Urteil des FG Hamburg vom 07.06.2013

FG Hamburg: lieferung, fahrzeug, fax, geschäftsführer, strohmann, frachtbrief, scheingeschäft, firma, datum, bestätigung

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Umsatzsteuer: Umsatzsteuerlicher Leistungsaustausch; Scheingeschäft
1. Wer bei einem Umsatz (hier: Lieferung eines Sportwagens durch zwischengeschalteten Händler) als
Leistender anzusehen ist, ergibt sich regelmäßig aus den zugrunde liegenden zivilrechtlichen
Vereinbarungen.
Sog. Strohmanngeschäfte sind in der Regel ernstlich gewollt und daher gültig; denn die Parteien eines
Strohmanngeschäfts wollen die Rechtsfolgen der Vereinbarung wirklich herbeiführen, weil anderenfalls
der erstrebte wirtschaftliche Zweck nicht in rechtsbeständiger Weise erreicht würde. Das gilt auch dann,
wenn der Vertragspartner die Strohmanneigenschaft kennt. Charakteristisch für ein Strohmanngeschäft
ist, dass der Mittelsmann die Rechte und Pflichten des Geschäfts auch im Außenverhältnis ernstlich
übernehmen will.
Dagegen ist ein Scheingeschäft anzunehmen, wenn die Beteiligten zur Erreichung ihrer Zwecke einen
Scheinvertrag für genügend erachten und sich darüber einig sind, dass der Mittelsmann nur seinen
Namen hergibt.
2. Mit einem unvollständigen Belegnachweis kann das Vorliegen einer steuerfreien
innergemeinschaftlichen Lieferung nicht nachgewiesen werden (Anschluss an BFH-Urteil vom 14.11.2012
XI R 8/11, BFH/NV 2013, 596).
FG Hamburg 5. Senat, Urteil vom 07.06.2013, 5 K 61/10
§ 1 Abs 1 Nr 1 UStG, § 4 Nr 1 Buchst b UStG, § 6a UStG, § 10 Abs 1 UStDV, §§ 17aff UStDV
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin eine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung nach § 6a
des Umsatzsteuergesetzes (UStG) erbracht hat.
Die Klägerin ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Sie betreibt einen Gebrauchtwagenhandel mit
hochwertigen Personenkraftwagen. Gesellschafter und alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer ist Herr
A.
Für die dem Streitjahr vorausgegangenen Jahre hatte die Klägerin folgende Umsätze erklärt:
* für 2000 Umsätze zu 16% i. H. v. 1.630.920 DM,
* für 2001 Umsätze zu 16% i. H. v. 2.328.909 DM sowie nicht steuerbare Umsätze i. H. v. 2.077.500
DM,
* für 2002 Umsätze zu 16% i. H. v. 308.643 € sowie nicht steuerbare Umsätze i. H. v. 341.663 €,
* für 2003 Umsätze zu 16% i. H. v. 173.159 € sowie steuerfreie Umsätze gem. § 4 Nr. 1 Buchst. b UStG
i. H. v. 15.100 € und gem. § 4 Nr. 1 Buchst. a UStG i. H. v. 91.861 €.
Für das Jahr 2004 liegt dem Gericht keine Umsatzsteuererklärung vor.
Zu den Geschäftspartnern der Klägerin gehörte das von der B-Handelsgesellschaft mbH + Co. KG (im
Folgenden: B-KG) betriebene C ... D. Die B-KG war im Jahr 2004 an die Klägerin herangetreten, weil ein in E
tätiger US-Amerikaner, F (im Folgenden: F), einen Sportwagen erwerben wollte. Der B-KG selbst war es
aufgrund ihres Händlervertrags untersagt, ein Fahrzeug ins Ausland zu veräußern. Außerdem wollte F den
Kauf über eine österreichische Firma abwickeln, um das Fahrzeug von dieser leasen zu können; bei der
Firma handelte es sich um die G GmbH mit Sitz in H (im Folgenden: G-GmbH). Auch die Zwischenschaltung
einer ausländischen Leasingfirma war der B-KG untersagt.
Der Geschäftsführer der G GmbH wandte sich im Folgenden an einen Mitarbeiter der B-KG, den Zeugen J,
und besprach mit diesem die Abwicklung des Geschäfts. Der Zeuge J wies darauf hin, dass die B-KG eine
weitere Firma, nämlich die Klägerin, einschalten müsse, die die Rechnung erstellen werde.
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Im September 2004 meldete sich F telefonisch bei der B-KG, um den zu liefernden Sportwagen zu
konfigurieren. Der Zeuge J füllte eine entsprechende Bestellung für das Fahrzeug aus, auf der der Name des
F notiert, dann durchgestrichen und durch den Namen der Klägerin ersetzt wurde (s. Anlage 1 zum
Schriftsatz der Klägerin vom 13.05.2013, Anlagenband).
Am 14.10.2004 leistete F eine Anzahlung i. H. v. 10.000 € an die B-KG (s. Kontoauszug aus der Buchführung
der B-KG, Anlage 3 zum Schriftsatz der Klägerin vom 13.05.2013, Anlagenband).
Als Liefertermin wurde mit der G GmbH in der Folgezeit der 29.03.2005 vereinbart.
