Urteil des FG Münster vom 11.02.2004

FG Münster (Erblasser, Firma, Wiederkehrende Leistung, Letztwillige Verfügung, Erbe, Arbeitsgericht, Anstellungsverhältnis, Wohnrecht, Rechtspflicht, Vergütung)

Datum:
Gericht:
Spruchkörper:
Entscheidungsart:
Tenor:
1
2
3
4
5
6
Aktenzeichen:
Finanzgericht Münster, 7 K 862/01 E
11.02.2004
Finanzgericht Münster
7. Senat
Urteil
7 K 862/01 E
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger.
Die Revision wird zugelassen.
G r ü n d e :
Streitig ist, ob Zahlungen an eine frühere Haushälterin bzw. Lebensgefährtin des
Erblassers beim Erben als dauernde Last abzugsfähig sind.
Der Kläger (Kl.) ist Kommanditist der Firma N & Co KG. Der Gewinnanteil als
Mitunternehmer betrug im Streitjahr 1997 insgesamt 1.807.900 DM. Mit der
Einkommensteuer(ESt)-Erklärung 1997 machte der Kl. bei den Sonderausgaben eine
dauernde Last in Höhe von 9.580,71 DM für Aufwendungen gegenüber Frau O als
wiederkehrende Leistung geltend. Es handelte sich um die Übernahme von Kosten für eine
Zusatzkrankenversicherung, eine Hausratversicherung, für Strom-, Gas- und Wasserbrauch
sowie die Betriebskosten aus der Zurverfügungstellung eines VW Golf. Die Zahlungen
beruhten auf der testamentarischen Anordnung des Erblassers, des am ...1983
verstorbenen Fabrikanten R vom 18.02.1983. Mit dieser notariell beurkundeten letztwilligen
Verfügung setzte der Erblasser den Kl., seinen Neffen, zum Alleinerben ein. Das Vermögen
bestand im Wesentlichen aus der Beteiligung an der Firma N & Co. KG, der N
Verwaltungsgesellschaft mbH und einem Sparguthaben bei der Sparkasse H. Der
erbschaftssteuerliche Wert des Kommanditanteils betrug zum Zeitpunkt des Todes des
Erblassers am ...1983 1.377.368 DM, das Sparguthaben 264.275 DM (Bl. 39 GA).
Unter 5. verfügte der Erblasser:
"a) Meine Haushälterin, Frau O, erhält bis zum Eintritt der Rentenberechtigung für ihre
Tätigkeit im bisherigen Umfang bei der Firma O & Co. den jeweiligen Tariflohn einer
Hilfsarbeiterin, mindestens monatlich 1.250 DM netto. Steuern, Versicherungen und
sonstige soziale Abgaben müssen von meinem Erben getragen werden.
b) Sofern bei Eintritt der Rentenberechtigung die ausgezahlte Rente monatlich 1.250
DM nicht erreicht, hat mein Erbe die Differenz bis zu diesem Betrag zu zahlen.
7
8
9
10
11
12
13
14
15
16
17
c) Der Betrag von 1.250 DM erhöht oder ermäßigt sich in dem gleichen Verhältnis, in
dem sich der Tariflohn bzw. die Rente vom heutigen Tage an erhöht oder ermäßigt.
d) Die vorstehenden Verpflichtungen meines Erben sind von diesem durch eine
Bankbürgschaft abzusichern.
e) Für Frau O ist im Grundbuch des Amtsgerichts H von H Blatt ... ein Wohnrecht und
eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit bestellt. Mein Erbe ist verpflichtet, für die
Wohnung von Frau O in den dem Wohnrecht unterliegenden Räumen die Kosten einer
Hausratversicherung sowie die Kosten für Strom, Gas und Wasser und einen
Telefonanschluss zu tragen. Das Wohnrecht kann von Frau O nur persönlich ausgeübt
werden....
g) Mein Erbe hat Frau O einen fabrikneuen Pkw in der Größe eines "VW Golf"
kostenlos zu uneingeschränktem Gebrauch zur Verfügung zu stellen. Die Kosten gehen zu
Lasten meines Erben.
h) Der Erbe hat für Frau O eine Zusatzversicherung bei der "Hanse-Merkur"-
Krankenversicherung abzuschließen.
i) Ich mache Frau O zur Auflage, die Wachhunde der Firma N zu versorgen. Das Futter
hat die Firma N zur Verfügung zu stellen."
