Urteil des KG Berlin vom 23.01.2007

KG Berlin: squeeze out, vernehmung von zeugen, stille reserven, gutachter, dividende, hauptaktionär, beschwerdeinstanz, ertragswert, abfindungsbetrag, börsenkurs

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Gericht:
KG Berlin 2. Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
2 W 68/07
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 327a Abs 1 S 1 AktG, § 1 Nr 3
SpruchG, § 287 Abs 2 ZPO
Aktienrechtliches Squeeze-out: Überprüfung der
Unternehmensbewertung im Spruchverfahren
Leitsatz
Bei der Unternehmensbewertung im Spruchverfahren genügt es, wenn das Gericht -
erforderlichenfalls mit sachverständiger Unterstützung - zu der Überzeugung gelangt, dass
eine bestimmte konkret vorgenommene Berechnung auf der Grundlage zutreffender
Ausgangszahlen zu einem plausibel hergeleiteten Ergebnis führt.
Tenor
Die sofortigen Beschwerden gegen den Beschluss des Landgerichts Berlin vom 23.
Januar 2007 – 102 O 12/03 AktG – werden zurückgewiesen.
Die Beschwerdegegnerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 400.000,00 Euro festgesetzt.
Gründe
A.
Mit der sofortigen Beschwerde verfolgen die Antragsteller zu 3., 4., 5., 6., 7. und 10. (im
Folgenden: Beschwerdeführer) ihr Begehren weiter, eine Erhöhung der von der
Antragsgegnerin zu 2. (im Folgenden: Beschwerdegegnerin) festgesetzten Abfindung zu
erlangen.
Die Beschwerdeführer waren Aktionäre der Antragsgegnerin zu 1. Am 27. Juni 2002
beschloss die Hauptversammlung der Antragsgegnerin zu 1., die 3,91 % im Streubesitz
befindlichen Aktien auf die seinerzeitige Hauptaktionärin, die damals als B.-...
firmierende Beschwerdegegnerin zu übertragen. Dieser Beschluss ist am 23. Dezember
2002 im Handelsregister eingetragen worden.
Bei der Beschlussfassung legte die Beschwerdegegnerin einen Abfindungsbetrag von
211,49 Euro pro Aktie fest. Grundlage hierfür war ein von ihr bei der
Wirtschaftsprüfungsgesellschaft P. (im Folgenden: P. ) eingeholtes Gutachten, das zu
einem anteiligen Unternehmenswert von 193,11 Euro pro Aktie gelangt war. Dabei war
der Börsenkurs unberücksichtigt geblieben, den P. für den Zeitraum von drei Monaten
bis zum Abschluss der Bewertung am 3. Mai 2002 mit durchschnittlich 201,89 Euro
ermittelte. Jenen Wert legte die Beschwerdegegnerin zunächst ihrer
Abfindungsberechnung zugrunde. Nachdem eine weitere Börsenkursermittlung, die sich
auf den Zeitraum von drei Monaten vor der Hauptversammlung bezog, einen Kurs von
205,35 Euro ergeben hatte, legte die Beschwerdegegnerin diesen höheren Wert
zugrunde. Dazu addierte sie noch 6,14 Euro pro Aktie als den Betrag, der in den
vergangenen Jahren der durchschnittlichen Dividende entsprochen hatte.
Neben dem von der Beschwerdegegnerin eingeschalteten Gutachter P. hatte auch ein
durch Beschluss des Landgerichts Berlin vom 15. März 2002 (102 AR 27/02 AktG)
bestellter weiterer Gutachter, die Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft
H., H. & Partner, eine Unternehmensbewertung vorgenommen. Dabei ist der von P.
ermittelte Unternehmenswert nicht beanstandet worden.
Die Beschwerdeführer und sechs weitere Antragsteller sowie der Vertreter der
außenstehenden Aktionäre haben die von der Beschwerdegegnerin angebotene
Barabfindung für zu niedrig gehalten. Sie haben gemeint, dass ihnen ein höherer Betrag
zustehe, da die Wertermittlung auf andere Weise vorzunehmen sei, als dies die
Beschwerdegegnerin getan hat. Dabei haben sie insbesondere Einwendungen gegen die
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Beschwerdegegnerin getan hat. Dabei haben sie insbesondere Einwendungen gegen die
Ermittlung des Kapitalisierungszinssatzes sowie gegen die Bewertung der Beteiligung
von Grundstücken sowie der Antragsgegnerin zu 1. an der F. P. ... GmbH erhoben.
Zudem haben sie sich dagegen gewandt, dass die Dividende für 2001 nicht für den
Zeitraum zwischen Bilanzstichtag und Tag der Hauptversammlung verzinst worden sei.
Als verfahrensfehlerhaft wird die Auswahl der H., H. & Partner GmbH als
Barabfindungsprüferin i. S. von § 372c Abs. 2 S. 3 AktG gerügt, da es sich um eine von
der Beschwerdegegnerin benannte Gesellschaft handele.
Die Beschwerdeführer haben beantragt,
eine höhere Abfindung zu bestimmen sowie eine Verzinsung des
Erhöhungsbetrages auszusprechen.
Die Beschwerdegegnerin hat beantragt,
die Anträge zurückzuweisen.
Dabei hat sie sich im Wesentlichen auf die vorliegenden Gutachten zur
Unternehmensbewertung bezogen.
Das Landgericht hat die Anträge der Beschwerdeführer mit Beschluss vom 23. Januar
2007 zurückgewiesen.
Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, dass den Beschwerdeführer kein
höherer Anspruch als der von der Beschwerdegegnerin festgesetzte Betrag von 211,49
Euro pro Aktie zustehe. Dabei stützt der angegriffene Beschluss, auf dessen Inhalt
wegen der Einzelheiten verwiesen wird, sich im Wesentlichen auf das vom Landgericht
eingeholte Gutachten der B. … GmbH (im Folgenden: B. ) vom 21. Dezember 2004 und
die dazu von derselben Gesellschaft aufgrund von Einwendungen der Antragsteller
eingeholten weiteren Stellungnahmen vom 10. Juni 2005 (Bd. IV Bl. 112 ff. d.A.), vom 25.
