Urteil des FG Düsseldorf vom 20.02.2003

FG Düsseldorf (Aufschiebende Bedingung, Käufer, Auflösende Bedingung, Auszahlung, Grundstück, Grundbuch, Kaufpreis, Eigentümer, Gefahr, Wohnungsbau)

Datum:
Gericht:
Spruchkörper:
Entscheidungsart:
Tenor:
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Aktenzeichen:
Finanzgericht Düsseldorf, 10 K 2408/00 G
20.02.2003
Finanzgericht Düsseldorf
10. Senat
Urteil
10 K 2408/00 G
Unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 28. März 2000 wird
der Gewerbesteuermessbescheid für 1991 vom 29. Oktober 1997 dahin
geändert, dass der einheitliche Gewerbesteuermessbetrag auf 35.333,33
Euro (69.106 DM) festgesetzt wird.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte
darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu
vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der
Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Gründe
I.
Die 1975 gegründete Klägerin, die ihren Gewinn nach handelsrechtlichen Grundsätzen
durch Betriebsvermögensvergleich ermittelte, errichtete aufgrund von Kaufverträgen auf ihr
gehörenden Grundstücken Kaufeigenheime zur Nutzung zu eigenen Wohnzwecken. Die
Käufer nahmen für die Objekte weit überwiegend eine steuerliche Förderung nach § 10 e
des Einkommensteuergesetzes (EStG) in Anspruch.
Ein Teil der Käufer kam den Einkommensverhältnissen nach für Förderungsmaßnahmen
nach dem Zweiten Wohnungsbaugesetz (II.WoBauG) in Gestalt von zinsverbilligten
öffentlichen Baudarlehen in Höhe von 25 bis 35 v. H. des Kaufpreises in Betracht. Die
öffentliche Förderung des Objekts war in diesen Fällen Voraussetzung für eine
wirtschaftlich tragbare Belastung des Käufers und damit für den Abschluss des Vertrags.
Der Käufer beauftragte die Klägerin, die Fördermittel bei der Bewilligungsbehörde für ihn
zu beantragen. Er benannte die Klägerin als Empfängerin der auszuzahlenden Mittel, durch
die ein Teil des Kaufpreises getilgt werden sollte. Der Antrag war vor Bezug und
spätestens bis zur Bezugsfertigkeit zu stellen. Die Bewilligung erfolgte, wenn die
Voraussetzungen erfüllt waren, im darauf folgenden Jahr. Die Mittel wurden wiederum ein
Jahr später ausgezahlt. Die Klägerin übernahm es, die Mittel vorzufinanzieren.
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In dem im Streitjahr (1991) für den Abschluss der notariellen Kaufverträge verwendeten
Vertragsmuster, das die Wohnungsbauförderungsanstalt gebilligt hatte, war vorgesehen,
dass der Kaufpreis entsprechend dem Baufortschritt in Teilbeträgen zu zahlen war. Die
Auflassung sollte erst erfolgen, nachdem die öffentlichen Mittel ausgezahlt waren. Um den
Anspruch des Käufers auf Eigentumsübertragung zu sichern, bewilligte die Klägerin die
Eintragung einer Auflassungsvormerkung im Grundbuch. Das Objekt war dem Käufer nach
Bezugsfertigkeit zur Nutzung zu übergeben und von ihm zu übernehmen. Er hatte ab dem
Tag des Einzugs anstelle einer Nutzungsentschädigung die von der Klägerin geschuldeten
Zins- und Tilgungsleistungen aus der Kaufpreisfinanzierung zu übernehmen. Der Käufer
war zudem ab diesem Zeitpunkt verpflichtet, die auf dem Grundstück lastenden Steuern
und Grundbesitzabgaben zu tragen und die Prämien für die Gebäudeversicherung zu
zahlen. Die Verkehrssicherungspflichten gingen ebenfalls mit dem Tag des Einzugs auf ihn
über. Die Gewährleistung richtete sich nach Werkvertragsrecht. Ein Anspruch auf
Wandlung wurde ausgeschlossen. Der Vertrag wurde unter der aufschiebenden Bedingung
abgeschlossen, dass die eingeplanten öffentlichen Mittel innerhalb von drei Jahren nach
Vertragsabschluss ausgezahlt würden. Falls es nicht dazu kam, sollte der Vertrag nicht
durchgeführt werden. Der Käufer verpflichtete sich, alles in seiner Macht Stehende zu
unternehmen, um die Bewilligung und Auszahlung der Mittel zu erreichen. Der vorletzte
und der letzte Teilbetrag des Kaufpreises waren erst "nach Wegfall" der aufschiebenden
Bedingung zu zahlen. Anlass für diese aufschiebende Bedingung waren Regelungen in
den Wohnungsbauförderungsbestimmungen 1984 - WFB 1984 - (Ministerialblatt für das
Land Nordrhein-Westfalen 1984, 576). Nach Nr. 5.32 Satz 1 WFB 1984 durften notarielle
Beurkundungen vertraglicher Abmachungen, die auf die Übertragung des Eigentums
gerichtet waren und Verpflichtungen des Ersterwerbers begründeten, erst nach Erteilung
des Bewilligungsbescheides erfolgen. Abweichend davon durften nach Nr. 5.33 Sätze 1
und 2 WFB 1984 dem Ersterwerber die beantragten Mittel bewilligt werden, wenn der
Vertrag die Voraussetzungen der Nr. 5.35 erfüllte und einen Rücktrittsvorbehalt des
Ersterwerbers für den Fall enthielt, dass innerhalb einer Frist bis zu zwei Jahren ab
Vertragsschluss die für die Finanzierung vorgesehenen Mittel nicht bewilligt wurden.
