Urteil des LAG Düsseldorf vom 15.04.2005

LArbG Düsseldorf: gemeinnützige arbeit, vergütung, zuwendung, sozialhilfe, erste hilfe, programm, arbeitslosigkeit, tarifvertrag, gleichbehandlung, schiedskommission

Landesarbeitsgericht Düsseldorf, 9 Sa 1843/04
Datum:
15.04.2005
Gericht:
Landesarbeitsgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
9. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
9 Sa 1843/04
Vorinstanz:
Arbeitsgericht Wuppertal, 8 Ca 1182/04
Schlagworte:
Gemeinnützige und zusätzliche Arbeit, arbeitsrechtlicher
Gleichbehandlungsgrundsatz
Normen:
§§ 19 BSHG, 3 d (aa) BAT-KF, 3 Abs. 1 Arbeitsrechtsregelungsgesetz
Sachgebiet:
Arbeitsrecht
Leitsätze:
1. Wurde ein arbeitsloser Sozialhilfeempfänger einem kirchlichen
Arbeitgeber, dessen Zweck die Schaffung und Förderung von
Arbeitsangeboten für Arbeitslose ist, durch einen Träger der Sozialhilfe
zugewiesen, schließt dies für den zugewiesenen Arbeitnehmer nicht die
Möglichkeit aus, Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis im
arbeitsgerichtlichen Verfahren zu verfolgen (im Anschluss an BAG vom
07.07.1999, AP Nr. 216 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag). 2.
Auch wenn der Träger der Sozialhilfe im Zuweisungsbescheid bestimmt
hat, dass die tarifvertraglichen Regelungen für Arbeiter und Angestellte
des öffentlichen Dienstes oder daran angelehnte Tarifvereinbarungen
keine Anwendung in dem Arbeitsverhältnis finden, kann der ehemals
arbeitslose Sozialhilfeempfänger Vergütungsansprüche nach diesen
Regelungen gegenüber dem Arbeitgeber geltend machen. 3. Der
arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz findet Anwendung, wenn
der kirchliche Arbeitgeber mit seinem "Stammpersonal" die Geltung des
BAT-KF für deren Arbeitsverhältnisse vereinbart. 4. Ein sachlicher
Grund, den von einem Träger der Sozialhilfe zugewiesenen
Arbeitnehmer von Vereinbarungen über die Geltung des BAT-KF
auszunehmen, liegt vor, wenn dieser gemeinnützige und zusätzliche
Arbeit im Sinne von § 19 Abs. 2 Satz 1 BSHG geleistet hat(BAG, Urteil
vom 09.05.1995 - 9 AZR 269/94 -). Hat der zugewiesene Arbeitnehmer
Aufgaben in der Personalverwaltung des vom kirchlichen Arbeitgeber
geförderten Personenkreises erledigt, handelt es sich nicht um
zusätzliche Arbeit im Sinne von § 19 Abs. 2 Satz 1 BSHG, wenn die
Aufgaben andernfalls vom "Stammpersonal" hätten erledigt werden
müssen. 5. Soweit § 3 d (aa) BAT-KF in Übereinstimmung mit § 3 d (aa)
BAT bestimmt, dass dieser Tarifvertrag nicht für Angestellte gilt, die
Arbeiten nach § 260 SGB III oder nach §§ 19 und 20 BSHG verrichten,
ist eine Inhaltskontrolle nach den für Tarifverträge geltenden Maßstäben
vorzunehmen. Weder die Übernahme von Kosten durch den Träger der
Sozialhilfe oder sonstige Stellen noch der Umstand, dass der
Arbeitnehmer arbeitslos war und für ihn eine Arbeitsgelegenheit nach §
19 Abs. 1 BSHG geschaffen wurde, stellen - für sich genommen -
sachgerechte Gründe dar, einen Arbeitnehmer von allgemeinen
arbeitsvertraglichen Regelungen auszuschließen. 6. Für den Fall, dass
die Anordnung der normativen Wirkung kirchlicher
Arbeitsrechtsregelungen in § 3 Abs. 1 Arbeitsrechtsregelungsgesetz
(Kirchengesetz) trotz Fehlens einer staatlichen Ermächtigung wirksam
ist, ist der Ausschluss solcher Arbeitnehmer vom persönlichen
Geltungsbereich des BAT-KF mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar.
Tenor:
Das Urteil des Arbeitsgerichts Wuppertal vom 15.10.2004 - 8 Ca
1182/04 - wird teilweise abgeändert und zur Klarstellung wie folgt neu
gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 5.172,18 ​ brutto nebst Zinsen
in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz auf den sich ergebenden
Nettobetrag aus jeweils 374,25 ​ brutto seit dem 01.10.2002, 01.11.2002,
01.12.2002 und 01.01.2003, aus jeweils 416,77 ​ brutto seit dem
01.02.2003, 01.03.2003, 01.04.2003, 01.05.2003, 01.06.2003 und
01.07.2003, aus 335,48 ​ brutto seit dem 01.08.2003 und aus 839,08 ​
brutto seit dem 12.01.2004 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz trägt die Beklagte zu 49 %
und der Kläger zu 51 %. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die
Beklagte zu 53 % und der Kläger zu 47 %.
Die Revision wird für beide Parteien zugelassen.
T A T B E S T A N D
1
Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, an den Kläger die
Vergütung nach der Vergütungsgruppe V c Anlage 1 a zum
Bundesangestelltentarifvertrag in kirchlicher Fassung (BAT-KF) sowie zusätzliches
Urlaubsgeld und Weihnachtsgeld (Zuwendung) zu zahlen.
2
Die Beklagte ist Mitglied des Diakonischen Werkes der Evangelischen Kirche im
Rheinland. Sie ist durch Freistellungsbescheide des Finanzamts Wuppertal-Barmen
von der Körperschaftssteuer befreit. Ihr Zweck ist die Schaffung und Förderung von
Arbeitsangeboten für schwer vermittelbare arbeitslose Gefährdete, insbesondere für
Haftentlassene, Nichtsesshafte und andere langfristig Arbeitslose, bei denen besondere
soziale Schwierigkeiten einer Teilnahme am Arbeitsprozess entgegenstehen, mit dem
Ziel der Eingliederung bzw. Wiedereingliederung in das Erwerbsleben (§ 2
Gesellschaftsvertrag).
3
Insbesondere führt sie folgende Aufgaben durch (§ 2 Gesellschaftsvertrag):
4
a) Entsorgung von Elektro- und Elektronikschrott und anderer werkstoffhaltiger
Materialien,
5
b) Reparatur von Elektrogeräten und Verkauf von Elektrogeräten insbesondere
an sozial bedürftige Personen,
6
c) Sanierung und Instandhaltung von Bauwerken durch Handwerksleistungen
von Malern, Elektrikern und Maurern sowie Tätigkeiten im Garten- und
Landschaftsbau,
7
d) berufliche und persönliche Aus-, Fort- und Weiterbildung,
8
e) Wartung und Reparatur von eigenen und fremden Fahrzeugen sowie den
Handel mit Fahrzeugen.
9
Im Jahr 2002 waren bei der Beklagten 229 angeleitete, betreute Personen zur
Förderung ihrer Integration in den Arbeitsmarkt beschäftigt. Als Stammpersonal
beschäftigte sie im Jahr 2002 rd. 57 Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen. Zusätzlich
setzte sie etwa 20 Leiharbeitnehmer ein.
10
Der Kläger ist am 26.03.1969 geboren. Er hat eine Berufsausbildung zum
Industriekaufmann abgeschlossen und war anschließend bis zum Jahre 1998 in dem
erlernten Beruf tätig. Dann wurde er arbeitslos.
11
Am 02.09.2002 schloss er mit der Beklagten einen bis zum 01.09.2003 befristeten
Arbeitsvertrag ab. Es wurde eine monatliche Vergütung von 1.397,56 € vereinbart.
12
In § 2 des Arbeitsvertrages heißt es:
13
Die Beschäftigung erfolgt im Rahmen des Landesprogramms für arbeitslose
Sozialhilfeempfänger und ist somit eine Beschäftigung im Sinne von §§ 18 und 19
BSHG.
14
Die im öffentlichen Dienst bzw. kirchlichen Raum tarif- und arbeitsrechtlichen
Bestimmungen werden deshalb (s. § 2) nicht angewandt.
15
Auf die weiteren Einzelheiten des Arbeitsvertrages wird Bezug genommen (Bl. 8 und 9
d. A.).
16
Zuvor hatte die Beklagte eine Zuweisung durch die Stadt Wuppertal Ressort Jugendamt
und Soziale Dienste für folgende Tätigkeiten beantragt:
17
Berufliche Integration einer/eines Bürogehilfen/in, der/die in den folgenden
Arbeitsbereichen angelernt wird:
18
Erledigung der Korrespondenz, Telefonbedienung, Ablagesystem,
Rechnungsstellung, Kundenberatung.
19
In dem Antrag wird von der Beklagten Folgendes erklärt:
20
Die angeführten Arbeiten sind zusätzlich und gehören nicht zu den originären
21
Aufgaben, weil die Durchführung der Arbeiten der Zielsetzung berufliche
Integration dient.
...
22
Es wird versichert, dass
23
die Arbeiten ohne Förderung nach § 19 Abs. 2 BSHG sonst nicht nicht in diesem
Umfang nicht zu diesem Zeitpunkt durchgeführt werden können, weil: die
gemeinnützige Gesellschaft nicht in der Lage ist, die zusätzlichen Personalkosten
zu erwirtschaften, durch die ehemaligen Sozialhilfeempfänger/innen keine bisher
vorhandenen, frei gewordenen bzw. frei gebliebenen Arbeitsplätze besetzt werden
und durch deren Beschäftigung auch die von der Aufgabe her gebotene und
mögliche Einrichtung von regulären Arbeitsplätzen nicht verhindert wird.
24
In dem Antragsformular wird gefragt, ob die Aufgaben der jetzt beantragten Stelle bisher
durch ehrenamtlich Tätige, Stammpersonal, niemand, ausgeschiedene
Teilnehmer/innen des Programms Arbeit statt Sozialhilfe , ausgeschiedene ABM-
Kräfte/Zivildienstleistende oder Sonstige erledigt wurden. Die Beklagte hat hierzu
erklärt, bisher habe niemand die Aufgaben erledigt.
25
Der Kläger wurde der Beklagten aufgrund dieses Antrags zugewiesen .
