Urteil des KG Berlin vom 15.07.2009

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Gericht:
KG Berlin 14.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
14 W 56/09
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Norm:
§ 3 Abs 3 RVG-VV
Leitsatz
Für Einigungsgespräche i.S.v. Vorbem. 3 Abs. 3 VV RGV ist notwendig,
dass eine Partei ihre Interessen und Wünsche zu nicht rechtshängigen
Ansprüchen mit dem Einverständnis der anderen Partei eingebracht
hat und erwartete und erwarten durfte, dass hierüber potenziell Erfolg
versprechende Gespräche geführt werden würden.
Tenor
Auf die Beschwerde der Beschwerdeführerin wird der Beschluss des
Landgerichts Berlin - 31 O 481/07 - vom 15. Juli 2009 in Fassung des Beschlusses vom
19. August 2009 abgeändert und der Gebührenstreitwert auf 146.322,00 EUR
festgesetzt.
Der Antrag der Beschwerdeführer wird abgewiesen.
Das Verfahren ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I.
Mit Klage vom 30. November 2007 erhob die Beschwerdeführerin gegen den
Beschwerdegegner Klage auf Zahlung von 146.322,00 EUR wegen Rückzahlung eines
Darlehns. Nach schriftlichen Vorverfahren fand am 19. Mai 2008 Termin statt. Den
Termin nahmen die Beschwerdeführer als Prozessbevollmächtigte der
Beschwerdeführerin wahr. Nach dem Termin ordnete das Landgericht das Ruhen des
Verfahrens an und ersuchte eine auf Wunsch der Parteien der Klage mit einer Mediation
betraute Richterin in entsprechender Anwendung von §§ 278 Abs. 5 Satz 1, 362 ZPO, auf
Wunsch der Parteien der Klage nach Beendigung der Mediation das Verfahren wieder
aufzurufen und eine Güteverhandlung einschließlich der Protokollierung eines ggf.
abzuschließenden Vergleichs durchzuführen. Die mit der Mediation betraute Richterin
führte am 11. und 14. Juli 2008 Mediationsgespräche. Die Parteien der Klage trafen dort
für ihre gemeinsame Tochter eine Umgangsregelung. Ein Gesamtvergleich kam nicht
zustande, sodass das Landgericht das Verfahren wieder aufnahm. Unter Ziffer IV eines
Gedächtnisprotokolls über die Termine vermerkte die Mediatorin im Gespräch benannte
„Interessen/Wertvorstellungen“ der Parteien der Klage.
Nach Abschluss der Mediationsgespräche bat die Vertreterin des Beschwerdegegners
um Festsetzung des Streitwerts für den Teilvergleich. Mit Schriftsatz vom 17. April 2009
baten auch die Beschwerdeführer um Festsetzung des Streitwerts, allerdings „unter
Berücksichtigung von Ziffer IV des Gedächtnisprotokolls“. Mit Beschluss vom 22. Mai
2009 entschied das Landgericht, dass der Wert des Teilvergleichs den Streitwert um
3.000,00 EUR übersteigt. Mit Schriftsatz vom 11. Juni 2009 wies der Beschwerdeführer
darauf hin, dass er die Festsetzung des Streitwerts für die Terminsgebühr begehrt habe.
Mit Beschluss vom 15. Juli 2009 setzte das Landgericht darauf hin unter Nutzung der
Angaben der Ziffer IV des Gedächtnisprotokolls den Wert für die Terminsgebühren des
Mediationsgesprächs auf 475.489,50 EUR fest. Mit Schreiben vom 7. August 2009 teilte
die Beschwerdeführerin mit, dass die im Gedächtnisprotokoll angegebenen Werte ihrer
Ansicht nach unzutreffend seien und widersprach dem Beschluss. Dem traten die
Beschwerdeführer entgegen. Für den Fall, dass das Landgericht einen anderen Wert
festsetze, legten sie Anschlussbeschwerde ein. Mit Beschluss vom 19. August 2009 half
das Landgericht der Beschwerde der Beschwerdeführerin ab und setzte den Wert für die
Terminsgebühren auf 308.632,00 EUR fest. Die Anschlussbeschwerde verwarf es als
unzulässig.
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Gegen diesen Beschluss hat die Beschwerdeführerin mit bei Gericht am 14. September
2009 eingegangenem Schreiben, die Beschwerdeführer hingegen mit bei Gericht am 15.
September 2009 eingegangenem Fax Beschwerde eingelegt. Die Beschwerdeführerin
rügt, dass das gesprochene Wort in der Mediation als Ansatz für eine Terminsgebühr
nicht tauge. Die Beschwerdeführer rügen, dass das Gericht bei der Abhilfe einseitig
Angaben der Beschwerdeführerin gefolgt sei.
II.
