Urteil des LAG Hessen vom 18.06.2008

LAG Frankfurt: zulage, flugsicherung, arbeitsgericht, tarifvertrag, aktiven, quelle, zivilprozessrecht, immaterialgüterrecht, verwaltungsrecht, versorgung

1
2
3
4
5
6
7
8
Gericht:
Hessisches
Landesarbeitsgericht
8. Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
8/11 Sa 983/07
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Norm:
§ 1 BetrAVG
Ruhegeldfähiges Einkommen - Deutsche Flugsicherung
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts in
Offenbach vom 02. Mai 2007 – 5 Ca 21/07 – wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufung hat die Beklagte zu tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, wie das ruhegeldfähige Einkommen des Klägers zu
berechnen ist.
Der am ........19... geborene Kläger war seit 19... bei der Rechtsvorgängerin der
Beklagten, der A und seit Oktober 1993 bei der Beklagten als Fluglotse
beschäftigt. Für das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien gelten die von der
Beklagten abgeschlossenen Tarifverträge. Aufgrund einer tarifvertraglichen
Sonderregelung für die Flugsicherungsdienste beendete der Kläger seine Tätigkeit
bei der Beklagten mit Vollendung des 53. Lebensjahres. Für die Zeit vom 1. Juli
1996 bis zum 30. Juni 2006 bezog der Kläger Übergangsgeld nach dem
Tarifvertrag über die Übergangsversorgung für die bei der B beschäftigten
Fluglotsen (ÜbergangsVersorgungsTV). Ab 1. Juli 2006 nimmt der Kläger
Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung und Altersruhegeld der
Beklagten in Anspruch nach dem Tarifvertrag über die Versorgung für die bei der B
beschäftigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vom 7. Juli 1993 i. d. F. des Zweiten
Änderungstarifvertrages vom 14. November 2002 (Vers TV). Dort ist u. a. geregelt:
"§ 4
Ruhegeldfähiges Einkommen
(1) Das ruhegeldfähige Jahreseinkommen wird aus der Vergütung im letzten
Beschäftigungsjahr vor Eintritt des Versorgungsfalles bestehend aus den
Grundbeträgen nach dem VTV und ggf. festen monatlichen Zulagen nach dem
ZTV zuzügl. des jeweiligen Urlaubs – und Weihnachtsgeldes ermittelt."
Der ÜbergangsversorgungsTV bestimmt unter anderem:
"§ 8
betriebliche Altersversorgung
(1) die Zeiten, in denen Übergangsgeld bezogen wird gelten als anrechenbare
Beschäftigungszeiten im Sinne des Versorgungstarifvertrages der B.
(2) als ruhegeldfähiges Jahreseinkommen wird das vor Beginn des
Übergangsgeldes bezogene ruhegeldfähige Jahreseinkommen unter legt, jeweils
dynamisiert mit den Tariferhöhungen bis zum Ende des Bezugszeitraumes. In die
9
10
11
12
13
14
15
16
17
18
19
20
21
22
23
24
25
26
27
28
dynamisiert mit den Tariferhöhungen bis zum Ende des Bezugszeitraumes. In die
Dynamisierung wird eine Veränderung von nicht monatlich wiederkehrenden
Vergütungsbestandteilen rechnerisch so mit einbezogen, wie an ihrer Stelle eine
höhere lineare Anpassung stattgefunden hätte."
Zum 1. Mai 2006 wurden aufgrund von Tarifverträgen vom 12. Dezember 2005 die
Grundvergütungen nach dem Vergütungstarifvertrag (VTV) um 2,5% und die
operativen Zulagen nach dem ZTV um 7% angehoben.
Die Beklagte zahlt dem Kläger seit 1. Juli 2006 und vorzeitiges Altersruhegeld in
Höhe von 2917,03 € brutto. Bei der Ermittlung des ruhegeldfähigen
Jahreseinkommens hat sie eine Tarifanpassung im Mai 2006 mit 2,5%
berücksichtigt nicht aber die Erhöhung der operativen Zulage um 7%.
