Urteil des LAG Hessen vom 19.02.2009

LAG Frankfurt: stadt, passives wahlrecht, geschäftsführer, unternehmen, verfügung, leiter, betriebsmittel, arbeitsgericht, form, gewinnerzielungsabsicht

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Gericht:
Hessisches
Landesarbeitsgericht
9. Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
9 TaBV 202/08
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 1 Abs 1 BetrVG, § 1 Abs 2
Nr 1 BetrVG, § 1 Abs 2 Nr 2
BetrVG, § 14 Abs 2 AÜG, §
14 Abs 1 AÜG
Anfechtung einer Betriebsratswahl - Personalgestellung -
Gemeinsamer Betrieb
Tenor
Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1) wird der Beschluss des
Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 05. Oktober 2005 – 20 BV 538/05 –
teilweise abgeändert.
Die Betriebsratswahl im Betrieb B GmbH vom 21. bis 23. Februar 2005 wird
für ungültig erklärt.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten um die Gültigkeit der Betriebsratswahl, die vom 21. bis 23.
Febr. 2005 stattgefunden hat.
Die Antragstellerin und Beteiligte zu 1) ist im Zuge der Neustrukturierung der
zuvor von der Stadt A (Beteiligte zu 3)) als Regiebetrieb geführten B (u. a. ...)
gegründet worden. Einzige Gesellschafterin ist die Beteiligte zu 3). Die Beteiligte zu
1) verfügt über ein Grundkapital von EUR 25.000. Sie erhält von der Beteiligten zu
3) jährlich EUR 54 Mio. Der Betrieb des Balletts und Theaters C wurde vollkommen
eingestellt. Die Antragstellerin beschäftigt 292 Mitarbeiter. Gemäß
Übertragungsvertrag vom 1. April 2004 (Bl. 93 ff. d. A.) zwischen der Beteiligten zu
3) und der Antragstellerin wurde der Betrieb der B auf die Antragstellerin
übertragen. In diesem Vertrag wurden das Immobilienvermögen und die
Beschäftigungsverhältnisse des damaligen Regiebetriebes ausdrücklich
ausgenommen. Hierzu sollte eine gesonderte Regelung getroffen werden. Mit
Personalüberleitungsvertrag vom 1. April 2004 (Bl. 98 ff. d. A.) sollten die
Beschäftigungsverhältnisse der Beteiligten zu 3) auf die Beteiligte zu 1)
übergeleitet werden.
662 Arbeitnehmer, die dem Betriebsübergang von der Beteiligten zu 3) auf die
Beteiligte zu 1) widersprochen hatten, blieben Arbeitnehmer der Beteiligten zu 3).
Die Beteiligte zu 3) war durch die Dienstvereinbarung Nr. 183 (Bl. 377 ff. d. A.)
gehindert, betriebsbedingte Kündigungen auszusprechen. Zwischen ihr und der
Beteiligten zu 1) wurde deshalb unter dem 1. April 2004 ein
Personalgestellungsvertrag (Bl. 105 ff. d. A.) geschlossen, wonach die Beteiligte zu
3) der Beteiligten zu 1) die Arbeitsleistung der bei ihr verbliebenen Arbeitnehmer
ab 1. September 2004 nach Maßgabe der Regelungen dieses Vertrages zur
Verfügung stellt.
Mit Wirkung vom 1. September 2004 wurde bei der Beteiligten zu 3) eine
Organisationseinheit D eingerichtet, der die gestellten Mitarbeiter der B angehören
und die die Aufgabe der Grundstücks- und Gebäudeverwaltung sowie der
Personalverwaltung und -betreuung hat. Amtsleiter dieses Amtes ist in
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Personalverwaltung und -betreuung hat. Amtsleiter dieses Amtes ist in
Personalunion der geschäftsführende Intendant der B und Geschäftsführer der
Beteiligten zu 1). Er übt diese Tätigkeit aufgrund zweier separater
Anstellungsverträge mit den Beteiligten zu 1) und 3) aus. Mit dieser Konstruktion
soll laut Organisationsverfügung der Oberbürgermeisterin vom 28. September
2004 (Bl. 91, 92 d. A.) die Ausübung der Arbeitgeberfunktion vor Ort sichergestellt
werden. § 3 Ziff. 2 des Personalgestellungsvertrags vom 1. April 2004 lautet:
"Die Stadt ermächtigt die GmbH zur arbeitsvertraglichen Weisungserteilung
hinsichtlich der Arbeitsausführung innerhalb der für die Beschäftigten der Stadt
jeweils geltenden, unter Beachtung der Beteiligungsrechte des Personalrates
festgelegten, städtischen Arbeitszeitregelungen."
In § 9 Ziff. 1 des Vertrages ist geregelt, dass die gestellten Arbeitnehmer weiterhin
Arbeitnehmer der Beteiligten zu 3) im Sinne des Hessischen
Personalvertretungsgesetzes bleiben und dass der Personalrat gemäß § 103
HPVG deren zuständige Interessenvertretung ist. In § 12 Ziff. 1 des Vertrages ist
bestimmt, dass die Beteiligte zu 3) für die Personalgestellung von der Beteiligten
zu 1) keine finanziellen Leistungen im Sinne der Vorschriften der gewerblichen
Arbeitnehmerüberlassung erhält. Im Konsens aller Beteiligten nahm der
Personalrat der Beteiligten zu 3) ein Übergangsmandat für die bei der Beteiligten
zu 1) beschäftigten Mitarbeiter bis zur Wahl eines eigenen Betriebsrats wahr.
In der Vorlage des Magistrats an die Stadtverordnetenversammlung vom 20. Febr.
2004 heißt es zu Ziff. 7 ("D"):
"...Um den hierdurch entstehenden Verwaltungsaufwand so gering wie möglich
zu halten, ist es geboten, die im Zusammenhang mit der Personalbetreuung der
gestellten Mitarbeiter sowie der Grundstücks- und Gebäudeverwaltung anfallenden
Aufgaben im Rahmen der Geschäftsbesorgung der B GmbH zu übertragen. Damit
ist gewährleistet, dass die in einem Theaterbetrieb unabdingbar notwendigen
kurzen Entscheidungswege fortbestehen.... Damit ist die Ausübung der
Arbeitgeberfunktion der Stadt A gegenüber den personalgestellten Beschäftigten
für die Zukunft vor Ort sichergestellt."
Die Personalakten auch der gestellten Beschäftigten werden in der
Personalabteilung der Beteiligten zu 1) aufbewahrt.
Am 13. Dezember 2004 wurde ein Wahlvorstand gewählt. Dieser setzte sich aus
drei Personen zusammen, von denen zwei, darunter der Vorsitzende, auf Grund
des Personalgestellungsvertrages für die Beteiligte zu 1) tätig sind. Am 7. Januar
2005 erließ der Wahlvorstand ein Wahlausschreiben (Bl. 136 ff. d. A.). Dieses ging
von einem passiven Wahlrecht der gestellten Mitarbeiter im Sinne des § 8 Abs. 1
BetrVG sowie von deren Berücksichtigung bei der Berechnung der Zahl der zu
wählenden Betriebsratsmitglieder gemäß § 9 BetrVG und der Minderheitenquote
gemäß § 15 Abs. 2 BetrVG aus. Einigkeit bestand zwischen den Beteiligten
dahingehend, dass den gestellten Arbeitnehmern das aktive Wahlrecht zustand.
Mit Schreiben vom 19. Januar 2005 (Bl. 116, 117 d. A.) teilte der Geschäftsführer
der Beteiligten zu 1) dem Wahlvorstand mit, die Einbindung der gestellten
Mitarbeiter in die Betriebsratswahl (passives Wahlrecht sowie Berücksichtigung bei
der Berechnung der Zahl der zu wählenden Betriebsratsmitglieder bzw. der
Minderheitenquote) verstoße gegen die Regelungen des
Betriebsverfassungsgesetzes, und forderte den Wahlvorstand auf, das
Wahlausschreiben vom 19. Januar 2005 zurückzuziehen und ein neues,
rechtskonformes Wahlausschreiben zu erlassen. Der Wahlvorstand widersprach
dem. Ein von der Beteiligten zu 1) eingeleitetes Eilbeschlussverfahren, das auf die
Korrektur bzw. den Abbruch der Wahl gerichtet war, blieb erfolglos (Beschl. des
Hess. Landesarbeitsgerichts vom 17. Febr. 2005 – 9 TaBVGa 28/05 – EzAÜG § 14
AÜG Betriebsverfassung Nr. 61; Bl. 161 ff. d. A.).
