Urteil des LAG Hessen vom 07.02.2008

LAG Frankfurt: betriebsrat, schreibmaschine, verfügung, elektrische leitung, software, handschriftlich, geschäftsführer, ausstattung, beschwerdekammer, tagesordnung

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Gericht:
Hessisches
Landesarbeitsgericht
9. Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
9 TaBV 247/07
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 40 Abs 2 BetrVG, § 78
BetrVG
Zur Erforderlichkeit eines PC als Sachmittel des
Betriebsrats
Tenor
Die Beschwerde der Beteiligten zu 2) gegen den Beschluss des
Arbeitsgerichts Hanau vom 27. Juli 2007 – 4 BV 3/07 – wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I.
Der Betriebsrat verlangt vom Arbeitgeber, ihm einen PC mit Software zur
Verfügung zu stellen.
Der Betriebsrat besteht aus sieben Mitgliedern und betreut etwa 200
Arbeitnehmer/innen in 47 Verkaufsstellen. Der Betriebsrat erledigt den anfallenden
Schriftverkehr derzeit manuell und unter Verwendung des privaten PC der
Betriebsratsvorsitzenden. Der Betriebsrat führt ein Mal wöchentlich von 9.00 bis
17.00 Uhr eine ganztägige Betriebsratssitzung durch. Nach § 37 Abs. 2 des
zwischen dem Arbeitgeber und der Gewerkschaft HBV abgeschlossenen
Tarifvertrages (Bl. 175 ff. d. A.) erhält der auf Bezirksebene gebildete Betriebsrat
eine pauschale Freistellung von zwei Vollzeitarbeitstagen / mindestens 15 Stunden
wöchentlich. In dieser Freistellungspauschale sind die Stunden der
Betriebsratsvorsitzenden für die Teilnahme an Betriebsratssitzungen enthalten.
Der Betriebsrat hat zur Begründung des geltend gemachten Anspruchs
vorgetragen, ein PC sei zur Bewältigung der anfallenden Betriebsratsarbeit
dringend erforderlich. Aufgrund der Filialstruktur sei die Weitergabe von
Informationen an die Belegschaft überwiegend nur schriftlich möglich. Die
Schriftstücke müssten ausgedruckt und an alle 47 Filialen versendet werden.
Hierzu sei der Einsatz eines PC mit Serienbrief-Funktion, mit der die Schriftstücke
mit den jeweiligen Anschriften ergänzt würden, notwendig. Dies mit einer
Schreibmaschine zu erledigen, die ihm im Übrigen nicht zur Verfügung gestellt
worden sei, wäre abwegig. Auf den Formblättern zu personellen Einzelmaßnahmen
seien nur sechs Zeilen für einen Widerspruch vorgesehen und fehle somit
ausreichend Platz für handschriftliche Äußerungen. Auf die vom Betriebsrat
eingereichten Beispielsschreiben vom 12. und 13. Juni 2007 wird verwiesen.
Wöchentlich fielen durchschnittlich fünf Anträge zu Versetzungen und
Einstellungen an. Es stünde der Abschluss zahlreicher Betriebsvereinbarungen
bevor. Es könnten Entwürfe abgespeichert und ergänzt werden, ohne jeweils die
gesamte Vereinbarung abzutippen. Der Betriebsrat habe eine Vielzahl befristeter,
auf kurze Zeit abgeschlossener Arbeitsverträge häufig geringfügig Beschäftigter
zu kontrollieren. Bei dem Betriebsrat würden laufend Anträge auf Zustimmung zu
Mehrarbeit eingereicht. Die Betriebsratsvorsitzende hat sich bereit erklärt, ihren
privaten PC für EUR 100,– an die Beteiligte zu 2) zu veräußern. Eine
computergestützte Kalenderführung sei notwendig, um befristete Arbeitsverträge
und deren Verlängerungen kontrollieren zu können. Anderenfalls müsste der
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und deren Verlängerungen kontrollieren zu können. Anderenfalls müsste der
Betriebsrat für jeden Mitarbeiter einen Ordner anlegen und die Ordner in
regelmäßigen Zeitabständen per Hand auf etwaige Vertragsverlängerungen
kontrollieren. Das Programm Excel benötige der Betriebsrat zum Zweck der
Kontrolle und der Berechnung von Sollzahlenvorgaben. Die Sollzahlen für
Stundenkontingente richteten sich nach den Umsätzen der Filialen. Die
Arbeitgeberin nähme gesunkene Umsätze regelmäßig zum Anlass,
Mitarbeiter/innen zum Abschluss von Arbeitsverträgen mit niedrigerer
Wochenarbeitszeit zu veranlassen oder Änderungskündigungen auszusprechen. Z.