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die letztwillige Verfügung Bezug genommen.
Wegen des Vermächtnisses kam es zu einem Rechtsstreit zwischen Frau O und dem Kl.
vor dem Arbeitsgericht C. Aus dem Urteil vom 31.07.1984 ergibt sich, dass Frau O zunächst
noch bis Dezember 1983 als Arbeitnehmerin in der Qualitätskontrolle der Firma N & Co.
tätig war. Ab Januar 1984 hatte der Kl. die Zahlungen eingestellt. Nach dem Vortrag von
Frau O habe sie zu Lebzeiten des Erblassers keine nennenswerte Tätigkeit für die Firma N
& Co. erbracht und sich nur als Lebensgefährtin des Erblassers für dessen Betrieb
interessiert und gelegentlich mitgeholfen. Der Kl. hatte behauptet, zu Lebzeiten des
Erblassers habe ein Anstellungsverhältnis zwischen Frau O und der Firma N & Co.
bestanden. Nach dem Urteil des Arbeitsgerichts hat Frau O einen Anspruch auf die
Zahlung von 1.250 DM unabhängig davon, ob sie eine Arbeitsleistung für die Firma N &
Co. erbringt. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf das Urteil des Arbeitsgerichts C vom
31.07.1984 Bezug genommen (Bl. 40 ff. Gerichtsakte).
Der Beklagte (das Finanzamt - FA -) lehnte die Berücksichtigung der Aufwendungen bei
den Sonderausgaben mit Bescheid vom 25.10.1999 mit der Begründung ab, fremde Dritte
könnten nicht Empfänger von Versorgungsleistungen sein (Hinweis auf BFH-Urteil vom 14.
Dezember 1994 X R 1-2/90 (BFHE 177, 36, BStBl II 1996, 680).
Der dagegen eingelegte Einspruch hatte keinen Erfolg. Das FA führte in der
Einspruchsentscheidung (EE) vom 19.01.2001 aus, ein Abzug von nachträglichen
Ruhegehaltszahlungen auf Grund eines Vermächtnisses als Sonderausgaben komme nur
dann in Betracht, wenn der Berechtigte seinen Anspruch bereits mit dem Arbeitsverhältnis
begründet habe und diese Regelung in dem Testament lediglich bestätigt werde (Hinweis
auf BFH-Urteil vom 18. Februar 1986 IX R 7/80, BFH/NV 1986, 654).
Im Streitfall handele es sich nicht um eine Versorgungsleistung zu Gunsten des
Vermögensübergebers, dessen Ehegatten oder neben dem Übernehmer vorhandene
erbberechtigte Abkömmlinge. Wiederkehrende Leistungen an nicht erbberechtigte
18
19
20
21
22
23
24
25
26
27
Personen, wie im Streitfall, seien dagegen nicht abziehbar.
Es handele sich im Streitfall auch nicht um eine nachträgliche Ruhegehaltszahlung, da
Frau O für den Kl. nicht auf Grund arbeitsrechtlicher Beziehungen tätig gewesen sei. Bei
einem Arbeitsvertrag mit einer Lebensgefährtin müsse sichergestellt sein, dass diese
vertraglichen Beziehungen dem beruflichen Bereich angehörten und es sich nicht um
private Unterhaltsleistungen handele. Die Beziehung zwischen dem Erblasser und Frau O
seien privater Natur gewesen, wie sich daraus ergebe, dass sie sich vor dem Arbeitsgericht
als Lebensgefährtin bezeichnet habe. Entsprechend habe auch das Arbeitsgericht
entschieden, dass kein Anstellungsverhältnis bestanden habe. Allein aus der Bezeichnung
im Testament "Haushälterin" ergebe sich nichts anderes.
Mit der dagegen erhobenen Klage machen die Kl. geltend, dass die Aufwendungen des Kl.
in einem kausalen Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis zwischen dem Erblasser und
Frau O ständen. Diese sei unstreitig Haushälterin gewesen und habe für ihn darüber
hinaus Tätigkeiten verrichtet wie Fahrdienste, Begleitung auf Messen, Bewirtung von
Geschäftsbesuchern, Pflege von Haus und Garten. Eine Vergütung habe sie für diese
Tätigkeiten nicht erhalten. Sie habe allerdings damit rechnen können, für ihre geleisteten
Dienste eine entsprechende Altersversorgung zu erhalten. Dies sei in der letztwilligen
Verfügung zum Ausdruck gekommen.
Die Voraussetzungen, die der BFH in BFH/NV 1986, 654 aufgestellt habe, lägen im
Streitfall vor, denn auf Grund arbeitsrechtlicher Beziehungen habe die Erwartung
bestanden, dass in der Vergangenheit geleistete Dienste durch Vermögenswerte wie etwa
Ruhegeldleistungen später abgegolten würden. Ferner müssten die geleisteten Dienste
entweder gar nicht oder deutlich unterwertig vergütet worden sein und es müsse ein
unmittelbarer Zusammenhang zwischen der fehlenden oder unterwertigen Bezahlung und
der Erwartung auf eine nachträgliche Vergütung bestehen.
Zu Unrecht berufe sich das FA auch auf die Ausführungen des Arbeitsgerichts C in dem
Urteil vom 31.07.1984. Dieses habe lediglich ausgeführt, es habe kein Arbeitsverhältnis im
herkömmlichen Sinne bestanden, was dadurch zum Ausdruck komme, dass kein
Arbeitsentgelt ausgezahlt worden sei. Wenn Frau O davon spreche, sie sei die
Lebensgefährtin des Erblassers gewesen, so sei das vor dem Hintergrund ihrer Position in
dem Rechtsstreit mit dem Kl. zu sehen.
Dass die testamentarischen Verpflichtungen des Kl. im Falle einer Wiederverheiratung
enden sollten, spreche nicht gegen eine Beurteilung der Leistung als Ruhegeldanspruch.
So ende z. B. auch eine Witwenrente mit der Wiederverheiratung des überlebenden
Ehegatten.
Die Kl. beantragen,
den ESt-Bescheid 1997 vom 25.10.1999 und die EE vom 19.01.2001 dahingehend zu
ändern, dass die ESt unter Berücksichtigung von Sonderausgaben (dauernde Last) gemäß
§ 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG in Höhe von 9.581 DM herabgesetzt wird,
hilfsweise Zulassung der Revision.
Das FA beantragt,
die Klage abzuweisen.
28
29
30
31
32
33
34
Das FA hält daran fest, es handele sich nicht um Zahlungen in einem Zusammenhang mit
einem ehemaligen Arbeitsverhältnis.
Die auf einem Vermächtnis beruhenden Versorgungsaufwendungen seien nur dann als
Sonderausgaben abzugsfähig, wenn sie als vom Erblasser vorbehaltene Erträge des
übergebenden Vermögens zu Gunsten des Ehegatten oder der Abkömmlinge des
Vermögensübergebers erbracht würden (Hinweis auf BFH-Urteil vom 27. Februar 1992 X R
139/88 (BFHE 167, 381, BStBl II 1992, 612). Dies sei hier nicht der Fall, so dass die
Zahlungen mit dem Wert des übertragenen Nachlassvermögens verrechnet werden
müssten.