Die Betriebsratswahl fand am 21., 22. und 23. Februar 2005 statt. Auf das
"vorläufige Wahlergebnis" vom 23. Febr. 2005 (Bl. 150 d. A.) wird verwiesen. Der
Vorsitzende des Wahlvorstandes übersandte dem Geschäftsführer der Beteiligten
zu 1) mit Schreiben vom 24. Febr. 2005 (Bl. 145 d. A.) die Wahlniederschrift vom
23. Febr. 2005 (Bl. 146 ff. d. A.). Mit E-Mail des Personalrats der Beteiligten zu 3) –
dessen stellvertretender Vorsitzender ist der Wahlvorstandsvorsitzende – vom 1.
März 2005 (Bl. 142 d. A.) an die bei der Beteiligten zu 1) Beschäftigten wurde
mitgeteilt, das der Wahlvorstand soeben die Namen der gewählten
Betriebsratsmitglieder durch Aushang (Bl. 143 d. A.) bekannt gegeben habe. Die
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Betriebsratsmitglieder durch Aushang (Bl. 143 d. A.) bekannt gegeben habe. Die
Bekanntmachung erfolgte am 1. März 2005.
Die Beteiligte zu 1) hat die Wahl, eingehend beim Arbeitsgericht am 8. März 2005,
angefochten. Sie hat die Wahl wegen grober Verkennung des Betriebsbegriffs für
nichtig, jedenfalls aber für ungültig gehalten. Diese habe gegen zwingende
Vorschriften des Betriebsverfassungsgesetzes, insbesondere gegen §§ 8, 9 und 15
Abs. 2 BetrVG, verstoßen, da den gestellten Mitarbeitern kein passives Wahlrecht
zustehe und sie nicht bei der Zahl der zu wählenden Betriebsratsmitglieder und
bei der Zusammensetzung des zu bildenden Betriebsrats nach Geschlechtern zu
berücksichtigen seien. Diese Auffassung hat die Beteiligte zu 1) auf den Beschluss
des Bundesarbeitsgerichts vom 10. März 2004 (7 ABR 49/03) gestützt.
Die Beteiligte zu 1) ist auch der Annahme des Wahlvorstandes entgegengetreten,
es gebe einen gemeinsamen Betrieb B, der von der Stadt A und der Beteiligten zu
1) gemeinsam geführt werde und dessen Betriebsangehörige sämtlich Mitarbeiter
der Beteiligten zu 1) und 3) seien. Hierfür fehle es an einer betrieblichen
Organisation und einer konkludenten oder ausdrücklichen Führungsvereinbarung.
Vielmehr sei in dem Personalgestellungsvertrag ausdrücklich geregelt, dass auch
für die Zukunft eine gemeinsame betriebliche Organisation nicht gewollt sei. Eine
einheitliche Leitung könne sich nicht in der Person des Geschäftsführers der
Beteiligte zu 1) und zugleich des Leiters des D verkörpern, da dieser bezüglich der
gestellten Mitarbeiter nicht die erforderlichen Kompetenzen habe. Er sei als Leiter
des D nicht allein in der Lage, über die für die betriebliche Mitbestimmung
relevanten Fragen von Entlassungen, Versetzungen, Arbeitsentgelt und sonstige
Arbeitszeitfragen selbständig zu entscheiden, wie sich auch aus Ziff. 2.3 der
Organisationsverfügung ergebe. In entscheidenden Fragen sei der Kulturdezernent
bzw. der Personalamtsleiter Ansprechpartner für den Personalrat. Es gebe zudem
eine Vielzahl von Zustimmungserfordernissen des D-leiters durch das Personal-
und Organisationsamt der Beteiligten zu 3). Die eingeschränkten Entscheidungs-
und Weisungsbefugnisse des Herrn E als Geschäftsführer der Beteiligten zu 1)
gegenüber den gestellten Mitarbeitern ergäben sich aus §§ 2, 3, 9 und 12 des
Personalgestellungsvertrages. Die Organisationsverfügung als nach Innen
gerichtete Verfügung meine mit "Ausübung der Arbeitgeberfunktion vor Ort" allein
die Weisungskompetenz der vor Ort im Betrieb konkret auszuführenden
Tätigkeiten. Durch die Schaffung des D habe einer Vermischung der
Zuständigkeiten aufgrund der Personalgestellung gerade entgegengewirkt werden
sollen. Es gäbe insbesondere keine einheitliche Personalabteilung.
Die Beteiligte zu 1) hat beantragt,
festzustellen, dass die Betriebsratswahl im Betrieb der B vom 21. bis 23. Febr.
2005 unwirksam ist.
Der Beteiligte zu 2) hat beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Die Beteiligte zu 3) hat keinen Antrag gestellt.
Der Beteiligte zu 2) ist der Auffassung gewesen, es bestünde ein gemeinsamer
Betrieb B, der gemeinsam von der Stadt A und der Beteiligten zu 1) geführt werde
mit der Folge, dass alle in diesem Betrieb tätigen Mitarbeiter, seien es gestellte
oder direkt bei der Beteiligten zu 1) angestellte Mitarbeiter, betriebsangehörige
Arbeitnehmer im Sinne der §§ 8, 9 BetrVG und damit passiv wählbar und bei der
Berechnung der Größe des zu wählenden Betriebsrats zu berücksichtigen seien.
Der Beteiligte zu 2) hat sowohl die für die Annahme eines gemeinsamen Betriebes
erforderliche einheitliche betriebliche Organisation als auch das Vorhandensein
eines einheitlichen Leitungsapparates in sozialen und personellen
Angelegenheiten, dieser verkörpert durch den Geschäftsführer der Antragstellerin,
der in Personalunion auch Leiter des D ist, für gegeben gehalten. Die
Entscheidungen in sozialen und personellen Angelegenheiten lägen auf
Arbeitgeberseite in einer Hand. Die innerbetriebliche Entscheidungsfindung läge
unabhängig von der formalen Ausübung der Arbeitgeberbefugnisse beim
Geschäftsführer und D. Leiter. Die innere Organisation der B hätte sich nicht
geändert. Sowohl gestellte als auch nicht gestellte Mitarbeiter übten
Vorgesetztenfunktionen aus.
Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Vorbringens der Beteiligten,
des vom Arbeitsgericht festgestellten Sachverhalts und des arbeitsgerichtlichen
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des vom Arbeitsgericht festgestellten Sachverhalts und des arbeitsgerichtlichen
Verfahrens wird auf die Sachdarstellung des angefochtenen Beschlusses
verwiesen.
Das Arbeitsgericht Frankfurt am Main hat den Antrag durch Beschluss vom 5. Okt.
2005 – 20 BV 538/05 – zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, nach
den Umständen des Einsatzes der bei der Arbeitgeberin direkt angestellten und
der gestellten Arbeitnehmer sei zumindest konkludent von einer
Führungsvereinbarung auszugehen. Der Einsatz der menschlichen Arbeitskraft
werde, wie sich aus der Organisationsverfügung vom 28. Sept. 2004 ergebe, von
einem einheitlichen Leitungsapparat gesteuert.
Die von der Beteiligten zu 1) hiergegen form- und fristgerecht eingelegte und
begründete Beschwerde zum Landesarbeitsgericht hatte keinen Erfolg. Durch
Beschluss der Beschwerdekammer vom 24. Aug. 2006 – 9 TaBV 215/05 – wurde
die Beschwerde der Beteiligten zu 1) zurückgewiesen. Bezüglich des
Anfechtungsantrages wurde die Rechtsbeschwerde zum Bundesarbeitsgericht
zugelassen. Auf die Gründe des Beschlusses der Beschwerdekammer vom 24.
Aug. 2006 wird Bezug genommen (Bl. 475 ff. d. A.). Die gegen diesen Beschluss
von der Beteiligten zu 1) eingelegte Rechtsbeschwerde zum Bundesarbeitsgericht
war erfolgreich. Durch Beschluss vom 16. April 2008 (– 7 ABR 4/07 – EzA § 1
BetrVG 2001 Nr. 7) hat das Bundesarbeitsgericht den Beschluss der erkennenden
Beschwerdekammer vom 24. Aug. 2006 aufgehoben und die Sache zur neuen
Anhörung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen. Auf die
Gründe des Beschlusses des Bundesarbeitsgerichts vom 16. April 2008 – 7 ABR
4/07 – wird Bezug genommen (Bl. 497 ff. d. A.).
Die Beteiligte zu 1) ist weiterhin der Auffassung, die mit Wahlausschreiben vom 7.
Jan. 2005 eingeleitete Betriebsratswahl leide an offensichtlichen Rechtsmängeln.
Das Arbeitsgericht sei rechtsfehlerhaft davon ausgegangen, dass die Beteiligten
zu 1) und 3) einen gemeinsamen Betrieb "B" führten. Hierfür fehle es an einem
einheitlichen Leitungsapparat und der Wahrnehmung von Arbeitgeberfunktionen
mit mitbestimmungsrechtlicher Relevanz. Das Arbeitsgericht habe das
übereinstimmende Verständnis der Organisationsverfügung, wie es in Form des
handschriftlichen Vermerks vom 28. Sept. 2004 festgehalten worden sei,
unberücksichtigt gelassen. Herr E sei nicht Dienststellenleiter des D und könne
deshalb nicht Verhandlungspartner des Personalrats sein. Die unverändert bei
dem Personalamt der Beteiligten zu 3) verbliebenen Rechte seien diejenigen, die
typischerweise der betrieblichen Mitbestimmung unterlägen. Es finde weder der
vom Bundesarbeitsgericht im aufhebenden Beschluss vom 16. April 2008
verlangte wechselseitige, arbeitgeberübergreifende Personaleinsatz zwischen den
Beteiligten zu 1) und 3) statt noch nehme die Beteiligte zu 3) außerhalb ihrer
gesellschaftsrechtlichen Stellung auf die Bühnenbetriebe Einfluss. Dem Einsatz
personeller Ressourcen bei der Beteiligten zu 3) stünde schon der
Gesellschaftsvertrag der Beteiligten zu 1) entgegen. Was die Befassung ihrer
Mitarbeiter mit Bau- und Finanzierungsangelegenheiten betreffe, liege es auf der
Hand, dass sie als alleinige Betreiberin des Bühnenbetriebs betriebsbezogene
Informationen für die Beteiligte zu 3) als Gesellschafterin aufbereite. Die Beteiligte
zu 1) arbeite mit Ausnahme von drei Computern zur Erledigung von für die
Beteiligte zu 3) durchzuführenden Finanzierungsangelegenheiten ausschließlich
mit eigenen Computern und -programmen. Es habe eine Trennung vom
Städtischen Datenverbund stattgefunden. Für beide Mitarbeitergruppen seien
unterschiedliche Frauenbeauftragte zuständig. Die Erstellung von Dienstplänen in
den Ämtern, bei den Eigenbetrieben und den Beteiligungsgesellschaften
entspreche jahrelanger Praxis. Fragen der Anwendung der künstlerischen
Tarifverträge auf das gestellte Personal bearbeitet das Rechtsamt der Beteiligten
zu 3) in Person des Magistratsdirektors F. Von der Beteiligten zu 1) dürften im
Rahmen der Geschäftsbesorgung nur Aufgaben im Rahmen der
Personalbetreuung vorgenommen werden, die nicht als rechtsverbindliche
Entscheidungen des D zu qualifizieren seien. Dies seien z. B. die Führung der
Personalakten, die Vorbereitung der Gehaltsabrechnungen und allgemeine
Aufgaben der Personalverwaltung. Das Personal- und Organisationsamt sei mit
Ausnahme der Diensteinsatz- und Ferienplanung für die wesentlichen personellen
und sozialen Angelegenheiten zuständig. Das schließe die Durchführung formeller
Verfahren im Bereich mitbestimmungspflichtiger Angelegenheiten mit ein. Die
Zuständigkeiten und Aufgaben des Personal- und Organisationsamtes ergäben
sich aus dem Aufgabengliederungsplan der Stadt A (Ziff. 11) sowie der
Allgemeinen Dienst- und Geschäftsanweisung. Die Erledigung der Aufgaben
erfolge nach Möglichkeit informell, was z. B. bei Höhergruppierungen mit dem
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erfolge nach Möglichkeit informell, was z. B. bei Höhergruppierungen mit dem
Beteiligten zu 2) so vereinbart worden sei. Komplexere und kritische Sachverhalte
würden im schriftlichen Verfahren abgehandelt. Auf die von der Beteiligten zu 1) im
Schriftsatz vom 19. Dez. 2008 auf Seite 17 ff. (Bl. 690 ff. d. A.) dargestellten
Vorgänge wird Bezug genommen.
Die vom Beteiligten zu 2) vorgetragenen Maßnahmen im Zusammenhang mit der
Dezentralisierung der Personal- und Organisationsarbeit bei der Beteiligten zu 3)
fänden auf das D nur in beschränktem Umfang Anwendung und nur insoweit, wie
es um auf individuelle Personen bezogene Regelungen ginge. Diese vertraglichen
Regelungen gingen den allgemeinen Organisationsregelungen als
Spezialregelungen vor. Die Regelungen hätten für das D zum größten Teil keine
praktische Relevanz. Das D sei als Abwicklungsamt mit den "aktiven" Ämtern der
Stadt A, auf die die Dezentralisierungsregelungen ersichtlich zugeschnitten seien,
nicht vergleichbar. Zum einen minimiere sich der Personalbestand der gestellten
Mitarbeiter permanent, zum anderen unterhalte das D aufgrund des
Übertragungsvertrages zwischen den Beteiligten zu 1) und 3) mangels eigener
Betriebsmittel keinen operativen Betrieb. Alle im Umfeld des Personaleinsatzes zu
treffenden operativen Entscheidungen betreffend die Bühnenbetriebe würden
ausschließlich von der Geschäftsführung der Beteiligen zu 1) getroffen. Herr E als
Leiter des D verfüge über keine Kompetenzen im Sinne des § 8 Abs. 2 HPVG, die
es ihm erlaubten, relevante Entscheidungen in Bezug auf die wesentlichen
sozialen und personellen Angelegenheiten der personalgestellten Mitarbeiter zu
treffen. Die Aufgabenwahrnehmung aufgrund vertraglicher Verpflichtungen lasse
keine Rückschlüsse auf den Abschluss der in Streit stehenden konkludenten
Führungsvereinbarung zu. Das gelte insbesondere hinsichtlich der
Themenkomplexe Übernahme der Verkehrssicherungspflichten,
Bevollmächtigungen der Beteiligten zu 1) durch die Beteiligte zu 3), hinsichtlich
des Bühnenbetriebs Erklärungen abzugeben und entgegenzunehmen, die Pflicht
zur Regelung zur Besitzstandswahrung gemäß § 2 des
Personalüberleitungsvertrages, die Pflicht zur Behandlung aller Beschäftigten als
interne Bewerber und zur Gleichbehandlung, die Pflicht zur Beachtung der
fortbestehenden Zuständigkeit der Vertrauensperson der Schwerbehinderten und
der Frauenbeauftragten, zur Durchführung der Gehaltsabrechnung, zur Einhaltung
der Arbeitsschutzvorschriften, zum Einsatz der Mitarbeiter gemäß gültigen
Organisationsplanes sowie zur Weiterbildung und Qualifizierung. Die denkbaren
Aufgabenbefugnisse: Genehmigung von Arbeitszeitveränderungen und Prüfung
von Höhergruppierungen würden ausschließlich vom Personal- und
Organisationsamt wahrgenommen. Die vom Beteiligten zu 2) genannten
Betriebsvereinbarungen seien nach seiner Wahl geschlossen worden und er somit
aus Rechtsgründen als zuständiger Betriebsrat zu respektieren gewesen.
