Urteil des LAG Köln vom 12.06.2002

LArbG Köln: wiederaufnahme des verfahrens, zwangsvollstreckung, sicherheitsleistung, arbeitsgericht, ausnahme, rechtswissenschaft, rechtspflege, datum, arbeitsrecht

Landesarbeitsgericht Köln, 4 Sa 480/02
Datum:
12.06.2002
Gericht:
Landesarbeitsgericht Köln
Spruchkörper:
4. Kammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
4 Sa 480/02
Vorinstanz:
Arbeitsgericht Köln, 10 Ca 2851/01
Normen:
§ 62 I ArbGG; § 769 ZPO
Sachgebiet:
Rechtspflege und Gerichtsverfahrensrecht Arbeitsrecht
Leitsätze:
Auf § 769 ZPO ist § 62 I ArbGG entsprechend anzuwenden.
Tenor:
Der Antrag der Klägerin, die Zwangsvollstreckung aus dem Urteil des
Arbeitsgerichts Köln vom 24.10.2001 - 10 Ca 2851/01 - sowie aus dem
Prozessvergleich vom 08.11.2000 - 10 Ca 5403/01 - einstweilen bis zur
Entscheidung über die vorliegende Berufung ohne, hilfsweise gegen
Sicherheitsleistung unter Einrechnung des bereits beim Arbeitsgericht
Köln 68 HL 43/01 hinterlegten Betrages einzustellen, wird
zurückgewiesen.
G r ü n d e :
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1. Für das arbeitsgerichtliche Verfahren ist in § 62 Abs. 1 Satz 3 ArbGG bestimmt,
dass die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung nach § 719 ZPO nur
dann bewilligt werden kann, wenn der Schuldner glaubhaft macht, dass die
Vollstreckung ihm einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde. Ein solcher
nicht zu ersetzender Nachteil ist weder dargetan noch glaubhaft gemacht. Die
Zwangsvollstreckung aus dem angefochtenen Urteil konnte daher nicht eingestellt
werden.
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1. Aus dem gleichen Grunde war der Antrag auch zurückzuweisen, soweit er auf §
769 ZPO gestützt ist. In der Rechtssprechung und der Rechtswissenschaft ist
umstritten, ob § 62 Abs. 1 ArbGG auch auf den Fall des § 769 ZPO anzuwenden
ist. Die 3. Kammer des erkennenden Gerichts hat dieses sowohl in dem Beschluss
vom 16.06.1983 - 3 Ta 86/83 - (DB 1983, 1827 - Leitsatz) als auch in dem
Beschwerdeverfahren 3 Ta 91/01 zum vorliegenden Verfahren bejaht. Die
erkennende Kammer folgt dem nicht. Sie teilt die - im übrigen vom
Prozessbevollmächtigten der Klägerin in erster Instanz unter Berufung auf Grunsky
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selbst geteilte - Auffassung, dass § 62 Abs. 1 ArbGG auch auf den Fall des § 769
ZPO anwendbar ist (ebenso LAG Hamburg 14.07.1981 - 1 Ta 8/81 - ARST 1983,
16; LAG Berlin 28.04.1986 - 9 Ta 5/86 - MDR 1986, 787; LAG Bremen 24.06.1996
- 2 Ta 28/96 - LAGE § 2 ArbGG 1979 Nr. 2; Grunsky § 62 ArbGG Rdn. 8 -
Nachweise zur Gegenmeinung bei Germelmann/Matthes/Prütting § 62 Rdn. 38).
Denn die Bestimmung des § 62 Abs. 1 stellt eine besondere Regelung für das
Arbeitsgerichtsverfahren dar. Wenn die Einstellung der Zwangsvollstreckung aus
noch nicht rechtskräftigen Urteilen des Arbeitsgerichts oder des
Landesarbeitsgerichts nur unter den erschwerten Voraussetzungen des § 62 Abs.
1 Satz 2 und 3 zulässig und eine Einstellung gegen Sicherheitsleistung nicht
statthaft sein soll, so zeigt der Hinweis auf § 707 Abs. 1 ZPO (Wiederaufnahme
des Verfahrens), dass diese Rechtsgrundsätze nicht nur für vorläufig
vollstreckbare, sondern auch für rechtskräftige Urteile gelten sollen. Dazu muss
auch ein Erst-recht-Schluss führen. Es gibt keinen Grund dafür, die Einstellung der
Zwangsvollstreckung aus einem rechtskräftigen Urteil unter leichteren
Voraussetzungen zu ermöglichen als aus einem vorläufig vollstreckbaren. Das
muss auch für wirksame gerichtliche Vergleiche als Zwangsvollstreckungstitel
gelten. Diese haben einem rechtskräftigen Urteil ähnlich verfahrensabschließende
Wirkung. Gerade im Arbeitsgerichtsverfahren ist ihnen besondere Bedeutung
hinsichtlich des Befriedigungseffekts zugemessen worden (vgl. LAG Hamburg
a.a.O.). Der zu einer analogen Anwendung des § 62 Abs. 1 führende Erst-recht-
Schluss gilt auch hier.
1. Trotz des dargestellten, klärungsbedürftigen Meinungsstreits um die
Anwendbarkeit des § 62 Abs. 1 ArbGG konnte die Rechtsbeschwerde nach § 574
Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. Abs. 3 ZPO n.F. nicht zugelassen werden. Denn für das
vorliegende Berufungsverfahren gilt gem. § 26 Nr. 5 die EGZPO noch das alte
Recht. Die letzte mündliche Verhandlung im erstinstanzlichen Verfahren ist vor
dem Januar 2002 geschlossen worden. Das Einstellungsverfahren ist Teil des
Berufungsverfahrens. Eine Ausnahme für Beschlüsse im Rahmen des § 769 ZPO
ist in § 26 EGZPO nicht vorgesehen.
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Danach gilt im vorliegenden Falle noch § 70 ArbGG, der ein Rechtsmittel gegen den
vorliegenden Beschluss ausschließt.
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R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
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Gegen diese Entscheidung ist ein Rechtsmittel nicht gegeben.
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