Oktober 2005 (Bd. IV Bl. 153 ff. d.A.) sowie vom 6. Juli 2006 (Bd. IV Bl. 215 ff. d.A.).
Das Landgericht hat die Anträge insoweit als unzulässig zurückgewiesen, als sie sich
gegen die Antragsgegnerin zu 1. richteten. Zur Begründung führt es aus, dass unter
Geltung der §§ 327f Abs. 2, 306 AktG a.F. richtige Antragsgegnerin für das
Überprüfungsverfahren nicht die Aktiengesellschaft, sondern allein deren Hauptaktionär
sei. Die gegen die Beschwerdegegnerin gerichteten Anträge hat das Landgericht
hingegen für zulässig erklärt.
Soweit das Landgericht die Anträge für zulässig erachtet, hält es sie jedoch für
unbegründet. Die Verfahrensrüge gegen die Auswahl der H., H. & Partner GmbH sei
unbegründet, da es grundsätzlich zulässig sei, einen vom Hauptaktionär benannten
Prüfer gerichtlich zu bestellen, und ein Hinderungsgrund hier nicht ersichtlich sei. Auch
eine Parallelprüfung des gerichtlich bestellten Sachverständigen mit dem vom
Hauptaktionär beauftragten Sachverständigen sei unbedenklich, soweit sich nicht eine
Beratungstätigkeit des gerichtlich bestellten Prüfers auf unternehmerische
Zweckmäßigkeitsentscheidungen erstrecke oder der Hauptaktionär unzulässigen
Einfluss ausübe, wofür hier nichts ersichtlich sei.
Das Landgericht sieht die Unternehmensplanung der Antragsgegnerin zu 1. als taugliche
Grundlage für die Ermittlung der Abfindung an. Dabei stützt sich das Gericht im
Wesentlichen auf das Sachverständigengutachten der B. . In dem angegriffenen
Beschluss (Umdruck, S. 9 ff.) wird im Einzelnen dargelegt, dass die Ausführungen des
Gutachters zur Ertragswertmethode, zur Stand-Alone-Prämisse und zum
Stichtagsprinzip zutreffend seien. Hinsichtlich der Ertragsaussichten werden die
Ausführungen der von der Beschwerdegegnerin beauftragten Gutachterin P. in
ausführlicher Auseinandersetzung mit den Angriffen der Antragsteller für plausibel
erklärt. Hinsichtlich der Beteiligungserlöse der F. P. ... GmbH hält das Landgericht die
tatsächlichen Berechnungsgrundlagen für zutreffend und die von der Sachverständigen
B. angenommene künftige Ertragsentwicklung für plausibel. Zum
Kapitalisierungszinssatz geht das Landgericht in Übereinstimmung mit der Gutachterin
B. von einem Basiszinssatz von 5,3% aus. Darüber hinaus erachtet es einen
Risikozuschlag für sachgemäß und hält den von der Sachverständigen B. angesetzten
Wert von 5,5% noch für angemessen. Den Beta-Faktor bemisst es abweichend von der
Sachverständigen B. nicht mit 0,5, sondern mit 0,4. Zur Begründung führt es an, dass
die von der Gutachterin P. ausgewählte und von B. übernommene Peer-Group anderer
Brauereien intransparent sei, da die Gutachterin P. keine Ausführungen zur
Vergleichbarkeit hinsichtlich des Verschuldungsgrades mache. Es liege daher näher, den
Wert des Hauptaktionärs (hier: der Beschwerdegegnerin) heranzuziehen, wenn man
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Wert des Hauptaktionärs (hier: der Beschwerdegegnerin) heranzuziehen, wenn man
denjenigen der Aktiengesellschaft (hier: der Antragsgegnerin zu 1.) nicht für verwertbar
halte. Demgemäß geht das Landgericht von einem Beta-Faktor von 0,4 aus. Darüber
hinaus folgt der angegriffene Beschluss der Sachverständigen B. auch insoweit nicht, als
diese den Risikozuschlag wegen der in den Jahren 2002 und 2003 zu beobachtenden
Entwicklung um 0,25 Prozentpunkte angehoben hat. Nach dem von der
Sachverständigen gewählten CAPM-Ansatz seien unternehmensindividuelle
Ertragsrisiken auf der Ebene der Plausibilisierung der Unternehmensplanung zu
korrigieren und dürften nicht zusätzlich durch eine Erhöhung des Risikozuschlags zu
lasten der ausscheidenden Aktionäre einfließen. Hinsichtlich des Wachstumsabschlags
folgt das Landgericht der Sachverständigen B. , indem sie einen Wert von 0,5% für die
Antragsgegnerin zu 1. und von 1% für die F. P. ... GmbH ansetzt. Auch der von der
Sachverständigen vorgenommenen Kürzung des Kapitalisierungszinssatzes um die
persönlichen Ertragsteuern und der von ihr vorgenommenen Bewertung des nicht
betriebsnotwendigen Vermögens folgt das Landgericht.
Insgesamt gelangt das Landgericht ausgehend von den genannten Werten,
insbesondere von einer Marktrisikoprämie von 5,5% und einem Beta-Faktor von 0,4, zu
dem Ergebnis, dass für die Detailplanungsphase ein Kapitalisierungszinssatz von 4,87%
und für die Phase der „ewigen Rente“ ein solcher von 4,37% bzw. 3,87% zugrunde zu
legen seien. Die Sachverständige B. habe eine Berechnung unter Einbeziehung dieser
Faktoren nicht vorgenommen. Dies hält das Landgericht jedoch für unerheblich, da die
Sachverständige unter Zugrundelegung von für die Minderheitsaktionäre noch
günstigeren Annahmen (Marktrisikoprämie von 5% und Beta-Faktor von 0,37) einen
Ertragswert je Aktie von 211,45 Euro errechnet habe, der die von der
Beschwerdegegnerin angebotene Barabfindung leicht unterschreite. Die durch die
Sachverständige vorgenommene Abzinsung der Ausschüttungen auf den 30. Juni des
Folgejahres sei nicht zu beanstanden, da bei Nichtdurchführung der Strukturmaßnahme
die Ausschüttungen auch immer erst in der Hauptversammlung des Folgejahres erfolgt
wären.