B. wurde dem Betriebsrat mit Schreiben vom 6. März und 26. Juni 2007 mitgeteilt,
dass in acht und weiteren achtzehn Filialen die Stunden reduziert würden und
Vertragsanpassungen in Form einer Stundenreduzierung geplant seien.
Sitzungsprotokolle per Hand abzufassen, würde einen unverhältnismäßig hohen
Zeitaufwand mit sich bringen. Außerdem müssten dann auch die einzelnen in den
Sitzungen gefassten, dem Arbeitgeber zuzuleitenden Beschlüsse per Hand
abgeschrieben und dem Verkaufsbüro mitgeteilt werden.
Der Betriebsrat hat beantragt,
die Arbeitgeberin zu verpflichten, ihm einen Personalcomputer mit folgenden
Leistungsmerkmalen zur Verfügung zu stellen: Arbeitsspeicher 512 MB, Festplatte
80 Gigabyte, Grafikkarte, CD-Rom-Lauf-Werk, Tastatur und Maus, Bildschirm,
Drucker sowie Software von Microsoft, Textverarbeitungsprogramm Word, Excel,
Outlook in zum Zeitpunkt April 2006 aktueller technischer Version.
Die Arbeitgeberin hat beantragt,
die Anträge zurückzuweisen.
Die Arbeitgeberin hat die Auffassung vertreten, der Betriebsrat könne die Nutzung
eines PC nicht beanspruchen, weil dieser für ihn nicht erforderlich sei. Er könne
seine Stellungnahmen zu § 99 BetrVG, soweit überhaupt erforderlich, auch
handschriftlich abgeben. Wozu der Betriebsrat einen PC zur Kontrolle befristeter
Arbeitsverträge oder von Mehrarbeitsverträgen benötige, sei nicht ersichtlich. Der
Betriebsrat erhalte die Einsatzpläne der einzelnen Verkaufsstellen zur
Genehmigung vorgelegt, auf denen planbare Mehrarbeit eingetragen sei.
Rundschreiben und Aushänge könnten kopiert werden. Für Betriebsvereinbarungen
könnten Vorlagen anderer Betriebsräte verwendet werden. Was die
Sollzahlenvorgaben betreffe, unterlägen Umfang und Stärke der personellen
Besetzung nicht der Mitbestimmung des Betriebsrats. Einladungen zu
Betriebsratssitzungen, Protokolle und Betriebsratsbeschlüsse könnten ebenfalls
kopiert werden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Vorbringens, des vom
Arbeitsgericht festgestellten Sachverhalts und des arbeitsgerichtlichen Verfahrens
wird auf die Sachdarstellung des angefochtenen Beschlusses verwiesen.
Das Arbeitsgericht Hanau hat dem Antrag durch Beschluss vom 27. Juli 2007 – 4
BV 3/07 – stattgegeben. Es hat zur Begründung ausgeführt, der Betriebsrat habe
im Einzelnen und substanziiert vorgetragen, dass für den Betrieb in A
umfangreiche Schreibarbeiten zu erledigen seien. Der Betriebsrat sei nicht
gezwungen, diese zeitraubend handschriftlich wegen der Lesbarkeit in Schönschrift
abzufassen. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf die
arbeitsgerichtlichen Beschlussgründe verwiesen.
