Urteil des FG Hessen vom 11.02.2010

FG Frankfurt: firma, kleine und mittlere unternehmen, schulderlass, datum, bilanz, sanierungsplan, geschäftsbeziehung, steuererlass, einspruch, handelsregister

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Gericht:
Hessisches
Finanzgericht 3.
Senat
Entscheidungsdatum:
Streitjahr:
2002
Aktenzeichen:
3 K 351/06
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 227 AO, § 3 Nr 66 EStG 1997
(Steuererlass wegen eines Sanierungsgewinns: erhöhte
Anforderungen an den Nachweis der Sanierungsabsicht bei
Beteiligung nur eines Gläubigers am Forderungserlass)
Tenor
Die Kläger haben die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Merkmale eines steuerbegünstigten
Sanierungsgewinns vorliegen. Dem Rechtsstreit liegt im Wesentlichen folgender
Sachverhalt zu Grunde:
Die Kläger wurden als Eheleute vom Beklagten (dem Finanzamt) für das Streitjahr
2002 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Während dieses Zeitraums
erzielte der Kläger Einkünfte aus Gewerbebetrieb und die Klägerin Einkünfte aus
nichtselbstständiger Arbeit als … .
Unter der Firma … A betrieb der Kläger in … einen Groß- und Einzelhandel mit … .
Für die Betriebsstätte hatte er in der betreffenden Gewerbeanmeldung (zum
01.11.1998) die Anschrift … in … angegeben. Im Jahr 2001 meldete er den Betrieb
unter der Zusatzbezeichnung „e.K.“ beim Handelsregister an. Außerdem eröffnete
er im Jahr 2001 einen Einzelhandelsbetrieb unter der Firma … B. Für diesen Betrieb
nutzte er ebenfalls die Räume der Firma A. Zum 31.08.2002 meldete er die Firma
B als Gewerbe ab.
Durch notarielle Urkunde vom ...09.2002 wurde in … eine Gesellschaft mit der
Firma B GmbH gegründet. Gegenstand des Unternehmens war der Handel mit …
sowie mit … . Alleinige Gesellschafterin und Geschäftsführerin war Frau E in … . Bei
der Gewerbeanmeldung zum 01.09.2002 war für die Betriebsstätte der GmbH
ebenfalls die Anschrift … in … ( wie Fa. A und B ) angegeben worden. Im Laufe des
Jahres 2003 wurde die Gesellschaft insolvent. Den Antrag auf Eröffnung des
Insolvenzverfahrens lehnte das Amtsgericht … mit Beschluss vom ...07.2003 ab.
Am ...03.2004 wurde die Gesellschaft wegen Vermögenslosigkeit im
Handelsregister gelöscht.
Für das Jahr 2001 ermittelte der Kläger den Gewinn bzw. Verlust aus
Gewerbebetrieb sowohl betreffend die Firma A als auch betreffend die Firma B
durch Betriebsvermögensvergleich. Betreffend die Firma A wies er auf der
Passivseite der Bilanz ein negatives Eigenkapital in Höhe von … DM und
Verbindlichkeiten in Höhe von insgesamt … DM aus. Die Verbindlichkeiten
gliederte er u.a. wie folgt auf: (1) Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten …
(davon Kontokorrent … DM und Darlehen … DM), (2) Verbindlichkeiten aus
Lieferungen und Leistungen … DM, (3) Sonstige Verbindlichkeiten … DM. Den
Jahresfehlbetrag ermittelte er mit … DM. Betreffend die Firma B wies er auf der
Passivseite der Bilanz ein Eigenkapital von … DM sowie Verbindlichkeiten (aus
Lieferungen und Leistungen) von … DM aus. Den Jahresüberschuss ermittelte er
mit … DM.
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mit … DM.
Am ...09.2002 traf der Kläger unter der Firma A (als Schuldner) mit der Firma X
GmbH in … (als Gläubiger) die nachfolgende Vergleichsvereinbarung:
(1) Der Schuldner schuldet dem Gläubiger aus laufenden Lieferungen zum
31.12.2001 einen Betrag von … DM.
(2) Der Gläubiger erlässt dem Schuldner den genannten Betrag unter der
Maßgabe, dass der Gläubiger „den Namen B und alle nicht berechneten
Gegenstände kostenfrei übernimmt“.
(3) Der Schuldner nimmt diesen Erlass an.
Für das Streitjahr 2002 erfasste der Kläger die Betriebsergebnisse sowohl
betreffend die Firma A als auch betreffend die Firma B in einer einzigen Bilanz.
Darin ermittelte er einen Jahresüberschuss von … €. Zur Erläuterung gab er an,
mit der Firma X GmbH sei eine Vergleichsvereinbarung getroffen worden, die den
Erlass von Lieferantenverbindlichkeiten in Höhe von xxx.xxx € beinhalte.
In ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2002 setzten die Kläger bei
den Einkünften des Klägers aus Gewerbebetrieb den Betrag von … € an. Das
Finanzamt folgte den Angaben in der Einkommensteuererklärung und setzte die
Steuer entsprechend fest (Bescheid vom ...09.2004).