Anstelle vertraglicher Abmachungen mit Rücktrittsvorbehalt konnten auch bedingte und
entsprechend Nr. 5.33 Satz 1 befristete Vereinbarungen getroffen werden, deren
Wirksamkeit von der Erteilung eines Bewilligungsbescheides über die in der Finanzierung
vorgesehenen Mittel abhing.
Vier von 32 Verträgen, die die Klägerin im Streitjahr unter der aufschiebenden Bedingung
der Auszahlung öffentlicher Mittel abgeschlossen hatte, wurden nicht durchgeführt. In
weiteren zwei Fällen wurden die Ehen der Käufer kurze Zeit nach der Gewährung der
öffentlichen Baudarlehen geschieden. Als Folge dessen kam es zur Versteigerung der
Objekte.
Die Klägerin erfasste die Gewinne aus dem Verkauf der Grundstücke erst in dem
Erhebungszeitraum, in dem die öffentlichen Mittel ausgezahlt wurden, d. h. mit Eintritt der
aufschiebenden Bedingung. Der Beklagte ging dagegen im Anschluss an eine 1997 bei
der Klägerin für die Jahre 1991 bis 1995 durchgeführte Betriebsprüfung davon aus, dass
die Gewinne aufgrund der Verträge, bei denen die Finanzierung unter Einsatz öffentlicher
Mittel erfolgen sollte, bereits mit der Bezugsfertigkeit der Objekte realisiert worden seien
(vgl. Tz. 39 und Anlage 2 i des Prüfungsberichts vom 11. September 1997). Den sich
dadurch ergebenden Mehrgewinn sowie andere sich aufgrund der Betriebsprüfung
ergebende Änderungen berücksichtigte er in einem nach § 164 Abs. 2 der
Abgabenordnung (AO 1977) geänderten Gewerbesteuermessbescheid für 1991 vom 29.
Oktober 1997.
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Mit der nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobenen Klage vertritt die Klägerin die
Auffassung, dass sie die Gewinne aus dem Verkauf der Grundstücke, bei denen der
zugrunde liegende Kaufvertrag aufschiebend bedingt war, erst mit Eintritt der Bedingung
realisiert habe, d. h. mit der Auszahlung der öffentlichen Mittel. Die in den Verträgen
enthaltene aufschiebende Bedingung könne nicht, wie der Beklagte dies getan habe, als
auflösende Bedingung oder Einräumung eines Rücktrittsrechts behandelt werden; denn
der Vertrag habe erst mit der Auszahlung der öffentlichen Mittel wirksam werden sollen.
Zum Schutz des Käufers habe die Wirksamkeit des Vertrags nicht - was Voraussetzung für
die Annahme einer auflösenden Bedingung oder eines Rücktrittsrechts sei - schon mit
seinem Abschluss eintreten sollen. Auch grunderwerbsteuerrechtlich sei stets von einer
Wirksamkeit des Vertrags erst nach vollständiger Kaufpreiszahlung, d. h. Auszahlung auch
der öffentlichen Mittel, ausgegangen worden. Die Verträge seien frühestens mit Eintritt der
Bedingung wirtschaftlich erfüllt worden, weil erst dann die Auflassung erklärt und der
Eigentumswechsel im Grundbuch eingetragen worden sei. Der Käufer sei zudem nicht
bereits mit der Übergabe des bezugsfertigen Gebäudes wirtschaftlicher Eigentümer des
Grundstücks geworden. Ihm sei von diesem Zeitpunkt an bis zum Bedingungseintritt
lediglich die Befugnis eingeräumt worden, das Grundstück wie ein Mieter zu nutzen. Eine
weiter gehende Befugnis sei ihm nicht eingeräumt worden. Die Nutzungsbefugnis habe
zudem längstens drei Jahre bestanden, nämlich bis zum Eintritt oder Nichteintritt der
Bedingung. Dies genüge nicht, um sie - die Klägerin - für die gewöhnliche Nutzungsdauer
von der Einwirkung auf das Grundstück auszuschließen, zumal stets unsicher gewesen sei,
ob die öffentlichen Mittel ausgezahlt werden würden. Dies sei entgegen der Darstellung
des Beklagten nicht lediglich eine Formsache gewesen. Die Bewilligung der Mittel habe
einem eigenständigen Prüfungs- und Zuteilungsrecht der Bewilligungsbehörde unterlegen.
