Urteil des FG Köln vom 10.03.2004

FG Köln: vermietung, einkünfte, grundstück, verpachtung, private vermögensverwaltung, anfang, gesellschaft, abgrenzung, erwerb, nachhaltigkeit

Finanzgericht Köln, 11 K 4063/03
Datum:
10.03.2004
Gericht:
Finanzgericht Köln
Spruchkörper:
11. Senat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
11 K 4063/03
Tenor:
Unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 30.06.2003 wird der
Feststellungsbescheid 1997 vom 13.12.2000 abgeändert. Anstelle der
Einkünfte aus Gewerbebetrieb werden die Einkünfte aus Vermietung
und Verpachtung i. H. v. - DM 135.797,00 (Verlust) festgestellt und zu
gleichen Teilen auf die Kläger verteilt.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kostenentscheidung ohne Sicherheitsleistung
vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch
Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des
Kostenerstattungsanspruchs der Kläger abwenden, soweit nicht die
Kläger zuvor Sicherheit in derselben Höhe leisten.
Tatbestand
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Die Kläger sind zusammenveranlagte Ehegatten. Der Kläger ist als ausgebildeter
Bankkaufmann von seiner GmbH angestellt. Die GmbH befasst sich mit
Immobiliengeschäften i.S.d. § 34c der Gewerbeordnung mit Ausnahme von
Bauträgergeschäften. Der Schwerpunkt der Tätigkeit liegt auf Maklergeschäften.
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Die Kläger erwarben mit notariellem Vertrag vom 13.12.1995 zu je 1/2 Miteigentum an
dem unbebauten Grundstück ........ ........... .. in ............... für insgesamt 214.996,42 DM.
Nach der Anschaffung bebauten die Kläger das Grundstück mit einem Sechs-
Familienhaus. Zur Finanzierung der Anschaffungs- und Herstellungskosten wurde mit
Kreditvertrag vom 03.04.1996 bei der .................. Bank AG Filiale ........... ein
Festsatzkredit i.H.v. 1,2 Mio. DM mit einer Laufzeit von 25 Jahren aufgenommen. Für
das im Mai 1997 fertiggestellte Gebäude entstanden Herstellungskosten i.H.v.
1.072.125,07 DM und für die Außenanlagen i.H.v. 22.409,25 DM. Das Hausgrundstück
befand sich stets im Privatvermögen der Kläger. Eine Aufteilung in Wohnungs- oder
Teileigentum fand nicht statt. Nach Fertigstellung vermieteten die Kläger mehrere
Wohnungen des Objekts. Eine vollständige Vermietung war zunächst nicht möglich, da
der von den Klägern angestrebte Mietpreis von 15 DM je Quadratmeter nur schwer
erzielbar war. Mit Notarvertrag vom 05.03.1998 veräußerten sie dann das Objekt zu
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einem Kaufpreis von 1,8 Mio. DM.
Die Kläger erklärten in den Einkommensteuererklärungen der Jahre 1996 - 1998 die aus
dem Objekt erwirtschafteten Verluste als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Im
Streitjahr (1997) machten sie einen Verlust i.H.v. 135.797,00 DM geltend. Der Beklagte
vertrat dagegen die Rechtsauffassung, die Tätigkeit der Kläger im Zusammenhang mit
dem Erwerb des Grundstücks, der Errichtung des Gebäudes sowie der späteren
Veräußerung sei als gewerblicher Grundstückshandel einer zwischen den Klägern
bestehenden Gesellschaft bürgerlichen Rechts zu qualifizieren. Somit erließ der
Beklagte u.a. für das Streitjahr einen Bescheid über die gesonderte und einheitliche
Feststellung von Besteuerungsgrundlagen. Darin stellte er einen Verlust aus der
Gesellschaft i.H.v. 57.760 DM als Einkünfte aus Gewerbebetrieb fest und verteilte
diesen Verlust zu gleichen Teilen auf die Kläger. Abschreibungen berücksichtigte der
Beklagte dabei nicht, da er das Grundstück als Umlaufvermögen ansah.