Mit Schreiben vom ...10.2004 stellten die Kläger den Antrag, gemäß den
Regelungen in dem Schreiben des Bundesministers der Finanzen (BMF) vom
27.03.2003 (BStBl I 2003, 240) die Einkommensteuer 2002 unter Berücksichtigung
des noch nicht verrechneten Sanierungsgewinns abweichend festzusetzen bzw.
mit dem Ziel des späteren Erlasses zunächst zu stunden. Zur Begründung führten
sie aus: Durch die am ...09.2002 getroffene Vergleichsvereinbarung sei ein
Sanierungsgewinn im Sinne des vorgenannten BMF-Schreibens angefallen. Die
Vereinbarung habe dem Ziel gedient, das insolvenzbedrohte Unternehmen durch
eine Reduzierung der Verbindlichkeiten in die Lage zu versetzen, wieder rentabel
zu wirtschaften und die langfristig schon bestehende Geschäftsverbindung mit der
Firma X GmbH weiter aufrechtzuerhalten. Das Unternehmen sei
sanierungsbedürftig und auch sanierungsfähig gewesen.
Auf eine entsprechende Anfrage des Finanzamts gaben die Kläger mit Schreiben
vom ...11.2004 eine Reihe von Erläuterungen: (1) Die Firma A sei ein
Großhandelsunternehmen, welches … und … mit … beliefere. Die Firma B sei ein
Lagerverkauf von … an Endverbraucher gewesen. (2) Der Name B habe keinen
Geldwert erbracht. Der entsprechende Passus in der Vergleichsvereinbarung habe
nur zur Sicherheit für die Firma X GmbH gedient. (3) Lieferantenverbindlichkeiten
hätten in der Hauptsache gegenüber der Firma X GmbH bestanden. Daneben
habe es Lieferantenverbindlichkeiten mit Beträgen zwischen 100,00 DM und
1.000,00 DM gegeben. (4) Die Firma X GmbH habe einen Nachmieter für die
bisherigen Betriebsräume besorgt. Von diesem Nachmieter sei auch die Firma B
übernommen worden. Als Anlagen zu dem vorgenannten Schreiben legten die
Kläger mehrere Rechnungen vor, in denen der Kläger sowohl unter der Firma A als
auch unter der Firma B eine Vielzahl von Einrichtungsgegenständen sowie von
Warenvorräten mit den jeweiligen Einzelpreisen ausweist. Als
Rechnungsempfänger ist jeweils die Firma X GmbH genannt.
Mit Bescheid vom ...01.2005 lehnte das Finanzamt den Antrag der Kläger auf
Stundung und Erlass bzw. abweichende Festsetzung der Einkommensteuer 2002
ab. Zur Begründung führte es u.a. aus: Von Seiten der Firma X GmbH habe keine
Sanierungsabsicht vorgelegen. Nach dem Inhalt der Vergleichsvereinbarung sei
nämlich davon auszugehen, dass die Firma X GmbH auf ihre Forderung allein
deshalb verzichtet habe, um einen Teil dieser Forderung durch Übernahme des
Firmennamens und der Betriebsgegenstände zu erhalten. Im Übrigen sei
zweifelhaft, ob der Schulderlass zur Sanierung geeignet gewesen sei. Denn an der
Erlassvereinbarung seien andere Gläubiger nicht beteiligt gewesen. Dies gelte
insbesondere für die Kreditinstitute. Deren Forderungen hätten einen Großteil der
Gesamtverbindlichkeiten ausgemacht.
Gegen den Ablehnungsbescheid legten die Kläger Einspruch ein. Hierzu trugen sie
vor: Die Merkmale für die Annahme eines steuerbegünstigten Sanierungsgewinns
hätten vorgelegen. Das Unternehmen sei sanierungsbedürftig gewesen. So sei es
erforderlich gewesen, die Verbindlichkeiten bei der Z Bank als dem zweiten
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erforderlich gewesen, die Verbindlichkeiten bei der Z Bank als dem zweiten
Hauptgläubiger zu konzentrieren. Das Unternehmen sei weiterhin sanierungsfähig
und sanierungsgeeignet gewesen. Das belege allein schon die Tatsache, dass die
Firma A bis zum heutigen Tag habe weitergeführt werden können. Dem
Schulderlass liege schließlich eine Sanierungsabsicht zu Grunde. Die Firma X
GmbH habe mit dem Abschluss der Vergleichsvereinbarung keine eigennützigen
Motive verfolgt. Insbesondere habe sie keine Gegenleistung erbracht. Es seien
lediglich überflüssige Wirtschaftsgüter „verkauft“ worden. Die
Vergleichsvereinbarung habe dazu gedient, das Unternehmen umzustrukturieren.
Diese Maßnahme sei zurückzuführen auf eine Unternehmensberatung, die von der
Firma … während des Jahres 2002 durchgeführt worden sei.
Zur Klärung des Sachverhalts richtete das Finanzamt an die Firma X GmbH ein
Schreiben, in dem es um die Beantwortung verschiedener Fragen bat. Die Firma X
GmbH ihrerseits beauftragte ihre steuerliche Beraterin, die D (im Folgenden: D),
die Fragen zu beantworten. Letztere teilte mit Schreiben vom ...03.2005 dem
Finanzamt sinngemäß u.a. mit: (1) Die Vergleichsvereinbarung sei getroffen
worden, weil eine weitere erfolgreiche Abwicklung eines gemeinsamen Geschäfts
nicht möglich gewesen sei. Der Kläger sei zum damaligen Zeitpunkt vermögenslos
gewesen. Zudem seien die Forderungen nicht mit einer Kreditversicherung
unterlegt gewesen. Insofern hätten andere Maßnahmen zur Durchsetzung der
Forderungen nur weitere Kosten verursacht, aber nicht zum Erfolg geführt. (2) Die
Firma X GmbH habe im Zusammenhang mit der Erlassvereinbarung einige …
regale übernommen. Der Gebrauchswert dieser Gegenstände sei auf maximal … €
zu schätzen. Der Name „ B “ sei übernommen worden in der irrigen Annahme,
dieser sei eingeführt und insofern unter geänderten Verhältnissen wirtschaftlich
verwertbar. Mit der Übernahme der Firmierung sollte letztendlich verhindert
werden, dass der Kläger damit nochmals tätig werden könnte. (3) Nach Abschluss
der Vergleichsvereinbarung habe die Firma X GmbH mit dem Kläger keine
Geschäftsbeziehungen mehr unterhalten.