Die Beteiligte zu 1) beantragt zuletzt,
den Beschluss des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 5. Okt. 2005 – 20
BV 538/05 – abzuändern und die Betriebsratswahl im Betrieb B GmbH vom 21. bis
23. Febr. 2005 für ungültig zu erklären.
Der Beteiligte zu 2) beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Die Beteiligte zu 3) stellt keinen Antrag.
Der Beteiligte zu 2) verteidigt den angefochtenen Beschluss und trägt ergänzend
vor, die Frage der Mitbestimmungsrelevanz beantworte sich aus der
Organisationsverfügung der Oberbürgermeisterin und dem
Personalgestellungsvertrag. Die wesentlichen drei Personen, die die Leitung des D
wahrnähmen, bildeten nach dem Organigramm der Beteiligten zu 1) (Bl. 411 ff. d.
A.) auch deren Geschäftsleitung. Es sei nicht erforderlich, dass diese jeweils auch
die arbeitsvertraglichen Kompetenzen wahrnähmen. Die Organisation der B habe
sich nicht geändert. Leiter der Verwaltung, der auch die Personalabteilung
unterstünde, sei nach wie vor Herr G, ein von der Beteiligten zu 3) beurlaubter
Beamter im Beschäftigungsverhältnis zur Antragstellerin. In der Personalabteilung
würden alle Aufgaben der Personalbetreuung und -verwaltung für die im
Arbeitsverhältnis zur Beteiligten zu 1) und Beteiligten zu 3) stehenden
Arbeitnehmer/innen erledigt. Zwischen gestellten und GmbH-Mitarbeitern würde
nicht unterschieden. Dienstpläne, Theaterferien und Urlaubspläne würden dort
einheitlich für alle Beschäftigten festgelegt.
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Der Beteiligte zu 2) meint, dem D kämen nach der Beschlussfassung der
Stadtverordnetenversammlung gemäß Magistratsvorlage M 41 die Aufgaben im
Zusammenhang mit der Personalbetreuung der gestellten Mitarbeiter sowie der
Grundstücks- und Gebäudeverwaltung zu, die im Wege der Geschäftsbesorgung
durch Mitarbeiterinnen der B erledigt würden. Maßgeblich seien die für alle
städtischen Ämter und Betriebe geltenden Zuständigkeitsregelungen. In der
Vergangenheit sei es bei der Beteiligten zu 3) üblich gewesen, dass die
Entscheidungen im Zusammenhang mit dem Personal zentral von dem dafür
zuständigen Amt, also dem Personal- und Organisationsamt, getroffen worden
seien. 1997 sei es jedoch im Zuge der Umsetzung von neuen
Steuerungsmodellen und der Budgetierung der Personalkosten zu erheblichen
Änderungen gekommen. Durch die Verfügung des Personaldezernenten seien
zahlreiche Kompetenzen und Entscheidungsbefugnisse der Personalarbeit vom
Personal- und Organisationsamt auf die Ämter und Betriebe delegiert worden. Mit
Wirkung vom 1. Nov. 1996 sei der Personaleinsatz für alle Stellen an die Ämter und
Betriebe in Eigenzuständigkeit abgegeben worden. Ausgenommen worden seien
lediglich u. a. Stellen mit Vorgesetztenfunktionen sowie Stellenbesetzungen bei
"sonstigen Angestellten". Die Übertragung habe die Durchführung von
Stellenbesetzungsverfahren, Bearbeitung interner und externer Bewerbungen,
Durchführung des Personalauswahlverfahrens, die Übertragung von höher, gleich
und niedriger bewerteten Stellen, Umsetzungen, Abordnungen, Genehmigung von
Arbeitszeitänderungen, die Aufhebung von Sonderurlauben, die Prüfung und
Handhabung von Höhergruppierungen und die Betreuung der sich im
Sonderurlaub befindenden Bediensteten erfasst. Die Aufgabe des Personal- und
Organisationsamtes sei danach die einer zentralen Serviceeinheit zur
Unterstützung, Schulung, Beratung und Vermittlung erforderlicher
Spezialkenntnisse sowie zur Wahrnehmung einer Fachaufsicht zwecks Überprüfung
der ordnungsgemäßen Aufgabenerledigung und zentrale
Personalvermittlungsstelle gewesen. Hinsichtlich der Beteiligung nach dem HPVG
sei vorgesehen worden, diese ebenfalls in die Entscheidungskompetenz der Ämter
und Betriebe zu geben. Zur Einleitung formeller Beteiligungsverfahren seien die
Fachdezernenten/innen befugt worden, sofern keine Einigung mit der
Personalvertretung im informellen Verfahren habe erzielt werden können. Das
Personal- und Organisationsamt habe erst tätig werden sollen, wenn das vom
Fachdezernenten eingeleitete Beteiligungsverfahren zu keinem Erfolg geführt
hätte. Mit der Verfügung Nr. 180 vom 29. Okt. 1996 seien die Zuständigkeiten
dezentralisiert worden. Mit Magistratsbeschluss Nr. 2115 vom 13. Dez. 1996 seien
diese Inhalte zusammenfassend festgelegt worden. Daneben sei auch eine
Dezentralisierung in der Stellenbewirtschaftung vorgenommen worden. Die
Führung der Personalakten obliege den Ämtern und Betrieben. Dem D stünde für
die Erfüllung seiner Aufgaben kein gesondertes Personal zur Verfügung. Die
Verwaltung unterstünde weiterhin Herrn G, der diese Aufgabe auch vor dem 1.
Sept. 2004 wahrgenommen habe. Im Bereich Personalverwaltung und -betreuung
würden sämtliche Personalangelegenheiten sämtlicher Beschäftigter
wahrgenommen. Beschäftigte der Beteiligten zu 1) wirkten maßgeblich an der
Durchführung des Umbaus und der Erweiterung der Werkstätten mit. Einheitliche
Regelungen gebe es für die Festlegung der Theaterferien und der Dienstpläne
sowie der Durchführung bestimmter Prüfungen. Eingruppierungen und
Stellenbewertungen würden einheitlich von Herrn G wahrgenommen. Auch seitens
des D.-leiters würden personelle Maßnahmen mit unmittelbarer Wirkung für die
gestellten Mitarbeiter veranlasst.
Dementsprechend seien die Betriebsvereinbarung zum Schutz der Nichtraucher
und Nichtraucherinnen, die Regelung der Arbeitszeit und von Überstunden,
Urlaubsgrundsätze, drei Betriebsvereinbarungen über technische
Kontrolleinrichtungen, die Bestellung von Sicherheitsbeauftragten und Regelungen
über die Arbeitssicherheit, Verhandlungen über die zwei Kantinen, Beratungen zu
Arbeitsabläufen, Arbeitsplätzen usw., die Personalplanung sowie Versetzungen im
Sinne der §§ 95 Abs. 3, 99 BetrVG, Ein- und Umgruppierungen und
Kündigungsanhörungen gemäß § 102 BetrVG ohne das Personal- und
Organisationsamt durchgeführt worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Beschwerdevorbringens wird auf den
vorgetragenen Inhalt der Beschwerdeschriftsätze und die Sitzungsniederschriften
vom 24. Aug. 2006, 20. Nov. 2008 und 19. Febr. 2009 verwiesen.
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Die Beschwerde ist statthaft, § 87 Abs. 1 ArbGG, und zulässig, da sie form- und
fristgerecht eingelegt und begründet worden ist, §§ 87 Abs. 2 Satz 1, 66 Abs. 1
Satz 1, 89 Abs. 1 und 2 ArbGG. Die Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg. Der
Anfechtungsantrag ist zulässig. Das Bundesarbeitsgericht hat zwar den
Kammerbeschluss vom 24. Aug. 2006 aufgehoben, weil keine hinreichenden
Feststellungen zum Rechtsschutzbedürfnis des Anfechtungsantrages getroffen
worden seien. Dem Anfechtungsantrag mangelt es indessen nicht am
Rechtsschutzbedürfnis. Der Beteiligte zu 2) war nicht gehalten, im Jahre 2006
Neuwahlen einzuleiten, da seine Amtszeit am 1. März 2006 noch nicht ein Jahr
betragen hat, § 13 Abs. 2 Satz 2 BetrVG. Es ist zwischen den Beteiligten unstreitig,
dass der Wahlvorstand das endgültige Wahlergebnis (§ 18 BetrVG) am 1. März
2005 bekannt gemacht hat. Auf den Vortrag des Betriebsrats im Schriftsatz vom
29. Sept. 2008, Seite 1 bis 3, Bl. 510 ff. d. A. sowie die auszugsweise vorgelegten
Wahlakten wird Bezug genommen.
Der Antrag ist auch begründet. Die angefochtene Wahl ist unwirksam, weil der
Betriebsbegriff verkannt worden ist. Die Beteiligten zu 1) und 3) führen hinsichtlich
der B keinen gemeinsamen Betrieb.
Dies ergibt sich zwar nicht aus der Vermutungswirkung des § 1 Abs. 2 BetrVG.
Auch aufgrund des ergänzenden Vorbringens im Beschwerdeverfahren besteht
keine hinreichende Grundlage für die Annahme des Vermutungstatbestandes
wegen des gemeinsamen Einsatzes von Betriebsmitteln und Arbeitnehmern, § 1
Abs. 2 Nr. 1 BetrVG. Auch wenn die gestellten Mitarbeiter, für die die Beteiligte zu
1) der Beteiligten zu 3) die Kosten erstattet, bei der Beteiligten zu 3) generell nicht
eingesetzt werden, findet zwar gleichwohl ein gemeinsamer Personaleinsatz
insoweit statt, als nach dem handschriftlichen Vermerk vom 28. Sept. 2004 nach
telefonischer Rücksprache mit dem POA bezüglich der Leitung des D neben dem
Geschäftsführer Herrn E Frau Dr. H und Herr I für ihre jeweiligen Sparten die
Leitungsmacht ausüben sollen, ohne dass ersichtlich wäre, dass diese beiden
Mitarbeiter einen Anstellungsvertrag auch mit der Beteiligten zu 3) hätten. § 1
Abs. 1 Nr. 1 BetrVG setzt jedoch den gemeinsamen Einsatz von Arbeitnehmern
und Betriebsmitteln kumulativ voraus. Hier fehlt es am gemeinsamen
Betriebsmitteleinsatz. Die Betriebsmittel befinden sich in der Hand der Beteiligten
zu 1). Die unentgeltliche Überlassung der Grundstücke der Beteiligten zu 3) an die
Beteiligte zu 1) stellt keinen gemeinsamen Betriebsmitteleinsatz dar. Vielmehr ist
die Beteiligte zu 1) entsprechend den steuerrechtlichen Vorgaben langfristig und
unentgeltlich zur alleinigen Nutzung der Grundstücke befugt. Auch das
Bundesarbeitsgericht hat im aufhebenden Beschluss vom 16. April 2008 (a. a. O.)
angenommen, die zur Führung des Bühnenbetriebs erforderlichen Betriebsmittel
würden nicht von beiden Arbeitgeberinnen, sondern nur von der Beteiligten zu 1)
genutzt. Der Vermutungstatbestand kann auch nicht auf § 1 Abs. 2 Nr. 2 BetrVG
gestützt werden, denn die Organisation des Betriebs der Beteiligten zu 1) hat sich
wesentlich geändert. Dies ergibt sich schon daraus, dass die Bühnenbetriebe in
eine privatrechtliche Form transferiert worden sind, eine eigenständige
Geschäftsführung nach dem GmbHG haben und keinen öffentlich-rechtlichen
Organisationsstrukturen mit der Entscheidungsbefugnis der Oberbürgermeisterin,
des Magistrats und des Dezernenten mehr unterliegen.
Greifen die Vermutungstatbestände des § 1 Abs. 2 BetrVG nicht ein, besteht
gleichwohl ein gemeinsamer Betrieb, wenn festgestellt werden kann, dass sich die
Unternehmen – ausdrücklich oder konkludent – zur Führung eines gemeinsamen
Betriebs rechtlich verbunden haben. Die von der Rechtsprechung zum
Gemeinschaftsbetrieb entwickelten Grundsätze gelten insofern weiter. Dabei kann
auf die Existenz einer Führungsvereinbarung aus den tatsächlichen Umständen
des Einzelfalles geschlossen werden (BAG Beschluss vom 11. Februar 2004 – 7
ABR 27/03 – EzA § 1 BetrVG 2001 Nr. 2; BAG 24. Januar 1996 – 7 ABR 10/95 – EzA
BetrVG 1972 § 1 Nr. 10, zu B 3 b bb der Gründe). In rechtlicher Hinsicht geht das
Beschwerdegericht allerdings davon aus, dass ein wechselseitiger Personaleinsatz
nicht Voraussetzung für einen Gemeinschaftsbetrieb ist, sondern nach § 1 Abs. 2
Nr. 1 BetrVG Voraussetzung für den Vermutungstatbestand. Diese angebliche
Voraussetzung kann man z. B. in der Veröffentlichung des Betriebsberaters (BB
2008, 1864) nachlesen. Es heißt dort unter "Orientierungssätze der Richterinnen
und Richter des BAG": Ein Gemeinschaftsbetrieb i. S. des § 1 Abs. 1 Satz 2 BetrVG
setzt den arbeitgeberübergreifenden Einsatz der Arbeitnehmer zur Erfüllung eines
oder mehrerer gemeinsamer arbeitstechnischer Betriebszwecke voraus." In der
Dokumentation in Juris findet sich ein derartiger Orientierungssatz indessen nicht.
In einer seiner folgenden Entscheidungen hat das Bundesarbeitsgericht (Beschluss
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In einer seiner folgenden Entscheidungen hat das Bundesarbeitsgericht (Beschluss
vom 13. Aug. 2008 – 7 ABR 21/07 – NZA-RR 2009, 255 = Juris) die Frage, ob es
dieser von Kreutz (FS Richardi, 637, 653) vertretenen Auffassung folgen wolle,
ausdrücklich offengelassen. Das Bundesarbeitsgericht führt im aufhebenden
Beschluss vom 16. April 2008 (a. a. O.) im Rahmen der Würdigung der
Tatsachenfeststellung durch das Beschwerdegericht insoweit auch lediglich aus, es
fehle an einem wechselseitigen arbeitgeberübergreifenden Personaleinsatz, der für
den Betriebsablauf in einem Gemeinschaftsbetrieb kennzeichnend sei.
