Urteil des LAG Hamm vom 30.12.2008

LArbG Hamm: arbeitsgericht, vertretung, abrechnung, vergütung, auflage, beschwerdeinstanz, mutwilligkeit, beendigung, niederlassung, einkünfte

Landesarbeitsgericht Hamm, 14 Ta 596/08
Datum:
30.12.2008
Gericht:
Landesarbeitsgericht Hamm
Spruchkörper:
14. Kammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
14 Ta 596/08
Vorinstanz:
Arbeitsgericht Bocholt, 3 Ca 1718/07
Schlagworte:
Prozesskostenhilfe, Beiordnung, Erforderlichkeit, Ortsansässigkeit
Normen:
§ 11a Abs. 2 ArbGG, § 121 Abs. 2 ZPO
Leitsätze:
1. Die Beiordnung eines Rechtsanwalts bei anwaltlicher Vertretung der
Gegenseite gemäß § 121 Abs. 2 Alt. 2 ZPO wird im arbeitsgerichtlichen
Verfahren nicht gemäß § 11a Abs. 2 ArbGG auf Erforderlichkeit
überprüft.
2. Ist zum Zeitpunkt der Entscheidung über den
Prozesskostenhilfeantrag die gegnerische Partei nicht mehr vertreten, ist
in der Beschwerdeinstanz ein Rechtsanwalt beizuordnen, wenn die
Prozesskostenhilfe vom Arbeitsgericht rückwirkend bewilligt wurde, sie
sich dadurch auch auf einen Zeitraum erstreckt, in dem die Gegenseite
anwaltlich vertreten war, und lediglich die Versagung der Beiordnung
Gegenstand des Rechtsmittels ist.
Tenor:
Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des
Arbeitsgerichts Bocholt vom 10. Juni 2008 (3 Ca 1718/07) teilweise
abgeändert.
Dem Kläger wird Rechtsanwalt B2 aus G1 auch für die Anträge aus der
Klageschrift vom 13. September 2007 zu 3.1 (Abrechnung für Juli 2007)
sowie zu 3.2 (Zahlung von 1.665,57 Euro für Juli 2007) beigeordnet.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
1
I.
2
Mit seiner am 17. September 2007 bei Gericht eingegangenen Klage hat der Kläger
neben Bestandsschutz, Weiterbeschäftigung und Zwischenzeugnis (hilfsweise
Endzeugnis) mit seinen Anträgen zu 3.1 und 3.2 die Erteilung einer Abrechnung für den
Monat Juli 2007 sowie die Zahlung seiner monatlichen Vergütung in Höhe von 1.665,57
Euro für die Monate Juli und August 2007 verlangt. Mit dem am 2. Oktober 2007
eingegangenen Schriftsatz hat er die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für seine
Klageanträge unter gleichzeitiger Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten als
Rechtsanwalt beantragt und eine Erklärung zu den persönlichen und wirtschaftlichen
Verhältnissen überreicht, wonach er zur Zeit bei seiner Lebensgefährtin wohne und
lebe. Seine Angaben hat er durch Vorlage eines Belegs für sein Girokonto mit
Schriftsatz vom 11. Oktober 2007 ergänzt. Im Termin vom 23. Oktober 2007 wurde mit
der seit 2. Oktober 2007 anwaltlich vertretenen Beklagten ein Teilvergleich bezüglich
der Kündigungsschutzklage geschlossen. Im Übrigen wurde der auf den 31. Januar
2008 bestimmte Kammertermin nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das
Vermögen des Inhabers der Beklagten am 7. Dezember 2007 aufgrund der
eingetretenen Unterbrechung aufgehoben.
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Unter dem 15. Februar 2008 gab das Arbeitsgericht dem Kläger auf, seine aktuellen
Einkünfte glaubhaft zu machen. Eine Reaktion erfolgte hierauf nicht. Mit der hier
angefochtenen Entscheidung vom 10. Juni 2008 hat das Arbeitsgericht teilweise
Prozesskostenhilfe bewilligt, unter anderem für den Antrag auf Herausgabe einer
Abrechnung und auf Entgeltzahlung. Die Beiordnung eines Rechtsanwalts hat es
jedoch in diesem Zusammenhang abgelehnt. Es handele sich um eine leichte
Fallgestaltung, die der Kläger von seinen intellektuellen Fähigkeiten alleine
gegebenenfalls mit Hilfe der Rechtsantragsstelle habe bewältigen können, so dass eine
Beiordnung trotz anwaltlicher Vertretung der Gegenseite nicht erforderlich gewesen sei.
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Der Beschluss wurde dem Kläger am 20. Juni 2008 zugestellt, hiergegen richtet sich die
am 11. Juli 2008 eingegangene sofortige Beschwerde. Der Kläger ist der Auffassung,
dass zwar für den Monat August 2007 eine Abrechnung vorgelegen habe, jedoch nicht
für den Monat Juli 2007. Im Übrigen sei die Klage auf Abrechnung aus Sicht des
Klägers auch keine einfache Fallgestaltung. Zumindest für die Lohnansprüche des
Monats Juli 2007 sowie für den Anspruch auf Abrechnung habe daher ein Rechtsanwalt
beigeordnet werden müssen, dies gelte insbesondere im Hinblick auf § 11 a Abs. 2
ArbGG.
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Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen.
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II.
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Die zulässige sofortige Beschwerde des Klägers ist begründet.
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1. Die zunächst nicht begründete sofortige Beschwerde vom 8. Juli 2008 hat der Kläger
mit Schriftsatz vom 5. August 2008 dahingehend konkretisiert, dass er nunmehr nur
noch die Beiordnung für den Antrag auf Zahlung von Vergütung für den Monat Juli 2007
sowie auf Erteilung einer Abrechnung für diesen Monat begehrt. Im Übrigen ist die
Entscheidung in Rechtskraft erwachsen, so dass über eine Beiordnung hinsichtlich des
Zahlungsantrages für den Monat August 2007 nicht mehr zu befinden war.
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2. Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts war dem Kläger auch für die Anträge zu
3.1 (Erteilung einer Abrechnung für den Monat Juli 2007) und für den Antrag zu 3.2
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(Zahlung von Vergütung für den Monat Juli 2007) ein Rechtsanwalt beizuordnen. Es
geht zu Unrecht davon aus, dass im Rahmen der Bewilligung von Prozesskostenhilfe
bei einer Beiordnung nach § 121 Abs. 2 ZPO in dem Fall, dass die Gegenseite
anwaltlich vertreten ist, noch eine Erforderlichkeit der Beiordnung zu prüfen ist.
a) Nach § 121 Abs. 2 Alt. 2 ZPO wird einer Partei, wenn eine Vertretung durch Anwälte
nicht vorgeschrieben ist, auf ihren Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer
Wahl beigeordnet, wenn der Gegner durch einen Rechtsanwalt vertreten ist. Das
Erfordernis der Anwaltsbeiordnung, um Waffengleichheit zu schaffen, kann auch
nachträglich eintreten. Sind zunächst beide Parteien nicht anwaltlich vertreten, erteilt
aber im Laufe des Verfahrens der Gegner ein Mandat, dann folgt aus § 121 Abs. 2 Alt. 2
ZPO die Pflicht des Gerichts, nunmehr dem Hilfsbedürftigen auf Antrag nachträglich
einen Wahlanwalt beizuordnen, ohne die Erforderlichkeit der Beiordnung zu prüfen, das
Gericht hat insoweit keinen Ermessensspielraum (vgl. LAG Hamm, 9. September 2008,
4 Ta 613/08; OLG Köln, 1. August 1997, 4 WF 184/97, FamRZ 1989, S. 1522;
Kalthoener/Büttner/Wrobel-Sachs, Prozesskostenhilfe und Beratungshilfe, 4. Auflage,
Rn. 569; Stein/Jonas/Bork, ZPO, 22. Aufl., § 121 Rn. 10; Zöller/Philippi, ZPO, 27.
Auflage, § 121 Rn. 10).
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aa) Dies gilt uneingeschränkt in dem Fall, dass bezogen auf den Zeitpunkt der
Entscheidung des Arbeitsgerichts die Gegenpartei noch anwaltlich vertreten ist (vgl.
LAG Hamm, 9. September 2008, 4 Ta 613/08). Im vorliegenden Fall bestand eine
anwaltliche Vertretung nicht mehr, weil die Prozessvollmacht der Beklagten aufgrund
der Insolvenz ihres Inhabers gemäß § 117 InsO erloschen war (vgl. BGH, 11. Oktober
1988, X ZB 16/88, NJW-RR 1989, S. 183; Zöller/Vollkommer, a.a.O., § 86 Rn. 6;
Zöller/Greger, a.a.O., § 240 Rn. 3 jeweils m.w.N.).