Das Finanzamt wies die Kläger im weiteren Verfahren auf die von Seiten der Firma
X GmbH gegebenen Auskünfte hin und machte in diesem Zusammenhang
deutlich, dass nach seiner Einschätzung verschiedene Widersprüche zwischen dem
Vorbringen der Kläger und den Auskünften der Firma X GmbH bestehen. Daraufhin
übersandte die D im Namen der Firma X GmbH eine Erklärung, die unter dem
Datum vom ...06.2005 auf einem Briefbogen der Firma X GmbH erstellt war. Die
Erklärung hat (wörtlich) folgenden Inhalt: (1) Hiermit erklären wir, die Firma X
GmbH ... (Gläubiger), der Firma A e.K. (Schuldner) als Nebenabsicht der
Vergleichsvereinbarung und des Erlasses der Forderungen eine Fortführung der
Geschäftsbeziehung mit Herrn … (Kläger) als Person geplant zu haben. (2) Die
Restforderung wurde beglichen. (3) Die Geschäftsbeziehungen mit Herrn …
(Kläger) bestehen immer noch indirekt mit der Firma F, die erst mit dem Zeitpunkt
der Aufnahme einer Geschäftstätigkeit von Herrn … (Kläger) begannen. (4) Dies
ist der Grund für die Vergleichsvereinbarung. Es wird beabsichtigt, der Firma A die
Möglichkeit zu geben, den Geschäftsbetrieb aufrechtzuerhalten.
Im weiteren Verlauf des Einspruchsverfahrens äußerten sich die Kläger nochmals
zu den strittigen Sachverhaltsfragen. Hierzu trugen sie sinngemäß u.a. vor: Die D
habe in dem vorliegenden Zusammenhang die Tatsachen nicht korrekt bzw.
missverständlich wiedergegeben. Zutreffend seien vielmehr die Angaben, die die
Firma X GmbH in der zuletzt vorgelegten Erklärung gemacht habe. Die Tatsache,
dass es keinen schriftlichen Sanierungsplan gegeben habe, sei unschädlich. Denn
es habe konkrete Vorstellungen über die Umstrukturierung des Unternehmens
gegeben. Zu der Beratungstätigkeit der Firma … könne kein schriftlicher Bericht
vorgelegt werden. Aus Kostengründen sei es nicht möglich gewesen, einen solchen
zu erstellen.
Das Finanzamt wies den Einspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung
führte es u.a. aus: Es lägen keine Anhaltspunkte für die Annahme vor, die Firma X
GmbH habe bei dem Abschluss der streitigen Vergleichsvereinbarung in
Sanierungsabsicht gehandelt. Solche Anhaltspunkte ergäben sich insbesondere
nicht aus dem Inhalt der Vereinbarung und auch nicht aus den Auskünften, die die
D im Auftrag der Firma X GmbH zunächst gegeben habe. Auch die Erklärung, die
die Firma X GmbH später selbst abgegeben habe, sei nicht geeignet, das
Vorliegen einer Sanierungsabsicht nachzuweisen (Einspruchsentscheidung vom
...12.2005).
Mit der Klage machen die Kläger weiter geltend, der Gewinn, der infolge der
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Mit der Klage machen die Kläger weiter geltend, der Gewinn, der infolge der
Vergleichsvereinbarung entstanden sei, müsse nach dem BMF-Schreiben vom
27.03.2003 steuerlich begünstigt werden. Hierzu tragen sie - ergänzend zu ihrem
Vorbringen im außergerichtlichen Verfahren - weiter vor: Die Zweifel, die das
Finanzamt zum Vorliegen einer Sanierungsabsicht äußere, seien nicht
gerechtfertigt. Zwar gehe eine solche Sanierungsabsicht nicht aus dem Schreiben
der D vom ...03.2005 hervor. Jedoch habe die X GmbH in ihrer Erklärung vom
...06.2005 den Sachverhalt richtig gestellt. Danach sei mit dem Schulderlass
beabsichtigt gewesen, der Firma A den Fortbestand zu ermöglichen. Zu diesem
Zweck habe sie als Hauptgläubiger nicht nur die bestehenden Forderungen
erlassen, sondern darüber hinaus die Wirtschaftsgüter, die zur Fortsetzung des
Unternehmens nicht mehr benötigt worden seien, dem Kläger abgekauft. Zudem
habe sie sich erfolgreich darum bemüht, für die von dem Kläger bisher genutzten
Geschäftsräume einen Nachmieter zu finden. Auch habe sie eine Mitarbeiterin des
Klägers übernommen. Schließlich habe sie „absprachegemäß und ohne
Unterbrechung“ die Geschäftsbeziehungen mit der Firma A fortgesetzt.