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Den Einkommensteuerbescheid des Streitjahres haben die Kläger nicht angefochten;
dieser ist bestandskräftig. Mit dem gegen den Feststellungsbescheid eingelegten
Einspruch begehrten die Kläger die erklärungsgemäße Berücksichtigung des Verlustes
bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung und die ersatzlose Streichung der
Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Ein gewerblicher Grundstückshandel läge nicht vor. Ihre
Tätigkeit im Zusammenhang mit dem Erwerb, der Bebauung und der Veräußerung des
Grundstücks sei als Vermögensverwaltung zu werten. Ein gewerblicher
Grundstückshandel sei alleine schon deshalb nicht anzunehmen, weil nur ein Objekt
veräußert worden sei. Damit unterfiele der Verkauf nicht der von der Rechtsprechung
zur Abgrenzung des Gewerbebetriebs von der Vermögensverwaltung entwickelten Drei-
Objekt-Grenze. Zudem sei das Tatbestandsmerkmal der Nachhaltigkeit nach § 15 Abs.
2 Satz 1 EStG nicht erfüllt, da ohne Wiederholungsabsicht nur ein Objekt veräußert
worden sei. Sie hätten zunächst keine Veräußerungsabsicht gehabt. Das Objekt sei nie
zum Verkauf inseriert gewesen. Die Möglichkeit des Verkaufs habe sich zufällig im März
1998 geboten. Das Grundstück sei privat erworben und privat veräußert worden. Hätte
eine Veräußerungsabsicht von Anfang an bestanden, so hätten sie das Objekt im Jahre
der Fertigstellung (1997) veräußert, denn für Neubauten hätten zu diesem Zeitpunkt
Grundstückspreise bis zu DM 3.500 je Quadratmeter und mehr erzielt werden können.
Zudem spreche die erfolgte Vermietung gegen eine von Anfang bestehende
Veräußerungsabsicht, da ein vermietetes Objekt regelmäßig einen geringeren Kaufpreis
erziele als ein nicht vermietetes Objekt.
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Der Beklagte wies den Einspruch als unbegründet zurück. Die Einkünfte aus dem
Objekt .............................. seien zu Recht als solche aus Gewerbebetrieb erfasst worden.
Nach der Rechsprechung des BFH werde die Grenze von der privaten
Vermögensverwaltung zum Gewerbebetrieb überschritten, wenn nach dem Gesamtbild
der Betätigung und unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung die Ausnutzung
substantieller Vermögenswerte durch Umschichtung gegenüber der Nutzung von
Grundbesitz im Sinne einer Fruchtziehung aus zu erhaltenden Substanzwerten
entscheidend in den Vordergrund trete. Würden innerhalb eines engen zeitlichen
Zusammenhangs - in der Regel 5 Jahre - zwischen Anschaffung bzw. Errichtung und
Verkauf mindestens 4 Objekte veräußert, könne von einem gewerblichen
Grundstückshandel ausgegangen werden, weil die äußeren Umstände den Schluss
zuließen, dass es dem Steuerpflichtigen auf die Ausnutzung substanzieller
Vermögenswerte durch Umschichtung ankomme. Im Streitfall hätten die Kläger die Drei-
Objekt-Grenze unstrittig nicht überschritten. Jedoch könnten auch bereits bei einer
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Veräußerung von weniger als 4 Objekten besondere Umstände auf eine gewerbliche
Betätigung schließen lassen. Dies z.B. dann, wenn das im zeitlichen Zusammenhang
mit der Bebauung und Veräußerung erworbene Grundstück schon vor seiner Bebauung
verkauft oder wenn ein solches Grundstück von vornherein auf Rechnung oder nach
Wünschen des Erwerbers bebaut würde. In derartigen Fällen könnte die Wertung
gerechtfertigt sein, dass es sich unabhängig von der Anzahl der Verkäufe um eine
gewerbliche Tätigkeit handelte. Dies gälte ebenso dann, wenn der Steuerpflichtige ein
Bauunternehmen besäße und dieses dann erhebliche Leistungen für die Bebauung des
Grundstücks erbrächte, die nicht wie unter fremden Dritten abgerechnet würden. Könnte
daher auch bei einem Verkauf von weniger als 4 Objekten bereits eine Gewerblichkeit
angenommen werden, so stände dem vorliegend auch nicht das in § 15 Abs. 2 EStG
enthaltene Merkmal der Nachhaltigkeit entgegen. Zunächst stellte die Drei-Objekt-
Grenze keine Mindestgrenze in Bezug auf dieses Merkmal dar. Ein gewerblicher
Grundstückshandel läge deshalb auch bei einem An- und Verkauf bzw. einer Bebauung
mit anschließenden Verkauf von weniger als 4 Objekten vor, wenn nach dem
Gesamtbild der Verhältnisse eine unbedingte Veräußerungsabsicht bestanden hätte.