Sie - die Klägerin - habe darauf keinen Einfluss gehabt. Demgegenüber habe der Käufer
den Bedingungseintritt verhindern können, sofern er von der Bewilligungsbehörde
angeforderte Unterlagen nicht vorgelegt hätte. Sei es nicht zur Bewilligung gekommen, so
habe sie keinen Schadensersatz verlangen können. Der Ausweis eines Gewinns vor
Eintritt der Bedingung sei daher nach dem Vorsichtsprinzip als unzulässig anzusehen.
Die Klägerin beantragt,
unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 28. März 2000 den geänderten
Gewerbesteuermessbescheid für 1991 vom 29. Oktober 1997 dahin zu ändern, dass der
einheitliche Gewerbesteuermessbetrag um 13.765 DM herabgesetzt wird.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er ist der Ansicht, dass der Käufer mit der Übergabe des Gebäudes wirtschaftlicher
Eigentümer des Grundstücks geworden sei. Entscheidend sei, dass die Klägerin sich durch
Abschluss des Kaufvertrags faktisch ihres Herausgabeanspruchs aufgrund ihrer
Rechtsstellung als rechtliche Eigentümerin begeben habe, weil sie verpflichtet gewesen
sei, dem Käufer auch rechtliches Eigentum zu verschaffen und diese Verpflichtung durch
Bewilligung der Eintragung einer Auflassungsvormerkung auch weitgehend erfüllt habe.
Der Erwerb auch des rechtlichen Eigentums habe von da an allein in der Hand des Käufers
gelegen. Die Praxis zeige, dass die Vertragsparteien selbst in den wenigen Fällen, in
denen die öffentlichen Mittel nicht gewährt worden seien, d. h. die aufschiebende
Bedingung nicht eingetreten sei, von einer Rückgängigmachung des Erwerbs abgesehen
hätten. So sei in einem ihm bekannten Fall die besondere Vereinbarung nach Abschnitt
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XX. des Kaufvertrags ersatzlos aufgehoben worden, nachdem die öffentlichen Mittel nicht
gewährt worden seien. Stattdessen sei als aufschiebende Bedingung für die Durchführung
des Vertrags vereinbart worden, dass die Zahlung des Restkaufpreises bis zum 28.
Februar 2004 zu erfolgen habe. Dem Käufer sei also die Möglichkeit verblieben, den
fehlenden Betrag anderweitig zu finanzieren und durch Zahlung auch des Restkaufpreises
die Umschreibung im Grundbuch zu erreichen.
Wegen weiterer Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die zwischen ihnen
gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
Das Gericht hat die den Streitfall betreffenden Steuerakten des Beklagten sowie die
Stehordner III und VI der Arbeitsunterlagen des Betriebsprüfers beigezogen.
II.
Die Klage ist begründet.
Der angefochtene Bescheid ist rechtswidrig. Die Auffassung des Beklagten, dass die
Klägerin aus dem Verkauf der im Streitjahr bezugsfertig gewordenen Eigenheime, bei
denen der Kaufpreis teilweise mit öffentlichen Mitteln finanziert werden sollte, bereits in
diesem Erhebungszeitraum Gewinne realisiert habe, ist unzutreffend.
