Urteil des LAG Köln vom 23.01.2004

LArbG Köln (Reisekosten, Bezirk, Fahrtkosten, Arbeitsgericht, Auflage, Vertretung, Beschwerdekammer, Prozesskosten, Wechsel, Unternehmen)

Datum:
Gericht:
Spruchkörper:
Entscheidungsart:
Vorinstanz:
Schlagworte:
Normen:
Sachgebiet:
Leitsätze:
Tenor:
Aktenzeichen:
Landesarbeitsgericht Köln, 6 (11) Ta 426/03
23.01.2004
Landesarbeitsgericht Köln
6. Kammer
Beschluss
6 (11) Ta 426/03
Arbeitsgericht Köln, 12 Ca 10427/00
Reisekosten, Rechtsanwalt, Bundesarbeitsgericht, Erstattungsfähigkeit
§§ 91, 104, 567 ZPO
Arbeitsrecht
Im Hinblick auf die Erstattungsfähigkeit der Reisekosten eines
Rechtsanwalts, der nicht am Ort des Revisionsgerichts wohnt, ist
grundsätzlich davon auszugehen, dass die Beauftragung dann
notwendig im Sinne von § 91 Abs. 2 S. 1 und 2 ZPO ist, wenn es sich um
einen Rechtsanwalt handelt, der am Wohnsitz der Partei oder im Bezirk
des erst- oder zweitinstanzlichen Gerichts ansässig ist.
1. Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten wird der Kosten-
festsetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 10.11.2003
(12 Ca 10427/00) teilweise abgeändert:
Die von dem Kläger an die Beklagte zu erstattenden Kosten
werden auf 2.441,90 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozent-
punkten über dem Basiszinssatz seit dem 28.07.2003 festge-
setzt.
2. Die Kosten des Festsetzungsverfahrens werden dem Kläger
auferlegt.
3. Der Beschwerdewert wird auf 263,90 EUR festgesetzt.
4. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
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G r ü n d e
I.
Landesarbeitsgericht Köln wurde die Beklagte durch einen Prozessbevollmächtigten des
Arbeitgeberverbandes der Chemischen Industrie, Bezirk K , vertreten. Vor dem
Bundesarbeitsgericht trat der Bevollmächtigte als Rechtsanwalt auf.
Das Arbeitsgericht hat mit dem angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluss vom
10.11.2003 auf den Einwand des Klägers die Fahrtkosten für die Teilnahme an der
Revisionsverhandlung in Erfurt in Höhe von 207,90 EUR sowie die
Abwesenheitspauschale für elf Stunden in Höhe von 56,00 EUR abgesetzt, weil sie zur
zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nicht notwendig gewesen seien. Denn es sei der
Beklagten als großes gewerbliches Unternehmen mit eigener Rechtsabteilung zuzumuten
gewesen, die Unterrichtung des Prozessbevollmächtigten auf schriftlichem Weg zu
erledigen und einen Rechtsanwalt am Prozessort in Erfurt zu beauftragen.
II.
auch in der Sache Erfolg.
Der Beklagten sind auch die gemäß § 28 Abs. 2 und 3 BRAGO in rechnerisch unstreitiger
Höhe angesetzten Fahrtkosten ihres Rechtsanwalts für die Reise nach Erfurt nebst
Abwesenheitspauschale zu erstatten, weil sie nach § 91 Abs. 2 Satz 1 und 2 ZPO zur
Rechtsverteidigung notwendig waren.
Die Frage, ob die Reisekosten eines nicht am Sitz des Bundesarbeitsgerichts ansässigen
Rechtsanwalts grundsätzlich erstattungsfähig sind, wird allerdings nicht einheitlich
beantwortet. Dies wird bereits aus dem angefochtenen Beschluss deutlich, der auf die
Rechtsprechung des Beschwerdegerichts Bezug nimmt. Während in der Entscheidung vom
21.01.2002 (6/13 Ta 226/01) die Erstattungsfähigkeit auf die Höhe der fiktiven Kosten
ersparter Informationsreisen der Partei zu einem am Sitz des Revisionsgerichts ansässigen
Rechtsanwalt begrenzt wird, stellt der Beschluss vom 14.08.2002 (7/8 Ta 127/02) auf die
Besonderheiten des Falles ab, um die Kostenberechnung nach Maßgabe der BRAGO zu
rechtfertigen. Im Beschluss des Beschwerdegerichts vom 21.12.1999 (2 Ta 324/99) wird
ausgeführt, dass die Reisekosten des Berufungsanwalts zur Wahrnehmung eines Termins
im Revisionsverfahren "im Allgemeinen" nicht erstattungsfähig seien. Eine Ausnahme
komme dann in Betracht, wenn die Zuziehung des auswärtigen Anwalts auf Grund der
Besonderheiten des Falles zweckmäßig gewesen sei. Auch in der Kommentarliteratur gibt
es unterschiedliche Auffassungen (vgl. einerseits Zöller/Herget, ZPO, 23. Auflage, § 91 Rz.
13 "Arbeitsgerichtsverfahren"; andererseits Gerold/Schmidt/von Eicken/Madert, BRAGO,
15. Auflage, § 28 Rz. 26 und 34 m. w. N.).
An der bisher auch von der Beschwerdekammer vertretenen Restriktion der
Erstattungsfähigkeit auf die ersparten Reisekosten der Partei wird nach erneuter Prüfung
nicht festgehalten. Auszugehen ist von der Regelung in § 91 Abs. 2 Satz 1 und 2 ZPO,
wonach Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht bei dem Prozessgericht zugelassen
ist und auch nicht am Ort des Prozessgerichts wohnt, nur insoweit zu erstatten sind, als die
Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung
notwendig war. Für die Vertretung vor den Landesarbeitsgerichten und dem
Bundesarbeitsgericht, bei denen es eine besondere Zulassung nicht gibt, ist grundsätzlich
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davon auszugehen, dass die Beauftragung dann notwendig im Sinne von § 91 Abs. 2 Satz
1 und 2 ZPO ist, wenn es sich um einen Anwalt handelt, der am Wohnsitz der Partei oder
im Bezirk des erst- oder zweitinstanzlichen Gerichts ansässig ist (vgl. BAG vom 12.10.1962
- 5 AZR 268/60 - AP Nr. 27 zu § 91 ZPO; LAG Frankfurt vom 23.10.2000 - 9 Ta 347/00 -
Juris; Zöller/Herget, ZPO, § 91 Rz. 13 "Arbeitsgerichtsverfahren" m. w. N.). Der Partei kann
auch mit Rücksicht auf das aus § 91 Abs. 1 ZPO folgende Gebot, die Prozesskosten
möglichst niedrig zu halten, nicht zugemutet werden, einen eingearbeiteten und regelmäßig
durch zwei Instanzen mit der Rechtssache vertrauten Prozessbevollmächtigten
auszuwechseln und einen in Erfurt ansässigen Rechtsanwalt mit ihrer Vertretung vor dem
Bundesarbeitsgericht zu beauftragen. Auf die besondere Schwierigkeit oder Bedeutung
einer Rechtssache kommt es insoweit nicht an. Ob ausnahmsweise die Beauftragung eines
außerhalb des erwähnten regionalen Bereichs residierenden Spezialisten notwendig sein
kann, mag dahinstehen.
Im Streitfall war der am Sitz des Landesarbeitsgerichts ansässige Rechtsanwalt bereits
durch die zweitinstanzliche Interssenwahrnehmung mit der Rechtssache vertraut. Ein
Wechsel des Bevollmächtigten war der Beklagten danach nicht mehr zuzumuten.
III.
IV.
zuzulassen.