Urteil des LAG Baden-Württemberg vom 19.10.2001

LArbG Baden-Württemberg: verbot der diskriminierung, arbeitsgericht, wichtiger grund, stellvertretung, objektive unmöglichkeit, vergütung, beendigung, arbeitsbedingungen, entziehen, gefahr

LArbG Baden-Württemberg Urteil vom 19.10.2001, 5 Sa 24/01
Altersteilzeit und Blockmodell und Änderungskündigung
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Reutlingen vom 8.2.2001 -2 Ca 424/00 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
1
Die Parteien streiten aufgrund der am 10.10.2000 eingereichten Klage um die Rechtswirksamkeit der von der Beklagten mit Schreiben vom
22.09.2000 (Bl. 73, 74 d. A. 1. Instanz) unter Einhaltung einer sozialen Auslauffrist zum 31.03.2001 ausgesprochenen außerordentlichen
Änderungskündigung.
2
Der am ... geborene, verheiratete Kläger war aufgrund Arbeitsvertrags vom 06.11.1972 (Bl. 5-7 d. A. 1. Instanz) seit dem 01.01.1973 zunächst
beim Rechtsvorgänger der Beklagten, seit dem 01.05.1975 aufgrund Arbeitsvertrags vom 30.04.1975 (Bl. 9 d. A. 1. Instanz) unter Anrechnung der
beim Rechtsvorgänger zurückgelegten Beschäftigungszeit bei der Beklagten, einer Anstalt des öffentlichen Rechts mit etwa 300 Arbeitnehmern,
als Angestellter beschäftigt. Gemäß § 2 des Arbeitsvertrags vom 30.04.1975 bestimmt sich das Arbeitsverhältnis nach dem BAT und den diesen
ergänzenden oder ändernden Tarifverträgen.
3
Der in der Abteilung für Ausbildungsförderung eingesetzte Kläger war in dieser zunächst als Hauptsachbearbeiter unter Eingruppierung in Verg.
Gr. Vb BAT und sodann als Gruppenleiter unter Eingruppierung in Verg. Gr. IVb BAT tätig. Aufgrund einer bereits vor 1975 erfolgten Berufung
zum stellvertretenden Abteilungsleiter wurde er mit Schreiben vom 22.08.1975 (Bl. 10 d. A. 1. Instanz) mit Wirkung vom 01.05.1975 an nach Verg.
Gr. IVa BAT höhergruppiert. Wegen der ihm als Gruppenleiter und stellvertretenden Abteilungsleiter übertragenen Aufgaben wird auf die
Tätigkeitsbeschreibung vom 12.04.1984 (Bl. 60, 61 d. A. 1. Instanz) verwiesen.
4
Unter dem 13.07.1999 schlossen die Parteien auf der Grundlage des Altersteilzeitgesetzes vom 23.07.1996 und des Tarifvertrages zur Regelung
der Altersteilzeit (TV ATZ) vom 05.05.1998 in der jeweils gültigen Fassung einen Änderungsvertrag (Bl. 11, 12 d. A. 1. Instanz), demzufolge das
Arbeitsverhältnis ab 01.06.1999 bis zu seiner Beendigung am 31.05.2004 als Altersteilzeitarbeitsverhältnis fortgeführt wird. Gemäß § 2 des
Änderungsvertrages wird die Altersteilzeit im Blockmodell geleistet. Die Arbeitsphase wurde in die Zeit vom 01.06.1999 bis zum 30.11.2001 und
die Freistellungsphase in die Zeit vom 01.12.2001 bis zum 31.05.2004 gelegt. Während des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses belief sich die
Vergütung des Klägers nach Verg. Gr. IVa BAT zuletzt unter Einbeziehung einer Alterszeitzulage von 913,28 DM auf 4.150,65 DM brutto
monatlich (vgl. Gehaltsabrechnung für September 2000, Bl. 13 d. A. 1. Instanz). Mit Schreiben vom 21.09.2000 (Bl. 29-31 d. A. 1. Instanz) teilte die
Beklagte dem Personalrat mit, dass sie beabsichtige, das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger gemäß § 55 BAT unter Einhaltung einer sozialen
Auslauffrist im Umfange der tariflichen Kündigungsfrist zum 31.03.2001 außerordentlich zu kündigen und diesem gleichzeitig einen geänderten
Arbeitsvertrag als Gruppenleiter mit Vergütung nach Verg. Gr. IVb BAT anzubieten. Zur Begründung wird ausgeführt, dass die Tätigkeiten des
stellvertretenden Abteilungsleiters in den letzten Jahren praktisch entfallen seien, so dass es aus betrieblichen Gründen völlig ausreichend sei,
eine Abwesenheitsvertretung von Fall zu Fall zu regeln, wie dies die Geschäftsführung beabsichtige. Die personelle Maßnahme sei auch
aufgrund ihrer defizitären Situation geboten. Durch diese würde das Defizit der Kostenstelle um rund 10.000,--DM jährlich reduziert. Unter dem
21.09.2000 stimmte der Personalrat der beabsichtigten Änderungskündigung zu. Mit Schreiben vom 22.09.2000, welches dem Kläger am
26.09.2000 zuging, sprach die Beklagte sodann die streitgegenständliche Kündigung aus. Das ihm darin unterbreitete Angebot eines
geänderten Arbeitsvertrages als Gruppenleiter mit der Verg. Gr. IVb BAT nahm der Kläger mit Schreiben vom 29.09.2000 (Bl. 15 d. A. 1. Instanz)
unter Vorbehalt an.