1. a) Nach § 252 Abs. 1 Nr. 4 letzter Halbsatz des Handelsgesetzbuchs (HGB) sind
Gewinne nur zu berücksichtigen, wenn sie am Abschlussstichtag realisiert sind. Der
Gewinn aus dem Verkauf eines Grundstücks ist
regelmäßig
Kaufpreisforderung in voller Höhe zu aktivieren, wenn Besitz, Nutzungen und Lasten auf
den Erwerber übergegangen sind (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 28. März
2000 VIII R 77/96, Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs - BFHE - 191,
339, Bundessteuerblatt - BStBl - II 2002, 227, m. w. N.). Diese Anknüpfung hat ihren Grund
darin, dass mit der Übergabe der verkauften Sache - von Ausnahmen abgesehen - gemäß
§ 446 Abs. 1 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) i. d. F. bis zum In-Kraft-Treten
des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts (SchuModG) vom 26. November 2001
(nunmehr: § 446 Satz 1 BGB n. F.) die Gefahr des zufälligen Untergangs und einer
zufälligen Verschlechterung auf den Käufer überging (vgl. BFH-Urteil vom 5. Mai 1976 I R
121/74, BFHE 119, 59, BStBl II 1976, 541). Von diesem Zeitpunkt an reduziert sich das
Kaufpreisrisiko des Verkäufers aus dem Verkauf darauf, dass der Käufer
Gewährleistungsansprüche geltend macht oder sich als zahlungsunfähig erweist (vgl. BFH-
Urteil vom 27. Februar 1986 IV R 52/83, BFHE 146, 383, BStBl II 1986, 552). Diese
Grundsätze gelten in gleicher Weise für Kauf- und für Werklieferungsverträge (vgl. BFH-
Urteil in BFHE 191, 339, BStBl II 2002, 227), d. h. auch dann, wenn sich der Übergang der
Preisgefahr - wie im Streitfall - gemäß § 651 Abs. 1 BGB a. F. nach § 644 Abs. 1 Satz 1
BGB a. F. richtet.
Im Streitfall ist es hinsichtlich der im Erhebungszeitraum 1991 abgeschlossenen Verträge,
bei denen der Kaufpreis teilweise unter Einsatz öffentlicher Mittel aufgebracht werden
sollte, nicht zu einer Gewinnrealisierung gekommen, weil die Preisgefahr nicht
übergegangen ist. Die Preisgefahr geht nämlich in dem vom Gesetz dafür vorgesehenen
Zeitpunkt nur über, wenn ein wirksamer Vertrag vorliegt (vgl. Urteil des Bundesgerichtshofs
- BGH - vom 19. Februar 1975 VIII ZR 175/73, Neue Juristische Wochenschrift - NJW -
1975, 776). Die hier zu beurteilenden Verträge waren im Zeitpunkt der Bezugsfertigkeit der
Objekte noch nicht wirksam, weil sie unter der aufschiebenden Bedingung der Auszahlung
der öffentlichen Mittel standen.
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Auch der Übergang des wirtschaftlichen Eigentums, auf den der Beklagte bei seiner
Argumentation abstellt, hatte in diesem Zeitpunkt noch nicht stattgefunden; denn auch
wirtschaftliches Eigentum geht nicht eher auf den Erwerber über, als nicht Nutzen, Lasten
und die Gefahr des zufälligen Untergangs übergegangen sind (vgl. BFH-Urteil vom 27.
September 2001 X R 67/00, Sammlung nicht amtlich veröffentlichter Entscheidungen des
Bundesfinanzhofs - BFH/NV - 2002, 327).
b) Eine disponible Vermögensmehrung, die einen Gewinnausweis gebietet, ist allerdings
auch dann anzunehmen, wenn der Kaufmann die von ihm geschuldeten
Erfüllungshandlungen "wirtschaftlich erfüllt" hat und ihm die Forderung auf die
Gegenleistung (die Zahlung) - von den mit jeder Forderung verbundenen Risiken
abgesehen -
so gut wie sicher
448, BStBl II 1993, 786, m. w. N.). Dies kann im Streitfall mit Rücksicht auf das die
Gewährung der öffentlichen Mittel regelnde Bewilligungsrecht nicht angenommen werden.
Öffentliche Mittel konnten nach § 33 Abs. 1 II.WoBauG auf Antrag einem Bauherrn bewilligt
werden, der Eigentümer eines geeigneten Baugrundstücks war oder nachwies, dass der
Erwerb eines derartigen Grundstücks gesichert war oder durch die Gewährung der
öffentlichen Mittel gesichert wurde. Voraussetzung war, dass das Bauvorhaben den Zielen
des II.WoBauG sowie den aufgrund des II.WoBauG für den öffentlich geförderten sozialen
Wohnungsbau geltenden Rechtsvorschriften und Förderungsbestimmungen entsprach,
dass der Bauherr die erforderliche Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit besaß und dass
Gewähr für eine ordnungsmäßige und wirtschaftliche Durchführung des Bauvorhabens und
für eine ordnungsmäßige Verwaltung der Wohnungen bestand. Dem Bauherrn eines
Kaufeigenheims stand der Bewerber gleich, wenn diesem die öffentlichen Mittel zum
Erwerb bewilligt wurden (§ 33 Abs. 4 II.WoBauG). Ein Rechtsanspruch auf Bewilligung
öffentlicher Mittel bestand nach § 33 Abs. 3 II.WoBauG - vorbehaltlich der §§ 45 und 57
Abs. 2 Satz 3 II.WoBauG (Gewährung von Familienzusatzdarlehen und Förderung von
Kleinsiedlungen)
nicht
Der Eintritt der Bedingung war damit in zweierlei Hinsicht mit Risiken behaftet, die die
Klägerin auch bei sorgfältigster Prüfung nicht ausschließen konnte. Sie konnte zum einen
nicht gewährleisten, dass der Käufer die Förderungsvoraussetzungen bis zum
Bewilligungszeitpunkt erfüllte. Arbeitsplatzverlust, Erwerbsunfähigkeit, Eheprobleme oder
andere unvorsehbare Umstände konnten dazu führen, dass der Käufer nicht mehr zum
förderungsfähigen Personenkreis gehörte. Die sorgfältige Prüfung der Interessenten vor
Vertragsabschluss konnte lediglich zum Ausschluss der Personen führen, die die
Förderungsvoraussetzungen schon in diesem Zeitpunkt nicht erfüllten. Sie konnte nicht
sicherstellen, dass sich in der Sphäre des Käufers keine relevanten Änderungen ergeben
würden. Die Klägerin war auch nicht in der Lage, nicht bewilligte öffentliche Mittel
langfristig selbst zu den selben Bedingungen auszuleihen; denn für sie war nach ihren
unwidersprochenen Ausführungen in der mündlichen Verhandlung nur die Kreditierung
deutlich geringer Beträge tragbar. Wie die von der Klägerin angeführten vier Fälle, in denen
es nicht zu einer Vertragsdurchführung kam, zeigen, bestand zudem ein nicht nur
theoretisches Risiko, dass ein Käufer sich anders entschied oder sich nicht in der
gebotenen Weise daran beteiligte, den Bedingungseintritt herbeizuführen.
Zum anderen stand die Bewilligung stets unter dem Vorbehalt, dass Bund, Länder und
Gemeinden die öffentlichen Mittel zur Verfügung standen. Bei einer Verschlechterung der
Haushaltslage zwischen Beantragung und Bewilligung der Mittel stand zu befürchten, dass
die Mittel mangels Rechtsanspruchs nicht gewährt wurden. Auch dieses Risiko war nicht
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nur theoretisch, wie der zeitweise Rückzug des Bundes aus der direkten finanziellen
Förderungsbeteiligung in den Achtzigerjahren des vorigen Jahrhunderts zeigt (vgl.
Schubart/Kohlenbach/Bohndick, Wohnungsbau, Kommentar, Stand: Oktober 2001,
Einführung II.WoBauG, S. 1). Dieses Risiko war für die Klägerin ebenfalls nicht
beherrschbar.
Aus diesen Umständen ergibt sich, dass die Forderungen der Klägerin aus den unter der
aufschiebenden Bedingung der Auszahlung öffentlicher Mittel abgeschlossenen Verträgen
mit besonderen, über das normale Gewährleistungs- und Ausfallrisiko hinausgehenden
Risiken behaftet waren. "So gut wie sicher" waren diese Forderungen erst mit der
Auszahlung der öffentlichen Mittel.
Diese Beurteilung entspricht der generellen Einschätzung in der handelsrechtlichen
Literatur, dass Gewinne aus aufschiebend bedingten Forderungen grundsätzlich erst mit
Bedingungseintritt realisiert sind (vgl. Weber-Grellet, Deutsches Steuerrecht - DStR - 1996,
896, 898; Neumayer, Betriebs-Berater - BB - 1998, 735, 736; Adler/Düring/ Schmaltz,
Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, 6. Aufl., Teilband 6, Stand: 1998, § 246
HGB Tz. 53). Etwas anderes kann allenfalls dann gelten, wenn es ausschließlich vom
Willen des Sachleistungsverpflichteten (Steuerpflichtigen) abhängt, ob die Bedingung
eintritt.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO).
3. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 151 Abs. 3 FGO i. V.
m. den §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.
4. Die Revision war nicht zuzulassen. Durch die Rechtsprechung des BFH ist geklärt, wann
ein Gewinn realisiert ist. Die Anwendung dieser Grundsätze im Einzelfall begründet keine
grundsätzliche Bedeutung i. S. von § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO.