Urteil des FG Münster vom 29.10.2002

FG Münster (Zuschuss, Filmförderung, Unternehmer, Subvention, Dienstleistung, Einfluss, Bemessungsgrundlage, Erfüllung, Eugh, Öffentlich)

Datum:
Gericht:
Spruchkörper:
Entscheidungsart:
Tenor:
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Aktenzeichen:
Finanzgericht Münster, 5 K 394/99 U
29.10.2002
Finanzgericht Münster
5. Senat
Urteil
5 K 394/99 U
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.
G r ü n d e:
Streitig ist nur noch, ob ein Zuschuss von der Filmstiftung X als Entgelt zu behandeln ist.
Die Klägerin (Klin) ist ein Produktionsunternehmen für Filme. Sie verpflichtete sich durch
Produktionsvertrag mit dem Y, einen Film herzustellen (Bl. 75 ff. GA). Nach § 1 des
Produktionsvertrages vereinbarte die Klin und der Y die Herstellung einer
Fernsehproduktion. Nach § 2 des Vertrages sollte die Herstellung des Films auf der
Grundlage des von der Klin vorgelegten und vom Y und von der Filmstiftung akzeptierten
Drehbuches erfolgen. Nach § 4 Abs. 1 des Vertrages verpflichtete sich die Klin, dem Y das
ausschließliche Recht zu übertragen, den Film beliebig oft für Fernsehzwecke in der
Bundesrepublik zu verwerten oder verwerten zu lassen. Demgegenüber verpflichtete sich
der Y, der Klin für alle von ihr auf Grund dieses Vertrages zu erbringenden Leistungen ein
Gesamtentgelt von brutto 3.600.000,- DM zu zahlen (§ 6 Abs. 1). Die
Gesamtproduktionskosten von 6.492.928,91 DM netto sollten gem. § 8 des Vertrages wie
folgt aufgebracht werden:
DM 2.545.185,91 Filmstiftung X
DM 3.482.243,00 Y
DM 622.500,00 Vertriebsgarantie
Für den Fall, dass der Klin andere als in dem Finanzierungsplan ausgewiesene Mittel
zufließen, war der Y berechtigt, seine Beteiligung entsprechend zu kürzen (vgl. § 8 Abs. 3
des Vertrages).
Durch den Zusatzvertrag vom 9./11.07.1995 wurden die Einzelheiten des von der
Filmstiftung bewilligten Zuschusses geregelt (Bl. 85 ff. GA). Gem. § 1 des Zusatzvertrages
zwischen dem Y und der Klin hat der Filmförderausschuß der Filmstiftung dem Film einen
Zuschuss i. H. v. 2.631.255 DM zuerkannt. In § 2 werden die Auszahlungstermine für den
Zuschuss vereinbart, der dann auf Veranlassung der Filmstiftung vom Y auszuzahlen war.
Gem. § 4 stand der Abschluss des Zusatzvertrages unter dem Vorbehalt des Abschlusses
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des Vertrages zwischen der Klin und dem Y über die Übertragung der
Fernsehnutzungsrechte auf diesen. Gem. § 6 war die Klin verpflichtet, einen Teil der Erlöse
einem Sonderkonto zuzuführen und unter bestimmten Voraussetzungen für die Produktion
eines Films zu verwenden, dessen Herstellungskosten in genau bestimmten Umfang in
Nordrhein-Westfalen ausgegeben werden müssen. Nach § 11 Nr. 1 war das 1,5 fache des
Zuschußbetrages als NRW-Effekt aufzuwenden. Grundlage für derartige Zuschüsse ist der
Gesellschaftsvertrag der Filmstiftung X GmbH, die durch die Richtlinien für Filmförderung
ergänzt werden. Die Auszahlung des Zuschusses erfolgte in den Jahren 1995 und 1996
entsprechend den Vergütungsmitteilungen (Bl. 60 - 74 GA.).
Die Klin hat diesen Zuschuss nicht der Umsatzsteuer (USt) unterworfen. Bei einer USt-
Sonderprüfung (Bericht vom 30.09.1996) vertrat die Prüferin in Tz. 12 die Ansicht, das auch
der Zuschuss der Filmstiftung als Entgelt zu versteuern sei.
Der Beklagte (das Finanzamt - FA -) folgte dieser Ansicht und erließ am 01.09.1997 einen
geänderten USt-Bescheid 1995.
Im Anschluss an die Betriebsprüfung im Jahr 1998 wurden die USt-Bescheide 1995 und
1996 abermals durch Bescheide vom 05.10.1998 geändert.
Nach erfolglosem Einspruchsverfahren (EE vom 17.12.1998) verfolgt die Klin ihr Begehren
mit der Klage weiter. Sie meint, es liege ein echter Zuschuss vor, da nicht der Y gefördert
werden solle. Vielmehr ergebe sich aus § 47 Y-Gesetz der eindeutige Wille des Y, die
Leistungserbringer und damit die Filmproduzenten zu fördern. Wegen ihres weiteren
Vorbringens hat die Klin auf ihre Schriftsätze - auch im Parallelverfahren 5 K 1386/98 -
verwiesen (Bl. 22 GA.).
Die Klin beantragt,
unter Änderung der USt-Bescheide 1995 und 1996 vom 05.10.1998 die Beträge, die der Y
als Zuschuss der Filmstiftung gezahlt hat, nicht in die Bemessungsgrundlage für die USt
einzubeziehen; hilfsweise die Revision zuzulassen.
Das FA beantragt,
die Klage abzuweisen; hilfsweise die Revision zuzulassen.
Zur Begründung verweist es auf seine Ausführungen in der EE. Zweck des Zuschusses sei
die Subventionierung des Preises zu Gunsten des Abnehmers (Leistungsempfängers)
gewesen. Bestärkt werde das dadurch, das die Filmstiftung den Zuschuss bereits vor
Abschluss des Produktionsvertrages zuerkannt habe.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt des Produktionsvertrages (Bl. 75 ff. GA),
des Zusatzvertrages (Bl. 85 ff. GA), des Bewilligungsbescheides (Bl. 167 GA), der
Vergütungsmitteilungen (Bl. 59 GA), des Gesellschaftsvertrages der Filmstiftung (Bl. 100 ff.
GA) und der Richtlinien über die Filmförderung (Bl. 119 ff. GA) Bezug genommen. Auf die
Sitzungsniederschrift wird ebenfalls verwiesen.
Die Klage hat keinen Erfolg.
Das Finanzamt hat den Zuschuss zu Recht als Entgelt behandelt.
Gem. § 10 Abs. 1 Satz 1 UStG wird der Umsatz nach dem Entgelt bemessen. Entgelt ist
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gem. § 10 Abs. 1 Satz 2 UStG alles was der Leistungsempfänger aufwendet, um die
Leistung zu erhalten, jedoch abzüglich der Umsatzsteuer. Weiter gehend gehört zum
Entgelt auch, was ein anderer als der Leistungsempfänger dem Unternehmer für die
Leistung gewährt, vgl. § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG. Bei diesen Zahlungen Dritter an einen
Unternehmer, der in einem Leistungsaustauschverhältnis mit einem Leistungsempfänger
steht, ist zwischen dem steuerpflichtigen preisauffüllenden Entgelt (sog. unechter
Zuschuss) und dem Nichtentgelt (echter Zuschuss) zu unterscheiden. Zahlungen eines
Dritten, die zur Förderung des leistenden Unternehmers und nicht überwiegend im
Interesse des Leistungsempfängers bewirkt werden, gehören als echter Zuschuss nicht
zum Entgelt. Zuschüsse eines Dritten sind dann zusätzliches Entgelt für eine vom
Leistungsempfänger in Anspruch genommene Leistung, wenn a) der Leistungsempfänger
auf die Zahlung einen Rechtsanspruch hat oder b) die Zahlung in Erfüllung einer öffentlich-
rechtlichen Verpflichtung gegenüber dem Leistungsempfänger geleistet wird oder c) die
Zahlung zumindest überwiegend im Interesse des Leistungsempfängers erfolgt (ständige
Rechtsprechung des BFH, vgl. z.B. BFH-Urteile vom 27.06.1996 V R 35/95, BFH/NV 1997,
155; vom 22.07.1999 V R 74/98, BFH / NV 2000, 240; Lange, UR 1994, 413 ff; Gröpl, DStZ
1998, 113 ff). Ebenso ist ein Zuschuss als Entgelt in die Besteuerungsgrundlagen
einzubeziehen, wenn die Zahlung der Subvention an den Leistenden diesem objektiv
gesehen die Erbringung der Dienstleistung zu einem niedrigeren Preis als dem ermöglicht,
den er ohne Subvention verlangen müsste (vgl. EUGH-Urteil vom 22.11.2001, Rs C-
184/00, HFR 2002, 161).
Die Anwendung dieser Grundsätze auf den Streitfall führt dazu, das ein unechter Zuschuss
und damit ein Entgelt vorliegt. Die Gewährung des sog. Zuschusses war an die Herstellung
des genau bezeichneten Filmes und an die Einräumung der Fernsehnutzungsrechte an
den Y gebunden. Das folgt aus § 4 des Zusatzvertrages. Der Klin war die Herstellung des
Filmes und die Überlassung der Ausstrahlungsrechte im Y nur zu einem bestimmten Preis
möglich. Diesen Preis hätte sie damit auch vom Y verlangen müssen, um die Senderechte
zu überlassen. Durch den Zuschuss konnte sie diese Dienstleistung zu einem niedrigen
Preis erbringen. Dieser konkret feststellbare Einfluss der Zahlung der Filmförderung
reduzierte den von der Klin geforderten Preis. Damit war dieser allein durch den hier
streitigen Zuschuss betragsmäßig heruntersubventioniert.
Da die aufgeworfene Rechtsfrage höchstrichterlich geklärt ist, war die Revision nicht
zuzulassen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 FGO.