1. Die Beschwerde der Beschwerdeführerinist gem. § 33 Abs. 3 Satz 1 RVG statthaft,
zulässig und begründet.
a) Die Beschwerde ist nach § 33 Abs. 3 Satz 3 zwar nur zulässig, wenn sie innerhalb von
zwei Wochen nach Zustellung der Entscheidung eingelegt wird. Eine Zustellung ist aber
nicht feststellbar. Der Senat muss daher davon ausgehen, dass die Beschwerdefrist
gewahrt ist.
b) Gemäß § 15 Abs. 1, Abs. 2 Satz RVG kann ein Rechtsanwalt eine Terminsgebühr in
derselben Angelegenheit nur einmal verlangen. Mit der Terminsgebühr sind sämtliche
Vertretungsfälle nach Vorb. 3 III Teil 3 RVG VV abgegolten. Die Terminsgebühr für den
Termin am 19. Mai 2008 betrug 146.322,00 EUR. Sie erhöhte sich nicht durch die
Teilnahme an Mediationsgespräch.
aa) Die Terminsgebühr richtet sich zwar nach dem höchsten Gegenstandswert während
des Prozessauftrags ( in: Hansens/Braun/Schneider, Praxis des
Vergütungsrechts, 2. Aufl. 2007, Teil 8 Rdn. 272). Und die Teilnahme am
Mediationsgespräch war nach Vorbem. 3 Abs. 3 VV RGV auch „Termin“, wobei offen
bleiben kann, ob man das gerichtliche Mediationsverfahren gebührenrechtlich als
Bestandteil des gerichtlichen Verfahrens ansieht (vgl. v. 5.12.2008 - 2 W
261/08, NJW 2009, 1219; v. 12.10.2006 – 8 W 27/06, OLGReport Rostock
2007, 159 [161]; v. 6.6.2006 – 1 O 51/06, NordÖR 2006, 299; ,
ZKM 2003, 240 [244]) oder als Tätigkeit im Rahmen der Justizverwaltung.
bb) Es lässt sich aber nicht feststellen, dass die Terminsgebühr für das
Mediationsgespräch die bislang verdiente übersteigt. Zwar ist vorstellbar, dass in einem
Mediationstermin für die Festsetzung des Gegenstandswerts auch nicht rechtshängige
Ansprüche zu berücksichtigen sind ( v. 5.12.2008 - 2 W 261/08, NJW 2009,
1219; v. 15.8.2006 - 8 W 327/06, NJOZ 2006, 3723). Nicht rechtshängige
Ansprüche sind allerdings für eine Festsetzung nur zu berücksichtigen, wenn über diese
Punkte auch Einigungsgespräche i.S.v. VV 3104 RVG stattgefunden haben.
Als Einigungsgespräche sind Gespräche der Parteien über nicht rechtshängige
Ansprüche zu verstehen, bei dem beide Parteien die Vorstellung hatten, über sie ggf.
eine Einigung zu erzielen. Dass es Gespräche dieser Art gegeben hat, lässt sich nicht
mit der notwendigen Klarheit feststellen. Notwendig ist, dass eine Partei ihre Interessen
und Wünsche zu nicht rechtshängigen Ansprüchen mit dem Einverständnis der anderen
Partei eingebracht hat und erwartete und erwarten durfte, dass hierüber potenziell Erfolg
versprechende Gespräche geführt werden würden (Gerold/Schmidt- , 18.
Aufl. 2008, VV 3104 Rdn. 73 und Rdn. 91). Hierzu reicht es noch nicht aus, dass die
Parteien - wie es im Gedächtnisprotokoll heißt - „Interessen/Wertvorstellungen“ äußerten
bzw. „Lösungsoptionen/Vorschläge“ erarbeiteten. Es muss vielmehr erkennbar sein,
dass die andere Seite deutlich signalisierte, den
Interessen/Wertvorstellungen/Optionen/Vorschlägen auch nähertreten zu wollen. Hieran
fehlt es. Alle Vorschläge blieben offen. Denn die Parteien wollten nach dem
Gedächtnisprotokoll bis Ende September 2008 erst klären, ob sie den Vorschlägen näher
treten.
Im Übrigen fehlt es an einer ausreichenden Grundlage, um die von den Parteien im
Mediationstermin angesprochenen Punkte ihrem Wert nach zu bestimmen. Der
Beschwerdeführer kam der Auflage des Gerichts, Werte zu benennen, die den
Vorstellungen sämtlicher Beteiligter entsprachen, nicht nach. Es muss auch danach bei
einem Wert von 146.322,00 EUR bleiben.
2. Die nach §§ 567, 569 statthafte und zulässige, auch fristgemäß eingelegte
Beschwerde der Beschwerdeführer ist nach Ziff. 1) unbegründet.
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