Die Kläger beantragen,
den Ablehnungsbescheid vom ...01.2005 sowie die Einspruchsentscheidung
vom ...12.2005 aufzuheben und das Finanzamt zu verpflichten, die
Einkommensteuer, soweit sie auf den durch die Vergleichsvereinbarung
entstandenen Gewinn in Höhe von xxx.xxx € entfällt, zu erlassen.
Das Finanzamt beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung verweist es auf die Ausführungen in der Einspruchsentscheidung.
Zur Vorbereitung auf die mündliche Verhandlung haben die Kläger auf die
Aufforderung des Gerichts Unterlagen zu der Inanspruchnahme von Leistungen
einer Unternehmensberatung vorgelegt. Es handelt sich hier um die Rechnung der
Firma … vom ...05.2002 über ein Honorar von … € (zuzüglich Umsatzsteuer) sowie
um den Zuwendungsbescheid des Bundesamtes für Wirtschaft und
Ausfuhrkontrolle vom ...07.2002 über einen Betrag von … € (betreffend die
Gewährung eines Zuschusses zu den Beratungskosten nach den Richtlinien über
die Förderung von Unternehmensberatungen für kleine und mittlere Unternehmen
vom 11.09.2001).
Das Gericht hat im Rahmen der mündlichen Verhandlung zu dem streitigen
Sachverhalt die Kläger persönlich befragt. Des Weiteren hat es zu diesem
Sachverhalt Herrn X als Zeugen gehört. Wegen der Aussagen der Kläger sowie
wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift
Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet.
1. Das Finanzamt hat es zu Recht abgelehnt, die für das Streitjahr 2002
festgesetzte Einkommensteuer, soweit sie auf den durch die
Vergleichsvereinbarung entstandenen Gewinn entfällt, zu erlassen. Dabei ist es
zutreffend davon ausgegangen, dass insoweit nicht die Merkmale eines
steuerbegünstigten Sanierungsgewinns vorliegen.
Nach § 227 der Abgabenordnung (AO) können die Finanzbehörden Ansprüche aus
dem Steuerschuldverhältnis ganz oder zum Teil erlassen, wenn deren Einziehung
nach Lage des einzelnen Falles unbillig wäre. Unbilligkeit in diesem Sinne kann
entweder in der Sache selbst (sachliche Erlassgründe) oder in der Person des
Abgabenschuldners (persönliche Erlassgründe) begründet sein (vgl. Fritsch in
Pahlke/Koenig, Abgabenordnung, 2. Aufl., § 227 Rdnr. 12).
Für die steuerliche Behandlung von so genannten Sanierungsgewinnen hat das
BMF im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder in dem
Schreiben vom 27.03.2003 eine Verwaltungsvorschrift erlassen, in der einheitliche
Maßstäbe für die Annahme einer sachlichen Unbilligkeit im Sinne des § 227 AO
bzw. des § 163 AO (abweichende Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen) sowie
des § 222 AO (vorübergehende Stundung) festgelegt werden. Für
Veranlagungszeiträume vor 1998 war im Bereich der Einkommensteuer die
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Veranlagungszeiträume vor 1998 war im Bereich der Einkommensteuer die
Begünstigung von Sanierungsgewinnen noch gesetzlich geregelt. So waren nach §
3 Nr. 66 des Einkommensteuergesetzes in der bis 1997 gültigen Fassung (EStG
a.F.) steuerfrei solche Erhöhungen des Betriebsvermögens, die dadurch
entstanden waren, dass Schulden zum Zweck der Sanierung ganz oder teilweise
erlassen wurden (vgl. zur Rechtsentwicklung: Strüber/von Donat, Betriebsberater -
BB - 2003, 2036).
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) waren unter einer
Sanierung im Sinne des § 3 Nr. 66 EStG a.F. Maßnahmen zu verstehen, die
geeignet waren, ein Unternehmen vor dem Zusammenbruch zu bewahren und
wieder ertragsfähig zu machen. Voraussetzung für die Annahme eines
steuerfreien Sanierungsgewinns war, dass das betreffende Unternehmen
sanierungsbedürftig war, dass die Gläubiger des Unternehmens in
Sanierungsabsicht handelten und dass der Schulderlass zur Sanierung geeignet
war (vgl. BFH-Urteile vom 16.05.2002 IV R 11/01, BStBl II 2002, 854, und vom
12.10.2005 X R 42/03, BFH/NV 2006, 715 jeweils mit weiteren Nachweisen).
An die vorgenannte Rechtsprechung des BFH knüpfen die Regelungen in dem
BMF-Schreiben vom 27.03.2003 ganz offenkundig an. So wird zunächst der Begriff
der Sanierung mit denselben Worten umschrieben wie in den einschlägigen
Entscheidungen des BFH (siehe Tz. 1 des Schreibens). Des Weiteren werden als
Voraussetzungen für die Annahme eines begünstigten Sanierungsgewinns die
Sanierungsbedürftigkeit und Sanierungsfähigkeit des Unternehmens, die
Sanierungseignung des Schulderlasses und die Sanierungsabsicht des Gläubigers
genannt (siehe Tz. 4 des Schreibens). Für die Anwendung des BMF-Schreibens
gehen sowohl die Finanzgerichte als auch das einschlägige Schrifttum davon aus,
dass - von bestimmten Besonderheiten abgesehen - die für § 3 Nr. 66 EStG a.F.
entwickelten Grundsätze weiterhin Gültigkeit haben (vgl. Urteil des Finanzgerichts
München vom 12.12.2007 1K 4487/06, EFG 2008, 615; Urteil des Finanzgerichts
Köln vom 24.04.2008 6 K 2488/06, EFG 2008, 1555; Geist, BB 2008, 2658).
Allerdings vertritt das Finanzgericht München in dem vorstehend zitierten Urteil die
Auffassung, das BMF-Schreiben vom 27.03.2003 verstoße gegen den Grundsatz
der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, deshalb sei eine Billigkeitsmaßnahme im
Sinne der dort getroffenen Verwaltungsanweisungen nicht zulässig (vgl. zur Kritik:
Hoffmann, EFG 2008, 616; Kanzler, Finanz Rundschau - FR - 2008, 1116;
Gondert/Büttner, Deutsches Steuerrecht - DStR - 2008, 1676). Ob diese
Auffassung zutreffend ist, braucht der erkennende Senat für den Streitfall nicht zu
entscheiden. Denn die in dem BMF-Schreiben genannten Billigkeitsmaßnahmen
kommen hier schon deshalb nicht in Betracht, weil es an dem Merkmal der
Sanierungsabsicht fehlt.
An das Vorliegen einer Sanierungsabsicht hat der BFH zwar für den Regelfall keine
strengen Anforderungen gestellt. Hierzu hat er ausgeführt: Es reiche aus, wenn die
Sanierungsabsicht mindestens mitentscheidend für den Schulderlass gewesen sei.
Die Sanierungsabsicht sei im Allgemeinen zu bejahen für den Fall, dass an den
Schulderlass alle oder zumindest eine Mehrzahl der Gläubiger beteiligt gewesen
sei. Höhere Anforderungen hat der BFH jedoch gestellt für den Fall, dass nur ein
Gläubiger seine Forderung erlassen hat. Für diesen Fall hat er ausgeführt, die
Sanierungsabsicht müsse besonders dargelegt und geprüft werden (vgl. BFH-Urteil
vom 26.11.1980 I R 52/77, BStBl II 1981, 181). So hat er beispielsweise das
Vorliegen einer Sanierungsabsicht bejaht in einem Fall, bei dem im Rahmen einer
so genannten Betriebsaufspaltung die Betriebspersonengesellschaft für einen Teil
ihrer Schulden einen Erlass durch den einzigen gesellschaftsfremden Gläubiger
erlangt hat und dabei gleichzeitig eine Gesellschafterin auf den ihr gegenüber der
Gesellschaft zustehenden Rentenanspruch verzichtet hat sowie des Weiteren die
Betriebsgesellschaft von ihrem Hauptlieferanten einen nicht rückzahlbaren
Zuschuss erhalten hat. In diesen Umständen hat er ausreichende Indizien für die
Annahme gesehen, der Gläubiger habe nicht ausschließlich aus eigennützigen
Motiven, sondern auch in der Absicht gehandelt, den Schuldner vor dem
Zusammenbruch zu bewahren (vgl. BFH-Urteil vom 16.05.2002 IV R 11/01, BStBl II
2002, 854).
In anderen Fallgestaltungen, bei denen der BFH das Vorliegen einer
Sanierungsabsicht bejaht bzw. für möglich gehalten hat, spielten Indizien der vor-
genannten Art keine Rolle. Denn dort waren an dem betreffenden Schulderlass
jeweils mehrere Gläubiger beteiligt (vgl. BFH-Urteil vom 19.03.1993 III R 79/91,
BFH/NV 1993, 536 für den Fall eines Einzelhändlers: Erlass einer Teilforderung
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BFH/NV 1993, 536 für den Fall eines Einzelhändlers: Erlass einer Teilforderung
durch eine bürgschaftsgesicherte Bank und Forderungserlass durch mehrere
Lieferanten; BFH-Urteil vom 19.10.1993 VIII R 61/92, BFH/NV 1994, 790 für den Fall
einer Reederei: Sanierungsplan unter Beteiligung der öffentlichen Hand).
Anknüpfend an die vorstehenden Grundsätze der Rechtsprechung sieht es auch
der erkennende Senat für den Fall des Schulderlasses durch einen einzigen
Gläubiger als notwendig an, dass das Vorliegen einer Sanierungsabsicht anhand
von geeigneten Indizien besonders geprüft wird. Des Weiteren ist er der
Auffassung, dass diese Indizien von dem Steuerpflichtigen schlüssig und in sich
widerspruchsfrei darzulegen sind.
a) Im Streitfall sind an das Vorliegen einer Sanierungsabsicht besondere
Nachweisanforderungen zu stellen, weil an der Vergleichsvereinbarung nur die
Firma X GmbH als Gläubiger beteiligt war. Dass es sich hierbei um den wichtigsten
Gläubiger gehandelt hat, spielt in diesem Zusammenhang keine Rolle. Insgesamt
gesehen ist der Streitfall nicht mit den Sachverhalten vergleichbar, bei denen der
BFH an das Vorliegen einer Sanierungsabsicht keine strengen Anforderungen
gestellt hat.
