Urteil des KG Berlin vom 08.12.2003

KG Berlin: wiederkehrende leistung, stationäre behandlung, behandlungskosten, verdienstausfall, beschränkung, zukunft, quote, erwerbstätigkeit, link, sammlung

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Gericht:
KG Berlin 12.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
12 U 178/03
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 823 Abs 1 BGB, § 7 Abs 1
StVG, § 17 Abs 1 StVG, § 3 Nr 1
PflVG, § 256 Abs 1 ZPO
Schadenersatz bei Kfz-Unfall: Zulässigkeit eines
Feststellungsantrages mit dem Inhalt, dass auf Grund von
Zuzahlungen zu Behandlungskosten entstehende zukünftige
materielle Schäden zu ersetzen sind
Tenor
Auf die Berufung des Klägers – soweit über diese nicht bereits durch Beschluss des
Senats vom 8. Dezember 2003 gemäß § 522 ZPO entschieden worden ist – wird das am
11. Juni 2003 verkündete Urteil der Zivilkammer 17 des Landgerichts Berlin – 17 O
410/02 – unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen teilweise abgeändert:
Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem
Kläger die materiellen Schäden, die ihm durch Zuzahlungen zu Kosten der Behandlung
von gesundheitlichen Unfallfolgen aus dem Unfall vom 5. Dezember 1999 gegen 10.15
Uhr auf der Kottbusser Straße in Berlin-Kreuzberg in Zukunft entstehen werden, nach
einer Quote von ¼ zu ersetzen, soweit die Ansprüche nicht auf
Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
A. Nachdem der Senat die Berufung des Klägers bezüglich der Anträge zu 1. und 2.
durch Beschluss vom 8. Dezember 2003 nach § 522 ZPO zurückgewiesen hat, war nur
noch über die Berufung hinsichtlich des Antrages zu 3. und den in der Berufungsinstanz
klageerweiternd gestellten Antrag zu 4. zu entscheiden. Die Berufung hat nur zum Teil
Erfolg.
1. Feststellungsantrag zu 3.
a) Der Kläger kann entgegen den Ausführungen des Landgerichts die Feststellung
begehren, dass die Beklagten gesamtschuldnerisch verpflichtet sind, ihm ¼ der
materiellen Schäden, die ihm aus dem Unfall vom 5. Dezember 1999 gegen 10.15 Uhr
auf der Kottbusser Straße in Berlin-Kreuzberg noch entstehen werden, zu ersetzen,
soweit diese auf Grund von Zuzahlungen zu Behandlungskosten entstehen (§ 823 Abs. 1
BGB, §§ 7, 17 StVG, § 3 Nr. 1 PflVG). Eine Prognose, ob und in welcher Höhe der Kläger
zukünftig Zuzahlungen zu möglichen weiteren Behandlungskosten wird leisten müssen,
kann bereits im Hinblick auf die sich ständig ändernden gesetzlichen Regelungen nicht
zuverlässig erfolgen, weshalb ein Feststellungsinteresse des Klägers nach § 256 Abs. 1
ZPO besteht.
Das Landgericht ist insoweit zu Unrecht davon ausgegangen, dass sich der
Feststellungsantrag des Klägers lediglich auf Zuzahlungen für zukünftige stationäre
Behandlungen bezog. Auf den Seiten 12 und 13 seines Urteils hat das Landgericht
lediglich solche möglichen Kosten für seine Prognose, entsprechende Zuzahlungen seien
keinesfalls höher als eine anzurechnende Eigenersparnis, berücksichtigt. Eine derartige
Einschränkung ergibt sich jedoch auch aus den Erklärungen des ehemaligen
Prozessbevollmächtigten des Klägers in der mündlichen Verhandlung vom 14. Mai 2003
nicht. Dort hatte der Prozessbevollmächtigte des Klägers erklärt, der
Feststellungsantrag beziehe sich auf materielle Schäden, die durch Zuzahlungen bei den
Behandlungen – ob stationär oder ambulant – des Klägers entstehen können, denn
dieser befinde sich noch in Behandlung. Eine Beschränkung auf eine weitere stationäre
Behandlung hatte der Prozessbevollmächtigte des Klägers nicht vorgenommen.
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Soweit der Kläger mit der Berufung allerdings geltend macht, die Beklagten treffe
entgegen den Ausführungen des Landgerichts in dem angegriffenen Urteil eine Haftung
nach einer Quote von 80 %, folgt der Senat dem nicht. Insoweit wird vollinhaltlich auf die
Ausführungen des Senats in dem Hinweis gemäß § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO vom 23.
Oktober 2003, Bl. 159 ff der Akten, verwiesen, an denen der Senat festhält.
Soweit das Landgericht davon ausgegangen ist, dass sich der Feststellungsantrag darin
erschöpfte, dass eine Ersatzpflicht für durch etwaige Zuzahlungen zu künftigen
Behandlungskosten entstehende materielle Belastungen des Klägers begehrt wurde, ist
dies nicht zu beanstanden. Eine solche Auslegung ergibt sich vielmehr aus den oben
bereits in Bezug genommenen eindeutigen Erklärungen des früheren
Prozessbevollmächtigten des Klägers. Es war aus der Klage auch nicht ersichtlich, auf
welche weiteren zukünftigen materiellen Schäden sich der Feststellungsantrag darüber
hinaus beziehen sollte, zumal ein künftiger Verdienstausfallschaden durch den Antrag zu
2. abgedeckt war.
Auf die Berufung war dem Antrag zu 3. deshalb mit der Maßgabe der Beschränkung auf
eine Haftungsquote von ¼ in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang stattzugeben.
2. Feststellungsantrag zu 4.
Soweit der Kläger mit dem neuen Antrag zu 4. nunmehr die Feststellung der
gesamtschuldnerischen Haftung der Beklagten auch für weitere zukünftige materielle
Schäden begehrt, ist die Klage a) unzulässig, soweit sich dieser Feststellungsantrag auf
einen zukünftigen Verdienstausfall aus den mit der Klage bisher vorgetragenen Gründen
bezieht und b) jedenfalls unbegründet, soweit der Kläger mit der Berufung nunmehr
vorträgt, es seien neben den bereits zur Klagebegründung vorgetragenen
Verdienstausfallschäden noch weitere materielle Schäden denkbar.
a) Ausweislich der Ausführungen in der Berufungsinstanz sollte sich der
Feststellungsantrag in erster Linie auf einen möglichen zukünftigen
Verdienstausfallschaden beziehen. Einen zukünftigen Verdienstausfall hatte der Kläger
mit seinem Antrag zu 2. jedoch bereits konkret geltend gemacht, und zwar auf Zahlung
einer monatlichen Rente in Höhe von jeweils 405,70 EUR ab dem Monat Oktober 2002
bis zu seinem 65. Lebensjahr. Das Landgericht hat diese Klage auf eine wiederkehrende
Leistung im Sinne von § 258 ZPO rechtskräftig abgewiesen, denn die Berufung
hiergegen hat der Senat bereits durch seinen Beschluss gemäß § 522 ZPO vom 8.
Dezember 2003 zurückgewiesen.
Dem klageerweiternd neu gestellten Antrag zu 4. steht damit aber, soweit er sich auf
einen Verdienstausfallschaden im Umfang und aus den Gründen des früheren Antrages
zu 2. bezieht, die Rechtskraft des Urteils nicht nur insoweit entgegen, als der Senat an
einer abweichenden Entscheidung gehindert ist, § 318 ZPO. Sie macht eine erneute
Entscheidung vielmehr schlechthin unzulässig (vgl. Zöller/Vollkommer ZPO, 24. Aufl., Vor
§ 322, Rn. 19).
b) Soweit der Kläger mit der Berufungsbegründung vorträgt, es sei ein weiterer Schaden
dadurch zu befürchten, dass sich seine Einkommensverhältnisse in Zukunft
insbesondere durch den Wegfall der Sozialhilfe für seine Kinder weiter verschlechtern
könnten, ist schon nicht ersichtlich, in welchem Zusammenhang dies mit dem
streitgegenständlichen Unfall stehen sollte und dass es sich dabei um einen
Erwerbsschaden des Klägers handeln würde.
Darüber hinaus hat das Landgericht aber in seinem Urteil zu Recht ausgeführt, dass der
Kläger auf Grund seiner bereits zuvor bestehenden Minderung der Erwerbsfähigkeit von
20 %, seiner mangelhaften Deutschkenntnisse und vor allem der Tatsache, dass er vor
dem Unfall in Deutschland bisher lediglich vom 15. August 1996 bis zum 30. November
1997 und am 23. Juni 1998 gearbeitet hatte, nicht zur Überzeugung des Landgerichts
vorgetragen hatte, überhaupt Aussicht auf eine Erwerbstätigkeit gehabt zu haben.
Diesen Ausführungen des Landgerichts folgt der Senat, weshalb der Feststellungsantrag
zu 4. in dem Umfang, in welchem er nicht bereits unzulässig ist, jedenfalls unbegründet
ist.
B. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO; die prozessuale
Nebenentscheidung auf den § 708 Nr. 10, 713 ZPO.
C. Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Sache weder grundsätzliche Bedeutung
hat, noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen
hat, noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen
Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern (§ 543 Abs. 2 ZPO).
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