Der Betriebsbegriff knüpft an die organisatorische Einheit an. Betrieb im Sinne des
BetrVG ist die organisatorische Einheit, innerhalb derer der Arbeitgeber
zusammen mit den beschäftigten Arbeitnehmern bestimmte arbeitstechnische
Zwecke fortgesetzt verfolgen. Die einen Betrieb konstituierende Leitungsmacht
wird dadurch bestimmt, dass der Kern der Arbeitgeberfunktionen in personellen
und sozialen Angelegenheiten von derselben institutionalisierten Leitung im
Wesentlichen selbständig ausgeübt wird (BAG Beschluss vom 17. Aug. 2005 – 7
ABR 62/04 – Juris; BAG Beschluss vom 25. Mai 2005 – 7 ABR 38/04 – EzA § 1
BetrVG 2001 Nr. 3; BAG Beschluss vom 11. Februar 2004 – 7 ABR 27/03 – EzA § 1
BetrVG 2001 Nr. 2; BAG Beschluss vom 21. Juli 2004 – 7 ABR 56/03 – Juris; BAG
Urteil vom 3. Juni 2004 – 2 AZR 386/02 – EzA § 23 KSchG Nr. 27). Ein Betrieb kann
auch von mehreren Arbeitgebern als gemeinsamer Betrieb geführt werden. Von
einem gemeinsamen Betrieb mehrerer Unternehmen ist nach ständiger
Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG Beschluss vom 17. Aug. 2005 –
7 ABR 62/04 – Juris; BAG Beschluss vom 11. Februar 2004 – 7 ABR 27/03 – EzA § 1
BetrVG 2001 Nr. 2; BAG Beschluss vom 21. Februar 2001 – 7 ABR 9/00 – EzA
BetrVG 1972 § 1 Nr. 11; BAG Beschluss 31. Mai 2000 – 7 ABR 78/98 – EzA § 19
BetrVG 1972 Nr. 39, zu B III 1 der Gründe; BAG Beschluss vom 9. Februar 2000 – 7
ABR 21/98 – Juris = DB 2000, 384, zu B I der Gründe) auszugehen, wenn die in
einer Betriebsstätte vorhandenen materiellen und immateriellen Betriebsmittel für
einen einheitlichen arbeitstechnischen Zweck zusammengefasst, geordnet und
gezielt eingesetzt werden und der Einsatz der menschlichen Arbeitskraft von
einem einheitlichen Leitungsapparat gesteuert wird. Die beteiligten Unternehmen
müssen sich zumindest stillschweigend zu einer gemeinsamen Führung rechtlich
verbunden haben. Die einheitliche Leitung muss sich auf die wesentlichen
Funktionen des Arbeitgebers in personellen und sozialen Angelegenheiten
erstrecken. Die Funktionen des Arbeitgebers müssen institutionell einheitlich für
die beteiligten Unternehmen wahrgenommen werden.
Das Beschwerdegericht hat im aufgehobenen Beschluss ausreichende Indizien für
eine unternehmensübergreifende einheitliche Leitung in Bezug auf die
wesentlichen Arbeitgeberfunktionen in personellen und sozialen Angelegenheiten
für die Arbeitnehmer der Beteiligten zu 1) und 3) und eine gemeinsame Ausübung
der Arbeitgeberbefugnisse sowie eine Führungsvereinbarung u. a. in der
Personenidentität der Leitung der Beteiligten zu 1) und des D (vgl. BAG Beschluss
vom 25. Mai 2005 – 7 ABR 38/04 – EzA § 1 BetrVG 2001 Nr. 3; BAG Beschluss vom
11. Februar 2004 – 7 ABR 27/03 – EzA § 1 BetrVG 2001 Nr. 2) gesehen. Nach der
Organisationsverfügung der Oberbürgermeisterin vom 28. Sept. 2004 (Bl. 91, 92 d.
A.), die die Übertragung der B auf die Beteiligte zu 1) betrifft, sollten dem D
Grundstücks- und Gebäudeverwaltung sowie die Personalverwaltung und -
betreuung hinsichtlich der gestellten Arbeitnehmer obliegen. Die Leitung des D
wird danach vom Geschäftsführenden Intendanten der B und Geschäftsführer der
Beteiligte zu 1) wahrgenommen. Damit sollte die Ausübung der
Arbeitgeberfunktion vor Ort sichergestellt werden. Mit Arbeitgeberfunktion kann
nur die der Beteiligten zu 3) gemeint sein, mit "vor Ort" der Betrieb der B. Die
Stadt A regelte mithin durch diese Organisationsverfügung, dass ihre
Arbeitgeberbefugnisse hinsichtlich der gestellten Arbeitnehmer bei den B durch
den Geschäftsführer der Beteiligten zu 1), der auch einen Arbeitsvertrag mit der
Stadt hat, sichergestellt, also auch wahrgenommen werden. Der Geschäftsführer
übt die Fachaufsicht über die gestellten Mitarbeiter aus. Dies wird bestärkt durch
den handschriftlichen Vermerk des POA vom 28. Sept. 2004, wonach die beim D
anfallenden Arbeiten im Rahmen der Geschäftsbesorgung durch Mitarbeiter/innen
der B erledigt werden. Grundlage für diese Auslegung bildeten die Beschlüsse der
Stadtverordnetenversammlung und des Magistrats vom 20. Febr. und 25. März
2004, worin festgehalten sei, dass die B die Aufgaben des D im Rahmen der
Geschäftsbesorgung wahrnähmen. Da dies unentgeltlich geschehe, sei keine
vertragliche Vereinbarung notwendig. Weiteres Indiz, wenn auch generell kein
entscheidendes (vgl. BAG Beschluss vom 25. Mai 2005 – 7 ABR 38/04 – EzA § 1
BetrVG 2001 Nr. 3), ist die gemeinsame räumliche Unterbringung der Mitarbeiter.
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Diese Hilfstatsachen reichen nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts im
aufhebenden Beschluss jedoch nicht zur Annahme einer ausdrücklichen oder
konkludenten Führungsvereinbarung aus. Das Bundesarbeitsgericht hat im
aufhebenden Beschluss vom 16. April 2008 (a. a. O.) angenommen, die von den
Beteiligten zu 1) und 3) vereinbarte Form der unternehmerischen
Zusammenarbeit sei nach den bisherigen Feststellungen nicht auf die
gemeinschaftliche Erreichung eines einheitlichen arbeitstechnischen Zwecks
gerichtet. Die zu 3) beteiligte Stadt stelle der Beteiligten zu 1) lediglich einen Teil
der zur Fortführung des Bühnenbetriebs notwendigen Betriebsmittel zur
Verfügung, ohne jedoch selbst an der Erreichung des von der Beteiligten zu 1)
verfolgten Betriebszwecks mitzuwirken. Nach den vertraglichen Vereinbarungen
werde der Bühnenbetrieb nur von der zu 1) beteiligten Arbeitgeberin geführt. Dies
folge aus der Präambel des Übertragungsvertrags vom 1. April 2004 und aus § 1
Abs. 2 Satz 1 des Personalüberleitungsvertrags vom gleichen Tag, wonach die zu
1) beteiligte Arbeitgeberin entsprechend einer in ihrem Gesellschaftsvertrag
enthaltenen Verpflichtung den Theaterbetrieb fortführe. Eine Weisungs- und
Entscheidungsbefugnis der zu 3) beteiligten Stadt bei der Ausgestaltung des
Bühnenbetriebs sähen die Vereinbarungen nicht vor. Vielmehr habe sich die zu 3)
beteiligte Stadt gegenüber der Beteiligten zu 1) nur zur Bereitstellung der für die
Fortführung des Bühnenbetriebs erforderlichen Betriebsmittel verpflichtet. Hierzu
zähle die Überlassung der zuvor vom Regiebetrieb "B" genutzten Immobilien und
die Personalgestellung der Arbeitnehmer, die dem Übergang ihrer
Arbeitsverhältnisse auf die Beteiligte zu 1) widersprochen haben. Der Einsatz der
Arbeitnehmer der zu 3) beteiligten Stadt bei der Beteiligten zu 1) beruhe auf der
im Personalgestellungsvertrag vom 1. April 2004 getroffenen Vereinbarung und
vollziehe sich damit auf der Grundlage einer möglicherweise wegen fehlender
Gewinnerzielungsabsicht nicht erlaubnispflichtigen Arbeitnehmerüberlassung der
zu 3) beteiligten Stadt. Es bestehe keine organisatorische Einheit zwischen den
beteiligten Arbeitgeberinnen. Es fehle an einem wechselseitigen
arbeitgeberübergreifenden Personaleinsatz, der für den Betriebsablauf in einem
Gemeinschaftsbetrieb kennzeichnend sei. Selbst der Betriebsrat habe bisher nicht
vorgetragen, dass die zu 3) beteiligte Stadt außerhalb ihrer
gesellschaftsrechtlichen Stellung auf den Bühnenbetrieb der Beteiligten zu 1)
Einfluss nehme oder deren Arbeitnehmer dem Weisungsrecht von Vertretern der
zu 3) beteiligten Stadt unterlägen. Daher vermöge auch die Personenidentität von
Herrn E, der zugleich Geschäftsführer der zu 1) beteiligten Arbeitgeberin und Leiter
des D der zu 3) beteiligten Stadt sei, im Streitfall keine Vermutung für einen
unternehmerischen Zusammenschluss zur gemeinsamen Betriebsführung
begründen. Herr E wirke als D.-leiter nicht für die zu 3) beteiligte Stadt an der
Führung des Bühnenbetriebs mit, sondern stellt nur die in § 3 Abs. 2 PGV der
Beteiligten zu 1) übertragene Ausübung des Direktionsrechts gegenüber den von
der zu 3) beteiligten Stadt gestellten Arbeitnehmern sicher.