Die Firma A hatte ausweislich der betreffenden Bilanz zum Stichtag 31.12.2001
Verbindlichkeiten in Höhe von insgesamt … DM. Zum gleichen Stichtag beliefen
sich die Verbindlichkeiten gegenüber der Firma X GmbH auf … DM. Im Vergleich
dazu waren die Verbindlichkeiten gegenüber weiteren Gläubigern nicht gerade
unerheblich. Dies gilt insbesondere für die Verbindlichkeiten gegenüber der Z
Bank. Deren Forderungen beliefen sich zu dem vorgenannten Stichtag auf
insgesamt … DM (davon Kontokorrentforderungen in Höhe von … DM und
Darlehensforderungen in Höhe von … DM). Die sonstigen Verbindlichkeiten
betrugen laut Bilanz immerhin noch … DM. Die Tatsache, dass die übrigen
Lieferantenverbindlichkeiten jeweils nur verhältnismäßig geringe Beträge
ausmachten (Gesamtbetrag von … DM = Differenz von … DM und … DM), braucht
hier nicht besonders berücksichtigt zu werden. Denn die Frage, ob diese
Kleinbetragsgläubiger gegebenenfalls an einem Sanierungsplan hätten beteiligt
werden müssen, wäre allenfalls dann erheblich gewesen, wenn zumindest die Z
Bank auf ihre Forderungen ganz oder teilweise verzichtet hätte. Aber gerade die Z
Bank hat auf die Erfüllung ihrer Forderungen bestanden, was letztendlich dazu
geführt hat, dass die Kläger (nach ihrer Aussage in der mündlichen Verhandlung)
in der Folgezeit sich eine andere Bank als Kreditgeber gesucht und die
betreffenden Schulden abgelöst haben.
b) Aufgrund der Beweisaufnahme ist der Senat voll und ganz überzeugt davon,
dass bei Abschluss der Vergleichsvereinbarung am ...09.2002 auf Seiten der Firma
X GmbH keine Sanierungsabsicht vorlag. Die entsprechenden Tatsachen hat der
Zeuge X glaubhaft dargelegt. Zudem besteht keinerlei Anlass, an der
Glaubwürdigkeit des Zeugen zu zweifeln.
Der Zeuge hat auf wiederholtes Befragen durch das Gericht klar und deutlich
bekundet, dass er bei Abschluss der Vergleichsvereinbarung als alleiniger
Geschäftsführer der von ihm vertretenen GmbH nicht die Absicht hatte, das
Unternehmen des Klägers zum Erhalt weiterer Geschäftsbeziehungen zu
unterstützen. Dazu hat er ausgesagt: Er habe nur aus eigenen geschäftlichen
Gründen gehandelt. Es habe ihm fern gelegen, dem Kläger irgendwelche
wirtschaftlichen Vorteile zu verschaffen. Er habe dem Kläger auch nicht wieder
geschäftlich auf die Beine helfen wollen. Der Erlassvereinbarung habe er vielmehr
nur „zähneknirschend“ zugestimmt, weil die betreffenden Forderungen, wie
Erkundigungen ergeben hätten, bei dem Kläger sowieso nicht zu realisieren
gewesen wären. In erster Linie sei es ihm darum gegangen, ohne weitere Verluste
aus der Sache herauszukommen. Die Überlegung, die Forderungen gerichtlich
durchzusetzen oder gegebenenfalls einen Insolvenzantrag zu stellen, habe er auf
Anraten seines Rechtsanwalts wegen der zu erwartenden Kosten fallenlassen. In
zweiter Linie sei es ihm darum gegangen, aus der Sache noch gewisse Vorteile zu
ziehen. Zu diesem Zweck habe er die Gründung der Firma B GmbH veranlasst.
Diese GmbH habe, wie in der Vergleichsvereinbarung festgelegt, den
Firmennamen „ B “ weitergeführt sowie die bisher von dem Kläger genutzten
Betriebsräume und die dazugehörige Geschäftsausstattung übernommen. Es sei
beabsichtigt gewesen, die Geschäftsidee, die der Kläger in der Vergangenheit
unter der Firma „ B “ umgesetzt habe, über die neu gegründete GmbH
eigenständig weiterzuentwickeln. Auf diese Weise hätten zusätzliche Gewinne
erzielt und gegenüber den eigenen Lieferanten gewisse Umsatzeinbußen
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erzielt und gegenüber den eigenen Lieferanten gewisse Umsatzeinbußen
vermieden werden sollen. Die GmbH habe nur deshalb liquidiert werden müssen,
weil sich die Geschäftsidee, trotz der Eröffnung weiterer Filialen im Raum … , nicht
habe durchsetzen lassen.
Die vorstehenden Aussagen des Zeugen sind vor allem deshalb glaubhaft, weil sie
sich widerspruchslos decken mit den Auskünften, die die D im Auftrag der Firma X
GmbH mit Schreiben vom ...03.2005 dem Finanzamt gegeben hat. Der Zeuge hat
auch unmissverständlich dargelegt, dass die in dem Schreiben enthaltenen
Angaben den Sachverhalt zutreffend wiedergeben. Dabei hat er insbesondere die
Aussage bestätigt, seit dem Abschluss der Vergleichsvereinbarung habe die Firma
X GmbH mit dem Kläger keinerlei Geschäftsbeziehungen mehr unterhalten. Hierzu
hat er ausdrücklich klargestellt, es seien seither keine Rechnungen mehr an den
Kläger ausgestellt worden.