5
Der Kläger hat bestritten, dass die Änderungskündigung aus wichtigem Grund gerechtfertigt sei. Die Beklagte habe ihre angebliche
Unternehmerentscheidung weder hinsichtlich ihrer organisatorischen Durchführbarkeit noch hinsichtlich ihrer Dauer verdeutlicht. Dass
Vertretertätigkeiten so gut wie nicht mehr anfielen, sei unrichtig. Auch seien die anderen Gruppenleiter zeitlich und aufgrund ihrer Kenntnisse und
Erfahrungen nicht in der Lage, die Tätigkeit des Stellvertreters des Abteilungsleiters auszuüben. Ebenso habe die Beklagte nicht dargetan, dass
es aus dienstlichen Gründen nicht möglich sei, den Kläger zu den bisherigen Vertragsbedingungen weiter zu beschäftigen. Hiervon abgesehen
stelle die Änderungskündigung auch einen unzulässigen Eingriff in das Synallagma des Änderungsvertrages vom 13.07.1999 dar. Denn durch
diese würden ihm die bis zum 31.03.2001 während der Arbeitsphase für die Freistellungsphase verdienten Entgeltansprüche teilweise entzogen,
weshalb sich das Änderungsangebot jedenfalls als unzulässig erweise. Auch die Frist des § 626 Abs. 2 BGB sei nicht gewahrt, weil die Beklagte
den Entschluss zur Abschaffung der ständigen Stellvertretung des Abteilungsleiters bereits Anfang September 2000 gefasst habe und ihr die
defizitären Zahlen bereits zuvor bekannt gewesen seien. Schließlich sei die Änderungskündigung auch gemäß § 108 BPersVG unwirksam, weil
es jedenfalls an einer ordnungsgemäßen Beschlussfassung des Personalrats gefehlt habe.
6
Der Kläger hat beantragt,
7
festzustellen, dass die Arbeitsbedingungen des Klägers nicht durch die außerordentliche Änderungskündigung der Beklagten vom
22.09.2000 abgeändert werden.
8
Die Beklagte hat beantragt,
9
die Klage abzuweisen.
10 Sie hat vorgetragen, ihr Geschäftsführer habe am 13.09.2000 den Entschluss gefasst, die überflüssige Stellvertretung des Leiters der
Förderungsabteilung abzuschaffen und in eine Abwesenheitsvertretung von Fall zu Fall umzuwandeln, zu der alle Gruppenleiter herangezogen
werden könnten. Diese seien hierzu auch in der Lage, weil sie anders als der Kläger nur geringe Fehlzeiten aufwiesen. Allein diese
unternehmerische Entscheidung, deren sachliche Rechtfertigung sich daraus ergebe, dass die in der Förderungsabteilung anfallenden
Tätigkeiten eine ständige Stellvertretung des Abteilungsleiters überflüssig gemacht hätten, stelle den Kündigungsgrund dar, nicht dagegen die
Finanzlage der Beklagten. Diese sei lediglich zusätzlich angeführt worden, um zu verdeutlichen, dass ihre Entscheidung, eine organisatorische
Änderung herbeizuführen, nicht auf Willkür beruhe. Der Wegfall der Stellvertretung führe zu einer Veränderung der Wertigkeit der Tätigkeit des
Klägers, weil die verbleibende Tätigkeit eines Gruppenleiters lediglich die Tätigkeitsmerkmale der Verg. Gr. IVb BAT erfülle, was den Ausspruch
der streitgegenständlichen Änderungskündigung bedingt habe. Dieser stehe die vereinbarte Altersteilzeit nicht entgegen, weil die
unternehmerische Entscheidungsfreiheit hierdurch nicht eingeschränkt werde. Die Frist des § 626 Abs. 2 BGB sei gewahrt, weil die
unternehmerische Entscheidung erst am 13.09.2000 getroffen und durch diese zudem ein Dauerzustand geschaffen worden sei. Der Personalrat
habe auf seiner für den 21.09.2000 anberaumt gewesenen Sitzung über die beabsichtigte Änderungskündigung beraten und dieser zugestimmt.
Dass ihm dabei Fehler unterlaufen seien, sei ihr nicht bekannt. Die Kündigung sei erst einen Tag nach der Entscheidung des Personalrats an
den Kläger abgesandt worden.
11 Das Arbeitsgericht hat mit am 08.02.2001 verkündeten, der Beklagten am 13.02.2001 zugestellten Urteil (Bl. 83-88 d. A. 1. Instanz), auf das
verwiesen wird, festgestellt, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen durch die Änderungskündigung der Beklagten vom 22.09.2000
unwirksam ist. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, dass die Änderungskündigung jedenfalls deshalb unwirksam sei, weil mit ihr
ein rechtlich unzulässiges Ziel erstrebt werde und die dem Kläger mit ihr angebotenen Bedingungen unzumutbar seien. Das Wertguthaben,
welches der Kläger durch die von ihm im Blockmodell in der Zeit vom 01.06.1999 bis zum 31.03.2001 erbrachten Vorleistungen auf der
Grundlage der Verg. Gr. IVa BAT erworben habe, könne ihm nicht mehr entzogen werden. Dies bezwecke die Beklagte mit der
Änderungskündigung aber gerade, weil der Kläger danach nicht nur während des verbleibenden Teils der Arbeitsphase vom 01.04. bis zum
30.11.2001, sondern auch während der gesamten Freistellungsphase vom 01.12.2001 bis zum 31.05.2004 auf der Grundlage der Verg. Gr. IVb
BAT vergütet werden solle.
12 Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer am 12.03.2001 eingelegten und am 02.04.2001 ausgeführten Berufung. Entgegen der Auffassung
des Arbeitsgerichts lasse die Altersteilzeit auch bei Wahl des Blockmodells Veränderungen des Arbeitsvertrages zu Ungunsten des
Arbeitnehmers zu. In ihrer rechtlichen Wertigkeit seien Block- und Teilzeitmodell identisch. Beides sei Teilzeit, lediglich die auf die Hälfte
reduzierte Arbeitszeit werde anders verteilt, sodass es unrichtig sei, dass der Arbeitnehmer beim Blockmodell während der Arbeitsphase „die
volle regelmäßige Arbeitszeit“ oder „Vorleistungen“ erbringe. Dass wirtschaftliche Veränderungen auch im Blockmodell möglich seien, folge
zudem aus § 5 Abs. 2 Unterabsatz 3 TV ATZ, der ausdrücklich bestimme, dass Pauschalen für Überstunden nur in der Arbeitsphase dem
Verdienst hinzugerechnet würden, nicht aber in der Freistellungsphase. Die Auffassung, dass wirtschaftliche Veränderungen zu Lasten des
Arbeitnehmers lediglich im Teilzeitmodell möglich seien, weil in diesem keine „Vorleistungen“ erbracht würden, bedeute eine Schlechterstellung
des Freizeitmodells und damit eine früher nach dem Beschäftigungsförderungsgesetz und nunmehr nach dem Teilzeit- und Befristungsgesetz
verbotene Diskriminierung der Teilzeit sowie eine dem Gesetzeszweck widersprechende Beschränkung der unternehmerischen
Entscheidungsfreiheit, da dann kein Arbeitgeber mehr bereit sei, dem Arbeitnehmer den Übergang in den Ruhestand durch Vereinbarung eines
Altersteilzeitarbeitsverhältnisses zu erleichtern.