Mit Fax vom 17.03.2005 übersandte die G GmbH der B-KG einen Firmenbuchauszug aus dem
österreichischen Handelsregister, mit dem sie ihre Eintragung belegte (s. Bl. ... der Rechtsbehelfsakten), und
die Kopie eines Bescheides über die Erteilung der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (s. Bl. ... der
Rechtsbehelfsakten).
Mit Fax vom 18.03.2005 richtete die B-KG eine Anfrage nach § 18e Nr. 1 UStG an das Bundesamt für
Finanzen (BfF) und erhielt mit Fax vom selben Tag eine entsprechende Bestätigung der Umsatzsteuer-
Identifikationsnummer durch das BfF (s. Bl. ... der Rechtsbehelfsakten).
Mit Fax vom 22.03.2005 übersandte die B-KG der G GmbH ein vorformuliertes Schreiben. Dieses war an die
Klägerin adressiert und enthielt die auf den 29.03.2005 datierte Versicherung der G GmbH, dass das noch zu
liefernde Fahrzeug in das Bestimmungsland Österreich befördert und dort der Erwerbsbesteuerung
unterworfen werden würde. Die G GmbH sandte dieses Schreiben unterschrieben und mit ihrem
Firmenstempel versehen am 29.03.2005 per Fax zurück an die B-KG (Bestätigung einer
innergemeinschaftlichen Lieferung vom 29.03.2005, s. Bl. 10 der Rechtsbehelfsakten; s. auch Schilderung
des Steuerberaters K vom 02.11.2009 im Rechtsbehelfsverfahren, Bl. 81 der Rechtsbehelfsakten Bd. I).
Ebenfalls mit Fax vom 22.03.2005 übersandte die B-KG der G GmbH eine auf den 29.03.2005 datierte und an
die G GmbH gerichtete Rechnung der Klägerin über den Verkauf des Sportwagens für 79.828,91 €. Diese
Rechnung hatte die B-KG auf einem von der Klägerin überlassenen Blanko-Briefbogen gefertigt. Die G GmbH
sandte diese Rechnung ebenfalls unterschrieben und mit ihrem Firmenstempel versehen am 29.03.2005 per
Fax zurück an die B-KG (s. Bl. 13 der Rechtsbehelfsakten).
Am ... 2005 wurde der Sportwagen auf die Klägerin zugelassen (Auskunft des Finanzamts für Verkehrsteuern
und Grundbesitz in ..., s. Aktenvermerk vom 05.06.2013, Bl. 72 der Gerichtsakte).
Am 29.03.2005 holte ein ungarisches Transportunternehmen den Sportwagen bei der B-KG ab. Den CMR-
Frachtbrief füllte der Zeuge J aus; als Absender wurde die B-KG genannt, als Empfänger die G GmbH, als
Auslieferungsort Österreich und als Frachtführer das ungarische Transportunternehmen. Der Frachtbrief
enthielt keine Angaben zum Tag der Übernahme des Gutes (Ort, Land, Datum), zum Ort und Datum der
Ausfertigung und zum Datum des Empfangs; wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den CMR-Frachtbrief
Bezug genommen (s. Bl. 8 der Rechtsbehelfsakten). Der Kaufpreis (abzüglich der bereits geleisteten
Anzahlung) wurde bei Abholung des Fahrzeugs bar an die B-KG entrichtet.
Am 31.03.2005 wurden auf ein Konto der Klägerin 69.828,91 € bar eingezahlt (s. Anlage 4 zum Schriftsatz
der Klägerin vom 13.05.2013, Anlagenband). Mit Unterschrift vom selben Tag - also zwei Tage nach
Abholung des Sportwagens durch das Speditionsunternehmen - bestätigte der Geschäftsführer der Klägerin
auf einem mit "Wagenabrechnung" überschriebenen Dokument gegenüber der B-KG, dass er das Fahrzeug
ordnungsgemäß mit Kfz-Brief und drei Fahrzeugschlüsseln erhalten habe. Auf dieser Abrechnung ist auch
vermerkt, dass der Differenzbetrag von 82.601,55 € per Wechsel beglichen worden ist (s. Anlage 2 zum
Schriftsatz der Klägerin vom 13.05.2013, Anlagenband).
Am 13.04.2005 ging bei dem Beklagten die Umsatzsteuervoranmeldung der Klägerin für das 1. Quartal
2005 ein. Die Klägerin machte damit einen Erstattungsanspruch i. H. v. 18.523,30 € geltend. Dem lagen
(u. a.) folgende Angaben zugrunde:
* steuerfreie Umsätze mit Vorsteuerabzug (innergemeinschaftliche Lieferung, § 4 Nr. 1 Buchst. b UStG)
i. H. v. 79.828 €,
* steuerfreie Umsätze ohne Vorsteuerabzug (§ 4 Nr. 8 bis 28 UStG) i. H. v. 58.500 €,
* steuerpflichtige Umsätze zu 16% i. H. v. 58.701 €,
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* abziehbare Vorsteuerbeträge i. H. v. 27.915,58 €.
Neben weiteren Unterlagen waren der Voranmeldung die Kopie einer an die Klägerin adressierten Rechnung
der B-KG vom 29.03.2005 über den Verkauf des Sportwagens (inkl. Nebenkosten) für 79.797,54 € zzgl.