Gegen den ihr am 29. Aug. 2007 zugestellten Beschluss hat der Arbeitgeber am
14. Sept. 2007 Beschwerde eingelegt und diese am 28. Sept. 2007 begründet.
Der Arbeitgeber ist der Auffassung, das Kriterium der Erforderlichkeit gelte auch im
Bereich der Bürokommunikation. So wie es die Landesarbeitsgerichte in
zahlreichen Beschlüssen (Anlagenband) zu anderen Betrieben des Arbeitgebers
bereits entschieden hätten, fehle es auch im vorliegenden Betrieb an der
Erforderlichkeit eines PCs mit Zubehör und Software. Der Betriebsrat sei auch
ohne PC ohne weiteres in der Lage, seine betriebsverfassungsrechtlichen Pflichten
zu erfüllen. Er könne Rundschreiben mit der ihm zur Verfügung gestellten
elektrischen Schreibmaschine fertigen und kopieren. Entsprechendes gelte
hinsichtlich der Einladungen, Protokolle zu Betriebsratssitzungen und für
Stellungnahmen zu Anhörungen seitens des Arbeitgebers. Eine Zeitersparnis trete
durch einen PC nicht ein. Der Vortrag des Betriebsrats, ohne PC habe er einen
erheblich größeren Arbeitsaufwand und müsse andere Aufgaben vernachlässigen,
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erheblich größeren Arbeitsaufwand und müsse andere Aufgaben vernachlässigen,
sei nicht nachvollziehbar. Für sämtliche Fragen der Mitbestimmung sei die
Bezirksleitung für den Bezirk A, Herr B, zuständig (Anhörungen Bl. 221 ff. d. A.).
Nur in Grundsatzfragen seien der Verkaufsleiter oder der Geschäftsführer
zuständig.
Es werde im Übrigen mit Nichtwissen bestritten, dass der Betriebsrat einen
ordnungsgemäßen Beschluss zur Einleitung des vorliegenden Verfahrens gefasst
habe. An der Betriebsratssitzung vom 26. Juli 2006 hätten nur vier
Betriebsratsmitglieder und drei Ersatzmitglieder teilgenommen. So hätte das
letzte Ersatzmitglied Frau C teilgenommen, nicht aber die vorrangig zu
berücksichtigenden Ersatzmitglieder D, E und F. Die ihm zur Verfügung gestellte
elektrische Schreibmaschine wolle der Betriebsrat nicht nutzen.
Der Arbeitgeber beantragt,
den Antrag unter Abänderung des Beschlusses des Arbeitsgerichts Hanau
vom 27. Juli 2007 – 4 BV 3/07 – zurückzuweisen.
Der Betriebsrat beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Der Betriebsrat trägt vor, für Fragen der Mitbestimmung sei nicht die
Bezirksleitung, sondern der Verkaufsleiter oder Geschäftsführer, die beide über
einen PC verfügten, zuständig. Die Bezirksleitung reiche zwar Anhörungen und
Anträge beim Betriebsrat ein. Widerspreche dieser jedoch, finde der weitere
Kontakt mit der Verkaufsleitung oder der Geschäftsführung statt. So habe sich der
Betriebsrat mit Schreiben vom 26. Okt. 2007 wegen der Anordnung von
Überstunden an den Verkaufsleiter G gewandt. Dem war ein Schreiben von Herrn
G vom 5. Okt. 2007 vorausgegangen. Das gelte auch für Stellenausschreibungen
(Schreiben vom 5. Okt. 2007). Für die Aushandlung von Betriebsvereinbarungen
sei ausschließlich der Geschäftsführer H zuständig (Schreiben vom 16. Okt. 2007).
Auch für die Festlegung der Arbeitszeit sei der Verkaufsleiter zuständig (Schreiben
vom 13. Sept. 2007, Schreiben vom 9. Nov. 2007, Bl. 241. d. A.), für die Anhörung
bei Kündigungen der Geschäftsführer (Schreiben vom 6. und 8. Aug. 2007 sowie
vom 4. Sept. 2007 und 17. Jan. 2008, Bl. 242 ff. d. A.). Abgesehen davon verfüge
auch der Bezirksleiter über einen PC. Die Freistellung reiche für die Erledigung der
Betriebsratsaufgaben nicht aus. Auf die entsprechende Aufstellung des
Betriebsrats vom 17. Sept. 2007 (Bl. 178 d. A.) wird Bezug genommen. Durch die
handschriftliche und maschinenschriftliche Abfassung von Schriftstücken würde ein
sinnloser Aufwand betrieben. Würde ein PC zur Verfügung gestellt, könnten die
Betriebsratsbeschlüsse per Mausklick aus den Sitzungsprotokollen kopiert und in
die erforderlichen Mitteilungen an den Arbeitgeber hineinkopiert werden. Auch mit
einer Schreibmaschine müssten diese nochmals abgetippt werden. Eine Einladung
zu einer Betriebsratssitzung oder Entwürfe zu Betriebsvereinbarungen
handschriftlich zu verfassen, bedeute gegenüber der Nutzung eines PC-
Schreibprogrammes einen wöchentlichen Mehraufwand von mehreren Stunden.
Weiterhin überprüfe der Betriebsrat die Arbeitszeit- und Pausenpläne sowie die
Zeiterfassungsnachweise der Mitarbeiter für die 47 Verkaufsstellen. Anhand der
Zeiterfassungsnachweise müsste monatlich die Zulässigkeit von
Mehrarbeitsstunden überprüft werden. Die zeitaufwändige Vorgehensweise
zahlreicher handschriftlicher Widersprüche könnte durch den Einsatz eines PC
wesentlich vereinfacht werden. Dasselbe gelte für Widersprüche gegen personelle
Einzelmaßnahmen und Kündigungen. Ohne PC würde die Erledigung zahlreicher
anderer Aufgaben vernachlässigt. Abgesehen davon sei die ihm zur Verfügung
gestellte elektrische Schreibmaschine funktionsuntauglich gewesen und im
Rahmen des Umzugs der Filiale verloren gegangen. Später habe sie wieder im
ehemaligen Betriebsratsbüro gestanden, wofür der Betriebsrat keine Erklärung
habe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Beschwerdevorbringens wird auf die
Beschwerdeschriftsätze und den Inhalt der Sitzungsniederschrift vom 7. Febr. 2008
verwiesen. Das Beschwerdegericht hat Beweis erhoben über die Funktionsfähigkeit
der dem Betriebsrat zur Verfügung gestellten Schreibmaschine durch richterliche
Augenscheinseinnahme. Das Gericht steckte die elektrische Leitung in eine
Steckdose und stellte fest, dass die Schreibmaschine keinerlei Reaktion zeigte.
II.
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Die Beschwerde ist statthaft und zulässig, hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.
Der Betriebsrat hat einen Anspruch nach § 40 Abs. 2 BetrVG auf
Zurverfügungstellung von PC, Bildschirm, Drucker und Software im zuerkannten
Umfang.
Nach § 40 Abs. 2 BetrVG hat der Arbeitgeber dem Betriebsrat für die laufende
Geschäftsführung sachliche Mittel in erforderlichem Umfang zur Verfügung zu
stellen. Die Erforderlichkeit dieser Sachmittel bestimmt sich unter
Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls nach Inhalt und Umfang der vom
Betriebsrat wahrzunehmenden Aufgaben anhand der konkreten betrieblichen
Verhältnisse. Dieser Grundsatz gilt auch, wenn der Betriebsrat vom Arbeitgeber
einen PC nebst Zubehör als Arbeitsmittel verlangt. Die Vorschrift des § 40 Abs. 2
BetrVG enthält keinen Hinweis auf eine Normalausstattung. Es genügt für die
Erforderlichkeit eines Sachmittels nicht, dass durch seinen Einsatz die
Geschäftsführung des Betriebsrats lediglich erleichtert wird bzw. sich rationeller
gestalten lässt. Das Gesetz sieht geringere Anforderungen als die Erforderlichkeit
nicht vor. Aus Gründen der Effektivität der Betriebsratsarbeit wird daher ein
Sachmittel erst dann erforderlich, wenn ohne seinen Einsatz die Wahrnehmung
anderer Rechte und Pflichten des Betriebsrats vernachlässigt werden müsste.