Dies sei vorliegend der Fall gewesen. Die Gesellschaft sei als produzierender
Unternehmer eigeninitiativ tätig gewesen, wobei sie verschiedene Produktionsfaktoren
(eigene Arbeitsleistung, Einsatz von Eigen- und Fremdkapital, selbständig und
nichtselbständig erbrachte Leistungen Dritter) zu einem marktfähigen Güter- und
Dienstleistungsangebot gebündelt habe. Aufgrund des geringen Zeitabstandes von
weniger als einem Kalenderjahr zwischen der Errichtung und der Veräußerung des
Objekts sei Veräußerungsabsicht zu unterstellen. An eine Widerlegung dieser
Veräußerungsabsicht seien wegen des kurzen Haltezeitraums erhöhte Anforderungen
zu stellen. Im Streitfall hätten die Kläger dem nicht genügt. Der Abschluss langfristiger
Mietverträge und eine langfristige Finanzierung ständen der vermuteten
Veräußerungsabsicht jedenfalls nicht entgegen.
Mit der hiergegen gerichteten Klage wiederholen die Kläger, dass es sich bei dem
veräußerten Objekt um Privatvermögen gehandelt habe. Die Rechtsauffassung des
Beklagten widerspreche der aktuellen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zur
Abgrenzung der privaten Vermögensverwaltung vom gewerblichen Grundstückshandel.
Danach sei die Drei-Objekt-Grenze grundsätzlich auch in den Fällen anwendbar, in
denen die veräußerten Objekte nicht nur angeschafft, sondern auch selbst errichtet
worden seien. Allenfalls in besonders gelagerten Fällen, bei Vorliegen gewichtiger
Umstände, könne ein gewerblicher Grundstückshandel auch schon bei einem Verkauf
von weniger als 4 Objekten anzunehmen sein. Dies sei beispielsweise dann der Fall,
wenn das im zeitlichen Zusammenhang mit der Bebauung und Veräußerung erworbene
Grundstück schon vor seiner Bebauung verkauft worden sei oder ein solches
Grundstück von vornherein auf Rechnung und nach den Wünschen des Erwerbers
bebaut werde oder das Bauunternehmen des Steuerpflichtigen erhebliche Leistungen
für den Bau erbracht habe, die nicht wie unter fremden Dritten abgerechnet würden.
Weitere Gesichtspunkte, die den Schluss auf das Vorliegen eines gewerblichen
Grundstückshandels trotz Nichtüberschreitens der Drei-Objekt-Grenze nach der BFH-
Rechsprechung zuließen, seien eine lediglich kurzfristige Finanzierung, die
Dokumentation der Veräußerungspläne bereits während der Bauphase, z.B. durch
Aufgabe von Veräußerungsannoncen, der Abschluss eines Vorvertrages mit dem
künftigen Erwerber bereits vor Fertigstellung des Bauobjekts und die Übernahme von
Gewährleistungspflichten, die den bei Privatverkäufen üblichen Rahmen überschritten.
Vorliegend sei keiner dieser Ausnahme-Tatbestände verwirklicht. Das von
Fremdhandwerkern errichtete Mietobjekt sei erst ca. 1 Jahr nach seiner Fertigstellung
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veräußert worden. Eine irgendwie geartete Einflussnahme des Erwerbers auf die
Erstellung bzw. irgendwie geartete Bauleistungen der Kläger habe es nicht gegeben.
Das zur Finanzierung des Bauvorhabens aufgenommene Darlehen habe eine Laufzeit
von 25 Jahren gehabt, weswegen im Zusammenhang mit dem Verkauf der Immobilie
auch nachweislich Vorfälligkeitsentschädigungen angefallen seien. Das Objekt sei nicht
zum Verkauf inseriert worden. Besondere Gewährleistungsverpflichtungen hätten die
Kläger nicht übernommen. Es müsse daher bei der Anwendung der nicht
überschrittenen Drei-Objekt-Grenze bleiben. Die Grundstücksveräußerung stelle sich
nach alledem als der letzte Akt einer vorangegangenen privaten Vermögensverwaltung
dar.
In der mündlichen Verhandlung trug der persönlich anwesende Kläger ergänzend vor,
dass sie, die Kläger, den Verkaufsentschluss erst gefasst hätten, als sich eine
entsprechende Möglichkeit aufgrund des Angebotes eines Bekannten ergeben hätte.
Grund für den Verkauf sei die Vermeidung einer dauernden Unterdeckung aufgrund des
schwierigen Vermietungsmarktes gewesen. Neben dem verkauften Objekt befänden
sich in ihrem Eigentum noch mehrere Eigentumswohnungen in ...... und eine
Gewerbeimmobilie in ............, die bereits seit 10-15 Jahren von ihnen vermietet würden.
Hinsichtlich des weiteren Vortrags wird auf das Sitzungsprotokoll vom 10.03.2004
Bezug genommen.
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Die Kläger beantragen,
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den Feststellungsbescheid 1997 abzuändern und den erklärten
Werbungskostenüberschuss als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung
festzustellen, hilfsweise den Feststellungsbescheid 1997 aufzuheben und den
Beklagten zu verpflichten, den erklärten Werbungskostenüberschuss als Einkünfte
aus Vermietung und Verpachtung bei der Einkommensteuerveranlagung 1997
anzusetzen.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Zur Begründung verweist er auf seine Ausführungen im Einspruchsverfahren.
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Entscheidungsgründe
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Die Klage ist nach ihrem Hauptantrag zulässig und begründet.
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1. Der Zulässigkeit der Klage steht nicht entgegen, dass der angefochtene
Feststellungsbescheid einen Verlust ausweist. Trotz festgestellter Verluste im Streitjahr
sind die Kläger bereits aus dem Grunde beschwert, dass die begehrten Verluste aus
Vermietung und Verpachtung die festgestellten Verluste aus Gewerbebetrieb um die
vom Beklagten nicht berücksichtigte AfA übersteigen.
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Ebenso wird die Zulässigkeit der Klage nicht dadurch berührt, dass die Kläger dieses
Begehren im Wege der Abänderung des Feststellungsbescheides, und nicht des
Einkommensteuerbescheides unter Aufhebung des Feststellungsbescheides verfolgen.
Denn der Beklagte hat dem Grunde nach zu Recht eine Feststellung durchgeführt. Zwar
kann nach § 180 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 AO eine gesonderte und einheitliche Feststellung in
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Fällen von geringer Bedeutung unterbleiben mit der Folge, dass über Art und Höhe der
Einkünfte im Einkommensteuerbescheid entschieden wird. Doch obwohl hier die Kläger
als Ehegatten an Einkünften eines Mehrfamilienhauses beteiligt sind, liegt ein Fall von
geringer Bedeutung schon deshalb nicht vor, weil über das Bestehen eines
gewerblichen Grundstückshandels oder das Vorliegen von Überschusseinkünften und
damit über die Qualifizierung der Einkünfte zu entscheiden ist (vgl. BFH-Urteile v.
01.02.1989 VIII R 49/84, BFH/NV 1990, 6 und vom 26.07.1983 VIII R 28/79, BStBl II
1984, 290, jeweils mit weiteren Nachweisen). Damit kann dem Hauptantrag folgend im
Rahmen der Feststellung über die Qualifikation der Einkünfte entschieden werden.
2. Die Klage ist auch begründet und führt zur antragsgemäßen Abänderung des
Feststellungsbescheides. Der Verkauf des Sechs-Familienhauses führt nicht zu
Einkünften aus Gewerbebetrieb. Die Einkünfte aus der Vermietung dieses Objekts sind
als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (§ 21 EStG) zu behandeln.
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Ein gewerblicher Grundstückshandel und damit ein Gewerbebetrieb liegt nach
Maßgabe des § 15 Abs. 2 EStG bei einer selbständigen nachhaltigen Betätigung, die
mit Gewinnerzielungsabsicht unternommen wird und sich als Beteiligung am
allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt, vor, wenn die Betätigung weder als
Ausübung von Land- und Forstwirtschaft noch als Ausübung eines freien Berufs noch
als andere selbständige Arbeit anzusehen ist. Die Rechtsprechung hat zusätzlich das
negative Erfordernis aufgestellt, dass es sich bei der Tätigkeit nicht um private
Vermögensverwaltung handeln darf (vgl. Beschlüsse des Großen Senats des BFH vom
10.12.2001 GrS 1/98, BStBl II 2002, 291; vom 03.07.1995 GrS 1/93, BStBl II 1995, 617;
vom 25.06.1984 GrS 4/82, BStBl II 1984, 751). Nur auf dieses Merkmal kommt es im
Streitfall an. Die Grenze von der privaten Vermögensverwaltung zum Gewerbebetrieb
wird überschritten, wenn nach dem Gesamtbild der Betätigung und unter
Berücksichtigung der Verkehrsauffassung die Ausnutzung substantieller
Vermögenswerte durch Umschichtung gegenüber der Nutzung von Grundbesitz im
Sinne einer Fruchtziehung aus zu erhaltenden Substanzwerten (z.B. durch
Selbstnutzung oder Vermietung) entscheidend in den Vordergrund tritt (BFH-Urteil vom
13.08.2002 VIII R 14/99, BStBl II 2002, 811; vgl. BFH-Beschlüsse in BStBl II 2002, 291
und in BStBl II 1995, 617).
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Zur Konkretisierung dieser Unterscheidung hat die Rechtsprechung die sog. Drei-
Objekt-Grenze entwickelt. Sie besagt, dass in der Regel kein gewerblicher
Grundstückshandel vorliegt, sofern weniger als vier Objekte veräußert werden. Je
geringer der Umfang von Anschaffungen und Veräußerungen ist, desto weniger ist
anzunehmen, dass der Zweck der Vermögensmehrung durch Umschichtung
(Ausnutzung substantieller Vermögenswerte) im Vordergrund steht. Eine zahlenmäßige
Begrenzung auf drei Wohneinheiten trägt der gebotenen Vereinfachung Rechnung (vgl.
BFH-Urteil in BStBl II 2002, 811 und BFH-Beschluss in BStBl II 2002, 291, jeweils
m.w.N.). Als Objekte im Sinne dieser Drei-Objekt-Grenze sind nicht nur Ein- und
Zweifamilienhäuser oder Eigentumswohnungen, sondern auch Mehrfamilienhäuser und
Gewerbebauten, ohne dass es dabei auf die Größe, den Wert oder die Nutzungsart des
einzelnen Objekts ankommt, anzusehen (BFH-Beschluss in BStBl II 2002, 291 unter
Bezugnahme auf die BFH-Urteile vom 18.05.1999 I R 118/97, BStBl II 2000, 28 und vom
15.03.2000 X R 130/97, BStBl II 2001, 530; vgl. BFH-Beschluss in BFH/NV 2003, 1052).
Werden allerdings innerhalb eines engen zeitlichen Zusammenhangs - in der Regel fünf
Jahre - zwischen Anschaffung bzw. Errichtung und Verkauf mindestens vier solcher
Objekte veräußert, kann von einem gewerblichen Grundstückshandel ausgegangen
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werden, weil die äußeren Umstände den Schluss zulassen, dass es dem
Steuerpflichtigen auf die Ausnutzung substantieller Vermögenswerte durch
Umschichtung ankommt (vgl. BFH-Urteil in BStBl II 2002, 811 und BFH-Beschluss in
BStBl II 2002, 291, jeweils m.w.N.). Der Große Senat des BFH hat in seinem Beschluss
in BStBl II 2002, 291 betont, dass die Drei-Objekt-Grenze nicht nur in Fällen der
Anschaffung, sondern auch - wie im Streitfall - in Fällen der Bebauung und
anschließenden Veräußerung zur Anwendung kommt. Ihr kommt jedoch nur indizielle
Bedeutung zu. Auch bei der Veräußerung von weniger als vier Objekten können ganz
besondere Umstände auf eine von Anfang an bestehende Veräußerungsabsicht und
damit auf eine gewerbliche Betätigung schließen lassen. Ergibt sich eine solche von
Anfang an bestehende Absicht alsbaldigen Verkaufs aus ganz besonderen Umständen
zweifelsfrei (unbedingte Veräußerungsabsicht), liegt ungeachtet der Zahl der verkauften
Objekte gewerblicher Grundstückshandel vor. Dies gilt umgekehrt auch, soweit sich aus
den vorgenannten Umständen das Fehlen einer von Anfang an bestehenden
Veräußerungsabsicht zweifelsfrei ergibt. So kann beispielsweise auf eine gewerbliche
Betätigung geschlossen werden, wenn das im zeitlichen Zusammenhang mit der
Bebauung und Veräußerung erworbene Grundstück schon vor seiner Bebauung
verkauft wurde oder wenn eine solchen Grundstück von vornherein auf Rechnung oder
nach Wünschen des Erwerbers bebaut wird.
In der Folgerechtsprechung zur Entscheidung des Großen Senats wurden weitere
Indizien für eine unbedingte Veräußerungsabsicht benannt. Dazu zählen die nur
kurzfristige Finanzierung des Bauvorhabens, die Beauftragung einer Maklerfirma mit
dem Verkauf noch während der Bauzeit oder das eigene Schalten von
Veräußerungsannoncen, das Schließen eines Vorvertrags mit dem künftigen Erwerber
noch vor Fertigstellung des Objekts, die Übernahme von Gewährleistungspflichten über
das bei Privatverkäufen übliche Maß hinaus und die Bekundung oder Dokumentierung
der unbedingten Veräußerungsabsicht in sonstiger Weise, z.B. im Rahmen eines
Antrags auf verbindliche Auskunft (BFH-Urteil v. 18.09.2002, X R 5/00, BStBl II
2003,288).
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In den Fällen, in denen keine unbedingte Veräußerungsabsicht besteht, findet die Drei-
Objekt-Grenze jedoch nach wie vor Anwendung (vgl. BFH-Beschluss in BStBl II 2002,
291; BFH-Urteil in BStBl II 2002, 811; BFH-Beschluss vom 09.04.2003 IX B 194/02,
BFH/NV 2003, 1052).
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Der Senat folgt diesen Grundsätzen. Bei ihrer Anwendung auf den Streitfall
überschreitet der Verkauf des streitgegenständlichen Objekts nicht die Grenzen der
privaten Vermögensverwaltung.
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Die Drei-Objekt-Grenze wurde vorliegend nicht überschritten, da nur ein Objekt
veräußert wurde. Dass es sich dabei um ein Mehrfamilienhaus handelt, ist unerheblich
(vgl. BFH-Beschluss in BStBl II 2002, 291).
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Der möglicherweise gegenteiligen Auffassung des Bundesministeriums der Finanzen
(BMF) im Schreiben vom 06.01.2003 (BStBl I 2003, 171) kann nicht gefolgt werden.
Soweit dort vertreten wird, dass der Beschluss des Großen Senats des BFH in BStBl II
2002, 291 keine Auswirkungen auf die Beurteilung der Verkäufe von Großobjekten habe
und diese auch außerhalb der vom Großen Senat genannten Ausnahmefälle bei
Veräußerung von weniger als vier Objekten einen gewerblichen Grundstückshandel
begründen könnten, werden die Aussagen des Großen Senats verkannt (vgl.
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Vogelgesang, BB 2004, 183, 184). Es kommt eben nicht auf die Größe, den Wert oder
die Nutzungsart des einzelnen Objekts an (vgl. BFH-Beschluss in BStBl II 2002, 291).
Dem steht auch nicht die sog. Supermarkt-Entscheidung des X. Senats des BFH (Urteil
vom 24.01.1996 X R 255/93, BStBl II 1996, 303) entgegen. Abgesehen davon, dass
diese Entscheidung durch den Beschluss des Großen Senats des BFH in BStBl II 2002,
291 überholt sein dürfte, hatte der BFH in BStBl 1996, 303 Bautätigkeiten vor Augen,
die, weil sie nach ihrem wirtschaftlichen Kern den Leistungen eines Bauträgers
entsprachen, aus sich heraus auf Gewerblichkeit hindeuteten. Der Bauträger aber baut -
ebenso wie der Bauunternehmer, Generalübernehmer und Baubetreuer - in der Regel
auf dem Grundstück des Auftraggebers. Insoweit geht seine Tätigkeit über die eines
normalen Bauherrn hinaus und ist geeignet, eine unbedingte Veräußerungsabsicht zu
indizieren (vgl. BFH-Beschluss in BStBl II 2002, 291). Baut der Bauträger dagegen - wie
die Kläger im Streitfall - auf eigenem Grundstück, so gilt grundsätzlich auch für ihn die
Drei-Objekt-Grenze, wenn nicht andere besondere Umstände auf eine unbedingte
Veräußerungsabsicht schließen lassen (vgl. BFH-Beschluss in BStBl II 2002, 291).
Im Streitfall liegen auch keine besonderen Umstände, die zweifelsfrei auf eine
unbedingte Veräußerungsabsicht und damit unabhängig von der Anzahl der
veräußerten Objekte auf eine Gewerblichkeit schließen lassen, vor. Dagegen sind
ausreichend Anhaltspunkte vorhanden, die das Fehlen einer unbedingten
Veräußerungsabsicht belegen.
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Hierzu zählen die langfristige Finanzierung und die zunächst vorgenommene
Vermietung des Objekts. Zwar kann eine langfristige Finanzierung in der Regel auch auf
andere Objekte übertragen werden und eine bereits erfolgte Vermietung kann der
Erwerber sich zunutze machen. Vorliegend wurden die der Finanzierung
zugrundeliegenden Darlehn jedoch unter Zahlung nicht unerheblicher
Vorfälligkeitsentschädigungen abgelöst. Bei einer von Anfang an bestehenden
Veräußerungsabsicht wären diese Darlehn - gerade wegen des kurzen Zeitraumes
zwischen Errichtung und Veräußerung - alleine schon aus wirtschaftlichen
Gesichtspunkten mit einer geringeren Laufzeit abgeschlossen worden. Auch aus der
bestehenden Vermietung konnte der Erwerber keine besonderen Vorteile ziehen, da die
Kläger keine besonders attraktiven Mietkonditionen erreichten. Weiterhin können die
Kläger einer von vornherein beabsichtigten Veräußerung nachvollziehbar
entgegenhalten, dass zunächst keinerlei Verkaufsbemühungen erfolgten und der
Verkauf nur aufgrund der sich erst nach Errichtung abzeichnenden schlechten
wirtschaftlichen Ertragsprognose für das Objekt erfolgte. Schließlich hat der Kläger in
der mündlichen Verhandlung überzeugend seinen Sachvortrag bestätigt, dass eine
langfristige Vermietung geplant gewesen ist und letztlich auch das günstige Angebot
eines Bekannten, dass erst nach Fertigstellung und Vermietung erfolgte, den
Verkaufsentschluss hervorgerufen hat.
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Aufgrund dieser Umstände ist den Klägern die Anerkennung des erklärten Verlustes bei
den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung auch nicht aus Gründen der
mangelnden Einkünfteerzielungsabsicht (sog. Liebhaberei) zu versagen. Zwar kann ein
gewichtiges Indiz für eine nicht vorhandene Einkünfteerzielungsabsicht darin gesehen
werden, dass der Steuerpflichtige das bebaute Grundstück innerhalb eines engen
zeitlichen Zusammenhangs - von in der Regel bis zu fünf Jahren - zwischen
Anschaffung oder Herstellung wieder veräußert und innerhalb dieser Zeit nur einen
Werbungskostenüberschuss erzielen konnte. Dies gilt jedoch nicht, wenn - wie im
Streitfall - nachgewiesen wird, dass eine dauerhafte Vermietung beabsichtigt war und
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der Entschluss zur Veräußerung erst nachträglich gefasst wurde (vgl. BFH Urteil vom
09.07.2002 IX R 47/99, BStBl II 2003, 580). Abgesehen davon ist auch der Beklagte
offenbar vom grundsätzlichen Bestehen einer Einkünfteerzielungsabsicht ausgegangen.
Die Ermittlung der Höhe der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung ist zwischen
den Beteiligten unstreitig. Sie sind daher gemäß den Angaben in der
Einkommensteuererklärung des Streitjahres mit - 135.797,00 DM festzustellen.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO; die Entscheidung über die
vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 151 Abs. 1 und 3, 155 FGO in Verbindung mit §§ 708
Nr. 10, 711 ZPO.
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