Den Börsenkurs hält das Landgericht hier als Untergrenze der Barabfindung für
maßgeblich, da die für eine Nichtberücksichtigung erforderliche Marktenge von der
Beschwerdegegnerin nicht hinreichend dargelegt worden sei. Der von der Gutachterin P.
ermittelte durchschnittliche gewichtete Börsenkurs von 205,35 Euro pro Aktie übersteige
jedoch den Ertragswert nicht. Eine Berücksichtigung des Liquidationswerts als
Untergrenze lehnt das Landgericht unter Hinweis darauf ab, dass die Antragsgegnerin zu
1. profitabel arbeite und die für einen den Ertragswert übersteigenden Liquidationswert
erforderlichen stillen Reserven nicht ersichtlich seien.
Gegen den ihnen am 29. Januar 2007 zugestellten Beschluss haben die
Beschwerdeführerinnen zu 3. und 7. mit am 8. Februar 2007 eingegangenem Schriftsatz
Beschwerde eingelegt. Die Beschwerdeführerin zu 4. hat gegen den ihr am 30. Januar
2007 zugestellten Beschluss am 12. Februar 2007 Beschwerde eingelegt. Am selben Tag
ist die Beschwerde der Beschwerdeführerin zu 5. eingegangen, der der Beschluss am 29.
Januar 2007 zugestellt worden war. Der Beschwerdeführer zu 6. hat gegen den ihm am
30. Januar 2007 zugestellten Beschluss am 7. Februar 2007 Beschwerde eingelegt. Die
Beschwerdeführerin zu 10. hat gegen den ihr am 31. Januar 2007 zugestellten Beschluss
am 14. Februar 2007 Beschwerde eingelegt.
Die Beschwerdeführer meinen, die in dem angegriffenen Beschluss gebilligte Abfindung
sei zu niedrig.
Im Einzelnen tragen die Beschwerdeführerinnen zu 3. und 7. vor, der angegriffene
Beschluss habe ihren erstinstanzlichen Vortrag nicht hinreichend gewürdigt. Falsch sei
die Annahme in dem Beschluss (S. 29 des Umdrucks), dass es bei der
Unternehmensbewertung um eine Bewertung fiktiv unterstellter Dividenden gehe,
nachdem die Dividendenausschüttung erst in der Hauptversammlung des Folgejahres
erfolge. Vielmehr habe es die Unternehmensbewertung mit “ausschüttbaren“ Erträgen
zu tun, die bereits am 31. Dezember jedes Geschäftsjahres verfügbar seien. Dies werde
durch die Rechtsprechung des BGH zum Gewinnabführungsvertrag in BGHZ 142, 382
unterstrichen. Für jedes künftige Jahr müsse mithin jeder ausschüttbare Betrag um ein
halbes Jahr weniger abgezinst werden. Der Unterschied belaufe sich auf etwa 2,5% oder
rund 5 Euro pro Aktie.
Überdies gehe aus dem angegriffenen Beschluss nicht nachvollziehbar hervor, wieso das
Landgericht nicht den im Ergänzungsgutachten des Sachverständigen vom 06.07.2006
mit 219,88 Euro ermittelten Betrag zugrunde gelegt habe. Der Beschluss (Umdruck, S.
22) verweise hierzu darauf, dass für den Zeitraum vom 30. November 1993 bis zum 31.
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22) verweise hierzu darauf, dass für den Zeitraum vom 30. November 1993 bis zum 31.
Dezember 2003 eine Marktrisikoprämie von 5,15% ermittelt worden sei. Für eine
zukunftsbezogene Prognose dürften indessen nicht „für beliebige 10-Jahreszeiträume
der Vergangenheit nahezu beliebige Ergebnisse herausgerechnet“ werden. Vielmehr
müssten längerfristige Zeiträume zugrunde gelegt werden, zu denen die
Beschwerdeführerinnen zu 3. und 7. Erhebungen vorlegen. Sie meinen, eine
angemessene Abfindung betrage 225,00 Euro.
Die Beschwerdeführerin zu 5. und der Beschwerdeführer zu 6. tragen wörtlich identische
Einwände vor; die Beschwerdeführerin zu 4. schließt sich dem Vorbringen des
Beschwerdeführers zu 6. an. Demnach müsse die Ertragsbewertung um einen bereits
am Bewertungsstichtag angelegten Konsolidierungseffekt „deutlich nach oben korrigiert“
werden. Nach Ansicht der Beschwerdeführer verfehlen die Ausführungen in dem
angegriffenen Beschluss sowie die Aussagen der verschiedenen Gutachter zur Stand-
Alone-Prämisse, zur Ablehnung der Berücksichtigung von Synergieeffekten und zur
Beschränkung der Unternehmensbewertung auf bereits konkret eingeleitete
Maßnahmen die sich bereits aufhellenden Perspektiven der Antragsgegnerin zu 1. Die
Vorgaben von Gutachter und Landgericht seien zu pessimistisch. Es sei rechtsfehlerhaft,
dass in dem angegriffenen Beschluss die verbesserten Umsatz- und Ergebniszahlen
unter Verweis auf das Stichtagsprinzip für irrelevant erklärt würden. Vielmehr seien diese
Entwicklungen am Stichtag bereits absehbar gewesen; sie seien daher zu
berücksichtigen. Zudem habe das Landgericht (S. 25 des Umdrucks) den
Wachstumsabschlag beim Kalkulationszinsfuß viel zu niedrig bemessen und sogar
unterhalb des Durchschnitts der Wachstumsraten des Bruttoinlandsprodukts von 2001
bis 2004 angesetzt. Vor allem müsse der Kalkulationszinsfuß als nominale (nicht
inflationsbereinigte) Größe an den nominalen Wachstumsraten ausgerichtet werden, die
rund 2 % höher lägen. Zudem sei der Wachstumsabschlag an einer durch die Euro-
Umstellung verursachten, aber nur vorübergehenden Anpassungskrise orientiert und
dann aber in die Zukunft fortgeschrieben worden.
Für unangemessen halten die Beschwerdeführerin zu 5. und der Beschwerdeführer zu 6.
auch die Marktrisikoprämie von 5,5 % (S. 32 des Umdrucks). Die rechtfertigende
Bezugnahme auf das Gutachten von S. sei ungeeignet, da dieses eine Minimierung von
Abfindungen bezwecke und fehlerhaft sei; eine inhaltliche Auseinandersetzung mit den
von W. dargelegten Fehlern dieses Gutachtens unterbleibe in dem angegriffenen
Beschluss. Auch der von Großfeld/Stöver herausgegriffene Zehnjahreszeitraum von
1993 bis 2003 sei ungeeignet; in der Kapitalmarkttheorie sei es allgemein anerkannt,
dass Beobachtungszeiträume unter 30 Jahren ungeeignete, weil zu stark zufallsgeprägte
Ergebnisse lieferten. Eine Marktrisikoprämie von mehr als 2 % könne keinesfalls
akzeptiert werden. Ergänzend verweist die Beschwerdeführerin zu 5. darauf, dass
inzwischen neue Befunde von D. , M. und S. vorlägen, aus denen hervorgehe, dass auch
bisherige Anhänger vergleichsweise hoher Risikoprämien sich allmählich gezwungen
sähen, ihre Schätzungen deutlich nach unten zu korrigieren. Als Zwischenbefund gingen
diese Autoren derzeit von 3-3,5 % Risikoprämie aus.
Als fehlerhaft rügen die Beschwerdeführerin zu 5. und der Beschwerdeführer zu 6. auch
die Bewertung des nicht betriebsnotwendigen Vermögens. Fiktive Steuern auf stille
Reserven bei Immobilien, deren Veräußerung nicht geplant sei, dürften nicht abgezogen
werden. Sollten Immobilien tatsächlich veräußert worden seien, so könne die in den
Gutachten unterstellte Steuerbelastung durch Rücklagen nach § 6b EStG vermieden
werden. Fehlerhaft sei auch die Einschätzung des Landgerichts (Umdruck, S. 27), dass
eine Weiternutzung nicht günstiger sei als ein unterstellter Verkauf. Die Weiternutzung
könne nämlich auch darin bestehen, dass an einen potentiellen Erwerber vermietet
werde statt „unter maximaler Steuerbelastung“ an ihn zu veräußern.
Die Beschwerdeführerin zu 5. verweist noch darauf, dass die bereits erstinstanzlich
vorgetragenen Einwendungen gegen die vom Landgericht akzeptierte
Unternehmensbewertung auf einer Tagung am 8. April 2008 von einem von ihr als
„Chefideologen des I. “ bezeichneten Dr. M. J. nicht mehr angezweifelt würden.
Die Beschwerdeführerin zu 10. meint, selbst wenn man den nach ihrer Ansicht deutlich
zu hoch gewählten Basiszinssatz von 5,3% beim Kapitalisierungszinssatz noch
akzeptieren möge, seien weitere „Verzerrungen“ nicht hinnehmbar. Die
Marktrisikoprämie von 5,5% sei massiv überhöht. Die Beschwerdeführerin zu 10.
verweist hierzu auf verschiedene Quellen, in denen deutlich niedrigere
Marktrisikoprämien angenommen worden seien. Daraus folge, dass eine Prämie von
mehr als 3% keinesfalls hinnehmbar sei. Keine der in dem angegriffenen Beschluss (S.
20 des Umdrucks) angeführten obergerichtlichen Entscheidungen habe eine Prämie von
5,5% akzeptiert. Der Beschluss übernehme zudem unkritisch die vom Gutachter
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5,5% akzeptiert. Der Beschluss übernehme zudem unkritisch die vom Gutachter
behauptete Ungeeignetheit des unternehmenseigenen Beta-Faktors wegen angeblich zu
geringer Börsenumsätze. Es hätte nicht das Beta der Beschwerdegegnerin von 0,4,
sondern der Beta-Faktor von 0,37 angesetzt werden müssen. Der Wachstumsabschlag
von 0,5% sei zu niedrig bemessen; es hätte nicht der Zeitraum von 2001 bis 2004 (mit
einem Durchschnitt von 0,55%) zugrunde gelegt werden dürfen, da der Abschlag erst ab
dem Jahr 2006 angesetzt wurde. Auch wenn man von 0,5% realem Wachstum und einer
Inflationsrate von ca. 1,5% ausgehe, wäre angesichts der Zukunftsaussichten eine
Absenkung allenfalls auf 1% zu rechtfertigen. Bei dem zukunftsfähigen Geschäft der F. P.
... GmbH sei mindestens der normale Wachstumsabschlag von 2% anzusetzen.
Einwände bringt die Beschwerdeführerin zu 10. auch hinsichtlich der von ihr für
erforderlich gehaltenen Aufzinsung der Dividende auf den Bewertungsstichtag vor. Bei
der Ertragsplanung hätten der gerichtlich bestellte Gutachter und auch das Landgericht
einen Abfluss der Dividende bereits zum Bilanzstichtag unterstellt. Dann aber müsse
das Zinsergebnis erhöht werden; jedenfalls sei es falsch, einen Abfluss der Dividende am
1. Januar und einen Zufluss beim Aktionär erst am 27. Juni zu unterstellen. Überdies sei
der von der Beschwerdegegnerin vorgenommene Zuschlag zur Abfindung nicht als
deren Bestandteil zu betrachten, sondern als vom Unternehmenswert unabhängiger und
zu ihm zu addierender Ausgleich für die nicht ausgeschüttete Dividende. Als solcher
müsse er auch im Rahmen der gerichtlichen Entscheidung behandelt werden. Aus
alledem errechnet die Beschwerdeführerin zu 10. einen Abfindungsbetrag von bis zu
292,22 Euro.