12.767,61 € Umsatzsteuer (zzgl. Zulassungsgebühren i. H. v. 36,40 € - s. Bl. 7 der Umsatzsteuernebenakten
Bd. I) sowie eine Kopie der bereits erwähnten von der B-KG im Namen der Klägerin ausgefertigten und an die
G GmbH adressierten Rechnung vom 29.03.2005 über den Verkauf des nämlichen Sportwagens für
79.828,91 € beigefügt (ohne Umsatzsteuerausweis - s. Bl. 8 der Umsatzsteuernebenakten Bd. I).
Am 06.06.2006 ging bei dem Beklagten die Umsatzsteuer-Jahreserklärung für 2005 ein. Diese wies als
Ergebnis eine Erstattung in Höhe von 25.556,40 € aus.
Im Jahr 2007 ordnete der Beklagte eine Umsatzsteuer-Nachschau bei der Klägerin an. Grund hierfür war ein
Prüfungsersuchen der Steuerfahndungsstelle des Finanzamts L vom 22.02.2007. Mit Schreiben vom
19.12.2008 teilte die Steuerfahndungsstelle dem Beklagten mit, dass die österreichische G GmbH eine
Scheinfirma sei und dass die deutschen Lieferanten wussten bzw. hätten wissen müssen, dass diese
Scheinfirma nicht der tatsächliche Abnehmer der gelieferten Fahrzeuge gewesen ist (s. Bl. 48 f. der
Umsatzsteuerakten Bd. II).
Einem Aktenvermerk des Betriebsprüfers zufolge gab der Geschäftsführer der Klägerin im Rahmen einer
Besprechung an, dass er bei der Veräußerung des Sportwagens nichts weiter zu tun gehabt habe, als sein
Bankkonto und den Firmennamen der Klägerin zur Verfügung zu stellen; dafür erhalte er eine Provision. Das
Auto selbst habe er nie gesehen (s. Bl. 22 der Betriebsprüfungsakten).
Mit Bescheid vom 08.04.2009 setzte der Beklagte die Umsatzsteuer für 2005 auf ./. 12.783,92 € fest
(Differenz zu Lasten der Klägerin: 12.772,48 €). Die Veräußerung des Sportwagens an die G GmbH
behandelte der Beklagte dabei nicht als steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung, sondern als
steuerpflichtigen Umsatz. Er erhöhte dabei die steuerpflichtigen Lieferungen zu 16% von bislang 171.849 €
um 79.828 € auf 251.677 € (s. S. 5 der Einspruchsentscheidung, 3. Absatz, Bl. 11 der Gerichtsakte).
In den Erläuterungen wird dazu ausgeführt: Nach den Ermittlungen der Steuerfahndungsstelle L und der
Staatsanwaltschaft L handle es sich bei der G GmbH um ein Scheinunternehmen. Die Tätigkeit dieser Firma
sei ausschließlich vom Inland (M - bei L) aus betrieben worden. Die Voraussetzungen des § 4 Nr. 1 Buchst. b
i. V. m. § 6a Abs. 4 UStG lägen nicht vor; denn das Fahrzeug sei nicht nach Österreich verbracht worden,
der wirkliche Abnehmer sei ein inländischer Abnehmer gewesen, die Lieferung habe nicht in einem anderen
Mitgliedstaat der Erwerbsbesteuerung unterlegen und die Beleg- und Buchnachweise seien unrichtig, da sie
den falschen Abnehmer, den falschen Bestimmungsort und den falschen Transportweg dokumentierten. Eine
Steuerbefreiung komme auch nicht nach § 6a Abs. 4 UStG in Betracht, da sich der gute Glaube nur auf die in
§ 6a Abs. 1 UStG bezeichneten Voraussetzungen beziehe, nicht aber auf die Richtigkeit der Beleg- und
Buchnachweise. Da diese jedoch unrichtig seien, komme die Vertrauensschutzregelung nicht in Betracht.
Darüber hinaus sei - was die Unterlagen zeigten - der Klägerin auch bewusst gewesen, dass der Abnehmer
allein von Deutschland aus gehandelt habe. Die Klägerin habe daher auch gegen die ihr obliegenden
Sorgfaltspflichten eines ordentlichen Kaufmanns verstoßen.
Die Klägerin legte dagegen am 07.05.2009 Einspruch ein. Sie machte unter Hinweis auf das Urteil des
Bundesfinanzhofs (BFH) vom 05.12.2005 (Aktz. V B 44/04, BFH/NV 2006, 625) im Wesentlichen geltend,
dass die erforderlichen buchmäßigen Nachweise durch die vorgelegten Unterlagen erbracht worden seien.
Was die G GmbH mit dem Fahrzeug gemacht habe, dürfe nicht zu Lasten der Klägerin gewürdigt werden.
Von der weiteren Verwendung des Fahrzeugs, insbesondere einem Verbleib im Inland, sei ihr nichts bekannt.
(s. Bl. 7 ff. der Rechtsbehelfsakten Bd. I).