Dabei steht dem Betriebsrat ein Beurteilungsspielraum zu (BAG Beschluss vom
16. Mai 2007 – 7 ABR 45/06 – EzA § 40 BetrVG 2001 Nr. 12; BAG Beschluss vom 3.
Sept. 2003 – 7 ABR 12/03 – NZA 2004,278; BAG Beschluss vom 12. Mai 1999 – 7
ABR 36/97 – EzA § 40 BetrVG 1972 Nr. 87; BAG Beschluss vom 11. November
1998 – 7 ABR 57/97 – NZA 1999, 945; BAG Beschluss vom 11. März 1998 – 7 ABR
59/96 – AP § 40 BetrVG 1972 Nr. 57). Der Gesichtspunkt der effizienten
Arbeitsweise mittels PC kann die Erforderlichkeit für dessen Zurverfügungstellung
begründen, wenn ohne Einsatz des PC andere Betriebsratsaufgaben
vernachlässigt werden müssten und nicht mehr oder nicht mehr sachgerecht
wahrgenommen werden könnten (BAG Beschluss vom 12. Mai 1999 – 7 ABR 36/97
– EzA § 40 BetrVG 1972 Nr. 87). Die Novellierung des § 40 Abs. 2 BetrVG hat an
der Prüfung der Erforderlichkeit nichts geändert. Mit der Einfügung der
Informations- und Kommunikationstechnik sollte klargestellt werden, dass diese zu
den Sachmitteln eines Betriebsrats gehören. Der Gesetzgeber hat indessen auch
am Tatbestandsmerkmal "in erforderlichem Umfang" festgehalten, so dass sich an
der Notwendigkeit, die Erforderlichkeit dieser Mittel im Einzelfall zu prüfen, nichts
geändert hat. Für zahlreiche Betriebe der Arbeitgeberin ist die Erforderlichkeit
eines PC in der Rechtsprechung verneint worden (so Kammerbeschluss vom 15.
Jan. 2004 – 9 TaBV 125/02; LAG Baden-Württemberg Beschluss vom 24. Mai 2006
– 9 TaBV 1/06 –; LAG Baden-Württemberg Beschuss vom 27. Jan. 2003 – 18 Ta BV
3/02 –; LAG Berlin Beschluss vom 16. Juli 2002 – 5 TaBV 432/02 –; LAG Berlin
Beschluss vom 23. Okt. 2001 – 3 Ta BV 779/01 –; LAG Düsseldorf Beschluss vom
14. Dez. 2004 – 8(9) TaBV 53/04 –; LAG Hamm Beschluss vom 10. März 2006 – 10
TaBV 154/05 –; LAG Hamm Beschluss vom 9. Juli 2002 – 13 Ta BV 10/02 –; LAG
Köln Beschluss vom 6. Juni 2002 – 5 Ta BV 22/02 –; LAG Köln Beschluss 27. Sept.
2001 – 10 Ta BV 38/01 – BB 2002,579; LAG Nürnberg, Beschluss vom 28. Okt.
2002 – 1 Ta BV 23/02 –; LAG Rheinland-Pfalz Beschluss vom 26. Jan. 2007 – 8 TaBV
65/06 –; LAG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 1. Dez. 2000 – 8 Ta BV 796/00 –; LAG
Saarland, Beschluss vom 25. Mai 2005 – 1 TaBV 1/05 – LAG Saarland Beschluss
vom 24. Mai 2000 – 1 Ta BV 1/2000 –; LAG Schleswig-Holstein Beschluss vom 20.
Juni 2003 – 6 TaBV 21/02 –; sämtlich im Anlagenband).
Im Streitfall ist ein PC nebst Zubehör und Software für die Arbeit des Betriebsrats
erforderlich. Maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt ist zwar der Zeitpunkt des
Betriebsratsbeschlusses. Da sich die Verhältnisse indessen nicht verändert haben
und die Betriebsratsaufgaben bis zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Anhörung
gleichförmig gestellt haben, können auch noch spätere Ereignisse als
repräsentativ zugrunde gelegt werden. Dass die Betriebsratsvorsitzende ihren
privaten PC für Betriebsratsarbeiten eingesetzt hat, kann für die Prüfung der
Erforderlichkeit eines PC nebst Software keine Rolle spielen, da sie hierzu nicht
verpflichtet ist und der Arbeitgeber den Betriebsrat nicht auf den Einsatz des
Privateigentums der Betriebsratsvorsitzenden verweisen kann. Die Ausstattung
mit einer elektrischen Schreibmaschine oder der Verweis auf die handschriftliche
Herstellung von Einladungen zu Betriebsratssitzungen, Protokollen und
Betriebsratsbeschlüssen ist keine zumutbare Arbeitsweise. Noch mit Beschluss
vom 15. Jan. 2004 – 9 TaBV 125/02 – Bl. ff. d. A.) führte die erkennende Kammer
für einen anderen Betrieb des Arbeitgebers aus:
"Die Arbeitgeberin zieht es vor, den Betriebsrat mit aus der Sicht des Jahres
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"Die Arbeitgeberin zieht es vor, den Betriebsrat mit aus der Sicht des Jahres
2004 "vorsintflutlicher Technik" in Gestalt einer elektrischen Schreibmaschine ohne
Speichermöglichkeit auszustatten und die Betriebsratsmitglieder für die händige
Erledigung der Schreibarbeiten freizustellen, anstatt diese mit dem durchgängigen
Bürostandard eines PC zu versehen. Solange sich dies aber nicht als Behinderung
der Betriebsratsarbeit, Willkür oder Schikane darstellt, ist es vom Betriebsrat
hinzunehmen."
Im vorliegenden Fall ist dieses Maß nach weiteren vier Jahren überschritten, wobei
dahinstehen kann, ob die elektrische Schreibmaschine überhaupt funktioniert hat.
Der Betriebsrat brachte die ihm nach seinem Vortrag zur Verfügung gestellte,
aber funktionsunfähige, bei einem Umzug der Filiale verschwundene und wieder
aufgetauchte elektrische Schreibmaschine zur Anhörung vor der
Beschwerdekammer mit, die sie in Augenschein nahm. Die Mitglieder der
Beschwerdekammer steckten den Stecker der elektrischen Leitung in eine
Steckdose des Gerichtssaales, betätigten den Ein-/Ausschalter der
Schreibmaschine, aber es tat sich nichts. Es kann indessen dahinstehen, ob die
Schreibmaschine früher einmal oder bei einem Test im Schreibbüro des
Arbeitgebers funktionierte. Die handschriftliche Abfassung der genannten
Schriftstücke, Übertragung mit einer Schreibmaschine und Kopieren stellt sich als
Behinderung einer auf einem Mindestniveau moderner Schreibtechnik
stattfindenden Betriebsratsarbeit dar (§ 78 BetrVG). Dass dem Betriebsrat für
seine Tätigkeit eine moderne Schreibtechnik zur Verfügung zu stellen ist, steht
außer Streit (siehe nur Richardi/Thüsing, BetrVG, 11. Aufl., § 40 Rn. 60). Eine
Schreibmaschine, auch wenn es sich um eine elektrische handelt, entspricht dem
Standard moderner Schreibtechnik indessen bereits seit längerer Zeit nicht mehr
(der Vorsitzende der Beschwerdekammer, der sich nicht als "Computerfreak"
bezeichnet, hat zum letzten Mal im Jahre 1990 eine Schreibmaschine benutzt und
Schreibmaschinen auf den Geschäftsstellen der Arbeitsgerichte seit mindestens
zehn Jahren nicht mehr gesichtet). Angesichts der zahlreichen Funktionselemente,
die heute bereits mit einer Standardsoftware verbunden sind, und des Preisverfalls
der neuen Technik wurde die Schreibmaschine in den Büros mittlerweile
flächendeckend durch PC und Drucker ersetzt. Der "PC ist zwischenzeitlich von
einer Schreibmaschine nicht weniger weit entfernt als diese vom Federkiel"
(jurisPR-ArbR 41/2007 Anm. 2, Weyand).
Die Benutzung eines PC durch den Betriebsrat ist vorliegend nicht nur nützlich
oder dient der Arbeitserleichterung, sondern ist für einen vernünftigen und
angemessenen Einsatz menschlicher Arbeitskraft unabdingbar. Der Betriebsrat
tagt einmal wöchentlich von 9.00 Uhr bis 17.00 Uhr. Dementsprechend
umfangreich sind die Tagesordnungen. Die Tagesordnung vom 10. Okt. 2007 (Bl.
180 ff. d. A.) umfasst sechs handschriftlich eng beschriebene Seiten. Auch die
Sitzungsprotokolle sind entsprechend umfangreich, z. B. diejenigen vom 21. März
und 25. April 2007 (Bl. 49 ff. d. A.), die von der Betriebsratsvorsitzenden mit ihrem
privaten PC übertragen worden sind, und zahlreiche Tagesordnungspunkte und
Betriebsratsbeschlüsse enthalten. Das Protokoll vom 10. Okt. 2007 (Bl. 183 ff. d.
A.) umfasst elf engbeschriebene Seiten. Die Erstellung des elfseitigen
handschriftlichen Protokolls in gut lesbarer Schrift ist eine unvertretbare
Verschwendung der Arbeitskraft der Betriebsratsvorsitzenden, was auch die
Übertragung eines derart umfangreichen Protokolls mit einer elektrischen
Schreibmaschine – wenn sie denn funktioniert – betrifft. Statt mit Mustern, der
Kopierfunktion und Textbausteinen zu arbeiten, muss die Betriebsratsvorsitzende
Stunden an der Schreibmaschine verbringen, darf sich nicht in größerem Umfang
vertippen, da sonst der Bogen wieder ausgespannt und erneut begonnen werden
muss, sie kann keine Textpassagen kopieren, keine Textbausteine verwenden,
muss anschließend die dem Arbeitgeber mitzuteilenden Betriebsratsbeschlüsse
nochmals abschreiben (z. B. vom 12. Juli 2006 und 10./11./12. Okt. 2007, Bl. 67 ff.,
189 ff d. A.), anstatt sie in wenigen Minuten herauszukopieren und auszudrucken.
Die Einladungen zu Betriebsratssitzungen müssen Bogen für Bogen in die
Schreibmaschine eingespannt und mit der Adresse versehen werden, anstatt sie
in wenigen Sekunden mit der Serienbrieffunktion auszudrucken. Auch Entwürfe von
Betriebsvereinbarungen können mit einem PC abgespeichert und problemlos
abgeändert werden, die verschiedenen Fassungen können – auch in Gestalt von
Synopsen – gegenüber gestellt werden. Die Vorstellung des Arbeitgebers ist
offenbar, dass der Betriebsrat sich die Vorlagen anderer Betriebsräte besorgt, die
für den Betrieb brauchbaren Teile mit einer Schere herausschneidet, andere Teile
mit der Schreibmaschine abfasst, ebenfalls ausschneidet, die Teile mit einem
Klebestift auf einen Bogen klebt, das ganze kopiert, dies bei jeder Änderung, wobei
es bei dieser Vorgehensweise nicht zu größeren Verschiebungen im Text kommen
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es bei dieser Vorgehensweise nicht zu größeren Verschiebungen im Text kommen
darf, sonst beginnt die Schneide- und Klebearbeit von vorn. So werden vielleicht
noch Bastelarbeiten im Kinderhort angefertigt, es ist aber nicht die Arbeitsweise
von Betriebsräten im Jahre 2008. Dabei ist gerade bei Einladungen zu
Betriebsratssitzungen mit der jeweiligen Tagesordnung besondere Sorgfalt
geboten, weil Arbeitgeber in zahlreichen betriebsverfassungsrechtlichen
Beschlussverfahren das ordnungsgemäße Zustandekommen von
Betriebsratsbeschlüssen zu bestreiten pflegen, was eine lückenlose
Dokumentation des Schriftverkehrs erforderlich macht. Gerade auch das
vorliegende Verfahren, in dem die richtige Reihenfolge der geladenen
Ersatzmitglieder eines Betriebsratsbeschlusses aus dem Jahre 2006 in Frage
gestellt wird, macht deutlich, dass Betriebsräte einen erheblichen Aufwand
betreiben müssen, um in einem etwaigen Beschlussverfahren das
ordnungsgemäße Zustandekommen eines Betriebsratsbeschlusses
dokumentieren zu können. Ein Abspeichern der Dokumente auf der Festplatte
eines PC ist nicht nur nützlich, sondern erspart zeitaufwändiges Herumsuchen und
-blättern in Archivordnern, was den Betriebsrat unnötig für diese Zeit an der
Erfüllung seiner eigentlichen Pflichten abhält.
Auch die Anhörungen der Beteiligten zu 2) zur Sollzahlenreduzierung, d. h. der
Reduzierung des Arbeitsstundenvolumens, z. B. vom 6. März und 26. Juni 2007 (Bl.
59 ff. d. A.) betreffend 27 Mitarbeiter/innen, vom 13. Nov. 2007 (Bl. 245 d. A.) und
wegen beabsichtigter Änderungskündigung (z. B. Schreiben vom 17. Jan. 2008, Bl.
242 ff. d. A.) umfassen regelmäßig zahlreiche Mitbestimmungstatbestände nach §
102 BetrVG und führen zu zahlreichen Widersprüchen wie z. B. in dem von der
Betriebsratsvorsitzenden auf ihrem privaten PC abgefassten Schreiben vom 5. Juli
2007 (Bl. 92 ff. d. A.), das fast fünf engbedruckte Seiten umfasst. Die
Widersprüche sind in vielen Fällen inhaltlich relativ gleichförmig und können mit der
Kopierfunktion in Sekunden übertragen werden. Mit einer elektrischen
Schreibmaschine ist es eine stupide Arbeit von Stunden, immer wieder die
gleichen Texte abzuschreiben. Die computerunterstützte Überprüfung und
Bearbeitung von Zeiterfassungsbögen zur Kontrolle der Beachtung der damit
verbundenen Beteiligungsrechte mittels entsprechender Tabellen erleichtert die
Erledigung dieser Aufgabe im Vergleich zu handgefertigten Übersichten ebenfalls
stark. Das erstmalige Erstellen von entsprechenden Excel-Tabellen ist zwar
zeitaufwändig, aber nicht mehr als handschriftliche Erfassung. Besteht erst einmal
eine solche Tabelle, kostet die weitere laufende Bearbeitung nicht mehr viel Zeit.