Das Beschwerdegericht hat den Sachverhalt im Sinne dieser Entscheidung weiter
aufgeklärt. Über die bisherigen Feststellungen hinaus konnten im Hinblick auf die
Beanstandungen des Bundesarbeitsgerichts keine relevanten neuen Tatsachen
festgestellt werden. Über die Tatsache, dass die Beteiligte zu 3) die
Personalbetreuung der gestellten Mitarbeiter und Ausübung der
Weisungsbefugnisse gegenüber diesen durch die Beteiligte zu 1), deren
Geschäftsführer zugleich das D leitet, im Rahmen eines mündlichen
Geschäftsbesorgungsvertrages ausüben lässt, ließ sich die Tatsachengrundlage
für einen einheitlichen Leitungsapparat nicht erweitern. Es kann der Beteiligten zu
3) nicht widerlegt werden, dass die Entscheidungsbefugnisse in
mitbestimmungspflichtigen Angelegenheiten in personellen und sozialen
Angelegenheiten nicht dem D.-leiter übertragen worden, sondern bei ihrem
Personal- und Organisationsamt verblieben sind, weil faktisch die
Beteiligungsverfahren seit der Wahl des Beteiligten zu 2) bei der Beteiligten zu 1)
stattfinden. Der gewählte Betriebsrat ist rechtlich aufgrund der noch nicht
rechtskräftigen Entscheidung über die Gültigkeit der angefochtenen Wahl von der
Beteiligten zu 1) als zuständige Arbeitnehmervertretung für deren sämtliche
Beschäftigten zu respektieren. Auf der anderen Seite besagt der Umstand, dass
der Beteiligte zu 2) seit seiner Wahl von der Beteiligten zu 1) auch in den
Angelegenheiten der gestellten Mitarbeiter beteiligt wird, nichts aus, denn die
Beteiligte zu 1) ist derzeit dazu verpflichtet. Es ist aus dem Vorbringen der
Beteiligten aber auch nicht deutlich geworden, an welcher Stelle die Beteiligte zu
3) in die personelle Leitung des Bühnenbetriebes eingegriffen hätte. Es besteht
weder eine gemeinsame Urlaubsplanung, diese wird vielmehr allein durch die
Beteiligte zu 1) durchgeführt, noch eine arbeitgeberübergreifende Vertretung in
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Beteiligte zu 1) durchgeführt, noch eine arbeitgeberübergreifende Vertretung in
Urlaubs- und Krankheitszeiten. Die Entscheidungen im Personaleinsatz der
Bühnenbetriebe werden von der Geschäftsleitung der Beteiligten zu 1) getroffen.
Bei einer derartigen Sachlage, bei der sich die Beteiligung eines Arbeitgebers auf
das Zur-Verfügung-Stellen seiner Arbeitnehmer an einen anderen Arbeitgeber
beschränkt, hat das Bundesarbeitsgericht in seiner Entscheidung vom 13. Aug.
2008 (– 7 ABR 21/07 – NZA-RR 2009, 255 = Juris) eine Wahrnehmung der
maßgeblichen Arbeitgeberfunktion durch eine einheitliche Leitung verneint.
Die gestellten Arbeitnehmer waren in entsprechender Anwendung des § 14 Abs. 2
Satz 1 AÜG nicht wählbar. Das AÜG findet vorliegend grundsätzlich Anwendung, da
kein Fall der vorübergehenden konzerninternen Arbeitnehmerüberlassung im
Sinne des § 1 Abs. 3 Nr. 2 AÜG vorliegt. Die Ausnahmeregelung des § 1 Abs. 3 Nr.
2 AÜG, die das AÜG auf die Fälle vorübergehender konzerninterner
Arbeitnehmerüberlassung weitgehend für unanwendbar erklärt, greift hier nicht
ein, weil die Überlassung der Arbeitnehmer an die Beteiligte zu 1) nicht nur
vorübergehend erfolgt (BAG, Beschluss vom 20. April 2005 – 7 ABR 20/04 – EzA §
14 AÜG Nr. 5). Ist eine Beschäftigung der Arbeitnehmer im eigenen Unternehmen
bei realistischer Betrachtung überhaupt nicht vorgesehen, so ist § 1 Abs. 3 Nr. 2
AÜG nicht anwendbar (BAG a. a. O.). Es muss also bereits zum Zeitpunkt der
Überlassung feststehen, dass der Arbeitnehmer in sein ursprüngliches
Unternehmen zurückkehren und nicht etwa endgültig aus diesem Unternehmen
ausscheiden soll. Eine Beschäftigung der gestellten Arbeitnehmer bei der
Beteiligten zu 3) ist faktisch nicht vorgesehen. Die Mitarbeiter können bei der
Beteiligten zu 3) nicht tätig werden, denn diese unterhält keinen Theaterbetrieb. Es
ist nicht davon auszugehen, dass die Privatisierung der B jemals rückgängig
gemacht werden soll. Dies ist kein Fall der vorübergehenden konzerninternen
Arbeitnehmerüberlassung.
§ 14 Abs. 1 AÜG ist allerdings nicht unmittelbar anwendbar, weil es sich bei der
Personalgestellung nicht um gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung im Sinne
des AÜG handelt. Unter gewerbsmäßig im Sinne des Art. 1 § 1 Abs. 1 AÜG ist jede
nicht nur gelegentliche, sondern auf eine gewisse Dauer angelegte und auf die
Erzielung unmittelbarer oder mittelbarer wirtschaftlicher Vorteile gerichtete
selbständige Tätigkeit zu verstehen (BAG Beschluss vom 20. April 2005 – 7 ABR
20/04 – EzA § 14 AÜG Nr. 5 mit weiteren Nachw.). Dabei kommt es nicht darauf
an, dass der Betrieb überwiegend auf dem Gebiet der Arbeitnehmerüberlassung
tätig ist; es genügt, dass die Arbeitnehmerüberlassung als solche im Einzelfall der
Hauptzweck des Geschäfts ist. Deshalb kommt es auch nicht darauf an, ob ein
Unternehmer neben der Arbeitnehmerüberlassung noch andere gewerbliche
Zwecke verfolgt und in welchem Verhältnis zahlenmäßig die übrigen Arbeitnehmer
des Betriebes zu den Leiharbeitnehmern stehen. Das entscheidende Kriterium für
die Gewerbsmäßigkeit ist die Gewinnerzielungsabsicht, wobei es nicht darauf
ankommt, ob tatsächlich ein Gewinn erzielt wird. Es reicht aus, dass mit der
Arbeitnehmerüberlassung lediglich ein mittelbarer Gewinn angestrebt wird (BAG
Beschluss vom 20. April 2005 – 7 ABR 20/04 – EzA § 14 AÜG Nr. 5; BAG Urteil vom
21. März 1990 – 7 AZR 198/89 – EzA § 1 AÜG Nr. 2 m. w. Nachw.). Für eine
gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung spricht es zwar, dass auch ein
Verleiher, der auf Selbstkostenbasis tätig wird, gewerbsmäßige
Arbeitnehmerüberlassung betreiben kann, wenn sich dies wirtschaftlich positiv auf
das Unternehmen auswirkt (vgl. LAG Schleswig-Holstein Beschluss vom 3. Juli 2008
– 4 TaBV 9/08 – EzAÜG § 1 AÜG Gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung Nr.