26
Im Bewilligungsbescheid der Stadt Wuppertal ist bestimmt, es müsse im Arbeitsvertrag
verdeutlicht werden, dass es sich um ein Beschäftigungsverhältnis gemäß § 19 BSHG
handelt und daher die tarifvertraglichen Regelungen für Arbeiter und Angestellte des
öffentlichen Dienstes und daran angelehnte Tarifvereinbarungen keine Anwendung
finden.
27
Am 01.10.2002 schlossen die Parteien einen weiteren befristeten Arbeitsvertrag bis zum
30.09.2003 ab. In § 2 des Arbeitsvertrages heißt es:
28
Die Beschäftigung erfolgt im Rahmen des ESF-Programms für arbeitslose
Sozialhilfeempfänger und ist somit eine Beschäftigung im Sinne von § 18 und § 19
BSHG. Sie dient der beruflichen (Re-)Integration des Arbeitnehmers und umfasst
daher Beschäftigung, Qualifizierung und externe betriebliche Praktika (s. § 5).
29
Die im öffentlichen Dienst bzw. kirchlichen Raum tarif- und arbeitsrechtlichen
Bestimmungen werden deshalb (s. § 2) nicht angewandt.
30
Nach § 5 beinhaltet das Beschäftigungsverhältnis verbindliche Qualifizierungsanteile in
Höhe von 20 % bezogen auf den Beschäftigungszeitraum sowie externe betriebliche
Praktika. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Arbeitsvertrag Bezug
genommen (Bl. 222 und 223 d. A.).
31
Der Kläger wurde nun gecoacht . Er erklärte jedoch, er benötige keinen Trainer und
wolle an diesem Coaching nicht länger teilnehmen. Mit Zustimmung der Fachstelle Hilfe
zur Arbeit bei der Stadt Wuppertal einigten sich die Parteien daraufhin am 21.11.2002,
das Arbeitsverhältnis auf der Grundlage des ursprünglichen Arbeitsvertrages
fortzusetzen.
32
Der Kläger hatte in erster Linie die Aufgabe, für die angeleiteten, betreuten Personen die
Einstellungsformalitäten und andere Personalangelegenheiten zu bearbeiten. Seine
Einarbeitung übernahm unter Aufsicht des Herrn S. Frau I. T., die wie der Kläger als
Maßnahmeteilnehmerin des Programms Arbeit statt Sozialhilfe bei der Beklagten tätig
war.
33
Im Einzelnen gehörte zu den Aufgaben des Klägers das Sammeln der Arbeitspapiere,
das Ausfüllen von Einkaufsgutscheinen für die Dienstkleidung der von der
Arbeitsverwaltung geförderten Personen und die Ermittlung der zuständigen
Kostenstelle, die Überprüfung der Dauer der Praktika, die nach dem BSHG geförderte
Personen vorab zu absolvieren hatten, Mitteilung von Fehlzeiten an das Sozialamt, ggf.
entsprechende Verlängerung des Praktikums, Ausfüllen und Zusammenstellung der
Formulare für die betriebsärztliche Untersuchung, wobei auch Angaben über die Art der
Untersuchung erforderlich waren (z. B. Impfungen, Schwindelfreiheit bei Malern). Der
Kläger gab ferner die Personaldaten in die EDV und den Stellenplan ein und
vervollständigte die vorformulierten Arbeitsverträge, indem er deren Dauer und die
Dauer der Probezeit bei von der Arbeitsverwaltung geförderten Personen sowie
Angaben zur Tätigkeit und zur Höhe der Vergütung eintrug. Er übergab den geförderten
Personen von ihm gefertigte Wegebeschreibungen und erteilte ihnen mündliche
Auskünfte. Nach der betriebsärztlichen Untersuchung überprüfte er die Arbeitspapiere
auf Vollständigkeit und legte die Arbeitsverträge zur Unterschrift vor. Am Schluss des
Monats stellte er vorhandene Daten in statistischen Auswertungen zusammen.
34
Er war auch mit der Bearbeitung von Formalitäten bei Versetzungen und beim
Ausscheiden der geförderten Personen befasst. Bis zum 28.02.2003 erledigte er diese
Aufgaben zu 96 % bzw. 95 % seiner Arbeitszeit. Um die Aufgaben ordnungsgemäß
durchführen zu können, musste er Arbeitsanweisungen der Beklagten sowie
Förderbedingungen der Bundesagentur für Arbeit und der Sozialverwaltung kennen.
35
Ab dem 01.01.2003 übernahm der Kläger zusätzliche Aufgaben im Zusammenhang mit
dem Sperrgutservice. Mit diesen Dienstleistungen war er etwa eine
Viertelstunde/Arbeitstag beschäftigt. Ab dem 01.03.2003 beschaffte er auch
Büromaterial und EDV-Verbrauchsartikel, wofür er etwa eine Stunde/Arbeitstag
benötigte. Ferner wurde er gelegentlich im Rahmen der Erstellung von größeren
Statistiken eingesetzt.
36
Ab dem 14.06.2003 bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses war er arbeitsunfähig
krankgeschrieben.
37
Ein ihm nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses erteiltes qualifiziertes Zeugnis
änderte die Beklagte nach Abschluss eines entsprechenden Prozessvergleichs. Auf den
Inhalt des geänderten Zeugnisses wird Bezug genommen (Bl. 188 und 189 d. A.).
38
Ihr Stammpersonal vergütet die Beklagte nach den jeweiligen Bestimmungen des BAT-
KF und wendet bei diesen auch die sog. Ordnungen für kirchliche Angestellte im
Bereich der Evangelischen Kirche im Rheinland an.
39
Der BAT-KF ist eine kirchliche, von der Rheinisch-Westfälisch-Lippischen
Arbeitsrechtlichen Kommission (ARK-RWL) für den Bereich der Evangelischen Kirche
im Rheinland, der Evangelischen Kirche von Westfalen und der Lippischen
Landeskirche sowie ihrer Diakonischen Werke beschlossene Arbeitsrechtsregelung
40
(vgl. BAG, Urteil vom 20.03.2002, AP Nr. 53 zu Art. 40 GG).
Nach § 2 Abs. 2 des für den Bereich der Evangelischen Kirche im Rheinland und ihres
Diakonischen Werkes geltenden Kirchengesetzes über das Verfahren zur Regelung der
Arbeitsverhältnisse der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im kirchlichen Dienst
(Arbeitsrechtsregelungsgesetz-ARRG) hat die ARK-RWL die Aufgabe, Regelungen zu
treffen, die den Inhalt, die Begründung und die Beendigung von Arbeitsverhältnissen
betreffen (Arbeitsrechtsregelungen).
41
§ 3 ARRG lautet:
42
(1) Die von der Arbeitsrechtlichen Kommission nach § 2 Abs. 2 und die von der
Rheinisch-Westfälisch-Lippischen Arbeitsrechtlichen Schiedskommission nach §
19 beschlossenen Arbeitsrechtsregelungen sind verbindlich und wirken normativ ...
43
(2) Es dürfen nur Arbeitsverträge geschlossen werden, die den von der
Arbeitsrechtlichen Kommission und der Arbeitsrechtlichen Schiedskommission
beschlossenen Arbeitsrechtsregelungen entsprechen.
44
Nach § 4 ARRG ist kirchlicher Dienst im Sinne des ARRG auch die berufliche
Beschäftigung bei einem Rechtsträger, der einem der Diakonischen Werke der
Evangelischen Kirche im Rheinland, der Evangelischen Kirche von Westfalen oder der
Lippischen Landeskirche angeschlossen ist.
45
Der BAT-KF enthält hinsichtlich seines Geltungsbereichs u. a. folgende Regelungen:
46
§ 1 Allgemeiner Geltungsbereich
47
(1) Dieser Tarifvertrag gilt für Mitarbeiter, die im Bereich der Evangelischen Kirche
im Rheinland, der Evangelischen Kirche von Westfalen und der Lippischen
Landeskirche sowie ihrer Diakonischen Werke in einer der Rentenversicherung der
Angestellten unterliegenden Beschäftigung tätig sind (Angestellte).
48
§ 2 Sonderregelungen
49
(1) Für Angestellte
50
...
51
y) Als Zeitangestellte, als Angestellte für Aufgaben von begrenzter Dauer und als
Aushilfsangestellte ...
52
gilt dieser Tarifvertrag mit den Sonderregelungen der Anlage 2 ...
53
Im Übrigen gelten die arbeitsrechtlichen Bestimmungen die in anderen in der
Evangelischen Kirche im Rheinland, der Evangelischen Kirche von Westfalen oder
der Lippischen Landeskirche sowie ihren Diakonischen Werken geltenden
Arbeitsrechtsregelungen für Küster, Kirchenmusiker, Mitarbeiter in Verkündigung,
Seelsorge, Diakonie und Bildungsarbeit sowie weitere Angestellte geregelt sind, in
der jeweils geltenden Fassung.
54
§ 3 Ausnahmen vom Geltungsbereich
55
Dieser Tarifvertrag gilt nicht für
56
...
57
d) Angestellte
58
aa) die Arbeiten nach § 260 SGB III oder nach den §§ 19 und 20 des
Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) oder nach einem entsprechenden öffentlichen
Programm zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit verrichten ...
59
Folgende weitere Bestimmungen des BAT-KF sind für die Zahlungsansprüche des
Klägers von Bedeutung:
60
§ 22 Eingruppierung
61
(1) Die Eingruppierung des Angestellten richtet sich nach den Tätigkeitsmerkmalen
des Allgemeinen Vergütungsgruppenplanes zum BAT-KF oder des
Vergütungsgruppenplanes für Angestellte im Pflegedienst (Anlage 1 a und 1 b).
Der Angestellte erhält die Vergütung nach der Vergütungsgruppe, in die er
eingruppiert ist. Der Angestellte ist in die Vergütungsgruppe eingruppiert, deren
Tätigkeitsmerkmalen die gesamte von ihm nicht nur vorübergehend auszuübende
Tätigkeit entspricht.
62
(2) Die gesamte auszuübende Tätigkeit entspricht den Tätigkeitsmerkmalen einer
Vergütungsgruppe, wenn zeitlich mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge anfallen,
die für sich genommen die Anforderungen eines Tätigkeitsmerkmals oder mehrerer
Tätigkeitsmerkmale dieser Vergütungsgruppe erfüllen. Kann die Erfüllung einer
Anforderung in der Regel erst bei Betrachtung mehrerer Arbeitsvorgänge
festgestellt werden (z. B. vielseitige Fachkenntnisse), sind diese Arbeitsvorgänge
für die Feststellung, ob diese Anforderung erfüllt ist, insoweit zusammen zu
beurteilen.