Es wird einem Betriebsrat in aller Regel nicht gelingen, konkret und im Detail
vorzutragen, welche Betriebsratsaufgaben er vernachlässigen müsste oder nicht
wahrnehmen kann, wenn er keinen PC hat (zur entsprechenden Anforderung BAG
Beschluss vom 12. Mai 1999 – 7 ABR 36/97 – EzA § 40 BetrVG 1972 Nr. 87). Es
entspricht der Lebenserfahrung, dass die Aufgaben, die vorrangig zu erledigen
sind, eben zu Lasten anderer weniger dringender Aufgaben erfüllt werden, notfalls
wie hier durch die Betriebsratsvorsitzende zu Hause in der Freizeit am privaten PC.
Das ist aber auch in Fällen wie dem vorliegenden nicht der richtige Maßstab, denn
noch unwichtigere Aufgaben als die handschriftliche Erstellung zehnseitiger
Protokolle, das handschriftliche Exzerpieren von Betriebsratsbeschlüssen, das
stupide wiederholte Abtippen von Texten mit einer elektrischen Schreibmaschine
oder das Bearbeiten von Entwürfen mit Schere und Klebestift kann ein Betriebsrat
jedenfalls in einem Betrieb mit rund 200 Arbeitnehmer/innen in 47 Verkaufsstellen,
in dem der Betriebsrat auf die schriftliche Kommunikation angewiesen ist, gar nicht
haben. Angesichts der vielfältigen jedenfalls potenziellen Aufgaben (vgl. die
Aufstellung des Betriebsrats vom 17. Sept. 2007, Bl. 178 d. A.) kann die
Verschwendung menschlicher Ressourcen durch seit Jahren überholte
Bürokommunikationsmittel unter keinem tatsächlichen Gesichtspunkt gegenüber
inhaltlicher Betriebsratsarbeit den Vorrang genießen.
Angesichts der niedrigen Preise von PC-Massenware, gerade auch des vom
Beteiligten zu 1) begehrten PC mit einem Arbeitsspeicher von 512 MB, was aktuell
einem sehr niedrigen Ausstattungsniveau entspricht, sind unter dem
Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit keine Umstände ersichtlich, die vom
Kostenaufwand der begehrten Ausstattung entgegenstehen. Der PC muss nicht
intranet- oder internetfähig sein, also kein Modem enthalten, sondern nur zur
Textverarbeitung geeignet sein. Da der Betriebsrat keine neue Ausstattung
beantragt, wäre zudem auch eine gebrauchte Ausstattung aus dem Bürobereich
des Arbeitgebers geeignet.
Der Betriebsratsbeschluss zur Einleitung des vorliegenden Verfahrens ist nicht zu
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Der Betriebsratsbeschluss zur Einleitung des vorliegenden Verfahrens ist nicht zu
beanstanden. Dies hat der Betriebsrat urkundlich belegt. Er hat die Einladung zur
Betriebsratssitzung vom 26. Juli 2006 vorgelegt (Bl. 10 d. A.) und die
Tagesordnung (Bl. 11 d. A.). TOP 8 nennt die fragliche Angelegenheit. Desgleichen
hat er das Protokoll der Sitzung vorgelegt. Warum Frau C nachrücken musste und
nicht Frau D, Frau E oder Frau F, hat er in der Beschwerdeerwiderung (Seite 2, 3,
Bl. 146, 147 d. A.) unter Vorlage der entsprechenden Unterlagen, worauf
verwiesen wird, im Detail erläutert.
Eine Kostenentscheidung ergeht nach § 2 Abs. 2 GKG nicht.
Die Zulassung der Rechtsbeschwerde ist gemäß §§ 92 Abs. 1, 72 ArbGG
veranlasst.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.