Die Glaubhaftigkeit der Zeugenaussage wird in keiner Weise eingeschränkt durch
den Inhalt der Erklärung, die unter dem Datum vom ...06.2005 auf einem
Briefbogen der Firma X GmbH erstellt und sodann dem Finanzamt vorgelegt
worden ist. Zum einen zeigt ein Vergleich zwischen der dort wiedergegebenen
Unterschrift und der Unterschrift auf der Vergleichsvereinbarung eindeutig, dass
die Erklärung nicht von dem Zeugen abgezeichnet worden ist. Zum anderen hat
der Zeuge klar und unmissverständlich ausgesagt, die auf der Erklärung
enthaltene Unterschrift stamme von seinem Sohn … ; er selbst habe von dieser
Erklärung bisher nichts gewusst; im Übrigen hätte er selbst die in der Erklärung
enthaltene Aussage so nicht gemacht.
Insgesamt hat der Zeuge einen besonders glaubwürdigen Eindruck vermittelt. Bei
seiner Aussage hat er sich als solider Geschäftsmann dargestellt, und zwar durch
sein gesamtes Verhalten sowie durch die Auskünfte, die er auf Fragen des
Gerichts zu dem von ihm gegründeten und danach langjährig geführten
Unternehmen gegeben hat. An seinem Verhalten hat er im Übrigen, allerdings
ohne ein Wort darüber zu verlieren, spürbar werden lassen, dass der Vorgang mit
der von seinem Sohn … unterzeichneten Erklärung ihm unangenehm gewesen ist.
c) In seine Überzeugungsbildung hat der Senat auch das Verhalten einfließen
lassen, das die Kläger während des außergerichtlichen Verfahrens sowie während
des gerichtlichen Verfahrens und schließlich während der mündlichen Verhandlung
gezeigt haben. Hierbei hat er vor allem verschiedene Widersprüchlichkeiten in dem
Tatsachenvorbringen der Kläger berücksichtigt.
Zur Begründung ihres Antrags auf Erlass der hier betroffenen Steuerbeträge sowie
zur Begründung der vorliegenden Klage haben die Kläger immer wieder die
Behauptung aufgestellt, die Firma X GmbH habe nach dem Abschluss der
Vergleichsvereinbarung die bisherigen Geschäftsbeziehungen mit dem Kläger
fortgesetzt. Zu diesen Geschäftsbeziehungen haben sie im Laufe des
Einspruchsverfahrens auch die Firma F ins Spiel gebracht, klare Aussagen zu den
tatsächlichen Vertragsverhältnissen haben sie dabei jedoch stets vermieden. Die
gleiche Verhaltensweise haben sie selbst in der mündlichen Verhandlung noch
fortgesetzt. So hat der Kläger auf die Frage des Senatsvorsitzenden, wie sich seine
Geschäftsverhältnisse zwischen der Firma F einerseits und der Firma X GmbH
andererseits nach Abschluss der Vergleichsvereinbarung gestalteten, zunächst
ausgesagt, er habe bei dem letzteren Unternehmen bis in das Jahr 2003 hinein
noch Waren im eigenen Namen bestellt. Erst auf weiteres Befragen durch den
Senatsvorsitzenden hat er eingeräumt, die vorstehende Aussage sei
„missverständlich“, tatsächlich sei es so gewesen, dass er von der Firma X GmbH
nach Abschluss der Vergleichsvereinbarung im eigenen Namen keine Waren mehr
bezogen habe.
Zur Begründung ihres Einspruchs haben die Kläger zunächst vorgetragen, die
Unternehmensberatung … habe über Wochen hinweg mit ihnen Gespräche geführt
mit dem Ziel, das Unternehmen des Klägers umzustrukturieren. Auf eine
entsprechende Nachfrage des Finanzamts haben sie später angegeben, es habe
einen Sanierungsplan gegeben, der mit der Firma X GmbH abgesprochen gewesen
sei. Zur Begründung der Klage haben sie schließlich vorgetragen, von der
Unternehmensberatung hätten sie keinen (schriftlich abgefassten)
Sanierungsplan, sondern nur ein (mündlich übermitteltes) Sanierungskonzept
erhalten. Erst nachdem sie durch den Berichterstatter des Senats zum Einreichen
von Unterlagen über die Tätigkeit der Unternehmensberatung aufgefordert worden
waren, haben sie (jeweils in Kopie) eine auf den ...05.2002 datierte Rechnung der
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waren, haben sie (jeweils in Kopie) eine auf den ...05.2002 datierte Rechnung der
Firma … über einen Nettobetrag von … € sowie einen Zuwendungsbescheid des
Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle über den Betrag von … € mit
Datum vom ...07.2002 vorgelegt. Klare Angaben über den Inhalt der
Beratungstätigkeit haben sie dabei nicht gemacht.
Die Kläger haben während des ganzen Verfahrens mit keinem Wort deutlich
werden lassen, dass die Erklärung, die unter dem Datum vom ...06.2005 im
Namen der Firma X GmbH dem Finanzamt vorgelegt worden ist, nicht mit Herrn X
als dem seinerzeitigen Geschäftsführer abgesprochen war. Auch in der mündlichen
Verhandlung haben sie, nachdem die Urheberschaft dieser Erklärung geklärt war,
keine Aussagen zu den näheren Umständen gemacht.
Zu Beginn der mündlichen Verhandlung haben die Kläger auf eine diesbezügliche
Frage des Senatsvorsitzenden erklärt, es hätten keine persönlichen Beziehungen
zu dem Zeugen X bestanden. Erst zum Ende der Beweisaufnahme hat die Klägerin
den Umstand ins Spiel gebracht, dass die Kinder des Zeugen während der ersten
Zeit stille Teilhaber der Firma A gewesen waren. Auf die Frage des
Senatsvorsitzenden, warum sie hierzu bisher nichts gesagt habe, hat sie erklärt,
sie sei nur nach privaten Beziehungen gefragt worden.