63
Werden in einem Tätigkeitsmerkmal mehrere Anforderungen gestellt, gilt das in
Unterabsatz 2 Satz 1 bestimmte Maß, ebenfalls bezogen auf die gesamte
auszuübende Tätigkeit, für jede Anforderung.
64
...
65
Protokollnotizen zu Abs. 2:
66
1. Arbeitsvorgänge sind Arbeitsleistungen (einschließlich
Zusammenhangsarbeiten), die, bezogen auf den Aufgabenkreis des Angestellten,
zu einem bei natürlicher Betrachtung abgrenzbaren Arbeitsergebnis führen (z. B.
unterschriftsreife Bearbeitung eines Aktenvorgangs, Erstellung eines EKG,
Fertigung einer Bauzeichnung, Eintragung in das Grundbuch, Konstruktion einer
Brücke oder eines Brückenteils, Bearbeitung eines Antrags auf Wohngeld,
Festsetzung einer Leistung nach dem Bundessozialhilfegesetz). Jeder
Arbeitsvorgang ist als solcher zu bewerten und darf dabei hinsichtlich der
Anforderungen zeitlich nicht aufgespalten werden.
67
2. Eine Anforderung im Sinne des Unterabsatzes 2 ist auch das in einem
Tätigkeitsmerkmal geforderte Herausheben der Tätigkeit aus einer niedrigeren
Vergütungsgruppe.
68
§ 26 Bestandteile der Vergütung
69
(1) Die Vergütung des Angestellten besteht aus der Grundvergütung und dem
Ortszuschlag.
70
...
71
§ 27 Grundvergütung
72
A. Angestellte, die unter die Anlage 1 a fallen
73
(1) Vom Beginn des Monats an, in dem ein Angestellter der Vergütungsgruppen X
bis III das 21. Lebensjahr, der Vergütungsgruppen II bis I das 23. Lebensjahr
vollendet, erhält er die Anfangsgrundvergütung (erste Stufe) seiner
Vergütungsgruppe. Nach je zwei Jahren erhält der Angestellte bis zum Erreichen
der Endgrundvergütung (letzte Stufe) die Grundvergütung der nächsthöheren Stufe
seiner Vergütungsgruppe.
74
...
75
(3) Der Angestellte, der bei der Einstellung das 21. bzw. 23. Lebensjahr
überschritten hat, erhält die Grundvergütung der nächstniedrigeren Stufe als der
Stufe, die er zu erhalten hätte, wenn er seit Vollendung des 21. bzw. 23.
Lebensjahres in der unmittelbar unter der Anstellungsgruppe liegenden
Vergütungsgruppe beschäftigt und am Tage der Eingruppierung höhergruppiert
worden wäre, mindestens jedoch die Anfangsgrundvergütung (erste Stufe) der
Anstellungsgruppe ...
76
...
77
Nach der Einstellung erhält der Angestellte erstmals vom Beginn des Monats an, in
dem er ein mit ungerader Zahl bezeichnetes Lebensjahr vollendet, und weiterhin
nach je zwei Jahren bis zum Erreichen der Endgrundvergütung (letzte Stufe) die
Grundvergütung der nächsthöheren Stufe seiner Vergütungsgruppe.
78
Nach § 29 BAT-KF richtet sich die Höhe des Ortszuschlages nach der Tarifklasse, der
die Vergütungsgruppe des Angestellten zugeteilt ist und nach der Stufe, die den
Familienverhältnissen des Angestellten entspricht. Zur Tarifklasse II gehören
Angestellte der Vergütungsgruppen V c bis X. Zur Stufe I gehören die ledigen und die
geschiedenen Angestellten.
79
§ 47 Abs. 2 BAT-KF bestimmt:
80
Als Urlaubsvergütung werden die Vergütung und die Zulagen, die in
Monatsbeträgen festgelegt sind, weitergezahlt ...
81
Anlage 1 a enthält für die Mitarbeiter in der allgemeinen Verwaltung u.a. folgende
Tätigkeitsmerkmale:
82
83
Fallgruppe
84
Tätigkeitsmerkmale
85
Verg-Gr
86
1.
87
Mitarbeiter in der Verwaltung mit vorwiegend mechanischer Tätigkeit
88
X
89
3.
90
Mitarbeiter in der Verwaltung mit einfacher Tätigkeit
91
IX
92
8.
93
Mitarbeiter in der Verwaltung mit schwieriger Tätigkeit
94
VIII
95
11.
96
Mitarbeiter in der Verwaltung in Tätigkeiten, die gründliche Fachkenntnisse erfordern
97
VII
98
15.
99
Mitarbeiter in der Verwaltung mit Prüfung für den mittleren kirchlichen Verwaltungsdienst
oder gleichgestellter Ausbildung in Tätigkeiten, die gründliche und vielseitige
Fachkenntnisse und in nicht unerheblichem Umfang selbstständige Leistungen
erfordern
100
VIb
101
17.
102
Mitarbeiter in der Verwaltung mit Prüfung für den mittleren kirchlichen Verwaltungsdienst
oder gleichgestellter Ausbildung in Tätigkeiten, die gründliche und vielseitige
Fachkenntnisse und mindestens zur Hälfte selbstständige Leistungen erfordern.
103
Vc
104
Die kirchlichen Angestellten erhalten ferner nach der Ordnung über Zulagen an
kirchliche Angestellte eine allgemeine Zulage.
105
Nach der Ordnung für das Urlaubsgeld der kirchlichen Angestellten im Bereich u. a. der
Evangelischen Kirche im Rheinland vom 17.06.1992 erhält der Angestellte in jedem
Kalenderjahr ein Urlaubsgeld, wenn er 1. am 01. Juli im Arbeitsverhältnis steht und 2.
seit dem 01. Januar ununterbrochen u. a. als Angestellter im kirchlichen oder
öffentlichen Dienst gestanden hat und mindestens für einen Teil des Monats Juli
Anspruch auf Vergütung, Urlaubsvergütung oder Krankenbezüge hat (§ 2 Abs. 1). Das
Urlaubsgeld beträgt für den am 01. Juli vollbeschäftigten Angestellten 332,34 €, wenn
ihm am 01. Juli Grundvergütung nach einer der Vergütungsgruppe X bis Vc zusteht (§
3).
106
Nach der Ordnung über eine Zuwendung für kirchliche Angestellte im Bereich u. a. der
Evangelischen Kirche im Rheinland vom 24.02.1993 erhält der Angestellte in jedem
Kalenderjahr eine Zuwendung, wenn er 1. am 01. Dezember im Arbeitsverhältnis steht
und nicht für den ganzen Monat Dezember ohne Vergütung zur Ausübung einer
entgeltlichen Beschäftigung oder Erwerbstätigkeit beurlaubt ist und 2. seit dem 01.
Oktober u. a. ununterbrochen als Angestellter im kirchlichen oder öffentlichen Dienst
gestanden hat und 3. nicht in der Zeit bis einschließlich 31. März des folgenden
Kalenderjahres aus seinem Verschulden oder auf eigenen Wunsch ausscheidet (§ 2
Abs. 1). Die Zuwendung beträgt 100 v. H. der Urlaubsvergütung nach § 47 Abs. 2 BAT-
KF, die dem Angestellten zugestanden hätte, wenn er während des ganzen Monats
September Erholungsurlaub gehabt hätte. Für den Angestellten, dessen
Arbeitsverhältnis später als am 01. September begonnen hat, tritt an die Stelle des
Monats September der erste volle Kalendermonat des Arbeitsverhältnisses (§ 3 Abs. 1).
In § 3 Abs. 1 heißt es ferner, dass die Höhe der Zuwendung festgeschrieben wird, der
Bemessungssatz für die Zuwendung ab 01. September 2001 85,8 v. H. beträgt und sich
jeweils von dem Zeitpunkt an ändert, von dem an vor dem 01. Januar 2002 die
Vergütungen der Angestellten allgemein erhöht werden, nach den Grundsätzen, die
seiner Berechnung zugrunde liegen.
107
Die Zuwendung vermindert sich um 1/12 für jeden Kalendermonat, für den der
Angestellte keine Bezüge erhalten hat, wenn er nicht während des ganzen
Kalenderjahres Bezüge von demselben Arbeitgeber aus einem Rechtsverhältnis im
kirchlichen oder öffentlichen Dienst erhalten hat (§§ 3 Abs. 2 Satz 1, 2 Abs. 1 Nr. 2).
108
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, nach dem arbeitsrechtlichen
Gleichbehandlungsgrundsatz müsse die Beklagte ihn nach den Bestimmungen des
BAT-KF vergüten und ihm auch zusätzliches Urlaubsgeld und die Zuwendung zahlen.
Seine Tätigkeit bei der Beklagten entspreche den Tätigkeitsmerkmalen der
Vergütungsgruppe Vc. Da die Beklagte auch erwerbswirtschaftliche Zwecke verfolge
und Gewinne erzielen wolle, sei die von ihm bei ihr ausgeführte Arbeit nicht
gemeinnützig gewesen. Es habe sich auch nicht um zusätzliche Arbeit gehandelt, denn
ohne seinen Einsatz wäre sie von anderer Seite geleistet worden.
109
Der Kläger hat beantragt,
110
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 10.518,16 € brutto nebst Zinsen in Höhe
von 5 % über dem Basiszinssatz auf die rückständigen Nettodifferenzbeträge aus
111
jeweils 773,15 € seit dem 01.10.2002, 01.11.2002, 01.12.2002 und 01.01.2003,
jeweils 825,25 € seit dem 01.02.2003, 01.03.2003, 01.04.2003, 01.05.2003,
01.06.2003 und 01.07.2003; 665,52 € seit dem 01.08.2003 und 1.808,54 € seit dem
12.01.2004 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
112
die Klage abzuweisen.