Der Kläger ist der Auffassung, auch die Anhebung der operativen Zulage müsse
für das ruhegeldfähige Jahreseinkommen einbezogen werden. Der Kläger verlangt
die rechnerisch unstreitige Differenz, die sich daraus zu dem von der Beklagten
gezahlten Altersruhegeld ergibt.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, ihm ab dem Monat Juli 2006 zu der ihm gewährten
Betriebsrente monatlich einen Anpassungsbetrag in Höhe von 63,57 € brutto
nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem
ersten des Folgemonats zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Auffassung vertreten, nur die Erhöhung der Grundvergütung sei zu
berücksichtigen gewesen. Das ruhegeldfähige Jahreseinkommen könne nur
einheitlich angepasst werden. Liege es einmal fest könne es nicht mehr in seine
einzelnen Bestandteile aufgespalten werden.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben und die Berufung zugelassen mit
Urteil vom 2. Mai 2007 auf das Bezug genommen wird.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten.
Die Beklagte wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen.
Sie beantragt,
unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Offenbach am Main vom 2.
Mai 2007 (5 Ca 21/07) die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das erstinstanzliche Urteil.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Arbeitsgericht hat der Klage zu Recht
stattgegeben. Das Berufungsgericht folgt den Gründen des Arbeitsgerichts.
Auf die Berufung ist festzuhalten:
Nach § 4 des VersTV wird das ruhegeldfähige Jahreseinkommen aus den
Grundbeträgen nach dem VTV und festen monatlichen Zulagen nach dem ZTV, zu
denen unstreitig die operative Zulage gehört, zuzüglich des jeweiligen Urlaubs und
Weihnachtsgeldes ermittelt. Damit gehören sowohl die Grundbeträge wie die
operativen Zulagen zum ruhegeldfähige Jahreseinkommen.
Wenn nach § 8 Abs. 2 des ÜbergangsversorgungsTV das ruhegeldfähige
Jahreseinkommen jeweils mit den Tariferhöhungen dynamisiert werden soll, so
kann eine Tariferhöhung bei den Zulagen nicht unberücksichtigt bleiben. Auch
wenn man – wie die Beklagte – davon ausgeht, dass das ruhegeldfähige
Jahreseinkommen als einheitlicher Betrag vor Beginn des Übergangsgeldes
29
30
31
32
Jahreseinkommen als einheitlicher Betrag vor Beginn des Übergangsgeldes
festzustellen ist und einheitlich zu dynamisieren ist, kann nicht allein auf eine
Tariferhöhungen bei der Grundvergütung abgestellt werden.
Bei unterschiedlichen Erhöhungen von Grundvergütung und Zulage ist dann die
sich daraus ergebende Gesamterhöhung zu errechnen. Der Kläger hat für den
vorliegenden Fall eine von der Beklagten nicht bestrittener Erhöhung um 3,92%
errechnet. § 8 Abs. 2 S. 2 ÜbergangsversorgungsTV sieht Entsprechendes für nicht
monatlich wiederkehrende Vergütungsbestandteile ebenfalls vor. Nur eine solches
Vorgehen entspricht dem Zweck des § 8 Übergangsversorgungs TV das
ruhegeldfähige Jahreseinkommen entsprechend den Einkommen der Aktiven zu
erhöhen.
Die Vorgehensweise, wie sie die Beklagte für richtig hält könnte zu widersinnigen
Ergebnissen führen: Würden die Grundvergütungen stärker erhöht als die Zulagen
müsste danach dieser höherer Prozentsatz auf das gesamte festgestellte
ruhegeldfähige Einkommen angewandt werden. Dieses würde dann stärker
ansteigen als das Einkommen eines noch aktiven Lotsen. Bei einer solchen
Konstellation könnte ein Lotse, der früher d. h. mit 53 Jahren
Übergangsversorgung in Anspruch nimmt ein höheres ruhegeldfähiges
Einkommen erreichen als ein solcher, der noch zwei Jahre länger, bis zum 55.
Lebensjahr arbeitet, wenn in dieser Zeit die Grundvergütung stärker als die
Zulagen erhöht würde.
Die Beklagte hat die Kosten der Berufung zu tragen, dass sie erfolglos blieb.
Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.