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bb) Diese Beendigung des Mandats steht unter prozesskostenhilferechtlichen
Gesichtspunkten einer Beiordnung nicht entgegen. Soweit das Arbeitsgericht
rückwirkend Prozesskostenhilfe bewilligt oder zu bewilligen hat, hat auch eine
Beiordnung rückwirkend jedenfalls dann zu erfolgen, wenn die gegnerische Partei im
Bewilligungszeitraum anwaltlich vertreten war. Denn mit der rückwirkenden Bewilligung
von Prozesskostenhilfe steht fest, dass in diesem Zeitraum ein Anspruch auf
Beiordnung bestand. Eine rückwirkende Beiordnung ist nach den für eine rückwirkende
Bewilligung von Prozesskostenhilfe geltenden Grundsätzen zulässig
(Kalthoener/Büttner/Wrobel-Sachs, a.a.O., Rn. 592). Insoweit gelten die Grundsätze für
ein "stecken gebliebenes" Prozesskostenhilfegesuch, wenn das Arbeitsgericht erst nach
Beendigung der Instanz über eine Bewilligung von Prozesskostenhilfe entscheidet, aber
ein vollständiges, bewilligungsfähiges Prozesskostenhilfegesuch bereits vorher vorlag,
über das das Arbeitsgericht nicht entschieden hat (vgl. allgemein dazu LAG Hamm, 11.
Dezember 2003, 4 Ta 95/03; 6. Februar 2002, 4 Ta 49/02, LAGReport 2002, S. 117),
oder dieses bewilligungsfähige Gesuch bei sachgerechter Behandlung des Antrags
durch das Arbeitsgericht hätte vorliegen können (vgl. zu Letzterem allgemein dazu LAG
Hamm, 25. August 2008, 14 Ta 394/08; 8. November 2001, 4 Ta 708/01, LAGReport
2002, S. 89). In beiden Fällen ist Prozesskostenhilfe nebst Beiordnung rückwirkend zu
bewilligen (vgl. LAG Hamm, 10. November 2008, 14 Ta 123/08).
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cc) Im vorliegenden Fall kann offen bleiben, ob diese Voraussetzungen erfüllt sind.
Denn das Arbeitsgericht hat ohne zeitliche Bestimmung dem Kläger Prozesskostenhilfe
für seine Anträge zu 3.1 und 3.2 bewilligt. Dies stellt eine Bewilligung ab Antragstellung
dar. Denn für die Kündigungsschutzklage wurde dem Kläger Prozesskostenhilfe
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einschließlich Beiordnung ab Antragstellung vom Arbeitsgericht gewährt. Mangels
anderer Anhaltspunkte ist die Entscheidung des Arbeitsgerichts zum Abrechnungs- und
Zahlungsantrag dahin auszulegen, dass für diese eine rückwirkende Bewilligung ab
Antragstellung erfolgt ist. Der Bewilligungszeitraum erfasst den Zeitraum der
anwaltlichen Vertretung der Beklagten. Dies hat die Beiordnung eines Rechtsanwalts
für den Kläger gemäß § 121 Abs. 2 Alt. 2 ZPO zur Folge. Denn die Berechtigung der
Prozesskostenhilfebewilligung ist im Beschwerdeverfahren über die Versagung der
Beiordnung weder bezüglich der Gesichtspunkte Erfolgsaussicht und Mutwilligkeit noch
hinsichtlich Bedürftigkeit und Zeitpunkt, ab dem die Bewilligung gilt, vom
Beschwerdegericht zu überprüfen. Nur die Versagung der Beiordnung ist in der
Beschwerdeinstanz angefallen und Gegenstand der Prüfung. Im Übrigen ist das
Beschwerdegericht an die Entscheidung des Arbeitsgerichts gebunden (vgl. LAG
Hamm, 9. September 2008, 4 Ta 613/08; Kalthoener/Büttner/Wrobel-Sachs, a.a.O., Rn.
898). Insoweit ist es unerheblich, dass das Arbeitsgericht Prozesskostenhilfe
rückwirkend ab Antragstellung bewilligt hat, obwohl der Kläger die Auflage vom 15.
Februar 2008 zu einer Erklärung über seine aktuellen Einkünfte nicht erfüllt hatte.
b) § 11a Abs. 2 ArbGG ist auch nicht entsprechend im Rahmen des § 121 Abs. 2 Alt. 2
ZPO anwendbar. Die im Falle einer Beiordnung nach § 11a Abs. 1 ArbGG vorgesehene
Prüfung ihrer Erforderlichkeit gemäß § 11a Abs. 2 ArbGG ist auf dieses
Beiordnungsverfahren beschränkt. Das Verfahren der Beiordnung nach § 11a Abs. 1
ArbGG und der Bewilligung von Prozesskostenhilfe einschließlich Beiordnung eines
Rechtsanwalts nach §§ 114 ff. ZPO stehen nebeneinander (vgl.
Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge, ArbGG, 6. Aufl., § 11a Rn. 1; Hauck/Helml,
ArbGG, 3. Aufl., § 11a Rn. 2; GK-ArbGG/Bader, § 11a Rn. 5, 166;
Kalthoener/Büttner/Wrobel-Sachs, a.a.O, Rn. 25 f.; Schwab/Weth/Vollstädt, ArbGG, 2.
Aufl., § 11a Rn. 3; Schwab, NZA 1995, S. 115; a. A. Wieser, Arbeitsgerichtsverfahren,
Rn. 183).
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Gemäß § 11a Abs. 3 ArbGG gelten die Vorschriften der Zivilprozessordnung über die
Prozesskostenhilfe im arbeitsgerichtlichen Verfahren entsprechend. Diese Regelung
verweist umfassend ohne Einschränkung auf §§ 114 ff. ZPO, d. h. auch auf § 121 ZPO.
Wenn der Gesetzgeber die Beiordnung eines Rechtsanwalts im arbeitsgerichtlichen
Verfahren ausschließlich in § 11a Abs. 1 und 2 ArbGG hätte regeln wollen, hätte es
nahe gelegen, die Vorschriften des Prozesskostenhilferechts nur "im Übrigen" für
anwendbar zu erklären. Das ist gerade nicht geschehen und steht der Annahme
entgegen, dass es sich bei § 11a Abs. 1 und 2 ArbGG um eine spezialgesetzliche
Regelung (so aber Wieser, a.a.O.) handelt.
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Die Voraussetzungen der Beiordnung nach § 11a Abs. 1 und 2 ArbGG einerseits, nach
§ 121 Abs. 2 ZPO andererseits sind zudem unterschiedlich geregelt. Für die Beiordnung
nach § 11a ArbGG bedarf es keiner Erfolgsaussicht, aber zwingend der anwaltlichen
Vertretung der Gegenseite. Die Beiordnung nach § 121 Abs. 2 ZPO setzt eine
Erfolgsaussicht der beabsichtigten Rechtsverfolgung voraus, kann aber bei fehlender
anwaltlicher Vertretung der gegnerischen Partei auch dann angeordnet werden, wenn
sie erforderlich ist. Die Rechtsfolgen sind ebenfalls unterschiedlich: § 11a ArbGG
ermöglicht eine auf die Anwaltskosten begrenzte Prozesskostenhilfe, die Bewilligung
von Prozesskostenhilfe umfasst bei einer Beiordnung auch die Gerichtskosten.
Unterschiedliche Voraussetzungen und Rechtsfolgen sprechen dafür, dass der
bedürftigen Partei beide Möglichkeiten zur Herstellung der Chancengleichheit im
arbeitsgerichtlichen Verfahren offen stehen, wenn die Gegenseite anwaltlich vertreten
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ist (vgl. Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge, a.a.O.; Schwab/Weth/Vollstädt,
a.a.O.).
c) Soweit das Arbeitsgericht in seiner Begründung § 11a Abs. 2 ArbGG mit § 121 Abs. 2
ZPO vermittels eines mathematischen Gleichheitszeichens gleichsetzt, ist dies inhaltlich
unzutreffend. Schon der Gesetzeswortlaut beider Bestimmungen ist unterschiedlich. §
11a Abs. 2 ArbGG regelt, dass die Anwaltsbeiordnung trotz Erfüllung der
Voraussetzungen des § 11a Abs. 1 ArbGG ausnahmsweise unterbleiben kann, wenn
sie aus besonderen Gründen nicht erforderlich ist oder die Rechtsverfolgung
offensichtlich mutwillig erscheint. § 121 Abs. 2 ZPO regelt dagegen die Frage der
Anwaltsbeiordnung in Verfahren, in denen eine anwaltliche Vertretung gesetzlich nicht
vorgeschrieben ist, und knüpft diese an die Voraussetzungen der Erforderlichkeit oder
der anwaltlichen Vertretung der Gegenseite. Für eine Anwendung des § 11 a Abs. 2
ArbGG im Falle einer Beiordnung nach § 121 Abs. 2 Alt. 2 ZPO bei der Bewilligung von
Prozesskostenhilfe fehlt es nach dem Wortlaut beider Bestimmungen gerade an einem
Anhaltspunkt.
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Darüber hinaus handelt es sich bei § 11a Abs. 2 ArbGG um eine Einschränkung der im
Falle anwaltlicher Vertretung der gegnerischen Partei ohne eine Prüfung der
Erfolgsaussicht der beabsichtigten Rechtsverfolgung vorzunehmenden Beiordnung.
Dagegen eröffnet § 121 Abs. 2 Alt. 2 ZPO bei einer wegen hinreichender
Erfolgsaussicht und fehlender Mutwilligkeit zu bewilligenden Prozesskostenhilfe in den
Verfahren, in denen eine anwaltliche Vertretung zwar nicht vorgeschrieben, die
Gegenseite aber anwaltlich vertreten ist, die Möglichkeit einer Anwaltsbeiordnung ohne
jede weitere Einschränkung. Auch dieser Gesichtspunkt steht einer Gleichsetzung der
beiden Vorschriften entgegen.
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d) Soweit sich das Arbeitsgericht auf eine Entscheidung der 18. Kammer des
Beschwerdegerichts (LAG Hamm, 29. Mai 2006, 18 Ta 300/06) beruft, ist dieser nicht
eindeutig zu entnehmen, ob sie zu einer erstinstanzlichen Entscheidung ergangen ist,
mit der - bei Beantragung von Prozesskostenhilfe nebst Anwaltsbeiordnung - lediglich
eine Beiordnung nach § 11a ArbGG teilweise erfolgt ist. Hier findet § 11a Abs. 2 ArbGG
selbstverständlich Anwendung.
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Im Übrigen wird an einer sich gegebenenfalls aus dieser Entscheidung ergebenden
abweichenden Rechtsauffassung aus den vorgenannten Gründen nicht festgehalten.
Zusätzlich gilt, dass entgegen der in dieser Entscheidung enthaltenen Begründung der
Wortlaut von § 11a Abs. 1 ArbGG nicht gleichlautend mit dem Wortlaut des § 121 Abs. 2
ZPO ist. § 11a Abs. 1 ArbGG normiert ausschließlich die persönlichen und
wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Beiordnung eines Rechtsanwalts im Fall einer
anwaltlichen Vertretung der Gegenseite sowie die Hinweispflicht des Arbeitsgerichts in
diesem Fall. Weder das eine noch das andere ist in § 121 Abs. 2 ZPO geregelt.
Lediglich die anwaltliche Vertretung der gegnerischen Partei als Voraussetzung einer
Beiordnung ist beiden Vorschriften gemeinsam. Eine Anwendung von § 11a Abs. 2
ArbGG im Falle einer Beiordnung nach § 121 Abs. 2 Alt. 2 ZPO rechtfertigt dies nicht
(vgl. LAG Hamm, 10. November 2008, 14 Ta 123/08).
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3. Eine Einschränkung der Beiordnung "zu den Bedingungen eines beim
Prozessgericht ansässigen Rechtsanwalts", wie sie vom Arbeitsgericht für die
Beiordnung des Prozessbevollmächtigten des Klägers für die Wahrnehmung der Rechte
hinsichtlich der Kündigungsschutzklage vorgenommen wurde, ist aufgrund der bereits
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seit 1. Juni 2007 geltenden Fassung des § 121 Abs. 3 ZPO nicht zulässig. Für das
Mehrkostenverbot ist der örtliche Bezugspunkt zu der Niederlassung des Rechtsanwalts
nicht mehr der Sitz des Prozessgerichts, sondern weiträumiger dessen
Zuständigkeitsbezirk. Es kommt nicht auf eine Zulassung des Anwalts bei einem
Gericht, sondern allein auf seine Niederlassung im Prozessgerichtsbezirk an. § 121
Abs. 3 ZPO ist im arbeitsgerichtlichen Verfahren deswegen unmittelbar anwendbar (vgl.
LAG Hamm, 10. November 2008, 14 Ta 123/08; LAG Hamm, 7. September 2007, 5 Ta
473/07; Fröschl, NZA 2007, S. 418 ff.).
Der Sitz der Kanzlei des Prozessbevollmächtigten des Klägers ist G1, welches im
Zuständigkeitsbezirk des Arbeitsgerichts liegt. Weil sein Beschluss nur bezüglich der
Versagung der Beiordnung für bestimmte Anträge in der Beschwerdeinstanz zur
Überprüfung angefallen ist, konnte die Beiordnung ohne Einschränkung der
erstattungsfähigen Kosten lediglich für diese Anträge ausgesprochen werden, ohne
dass es hier einer abschließenden Entscheidung bedarf, ob dies die
Erstattungsfähigkeit der Kosten insgesamt einschränken kann.
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III.
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Gründe für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde gemäß § 72 Abs. 2, § 78 Satz 2
ArbGG bestehen nicht.
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