113
Sie hat die Auffassung vertreten, bei ihr werde ausschließlich gemeinnützige Arbeit
erledigt, da sie ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige und mildtätige Zwecke
verfolge. Der Gemeinnützigkeit stehe nicht entgegen, dass sie auch nach
kaufmännischen Grundsätzen kalkuliere und handele. Die Aufgaben des Klägers seien
auch zusätzlich gewesen, denn er habe keine dem Stammpersonal zugewiesenen
Aufgaben übernommen. Die Zusätzlichkeit ergebe sich ferner daraus, dass seine
Aufgaben ausschließlich im Zusammenhang mit den geförderten Maßnahmen und
Maßnahmeteilnehmern gestanden hätten, oder, wie die Beschaffung von Büromaterial,
von der zuständigen Mitarbeiterin ohne weiteres in ihrer Arbeitszeit hätte erledigt
werden können. Schon die Finanzierung im Rahmen des Programms Arbeit statt
Sozialhilfe schließe eine Zurechnung des Klägers zu ihrem Stammpersonal aus. Auch
seien die Tätigkeitsmerkmale der Vergütungsgruppe Vc nicht erfüllt. Bei den von ihm
erledigten Personalverwaltungsaufgaben habe er lediglich standardisierte Vorgänge
ausgeführt. Überdies seien die Ansprüche nach § 70 BAT-KF verfallen.
114
Das Arbeitsgericht Wuppertal hat die Klage durch Urteil vom 15.10.2004, auf dessen
Inhalt Bezug genommen wird, abgewiesen. Gegen das ihm am 22.10.2004 zugestellte
Urteil hat der Kläger mit einem am 22.11.2004 bei dem Landesarbeitsgericht
eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit einem am 20.12.2004 bei
dem Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet.
115
Der Kläger beantragt,
116
das Urteil des Arbeitsgerichts Wuppertal vom 15.10.2004 8 Ca 1182/04 abzuändern
und die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 9.734,64 € brutto nebst Zinsen in
Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz auf den sich ergebenden Nettobetrag aus
jeweils 773,15 € brutto seit dem 01.10.2002, 01.11.2002, 01.12.2002 und
01.01.2003, aus jeweils 825,25 € brutto seit dem 01.02.2003, 01.03.2003,
01.04.2003, 01.05.2003, 01.06.2003 und 01.07.2003, aus 663,52 € seit dem
01.08.2003 und aus 1.025,02 € seit dem 12.01.2004 zu zahlen.
117
Die Beklagte beantragt,
118
die Berufung zurückzuweisen.
119
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die Schriftsätze und den
sonstigen Akteninhalt Bezug genommen.
120
E N T S C H E I D U N G S G R Ü N D E :
121
I.
122
Die Berufung ist in Höhe eines Teilbetrags von 9.642,46 € zulässig.
123
Sie ist statthaft (§ 64 Abs. 1 ArbGG), nach dem Wert des Beschwerdegegen-standes
zulässig (§ 64 Abs. 2 b ArbGG) sowie form- und fristgemäß eingelegt und begründet
worden (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, 519, 520 Abs. 3 ZPO).
124
Soweit der Kläger weitere 92,18 € verlangt (mit der letzten Abrechnung einbehaltener
Betrag), ist die Berufung unzulässig. Dieser Anspruch war nicht Gegenstand der Klage
vor dem Arbeitsgericht. Es liegt eine im Berufungsverfahren unzulässige Klageänderung
vor, da der Anspruch nicht auf Tatsachen gestützt werden kann, die das
Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung ohnehin zugrunde zu legen hat
(§§ 64 Abs. 6 ArbGG, 533 Nr. 2, 263 ZPO).
125
Die Forderung des Klägers auf weitere Urlaubsabgeltung und Entgeltnachzahlung
wegen unberechtigten 1/4-Stunden-Abzugs sind nicht Gegenstand des
Berufungsverfahrens, da der Kläger in der Berufungsbegründungsschrift erklärt hat,
diese Ansprüche verfolge er nicht weiter.
126
Gegenstand des Berufungsverfahrens sind mithin seine Ansprüche auf Zahlung der
Vergütung nach der Vergütungsgruppe Vc BAT-KF in Höhe von 8.709,62 € brutto, auf
zusätzliches Urlaubsgeld in Höhe von 332,84 € brutto und auf die Zuwendung in Höhe
von 600,00 € brutto, insgesamt also 9.642,46 € brutto.
127
II.
128
Die Berufung ist teilweise begründet.
129
Die Beklagte ist verpflichtet, an den Kläger die Vergütung nach der Vergütungsgruppe
VIII BAT-KF, zusätzliches Urlaubsgeld und eine Zuwendung in Höhe von insgesamt
5.172,18 € brutto zu zahlen.
130
Die Zahlungsklage ist zulässig (§ 253 ZPO) und teilweise begründet.
131
Der Kläger kann nach dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz für seine
Tätigkeit die Vergütung nach der für ihn zutreffenden Vergütungsgruppe der Anlage 1a
zum BAT-KF und Sonderzahlungen nach den Ordnungen für kirchliche Angestellte
verlangen. Aber auch dann, wenn der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz
keine Anwendung findet, weil der BAT-KF normative Wirkung hat, bestehen diese
Ansprüche.
132
1a) Nach dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz, der inhaltlich durch den
allgemeinen Gleichheitssatz des Artikel 3 Abs. 1 GG bestimmt wird, hat ein Arbeitgeber
die bei ihm beschäftigten Arbeitnehmer oder Gruppen von Arbeitnehmern gleich zu
behandeln, wenn sie sich in einer vergleichbaren Lage befinden. Es ist ihm verwehrt,
einzelne Arbeitnehmer oder Gruppen von Arbeitnehmern von allgemein
begünstigenden Regelungen auszunehmen, soweit hierfür keine sachlichen Gründe
vorliegen. Gewährt ein Arbeitgeber daher nach einem erkennbaren und
generalisierenden Prinzip Leistungen, muss er die Leistungsvoraussetzungen so
abgrenzen, dass kein Arbeitnehmer hiervon aus sachfremden oder willkürlichen
Gründen ausgeschlossen wird (ständige Rechtsprechung des BAG, vgl. Urteil vom
30.03.1994, AP Nr. 113 zu § 242 BGB Gleichbehandlung; Urteil vom 28.07.2004, AP Nr.
133
257 zu § 611 BGB Gratifikation).
Der Gleichbehandlungsgrundsatz ist verletzt, wenn sich ein vernünftiger, aus der Natur
der Sache ergebender oder sonstwie sachlich einleuchtender Grund für eine
Differenzierung nicht finden lässt. Er findet grundsätzlich auch hinsichtlich der
Arbeitsvergütung Anwendung. Vorrang hat der Grundsatz der Vertragsfreiheit nur für
individuell vereinbarte Arbeitsentgelte, nicht aber, wenn der Arbeitgeber Leistungen
nach einem erkennbaren und generalisierenden Prinzip festlegt, indem er bestimmte
Voraussetzungen und Zwecke bestimmt (BAG, Urteil vom 25.06.2004, ZTR 2005, Seite
92 m. w. N.). Die Beklagte gewährt ihrem Stammpersonal die im BAT-KF und den
ergänzenden Ordnungen vorgesehenen Leistungen. Individuell wird das Arbeitsentgelt
bei ihr also nicht vereinbart. Damit ist die Anwendung des arbeitsrechtlichen
Gleichbehandlungsgrundsatzes für die Ansprüche des Klägers nicht wegen des
Vorrangs der Vertragsfreiheit ausgeschlossen.
134
b) Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts findet der arbeitsrechtliche
Gleichbehandlungsgrundsatz allerdings keine Anwendung, wenn der Arbeitgeber
Normen anwendet. Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz greift nur bei
einem gestaltenden Verhalten, nicht jedoch bei bloßem, auch vermeintlichen
Normvollzug (BAG, Urteil vom 26.11.1998, AP Nr. 11 zu § 1 BAT-O). Insbesondere,
wenn der Arbeitgeber tarifvertragliche Bestimmungen anwendet, handelt es sich wegen
ihrer normativen Wirkung (§ 4 Abs. 1 TVG) um Normvollzug (BAG, Urteil vom
17.10.1995, AP Nr. 132 zu § 242 BGB Gleichbehandlung). Etwas anderes gilt, wenn mit
nicht tarifgebundenen Arbeitnehmern die Anwendung des Tarifvertrages, an den der
Arbeitgeber gebunden ist, vereinbart wird (BAG, Urteil vom 27.05.2004, AP Nr. 5 zu § 1
TVG Gleichbehandlung).
135
Kirchliche Arbeitsvertragsregelungen sind jedoch keine Tarifverträge. Sie kommen nicht
nach Maßgabe des Tarifvertragsgesetzes zustande und gestalten die arbeitsrechtlichen
Beziehungen nicht, wie es in § 4 Abs. 1 TVG bestimmt ist, unmittelbar und zwingend
(BAG, Urteil vom 19.02.2003, AP Nr. 36 zu § 611 BGB Kirchendienst m. w. N.). Ohne
Vorliegen einer normativen Wirkung bedarf es deshalb der vertraglichen Transformation
durch Einzelvertrag, Gesamtzusage oder Einheitsregelung, wenn kirchliche
Arbeitsvertragsregelungen im Arbeitsverhältnis gelten sollen (BAG, Urteil vom
06.12.1990, AP Nr. 12 zu § 2 BeschFG 1985 m. w. N.).
136
Auch eine analoge Anwendung des Tarifvertragsgesetzes scheidet aus. Denn die
Grundvoraussetzungen für Tarifverträge einerseits und kirchliche
Arbeitsvertragsregelungen andererseits sind zu unterschiedlich. Die unmittelbare und
zwingende Geltung von Tarifverträgen ist auf das Grundrecht des Artikel 9 Abs. 3 Satz 1
GG zurückzuführen, die Schaffung kirchlicher Arbeitsvertragsregelungen auf dem dritten
Weg dagegen auf das kirchliche Selbstbestimmungsrecht (BAG, Urteil vom 20.03.2002,
AP Nr. 53 zu Artikel 140 GG).
137
Ein Normvollzug der Beklagten bei der Anwendung des BAT-KF auf ihr Stammpersonal
kann daher nur vorliegen, wenn die normative Wirkung, die § 3 Abs. 1 ARRG in der
Fassung vom 14.01.2000 nunmehr den von der ARK-RWL und der arbeitsrechtlichen
Schiedskommission beschlossenen Arbeitsvertragsregelungen beimisst, durch ein
Kirchengesetz festgelegt werden kann, obwohl eine staatliche Ermächtigung nicht erteilt
ist (vgl. BAG, Urteil vom 19.02.2003, AP Nr. 36 zu § 611 BGB Kirchendienst). In der
Literatur besteht hierüber Streit (vgl. Nachweise bei Dieterich in ErfKom. zum
138
Arbeitsrecht, 5. Aufl., Art. 4 GG, Rdn. 52). Einer Entscheidung dieser Rechtsfrage bedarf
es indessen im vorliegenden Rechtsstreit nicht. Denn auch bei Annahme einer
normativen Wirkung des BAT-KF findet er auf das Arbeitsverhältnis zwischen den
Parteien Anwendung (s. unter 3.).