Einem Telefonvermerk des Beklagten vom 14.12.2009 zufolge gab der Steuerberater der Klägerin an, dass
etwa 70 bis 75 % der von der Klägerin gehandelten acht bis zehn Autos pro Jahr eigentlich von der B-KG
verkauft würden. Grund für die Zwischenschaltung sei, dass die B-KG mit dem Hersteller der Fahrzeuge
einen Gebietsschutzvertrag abgeschlossen habe. Um diese Vereinbarung zu umgehen, würden einige
Fahrzeuge über die Klägerin bzw. den Geschäftsführer der Klägerin gehandelt (s. Bl. 89 der
Rechtsbehelfsakten Bd. I; s. auch Schreiben des Steuerberaters vom 17.12.2009, Bl. 93 der
Rechtsbehelfsakten Bd. I).
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Mit Schreiben vom 28.01.2010 legte die Oberfinanzdirektion (OFD) N dar, dass die von der G GmbH
erworbenen Fahrzeuge nie nach Österreich, sondern von Deutschland aus unmittelbar nach Ungarn gelangt
seien. Als Kunden der G GmbH seien ungarische Scheinabnehmer aufgezeichnet worden, wodurch die
Erwerbsbesteuerung in Ungarn verhindert und dort ein Vorsteuer- bzw. Differenzbesteuerungsbetrug
begangen worden sei. Die österreichischen Steuerbehörden hätten festgestellt, dass die G GmbH zu keinem
Zeitpunkt in Österreich unternehmerisch tätig gewesen sei; österreichische Steuerfestsetzungen gegen die G
GmbH seien dementsprechend aufgehoben worden. Die deutschen Steuerbehörden gingen davon aus, dass
die Geschäfte von einer deutschen OHG mit Sitz in M getätigt worden seien, so dass bei den deutschen
Vorlieferanten im Inland steuerbare Lieferungen vorlägen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das
Schreiben der OFD N Bezug genommen (Bl. 97 ff. der Rechtsbehelfsakten Bd. I).
Mit Entscheidung vom 17.03.2010 wies der Beklagte den Einspruch der Klägerin als unbegründet zurück.
Am 14.04.2010 hat die Klägerin Klage erhoben. Sie trägt im Wesentlichen vor: Ihr zivilrechtlicher
Vertragspartner sei die G GmbH gewesen; dass es sich bei dieser Firma nicht um ein Scheinunternehmen
gehandelt habe, sei anhand des vorliegenden Handelsregisterauszugs und der Umsatzsteuer-
Identifikationsnummer nachgewiesen worden. Dass möglicherweise ein anderer als der zivilrechtliche
Vertragspartner der Klägerin das Fahrzeug erworben habe, könne der Klägerin nicht entgegengehalten werde.
Die vorgelegten Beleg- und Buchnachweise seien richtig; denn sie wiesen zutreffend die G GmbH als
Abnehmer aus. Es habe auch keinen "falschen Transportweg" gegeben; wenn der Transporteur oder
Spediteur den Transport sozusagen in Deutschland abgebrochen habe, sei dies ebenfalls nicht der Klägerin
anzulasten. Schließlich habe der BFH mit dem bereits genannten Urteil vom 12.05.2009 entschieden, dass
ein CMR-Frachtbrief auch ohne entsprechende Bestätigung, dass die Ware an den Bestimmungsort gebracht
wurde, als Buchnachweis ausreichend sei.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid über Umsatzsteuer für 2005 vom 08.04.2009 und die Einspruchsentscheidung vom 17.03.2010
aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte verweist ergänzend auf ein Schreiben des Finanzamts L. Darin heißt es, die Durchsicht der
Buchhaltungsunterlagen der G GmbH habe ergeben, dass diese keine Geschäftsbeziehungen zu der Klägerin
unterhalten hatte und dass ein Verkaufsvorgang nicht existierte (s. Schreiben des Finanzamts L vom
20.05.2010, Bl. 141 ff. der Rechtsbehelfsakten Bd. I - auf das Schreiben wird Bezug genommen).
Das Gericht hat den Streitfall mit den Beteiligten erörtert. Der Geschäftsführer der Klägerin, Herr A, hat im
Rahmen der Erörterungen seine Angaben gegenüber dem Betriebsprüfer bestätigt, dass das Geschäft
vollständig von der B-KG abgewickelt worden sei. Das Geld, das an ihn gezahlt worden sei, habe er weiter an
die B-KG gezahlt. Er habe lediglich eine Provision von 400 oder 500 € erhalten. Den Sportwagen habe er nie
gesehen; er könne noch nicht einmal sagen, welche Farbe das Fahrzeug gehabt habe.
Das Gericht hat zudem Beweis erhoben durch Vernehmung des Angestellten der B-KG, Herrn J, als Zeugen.
Der Zeuge J hat den oben geschilderten Ablauf bestätigt. Auf die Frage des Gerichts, ob die Klägerin
irgendeinen Einfluss auf den Verkaufspreis des Sportwagens gehabt habe, hat der Zeuge geantwortet, dass
dies nicht der Fall gewesen sei. Auf die Frage des Gerichts, ob die Klägerin zu irgendeinem Zeitpunkt
Verfügungsmacht über das Fahrzeug hatte, hat der Zeuge geantwortet, dass sie die hätte haben können,
dass das aber "keinen Sinn gemacht" hätte.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Protokoll zu dem Erörterungstermin vom 18.04.2013 Bezug
genommen (Bl. 51 ff. der FG-Akten).
Das Gericht hat die Klägerseite gebeten, mitzuteilen und nachzuweisen, ob und wann im Anschluss an die
Einzahlung vom 31.03.2005 i. H. v. 69.828,91 € der noch ausstehende Restbetrag für das Fahrzeug
beglichen worden ist. Die Klägerseite hat daraufhin mit Schriftsatz vom 15.05.2013 auf die bereits erfolgte
Anzahlung von 10.000 € verwiesen. Der Kaufpreis habe inkl. Mehrwertsteuer 92.601,55 € und exkl. 16%
Mehrwertsteuer 79.828,91 € betragen. Der letztgenannte Betrag abzüglich der a-conto-Überweisung im
Voraus von 10.000,00 € entspreche dem bar eingezahlten Betrag von 69.828,91 €.
Dem Gericht haben je ein Band Umsatzsteuerakten, Umsatzsteuernebenakten, Betriebsprüfungsakten und
Rechtsbehelfsakten vorgelegen.
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Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig, aber nur zu einem geringfügigen, sich aus dem Tenor ergebenden Umfang begründet
und im Übrigen unbegründet.
1. Gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG unterliegen Lieferungen und sonstige Leistungen, die ein Unternehmer im
Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt, der Umsatzsteuer.
Handelt es sich um eine innergemeinschaftliche Lieferung, so ist diese gemäß § 4 Nr. 1 Buchst. b UStG
unter den Voraussetzungen des § 6a UStG steuerfrei.
Die Frage nach der Steuerfreiheit gemäß § 6a UStG stellt sich im vorliegenden Streitfall allerdings nicht, da
die Klägerin in Bezug auf den an die G GmbH gelieferten Sportwagen nicht als Leistende anzusehen ist.
a) Bei nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG steuerbaren Leistungen bestimmt sich die Person des Leistenden
nach dem der Leistung zugrunde liegenden Rechtsverhältnis.
Wer bei einem Umsatz als Leistender anzusehen ist, ergibt sich regelmäßig aus den abgeschlossenen
zivilrechtlichen Vereinbarungen. Leistender ist in der Regel derjenige, der die Lieferungen oder sonstigen
Leistungen im eigenen Namen gegenüber einem anderen selbst ausführt oder durch einen Beauftragten
ausführen lässt. Ob eine Leistung dem Handelnden oder einem anderen zuzurechnen ist, hängt deshalb
grundsätzlich davon ab, ob der Handelnde gegenüber dem Leistungsempfänger im eigenen Namen oder
berechtigterweise im Namen eines anderen bei der Ausführung entgeltlicher Leistungen aufgetreten ist
(ständige Rechtsprechung, s. z. B. BFH-Urteile vom 07.07.2005 V R 60/03, BFH/NV 2006, 139; vom
26.06.2003 V R 22/02, BFH/NV 2004, 233; ebenso BFH-Beschluss vom 31.01.2002 V B 108/01, BStBl. II
2004, 622, jeweils m. w. N.).
b) Ohne Bedeutung ist, ob der im eigenen Namen Handelnde auch auf eigene Rechnung tätig ist.
aa) So erbringt etwa ein Kommissionär auch dann eigene Leistungen, wenn er bei der im Rahmen einer
Verkaufskommission erfolgenden Lieferung eines Gegenstandes im eigenen Namen, aber auf fremde
Rechnung, der seines Kommittenten, handelt, wie sich ausdrücklich aus § 3 Abs. 3 UStG ergibt. Zugleich
liegt nach dieser Vorschrift auch eine Lieferung des Kommittenten an den Kommissionär vor, obwohl es sich
zivilrechtlich um eine Geschäftsbesorgung des Kommissionärs für den Kommittenten handelt. Ebenso geht
Art. 5 Abs. 4 Buchst. c der Sechsten Richtlinie des Rates zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der
Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige
Bemessungsgrundlage (Richtlinie 77/388/EWG) vom Vorliegen einer Lieferung des Kommittenten an den
Kommissionär bei der Übertragung eines Gegenstandes aufgrund einer Verkaufskommission aus. Das
Entgelt für die Lieferung des Kommittenten richtet sich nach dem Entgelt für die Lieferung des
Kommissionärs, von dem die dem Kommissionär zivilrechtlich vereinbarte Provision abzuziehen ist.
bb) Ebenso ist von einer Leistung durch denjenigen, der im eigenen Namen und für fremde Rechnung handelt,
auch bei sog. Strohmann- und Treuhandgeschäften auszugehen. Sofern der Strohmann oder der Treuhänder
Unternehmer i. S. des § 2 UStG ist und im Rahmen seines Unternehmens handelt (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG),
steht es einer einem Strohmann oder dem Treuhänder zuzurechnenden Leistung oder einem Leistungsbezug
nach § 3 Abs. 3 und Abs. 11 UStG nicht entgegen, dass sie (Strohmann und Treuhänder) auf fremde
Rechnung tätig sind (BFH-Urteile vom 28.01.1999 V R 4/98, BStBl. II 1999, 628; in BFH/NV 2004, 233, und
in BFH/NV 2006, 139, und BFH-Beschluss in BStBl. II 2004, 622). Dabei ist zwischen der
Leistungserbringung und dem Leistungsbezug durch Treuhänder oder Strohmänner nicht zu differenzieren, da
die Bestimmung von Leistendem und Leistungsempfänger nach einheitlichen Grundsätzen erfolgt (vgl. BFH-
Urteile vom 24.08.2006 V R 16/05, BStBl. II 2007, 340, und vom 18.02.2009 V R 82/07, BStBl. II 2009, 876).
Entsprechend der Anwendung des § 3 Abs. 3 UStG und § 3 Abs. 11 UStG auf Kommissionsverhältnisse
kann es auch bei Strohmann- und Treuhandgeschäften zu einer Verdoppelung der Leistungsbeziehungen
kommen, so dass z. B. der "Hintermann" an den "Strohmann" und dieser an den Abnehmer liefert oder
leistet.
Ohne Bedeutung ist insoweit, ob der "Hintermann" als tatsächlich Handelnder die Leistungen im Namen des
Strohmannes ausgeführt hat, z. B. gegenüber dem Leistungsempfänger als Angestelltem des
Vertragspartners (des Strohmannes oder Treuhänders) oder als dessen Subunternehmer aufgetreten ist (vgl.
BFH-Urteil vom 12.05.2011 V R 25/10, BFH/NV 2011, 1541, unter Berufung auf BFH-Urteil vom 10.03.2010
VIII ZR 65/09, BFH/NV 2010, 1597).
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cc) Unbeachtlich ist das "vorgeschobene" Strohmanngeschäft aber, wenn es nur zum Schein abgeschlossen
wird, d. h. wenn die Vertragsparteien einverständlich oder stillschweigend davon ausgehen, dass die
Rechtswirkungen des Geschäfts gerade nicht zwischen ihnen, sondern zwischen dem Leistungsempfänger
und dem "Hintermann" eintreten sollen (vgl. § 41 Abs. 2 der Abgabenordnung -AO-; ausführlich BFH-
Beschluss in BStBl. II 2004, 622, unter II.4.c; vgl. auch BFH-Urteil vom 12.05.2011 V R 25/10, BFH/NV
2011, 1541; und BFH-Beschluss vom 17.10.2003 V B 111/02, BFH/NV 2004, 235). Letzteres ist
insbesondere dann zu bejahen, wenn der Leistungsempfänger weiß oder davon ausgehen muss, dass
derjenige, mit dem oder in dessen Namen das Rechtsgeschäft abgeschlossen wird (sog. Strohmann), selbst
keine eigene - ggf. auch durch Subunternehmer auszuführende - Verpflichtung aus dem Rechtsgeschäft
übernehmen will (vgl. BFH-Beschluss in BStBl. II 2004, 622; BFH-Urteil vom 12.08.2009 XI R 48/07, BFH/NV
2010, 259).
Der BFH folgt insoweit der zivilrechtlichen Rechtsprechung (vgl. etwa BGH-Urteile vom 12.12.2012 VIII R ZR
89/12, ZIP 2013, 269; vom 29.10.1996 XI ZR 319/95, NJW-RR 1997, 238; vom 06.07.1993 XI ZR 201/92,
NJW 1993, 2435; vgl. auch BAG-Urteil vom 22.09.1992 9 AZR 385/91, NJW 1993, 2767; s. ferner Ellenberger
in Palandt, 72. Aufl., § 117 BGB Rz. 3 und 6). So geht der BGH etwa davon aus, dass ein Darlehensvertrag
ein Schein- und kein Strohmanngeschäft ist, wenn der als Darlehensnehmer Bezeichnete nach dem
übereinstimmenden Willen der Vertragsparteien nicht haften soll (BGH-Urteil in NJW-RR 1997, 238; s auch).
Allgemein hängt die Beurteilung, ob ein Vertrag als Scheingeschäft zu werten ist, maßgeblich davon ab, ob
die Parteien für das von ihnen verfolgte Ziel die Vorlage eines Scheinvertrages für genügend oder einen
ernstgemeinten Vertrag für notwendig gehalten haben; daher spricht es gegen ein Scheingeschäft, wenn der
erstrebte Zweck nur bei Gültigkeit des Vertrages erreicht werden kann (so Hefermehl in Soergel, 12. Aufl., §
117, BGB Rz. 4). Oder anders gewendet: Das Scheingeschäft ist dadurch gekennzeichnet, dass den
Beteiligten der Geschäftswille fehlt; beim Umgehungsgeschäft hingegen wollen die Parteien gerade den
Eintritt der erklärten Rechtsfolgen, um ihre Ziele zu erreichen (so H. Dilcher in Staudinger, 12. Aufl., § 117
Rz. 5).
Dementsprechend hat auch das OLG Köln ein Scheingeschäft mit der Begründung bejaht, dass die
Beteiligten zur Erreichung ihrer Zwecke einen Scheinvertrag für genügend erachten und sich darüber einig
sind, dass der Mittelmann nur seinen Namen hergibt, nicht aber selbst "Zwischenerwerber" werden soll (OLG
Köln, Urteil vom 13.11.1992 3 U 31/92, NJW 1993, 2623). In dem letztgenannten Fall ging es um den
Abschluss eines Vertretervertrags, der aufgrund eines sog. "Respektierungsabkommens" nicht mit der
eigentlich als Vertreter gewünschten Person geschlossen werden konnte. Das OLG Köln begründete seine
Wertung, dass der Vertretungsvertrag nur zum Schein abgeschlossen worden sei, u. a. mit der Überlegung,
dass ein Verstoß gegen das "Respektierungsabkommen" - anders als ein Verstoß gegen staatliche Gesetze
oder Verordnungen - nicht die Nichtigkeit des Vertretervertrags zur Folge gehabt, sondern allenfalls
Schadensersatzansprüche nach sich gezogen hätte (s. OLG Köln a. a. O., 2. Absatz der
Entscheidungsgründe).
2. Im vorliegenden Streitfall geht der erkennende Senat davon aus, dass die Ein- bzw. Zwischenschaltung
der Klägerin in die Lieferung des Sportwagens über die G GmbH an F nur zum Schein erfolgt ist. Dies gilt
sowohl für die Lieferung des Sportwagens von der B-KG an die Klägerin als auch für die Lieferung von der
Klägerin an die (vermeintliche) österreichische G GmbH.
Die Klägerin ist in die Abläufe zur Veräußerung des Sportwagens nicht eingebunden gewesen.
Das belegt zunächst der dem Gericht vorliegende Schriftverkehr. Anhand der Faxvermerke auf den oben
genannten Schreiben vom 17.03., 18.03., 22.03. und 29.03.2005 (Sendevermerk "B C ..." für die B-KG und
Sendevermerk "From: Faxserver" für die G GmbH) lässt sich feststellen, dass sowohl die G GmbH als auch
das BfF ausschließlich mit der B-KG korrespondiert haben.
Dies entspricht auch der Schilderung des damaligen Steuerberaters der Klägerin (s. Schreiben vom
02.11.2009, Bl. 81 der Rechtsbehelfsakten Bd. I).
Bestätigt wird dies ferner durch die unbestrittenen Feststellungen des Finanzamts L, dass die G GmbH den
durchgesehenen Buchhaltungsunterlagen zufolge keinerlei Geschäftsbeziehungen zu der Klägerin unterhielt.
Auch in die Übergabe des Fahrzeugs war die Klägerin dem Frachtbrief zufolge nicht eingebunden; als
Absender wird dort lediglich die B-KG genannt, ohne jeden Hinweis auf die Klägerin.
Dementsprechend hat auch der Geschäftsführer der Klägerin gegenüber der Betriebsprüfung geäußert, dass
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er mit dem Ablauf des Geschehens nichts weiter zu tun gehabt habe, als das Bankkonto und den
Firmennamen der GmbH "zur Verfügung zu stellen" (s. Bl. 22 der Betriebsprüfungsakten). Und der damalige
Steuerberater der Klägerin hat im Rechtsbehelfsverfahren geäußert, dass der Verkauf "eigentlich" durch die
B-KG erfolgt sei (s. Bl. 89 der Rechtsbehelfsakten).
Auch der Zeuge J hat die Vorgänge in der oben dargestellten Weise beschrieben. Er hat zudem ausgesagt,
dass die Klägerin keinen Einfluss auf die Ausstattung des Fahrzeuges, auf den Kaufpreis oder auf den
Liefertermin gehabt hat. Dem Zeugen J zufolge war auch nicht vorgesehen, dass die Klägerin zu irgendeinem
Zeitpunkt und in irgendeiner Form über das Fahrzeug hätte verfügen können. Auch gab es nach der
Erinnerung des Zeugen J zu keinem Zeitpunkt der Geschäftsabwicklung einen direkten Kontakt zwischen der
Klägerin und der G GmbH. Die Aussage des Zeugen ist glaubhaft. Zum einen decken sich die Schilderungen
des Zeugen mit denen des Geschäftsführers der Klägerin. Beide haben offen und bereitwillig und unabhängig
voneinander die Vorgänge um die Veräußerung des Sportwagens detailliert und übereinstimmend dargelegt.
Zum andern passen die Schilderungen (wie dargelegt) zu den dem Gericht vorliegenden Unterlagen.
Aufgrund dieser Umstände steht nach Auffassung des Gerichts fest, dass die gesamte Anbahnung und
Abwicklung des Geschäfts dem Einfluss der Klägerin vollständig entzogen war. Vor diesem Hintergrund geht
das Gericht davon aus, dass die Klägerin selbst keine eigenen Verpflichtungen aus dem Geschäft
übernehmen wollte bzw. sollte und dass die G GmbH als Leistungsempfängerin dies auch wusste bzw. dass
dies dem Willen der G GmbH entsprach. Auch der Umstand, dass sich in den Buchhaltungsunterlagen der G
GmbH keinerlei Hinweise auf Geschäftsbeziehungen mit der Klägerin finden ließen, spricht nach Ansicht des
Gerichts dafür, dass sich die G GmbH die B-KG als Geschäftspartnerin ansah.
Als letzter Gesichtspunkt sei hier noch auf die Zahlungsströme verwiesen: Die B-KG hat die Anzahlung des
F über 10.000 € nicht an die Klägerin weitergeleitet. Sie hat diesen Betrag allerdings auf den von der Klägerin
nach der Rechnung vom 29.03.2005 zu zahlenden Kaufpreis von (brutto) 92.601,55 € angerechnet. Demnach
hätte die Klägerin an die B-KG noch den Differenzbetrag von 82.601,55 € zahlen müssen. Der als Anlage 2
zum Schriftsatz der Klägerin vom 13.05.2013 beigefügten "Wagenabrechnung" zufolge wurde diese Differenz
durch Hingabe eines Wechsels in entsprechender Höhe beglichen. Das würde aber im Ergebnis bedeuten,
dass die Klägerin, ginge man nicht von einem Scheingeschäft aus, einen Neuwagen für 92.601,55 € von der
B-KG erworben hat, um ihn für 79.828,91 € an die G GmbH zu veräußern. Die Klägerin hätte also mit diesem
Geschäft einen Verlust in Höhe von 12.772,64 € gemacht, der nur durch den Vorsteuererstattungsanspruch in
Höhe von 12.767,61 € - bis auf einen geringen Fehlbetrag von 5,03 € - wieder ausgeglichen worden wäre. Das
zeigt aber, dass das "eigentliche" Geschäft auf der Ebene der B-KG und der G GmbH gemacht worden ist.
Der erkennende Senat würdigt diese Umstände dahingehend, dass nicht die Klägerin aus den geschlossenen
Verträgen berechtigt und verpflichtet werden sollte, sondern die B-KG und dass die Einschaltung der Klägerin
nur zum Schein erfolgte, damit die B-KG - nur - der Papierform nach belegen konnte, dass sie gegen die
Auflagen aus dem Händlervertrag nicht verstoßen hatte.
3. Dies wirkt sich in zweierlei Hinsicht auf die streitige Umsatzsteuerfestsetzung aus: Zum einen muss die
von dem Beklagten vorgenommene Erhöhung der steuerpflichtigen Umsätze zu 16% in Höhe von 79.828 €
rückgängig gemacht werden. Zum anderen müssen im Gegenzug die abziehbaren Vorsteuer- und
Kürzungsbeträge um die in der Rechnung der B-KG an die Klägerin ausgewiesene Mehrwertsteuer von
12.767,61 € gemindert werden.
4. Ungeachtet dessen wäre die Klage aber auch dann unbegründet, wenn man annehmen würde, dass die
Ein- bzw. Zwischenschaltung der Klägerin in die Lieferung des Sportwagens über die G GmbH an F nicht nur
zum Schein erfolgte.
Die Klägerin könnte sich in diesem Fall nicht auf die Vertrauensschutzregelung des § 6a Abs. 4 UStG
berufen, da sie die nach § 6a Abs. 3 UStG i. V. m. §§ 17a ff. UStDV bestehenden Nachweispflichten nicht
erfüllt hat. Maßgeblich ist nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung zwar insoweit nicht die inhaltliche
Richtigkeit der Beleg- und Buchangaben, da § 6a Abs. 4 Satz 1 UStG das Vertrauen auf unrichtige
Abnehmerangaben schützt; aber es wird gleichwohl doch die formelle Vollständigkeit der Angaben
vorausgesetzt (vgl. BFH-Urteile 25.04.2013 V R 10/11, juris; vom 12.05.2011 V R 46/10, BStBl. II 2011, 957;
und vom 15.07.2004 V R 1/04, BFH/NV 2005, 81 - mit weiteren Nachweisen). Daran fehlt es im Streitfall.
Zwar ist ein CMR-Frachtbrief ein Versendungsbeleg gemäß § 17a Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 i. V. m. § 10 Abs. 1
UStDV - und zwar auch dann, wenn er keine Bestätigung über den Warenempfang am Bestimmungsort
enthält (so BFH-Urteil vom 12.05.2009 V R 65/06, BStBl. II 2010, 511, entgegen BMF-Schreiben vom
06.01.2009, IV B 9-S 7141/08/10001, 2008/0736501, BStBl. I 2009, 60 Rz 29 und 32); wegen der
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Einzelheiten wird auf das zitierte BFH-Urteil Bezug genommen. Doch fehlen in dem von der Klägerin
vorgelegten CMR-Frachtbrief Angaben zum Auslieferungsort, zum Ort und Tag der Übernahme des Gutes,
zum Ort und Datum der Ausfertigung und zum Datum des Empfangs (s. auch BFH-Urteil vom 14.11.2012 XI
R 8/11, BFH/NV 2013, 596: Schädlichkeit fehlender Angaben zu Ort und Tag der Versendung, unter II.2.b.bb
der Entscheidungsgründe; BFH-Urteil vom 14.11.2012 XI R 17/12, BStBl. II 2013, 407: Schädlichkeit der
Angabe nur eines Landes als Bestimmungsort).
Dabei sind an die Nachweispflichten gerade dann, wenn - wie im Streitfall - der (angeblichen)
innergemeinschaftlichen Lieferung eines hochwertigen PKW ein Barkauf mit Beauftragten zugrunde liegt,
wegen der damit einhergehenden umsatzsteuerrechtlichen Missbrauchsgefahr besonders hohe Anforderungen
zu stellen (so BFH-Urteil vom 14.11.2012 XI R 17/12, BStBl. II 2013, 407).
Mit der von der Klägerin vorgelegten, auf den 29.03.2005 datierten "Bestätigung einer
innergemeinschaftlichen Lieferung" kann der erforderliche Nachweis ebenfalls nicht geführt werden; denn
diese wurde nach den darauf enthaltenen Fax-Aufdrucken vorab ausgestellt und unterschrieben.
Dass die Voraussetzungen der Steuerfreiheit gleichwohl objektiv vorgelegen haben, hat die Klägerin ebenfalls
nicht nachweisen können.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 3 FGO.
6. Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür gem. § 115 Abs.2 FGO nicht vorliegen.