Urteil des KG Berlin vom 26.04.2010

KG Berlin: handelsgesellschaft, grundbuchamt, rechtsform, gbv, arbeitsgemeinschaft, vollstreckungstitel, vollstreckungskosten, link, unternehmen, sammlung

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Gericht:
KG Berlin 1. Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
1 W 250/10, 1 W
251/10, 1 W 252/10, 1
W 253/10, 1 W 254/10
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 866 ZPO, § 867 ZPO, § 47 GBO
Leitsatz
Zur Eintragung einer baurechtlichen Arbeitsgemeinschaft - ARGE - als Gläubigerin einer
Sicherungshypothek im Grundbuch
Tenor
Der Beschluss des Amtsgerichts Tempelhof/Kreuzberg – Grundbuchamt – vom 26. April
2010 wird aufgehoben.
Das Grundbuchamt wird angewiesen, in den Wohnungsgrundbüchern von M, Bl. … bis …,
Sicherungshypotheken über jeweils 370.581,08 EUR entsprechend dem Antrag der
Gläubigerin vom 5. Mai 2010 einzutragen.
Gründe
I. Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere ist der Senat, dem das zunächst
angerufene Landgericht Berlin die Akten übersandt hat, zur Entscheidung in der Sache
berufen, § 72 GBO. An der Zulässigkeit der Beschwerde ändert nichts der Umstand,
dass die Beschwerdeführerin mit der Beschwerde die Verteilung ihrer Forderung auf die
verschiedenen Wohnungseigentumsrechte, vgl. § 867 Abs. 2 ZPO, gegenüber dem bei
dem Grundbuchamt gestellten Antrag vom 29. Januar 2010 verändert hat. Insofern
handelt es sich nicht um einen neuen Antrag, über den zunächst das Grundbuchamt
hätte entscheiden müssen. Die Beschwerdeführerin hat vielmehr ihren ursprünglichen
Antrag lediglich eingeschränkt, was im Beschwerdeverfahren noch formlos möglich ist
(KG, HRR 1934 Nr. 1056).
II. Die Beschwerde ist auch begründet. Das Grundbuchamt durfte den Antrag auf
Eintragung der Sicherungshypotheken nicht mit der Begründung zurückweisen, der
Beschwerdeführerin fehle die Grundbuchfähigkeit, weil aus dem vorliegenden
Vollstreckungstitel ihre Rechtsform nicht hervorgehe.
Die Eintragung einer Zwangshypothek nach § 867 Abs. 1 ZPO ist sowohl eine Maßnahme
der Zwangsvollstreckung, so dass die Vollstreckungsvoraussetzungen gegeben sein
müssen, als auch ein nach den Vorschriften und Verfahrensgrundsätzen der
Grundbuchordnung zu behandelndes Grundbuchgeschäft (vgl. Senat, Beschluss vom 3.
Februar 1987 – 1 W 1 W 5441/86 -, NJW-RR 1987, 592). Sowohl die grundbuchlichen als
auch die vollstreckungsrechtlichen Voraussetzungen liegen vor.
1. Die Beschwerdeführerin hat in ihrem Antrag, § 13 GBO, die zu belastenden
Wohnungseigentumsrechte in Übereinstimmung mit den Wohnungsgrundbuchangaben
benannt, § 28 GBO. Die Schuldnerin ist als Eigentümerin eingetragen, § 39 GBO.
Auch die Gläubigerin ist hinreichend bezeichnet, insbesondere bestehen an ihrer
Grundbuchfähigkeit keine durchgreifenden Zweifel. Für die Grundbuchfähigkeit, d.h. die
Fähigkeit als Berechtigte dinglicher Rechte im Grundbuch eingetragen zu sein, kommt es
im Ausgangspunkt nicht darauf an, ob es sich bei der Beschwerdeführerin um eine
Gesellschaft bürgerlichen Rechts oder eine Offene Handelsgesellschaft handelt. Die
Grundbuchfähigkeit der Offenen Handelsgesellschaft folgt aus § 124 Abs. 1 HGB.
Diejenige der (Außen)Gesellschaft bürgerlichen Rechts ist Folge der Anerkennung ihrer
(Teil)Rechtsfähigkeit durch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, NJW 2009,
594; 2006, 3716; 2001, 1056), die die grundsätzliche Billigung des Gesetzgebers
gefunden hat (BT-Drs. 16/13437, S. 23f.; Miras, DStR 2010, 604).
Allerdings unterscheidet sich die Offene Handelsgesellschaft von der Gesellschaft
bürgerlichen Rechts hinsichtlich ihrer Bezeichnung im Grundbuch. Während bei der
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bürgerlichen Rechts hinsichtlich ihrer Bezeichnung im Grundbuch. Während bei der
Offenen Handelsgesellschaft deren Firma und Sitz anzugeben sind, § 15 Abs. 1 Buchst.
b) GBV, sind bei der Gesellschaft bürgerlichen Rechts auch deren Gesellschafter
einzutragen, § 47 Abs. 2 GBO in Verbindung mit § 15 Abs. 1 Buchst. c) GBV. Die
Rechtsform der Beschwerdeführerin kann deshalb vorliegend nicht offen bleiben. Dies ist
aber auch nicht der Fall, auch wenn das Rubrum des Urteils des Landgerichts Berlin vom
18. Dezember 2009 die hiesige Beschwerdeführerin nicht als Gesellschaft bürgerlichen
Rechts, sondern als „Arbeitsgemeinschaft … bezeichnet. Dadurch kommt die
Rechtsform der Beschwerdeführerin als Gesellschaft bürgerlichen Rechts hinreichend
zum Ausdruck. Bei den namentlich in der Bauwirtschaft zur gemeinsamen Erbringung
von Werkleistungen durch mehrere Unternehmen gebildeten Arbeitsgemeinschaften
(ARGE) handelt es sich regelmäßig um Gesellschaften bürgerlichen Rechts
(Peters/Jacoby, in: Staudinger BGB, 2008, § 631 BGB, Rdn. 24; Ulmer, in: Münchener
Kommentar, BGB, 5. Aufl., Vorbemerkung § 705, Rdn. 43; Busche, ebenda, § 631, Rdn.
33; Röhricht, in: Graf von Westphalen/Röhricht, HGB, 3. Aufl., § 1, Rdn. 30;
Thierau/Messerschmidt, NZBau 2007, 129, 131). Dem steht die neuerdings teilweise in
der Rechtsprechung vertretene Auffassung nicht entgegen, eine solche
Arbeitsgemeinschaft könne auch ein Handelsgewerbe betreiben (KG, BauR 2001, 1790;
LG Berlin, BauR 2003, 136; a.A. OLG Karlsruhe, Beschluss vom 7. März 2006 – 17 U
73/05 -, Juris) mit der Folge, dass es sich dann nicht um eine Gesellschaft bürgerlichen
Rechts, sondern um eine Offene Handelsgesellschaft handele (OLG Frankfurt/Main,
OLGReport 2005, 257; OLG Dresden, NJW-RR 2003, 257; Wertenbruch, in:
Ebenroth/Boujong/Joust/Strohn; HGB, 2. Aufl., § 105, Rdn. 15). Die Einordnung der ARGE
als Offene Handelsgesellschaft kommt jedenfalls nur dann in Betracht, wenn hierfür
sichere Anhaltspunkte vorliegen (BGH, Beschluss vom 21. Januar 2009 – Xa ARZ 273/08
-, Juris; Schonebeck, IBR 2009, 211). Solche sicheren Anhaltspunkte sind vorliegend nicht
gegeben. Sie können insbesondere nicht daraus hergeleitet werden, dass der
Beschwerdeführerin durch das Landgericht eine nicht unerhebliche Forderung in Höhe
von rund 2,2 Mio Euro zugesprochen worden ist.
Ist danach hinsichtlich der Rechtsform der Beschwerdeführerin von einer Gesellschaft
bürgerlichen Rechts auszugehen, scheitert die Eintragung auch nicht an den nach § 47
Abs. 2 GBO in Verbindung mit § 15 Abs. 1 Buchst. c) GBV erforderlichen Angaben zu
ihren Gesellschaftern. Diese sind in dem Vollstreckungstitel ausdrücklich aufgeführt, was
zum förmlichen Nachweis gemäß § 29 GBO ausreichend ist (BGH, NJW 2009, 594).
2. Die Vollstreckungsvoraussetzungen sind nachgewiesen. Das mit einer
Vollstreckungsklausel versehene Urteil des Landgerichts Berlin ist ausweislich der
Zustellungsurkunde des Obergerichtsvollziehers … der in den
Wohnungseigentumsgrundbüchern als Eigentümerin eingetragenen Schuldnerin am 19.
Januar 2010 zugestellt worden, §§ 750, 720a Abs. 1 S. 1 Buchst. b ZPO. Die Höhe der zu
vollstreckenden Forderung folgt aus dem Schuldtitel, die – noch geltend – gemachten
Vollstreckungskosten hat die Beschwerdeführerin durch entsprechende
Kostenrechnungen glaubhaft gemacht (vgl. Wilsch, in: Hügel, GBO,
Zwangssicherungshypothek, Rdn. 41). Die Beschwerdeführerin hat ihre Forderung im
Rahmen des Beschwerdeverfahrens mit Antrag vom 5. Mai 2010 entsprechend §§ 867
Abs. 2, 866 Abs. 3 S. 1 ZPO auf die einzelnen Wohnungseigentumsrechte verteilt.
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