Bedarf die Geltung des BAT-KF im Arbeitsverhältnis hingegen der Transformation durch
Einzelarbeitsvertrag, Gesamtzusage oder vertragliche Einheitsregelung, ist die Beklagte
bei ihrer Entscheidung, welchen Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen sie die
Leistungen nach dieser kirchlichen Arbeitsvertragsregelung und den ergänzenden
Ordnungen gewährt, an den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz gebunden.
139
c) Darüber, ob der Kläger Ansprüche gegen die Beklagte auf der Grundlage des
arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes hat, ist auch durch die Gerichte für
Arbeitssachen zu entscheiden. Seine Zuweisung durch einen Träger der Sozialhilfe und
die Bestimmung im Zuweisungsbescheid, im Arbeitsvertrag müsse verdeutlicht werden,
dass es sich um ein Beschäftigungsverhältnis gemäß § 19 BSHG handelt und daher die
tarifvertraglichen Regelungen für Arbeiter und Angestellte des öffentlichen Dienstes
oder daran angelehnte Tarifvereinbarungen keine Anwendung finden, vermag
Vergütungsansprüche des Klägers infolge Verletzung des arbeitsrechtlichen
Gleichbehandlungsgrundsatzes nicht auszuschließen. Selbst wenn es sich bei der
Zuweisung um einen Verwaltungsakt handelt, wird diesem dadurch nicht die
Möglichkeit genommen, Ansprüche im arbeitsgerichtlichen Verfahren zu verfolgen
(BAG, Urteil vom 07.07.1999, AP Nr. 216 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag zur
Befristungskontrolle).
140
2. Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz ist nicht verletzt, wenn für die
Entscheidung der Beklagten, den Kläger von der Geltung des BAT-KF auszunehmen,
sachliche Gründe bestanden haben. Sachliche Gründe sozialhilferechtlicher Art hatte
sie jedoch nicht.
141
a) Nach Artikel 68 Abs. 1 des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts vom
27.12.2003 ist das Bundessozialhilfegesetz mit Wirkung vom 01.01.2005 aufgehoben,
soweit bei den einzelnen Vorschriften nichts Abweichendes bestimmt ist. Zur Zeit des
Bestandes des Arbeitsverhältnisses zwischen den Parteien galt es somit noch
uneingeschränkt.
142
Die für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits relevanten Regelungen des
BSHG lauteten zur Zeit des Bestandes des Arbeitsverhältnisses wie folgt (vgl.
Oestereicher/Schelter/Kunz, Bundessozialhilfegesetz, Stand Juni 2003):
143
§ 18 Beschaffung des Lebensunterhalts durch Arbeit
144
(1) Jeder Hilfesuchende muss seine Arbeitskraft zur Beschaffung des
Lebensunterhalts für sich und seine unterhaltsberechtigten Angehörigen
einsetzen.
145
(2) Es ist darauf hinzuwirken, dass der Hilfesuchende sich um Arbeit bemüht und
Arbeit findet. Hilfesuchende, die keine Arbeit finden können, sind zur Annahme
einer für sie zumutbaren Arbeitsgelegenheit nach § 19 oder § 20 verpflichtet.
146
...
147
....
148
§ 19 Schaffung von Arbeitsgelegenheiten
149
(1) Für Hilfesuchende, insbesondere für junge Menschen, die keine Arbeit finden
können, sollen Arbeitsgelegenheiten geschaffen werden. Zur Schaffung und
Erhaltung von Arbeitsgelegenheiten können auch Kosten übernommen werden.
Die Arbeitsgelegenheiten sollen in der Regel von vorübergehender Dauer und für
eine bessere Eingliederung des Hilfesuchenden in das Arbeitsleben geeignet
sein.
150
(2) Wird für den Hilfesuchenden Gelegenheit zu gemeinnütziger und zusätzlicher
Arbeit geschaffen, kann ihm entweder das übliche Arbeitsentgelt oder Hilfe zum
Lebensunterhalt zuzüglich einer angemessenen Entschädigung für
Mehraufwendungen gewährt werden; zusätzlich ist nur die Arbeit, die sonst nicht,
nicht in diesem Umfang oder nicht zu diesem Zeitpunkt verrichtet würde. Von dem
Erfordernis der Zusätzlichkeit kann im Einzelfall abgesehen werden, wenn
dadurch die Eingliederung in das Arbeitsleben besser gefördert wird oder dies
nach den besonderen Verhältnissen des Leistungsberechtigten und seiner
Familie geboten ist.
151
...
152
(4) Bei der Schaffung und Erhaltung von Arbeitsgelegenheiten sollen die Träger
der Sozialhilfe, die Dienststellen der Bundesagentur für Arbeit und
gegebenenfalls auf diesem Gebiet tätige Stellen zusammenwirken. In geeigneten
Fällen ist für den Hilfesuchenden unter Mitwirkung aller Beteiligten ein
Gesamtplan zu erstellen.
153
Haben die Parteien ein Arbeitsverhältnis nach der ersten Alternative des § 19 Abs. 2
Satz 1 BSHG begründet, ist der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz nicht
dadurch verletzt, dass die Beklagte die Geltung der kirchlichen
Arbeitsvertragsregelungen mit dem Kläger nicht vereinbart, sondern deren Geltung
ausgeschlossen hat. Denn in einem solchen Arbeitsverhältnis werden keine regulären,
für den Arbeitgeber jetzt erforderlichen Arbeiten geleistet, sondern es wird eine
Beschäftigung geboten, die der Eingliederung des Hilfesuchenden in das künftige
Arbeitsleben dient. Erfüllt wird eine sozialrechtliche Aufgabe in der Form eines
Arbeitsverhältnisses. Deshalb hat der Kläger keinen Anspruch auf Gleichbehandlung
mit dem Stammpersonal der Beklagten, wenn für sein Arbeitsverhältnis die
Voraussetzungen des § 19 Abs. 2 Satz 1 erste Alternative BSHG vorliegen (BAG, Urteil
vom 09.05.1995 9 AZR 269/94 zitiert nach JURIS; vgl. auch BAG, Urteil vom
18.06.1997, AP Nr. 2 zu § 3 d BAT für Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen nach § 91
AFG). Das kann jedoch jedenfalls nicht in vollem Umfang bejaht werden.
154
Es ist schon zweifelhaft, ob der Kläger gemeinnützige Arbeit im Sinne von § 19 Abs. 2
Satz 1 BSHG ausgeführt hat. Der Begriff der Gemeinnützigkeit in dieser Bestimmung
knüpft an §§ 51 ff. AO an (BAG, Urteil vom 22.03.2000, AP Nr. 222 zu § 620 BGB
Befristeter Arbeitsvertrag). Nach § 52 Abs. 1 Satz 1 AO verfolgt eine Körperschaft
gemeinnützige Zwecke, wenn ihre Tätigkeit darauf gerichtet ist, die Allgemeinheit auf
materiellem, geistigen oder sittlichen Gebiet selbstlos zu fördern. Nach § 51 Satz 1 AO
155
dient eine Körperschaft steuerbegünstigten Zwecken, wenn sie ausschließlich und
unmittelbar gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke verfolgt. Eine Arbeit ist
daher im Sinne von § 19 Abs. 2 Satz 1 BSHG gemeinnützig, wenn durch sie
ausschließlich und unmittelbar Interessen der Allgemeinheit gefördert werden (BAG,
Urteil vom 22.03.2000, a. a. O.).
Dabei darf die gemeinnützige Arbeit nicht unmittelbar erwerbswirtschaftlichen Zwecken
dienen. Vielmehr soll durch das Erfordernis der Gemeinnützigkeit insbesondere die
Förderung erwerbswirtschaftlicher Zwecke von Privatunternehmen im Wege der
Sozialhilfe vermieden werden. Auch darf dadurch auf dem Waren- und
Dienstleistungsmarkt keine Konkurrenz für die auf dem freien Arbeitsmarkt tätigen
Privatunternehmen entstehen (BAG, Urteil vom 22.03.2000, a. a. O.).
156
Der allgemeine Zweck der Beklagten, Arbeitsangebote für langfristig Arbeitslose zu
schaffen und zu fördern, dient zweifellos unmittelbar der Allgemeinheit. Fraglich ist
jedoch, ob das Erfordernis der Gemeinnützigkeit im Sinne von § 19 Abs. 2 Satz 1 BSHG
wegen des allgemeinen Zwecks der Beklagten ohne weiteres auch für alle Tätigkeiten
der angeleiteten, betreuten Personen bejaht werden kann, obwohl die Beklagte
zumindest teilweise Tätigkeiten ausführt, bei denen sie mit anderen Unternehmen
konkurrieren kann.
157
Jedenfalls war die dem Kläger übertragene Tätigkeit nicht zusätzlich im Sinne der
Legaldefinition des § 19 Abs. 2 Satz 1 2. Halbs. BSHG. Dabei kann dahingestellt
bleiben, ob die Zusätzlichkeit im Sinne dieser Bestimmung bereits deshalb zu verneinen
ist, weil der Kläger nur zu einem geringen Teil Arbeitsaufgaben durchgeführt hat, für
deren Erledigung die Beklagte die Zuweisung des Klägers beantragt hat. Denn die von
ihm überwiegend erledigten Aufgaben in der Personalverwaltung waren auch
tatsächlich nicht zusätzlich für die Beklagte.
158
Ob eine Arbeit zusätzlich im Sinne von § 19 Abs. 2 Satz 1 2. Halbs. BSHG ist,
entscheidet sich danach, welche Arbeit der Hilfesuchende innerhalb des betrieblichen
Aufgabenspektrums ausführt. Es ist einerseits zu prüfen, welche konkreten Maßnahmen
der Arbeitgeber nach seiner üblichen Planung durchführen will, und andererseits,
welche konkret auszuführenden Arbeiten der einzustellende Hilfeempfänger
übernehmen soll (vgl. BSG Urteil vom 30.09.1992 11 RAr 3/92 zitiert nach JURIS, zum
Begriff der Zusätzlichkeit nach § 91 Abs. 2 Satz 1 AFG). Handelt es sich hierbei um
ständig bei der Beklagten anfallende Arbeiten, sind sie nicht zusätzlich (BAG, Urteil vom
09.05.1995, a. a. O.). Wird etwa ein Hilfesuchender innerhalb der öffentlichen
Verwaltung beschäftigt, ist das Merkmal der Zusätzlichkeit nicht erfüllt, wenn es sich um
Arbeiten handelt, die nur zur Einsparung normaler Arbeitskräfte dienen bzw. die wegen
haushaltspolitisch bedingten Personalmangels nicht im notwendigen Umfang
durchgeführt werden können, obwohl sie zur eigentlichen Aufgabenerfüllung etwa der
Gemeinde gehören (OVG Münster, Urteil vom 19.07.1995, DVBl 1996, Seite 319; OVG
Münster, Urteil vom 27.05.1991, ZfS 1991, Seite 309).
159
Danach fehlt den vom Kläger weit überwiegend erledigten Arbeitsaufgaben in der
Personalverwaltung der angeleiteten, betreuten Personen das Merkmal der
Zusätzlichkeit. Denn solange die Beklagte im Sinne ihrer allgemeinen Zielsetzung tätig
wird, fallen die von ihm ausgeführten Aufgaben ständig an. Dabei mag es sein, dass der
Umfang dieser Tätigkeit je nach der Anzahl der angeleiteten, betreuten Personen
schwankt. Wenn sich die Beklagte daher entschließt, zusätzliche Projekte mit diesem
160
Personenkreis durchzuführen, kommt in Betracht, dass die Personalverwaltung für
diesen Personenkreis im Sinne von § 19 Abs. 2 Satz 1 BSHG zusätzlich ist. Der
Beklagten kann aber nicht gefolgt werden, soweit sie meint, für die Erfüllung des
Merkmals zusätzlich reiche es aus, dass der Kläger nur Personalangelegenheiten des
geförderten Personenkreises verwaltet hat. Denn dann wären alle Arbeiten der
Beklagten zur Erfüllung ihres allgemeinen Zwecks, auch die ihres Stammpersonals ,
zusätzlich. Das aber ist weder mit dem Wortlaut der Legaldefinition in § 19 Abs. 2 Satz 1
2. Halbs. BSHG noch mit dem Zweck der Regelung vereinbar.
Dieser liegt darin, dass die Schaffung von Arbeitsgelegenheiten nicht zur Einsparung
regulär beschäftigter Arbeitskräfte führen soll (OVG Münster, Urteil vom 19.07.1995, a. a.
O.). Regulär bei der Beklagten anfallende Arbeitsaufgaben können daher nicht
zusätzliche im Sinne von § 19 Abs. 2 Satz 1 BSHG sein. Die Personalverwaltung der
angeleiteten, betreuten Personen gehört hierzu. Die Beklagte hätte sie ihrem
Stammpersonal übertragen müssen, wenn sie nicht den Kläger hierfür eingesetzt hätte.
161
b) Ein sachlicher Grund, den Kläger von der Geltung des BAT-KF auszunehmen, liegt
auch nicht darin, dass für ihn eine Arbeitsgelegenheit nach § 19 Abs. 1 BSHG
geschaffen wurde. Nach §§ 18 Abs. 2, 19 BSHG wird bei der sozialhilferechtlichen Hilfe
zur Arbeit zwischen der Vermittlung von Arbeit und der Schaffung einer
Arbeitsgelegenheit unterschieden. § 19 Abs. 2 BSHG betrifft die Schaffung einer
Gelegenheit zu gemeinnütziger und zusätzlicher Arbeit. § 19 Abs. 1 BSHG betrifft die
Schaffung sonstiger Arbeitsgelegenheiten (BVerwG, Urteil vom 22.03.1990, NVwZ
1990, Seite 1170; BAG, Urteil vom 09.05.1995, a. a. O.).
162
§ 19 Abs. 1 BSHG gibt dem Träger der Sozialhilfe einen weiten Spielraum bei der
Schaffung von Arbeitsgelegenheiten. Er kann sie selbst organisieren, sie aber auch bei
Privatunternehmen, freien Trägern oder öffentlich-rechtlichen Trägern anbieten (vgl.
Dauber in Mergler/Zink, BSHG, 4. Aufl., Stand März 2004). Aufgrund einer im Sinne von
§ 19 Abs. 1 BSHG geschaffenen Arbeitsgelegenheit ist der Kläger bei der Beklagten
nicht tätig geworden. Denn seine Zuweisung durch die Stadt Wuppertal ist aufgrund des
Antrags der Beklagten für eine Stelle erfolgt, die die Erledigung von Korrespondenz,
Telefonbedienung, Ablagesystem, Rechnungstellung und Kundenberatung umfasste.
Tatsächlich hat der Kläger diese Aufgaben jedoch nur in geringem Umfang ausgeführt.
Weit überwiegend hat er andere Arbeiten in der Personalverwaltung übernommen. Die
Arbeitsgelegenheit, die für ihn bestand, ist daher keine nach § 19 Abs. 1 BSHG
geschaffene Arbeitsgelegenheit. Vielmehr liegt tatsächlich lediglich eine Vermittlung
des Klägers in eine Arbeitsgelegenheit nach § 18 Abs. 2 Satz 1 BSHG vor. In einem so
zustande gekommenen Arbeitsverhältnis besteht kein sachlicher Grund, den
Arbeitnehmer von Leistungen auszuschließen, die der Arbeitgeber den Mitarbeiterinnen
und Mitarbeitern in einem regulären Arbeitsverhältnis gewährt (BAG, Urteil vom
09.05.1995, a. a. O.).
163
3. Die Regelung in § 3 d (aa) BAT-KF, nach der Angestellte, die Arbeiten nach § 260
SGB III oder nach den §§ 19 und 20 BSHG oder nach einem entsprechenden
öffentlichen Programm zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit verrichten, vom
persönlichen Geltungsbereich des BAT-KF ausgenommen sind, steht den Ansprüchen
des Klägers auf die Vergütung nach den Bestimmungen des BAT-KF und der
ergänzenden kirchlichen Ordnungen ebenfalls nicht entgegen. Dabei kann dahingestellt
bleiben, ob dem BAT-KF normative Wirkung zukommt oder nicht und ob die Beklagte
dem persönlichen Geltungsbereich des BAT-KF unterfällt.
164
a) Führt die Anordnung der normativen Wirkung in § 3 Abs. 1 ARRG diese Wirkung auf
das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien herbei, ist der Kläger nicht nach § 3 d (aa)
BAT-KF vom persönlichen Geltungsbereich des BAT-KF ausgenommen. Unstreitig hat
er weder Arbeiten nach § 260 SGB III noch nach § 20 BSHG verrichtet. Seine
Arbeitsleistung war auch weder zusätzlich im Sinne von § 19 Abs. 2 Satz 1 1.
Alternative BSHG noch wurde für ihn eine Arbeitsgelegenheit im Sinne von § 19 Abs. 1
BSHG geschaffen. Er hat daher auch keine Arbeiten in einem den §§ 260 SGB III, 19
oder 20 BSHG entsprechendem öffentlichen Programm zur Bekämpfung der
Arbeitslosigkeit verrichtet.
165
Selbst wenn aber angenommen werden wird, dass der Kläger Arbeiten nach § 19 Abs. 1
BSHG oder einem entsprechenden öffentlichen Programm zur Bekämpfung der
Arbeitslosigkeit bei der Beklagten ausgeführt hat, schließt dies ihn nicht vom
persönlichen Geltungsbereich des BAT-KF aus. Denn kann aufgrund einer
kirchengesetzlichen Regelung einer kirchlichen Arbeitsvertragsregelung normative
Wirkung beigemessen werden, sind die ARK-RWL und die arbeitsrechtliche
Schiedskommission bei der Regelung kirchlichen Arbeitsvertragsrechts auch wie die
Tarifvertragsparteien an die Grundrechte gebunden. Dazu gehört der allgemeine
Gleichheitssatz nach Artikel 3 Abs. 1 GG. Dieser ist verletzt, wenn der Kläger von der
Geltung der kirchlichen Arbeitsvertragsregelungen ausgenommen ist.
166
Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist eine strenge Prüfung
geboten, ob eine Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes des Artikel 3 Abs. 1 GG
vorliegt, wenn Personengruppen ungleich behandelt werden. Es müssen Unterschiede
von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung
rechtfertigen können. Für Tarifvertragsparteien gilt, dass sie mittelbar an die
Grundrechte, also auch an Artikel 3 Abs. 1 GG, gebunden sind. Bei der Entscheidung,
ob der allgemeine Gleichheitssatz bei ihrer Rechtssetzung verletzt wurde, ist aber auch
der durch Artikel 9 Abs. 3 GG geschützten Tarifautonomie Rechnung zu tragen (BAG,
Urteil vom 27.05.2004, a. a. O., m. w. N.).
167
Beziehen Tarifvertragsparteien eine bestimmte Arbeitnehmergruppe nicht in den
persönlichen Geltungsbereich eines Tarifvertrages über die Regelung allgemeiner
Arbeitsbedingungen ein, verzichten sie auf eine ihnen mögliche Normsetzung, was
darauf beruhen kann, dass sie die Tarifregelung in ihrer Gesamtheit oder in Teilen für
die betreffende Arbeitnehmergruppe nicht für sachgerecht halten. In einem solchen Fall
wird daher den Anforderungen des allgemeinen Gleichheitssatzes genügt, wenn bei
typisierender Betrachtung der jeweiligen Gruppen sachbezogene Gruppenunterschiede
erkennbar sind und deshalb eine Nichteinbeziehung der betreffenden
Arbeitnehmergruppe in den persönlichen Geltungsbereich eines Tarifvertrages
gerechtfertigt ist. Dabei können soweit erkennbar auch typische Sachzwänge der
kollektiven Vertragsform sowie koalitionsspezifische Interessen berücksichtigt werden.
Nichts anderes gilt, wenn eine unmittelbare Grundrechtsbindung der
Tarifvertragsparteien angenommen wird (BAG, Urteil vom 27.05.2004, a. a. O.; vgl. auch
BAG, Urteil vom 04.04.2000, AP Nr. 2 zu § 1 TVG Gleichbehandlung; BAG, Urteil vom
18.06.1997, AP Nr. 2 zu § 3 d BAT). Da das kirchliche Selbstbestimmungsrecht
jedenfalls keine weitergehenden Freiheiten gewährt, unterliegt auch eine kirchliche
Arbeitsrechtsregelung entsprechenden Bindungen.
168
Sachbezogene Gründe, Arbeitnehmer, für die Arbeitsgelegenheiten nach § 19 Abs. 1
169
BSHG geschaffen wurden oder die Arbeiten nach einem entsprechenden öffentlichen
Programm zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit verrichten, von der Geltung des BAT-KF
auszuschließen, können für den Fall bejaht werden, dass diese nicht wie die in den
persönlichen Geltungsbereich des BAT-KF einbezogenen Arbeitnehmer
uneingeschränkt Arbeitsleistungen für den Arbeitgeber erbringen. Das trifft besonders
dann zu, wenn vertraglich vereinbart ist, dass ein nicht unerheblicher Teil der Arbeitszeit
zur Fortbildung oder Qualifizierung eingesetzt wird. Denn in diesem Fall hat die
Arbeitsleistung für den Arbeitgeber einen geringeren Nutzen als wenn der Arbeitnehmer
uneingeschränkt zur Arbeitsleistung zur Verfügung steht. Wäre es daher zu einer
Qualifizierung des Klägers und zu externen betrieblichen Praktika nach § 2 des
Arbeitsvertrages vom 01.10.2002 gekommen, lägen Unterschiede zu einer regulären
Beschäftigung von erheblichem Gewicht vor, die einen sachbezogenen
Gruppenunterschied darstellen würden.
Tatsächlich ist der Kläger aber unstreitig nur vorübergehend gecoacht worden. Es ist
nicht ersichtlich, dass in dem Arbeitsverhältnis Qualifizierungsmaßnahmen in einem
zeitlich nicht ganz unerheblichen Ausmaß stattgefunden haben. Denn die Beklagte hat
hierzu nichts dargelegt. Vielmehr hat der Kläger im Berufungsverfahren
unwidersprochen vorgetragen, bei ihm seien - abgesehen von einem Erste-Hilfe-Kurs -
keine Motivierungs- und Qualifizierungsmaßnahmen durchgeführt worden. Hat der
Kläger aber reguläre Arbeit wie das Stammpersonal der Beklagten ausgeführt, fehlt es
an einem sachbezogenen Grund, ihn nicht in den persönlichen Geltungsbereich des
BAT-KF aufzunehmen. Weder die Übernahme von Kosten durch den Träger der
Sozialhilfe oder sonstige öffentliche Stellen noch der Umstand, dass ein Arbeitnehmer
arbeitslos war und für ihn eine Arbeitsgelegenheit nach § 19 Abs. 1 BSHG geschaffen
wurde, können für sich genommen sachgerechte Gründe darstellen, einen Arbeitnehmer
von allgemeinen arbeitsvertraglichen Regelungen auszuschließen.
170
b) Hat der BAT-KF keine normative Wirkung für das Arbeitsverhältnis, gilt im Ergebnis
nichts anderes. Ein sachlicher Grund, den Kläger anders zu behandeln als das
Stammpersonal der Beklagten, besteht nicht, weil er reguläre Arbeit erledigt hat (BAG,
Urteil vom 09.05.1995, a. a. O.). Soweit § 3 d (aa) BAT-KF bestimmt, dass dieser
Tarifvertrag nicht für Angestellte gilt, die Arbeiten nach § 260 SGB III oder nach den §§
19 und 20 BSHG verrichten, stimmt die Regelung mit § 3 d (aa) BAT überein. Damit ist
nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts eine Inhaltskontrolle nach den für
Tarifverträge geltenden Maßstäben vorzunehmen (BAG, Urteil vom 06.11.1996, AP Nr.
1 zu § 10 a AVR Caritasverband). Diese führt, wie dargestellt, zu dem Ergebnis, dass
der Kläger nach Artikel 3 Abs. 1 GG nicht vom persönlichen Geltungsbereich des BAT-
KF ausgeschlossen werden kann.
171
Soweit § 3 d (aa) BAT-KF bestimmt, dass dieser Tarifvertrag nicht für Arbeitnehmer gilt,
die Arbeiten nach einem entsprechenden öffentlichen Programm zur Bekämpfung der
Arbeitslosigkeit verrichten, stimmt die Regelung nicht mit § 3 d (aa) BAT überein. Damit
ist insoweit nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts eine
Billigkeitskontrolle nach §§ 317 Abs. 1, 319 Abs. 1 BGB vorzunehmen (BAG, Urteil vom
17.04.1996, AP Nr. 24 zu § 611 BGB). Ein Ausschluss von Arbeitnehmern von der
Geltung kirchlicher Arbeitsvertragsregelungen, die reguläre Arbeit wie die nicht
ausgeschlossenen Arbeitnehmer leisten, ist offenbar unbillig (§ 319 Abs. 1 BGB). Allein
die Einbeziehung in ein öffentliches Programm zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit
vermag den Ausschluss nicht sachlich zu rechtfertigen.
172
Mangels Übereinstimmung des Ausschlusses des Klägers aus dem Geltungsbereich
des BAT-KF mit höherrangigem Recht ist die Beklagte auch nicht aufgrund ihrer
Mitgliedschaft im Diakonischen Werk der Evangelischen Kirche im Rheinland nach § 3
Abs. 2 ARRG verpflichtet, die Anwendung des BAT-KF und der ergänzenden
kirchlichen Ordnungen auf das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien zu unterlassen.
173
4. Der Kläger hat Anspruch auf die Vergütung nach der Vergütungsgruppe VIII Anlage
1a zum BAT-KF, da er deren Tätigkeitsmerkmale erfüllt.
174
a) Für seine Eingruppierung kommt es nach § 22 Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 1 BAT-KF
darauf an, ob seine Tätigkeit zeitlich mindestens zur Hälfte aus Arbeitsvorgängen
besteht, die für sich genommen die Anforderungen der Vergütungsgruppe VIII BAT-KF
erfüllen. Damit ist von dem von der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts
entwickelten Begriff des Arbeitsvorgangs auszugehen. Dieser wird definiert, wie auch
aus der Protokollnotiz Nr. 1 zu § 22 Abs. 2 hervorgeht, als eine unter Hinzurechnung der
Zusammenhangstätigkeiten bei Berücksichtigung einer sinnvollen, vernünftigen
Verwaltungsübung nach tatsächlichen Gesichtspunkten abgrenzbare und rechtlich
selbständig zu bewertende Arbeitseinheit der zu einem bestimmten Arbeitsergebnis
führenden Tätigkeit eines Angestellten (BAG, Urteil vom 20.03.1996, AP Nr. 24 zu §§
22, 23 BAT Sozialarbeiter m. w. N.). Können dabei die Arbeitsvorgänge des Klägers
jedenfalls insoweit bestimmt werden, als sie zeitlich mindestens die Hälfte seiner
Arbeitszeit in Anspruch nehmen, kommt es auf die Frage, welche weiteren
Arbeitsvorgänge für seine Tätigkeit anzunehmen sind, nicht an (BAG, Urteil vom
12.11.1980 4 AZR 797/78 zitiert nach JURIS).
175
Während des weit überwiegenden Teils seiner Arbeitszeit hat der Kläger Aufgaben in
der Personalverwaltung der angeleiteten, betreuten Personen wahrgenommen. Diese
Tätigkeit hatte das Ziel, den Einsatz des von der Arbeits- oder Sozialverwaltung der
Beklagten zugewiesenen Personenkreises sowie die Änderung und Beendigung des
Einsatzes hinsichtlich wiederkehrender personeller Anforderungen vorzubereiten. Es
handelt sich daher um einen einheitlichen Arbeitsvorgang, auf dessen tarifrechtliche
Bewertung es ausschließlich ankommt, weil die sonst von dem Kläger erledigten
Arbeitsaufgaben in zeitlicher Hinsicht weit weniger als die Hälfte seiner Arbeitszeit
ausfüllten. Dies gilt auch dann, wenn seine Mitwirkung bei der Erstelldung von
Statistiken als gesonderter Arbeitsvorgang anzusehen ist. Denn auch dann hat der
Kläger zu weit mehr als der Hälfte seiner Arbeitszeit Aufgaben in der
Personalverwaltung (ohne Statistiken) ausgeführt.
176
Das hat sich auch nicht nach dem 01.01.2003 und 01.03.2003 geändert. Denn mit den
zusätzlich übernommenen Aufgaben war der Kläger in zeitlich nur geringem Umfang
beschäftigt. Dabei mag es sein, dass er nach dem 28.02.2003 nicht mehr voll
ausgelastet war. Das führt aber nicht dazu, dass der Arbeitsvorgang Personalverwaltung
ab diesem Zeitpunkt in zeitlicher Hinsicht nicht mehr überwiegt. Denn unstreitig war der
Kläger für die Personalverwaltung eingestellt. Soweit er hiermit zuletzt nicht mehr
beschäftigt werden konnte, kommt es bei der Bildung der Zeitanteile darauf an, was
vertraglich vorgesehen war.
177
b) Der Arbeitsvorgang Personalverwaltung erfüllt die Tätigkeitsmerkmale der Fallgruppe
8 Anlage 1a zum BAT-KF. Denn der Kläger war Mitarbeiter in der Verwaltung. Um eine
vorwiegend mechanische Tätigkeit oder einfache Tätigkeit im Sinne der Fallgruppen 1
und 3 handelt es sich nicht. Eine schwierige Tätigkeit im Sinne der Fallgruppe 8
178
erfordert einen höheren Aufwand an gedanklicher Arbeit oder den Einsatz andersartiger
qualifizierter Tätigkeiten. Sie liegen gegenüber einfachen Tätigkeiten dann vor, wenn
die Tätigkeit den Einsatz qualifizierter Fähigkeiten des Angestellten, gleich in welcher
Hinsicht, im Vergleich zu den einfachen Arbeiten verlangt (BAG, Beschluss vom
22.01.2003, ZTR 2003, Seite 454). Hierzu sind zu rechnen: Verantwortlichkeit, große
Selbständigkeit, besondere eigene Überlegung und eine Befähigung, wie sie zu
einfachen Arbeiten im Sinne von Vergütungsgruppe IX nicht gefordert wird (BAG, Urteil
vom 15.05.1968, AP Nr. 20 zu §§ 22, 23 BAT).
Die Beklagte bestreitet nicht, dass der Kläger nach der Einarbeitungsphase die ihm
übertragenen Aufgaben in der Personalverwaltung im Wesentlichen selbständig erledigt
hat. Ohne eigene Überlegungen und Kenntnis innerbetrieblicher Arbeitsanweisungen
und von Förderbedingungen der Arbeits- und Sozialverwaltung konnte er die Tätigkeit
nicht ordnungsgemäß ausführen. Deshalb musste er ein größeres Maß an Fähigkeiten
einsetzen, als es Aufgaben nach der Fallgruppe 3 erfordern.
179
c) Damit kann der Kläger als Differenzbetrag zwischen der ihm zustehenden Vergütung
nach der Vergütungsgruppe VIII BAT-KF und der gezahlten Vergütung für das Jahr 2002
1.497,00 € brutto und für das Jahr 2003 2.836,10 € brutto verlangen.
180
Zutreffend ist die Grundvergütung nach der Stufe 6, die im Jahr 2002 für die
Vergütungsgruppe VIII monatlich 1.215,94 € brutto und im Jahr 2003 monatlich 1.245,12
€ brutto betrug. Die anzuwendende Stufe ergibt sich aus § 27 A Abs. 3 i. V. m. Abs. 1
BAT-KF. Der Kläger hat am 26.03.1990 das 21. Lebensjahr vollendet. Nach § 27 A Abs.
1 BAT-KF hätte er somit zur Zeit seiner Einstellung die 7. Stufe erreicht. Da er aber erst
nach Vollendung des 21. Lebensjahres von der Beklagten eingestellt wurde, erhält er
nach § 27 A Abs. 3 BAT-KF die Grundvergütung nach der nächst niedrigeren Stufe, also
die der Stufe 6.
181
Die Grundvergütung erhöht sich nach § 26 Abs. 1 i. V. m. § 29 BAT-KF um den
Ortszuschlag der Tarifklasse II Stufe 1. Dieser betrug in den Jahren 2002 und 2003
monatlich 463,88 € brutto.
182
Nach § 2 Abs. 1 Unterabs. 1 BAT-KF gelten, soweit der BAT-KF nicht gilt, die
arbeitsrechtlichen Bestimmungen, die in anderen u. a. in der Evangelischen Kirche im
Rheinland und ihres Diakonischen Werkes geltenden Arbeitsrechtsregelungen geregelt
sind. Zur Grundvergütung hinzuzurechnen ist daher auch die allgemeine Zulage nach
der Ordnung über Zulagen an kirchliche Angestellte. Diese betrug im Jahr 2002
monatlich 102,86 € brutto und ihm Jahr 2003 monatlich 105,33 € brutto.
183
Im Jahr 2002 hatte der Kläger daher einen gesamten monatlichen Vergütungsanspruch
von 1.771,81 € brutto und im Jahr 2003 von 1.814,33 € brutto. Gezahlt hat die Beklagte
an den Kläger monatlich 1.397,56 € brutto. Für die Monate September bis Dezember
2002 hat der Kläger daher einen Vergütungsanspruch von 7.087,24 € brutto. Erhalten
hat er 5.590,24 € brutto. Daraus errechnet sich ein Differenzbetrag von 1.497,00 € brutto.
Der Vergütungsanspruch des Klägers für Januar bis Juni 2003 beträgt 10.885,98 €
brutto. Hinzuzurechnen sind weitere 1.462,90 € brutto bis zum Ablauf des
Entgeltfortzahlungszeitraums nach § 3 Abs. 1 Satz 1 EFZG im Juli 2003. Bei monatlich
gezahlten 1.397,56 € brutto errechnet sich ein Differenzbetrag von monatlich 416,77 €
brutto und für Juli 2003 von 335,48 € brutto. Insgesamt ergibt sich damit für 2003 ein
Differenzbetrag von 2.836,10 € brutto.
184
d) Ferner kann der Kläger für das Jahr 2002 eine anteilige Zuwendung in Höhe von
506,74 € brutto nach der Ordnung über eine Zuwendung für kirchliche Angestellte im
Bereich u. a. der evangelischen Kirche im Rheinland vom 24.02.1993 verlangen. Sie
beträgt 85,8 % des Arbeitsentgelts, das dem Kläger für Oktober 2002 zusteht (§ 3 Abs. 1
i. V. m. § 47 Abs. 2 BAT-KF) und ist nach §§ 3 Abs. 2 Satz 1, 2 Abs. 1 Nr. 2 um je 1/12
für die Monate Januar bis August 2002 zu kürzen. Tatsachen, dass der Bemessungssatz
für die Zuwendung von 85,8 % erhöht wurde, hat der Kläger nicht vorgetragen. Er hat
daher Anspruch auf eine Zuwendung in Höhe von 4/12 von 1.520,21 € brutto.
185
Urlaubsgeld kann der Kläger in Höhe von 332,34 € brutto nach §§ 2 Abs. 1, 3 der
Ordnung für ein Urlaubsgeld der kirchlichen Angestellten im Bereich u. a. der
Evangelischen Kirche im Rheinland vom 17.06.1992 für das Jahr 2003 verlangen.
186
Insgesamt hat die Beklagte somit 5.172,18 € brutto zu zahlen. Die Entscheidung über
die Zinsen ergibt sich aus §§ 286, 288 BGB.
187
5. Die Ansprüche sind nicht nach § 70 BAT-KF verfallen. Falls der BAT-KF unmittelbar
und zwingend für das Arbeitsverhältnis gilt, findet zwar auch die Ausschlussfrist nach §
70 BAT-KF Anwendung. Ob dies gleichermaßen gilt, wenn sich die
Vergütungsansprüche aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz
ergeben, kann dahingestellt bleiben.
188
Denn auf den Verfall der Ansprüche kann sich die Beklagte nicht berufen. Nach
ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts stellt die Berufung auf eine
Ausschlussfrist eine gemäß § 242 BGB unzulässige Rechtsausübung dar, wenn die
zum Verfall von Ansprüchen führende Untätigkeit des Arbeitnehmers durch ein
Verhalten des Arbeitgebers veranlasst worden ist (BAG, Urteil vom 05.06.2003, EzA § 4
TVG Ausschlussfristen Nr. 167 m. w. N.). Dies trifft für die Vergütungsansprüche des
Klägers nach dem BAT-KF und den ergänzenden kirchlichen Ordnungen zu, da die
Beklagte in dem von ihr vorformulierten Arbeitsvertrag erklärt hat, dass die im
öffentlichen Dienst bzw. kirchlichen Raum tarif- und arbeitsrechtlichen Bestimmungen
keine Anwendung finden. Dadurch hat sie den Kläger von der rechtzeitigen
Geltendmachung des Anspruchs abgehalten. Der Arbeitgeber setzt sich in Widerspruch
zu seinem eigenen früheren Verhalten, wenn er zunächst die Untätigkeit des
Arbeitnehmers veranlasst, und dann aus dieser Untätigkeit einen Vorteil für sich ziehen
will, in dem er sich auf den Verfall von Ansprüchen beruft (BAG, Urteil vom 05.06.2003,
a. a. O.).
189
III.
190
Die Berufung ist unbegründet, soweit der Kläger eine höhere Vergütung als die
Vergütung nach der Vergütungsgruppe VIII BAT-KF begehrt. Seine Tätigkeiten in der
Personalverwaltung erforderten keine gründlichen Fachkenntnisse im Sinne der
Fallgruppe 11 Anlage 1a BAT-KF. Damit sind die Tätigkeitsmerkmale für die
Vergütungsgruppe VII nicht erfüllt.
191
Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts besitzt das Tätigkeitsmerkmal
gründliche Fachkenntnisse ein quantitatives und ein qualitatives
192
Element. Es muss sich um Fachkenntnisse von nicht ganz unerheblichem Ausmaß und
193
nicht nur oberflächlicher Art handeln (BAG, Urteil vom 24.08.1983, AP Nr. 78 zu §§ 22,
23 BAT 1975; BAG, Urteil vom 22.01.2003, a. a. O.). Auch Erfahrungswissen, das der
Angestellte für die ihm übertragene Tätigkeit benötigt, kann zu den erforderlichen
Fachkenntnissen gehören (BAG, Urteil vom 22.01.2003, a. a. O.).
Für die Erledigung des Arbeitsvorgangs Personalverwaltung benötigte der Kläger zwar
Fachkenntnisse in nicht ganz unerheblichem Ausmaß, denn er musste wissen, welche
Regelungen für das Ausfüllen der nicht vorgedruckten Teile der Arbeitsverträge, der
Einkaufsgutscheine, der Formulare für die betriebsärztliche Untersuchung und für die
Eingabe der Personaldaten in die EDV und den Stellenplan sowie bei der Berechnung
von Probezeiten und Praktika zu beachten waren. Das zusätzlich erforderliche
qualitative Element liegt jedoch nicht vor. Denn das geforderte Wissen erstreckte sich
lediglich auf stets wiederkehrende Einzelheiten, deren Kenntnis sich der Kläger
innerhalb kurzer Zeit aneignen konnte. Da z. B. in den Arbeitsverträgen mit den von der
Arbeitsverwaltung geförderten Personen bereits vorgedruckt war, dass die Probezeit
drei Monate beträgt, musste nach Bekanntgabe des Einstellungsdatums lediglich der
Ablauf der Probezeit für den Einzelfall ermittelt werden. Die Berechnung der Dauer
eines befristeten Arbeitsvertrages erfordert ebenfalls kein vertieftes Wissen, sobald das
Einstellungsdatum bekannt ist. Auch die Tätigkeit der geförderten Personen und die
Höhe der Vergütungen waren vorgegeben.
194
Da der Kläger mithin schon nicht die Tätigkeitsmerkmale der Vergütungsgruppe VII
BAT-KF erfüllt, kann er erst recht nicht die Vergütung nach der Vergütungsgruppe Vc
BAT-KF verlangen.
195
IV.
196
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 64 Abs. 6 ArbGG, 525, 92 Abs. 1 ZPO.
197
Die Revision wurde nach § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zugelassen.
198
RECHTSMITTELBELEHRUNG
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Gegen dieses Urteil kann von beiden Parteien
200
REVISION
201
eingelegt werden.
202
Die Revision muss
203
innerhalb einer Notfrist von einem Monat
204
nach der Zustellung dieses Urteils schriftlich beim
205
Bundesarbeitsgericht,
206
Hugo-Preuß-Platz 1,
207
99084 Erfurt,
208
Fax: (0361) 2636 - 2000
209
eingelegt werden.
210
Die Revision ist gleichzeitig oder
211
innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils
212
schriftlich zu begründen.
213
Die Revisionsschrift und die Revisionsbegründung müssen von einem bei einem
deutschen Gericht zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnet sein.
214
Heinlein Effertz van Beeck
215