Urteil des EuGH vom 29.04.2004

EuGH: freizügigkeit der arbeitnehmer, nova, mitgliedstaat, kommission, bemessungsgrundlage, verbot der diskriminierung, anwendungsbereich, privatperson, lieferung, staatsangehörigkeit

WICHTIGER RECHTLICHER HINWEIS:
und Urheberrechtsschutz.
URTEIL DES GERICHTSHOFES (Sechste Kammer)
29. April 2004
„Freizügigkeit der Arbeitnehmer – Einfuhr von Kraftfahrzeugen – Normverbrauchsabgabe – Zölle und Abgaben
gleicher Wirkung – Diskriminierende Besteuerung – Sechste Mehrwertsteuerrichtlinie – Umsatzsteuer“
In der Rechtssache C-387/01
betreffend ein dem Gerichtshof nach Artikel 234 EG vom Verwaltungsgerichtshof (Österreich) in dem bei
diesem anhängigen Rechtsstreit
Harald Weigel
Ingrid Weigel
gegen
Finanzlandesdirektion für Vorarlberg
vorgelegtes Ersuchen um Vorabentscheidung über die Auslegung der Artikel 12 EG, 23 EG, 25 EG, 39 EG
und 90 EG sowie der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der
Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem:
einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. L 145, S. 1) in der Fassung der Richtlinie
91/680/EWG des Rates vom 16. Dezember 1991 zur Ergänzung des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems
und zur Änderung der Richtlinie 77/388 im Hinblick auf die Beseitigung der Steuergrenzen (ABl. L 376, S. 1)
erlässt
DER GERICHTSHOF (Sechste Kammer)
unter Mitwirkung des Richters V. Skouris in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Sechsten
Kammer, der Richter C. Gulmann, J.-P. Puissochet und R. Schintgen sowie der Richterin N. Colneric
(Berichterstatterin),
Generalanwalt: A. Tizzano,
Kanzler: M.-F. Contet, Hauptverwaltungsrätin,
unter Berücksichtigung der schriftlichen Erklärungen
von Herrn und Frau Weigel, vertreten durch Rechtsanwalt W. Weh,
der österreichischen Regierung, vertreten durch H. Dossi als Bevollmächtigten,
der dänischen Regierung, vertreten durch J. Molde und J. Bering Liisberg als Bevollmächtigte,
der finnischen Regierung, vertreten durch E. Bygglin als Bevollmächtigte,
der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch E. Traversa und K. Gross als
Bevollmächtigte,
aufgrund des Sitzungsberichts,
nach Anhörung der mündlichen Ausführungen von Herrn und Frau Weigel, vertreten durch die Rechtsanwälte
W. Weh und W. Simmer, der österreichischen Regierung, vertreten durch F. Sutter als Bevollmächtigten, der
dänischen Regierung, vertreten durch J. Molde, der finnischen Regierung, vertreten durch T. Pynnä als
Bevollmächtigte, und der Kommission, vertreten durch K. Gross, in der Sitzung vom 10. April 2003,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 3. Juli 2003,
folgendes
Urteil
1
Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Beschluss vom 20. September 2001, beim Gerichtshof eingegangen am
8. Oktober 2001, gemäß Artikel 234 EG drei Fragen nach der Auslegung der Artikel 12 EG, 23 EG, 25 EG, 39
EG und 90 EG sowie der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der
Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem:
einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. L 145, S. 1) in der Fassung der Richtlinie
91/680/EWG des Rates vom 16. Dezember 1991 zur Ergänzung des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems
und zur Änderung der Richtlinie 77/388 im Hinblick auf die Beseitigung der Steuergrenzen (ABl. L 376, S. 1)
(im Folgenden: Sechste Richtlinie) zur Vorabentscheidung vorgelegt.
2
Diese Fragen stellen sich in einem Rechtsstreit zwischen Herrn und Frau Weigel und der
Finanzlandesdirektion Vorarlberg über die Normverbrauchsabgabe, die den Eheleuten aufgrund der
Zulassung der ihnen gehörenden Kraftfahrzeuge in Österreich anlässlich ihrer Übersiedlung in diesen
Mitgliedstaat auferlegt wurde.