Die Beschwerdeführer beantragen,
den Beschluss des Landgerichts aufzuheben, die Barabfindung pro Aktie der
Antragsgegnerin zu 1. höher festzusetzen als auf 211,49 Euro und der
Beschwerdegegnerin sämtliche Kosten des Spruchverfahrens aufzuerlegen.
Die Beschwerdegegnerin hat keinen Antrag gestellt.
B.
I. Die Beschwerden gegen den Beschluss des Landgerichts sind zulässig. Während für
den angegriffenen Beschluss noch das frühere Recht maßgeblich war, ist auf das nach
dem 1. September 2003 eingeleitete Beschwerdeverfahren gem. § 17 Abs. 2 S. 2
SpruchG dieses Gesetz anwendbar. Gegen den angegriffenen Beschluss ist gem. § 12
Abs. 1 SpruchG die sofortige Beschwerde statthaft. Nach § 12 Abs. 2 S. 1 SpruchG ist
das Kammergericht zur Entscheidung darüber berufen. Sämtliche Beschwerden sind
innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Beschlusses und somit fristgerecht
eingelegt worden (§§ 12 Abs. 1, 17 Abs. 1 SpruchG in Verbindung mit § 22 Abs. 1 FGG).
Beschwerdegegnerin ist gem. § 5 Nr. 3 SpruchG allein die Antragsgegnerin zu 2.
II. In der Sache haben die Beschwerden keinen Erfolg.
Dies ergibt sich aus einer umfassenden Sachprüfung durch den Senat. Eine solche
umfassende Prüfung war ungeachtet der Tatsache geboten, dass die
Beschwerdegegnerin keinen Antrag gestellt hat; denn Versäumnisentscheidungen
analog §§ 330, 331 ZPO sind im FGG-Verfahren auch dann ausgeschlossen, wenn es
sich wie hier um ein echtes Streitverfahren handelt (OLG Hamm RdL 1960, 102;
, in: Jansen, FGG, 3. Aufl. 2006, Vor §§ 8-18 Rn. 69; s. auch
, in: Jansen, FGG, § 12 Rn. 42).
Die umfassende Sachprüfung ergibt, dass die angegriffene Entscheidung zutreffend ist.
Der anteilige Unternehmenswert liegt nämlich nicht oberhalb der von der
Beschwerdegegnerin angebotenen Barabfindung von 211,49 Euro pro Stückaktie. Keiner
der von den Beschwerdeführern vorgebrachten Einwände verfängt; auch aus anderen
Gründen erweist sich die vom Landgericht zugrunde gelegte Unternehmensbewertung
nicht als fehlerhaft. Der Rechtsstreit ist zur Entscheidung reif, ohne dass es der
neuerlichen Einholung eines Sachverständigengutachtens oder einer mündlichen
Verhandlung sowie einer Vernehmung von Zeugen bedürfte. Vielmehr ist der
Sachverhalt nach Überzeugung des Senats durch die drei eingeholten
Sachverständigengutachten, insbesondere das erstinstanzlich eingeholte Gutachten der
Sachverständigen B. nebst der drei dazu vorliegenden Ergänzungsgutachten, in der
gebotenen Intensität aufgeklärt. Soweit sich im Übrigen die Antragsteller gegen die
Auswahl der H., H. & Partner GmbH als gem. § 327c Abs. 2 AktG gerichtlich bestellten
Gutachter wenden, kommt es hierauf im Spruchverfahren nicht an, da es darin allein um
die Überprüfung des angemessenen Ausgleichs geht, während die Kontrolle der
Voraussetzungen des § 327c Abs. 2 AktG dem Beschlussanfechtungsverfahren
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Voraussetzungen des § 327c Abs. 2 AktG dem Beschlussanfechtungsverfahren
zuzuordnen ist. Auch die Beschwerdeführer greifen diesen Punkt nicht mehr auf.
1. Grundlagen
Im Spruchverfahren gem. § 1 Nr. 3 SpruchG nach einem sog. Squeeze-out ist eine
Unternehmensbewertung anzustellen mit dem Ziel sicherzustellen, dass die
ausscheidenden Aktionäre den ihnen nach § 327a Abs. 1 S. 1 AktG zustehenden
angemessenen Ausgleich erhalten. Dabei geht es um eine vollwertige Kompensation für
den durch den Entzug der Aktionärsstellung eintretenden Verlust („volle
Entschädigung“; BVerfG ZIP 1999, 1436, 1440 – DAT/Altana). Für die „richtige“
Bewertung eines Unternehmens zu Zwecken der Bemessung einer Abfindung
ausscheidender Aktionäre gibt es keine näheren gesetzlichen Vorgaben. Auch in der
wirtschaftswissenschaftlichen Diskussion haben sich bislang keine einheitlichen
Grundsätze herausgebildet. Vor diesem Hintergrund kann es im Spruchverfahren von
vornherein nicht darum gehen, mit gleichsam naturwissenschaftlich-mathematischer
Genauigkeit eine objektiv verifizierbare Berechnung vorzunehmen. Vielmehr genügt es,
wenn das Gericht – erforderlichenfalls mit sachverständiger Unterstützung – zu der
Überzeugung gelangt, dass eine bestimmte konkret vorgenommene Berechnung auf
der Grundlage zutreffender Ausgangszahlen zu einem plausibel hergeleiteten Ergebnis
führt. Maßgeblich sind damit – richtige Ausgangsdaten vorausgesetzt – im Wesentlichen
Plausibilitäten (LG Frankfurt/M. AG 2007, 42, 43; , Unternehmens- und
Anteilsbewertung im Gesellschaftsrecht, 4. Aufl. 2002, S. 98). Dabei steht den Gerichten
ein großer Spielraum vertretbarer Annahmen zu, innerhalb dessen letztlich durch
Schätzung nach § 287 ZPO zu entscheiden ist ( , in: Emmerich/Habersack,
Aktien- und GmbH-Konzernrecht, 5. Aufl. 2008, § 305 Rn. 53). Von diesen Grundsätzen
hat sich das Landgericht in dem angegriffenen Beschluss (s. Umdruck, S. 15 f.) leiten
lassen; sie gelten auch für das Beschwerdeverfahren. Es kann mithin auch in der
Beschwerdeinstanz nicht, wie dies in den Beschwerdebegründungen der
Beschwerdeführer teils anklingt, darum gehen, im Bereich der Plausibilitätskontrolle
verschiedene in den Wirtschaftswissenschaften in Aufsätzen oder Vorträgen vertretene
unterschiedliche Lehrmeinungen immer wieder mittels neuerlicher Gutachten oder
Zeugenvernehmungen gegeneinander „auszuspielen“. Maßstab für die Entscheidung
über die Beschwerden ist insoweit vielmehr allein, ob die im konkreten Fall von der
Beschwerdegegnerin der Berechnung des Abfindungsbetrages zugrunde gelegte
Unternehmensbewertung einer Plausibilitätskontrolle standhält.
Zutreffend ist das Landgericht in dem angegriffenen Beschluss davon ausgegangen,
dass die Unternehmensbewertung sich an der Ertragswertmethode zu orientieren hat
(statt vieler , in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, §
305 Rn. 52b; dies billigt auch BVerfG ZIP 1999, 1436, 1441 – DAT/Altana). Maßgeblich
sind die Verhältnisse zum Bewertungsstichtag; als diesen hat das Landgericht richtig
den Tag der Hauptversammlung, hier also den 27. Juni 2002 angesehen. Zu folgen ist
dem Landgericht auch darin, dass künftige Entwicklungen für die
Unternehmensbewertung nur insoweit berücksichtigt werden können, als sie sich am
Stichtag bereits konkret abgezeichnet haben.
2. Stellungnahme zu den einzelnen Rügen der Beschwerdeführer
a) Unternehmensplanung
Sofern die Beschwerdeführer meinen, die der Bewertung zugrunde gelegte
Unternehmensplanung seien zu pessimistisch, sind keine Umstände ersichtlich, die es
gebieten würden, einen günstigeren Verlauf anzunehmen. Zutreffend ist das Landgericht
in dem angegriffenen Beschluss davon ausgegangen, dass die sog. Stand-Alone-
Prämisse zugrunde zu legen ist, wonach Planungen nur insoweit zu berücksichtigen sind,
als hierfür bereits zum Bewertungsstichtag konkrete Maßnahmen eingeleitet worden
sind. Die Gutachterin P. hat zu der zugrunde liegenden Planrechnung eingehend Stellung
bezogen und dabei auch die sich aus der Zusammenlegung der Braustätten Potsdam
und Berlin-Neukölln ergebenden Effekte berücksichtigt. Dasselbe hinsichtlich der für die
Zeit seit dem Jahr 2003 angenommene Konsolidierung des Marktes für Bier. Die
Beschwerdeführer tragen keine weiteren Umstände vor, die ernsthafte Zweifel an der
Plausibilität der von P. und B. bestätigten Unternehmensplanung erwecken könnten.
b) Kapitalisierung künftiger Erträge
Auch die Einwände gegen die Festlegung des Kapitalisierungszinssatzes verfangen nicht.
Dieser Zinssatz war bereits in erster Instanz Gegenstand umfassender Erörterung.
Zutreffend hat das Landgericht hierzu ausgeführt, dass es insoweit gilt, im Wege der
Schätzung nach § 287 Abs. 2 ZPO einen angemessenen Wert zu bestimmen. Im
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Schätzung nach § 287 Abs. 2 ZPO einen angemessenen Wert zu bestimmen. Im
Einzelnen gilt hierzu Folgendes:
aa) Basiszinssatz
Mit eingehender Begründung geht der angegriffene Beschluss (Umdruck, S. 17 ff.) davon
aus, dass der in dem erstinstanzlich eingeholten Gutachten angesetzte Basiszinssatz
von 5,3% unbedenklich ist. Hiergegen bringen die Beschwerdeführer keine
substantiierten Einwände vor. Auch ansonsten sieht der Senat insoweit keine Bedenken
gegenüber den Ausführungen des Landgerichts.
bb) Höhe der Marktrisikoprämie; maßgeblicher Beta-Faktor
Hinsichtlich des Risikozuschlags folgt das Landgericht dem Standard IDW S1 von 2005,
der als Methode das sog. CAPM empfiehlt. Dies ist nicht zu beanstanden und wird auch
von den Beschwerdeführern nicht gerügt. Der angegriffene Beschluss greift sodann den
vom gerichtlich bestellten Sachverständigen benannten Wert von 5,5% auf. Dies
geschieht mit nachvollziehbarer Begründung und unter Bezugnahme auf Äußerungen im
Schrifttum. Wenn die Beschwerdeführer dieser Einschätzung teils abweichende
Meinungsbekundungen gegenüberstellen, ist nach Überzeugung des Senats hierdurch
angesichts der dargelegten für das Beschwerdeverfahren maßgeblichen Grundlagen
keine erneute Einholung eines Sachverständigengutachtens in der Beschwerdeinstanz
veranlasst. Dies gilt umso mehr, als sich insoweit kein einheitlicher Standard
herausgebildet hat und die Ausführungen des Gutachters einer Plausibilitätskontrolle
standhalten.
Dasselbe gilt für den vom Landgericht für maßgeblich erachteten Beta-Faktor. Demnach
war der Beta-Faktor von 0,4 der Beschwerdegegnerin anzusetzen. Dieser Wert liegt
zugunsten der Beschwerdeführer um 0,1 und damit um 20% unterhalb des von der
gerichtlich bestellten Gutachterin B. für maßgeblich erachteten Beta-Faktors. Einen
weiteren Korrekturbedarf in Richtung auf den für die Antragsgegnerin zu 1. maßgeblichen
Beta-Faktor von 0,37 sieht der Senat aus den bereits vom Landgericht (Umdruck, S. 23)
dargelegten Gründen nicht.
cc) Höhe des Wachstumsabschlags
Der Hinweis einiger Beschwerdeführer darauf, der vom Landgericht gebilligten
Unternehmensbewertung liege eine zu pessimistische Einschätzung der
Zukunftsaussichten der Antragsgegnerin zu 1. zugrunde, geht fehl. Wie das Landgericht
hierzu im Einzelnen überzeugend ausgeführt hat, war es aufgrund der Darlegungen in
dem erstinstanzlich eingeholten Gutachten der Sachverständigen B. plausibel, dass die
Aussichten als verhalten eingestuft wurden. Dies gilt insbesondere auch im Hinblick auf
die bereits erstinstanzlich gegenüber dieser Einschätzung vorgetragenen Einwände, zu
denen der angegriffene Beschluss (Umdruck, S. 11-13) eingehend Stellung bezieht. Das
Landgericht hat dabei auch keineswegs unbesehen die Ausführungen des Gutachters
übernommen, sondern hierzu differenziert Position bezogen.
Soweit die Beschwerdeführerin zu 10. Einwendungen gegen den bei der F. P. ... GmbH
zugrunde gelegten Wachstumsabschlag vorbringt, ist zunächst auf die ergänzende
Stellungnahme der Sachverständigen B. vom 25. Oktober 2005 hinzuweisen. Darin wird
dargelegt, dass gegen eine Unterbewertung steuerliche Aspekte sprechen, was dem
Senat überzeugend erscheint und wogegen sich auch keine Einwände der
Beschwerdeführer richten. Sofern die Beschwerdeführerin zu 10. im Übrigen allein unter
Hinweis darauf, dass das Geschäft der F. P. ... GmbH „zukunftsfähig“ sei, einen
Wachstumsabschlag von 2% ansetzen möchte, übergeht sie die eingehende
Begründung des geringeren Abschlags in dem angegriffenen Beschluss (Umdruck, S. 14
ff.).
Sofern die Beschwerdeführer zu 4., 5. und 6. beanstanden, dass der
Wachstumsabschlag unterhalb des Durchschnitts der Wachstumsraten des
Bruttoinlandsprodukts liege, verkennen sie, dass das Landgericht (Umdruck, S. 26) den
Abschlag von 0,5% nicht auf jene Werte gestützt hat, sondern auf das
Sachverständigengutachten. Das sehr niedrige, teils sogar negative Gesamtwachstum
der Wirtschaft wird vielmehr allein als zusätzlicher Beleg für die auch unter Hinweis auf
die reale Umsatzentwicklung der Antragsgegnerin zu 1. dargelegte Plausibilität dieser
gutachterlichen Annahme herangezogen. Die Ausführungen des Landgerichts
bezwecken ersichtlich nicht, die absolute Höhe des Wachstumsabschlags aus einem – in
dem Beschluss gar nicht errechneten – Durchschnittssatz des Wachstums des
Bruttoinlandsprodukts herzuleiten, sondern lediglich auf die seinerzeit schwache
Konjunktur und das daraus herzuleitende Nachfrageverhalten nach den Getränken der
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Konjunktur und das daraus herzuleitende Nachfrageverhalten nach den Getränken der
Antragsgegnerin zu 1. hinzuweisen. Damit erledigt sich zugleich der weitere Einwand,
dass der Kalkulationszinsfuß als nominale Größe an den nominalen Wachstumsraten
ausgerichtet werden müsse, während die in dem angegriffenen Beschluss
wiedergegebenen Zahlen bereits inflationsbereinigt seien.
c) Maßgeblicher Stichtag für die Dividenden
Keinen Bedenken begegnet auch die vom Landgericht zugrunde gelegte Behandlung der
Dividenden. Maßgeblicher Stichtag für die Ermittlung des Unternehmenswerts ist der Tag
der Hauptversammlung, hier der 27. Juni 2002. Die Thematik einer diesbezüglichen Ab-
oder Aufzinsung ist bereits im erstinstanzlichen Verfahren ausführlich erörtert worden.
Die Gutachterin B. hat hierzu in ihrer Stellungnahme vom 6. Januar 2006 dargelegt, dass
als Stichtag für die Ausschüttung des Gewinns eines Geschäftsjahres jeweils der 30. Juni
zugrunde gelegt wurde. Für den Gewinn des Geschäftsjahres 2002 ist demnach als Tag
des Zuflusses der 30. Juni 2003 zugrunde gelegt worden. Dieser Gewinn ist sodann auf
den Bewertungsstichtag, den 27. Juni 2002, abgezinst worden, mithin um ein Jahr und
drei Tage. Für die Gewinne der Jahre 2003, 2004 und 2005 erhöhte sich der
Abzinsungszeitraum jeweils um ein weiteres Jahr. Der Barwert zur „ewigen Rente“ wurde
auf den 30. Juni 2006 ermittelt und um vier Jahre und drei Tage abgezinst. Dabei räumt
die Gutachterin B. ein, dass insoweit eine Ungenauigkeit vorliegt, als die zusätzlichen
drei Tage zur Abzinsung auf den 27. Juni 2002 unberücksichtigt bleiben, da jeweils volle
Jahre angesetzt wurden. Eine genaue Abzinsung würde zu einer Verringerung der
ermittelten Werte um wenige Cent führen. Wie die Gutachterin B. in ihrer weiteren
ergänzenden Stellungnahme vom 6. Juli 2006 (S. 9; Bd. IV Bl. 223 d.A.) auf Nachfrage
des Landgerichts ausgeführt hat, ist die Annahme einer Ausschüttung bereits zum Ende
des Geschäftsjahres, also hier zum 31. Dezember 2001, nicht realistisch. Zudem weist
die Gutachterin B. an jener Stelle ausdrücklich darauf hin, dass die von den
Beschwerdeführern begehrte Aufzinsung zu einer nicht begründeten Werterhöhung führt.