13 Die Voraussetzungen des § 55 Abs. 2 BAT seien erfüllt. Die Entscheidung, die ständige Stellvertretung des Leiters der Förderungsabteilung
abzuschaffen, begründe nicht nur ein dringendes betriebliches Erfordernis, sondern habe auch zur Folge, dass eine Beschäftigung als „ständiger
Stellvertreter“ aus dienstlichen Gründen nachweisbar nicht mehr möglich sei. Da es sich bei dem Wegfall der ständigen Stellvertretung um einen
Dauerzustand handele und der Arbeitgeber nicht gezwungen werden könne, einem Arbeitnehmer trotz dieser funktionalen Veränderung eine
formale Stellung bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses zu erhalten, sei daher ein wichtiger Grund für die Änderungskündigung gegeben. Diese
gehe auch nicht über die Herabgruppierung um eine Vergütungsgruppe hinaus, die sich ihrerseits aus der Tarifautomatik des § 22 BAT ergebe.
Der Hinweis des Arbeitsgerichts, dass eine übertariflich Vergütung rechtlich möglich sei, verkenne, dass der Dienstherr grundsätzlich nur das
gewähren wolle, wozu er nach Vertrag und Tarifvertrag verpflichtet sei.
14 Die Beklagte beantragt,
15
unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.
16 Der Kläger beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
18 Er hält die Berufung für unzulässig, weil sie sich nicht mit allen Gründen im angefochtenen Urteil auseinandersetze. Im Übrigen ist der Kläger
unter Wiederholung und teilweiser Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens der Auffassung, dass das Arbeitsgericht der Klage zu Recht
entsprochen habe. Dieses habe zutreffend erkannt, dass nicht mittels Änderungskündigung rückwirkend in bereits verdiente Entgeltansprüche
eingegriffen werden könne.
19 Im Übrigen wird wegen des Vorbringens der Parteien im Berufungsverfahren auf die Berufungsbegründungsschrift vom 28.03.2001 (ABl. 11-16),
die Berufungserwiderungsschrift vom 24.04.2001 (ABl. 19-26 bzw. 27-34), den klägerischen Schriftsatz vom 30.08.2001 (ABl. 41), den Schriftsatz
der Beklagten vom 13.10.2001 (ABl. 43-46), deren Erklärungen im Termin am 19.10.2001 und die zu den Akten gereichten Unterlagen
ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
20 Die an sich statthafte, form- und fristgerecht eingelegte und ausgeführte Berufung der Beklagten ist zulässig, aber unbegründet.
I.
21 Gegen die Zulässigkeit der Berufung bestehen keine Bedenken.
22 Die Auffassung des Klägers, dass die Berufung der Beklagten unzulässig sei, weil sie den an die Berufungsbegründung gemäß §§ 64 Abs. 6
ArbGG, 519 Abs. 3 Nr. 2 ZPO zu stellenden inhaltlichen Anforderungen nicht genüge, kann nicht gefolgt werden. Zwar muss der Berufungskläger
nach § 519 Abs. 3 Nr. 2 ZPO, soweit das Gericht seine angefochtene Entscheidung auf mehrere von einander unabhängige, selbstständig
tragende rechtliche Erwägungen stützt, für jede dieser Erwägungen darlegen, warum sie nach seiner Auffassung die angegriffene Entscheidung
nicht tragen, andernfalls die Berufung unzulässig ist (vgl. etwa BGH NJW 1990, 1184; 1995, 1560). Diese Voraussetzung liegt im Streitfall jedoch
nicht vor. Denn das Arbeitsgericht hat seine Entscheidung tragend allein auf die Erwägung gestützt, dass mit der Änderungskündigung ein
rechtlich unzulässiges Ziel erstrebt werde und die dem Kläger mit der Änderungskündigung angebotenen neuen Bedingungen unzumutbar
seien. Mit den hierzu vom Arbeitsgericht gemachten Ausführungen setzt sich die Beklagte jedoch in der Berufungsbegründungsschrift eingehend
auseinander und legt dar, warum diese ihrer Auffassung nach unrichtig sind und daher die angegriffene Entscheidung nicht tragen. Selbst wenn
man in dem Hinweis des Arbeitsgerichts darauf, dass eine übertarifliche Vergütung des Klägers nicht nur tatsächlich, sondern auch rechtlich
möglich sei, eine Verneinung des Vorliegens der Voraussetzung des § 55 Abs. 2 Unterabsatz 1 Satz 2 BAT, dass eine Beschäftigung zu den
bisherigen Vertragsbedingungen aus dienstlichen Gründen nachweisbar nicht möglich ist, sehen wollte, insoweit also ein weiterer, die
angefochtene Entscheidung selbstständig tragender Grund gegeben wäre, würde hierdurch die Zulässigkeit der Berufung nicht in Frage gestellt.
Denn aus welchem Grund dieser Hinweis des Arbeitsgerichts nach Auffassung der Beklagten unzutreffend ist, ist in der
Berufungsbegründungsschrift ebenfalls dargelegt. Hinsichtlich der weiteren vom Arbeitsgericht angeführten und zum Teil erörterten
Voraussetzungen für die Wirksamkeit der streitgegenständlichen Änderungskündigung kann dagegen nicht zweifelhaft sein, dass es deren
Vorliegen dahingestellt gelassen oder zu Gunsten der Beklagten unterstellt hat, so dass eine Auseinandersetzung mit den diesbezüglichen
Ausführungen im angefochtenen Urteil nicht erforderlich war, um den Anforderungen des § 519 Abs. 3 Nr. 2 ZPO zu genügen.
II.
23 Die somit zulässige Berufung ist unbegründet. Das Arbeitsgericht hat zu Recht festgestellt, dass die streitgegenständliche Änderungskündigung
unwirksam ist. Denn die Voraussetzungen des § 55 Abs. 2 BAT liegen nicht vor.
24 1. Das Arbeitsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Kläger angesichts seines Alters und seiner Beschäftigungszeit unkündbar im
Sinne des § 53 BAT, der kraft einzelvertraglicher Vereinbarung auf das Arbeitsverhältnis Anwendung findet, ist, sodass das Arbeitsverhältnis nur
noch gemäß § 55 BAT aus wichtigem Grund gekündigt werden kann. Ferner ist das Arbeitsgericht in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung
des Bundesarbeitsgerichts (AP Nr. 3 zu § 55 BAT; AP Nr. 13 zu § 626 BGB Druckkündigung) zutreffend davon ausgegangen, dass es sich bei der
damit im Streitfall allein nach § 55 Abs. 2 Unterabsatz 1 Satz 2 BAT in Betracht kommenden Änderungskündigung um eine befristete
außerordentliche Änderungskündigung aus wichtigem Grund handelt, auf die die von der Rechtsprechung zu § 626 BGB entwickelten
Rechtsgrundsätze entsprechend dem bei einer Änderungskündigung anzuwendenden Prüfungsmaßstab dahingehend anzuwenden sind, dass
dem Arbeitgeber die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu den bisherigen Bedingungen unzumutbar, ihre alsbaldige Änderung also
unabweisbar notwendig sein muss und zusätzlich die neuen Arbeitsbedingungen dem Gekündigten zumutbar sein müssen. Dem trägt § 55 BAT
selbst insoweit bereits Rechnung, als er als Ausnahme von dem in § 55 Abs. 2 Unterabsatz 1 Satz 1 BAT normierten Verbot der fristlosen
Kündigung aus einem betriebsbedingten wichtigen Grund eine Änderungskündigung lediglich unter der weiteren Voraussetzung ermöglicht,
dass eine Beschäftigung zu den bisherigen Vertragsbedingungen aus dienstlichen Gründen nachweisbar nicht möglich ist (§ 55 Abs. 2
Unterabsatz 1 Satz 2 BAT). Denn wenn mit dem Begriff „nicht möglich“ in § 55 Abs. 2 Unterabsatz 1 Satz 2 BAT auch keine objektive
Unmöglichkeit im Sinne von § 306 BGB gemeint ist, so ergibt sich aus dieser über die dringenden betrieblichen Erfordernisse hinausgehenden
Voraussetzung jedenfalls, dass die dienstlichen Gründe so beschaffen sein müssen, dass sie dem Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung zu den
bisherigen Vertragsbedingungen unzumutbar machen, ihre alsbaldige Änderung also unabweisbar notwendig ist. Insofern sind nach der
Rechtsprechung (BAG a.a.O.; AP Nr. 148 zu § 626 BGB) Versetzungsmöglichkeiten innerhalb des gesamten Geschäftsbereichs des Arbeitgebers
zu prüfen und gegebenenfalls geeignete gleichwertige Arbeitsplätze für den unkündbaren Arbeitnehmer freizumachen.