Angesichts der vorstehend geschilderten Verhaltensweisen ist der Senat
überzeugt davon, dass es den Klägern bisher stets darum gegangen ist, sowohl
das Finanzamt als auch das Gericht über den tatsächlichen Sachverhalt im
Unklaren zu lassen. Dies gilt insbesondere für die Geschäftsbeziehungen zwischen
dem Kläger und der Firma X GmbH sowie für die persönlichen und geschäftlichen
Beziehungen zwischen dem Kläger und den beiden Kindern des Zeugen X. Als ein
gewichtiges Mittel für das Vorgehen der Kläger sieht der Senat die Erklärung, die
im Namen der Firma X GmbH unter dem Datum vom ...06.2005 abgegeben
worden ist. Er ist überzeugt davon, dass es sich hier um eine typische
Gefälligkeitsbescheinigung handelt. Dabei geht er davon aus, dass die einzelnen
Formulierungen dem Verfasser der Erklärung von Seiten der Kläger vorgegeben
worden sind. Als besonders auffallend erachtet er hierbei einzelne
Umschreibungen aus dem steuerrechtlichen Wortschatz, wie „Nebenabsicht“ und
„Fortführung der Geschäftsbeziehung“, und im Übrigen den Gebrauch einer
ziemlich verklausulierten Sprache, wie „Geschäftsbeziehung mit Herrn … (Kläger)
als Person“.
Schließlich hat der Senat nicht unberücksichtigt gelassen, dass beide Kläger
aufgrund ihrer jeweiligen beruflichen Ausbildung durchaus in der Lage sind, die
Bedeutung rechtlicher Fachbegriffe, wie „Sanierungsabsicht“ oder „Fortführung
der Geschäftsbeziehung“, zutreffend einzuordnen. So war und ist der Kläger als
Kaufmann nach seinen Aussagen auch im Auslandsgeschäft tätig. Insofern ist ihm
die juristische Fachsprache jedenfalls nicht fremd. Gleiches gilt für die Klägerin.
Diese war, wie sie selbst im Rahmen … angegeben hat, in der Zeit von … bis … als
… tätig. In dieser Eigenschaft war sie beim … als Sachbearbeiterin für …
eingesetzt.
2. Der Senat war nicht verpflichtet, eine weitere Beweisaufnahme durchzuführen
zu der Frage, ob vor der Vergleichsvereinbarung vom ...09.2002 eine Besprechung
zwischen den Klägern einerseits und Herrn X, dessen Kindern und dem Buchhalter
der Firma X GmbH, Herrn … , andererseits stattgefunden hat und ob Gegenstand
dieser Besprechung der später ausgesprochene Schulderlass und im
Zusammenhang damit die Fortsetzung der bisherigen Geschäftsbeziehungen
gewesen ist. Denn der Beweisantrag, den der Prozessbevollmächtigte der Kläger
diesbezüglich zum Schluss der Beweisaufnahme gestellt hat, war abzulehnen.
Nach § 76 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) erforscht das Gericht
den Sachverhalt von Amts wegen. Dabei ist es gemäß § 76 Abs. 1 Satz 5 FGO an
das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.
Allerdings ist es grundsätzlich gehalten, die von den Beteiligten angebotenen
Beweise zu erheben. Auf die beantragte Beweiserhebung kann es demgegenüber
im Regelfall verzichten, wenn das betreffende Beweismittel für die Entscheidung
unerheblich ist oder wenn die in Frage stehenden Tatsachen zu Gunsten des
Beweisführenden als wahr unterstellt werden können (vgl. BFH-Beschluss vom
01.02.2007 VI B 124/06, BFH/NV 2007, 956 mit weiteren Nachweisen).
Für den Streitfall kann der Senat zu Gunsten der Kläger als wahr unterstellen, dass
vor dem Datum ...09.2002 unter Beteiligung der in dem Beweisantrag genannten
Personen eine Besprechung stattgefunden hat und dass hierbei über den Erlass
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Personen eine Besprechung stattgefunden hat und dass hierbei über den Erlass
der offenen Forderungen sowie über die Möglichkeit weiterer
Geschäftsbeziehungen gesprochen worden ist. Denn auf den Inhalt dieser
Besprechung kommt es in dem vorstehenden Zusammenhang nicht an.
Insbesondere ist unerheblich, inwieweit dabei die auf Seiten der Firma X GmbH
beteiligten Personen, etwa die Kinder des Zeugen X, den Klägern irgendwelche
Zusagen in Bezug auf die Fortführung der bisherigen Geschäfte gemacht haben.
Maßgebend allein sind die Absichten, die der Zeuge X bei Abschluss der
Vergleichsvereinbarung hatte. Nur dieser war damals gemäß § 35 Abs. 1 Satz 1
des GmbH-Gesetzes befugt, die GmbH nach außen zu vertreten. Die Kinder des
Zeugen hatten im Streitjahr 2002 noch keine Vertretungsbefugnis für die Firma X
GmbH. Sie sind, wie ihr Vater als Zeuge glaubhaft bekundet hat, erst im Jahre
2005 zu weiteren Geschäftsführern der GmbH berufen worden.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.