Eine solche Aufzinsung müsste spiegelbildlich zur Folge haben, dass auf Seiten der
Beschwerdegegnerin der Zinsertrag wegfiele, der auf den Zeitraum zwischen dem
Bewertungsstichtag und dem Ultimo des Vorjahres entfällt. In Wirklichkeit ist diese
Liquidität jedoch in die Ertragsrechnung eingeflossen; sie erhöht damit den
Unternehmenswert. Zudem sieht auch der IDW-Standard S 1 eine Verzinsung
ausschließlich für thesaurierte Beträge und selbst für diese nur insofern vor, als für ihre
Verwendung keine Planungen vorliegen (IDW S 1 Nr. 4.4.2.3). Sofern der
Beschwerdeführer zu 6. meint, für die hier interessierende Frage aus einer Entscheidung
des Bundesgerichtshofs zum Ausgleichsanspruch entsprechend § 302 Abs. 1 AktG
(BGHZ 142, 382) etwas Abweichendes entnehmen zu können, ist dem nicht zu folgen.
Bei der hier in Rede stehenden Unternehmensbewertung ist der maßgebliche Stichtag
dadurch vorgegeben, dass die Höhe der Barabfindung gem. § 327b Abs. 1 S. 1 AktG die
Verhältnisse der Gesellschaft im Zeitpunkt des Hauptversammlungsbeschlusses
berücksichtigen muss. Eine vergleichbare gesetzliche Vorgabe besteht für die
Verlustausgleichspflicht gem. § 302 Abs. 1 AktG nicht. Bei jener Pflicht geht es, wie der
Bundesgerichtshof in der angeführten Entscheidung dargelegt hat, um den Schutz von
Gläubigern und außenstehenden Aktionären vor Manipulationsmöglichkeiten, die sich
ergeben, wenn man anstelle des Bilanzstichtags auf den festgestellten Jahresabschluss
abstellt. Derartige Gefahren bestehen hinsichtlich der hier in Rede stehenden
Dividendenausschüttung nicht; auch der Beschwerdeführer zu 6. trägt Gegenteiliges
nicht vor. Demgemäß bleibt es bei dem Grundsatz, dass eine realitätsnahe Berechnung
anzustellen ist, so dass die tatsächlichen Ausschüttungszeitpunkte zugrunde zu legen
sind.
d) Bewertung des nicht betriebsnotwendigen Vermögens
Auch die Einwendungen gegen die Bewertung des nicht betriebsnotwendigen Vermögens
erweisen sich als unbegründet. Das nicht betriebsnotwendige Vermögen ist
grundsätzlich – soweit es keine Erträge erbringt – mit seinem Liquidationswert
anzusetzen (Kölner Kommentar/ , Anh. § 11 Rn. 44 f.; , Die
Barabfindung beim Squeeze-out, §§ 327a-f AktG, 2006, S. 91). Dabei sind die im
hypothetischen Falle einer tatsächlichen Veräußerung auf Unternehmensebene
anfallenden Ertragsteuern abzuziehen (OLG Düsseldorf AG 2003, 688, 692; ZIP 2004,
753, 758; OLG München ZIP 2007, 375, 379; LG Frankfurt AG 2007, 42, 47; ,
Unternehmens- und Anteilsbewertung im Gesellschaftsrecht, S. 172 f.; abw. für Altfälle
unter Geltung der im Jahre 1989 maßgeblichen Bewertungsgrundsätze HFA 2/1983
BayObLG AG 2006, 41, 44 unter ausdrücklicher Abgrenzung von den heute geltenden
betriebswirtschaftlichen Grundsätzen). Dafür spricht entscheidend, dass die
anzustellende Fiktion einer Liquidierung auf halbem Wege stehen bliebe, wenn man
diese für den wirtschaftlichen Wert jener Vermögensgegenstände mitunter
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diese für den wirtschaftlichen Wert jener Vermögensgegenstände mitunter
beträchtlichen Folgen ausblenden würde. Die Berücksichtigung der Steuern auf der
Unternehmensebene, wie sie auch Nr. 4.5 IDW S 1 vorsieht, entspricht demgegenüber
der Behandlung künftiger Überschüsse auf der Ebene des Unternehmens und der
Anteilseigner.
e) Zusammensetzung des Abfindungsbetrags
Schließlich ist die von der Beschwerdegegnerin angebotene Barabfindung in Höhe von
211,49 Euro entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin zu 10. nicht in einen
Abfindungsbetrag und einen Ausgleich für eine nicht ausgeschüttete Dividende
aufzuteilen. Für eine solche Aufteilung findet sich weder im Übertragungsbeschluss der
Hauptversammlung vom 27. Juni 2002 noch in den Darlegungen der
Beschwerdegegnerin im Spruchverfahren (s. Schriftsatz vom 12. Februar 2003, Bd. III Bl.
16 ff. d.A.) eine Grundlage. Vielmehr handelt es sich bei dem vollen Betrag von 211,49
Euro um die Barabfindung i. S. von § 327a Abs. 1 S. 1 AktG, um deren Angemessenheit
es im vorliegenden Spruchverfahren geht.
C.
I. Die Kostenentscheidung folgt aus § 15 Abs. 1, Abs. 2 S. 1 SpruchG. Der Senat hält es
letztlich nicht für geboten, abweichend hiervon die Kosten des Beschwerdeverfahrens
aus Billigkeitsgründen nach § 15 Abs. 2 S. 2 SpruchG den Beschwerdeführern
aufzuerlegen. Die Beschwerden waren nicht offensichtlich unbegründet, auch wenn sie
im Wesentlichen allein solche Themen betrafen, die bereits Gegenstand des
erstinstanzlichen Verfahrens waren. Der Umstand, dass die Beschwerden erfolglos
geblieben sind, genügt für sich genommen nicht, um den Beschwerdeführern die Kosten
aufzuerlegen (BayObLG NZG 2003, 483; , in: Spindler/Stilz, AktG, 2007, § 15
SpruchG Rn. 17).
II. Der Wert ist gem. § 15 Abs. 1 S. 2 SpruchG auch für die Beschwerdeinstanz auf
400.000 Euro festzusetzen. Der Senat sieht keinen Anlass, von der Festsetzung
abzuweichen, die das Landgericht auf Grundlage der Größenordnung einer möglichen
Erhöhung der Abfindung getroffen hat.
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