25 2. Ausgehend von diesen Rechtsgrundsätzen kann mit dem Arbeitsgericht zu Gunsten der Beklagten unterstellt werden, dass sie am 13.09.2000
die Entscheidung getroffen hat, die ständige Stellvertretung des Leiters der Förderungsabteilung abzuschaffen und zu der noch anfallenden
Abwesenheitsvertretung bei Bedarf alle Gruppenleiter heranzuziehen. Ferner kann zu Gunsten der Beklagten davon ausgegangen werden, dass
sie allein durch die Darlegung dieser unternehmerischen Entscheidung bereits ihrer Darlegungslast hinsichtlich des Vorliegens der
Voraussetzung der dringenden betrieblichen Erfordernisse genügt hat und sie nicht wegen der Nähe ihrer unternehmerischen
Organisationsentscheidung zum Kündigungsentschluss gehalten war, konkret darzulegen, in welchem Umfang noch Vertretungstätigkeiten
anfallen und dass diese durch eine bloße Abwesenheitsvertretung durch Heranziehung aller Gruppenleiter erledigt werden können (vgl. zur
Darlegungslast in solchen Fällen BAG AP Nr. 101, 102, 103 zu §1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung), was der Kläger ausdrücklich
bestritten hat. Auch kann zu Gunsten der Beklagten weiter unterstellt werden, dass als Folge ihrer unternehmerischen Entscheidung auch die
weitere tarifliche Voraussetzung, dass eine Weiterbeschäftigung des Klägers zu den bisherigen Vertragsbedingungen aus dienstlichen Gründen
nachweisbar nicht möglich ist, an sich gegeben ist, obwohl die Beklagte zu der Möglichkeit, den Kläger auf einem anderen Arbeitsplatz der Verg.
Gr. IVa BAT zu beschäftigen, keinen schriftsätzlichen Vortrag gehalten hat und nach dem Vorbringen der Parteien in der mündlichen
Verhandlung vor dem Berufungsgericht nicht ausgeschlossen werden kann, dass der Kläger gegebenenfalls nach einer Einarbeitung und
Umschulung (vgl. dazu BAG AP Nr. 148 zu § 626 BGB) als EDV-Koordinator auf einer solchen Stelle hätte weiterbeschäftigt werden können.
26 3. Gleichwohl ist die streitgegenständliche Änderungskündigung aber nicht gemäß § 55 Abs. 2 BAT gerechtfertigt, da sie den Besonderheiten
nicht Rechnung trägt, die sich daraus ergeben, dass sich der Kläger aufgrund Änderungsvertrags vom 13.07.1999 nach Maßgabe der
Bestimmungen des TV ATZ unter Wahl des Blockmodells in einem Altersteilzeitarbeitsverhältnis befindet, wie das Arbeitsgericht zutreffend
erkannt hat.
27 Gemäß §3 Abs. 2 TV ATZ wird im Blockmodell die während der Gesamtdauer des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses zu leistende, gemäß § 3 Abs.
1 TV ATZ auf die Hälfte der bisherigen wöchentlichen Arbeitszeit reduzierte Arbeit in der ersten Hälfte des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses
geleistet und der Arbeitnehmer anschließend von der Arbeit unter Fortzahlung der Bezüge nach Maßgabe der §§ 4, 5 TV ATZ freigestellt. Der
Altersteilzeitarbeitnehmer im Blockmodell arbeitet also während der Arbeitsphase im Umfange seiner bisherigen wöchentlichen Arbeitszeit
weiter, während er in der Freistellungsphase dafür vollständig von der Arbeit freigestellt und damit nicht mehr in den Betrieb eingegliedert ist.
Demgegenüber wird das für die Teilzeitarbeit geschuldete, gemäß § 5 TV ATZ aufzustockende Arbeitsentgelt (§ 4 TV ATZ) wie bei
kontinuierlicher Arbeitsleistung während der gesamten Dauer des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses gezahlt, also auch während der
Freistellungsphase, so dass der Arbeitnehmer während der Arbeitsphase eine Vorleistung erbringt, wie das Arbeitsgericht entgegen der
Auffassung der Beklagten zutreffend erkannt hat.
28 Hieraus ergibt sich für den Streitfall zweierlei. Zum einen könnte das zu Gunsten der Beklagten unterstellte, sich aus ihrer unternehmerischen
Entscheidung ergebende dringende betriebliche Erfordernis ebenso wie die weiter zu ihren Gunsten unterstellte, sich aus dienstlichen Gründen
ergebende nachweisbare Unmöglichkeit, den Kläger zu den bisherigen Vertragsbedingungen weiterzubeschäftigen, sich nur auf die Zeit bis zur
Beendigung der möglicherweise gemäß § 8 Abs. 2 TV ATZ verlängerten Arbeitsphase beziehen. Denn wenn das Altersteilzeitarbeitsverhältnis
auch während der Freistellungsphase rechtlich fortbesteht, besteht in Bezug auf die Freistellungsphase schon deshalb kein Grund im Sinne von
§ 55 Abs. 2 Unterabsatz 1 Satz 2 BAT, das Arbeitsverhältnis des Klägers wegen Wegfalls der ständigen Stellvertretung des Leiters der
Förderungsabteilung zu kündigen, weil der Kläger während der Freistellungsphase vollständig von der Arbeit freigestellt ist und damit nicht mehr
in den Betrieb eingegliedert ist, die Tatsache, dass dieser während der Freistellungsphase nicht mehr als stellvertretender Abteilungsleiter
beschäftigt werden kann, infolge Wegfalls der Arbeitspflicht also bereits nicht geeignet ist, auch insoweit ein dringendes betriebliches Erfordernis
für den Ausspruch einer Kündigung zu begründen. Demgegenüber will die Beklagte nach ihrem ausdrücklich erklärten Willen die rechtlichen
Wirkungen der von ihr ausgesprochenen Änderungskündigung jedoch nicht auf die restliche Arbeitsphase ab dem 01.04.2001 und entgeltmäßig
darüber hinaus auf einen dieser entsprechenden Zeitraum in der Freistellungsphase beschränkt wissen, vielmehr will diese danach mit der
streitgegenständlichen Änderungskündigung erreichen, dass sie dem Kläger für die Zeit ab dem 01.04.2001 bis zum vereinbarten Ende des
(Altersteilzeit-)Arbeitsverhältnisses, also unter Einschluss der gesamten Freistellungsphase, die gemäß §§ 4, 5 TV ATZ geschuldeten Leistungen
lediglich noch auf der Grundlage der Verg. Gr. IVb BAT zu erbringen hat. Für eine derart weitreichende personelle Maßnahme sind aber schon
keine dringenden betrieblichen Erfordernisse aufgrund der von der Beklagten nach ihrem Vorbringen getroffenen unternehmerischen
Entscheidung gegeben.
29 Zum anderen würde die von der Beklagten so gewollte und vom Kläger auch so verstandene und damit einer anderen Auslegung (§ 133 BGB)
nicht zugängliche Änderungskündigung beim Vorliegen der Voraussetzungen des § 55 Abs. 2 Unterabsatz 1 Satz 2 BAT im Übrigen aber
jedenfalls deshalb unwirksam sein, weil die dem Kläger mit der Änderungskündigung hiernach angebotenen neuen Bedingungen für diesen
unzumutbar sind. Wie das Arbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat, erwirbt der Altersteilzeitarbeitnehmer im Blockmodell während der
Arbeitsphase einen Anspruch auf das volle Entgelt, die Forderung ist allerdings nur zur Hälfte durchsetzbar und wird wegen der zweiten Hälfte
auf den entsprechenden Kalendermonat in der Freizeitphase betagt (vgl. ErfK-Rolfs, 2. Aufl., Rnr. 2 zu § 8 AltersteilzeitG). Dies schließt zwar
grundsätzlich nicht zum Schutze des Arbeitnehmers vor der Gefahr, bereits verdiente Entgeltansprüche wieder zu verlieren, eine Kündigung des
Altersteilzeitarbeitsverhältnisses aus. Denn genauso wenig, wie die Kündigung eines gewöhnlichen Arbeitsverhältnisses bereits entstandene,
aber noch nicht fällige Entgeltansprüche zum Erlöschen bringt, sie vielmehr in ihrer Höhe und Fälligkeit unberührt lässt (vgl. § 628 BGB), tangiert
auch eine Kündigung des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses bereits nach allgemeinen Grundsätzen nicht die Ansprüche des Arbeitnehmers auf
die bereits verdienten, aber noch nicht ausgezahlten Entgelthälften. Dem entspricht auch die in § 9 Abs. 3 TV ATZ getroffene Regelung, nach der
im Fall der vorzeitigen Beendigung des im Blockmodell durchgeführten Altersteilzeitarbeitsverhältnisses ein Anspruch des Arbeitnehmers in
Höhe der Differenz zwischen den nach §§ 4, 5 TV ATZ erhaltenen Leistungen und den Bezügen besteht, die er ohne Eintritt in die Altersteilzeit für
den Zeitraum seiner tatsächlichen Beschäftigung erzielt hätte. Demgegenüber verfolgt die Beklagte mit der von ihr ausgesprochenen
Änderungskündigung jedoch gerade das Ziel, dem Kläger den von ihm in der Zeit vom 01.06.1999 bis zum 31.03.2001 erworbenen Anspruch auf
das volle Entgelt nach der Verg. Gr. IVa BAT insoweit zu entziehen, als dieser mit seiner zweiten Hälfte erst im entsprechenden Zeitraum in der
Freistellungsphase fällig wird und den hälftigen Entgeltanspruch nach Verg. Gr. IVb BAT übersteigt. Da dieser Verlust bereits verdienter
Entgeltansprüche durch die von der Beklagten nach ihrem Vorbringen getroffene Unternehmerentscheidung nicht bedingt ist, ist daher das dem
Kläger mit der Änderungskündigung unterbreitete Angebot, diesem ab dem 01.04.2001 bis zur Beendigung des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses
Leistungen nach §§ 4, 5 TV ATZ nur noch auf der Grundlage einer Vergütung nach Verg.Gr. IVb BAT zu gewähren, für diesen jedenfalls
unzumutbar mit der Folge, dass die Änderungskündigung insgesamt unwirksam ist.
30 4. Die Ansicht der Berufung, die – vom Berufungsgericht geteilte – Rechtsauffassung des Arbeitsgerichts bedeute eine Schlechterstellung des
Teilzeitmodells und damit eine früher nach dem Beschäftigungsförderungsgesetz und nunmehr nach dem Teilzeit- und Befristungsgesetz
verbotene Diskriminierung der Teilzeit sowie eine dem Zweck des Altersteilzeitgesetzes widersprechende Beschränkung der unternehmerischen
Entscheidungsfreiheit, ist unrichtig. Abgesehen davon, dass die Vorschriften der §§ 2 Abs. 1 BeschFG, 4 Abs. 1 TzBfG nur das Verbot der
Diskriminierung von teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmern gegenüber vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmern enthielten bzw. enthalten, führt die hier
vertretene Auffassung gerade nicht zu einer Schlechterstellung des Teilzeitmodells gegenüber dem Blockmodell, sondern trägt deren
Gleichwertigkeit Rechnung. Vielmehr führt das von der Beklagten mit ihrer Änderungskündigung verfolgte Ziel zu einer Schlechterstellung des
Blockmodells, da im Falle des Teilzeitmodells die Gefahr, dass durch eine Änderungskündigung bereits verdiente Entgeltansprüche entzogen
werden, im Hinblick darauf, dass die Änderungskündigung Wirkungen nur für die Zukunft entfaltet, von vornherein nicht besteht. Die
unternehmerische Entscheidungsfreiheit wird ebenfalls nicht entgegen dem mit dem Altersteilzeitgesetz verfolgten Zweck eingeschränkt. Denn
die Änderungskündigung unterliegt im Blockmodell keinen anderen Wirksamkeitsvoraussetzungen als im Teilzeitmodell. Dass die Umsetzung
unternehmerischer Entscheidungen bereits verdiente Entgeltansprüche unberührt lässt, gilt allgemein und nicht nur für das Blockmodell. Die
Beklagte war daher beim Vorliegen der Voraussetzungen des § 55 Abs. 2 Unterabsatz 1 Satz 2 BAT nicht gehindert, die von ihr nach ihrem
Vorbringen getroffene unternehmerische Entscheidung gegenüber dem Kläger mittels außerordentlicher Änderungskündigung durchzusetzen.
Sie war lediglich nicht befugt, mit dieser eine Änderung des Teilzeitarbeitsverhältnisses über die restliche Arbeitsphase und einen dieser
entsprechenden Zeitraum in der Freistellungsphase hinaus auf der Entgeltseite herbeizuführen und dadurch dem Kläger bereits verdiente
Entgeltansprüche wieder zu entziehen.
III.
31 Die Berufung der Beklagten war daher, ohne dass es auf weiteres angekommen wäre, mit der auf § 97 Abs. 1 ZPO beruhenden Kostenfolge
zurückzuweisen.
IV.
32 Die Zulassung der Revision beruht auf § 72 Abs. 2 ArbGG.