43). Bei diesem Sachverhalt liegt nach st. Rechtsprechung des
Bundesarbeitsgerichts (vgl. BAG Beschluss vom 20. April 2005 – 7 ABR 20/04 –
EzA § 14 AÜG Nr. 5 mit weiteren Nachw.) indessen keine gewerbsmäßige
Arbeitnehmerüberlassung ohne Erlaubnis mit der Folge, dass gemäß § 10 Abs. 1
Satz 1 AÜG Arbeitsverhältnisse mit der Beteiligten zu 1) fingiert würden, vor. Das
Bundesarbeitsgericht (a. a. O.) argumentiert, eine Gewinnerzielungsabsicht sei zu
verneinen, wenn das Überlassungsentgelt allenfalls die Selbstkosten des
Verleihers decke. Eine Gewinnerzielungsabsicht hat das Bundesarbeitsgericht
selbst bei einer 5%igen Umlage verneint, die die Verwaltungskosten gedeckt hat
(BAG Beschluss vom 20. April 2005 – 7 ABR 20/04 – EzA § 14 AÜG Nr. 5). Die
Beteiligte zu 3) erhält indessen lediglich eine Kostenerstattung für das gestellte
Personal, jedoch keinen Gewinnaufschlag. Nach § 12 Abs. 1 des
Personalgestellungsvertrages erhält die Stadt keine finanziellen Leistungen im
Sinne der Vorschriften des AÜG, sondern nach § 12 Abs. 2 lediglich die gezahlte
Bruttovergütung zzgl. Arbeitgeberanteilen an der Sozialversicherung und sonstiger
Lohnnebenkosten sowie die Aufwendungen für die Erbringung der Abrechnungen
und Personalbetreuung.
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§ 14 Abs. 1 AÜG findet jedoch bezogen auf den Zeitpunkt der angefochtenen
Betriebsratswahl entsprechende Anwendung. Dies hat das Bundesarbeitsgericht
für die nicht geregelten Erscheinungsformen der nichtgewerbsmäßigen
Arbeitnehmerüberlassung ausdrücklich bejaht (BAG Beschluss vom 13. Aug. 2008
– 7 ABR 21/07 – NZA-RR 2009, 255 = Juris; BAG Beschluss vom 20. April 2005 – 7
ABR 20/04 – EzA § 14 AÜG Nr. 5; BAG Beschl. vom 22. März 2000 – 7 ABR 34/98 –
EzA § 14 AÜG Nr. 4; LAG Hamburg Beschluss vom 25. Mai 2008 – 5 TaBV 12/07 –
LAGE § 14 AÜG Nr. 1 (Rechtsbeschwerde eingelegt unter dem Az. 7 ABR 51/08)).
Wegen der Vergleichbarkeit der Interessenlage ist es für die
betriebsverfassungsrechtliche Stellung des Leiharbeitnehmers ohne Belang, ob ein
Verleiher gewerbsmäßig oder nicht gewerbsmäßig handelt. Auch bei nicht
gewerbsmäßiger Arbeitnehmerüberlassung wird der Leiharbeitnehmer unter
Fortbestand seiner vertraglichen Beziehungen zum Verleiher in die
Betriebsorganisation des Entleihers eingegliedert.
Entgegen der Auffassung des Beteiligten zu 2) ist die vorübergehende Dauer der
Überlassung nach der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 10. März
2004 (– 7 ABR 49/03 – EzA § 9 BetrVG 2001 Nr. 2) keine Voraussetzung für die
Annahme der entsprechenden Anwendung des § 14 Abs. 1 AÜG (vgl. BAG
Beschluss vom 20. April 2005 – 7 ABR 20/04 – EzA § 14 AÜG Nr. 5 zu B II 2 d aa (1)
d. Gr.), sondern hatte dort nur im Rahmen der Prüfung einer Konzernleihe
rechtliche Bedeutung. Der Umstand, dass für das gestellte Personal eine
dauerhafte Überlassung an die Beteiligte zu 1) vorgesehen ist, ändert nichts
daran, dass die Interessenlage mit derjenigen gewerbsmäßiger
Arbeitnehmerüberlassung vergleichbar und daher hinsichtlich der
betriebsverfassungsrechtlichen Zuordnung die entsprechende Anwendung des §
14 Abs. 1 AÜG geboten ist (BAG Beschluss vom 20. April 2005 – 7 ABR 20/04 –
EzA § 14 AÜG Nr. 5 zu B II 2 d aa (1) d. Gr).
Diese Rechtsprechung des BAG ist nach dem Wegfall der
Überlassungshöchstdauer, wie sie in § 3 Abs. 1 Nr. 6 AÜG geregelt war, im Jahre
2004 zwar in die Kritik geraten (vgl. LAG Hamburg Beschluss vom 25. Mai 2008 – 5
TaBV 12/07 – LAGE § 14 AÜG Nr. 1 (Rechtsbeschwerde eingelegt unter dem Az. 7
ABR 51/08)). Die gewählte Konstruktion beeinträchtigt die
betriebsverfassungsrechtliche Mitbestimmung, da die gestellten Arbeitnehmern
weder bei der Anzahl der zu wählenden Betriebsräte noch bei der Zahl von
Freistellungen zu berücksichtigen sind. Die Lösung kann darin liegen, in den Fällen,
in denen Leiharbeitnehmer ohne zeitliche Begrenzung eingesetzt werden, im
Einzelfall auch ohne arbeitsvertragliche Bindung zum Entleiher eine
Betriebszugehörigkeit zum Entleiherbetrieb anzunehmen. Das vertritt Dörner
(Festschrift Wissmann, 2005, S. 287, 297, 298) jedenfalls für den Fall, dass die
einzige Aufgabe des Verleihers darin besteht, einem einzigen Vertragspartner
Mitarbeiter zur Verfügung zu stellen. In der Instanzrechtsprechung wird vertreten,
dass eine dauernde Gestellung für eine Überlassung im Sinne des AÜG nicht
typisch ist und deshalb eine entsprechende Anwendung des AÜG ausscheide (vgl.
LAG Hamburg Beschluss vom 3. Sept. 2007 – 8 TaBV 17/06 – Juris; beim BAG (7
ABR 9/08) am 11.11.2008 sonstige Erledigung; LAG Schleswig-Holstein Beschluss
vom 24. Mai 2007 – 1 TaBV 64/06 – EzAÜG BetrVG Nr. 98 = Juris; beim BAG (7
ABR 57/07) am 10.11.2008 sonstige Erledigung). Das LAG Hamburg (a. a. O.) hat
angenommen, die Gestellung von Arbeitnehmern im Rahmen der Ausgliederung
eines Betriebsteils sei mit der Arbeitnehmerüberlassung nicht vergleichbar. Eine
analoge Anwendung des § 14 AÜG sei nicht sachgerecht, da
Arbeitnehmerüberlassung ihrem Wesen nach zeitlich begrenzt sei.
Die Wirksamkeit der angefochtenen Wahl ist indessen bezogen auf den Zeitpunkt
ihrer Durchführung und nicht auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Anhörung
zu beurteilen. Im Februar 2005 dauerte die am 1. April 2004 beginnende
Personalgestellung erst rund 11 Monate an und bewegte sich noch im Rahmen
üblicher Arbeitnehmerüberlassung. Ob die Sachlage im Jahre 2009 anders zu
beurteilen ist, weil sich die Strukturen derart verfestigt haben, dass die gestellten
Arbeitnehmer vollständig in den Betrieb der Beteiligten zu 1) eingegliedert sind,
die Beschäftigten jegliche Arbeitsbeziehungen zur Beteiligten zu 3) verloren
haben, die Beteiligte zu 3) Weisungsrechte gegenüber den gestellten Mitarbeitern
seit Jahren nicht mehr ausgeübt hat und die Arbeitsverhältnisse zur Beteiligten zu
3) nur noch als formale Hülle bestehen, während die Arbeitsbeziehungen im
Bühnenbetrieb der Beteiligten zu 1) gelebt werden, musste die Kammer nicht
beurteilen.
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Diese Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei, § 2 Abs. 2 GKG.
Die Rechtsbeschwerde ist mangels grundsätzlicher Bedeutung gemäß §§ 92 Abs.
1, 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG nicht zuzulassen, da die entscheidungserheblichen
Rechtsfragen höchstrichterlich entschieden sind, so dass auch keine Divergenz zu
den Entscheidungen des LAG Schleswig-Holstein und Hamburg (a. a. O.) besteht.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.