Der Senat hat am 11.02.2004 mündlich verhandelt. Hinsichtlich des Verlaufs und des
Ergebnisses wird auf das Protokoll vom selben Tage Bezug genommen.
Die Klage ist unbegründet.
Der angefochtene ESt-Bescheid verletzt die Kl. nicht in ihren Rechten. Das FA hat die
Aufwendungen für Frau O zu Recht nicht als Sonderausgabe berücksichtigt sondern als
Zuwendungen im Sinne von § 12 Nr. 2 EStG angesehen.
1. Als Sonderausgaben abziehbar sind die auf besonderen Verpflichtungsgründen
beruhenden Renten und dauernden Lasten, die nicht mit Einkünften im Zusammenhang
stehen, die bei der Veranlagung außer Betracht bleiben (§ 10 Abs. 1 Nr. 1 a EStG).
Dagegen dürfen gem. § 12 EStG freiwillige Zuwendungen und Zuwendungen auf Grund
einer freiwillig begründeten Rechtspflicht weder bei den einzelnen Einkunftsarten noch
vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden, soweit in den §§ 10 Abs. 1 Nrn. 1 bis
8, 10 b und 33 bis 33 c EStG nichts anderes bestimmt ist. Dies gilt auch für die in § 12 EStG
nicht ausdrücklich erwähnten Renten und dauernden Lasten im Sinne von § 10 Abs. 1 Nr. 1
a EStG, soweit diese außerhalb der für die Vermögensübergabe gegen
Versorgungsleistungen geltenden Sonderregelung Unterhaltsleistungen oder Leistungen
auf Grund freiwillig begründeter Rechtspflicht sind (vgl. BFH in BStBl. II 1992, 612).
Außerhalb der Vermögensübertragung im Wege vorweggenommener Erbfolge gegen
Versorgungsleistungen kommt ein Abzug als Sonderausgaben nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 a
EStG grundsätzlich nicht in Betracht, denn soweit wiederkehrende Leistungen ohne Bezug
zu einem dafür erhaltenen Vermögenswert versprochen werden, sind sie als Zuwendungen
auf Grund freiwillig begründeter Rechtspflicht im Sinne von § 12 Nr. 2 EStG nicht
abziehbar. Stehen sie wie bei einem dem Erben auferlegten Vermächtnis in sachlichem
Zusammenhang mit einer erhaltenen Gegenleistung, scheitert die Abziehbarkeit daran,
dass im Hinblick auf den erhaltenen Verrechnungswert wirtschaftlich keine als
Sonderausgabe abziehbare "Last" vorliegt (vgl. BFH in BStBl. II 1992, 612). An dieser
Rechtsprechung hat der BFH ausdrücklich festgehalten (vgl. BFH-Urteil vom 27.03.2001 X
R 106/98, BFH/NV 2001, 1242).
Die Rechtsprechung des BFH nach den Entscheidungen des Großen Senats des BFH vom
5. Juli 1990 GrS 4-6/89, BFHE 161, 317, BStBl II 1990, 847 und vom 15. Juli 1991 GrS
1/90, BFHE 165, 225, BStBl II 1992, 78 lässt den Abzug von Versorgungsleistungen nur zu,
wenn der Erblasser einer an sich erbberechtigten Person die Erträge einer
existenzsichernden Wirtschaftseinheit einräumt, die dem Berechtigten an sich kraft
Erbrechts zustehen würden. Empfänger von als Einkünfte aus wiederkehrenden Bezügen
steuerbaren und beim Verpflichteten als Sonderausgabe abziehbaren
Versorgungsleistungen sind danach insbesondere der überlebende Ehegatte aber auch
neben dem übernehmenden Erben in Ausnahmefällen die erbberechtigten Geschwister.
35
36
37
38
39
40
41
Der BFH hat daher mit Urteil in BFH/NV 2001, 1242 den Abzug als Sonderausgaben für
Versorgungsleistungen an Stiefkinder des Erblassers, die nicht erbberechtigt waren,
sondern nur Vermächtnisnehmer, abgelehnt. Soweit der BFH in Ausnahmefällen den
Abzug von Sonderausgaben im Zusammenhang mit Versorgungsleistungen außerhalb des
Generationennachfolge-Verbundes bejaht hat (BFH-Urteil vom 16.12.1997 IX R 11/94,
BStBl. II 1998, 718), hatte der Dritte den Übergeber aus den Erträgen des ihm übertragenen
Vermögens zu versorgen (vgl. BFH in BFH/NV 2001, 1242). Der Abzug von Leistungen des
Erben auf Grund eines Vermächtnisses des Erblassers zu Gunsten seiner Lebensgefährtin
als dauernde Last kommt danach nicht in Betracht (vgl. auch FG München Urteile vom 13.
April 2000 15 K 3507/94, Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 2000, 855 - Revision
X R 31/00- und 08. November 2000 1 K 3185/00, EFG 2000, 282 - rechtskräftig - sowie FG
Nürnberg Urteil vom 24. November 1999 V 854/97, EFG 2001, 562 - Revision X R 2/01 -).
Der Senat schließt sich dem an.
Im Streitfall hat der Kl. vom Erblasser zwar mit den Gesellschaftsanteilen eine
existenzsichernde Wirtschaftseinheit geerbt, bei der Vermächtnisnehmerin, die die
Leistungen erhalten hat, handelt es sich aber nicht um eine Person, die im
Generationennachfolge-Verbund steht, denn Frau O ist unstreitig nicht erbberechtigt. Ob sie
tatsächlich Lebensgefährtin des Erblassers war, ist deshalb in diesem Zusammenhang
ohne wesentliche Bedeutung. Der Senat vermag insbesondere nicht zu erkennen, weshalb
Aufwendungen, die der Kl. aus der Erbmasse zu bestreiten hat und die beim Erblasser als
freiwillige Zuwendungen gem. § 12 EStG vom Abzug ausgeschlossen wären, als dauernde
Last bei den Sonderausgaben zu berücksichtigen sein sollen. Dabei darf letztlich auch
nicht ganz außer Betracht bleiben, dass durch die von den Kl. begehrte steuerliche
Behandlung der Zahlungen die Einkommensteuerpflicht eines in Raten ausgezahlten
Vermächtnisses beim Empfänger gemäß § 22 Satz 1 Nr. 1 EStG begründet würde.
2. Ein Abzug als Sonderausgabe kommt auch nicht unter dem Gesichtspunkt eines früher
zwischen der Empfängerin der Leistungen und dem Erblasser bestehenden
Dienstverhältnisses in Betracht.
Der BFH hat in BFH/NV 1986, 654 entschieden, eine als dauernde Last nach § 10 Abs. 1
Nr. 1 a EStG abziehbare Sonderausgabe liege auch vor bei wiederkehrenden Leistungen,
die in einer letztwilligen Verfügung angeordnet worden sind, wenn der Berechtigte bereits
zuvor einen Anspruch hatte. Voraussetzung dafür ist nach dieser Entscheidung, dass
- auf Grund arbeitsrechtlicher Beziehungen die Erwartung bestand, dass in der
Vergangenheit geleistete Dienste durch Vermögenswerte wie etwa Ruhegeldleistungen
später abgegolten werden. Dabei kann es sich um eine beiderseitige Erwartung oder auch
eine einseitige des Arbeitnehmers handeln, die der Arbeitgeber erkannt hatte oder hätte
erkennen müssen.
- Die geleisteten Dienste entweder gar nicht oder deutlich unterwertig vergütet worden sind.
- Es muss ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der fehlenden oder unterwertigen
Bezahlung und der Erwartung auf eine nachträgliche Vergütung bestehen.
Vom Vorliegen dieser Voraussetzungen, die der BFH im Urteil in BFH/NV 1986, 654
aufgestellt hat, ist der Senat nicht überzeugt. Im Gegenteil geht der Senat davon aus, dass
zwischen dem Erblasser und Frau O keine arbeitsrechtlichen Beziehungen bestanden
haben. Dies ergibt sich zur Überzeugung des Senats bereits aus den tatsächlichen
Feststellungen im Urteil des Arbeitsgerichts C vom 31.07.1984, wonach zu Lebzeiten des
42
43
Erblassers kein Anstellungsverhältnis zwischen Frau O und der Firma N & Co. im
herkömmlichen Sinn bestanden hat. Das Gericht hat zwar festgestellt, dass Frau O kein
Arbeitsentgelt für ihre Tätigkeit ausgezahlt worden ist, sie ist aber vom Erblasser als
dessen Lebensgefährtin versorgt worden. Soweit Frau O eine Leistung für die Firma N &
Co. erbracht hat, hat diese nicht im Verhältnis zu einer Gegenleistung, einem Arbeitsentgelt
der Firma bestanden. Soweit das FA im Einspruchsverfahren auf die in der Firma N & Co.
gebuchten Gehaltsaufwendungen für Frau O verweist, ergibt sich aus dem Urteil des
Arbeitsgerichts C, dass dieses Arbeitsverhältnis offensichtlich fingiert war, denn bis auf die
Sozialversicherungs-beiträge wurden für Frau O keine Leistungen erbracht. Aus dem Urteil
ergibt sich ferner, dass Frau O zusammen mit dem Erblasser in dessen Haus gelebt hat
und ihn begleitet hat. Für die Hausarbeiten haben ihr 2 Putzfrauen zur Verfügung
gestanden. Danach gingen ihre Leistungen nicht über das hinaus, was ein Lebensgefährte
üblicherweise im gemeinsamen Haushalt verrichtet. Soweit Frau O für den Erblasser
tatsächlich tätig geworden ist, geht der Senat davon aus, dass diese durch die ihr gewährte
Versorgung im Haushalt des Erblassers "vergütet" worden ist.
Auch die Ausgestaltung des Vermächtnisses spricht deutlich dafür, dass dem Erblasser
daran gelegen war, keine auf arbeitsrechtlicher Grundlage erbrachten Dienste zu vergüten,
sondern eher für das persönliche Wohlergehen einer ihm näher stehenden Person Sorge
zu tragen. So wurde Frau O das Recht eingeräumt, die bisherige Wohnung des Erblassers
zu bewohnen und ihr der Hausrat samt laufender Hausratversicherung zugewendet.
Ebenfalls für eine privat veranlasste Versorgung spricht, dass Frau O ein Pkw zur
Verfügung gestellt werden sollte, dessen Betriebskosten vom Erben ebenfalls zu
übernehmen waren. Dieses sind Leistungen, die für auf arbeitsvertraglicher Grundlage
erbrachte Dienste in hohem Maße ungewöhnlich sind. Es ist auch nicht erkennbar,
inwieweit Frau O gerade auf arbeitsrechtlicher Grundlage Anspruch auf die hier nur
streitigen Betriebskosten für einen Pkw, Strom-, Gas- und Wasserkosten, für eine
Hausratversicherung und eine Zusatzkrankenversicherung haben sollte. Da sich
schließlich auch Frau O selbst vor dem Arbeitsgericht als Lebensgefährtin des Erblassers
bezeichnet hat, vermag der Senat nicht zu erkennen, weshalb bei Frau O gerade auf Grund
arbeitsrechtlicher Beziehungen die Erwartung bestanden haben könnte, dass in der
Vergangenheit geleistete Dienste gegenüber dem Erblasser durch Vermögenswerte in der
hier streitigen Form, also über eigentliche Ruhegeldleistungen hinaus, später abgegolten
werden sollten.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO). Die
Revisionszulassung beruht auf § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO.