3. die Beklagten den Beleihungswert nach dem streitigen Vortrag des Klägers
allein entsprechend der Höhe der Gesamtaufwendungen (Finanzbedarf) unter
Missachtung der üblichen Bewertungsfaktoren (Nettomiete, Bodenrichtwert,
Miteigentumsanteil, Gesamtnutzungsdauer, Vervielfältiger) und entgegen § 16
der ABB (Anlage B17) viel zu hoch angesetzt hätten.
77
Sie behaupten, sie hätten den Kauf- und den Kreditvertrag nicht abgeschlossen,
wenn die Beklagten ihre Aufklärungspflichten nicht verletzt hätten.
78
Die Kläger beantragen
79
1. die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an sie die Zinsen des
80
Vorausdarlehens in Höhe von 58.889,36 € nebst 5 % Zinsen über dem
Basisdiskontsatz der Europäischen Zentralbank seit dem 31.10.2002 zu zahlen,
2. die Beklagte zu 1 zu verurteilen, die Kläger von den bestehenden
Darlehensrückzahlungs- und Zinszahlungsverpflichtungen aus dem zwischen den
Klägern und der Beklagten zu 2 bestehenden Vorausdarlehensvertrag vom
26.10.1995, Konto-Nr.: ######## freizustellen,
3. festzustellen, dass aus dem unter Ziffer 2 bezeichneten Vorausdarlehensvertrag
keine Darlehensrückzahlungs- und Zinszahlungsansprüche der Beklagten zu 1
gegenüber den Klägern zustehen,
81
jeweils Zug um Zug gegen Auflassung eines Miteigentumsanteils von
1987/100.000 an dem Grundstück G1, Gebäude und Freiflächen, zur Größe
von insgesamt 5.293 m² verbunden mit dem Sondereigentum der Wohnung
im 2. Obergeschoss rechts mit einem Kellerraum, Aufteilungsplan Nr. #,
eingetragen im Wohnungsgrundbuch des Amtsgerichts F Blatt ##### an
die beklagten Gesamtschuldner sowie die Bewilligung der Eintragung im
Grundbuch,
82
4. festzustellen, dass sich die Beklagten mit der Annahme des
Übereignungsanspruchs seit dem 31.10.2002 in Verzug befinden,
5. die Beklagte zu 1 weiter zu verurteilen, das Bausparguthaben des Klägers nebst
Zinsen aus dem Bausparvertrag Nr. ######## abzurechnen und den sich aus der
Abrechnung ergebenden Betrag an die Kläger zu zahlen,
6. festzustellen, dass die Beklagten den Klägern gesamtschuldnerisch den gesamten
Schaden und alle Kosten zu ersetzen haben, die durch die Abwicklung des
Darlehensvertrages und Übereignung der unter Ziffer 3 bezeichneten
Eigentumswohnung entstehen,
7. Hilfsweise gegenüber den Anträgen zu Ziffern 1,2,3,4 und 6
83
84
a. die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an die Kläger 55.967,00 €
nebst 5 % Zinsen über dem Basisdiskontsatz der Europäischen Zentralbank seit
Rechtshängigkeit zu bezahlen,
b. die Beklagte zu 2 verurteilen, eine Neuberechnung des effektiven Jahreszinses
des Darlehensvertrages vom 26.10.1995, Konto-Nr.: ############ auf der
Grundlage des gesetzlichen Zinssatzes vorzunehmen und den sich aus der
Neuberechnung zugunsten des Klägers ergebenden Betrag an den Kläger zu
zahlen.
85
86
Die Beklagten beantragen,
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die Klage abzuweisen
88
Die Beklagten meinen, sie träfen keine Aufklärungspflichten über das Risiko der
Verwendung des Darlehens und sie hätten ihre Auskunftspflichten über die
Finanzierung und den Immobilienmarkt durch die Risikohinweise und den Inhalt
des Darlehensvertrages erfüllt. Die Beleihungswertermittlung sei zutreffend und
allein in ihrem Interesse und nicht im Interesse des Klägers erfolgt. Die Miete sei
realistisch kalkuliert worden und der Beklagten sei zum Zeitpunkt des
Vertragsschlusses nicht bekannt gewesen, dass die in dem Besuchsbericht
genannte Miete nicht erzielbar sei (Einzelheiten Schriftsatz vom 31.1.2008 Blatt
921 ff dA)
89
Die Beklagten bestreiten die Kausalität der unstreitigen Haustürsituation. Für
den Fall der Wirksamkeit des Widerrufes erklären sie die Aufrechnung mit
Ansprüchen auf Nutzungsvergütung und Kapitalrückzahlung.
90
Die Beklagten behaupten, die Kläger hätten ausweislich der Kontoauszüge
(Anlagen Z1 bis Z14 Blatt 849 bis 863) 10.405,70 € gezahlt (Blatt 961, 962) und
Steuervorteile in Höhe vom 4.282,00 € erzielt (Blatt 963 bis 965, Anlage D119
zum Schriftsatz vom 31.1.2008).
91
Entscheidungsgründe
92
Die Klage ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang zulässig und
begründet, im Übrigen teilweise unzulässig und unbegründet. Die Kläger haben
gegen die Beklagten wegen eines Verschuldens bei Vertragsschluss einen
Anspruch auf Rückgängigmachung des Darlehensvertrages (nachfolgend I.) mit
den nachfolgend unter II. im Einzelnen für jeden Antrag dargestellten
Rechtsfolgen.
93
94
I.
95
Es gelten nach Art 229 § 5 EGBGB die Gesetze (BGB, HWiG, VerbrKG) in der
bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung, weil die streitgegenständlichen
Schuldverhältnisse vorher begründet worden sind.
96
Den Beklagten fällt ein Verschulden bei Vertragsschluss (jetzt § 311 BGB)
nämlich eine Verletzung einer Aufklärungspflicht zur Last.
97
Nach der Entscheidung des BGH vom 16.5.2006 (XI ZR 6/04) können sich die
Anleger in den Fällen eines institutionalisierten Zusammenwirkens der
kreditgebenden Bank mit dem Verkäufer oder Vertreiber des finanzierten
Objektes unter erleichterten Voraussetzungen mit Erfolg auf einen die
Aufklärungspflicht auslösenden konkreten Wissensvorsprung der finanzierenden
Bank im Zusammenhang mit einer arglistigen Täuschung des Anlegers durch
unrichtige Angaben der Vermittler, Verkäufer oder Fondsinitiatoren bzw. des
Fondsprospektes über das Anlageobjekt berufen. Die eine eigene
98
Aufklärungspflicht auslösende Kenntnis der Bank von einer solchen arglistigen
Täuschung wird widerleglich vermutet, wenn Verkäufer, Fondsinitiatoren oder
die von ihnen beauftragten Vermittler und die Bank in institutionalisierter Art und
Weise zusammenwirken, die Finanzierung der Kapitalanlage vom Verkäufer
oder Vermittler angeboten wurden und die Unrichtigkeit der Angaben nach den
Umständen des Falls evident ist, so dass sich aufdrängt, die Bank habe sich der
Kenntnis der arglistigen Täuschung geradezu verschlossen.
Arglistige Täuschung durch die Vermittler
99
Die Vermittler (hier Fa. I & C und deren Untervermittler C5) haben die Kläger
arglistig über die Höhe der Vermittlungskosten getäuscht. Falsche oder
zumindest entstellende (dies ist ausreichend Palandt § 123 Rn 3) Angaben
enthält der unstreitige Objekt- und Finanzierungsvermittlungsauftrag (Anlage D5
Blatt 313) zu den Vertriebskosten. Darin sind 3,45% (4.971,- DM einschließlich
Umsatzsteuer) Courtage beziffert worden. Die tatsächlichen Vertriebskosten, die
zusätzlich zu der vorstehend genannten Courtage von der Verkäuferin an I & C
gezahlt wurden, lagen über 20 %. Dem entsprechenden, durch zahlreiche
Indizien (Besprechungsprotokoll vom 28.3.1996 und Gutachten von X) belegten
Sachvortrag der Kläger sind die Beklagten nicht substantiiert entgegengetreten.
100
Die Beklagten bestreiten nicht, dass die Verkäufer für die Vermittlung des
Kaufvertrages generell eine Verkäuferprovision gezahlt haben. Sie bestreiten
die Höhe der von den Klägern behaupteten Provisionen, die die Verkäufer
bezahlt haben sollen (20 % bis 40%) tragen aber zur Höhe dieser Provisionen
nichts vor. Ihr Bestreiten ist damit unbeachtlich (§ 138 Abs. 3 ZPO).
101
Die Erklärungslast des Gegners (§ 138 Abs. 2 ZPO) ist Auswirkung des
Verhandlungsgrundsatzes, der Wahrheitspflicht und der
Prozessförderungspflicht. Aus ihr folgt, dass der Gegner sich im Allgemeinen
nicht auf ein bloßes Bestreiten beschränken darf. Die Erklärungslast ist in
Bestehen und Umfang davon abhängig, wie die darlegungspflichtige Partei
vorgetragen hat. Trägt der Darlegungspflichtige – wie vorliegend die Kläger -
substantiiert vor, dann muss sich der Gegner auch substantiiert äußern (Zöller §
138 Rn. 8, 8a). Eine Partei darf sich nicht durch arbeitsteilige Organisation ihres
Betätigungsbereiches ihren prozessualen Erklärungspflichten entziehen,
sondern muss innerhalb desselben Erkundigungen anstellen (Zöller § 138 Rn.
16). Dieser Verpflichtung sind die Beklagten nicht nachgekommen.
102
Die Beklagten sind mit Beschluss vom 27.10.2006 auf ihre Substantiierungslast
hingewiesen worden. Sie haben daraufhin lediglich vorgetragen, ihre
Erkundigungen bei den Verkäuferunternehmen über die
Vertriebsvereinbarungen und etwaige Provisionssätze hätten bislang zu keinem
Erfolg geführt, was damit zusammenhängen mag, dass sich auch die
Verkäuferunternehmen zahlreichen Anlegerprozessen ausgesetzt sehen, in
denen ihre Interessenlage mit derjenigen der Finanzierungsbanken durchaus
divergiert. Es könne nicht "einfach" bei der Firma I & C nachgefragt werden. Die
Firmengruppe sei seit Herbst 2000 in Insolvenz. Ob derartige Unterlagen vom
Insolvenzverwalter beschafft werden können sei derzeit unklar. Dieser Vortrag
rechtfertigt ein einfaches Bestreiten nicht, worauf die Beklagten in zahlereichen
Parallelverfahren ausdrücklich hingewiesen worden sind. Es fehlt jeglicher
103
konkreter Vortrag dazu, bei wem die Beklagten wann, was und auf welche
Weise erfragt haben und welche Reaktion auf diese Nachfrage erfolgte. Die
Insolvenz sämtlicher Firmen der I & C Gruppe ist kein nachvollziehbarer Grund,
denn die seinerzeit handelnden Personen sind nicht verstorben und können
ebenso wie der Insolvenzverwalter befragt werden. Die Beklagte zu 1 hat über
10 Jahre mit der I & C Gruppe institutionell zusammen gearbeitet (dazu später).
Nachdem das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Firmen der I & C
Gruppe eröffnet worden war, veranlasste die Beklagte zu 1, die Herausgabe von
Unterlagen die bei diesen Firmen verblieben waren (Seite 35 des Prüfberichtes
X). Ihr war es also auch nach der Insolvenzeröffnung möglich, Informationen zu
erhalten. Dies haben die Beklagten auch auf Seite 2 und 4 des Schriftsatzes
vom 8.11.2006 (Blatt 741 und 743) vorgetragen.
Zudem ist die Kammer zweifelsfrei davon überzeugt, dass alle Verkäuferinnen
für alle von der Fa. I & C und der Fa. C2 vermittelten Verkäufe, also auch im
vorliegenden Fall, Verkaufsprovisionen gezahlt haben, die 15 % des
Kaufpreises überstiegen. Diese Feststellung beruht auf den nachfolgend
dargestellten unstreitigen Urkunden und Indizien, denen die Beklagten nicht
entgegengetreten sind.
104
1.
105
Gutachten der J vom 27.11.2001 (im Folgenden X)
106
Die von dem Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen im Mai 2001 beauftragten
Wirtschaftsprüfer sind bei der Geschäftsprüfung (wegen der Einzelheiten der
Prüfungsdurchführung und der Prüfungsunterlagen wird auf Seite 7 bis 9 des
Prüfberichtes verwiesen) der Beklagten unter anderem zu folgenden
Ergebnissen gekommen:
107
(Seite 39)
108
Aus den von der U2 bzw. der W im Falle der Eheleute H zu Verfügung gestellten
Unterlagen ergibt sich, dass dem "Vertriebspartner" der I & C, Frau K, für die
Objekt- und Finanzierungsvermittlung eine Provision von 12,5 % des
Nettokaufpreises plus Mehrwertsteuer sowie eine Sonderprovision von 1,6 %
der Finanzierungssumme zuzüglich Mehrwertsteuer zugesagt worden ist. In dem
vorliegenden Fall müsste somit ein Provisionsbetrag von 15.436 (brutto) an den
Vertriebspartner geflossen sein. Selbst wenn man unterstellt, dass die C2 und
die C3 in vollem Umfang zum Vorsteuerabzug berechtigt waren, übersteigt
dieser Betrag die gegenüber den Kreditnehmern ausgewiesenen Beträge für die
Finanzierungsvermittlungsgebühr, die Abschlussgebühr und die Nettocourtage
von 6.727 um 6.696.
109
Da I & C neben den Provisionen an die Vertriebspartner auch noch die Kosten
des eigenen Geschäftsbetriebes decken mussten, kann davon ausgegangen
werden, dass ein nicht unerheblicher Teil des beurkundeten "Kaufpreises" nicht
an den Verkäufer der Eigentumswohnung (im vorliegenden Fall die zu I & C
gehörende M) geflossen ist, sondern bei den Vertriebsgesellschaften verblieben
ist.
110
In den Fällen, in denen die Wohnungen von der B verkauft worden sind ist zu
vermuten, dass ein Teil des Kaufpreises von der B an I & C erstattet worden ist.
111
Welchen Umfang diese über den erhöhten Kaufpreis mitfinanzierten
sogenannten "weichen" Kosten hatten, konnten wir nicht eindeutig
nachvollziehen, da wir trotz der Aufsichtsratstätigkeit von Herrn B2 bei der B bei
der E2 keine Unterlagen über die Kalkulation der Abgabepreise der B
vorgefunden hatten. Hinweise auf die Größenordnung der Weichkosten ergeben
sich jedoch aus dem Protokoll einer von Herrn B2 moderierten Besprechung
zwischen dem Vorstand der B und den Herren I und C am 28.März 1996, in der
es um die zukünftige Zusammenarbeit im Immobilienvertrieb ging. Von Seiten
der B wurde kritisiert, dass I & C auf zu hohe Verkaufspreise dränge und
festgestellt" ... dass mit einer 30 %igen Gesamtbelastung der Wohnungen mit
Weichkosten die Schallgrenze erreicht ist (vgl. Anlage 4.2 Nr. 5 Blatt 7).
112
....
113
In den Fällen, in denen I & C Objekte anderer Anbieter vertrieben hat, scheint die
Relation von 30 % Weichkosten im Verhältnis zum Wert der Immobilien deutlich
überschritten worden zu sein. Dies ergibt sich aus einem Schreiben des
Kreditnehmers H2 an die E2 vom 4.1.1999 (Anlage 4.2 Nr. 6). ... Aus der
Kostenrechnung des Notars ergibt sich, dass an I & C Provisionen in Höhe von
49.237,39 geflossen sind; dies entspricht ca 60 % des für die Pfandfreistellung
bzw. zur Auszahlung an den Verkäufer verwendeten Betrags."
114
Die Kammer schließt sich den Schlussfolgerungen der Wirtschaftsprüfer, denen
die Beklagten nicht entgegengetreten sind, an. Daraus ergibt sich, dass die
Verkäuferinnen in der Regel mehr als 15 % Verkaufprovisionen gezahlt haben
denn Weichkosten von mindestens 30 % stehen ausweislich der Objekt- und
Finanzierungsvermittlungsaufträge (Anlage B10 und R18) lediglich
ausgewiesene Kosten von 12,73 % (B10/1), 12,93 % (B10/2), 12,36 % (B10/3),
9,13 % (B10/4), 14,72 % (R18a), 16,98 % (R18b), 16,93 % (R18c), 12,76 (R18d),
15,12 % (R18e) und 10,78 % (R18f) gegenüber.
115
Ein weiteres Indiz dafür, dass unüblich hohe Verkäuferprovisionen gezahlt
wurden ist die Notiz B2 vom 26.1.1990 (Anlage 4.1 Nr. 4 des Berichtes X)
116
B2 beichtet darin über ein Telefongespräch mit I2 (damaliger Vorstand der Firma
B) unter anderem wie folgt:
117
"Im Übrigen würde Herr I2 es gerne sehen, wenn die beiden Herren nicht schon
wieder "mit mir gedroht" hätten und sich darüber hinaus endlich mit
bescheideneren Provisionen begnügen würden. ...
118
Was die Frage der Provisionen angeht, machte ich Herrn I2 darauf aufmerksam,
dass diese ja nicht den Deckungskostenbetrag der B schmälern und er daher
dieser Frage nicht mit solchem Nachdruck nachsetzen sollte. ...."
119
Daraus lässt sich zwar nicht die genaue Höhe der Verkäuferprovisionen
entnehmen, wohl aber, dass erheblich überdurchschnittliche Provisionen
gezahlt wurden. Andernfalls wäre die Beschwerde des Vorstandes der B
120
unverständlich.
2.
121
Vertriebsvereinbarungen mit L und E3 (Anlage B26)
122
Daraus folgt, dass mit den Untervermittlern Provisionen von 5 % bis 12 % des
Nettokaufpreises vereinbart worden waren. Da I & C nicht unentgeltlich tätig sein
konnte, müssen die gezahlten Provisionen erheblich darüber gelegen haben.
123
3.
124
Protokolle der mündlichen Verhandlungen der 1. Zivilkammer des Landgerichts
Bochum vom 7.9.2006 in dem Verfahren 1 o 582/04, vom 14.6.2007 in dem
Verfahren 1 o 643/04, vom 3.9.2007 in zahlreichen Verfahren (Anlage 16 zum
Schriftsatz vom 21.12.2007) und vom 30.1.2007 in dem Verfahren 1 o 643/04
(Zur Verwertung als Urkundenbeweis wird auf Zöller § 373 Rn. 9 verwiesen).
125
Der Zeuge X2 hat unter anderem ausgesagt:
126
"Ich erhielt für die Vermittlung einer Wohnung in der Regel 9 % Provision. Diese
Provision bekam ich von Herrn T, für dessen Vertrieb ich arbeitete. Wie viel
Provision Herr T selbst erhalten hat, weiß ich nicht."
127
Der Zeuge I2, der 1988 bis 1992 Vorstandsvorsitzender der Firma B war hat
unter anderem ausgesagt:
128
"Es gab Absprachen zwischen der B und der Firma I & C wonach Teile des
Kaufpreises an I u. C ausgezahlt wurden.
129
Es handelte sich nach meiner Erinnerung um einen knapp zweistelligen
Prozentsatz, es mögen 10 – 12% gewesen sein.
130
Es handelte sich um eine generelle Absprache objektunabhängig.
131
C4 wusste mit Sicherheit von dieser Vereinbarung und auch von den
Provisionssätzen.
132
Wir haben nämlich im Aufsichtsrat "immer mal wieder" über die Provision
gesprochen.
133
I und C versuchte auch regelmäßig, die Provisionssätze zu erhöhen. Wir haben
allerdings diese Vereinbarung zu Lasten unserer Marge getroffen, d.h. die uns
verbleibenden Kaufpreisanteile sind entsprechend reduziert worden. ... "
134
"Es kann sein, dass die prozentuale Provision bis 15% betrug. ..."
135
Bei seiner Vernehmung durch das Oberlandesgericht Schleswig hat der Zeuge
am 5.7.2007 unstreitig ausgesagt (Blatt 959):
136
"Ich meine mich zu erinnern, dass zwischen 10 und 15% gezahlt wurden. In
137
jedem Fall aber über 10%...."
Der Zeuge E, der 1992 bis 2003 Vorstandsmitglied der Firma B war hat
ausgesagt.
138
"Die Firma I und C erhielt von uns objektabhängig unterschiedliche Provisionen
zwischen 14 und 18,75%"
139
Die vorgenannten Urkunden beziehen sich zwar nicht auf die
streitgegenständlichen Verträge wohl aber auf die allgemeine Geschäftspraxis
und die Umstände des von I & C betriebenen Vertriebes von
Eigentumswohnungen und deren Finanzierungen, die in allen Fällen identisch
waren. Daraus folgert die Kammer, dass I & C von allen Verkäuferinnen in allen
Fällen mindestens 15% Verkäuferprovision erhielt. Umstände, die eine
abweichende Beurteilung im vorliegenden Fall rechtfertigen, sind weder
ersichtlich noch dargelegt.
140
Festzuhalten bleibt damit, dass die Beklagten den Vortrag der Kläger, es seien
zu den in dem Objekt- und Finanzierungsvermittlungsauftrag ausgewiesenen
Kosten und Provisionen weitere 20 % bis 40 % Verkäuferprovisionen gezahlt
worden nicht substantiiert bestritten haben und die Kammer zudem aufgrund der
vorstehend dargestellten Urkunden zweifelsfrei davon überzeugt ist, dass jede
Verkäuferin für jeden einzelnen Verkauf mindestens 15 % Verkäuferprovision an
I & C gezahlt hat.
141
Den Vermittlern fällt eine Täuschungshandlung zur Last. In diesem
Zusammenhang spielt es letztlich keine entscheidende Rolle, ob die Täuschung
in einem aktiven Tun (positive Falschangabe der Vermittlungskosten in dem
Objekt- und Finanzierungsvermittlungsauftrag) oder einem Unterlassen
(Verschweigen der im Kaufpreis einkalkulierten oder versteckten Provisionen)
liegt, denn die Vermittler traf eine Offenbarungspflicht.
142
Eine Aufklärungspflicht besteht immer dann, wenn es sich um besonders
wichtige Umstände handelt, die für den anderen Vertragsteil offensichtlich von
ausschlaggebender Bedeutung sind. Diese müssen ungefragt offenbart werden
(Palandt § 123 Rn. 5b). Dies gilt insbesondere für Tatsachen, die den
Vertragszweck erheblich gefährden. Dies ist jedenfalls dann der Fall, wenn sich
ein Makler – hier I & C – nicht nur von dem Käufer sondern auch von der
Verkäuferin Provisionen und zwar in einem weit über das übliche Maß
hinausgehende Umfang versprechen und bezahlen lässt, denn den von der
Verkäuferin in den Kaufpreis einkalkulierten Verkäuferprovisionen steht kein
entsprechender Ertrags- und/oder Sachwert gegenüber. Insbesondere bei einer
aus Immobilien bestehenden Vermögensanlage (eine Selbstnutzung der
Wohnung durch die Kläger war nicht vorgesehen) können sich aus der Existenz
und der Höhe von Innenprovisionen, die als solche nicht die Gegenleistung für
die Schaffung von Sachwerten darstellen, Rückschlüsse auf eine geringere
Werthaltigkeit des Objekts und der Rentabilität der Kapitalanlage ergeben (BGH
NJW 2004, 1732 (1734) = BGHZ 158, 110ff). Sie sind geeignet, den
wirtschaftlichen Sinn der Vermögensanlage in Zweifel zu ziehen (BGH III ZR
290/04).
143
Zwar ist eine Doppelmakelung, wie § 654 BGB zeigt, grundsätzlich zulässig
(BGH III ZR 318/02) sofern kein "institutionalisierter Interessenkonflikt" (BGH
NJW 1992, 2818, BGHZ 138, 170) vorliegt (Handelsvertreter). Ist dem Makler –
wie im vorliegenden Fall - die Doppeltätigkeit gestattet, so bleibt dennoch die
Grundpflicht des Maklers bestehen, für seinen (hier: seine) Auftraggeber treu
tätig zu werden. Es ist anerkannt, dass er auch bei einem Doppelauftrag nicht
den einen dadurch bevorzugen darf, dass er den Vorteil des anderen »schlecht
und gewissenlos« wahrnimmt, gar »Mittel, die gegen die guten Sitten
verstoßen«, anwendet (so RG JW 1913,641 = RG WarnRspr 1913 Nr. 288).
Auch bei einem erlaubten Doppel-Auftrag ist deshalb der Makler gehalten,
seinen Auftraggeber - hier also beide - über all das aufzuklären, was für dessen
Entschluss bestimmend sein kann und was er wissen muss, um sich vor
Schaden zu bewahren (RGZ 138, 94, 97; BGH Urt. v. 8. März 1956 - II ZR 73/55 -
, BB 1956, 733; BGHZ 48, 344; BGH III ZR 290/04 für einen Geschäftsbesorger).
Diese Pflicht zum Reden, die ihm gegenüber dem einen Auftraggeber obliegt,
geht der gegenüber dem anderen Teil bestehenden Pflicht vor, die von diesem
Teil ihm anvertrauten ungünstigen Umstände für sich zu behalten. Das
entspricht dem wohlverstandenen Interesse seiner beiden Auftraggeber. Jeder
von ihnen nimmt in Kauf, dass der Makler den Gegner über ungünstige
Umstände aufklärt, weil dem der Vorteil gegenübersteht, vom Makler auch das
zu erfahren, was dem Gegner ungünstig ist. Dennoch hat auch der Doppel-
Makler die Interessen seiner beiden Auftraggeber zu wahren, indem er sich
strenger Unparteilichkeit gegenüber beiden befleißigen muss, um ihnen in fairer
Weise zu dienen (BGHZ 48, 344 ff). Unerheblich ist, dass die Vermittler nicht die
Aufgabe hatten, die Rentierlichkeit der Kapitalanlage der Kläger zu überprüfen,
denn es geht hier um die Offenbarung von vorhandenen Kenntnissen der
Vermittler (BGH III ZR 290/04 für Geschäftsbesorger). Das oder die Gespräche
mit dem Vermittler waren die entscheidende Informationsquelle für die Kläger
und damit die maßgebliche Grundlage für ihre Anlageentscheidung. Sie sind
besonders schutzwürdig, weil ihnen eine nähere Prüfung der Werthaltigkeit bei
derart komplexen Anlageentscheidungen kaum möglich ist und nach dem
nächstliegenden Verständnis eines durchschnittlichen Erwerbers die
Vorstellung ausgeschlossen ist, in dem Gesamtaufwand könnten so
außergewöhnliche Gewinnspannen für den Verkäufer stecken, dass die
Rentabilität oder der Wert der Anlage von vorneherein in Frage gestellt sein
könnte (BGH III ZR 290/04).
144
Dieses Gebot haben I & C und deren Untervermittler verletzt. Sie haben von den
Verkäuferinnen Provisionen von mindestens 15 % erhalten und diese den
Klägern unstreitig nicht offenbart. Diese Provision übersteigt die ortübliche
Verkäuferprovision von 3,45 % bis maximal 5,75 % bei weitem und ist für die
Kaufentscheidung der Erwerber von erheblicher Bedeutung, weil sie als solche
nicht die Gegenleistung für die Schaffung von Sachwerten darstellt und
Rückschlüsse auf eine geringere Werthaltigkeit des Objekts und Rentabilität der
Kapitalanlage ermöglicht (BGH NJW 2004, 1732 (1734). Zudem besteht bei
einer so hohen Provision die nahe liegende Gefahr, die sich im vorliegenden
Fall auch verwirklicht hat, dass der Makler dass Vertrauen und die Interessen
der Käufer verletzt und sich allein von seinem Provisionsinteresse leiten lässt.
Deutliche Indizien für diese Interessenkollision sind das Besprechungsprotokoll
vom 28.3.1996 und die Feststellungen der Wirtschaftsprüfer im Gutachten von X.
Danach diente der Verkauf der Eigentumswohnungen überwiegend den
145
Umsatzinteressen der Beklagten, I & C sowie der Verkäuferin und nicht den
Interessen der Erwerber. Ihre Steuersparmöglichkeiten waren angesichts ihrer
verhältnismäßig geringen Einkommen stark eingeschränkt. Sie standen in
keinem vernünftigen Verhältnis zu ihrem verfügbaren Einkommen. Die
Steuersparmöglichkeiten dienten im Wesentlichen als Verkaufargument der
Vermittler. Von sich aus hatten die Erwerber dafür keinen Bedarf geäußert. Er
wurde ihnen in den Verkaufsgesprächen eingeredet.
Ohne Bedeutung ist, ob die Verkäuferin gegenüber den Klägern verpflichtet ist,
den Teil der Provision, den sie an I & C zahlt und in den Kaufpreis einkalkuliert
oder anders ausgedrückt versteckt (im Folgenden Innenprovision), zu
offenbaren, denn hier geht es um die Pflichten des Maklers, der nach Treu und
Glauben in viel weitergehendem Ausmaß die Interessen seines Auftraggebers
wahrnehmen muss als ein Verkäufer, der einen möglichst hohen Kaufpreis
erzielen will, und für jedermann erkennbar offensichtlich in erster Linie eigene
Interessen vertritt (im Ergebnis ebenso BGH III ZR 290/04).
146
Die bisherige Rechtsprechung des BGH zu den Aufklärungspflichten einer Bank
über gezahlte Innenprovisionen (BGH XI ZR 53/02 = NJW- RR 2004, 632) ist in
der vorliegenden Fallkonstellation - arglistige Täuschung über die Provisionen,
die insgesamt an die Maklerin insgesamt gezahlt werden – überholt, um dem
Verbraucherschutz und den Risiken der vorliegenden Vertriebsumstände
Rechnung zu tragen (BGH XI ZR 6/04 Rn. 50). Entscheidend für diese
Ausdehnung der Haftung der Beklagten ist, dass die Beklagte und I & C bewusst
und gewollt zusammengearbeitet haben, um Kleinanleger durch ausgeklügelte
Vertriebsmethoden zu veranlassen, mit erheblichen Vertriebskosten belastete
Eigentumswohnungen zu erwerben, für die sie nach ihren persönlichen und
wirtschaftlichen Verhältnissen keinen Bedarf hatten und von sich aus auch
keinen Bedarf geäußert haben (dies ergibt sich eindrucksvoll aus dem
Besprechungsprotokoll vom 28.3.1996). Wenn die Beklagten sich die
Vertriebsmethode zu Nutze machen (Neugeschäft mit Bausparverträgen und
Krediten, dies belegt die Notiz B2 vom 26.1.1990, X Anlage 4.1 Nr. 4), dann
müssen sie auch für sämtliche arglistige Täuschungen des Vertriebes nach §§
123 Abs. 2 BGB einstehen. Für den Fall einer arglistigen Täuschung kommt es
nicht darauf an, in welchem Pflichtenkreis der Anlagevermittler tätig wird (so jetzt
ausdrücklich BGH Urteile vom 10.7.2007 XI ZR 243/07, vom 17.10.2006 XI ZR
205/05 und vom 25.4.2006 XI ZR 106/05).
147
Es gibt keinen vernünftigen Grund und es ist deshalb ungerecht, dass ein
Kaufinteressent einer Immobilie oder eines Immobilienanteils im Rahmen eines
Steuerspar- oder Geldanlagemodells (Fondanteil oder Eigentumswohnung),
dem das Anlageobjekt von dem Vertreiber mittels eines Prospektes vorgestellt
wird (Hinweispflicht bei Innenprovisionen von mehr als 15% so BGH III ZR
359/02 und III ZR 218/06) anders behandelt werden soll als derjenige dem das
Objekt durch eine mündliche Beratung anhand eines Berechnungsbeispiels –
wie vorliegend – vorgestellt wird (keine ungefragte Hinweispflicht so BGH V ZR
66/06). Der in der Entscheidung des BGH vom 13.10.2006 (V ZR 66/06) für
diese Differenzierung genannte Grund, dass der Käufer einer Immobilie keinen
Anspruch auf den Erwerb zum Verkehrswert hat, gilt für jede Kapitalanlage
(Fondsanteil oder Eigentumswohnung) und jede Vertriebsform. Dass ein
Vermittler bei einem persönlichen Gespräch/Beratung über ihm bekannte
148
Innenprovisionen von mehr als 15% schweigen darf ein Prospekt über dieselbe
Tatsache hingegen ausdrücklich hinweisen muss, leuchtet nicht ein. Beide
Vertriebsmethoden dienen dem Zweck, den Kapitalanleger zum Erwerb der
Eigentumswohnung oder des Fondsanteils zu bewegen. Bei beiden
Vertriebsmethoden ist das Informationsdefizit des Kapitalanlegers identisch und
jeder Kapitalanleger ist gleich schutzwürdig. Bei einem persönlichen Gespräch
besteht zwar anders als bei einem anonymen Vertrieb durch einen Prospekt die
Möglichkeit Fragen zu stellen. Dieser Aspekt rechtfertigt aber keine
Ungleichbehandlung, weil nach dem nächstliegenden Verständnis eines
durchschnittlichen Erwerbers die Vorstellung ausgeschlossen ist, in dem
Gesamtaufwand könnten so außergewöhnliche Gewinnspannen für den
Verkäufer stecken, dass die Rentabilität oder der Wert der Anlage von
vorneherein in Frage gestellt sein könnte (BGH III ZR 290/04). Es fehlt somit ein
Anlass, dem Vermittler entsprechende Fragen zu stellen. Hinzu kommt, dass die
Kammer davon überzeugt ist, dass die vor Ort den Erwerbern gegenüber
auftretenden Abschlussvermittler bestrebt waren, die Innenprovisionen, die als
solche für jedermann (auch die Vermittler und Erwerber) erkennbar nicht die
Gegenleistung für die Schaffung von Sachwerten darstellen und Rückschlüsse
auf eine geringere Werthaltigkeit des Objekts und Rentabilität der Kapitalanlage
ermöglicht hätten (BGH NJW 2004, 1732 (1734), den "Erwerbern" gegenüber
nicht aufzudecken und keinen Argwohn oder Zweifel zu wecken (wegen der
Einzelheiten der Begründung wird auf die nachfolgende Begründung der Arglist
verwiesen). Gerade deshalb besteht nach dem Grundsatz von Treu und Glauben
die Verpflichtung, für die Entscheidung besonders wichtige Umstände (dazu
zählt eine Innenprovision von mehr als 15%, weil sie die Rentabilität oder der
Wert der Anlage von vorneherein in Frage gestellt sein könnte (BGH III ZR
290/04)) ungefragt zu offenbaren. Es geht hier letztlich um die Offenbarung von
vorhandenem Wissen der Vermittler, welches für die Entscheidung der
Kapitalanleger unabhängig von der Art der Kapitalanlage von
ausschlaggebender Bedeutung ist. Dieses Wissen darf ein redlicher Makler
nach dem Grundsatz von Treu und Glauben nicht zurückhalten zumal dem hier
betroffenen Personenkreis (geschäftsunerfahrene Kapitalanleger mit eher
kleinen, allenfalls mittleren Einkommen) eine nähere Prüfung der Werthaltigkeit
bei derart komplexen Anlageentscheidungen kaum möglich wenn nicht sogar
unmöglich ist.
Für eine Gleichbehandlung beider Vertriebsmethoden spricht schließlich auch
der Umstand, dass keine vernünftige Differenzierung der unterschiedlichen
Hinweispflichten möglich ist, wenn bei in einem persönlichen Gespräch ein
Prospekt, der keinen Hinweis auf die Innenprovisionen von mehr als 15%
enthält, ganz oder teilweise übergeben oder vorgelegt wird.
149
Die Vermittler (sowohl I & C als auch deren Untervermittler) handelten arglistig.
Arglist erfordert einen Täuschungswillen, der gegeben ist, wenn der Handelnde
die Unrichtigkeit seiner Angaben kennt und weiß, dass der andere Teil durch die
Täuschung zur Abgabe einer Willenserklärung bestimmt wird, das heißt dass
dieser bei wahrheitsgemäßer Erklärung nicht oder nur zu anderen Bedingungen
abgeschlossen hätte. Insoweit genügt bedingter Vorsatz, nämlich die
Vorstellung, die unrichtige Erklärung könne möglicherweise für die
Willensbildung des anderen Teils von Bedeutung sein (Palandt § 123 Rn. 11).
Diese Voraussetzungen liegen vor.
150
Die Vermittler kannten die von ihnen mit den Verkäuferinnen vereinbarten und
von den Verkäuferinnen an sie auch gezahlten Innenprovisionen. Sie handelten
auch mit Täuschungswillen.
151
Sämtliche Beteiligte, auch für die vor Ort den Erwerbern gegenüber auftretenden
Abschlussvermittler waren bestrebt, die gesamten Kaufnebenkosten, die
einschließlich Innenprovisionen mindestens 30 % des Kaufpreises betrugen und
die als solche für jedermann (auch die Vermittler und Erwerber) erkennbar nicht
die Gegenleistung für die Schaffung von Sachwerten darstellen und
Rückschlüsse auf eine geringere Werthaltigkeit des Objekts und Rentabilität der
Kapitalanlage ermöglicht hätten (BGH NJW 2004, 1732 (1734), den "Erwerbern"
gegenüber nicht aufzudecken. Allen gemein war das Wissen, dass bei
Aufdeckung der erheblichen, im Kaufpreis versteckten Innenprovisionen die
Erwerber möglicherweise vom Kauf abgehalten hätten werden können.
Diesbezüglichen Argwohn gerade angesichts des potentiellen Erwerberklientels
(nicht geschäftserfahrene Kapitalanleger mit eher kleinen, allenfalls mittleren
Einkommen) nicht entstehen zu lassen, war ersichtlich Motivation der scheinbar
vollständigen Offenlegung aller "weichen Kosten", die an Notar und die I & C
Gruppe zu zahlen waren. Insoweit greift auch der mögliche Einwand nicht,
offengelegt seien nur die "vom Erwerber unmittelbar selbst" zu zahlenden
Provisionen. Nach Überzeugung des Gerichts belegt die gesamte Gestaltung
des Vertriebes der Eigentumswohnungen ("I & C verkauft alles wie z.B. Emden
und Nordenham, weil auch für solche Objekte der Markt geschaffen wird" Zitat
aus dem Ergebnisprotokoll der Besprechung vom 28.3.1996) und die Art und
Weise der Finanzierung (Vollfinanzierung des Kaufpreises und aller Kosten,
geringe Anfangsbelastung, die Erwerber mussten nur die ihnen vorgelegten
Formulare unterschreiben und sich in keiner Weise aktiv um die Finanzierung
kümmern), dass es allen Beteiligten (Vermittler, Verkäufer, Beklagte) ohne
Rücksichtnahme auf die Interesses der Erwerber allein darauf ankam, ihre
Umsatzinteressen durchzusetzen und keinerlei Argwohn oder Zweifel bei den
Erwerbern zu wecken. Belegt wird diese Feststellung zudem durch folgende
Urkunden und Indizien:
152
1.
153
Notiz B2 vom 26.1.1990 (X Anlage 4.1 Nr. 4)
154
Darin heißt es unter anderem wie folgt:
155
"
Was die Frage der Provisionen angeht, machte ich Herrn I2 darauf
aufmerksam, dass diese ja nicht den Deckungskostenbetrag der B
schmälern und er daher dieser Frage nicht mit solchem Nachdruck
nachsetzen sollte
mit 30 % beteiligen mussten, von unserer Vorarbeit abgesehen, wenn wir dann
"nur gerecht" bedient würden. Ich ... äußerte aber meine Erwartung, dass wir
etwas gerechter als gerecht behandelt werden sollten. Ich sähe mich
zunehmend kritischer Fragen nach dem Sinn des B -Engagements gegenüber,
so dass ich sehr dafür wäre,
wenn die Herren I & C Volumen bekommen
könnten, da dies die einzige Schiene sei, über die wir überhaupt etwas von
156
der B hätten
..."
2.
157
Ergebnisprotokoll B2 vom 9.4.1996 über die Besprechung vom 28.3.1996 (X
Anlage 4.2 Nr. 5)
158
Darin heiß es unter anderem wie folgt:
159
"Er (B2) stellt klar, dass die B hervorragende Produkte liefert, die I & C Gruppe
erstklassig vertreibt und einen ausgefeilten Service für die Kunden auch in der
Zeit nach Durchführung des Kaufes bietet. Was ganz besonders aus der Sicht
des Finanzierers wichtig ist, ist die Tatsache, dass man sich stets mit
besonderem Engagement um Störfälle kümmert. Von den inzwischen rd. 4.400
durch die C4 finanzierten Wohnungen sind kaum welche in eine
Zwangsversteigerung geraten und wenn, habe die Gruppe die Wohnungen unter
Inkaufnahme finanzieller Einbußen übernommen.
Es läge im allseitigen
Interesse, über Abwicklungen zu verfügen, die keinerlei "Rauch" in der
Öffentlichkeit aufsteigen ließen.
160
Er hebt weiter hervor, dass sowohl die I & C Gruppe als auch die B
wechselseitig stets voneinander profitieren, was auch so bleiben soll. Dies liegt
ganz besonders auch im Interesse der C4, deren Beteiligung an der B nur dann
dem Bausparkassengesetz entspricht, wenn sie aus dieser Verbindung Nutzen
für das Bausparerkollektiv in Form von Neugeschäft ziehen kann.
161
.......
162
Um die direkte Vergleichbarkeit zu gewährleisten, stellt die M der C2 exakt 20 %
zur Verfügung, woraus die direkt dem Vertrieb zuzuordnenden Kosten finanziert
werden.
163
......
164
Zu dem immer wieder angesprochenen Thema der Abgabepreise führt Herr U
aus, dass I & C freilich den maximalen Preis anstrebe. Die B muss aber als
Kaufmann den Marktpreis ausloten und ihren Abgabepreis danach ausrichten.
Bekommt die Fa. I & C aber höhere Preise, so muss man bei B annehmen, man
habe sich verschätzt, oder "sie nehmen dem Kunden zuviel ab". Wir kalkulieren
für die B ein möglichst großes Stück aus dem Kuchen.
165
Nach langer Diskussion merkt Herr I an, dass die B I & C nicht verstehen kann
und erinnert daran, dass der Markt für die Immobilien zu dem von I & C
geforderten Preis ohnehin nicht vorhanden ist sondern erst im
Beratungsgespräch gemacht werden muss.
166
....
167
Die Herren U und E erkennen den Wunsch auf eine Mehrerlösabrede an. Sie
168
meinen aber, dass mit der
30 %igen Gesamtbelastung der Wohnungen mit
Weichkosten die Schallgrenze erreicht
darunter. ......"
Unerheblich ist, das diese Besprechung erst im Jahr 1996 stattfand, denn aus
dem Ergebnisprotokoll ergibt sich zweifelsfrei, dass es um eine bereits
bestehende und keine neue Art und Weise der Zusammenarbeit geht. Belegt
wird dies auch durch die unter Nr. 1 zitierte Notiz B2. Unerheblich ist auch, dass
diese Urkunden nicht unmittelbar die streitgegenständlichen Vertagschlüsse
betreffen, denn daraus ergibt sich deutlich die allgemeine Geschäftspraxis von I
& C insbesondere deren Egoismus und Gewissenlosigkeit.
169
Festzuhalten bleibt damit zunächst, dass den Vermittlern eine arglistige
Täuschung der Kläger zu Last fällt.
170
Die Anlagevermittler und I & C waren für die Beklagten wegen der
Zusammenarbeit in institutionalisierter Art und Weise (dazu später) auch keine
Dritte nach § 123 Abs. 2 BGB.
171
Wissensvorsprung
172
Die eine eigene Aufklärungspflicht auslösende Kenntnis der Bank von einer
solchen arglistigen Täuschung wird widerleglich vermutet, wenn Verkäufer,
Fondsinitiatoren oder die von ihnen beauftragten Vermittler und die Bank in
institutionalisierter Art und Weise zusammenwirken, die Finanzierung der
Kapitalanlage vom Verkäufer oder Vermittler angeboten wurden und die
Unrichtigkeit der Angaben nach den Umständen des Falls evident ist, so dass
sich aufdrängt, die Bank habe sich der Kenntnis der arglistigen Täuschung
geradezu verschlossen (BGH XI ZR 6/04 Rn 52).
173
Erforderlich ist zunächst, dass zwischen den Verkäufern, den von ihren
beauftragten Vermittlern und der finanzierenden Bank ständige
Geschäftsbeziehungen bestanden. Diese können etwa in Form einer
Vertriebsvereinbarung, eines Rahmenvertrages oder konkreter
Vertriebsabsprachen bestanden haben, oder sich daraus ergeben, dass von den
eingeschalteten Vermittlern - von der Bank unbeanstandet – Formulare des
Kreditgebers benutzt wurden, oder daraus, dass die Vermittler dem
finanzierenden Institut wiederholt Finanzierungen von Eigentumswohnungen
desselben Objekts vermittelt haben (BGH XI ZR 6/04 Rn. 53). Diese
Voraussetzungen liegen vor. Zwischen den Beklagten, B und I & C bestand
unstreitig seit 1990 eine ständige Geschäftsbeziehung und ein gemeinsames
Vertriebskonzept (BGH XI ZR 6/04 Rn. 59). Dies ergibt sich auch aus dem
Gutachten X insbesondere der Anlage 4.1 Nr. 4. Die Beklagten finanzierten
unstreitig den Erwerb zahlreicher Eigentumswohnungen in einem Objekt. Allein
vor dieser Kammer sind mehr als 200 Verfahren rechtshängig gewesen. Die
Gesamtzahl überschreitet 5000.
174
Dass die Finanzierung der Kapitalanlage vom Vermittler angeboten wurde ist
dann anzunehmen, wenn der Kreditvertrag nicht aufgrund eigener Initiative des
Kreditnehmers zustande kommt, der von sich aus eine Bank zur Finanzierung
seines Erwerbgeschäftes aussucht, sondern deshalb, weil der
175
seines Erwerbgeschäftes aussucht, sondern deshalb, weil der
Vertriebsbeauftragte dem Interessenten im Zusammenhang mit den Anlage-
oder Verkaufunterlagen einen Kreditantrag des Finanzierungsinstitutes
vorgelegt hat, das sich zuvor dem Verkäufer gegenüber zur Finanzierung bereit
erklärt hatte (BGH XI ZR 6/04 Rn. 54). Dies war vorliegend der Fall. Sämtliche
Verträge wurden durch I & C und deren Untervermittler angebahnt. Der
Vermittler legte den Klägern das Darlehensantrags- und die
Bausparantragsformulare der Beklagten vor (Darlehens- und Bausparanträge
Anlagen A3 und B19 (Muster)). Einen persönlichen Kontakt zwischen den
Parteien gab es nicht. Von den Klägern ging keinerlei Initiative aus. Die Art und
Weise der Finanzierung durch die Beklagten war vorab zwischen I & C, der
Verkäuferin und der Beklagten zu 1 abgesprochen.
176
Von einer evidenten Unrichtigkeit der Angaben der Vermittler ist dann
auszugehen, wenn sie sich objektiv als grob falsch dargestellt haben, so dass
sich aufdrängt, die kreditgebende Bank habe sich der Kenntnis der Unrichtigkeit
und der arglistigen Täuschung geradezu verschlossen (BGH XI ZR 6/04 Rn. 55).
Auch dies ist vorliegend der Fall.
177
Dahinstehen kann in diesem Zusammenhang die unsubstantiierte und im
Hinblick auf die oben zitierten Urkunden zumindest schwer nachvollziehbare
Behauptung der Beklagten, ihnen (wem genau?) sei zum Zeitpunkt des
Vertragsschlusses nicht bekannt gewesen, ob und in welcher Höhe für
Vermittlung des konkreten von der Klägerseite erworbenen Immobilienobjektes
eine Verkaufprovision – kaufpreiserhöhend – bezahlt worden sei, weil ihnen
(wem genau?) die zwischen I & C und den Verkäuferinnen geschlossenen
Vertriebsvereinbarungen nicht bekannt gewesen seien. Es fehlt jeglicher
konkreter Vortrag zur Organisation des internen Ablaufes und
Informationsaustausches und dazu, welcher Mitarbeiter der Beklagten an der
Vorbereitung und dem Abschluss der Darlehensverträge im Allgemeinen und im
streitgegenständlichen Fall beteiligt war und welche Kenntnisse jeder von ihnen
hatte. Auf ihren unsubstantiierten Vortrag sind die Beklagten in zahlreichen
Parallelverfahren ausdrücklich hingewiesen worden. Die Beklagten müssen sich
die Kenntnisse ihrer Hilfspersonen auch der selbständigen Vermittler,
entsprechend § 166 Abs. 1 BGB zurechnen lassen (BGH NJW 2004 S. 2156,
NJW 1992, S. 899; Palandt § 166 Rn. 6, 6a, 8). Selbst wenn entgegen der
vorgenannte Gründe zugunsten der Beklagten unterstellt wird, dass ihr Vortrag
hinreichend substantiiert ist und aus welchen Gründen auch immer eine
Kenntniszurechnung ausscheidet, ist davon auszugehen, dass den Beklagten
die von den Verkäuferinnen gezahlten Provisionen und das Verschweigen
derselben bekannt war.
178
Wenn den Beklagten diese Umstände nicht bekannt gewesen sein sollten, dann
haben sie sich der Kenntnis geradezu verschlossen, weil sie die erheblichen, in
den Kaufpreis einkalkulierten und den Erwerbern unstreitig nicht aufgedeckten
Innenprovisionen nicht übersehen konnten. Aus der Notiz B2 vom 26.1.1990 (X
Anlage 4.1 Nr. 4) ergibt sich zweifelsfrei, dass B2 wusste, dass I & C erhebliche
und nicht die üblichen Provisionen verlangten und erhielten, die auf den
"Deckungskostenbeitrag" der Verkäuferin aufgeschlagen wurden. Dafür spricht
auch die oben zitierte Aussage des Zeugen I2 vom 30.1.2007. Aus dem
179
Ergebnisprotokoll über die Besprechung vom 28.3.1996 (X Anlage 4.2 Nr. 5)
ergibt sich, dass im Beisein von B2 über Verkäuferprovisionen für I & C von 20
% (M) oder 30 % "Weichkosten" der Wohnungen der B gesprochen wurde und
dies eine bereits bestehende und keine neue Art und Weise der
Zusammenarbeit betraf. Eine Frage hätte genügt, und B2 hätte genau gewusst,
welche Provisionen gezahlt werden. Anhaltspunkte und Gelegenheiten, konkret
nachzufragen, gab es nach den oben dargestellten Urkunden genug.
180
Da sich die Beklagten der Kenntnis zumindest geradezu verschlossen haben
(die Beklagte zu 2 muss sich nach § 166 Abs. 1 BGB die Kenntnis der Beklagten
zu 1 zurechnen lassen, weil die Beklagte zu 1 rechtsgeschäftliche Vertreterin der
Beklagten zu 2 war), müssen sie sich nach dem Grundsatz von Treu und
Glauben (der Strukturvertrieb erfolgte mit Wissen und Wollen und auch im
Umsatzinteresse der Beklagten), im Interesse der Effektivierung des
Verbraucherschutzes bei realkreditfinanzierten Wohnungskäufen, die nicht als
verbundene Geschäfte behandelt werden können und um dem in den
Entscheidungen des EuGH vom 25.10.2005 (C-350/03 und C-229/04) zum
Ausdruck kommenden Gedanken des Verbraucherschutzes vor den Risiken von
Kapitalanlagemodellen Rechnung zu tragen (BGH XI ZR 6/04 Rn. 50) auch so
behandeln lassen, wie bei positiver Kenntnis (vgl. dazu auch BGH NJW 1999,
423, 2000, 952 und 2001, 1721).
181
Die zahlreichen weiteren Pflichtverletzungen, die die Kläger den Beklagten
vorwerfen, können damit dahinstehen.
182
Schaden
183
Welcher Schaden unter dem Gesichtspunkt des Verschuldens bei
Vertragsschluss erstattungsfähig ist, richtet sich angesichts der Vielgestaltigkeit,
in der eine Verletzung vorvertraglicher Pflichten in Betracht kommen kann, nach
der Ursächlichkeit des schadensstiftenden Verhaltens für den eingetretenen
Schaden im Einzelfall. Da die Grundlage eines solchen
Schadensersatzanspruchs enttäuschtes Vertrauen ist, geht er in der Regel auf
Ersatz des sog. negativen Interesses; d.h. der Geschädigte ist so zu stellen, wie
er ohne das schadensstiftende Verhalten des anderen Teils stehen würde (BGH
Urteil vom 16.5.2006 XI ZR 6/04 Rn. 61, BGH, NJW-RR 1997, 144, NJW 1981,
2050 = WM 1981, 689 (690) m.w.Nachw. Palandt § 311 Rn. 24, 42, 57). Steht
fest, dass die benachteiligte Partei im Falle pflichtgemäßer Aufklärung einen für
sie ungünstigen Vertrag nicht abgeschlossen hätte, so kann sie
Rückgängigmachung des Vertrags verlangen (BGH WM 1982, 960f.). Der durch
die Pflichtverletzung verursachte Schaden liegt dann in der Eingehung des für
sie nachteiligen Vertrags. Bereits der Eingriff in die persönliche
Entscheidungsfreiheit begründet den Anspruch auf Rückgängigmachung des
Vertrages (BGH NJW 2005, 2450)
184
Die Beweislast obliegt in diesem Zusammenhang den Beklagten. Wer
vertragliche oder vorvertragliche Aufklärungspflichten verletzt ist beweispflichtig
dafür, dass der Schaden auch bei pflichtgemäßem Verhalten entstanden wäre,
denn es besteht eine Vermutung, dass sich der Geschädigte aufklärungsrichtig
185
verhalten hätte (Palandt § 280 Rn. 39). Die Kläger behaupten, sie hätten den
Kaufvertrag und damit auch die Finanzierungsverträge nicht abgeschlossen,
wenn sie zutreffend aufgeklärt worden wären.
Die Beklagte haben keine Tatsachen vorgetragen und unter Beweis gestellt,
dass dies unzutreffend ist. Sie sind mit Beschluss vom 27.10.2006 auf ihre
Darlegungslast hingewiesen worden.
186
Festzuhalten bleibt damit, dass die Kläger gegen die Beklagten wegen eines
Verschuldens bei Vertragsschluss einen Anspruch auf Rückgängigmachung des
Darlehensvertrages haben.
187
II.
188
Der Klageantrag zu 1
begründet.
189
Die Kläger haben nach der unter I. dargelegten Rechtslage dem Grunde nach
einen Anspruch auf Rückgängigmachung des Darlehensvertrages, mithin
Rückzahlung ihrer Leistungen.
190
Der Vortrag der Kläger zu ihren Zahlungen an die Beklagten ist teilweise
unsubstantiiert (555,56 € x 106 Monate (November 1995 bis September 2004) =
58.889,36 €) und teilweise (37.947,11 (Einzelheiten Blatt 845, 846, 849 bis 863)
substantiiert bestritten (nicht mehr als 10.405,70 € gezahlt (Blatt 961, 962)) und
nicht unter Beweis gestellt.
191
Der streitige und nicht unter Beweis gestellte Vortrag der Kläger, sie hätten
"Darlehenszinsen" in Höhe von 555,56 € x 106 Monate (November 1995 bis
September 2004) = 58.889,36 € gezahlt (Blatt 157) ist evident ins Blaue hinein
aufgestellt und falsch. Er sollte die Beklagten lediglich zur sehr umfangreichen,
zeit- und arbeitsaufwendigen Darstellung aller Zahlungen der Kläger
veranlassen, wozu sie nicht verpflichtet sind (Zöller § 138 Rn 8). Der von den
Klägern behauptete monatliche Betrag übersteigt die vereinbarten Zinsen
(913,75 DM = 467,75 €). Er lässt sich auch nicht durch eine Addition mit den
monatlichen Sparraten erklären, weil diese nicht gleich blieben sondern
anstiegen, die Bausparleistungen Gegenstand des Antrages zu 5 sind und die
Addition nicht den streitgegenständlichen Betrag ergibt. Hinzu kommt, dass
unstreitig Zahlungen – in welcher Höhe auch immer - aufgrund der Vereinbarung
über die Mietverwaltung (im Folgenden Mietpool) erfolgt sind und die Kläger
deshalb auch nicht den vollen Betrag in Höhe von 467,75 € an die Beklagten
gezahlt haben. Die von dem Mietpool an die Beklagten gezahlten Beträge sind
nicht ersatzfähig (Palandt § 311 Rn. 57), weil es sich insoweit um den Gewinn
aus der Durchführung des Kaufvertrages handelt, die Kläger aber so zu stellen
sind, als wenn der Vertrag nicht zustande gekommen wäre. Der Vortrag der
Kläger ist auch nicht in Einklang zu bringen mit dem Vortrag im Vorprozess
wonach die Kläger ihren Zahlungsverpflichtungen nicht mehr nachkamen und
die Beklagte zu 1 wegen Zahlungsverzuges den Darlehensvertrag kündigte.
192
Aus den von den Klägern vorgelegten Kontoauszügen (Anlagen Z1 bis Z14 Blatt
849 bis 863) ergeben sich nicht mehr als die von den Beklagten behaupteten
193
Zahlungen in Höhe von 10.405,70 €. Die Kläger addieren im Schriftsatz vom
19.12.2007 (Blatt 845 und 855) nur die in den Kontoauszügen zum Soll
gestellten – nicht ersatzfähigen - Darlehenszinsen und nicht ihre viel geringeren
– ersatzfähigen - Zahlungen.
Die Kläger haben ausweislich der Zeile 30/30a der von ihnen vorgelegten
Mietpoolabrechnungen (Anlagen Z16 bis Z20 Blatt 868 bis 877) folgende
Ausschüttungen erhalten:
194
1999: (Blatt 869) 3.228,23 DM = 1.650,57 €
195
2000: (Blatt 871) 1.560,77 DM = 798,01 €
196
2001: (Blatt 873) 2.092,39 DM = 1.069,82 €
197
2002: (Blatt 875) 1.451,72 €
198
2003: (Blatt 877) 811,40 €
199
Summe: 5.781,52 €
200
Diese Mietpoolausschüttungen sind anspruchsmindernd zu berücksichtigen,
weil
201
1. die Kläger in dem Zeitraum, in dem die Mietpoolverwalterin direkt an die
Beklagten zahlte, nur die Differenz zwischen der Mietpoolausschüttung und den
vereinbarten Zinsen an die Beklagten zahlten (dies ergibt sich sowohl aus dem
Vortrag des Klägers Blatt 32 der Klage als auch aus dem Besuchsbericht D3
Blatt 310) und
202
2. die Kläger die Mietpoolausschüttungen im Wege der Vorteilsausgleichung
(Palandt Vor § 249 Rn. 119 ff) vollständig herauszugeben haben. Nach den
Grundsätzen der Vorteilsausgleichung ist eine Minderung des Schadens dann
zu berücksichtigen, wenn sie in einem adäquat-ursächlichen Zusammenhang zu
dem schädigenden Ereignis steht und außerdem die Anrechnung dem Zweck
des Schadensersatzes entspricht und weder den Geschädigten unzumutbar
belastet noch den Schädiger unbillig entlastet (vgl. BGHZ 74, 103 [113f.] = NJW
1979, 1449; BGHZ 109, 380 [392] = NJW 1990, 1038). Dies ist vorliegend der
Fall, denn zwischen dem schädigenden Ereignis, nämlich der Verletzung der
Aufklärungspflicht und dem dadurch verursachten Abschluss aller
streitgegenständlichen Verträge und dem Vorteil, nämlich den Mieteinnahmen
besteht ein innerer Zusammenhang, denn die Kläger hätten keinerlei
Mietausschüttungen erhalten, wenn sie alle streitgegenständlichen Verträge
nicht geschlossen hätten. Auf die von dem Mietpool sowohl an die Beklagten als
auch an die Kläger gezahlten Beträge hatten die Kläger keinen Anspruch, weil
es sich insoweit um den Gewinn aus der Durchführung des Kaufvertrages
handelt, die Kläger aber so zu stellen sind, als wenn dieser Vertrag nicht
zustande gekommen wäre (Palandt § 311 Rn. 57). Die Vorteilsausgleichung
entspricht damit auch der Billigkeit.
203
Zugunsten der Kläger ergibt sich damit ein Betrag in Höhe von 10.405,70 €
204
(Zahlungen) - 5.781,52 € (Mietpoolausschüttungen) = 4.624,18 €
Dieser Betrag vermindert sich zudem um die Steuervorteile der Kläger. Auch die
Anrechnung von Steuervorteilen richtet sich nach den vorgenannten
Grundsätzen der Vorteilsausgleichung (BGH III ZR 350/04 = NJW 2006, 499
m.w.N., Palandt Vor § 249 Rn 144). Zu den auf den Schadensersatzanspruch
eines Geschädigten anzurechnenden Vorteilen gehören grundsätzlich auch
Steuern, die der Geschädigte infolge der Schädigung beispielsweise durch
Verlustzuweisungen erspart hat (BGH III ZR 350/04 XI ZR 17/06).
205
Zwar ist bei der Betrachtung möglicher Steuervorteile auch zu beachten, ob dem
Geschädigten aus der Zuerkennung des Schadensersatzanspruchs und dessen
Gestaltung steuerliche Nachteile erwachsen, sei es durch eine Nachforderung
des Finanzamts (vgl. BGHZ 53, 132 [134ff.] = NJW 1970, 461), sei es durch eine
Besteuerung der Schadensersatzleistung (vgl. BGHZ 74, 103 [114ff.] = NJW
1979, 1449) oder der gegebenenfalls - so auch im Streitfall - Zug um Zug gegen
die Schadensersatzleistung vorgesehenen Übertragung der Kapitalanlage (vgl.
BGH, VersR 1990, 95 [96]; Loritz/Wagner, ZfIR 2003, 753 [761]). Dazu haben die
Kläger keine konkreten Tatsachen vorgetragen. Zukünftige Schäden, die durch
die Rückübertragung der streitgegenständlichen Eigentumswohnung entstehen
sind zudem Gegenstand des begründeten Klageantrages zu 6.
206
Die Steuervorteile der Kläger belaufen sich nach dem Vortrag der Beklagten
(Anlage D119 zum Schriftsatz vom 31.1.2008), dem die Kläger nicht konkret
entgegengetreten sind, auf 4.282,00 €
207
Der ersatzfähige Schaden beläuft sich somit auf 10.405,70 € (Zahlungen) -
5.781,52 € (Mietpoolausschüttungen) = 4.624,18 € - 4.282,00 € (Steuervorteile) =
342,18 €.
208
Der Zinsanspruch ergibt sich aus § 286, 288 BGB. Verzug ist erst mit dem
Zugang des Schriftsatzes vom 19.12.2007 (erste konkrete Schadensberechnung
durch die Kläger) eingetreten, denn ein Gläubiger kann aus einer Mahnung
keine Rechte herleiten, wenn er – wie vorliegend – eine weit übersetzte
Forderung geltend macht, insbesondere dann nicht, wenn der Schuldner die
wirklich geschuldete Leistung nicht zuverlässig feststellen kann (Palandt § 286
Rn. 20).
209
Der Klageantrag zu 2
die Beklagte zu 1) ist nicht begründet, weil der Beklagten zu 2 nach der
unstreitigen Abtretung sämtlicher Ansprüche aus dem Darlehensvertrag an die
Beklagte zu 2 (Anlage R15) keinerlei Ansprüche gegen die Kläger mehr
zustehen worauf die Kläger mit Beschluss vom 26.10.2006 ausdrücklich
hingewiesen worden sind.
210
211
Der Klageantrag zu 3
aus dem Darlehensvertrag zustehen) ist zulässig und begründet.
212
Die Zulässigkeit ergibt sich aus § 256 ZPO (Zöller § 256 Rn 7, 14a), denn das
213
Rechtsverhältnis ist streitig. Die Beklagte zu 1 berühmt sich eines
Darlehensrückzahlungsanspruches aus abgetretenem Recht.
Der Antrag ist begründet, weil die Kläger nach dem Oben zu I. Gesagten einen
Schadensersatzanspruch auf Rückabwicklung des Vertrages haben, den sie
ihrer Inanspruchnahme entgegenhalten können (BGH XI ZR 6/04 Rn. 61).
214
Der Klageantrag zu 4
begründet.
215
Das Feststellungsinteresse ergibt sich aus § 756 ZPO (Zöller § 256 Rn. 2, § 756
Rn. 9). Der Antrag ist nach §§ 295, 298 BGB begründet, weil die Kläger nach
dem oben zu I Gesagten einen Anspruch auf Rückabwicklung des
Darlehensvertrages haben und die Beklagten die von ihnen geschuldeten
Leistungen verweigern.
216
Der Klageantrag zu 5
unzulässig. Die Stufenklage und damit die einstweilige Befreiung von der
Bezifferungspflicht des § 253 Abs. 2 ist nur zulässig, wo die Auskunft der
Bestimmung des Leistungsanspruchs und nicht der Beschaffung von
Informationen zu seiner Durchsetzung dient (Zöller § 254 R. 2). Die Kläger
kennen die von ihnen an die Beklagte zu 1 geleisteten Zahlungen und wollen
die Beklagte zu 1 mit der Stufenklage lediglich zur sehr umfangreichen, zeit- und
arbeitsaufwendigen Darstellung ihrer Zahlungen veranlassen, wozu sie nicht
verpflichtet ist (Zöller § 138 Rn 8).
217
Der Antrag ist auch nicht begründet, weil die Kläger ihren streitigen Schaden
nicht dargelegt und unter Beweis gestellt haben. Es gilt insoweit das zu dem
Klageantrag zu 1 Gesagte entsprechend.
218
Der Klageantrag zu 6
begründet. Die Kläger haben nach dem oben zu I Gesagten einen
Schadensersatzanspruch auf Rückabwicklung. Sie können den Schaden, der
Gegenstand dieses Antrages nicht beziffern, weil die Höhe nicht feststeht, so
dass eine vorrangige Leistungsklage ausscheidet (Zöller § 256 Rn. 7a).
219
Über den hilfsweise gestellten
Klageantrag zu 7
Differenzschadens sowie Neuberechnung und die sich daraus ergebende
teilweise Rückzahlung der gezahlten Zinsen) war nicht zu entscheiden, weil die
Kläger nach dem Oben zu I Gesagten dem Grunde nach einen weitergehenden
Schadensersatzanspruch auf Rückabwicklung der Verträge haben und die
Hilfsanträge nur für den Fall gestellt worden sind, dass dieser Anspruch nicht
besteht.
220
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 ZPO und berücksichtigt das jeweilige
Unterliegen der Parteien. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit
folgt aus § 709 ZPO.
221
Der Streitwert in Höhe von 165.418,47 € berechnet sich wie folgt:
222
Klageantrag zu 1 (Nennwert): 58.889,36 €
223
Klageantrag zu 2 und zu 3 (Nettokreditbetrag, da beide Anträge wirtschaftlich
identisch sind): 86.919,62 €
224
Klageantrag zu 4: 1.000,00 €
225
Klageantrag zu 5 (Blatt 4): 9.917,53 €
226
Klageantrag zu 6 (1/10 des Nettokreditbetrages): 8.691,96 €
227
Klageantrag zu 7: Es gilt § 45 Abs. 1 S. 2 GKG
228