Rechtlicher Rahmen
Bestimmungen des EG-Vertrags
3
Artikel 12 Absatz 1 EG bestimmt:
„Unbeschadet besonderer Bestimmungen dieses Vertrags ist in seinem Anwendungsbereich jede
Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit verboten.“
4
In Artikel 23 Absatz 1 EG heißt es:
„Grundlage der Gemeinschaft ist eine Zollunion, die sich auf den gesamten Warenaustausch erstreckt; sie
umfasst das Verbot, zwischen den Mitgliedstaaten Ein- und Ausfuhrzölle und Abgaben gleicher Wirkung zu
erheben, sowie die Einführung eines Gemeinsamen Zolltarifs gegenüber dritten Ländern.“
5
Artikel 25 EG lautet:
„Ein- und Ausfuhrzölle oder Abgaben gleicher Wirkung sind zwischen den Mitgliedstaaten verboten. Dieses
Verbot gilt auch für Finanzzölle.“
6
Artikel 39 EG bestimmt:
„(1) Innerhalb der Gemeinschaft ist die Freizügigkeit der Arbeitnehmer gewährleistet.
(2) Sie umfasst die Abschaffung jeder auf der Staatsangehörigkeit beruhenden unterschiedlichen
Behandlung der Arbeitnehmer der Mitgliedstaaten in Bezug auf Beschäftigung, Entlohnung und sonstige
Arbeitsbedingungen
(3) Sie gibt – vorbehaltlich der aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit und Gesundheit
gerechtfertigten Beschränkungen – den Arbeitnehmern das Recht,
a)
sich um tatsächlich angebotene Stellen zu bewerben;
b)
sich zu diesem Zweck im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen;
c)
sich in einem Mitgliedstaat aufzuhalten, um dort nach den für die Arbeitnehmer dieses Staates
geltenden Rechts- und Verwaltungsvorschriften eine Beschäftigung auszuüben;
d)
nach Beendigung einer Beschäftigung im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats unter Bedingungen zu
verbleiben, welche die Kommission in Durchführungsverordnungen festlegt.
(4) Dieser Artikel findet keine Anwendung auf die Beschäftigung in der öffentlichen Verwaltung.“
7
Artikel 90 Absatz 1 EG lautet:
„Die Mitgliedstaaten erheben auf Waren aus anderen Mitgliedstaaten weder unmittelbar noch mittelbar
höhere inländische Abgaben gleich welcher Art, als gleichartige inländische Waren unmittelbar oder
mittelbar zu tragen haben.“
Abgeleitetes Recht
8
Artikel 2 der Sechsten Richtlinie bestimmt:
„Der Mehrwertsteuer unterliegen:
1.
Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen, die ein Steuerpflichtiger als solcher im Inland
gegen Entgelt ausführt;
2.
die Einfuhr von Gegenständen.“
9
Artikel 17 der Sechsten Richtlinie begründet in den in dieser Vorschrift genannten Fällen ein Recht auf
Vorsteuerabzug.
10
Artikel 33 Absatz 1 der Sechsten Richtlinie lautet:
„Unbeschadet anderer Gemeinschaftsbestimmungen, insbesondere der geltenden
Gemeinschaftsbestimmungen über das allgemeine System, den Besitz, die Beförderung und die Kontrolle von
verbrauchsteuerpflichtigen Waren, hindern die Bestimmungen dieser Richtlinie einen Mitgliedstaat nicht
daran, Abgaben auf Versicherungsverträge, Abgaben auf Spiele und Wetten, Verbrauchsteuern,
Grunderwerbsteuern sowie ganz allgemein alle Steuern, Abgaben und Gebühren, die nicht den Charakter
von Umsatzsteuern haben, beizubehalten oder einzuführen, sofern diese Steuern, Abgaben und Gebühren
im Verkehr zwischen den Mitgliedstaaten nicht mit Formalitäten beim Grenzübergang verbunden sind.“
11
Die Richtlinie 83/183/EWG des Rates vom 28. März 1983 über Steuerbefreiungen bei der endgültigen Einfuhr
persönlicher Gegenstände durch Privatpersonen aus einem Mitgliedstaat (ABl. L 105, S. 64) zielt darauf ab,
die Behinderungen der Freizügigkeit innerhalb der Europäischen Gemeinschaft zu beseitigen. Der
Anwendungsbereich der Richtlinie ist in deren Artikel 1 folgendermaßen definiert:
„(1) Die Mitgliedstaaten gewähren unter den Bedingungen und in den Fällen, die nachstehend genannt
sind, bei der endgültigen Einfuhr persönlicher Gegenstände durch Privatpersonen aus einem anderen
Mitgliedstaat Befreiung von Umsatzsteuern, Sonderverbrauchsteuern und sonstigen Verbrauchsabgaben,
die normalerweise hierbei erhoben werden.
(2) Diese Richtlinie gilt nicht für spezifische und/oder regelmäßige Abgaben für die Benutzung dieser
Gegenstände innerhalb des Landes, beispielsweise Abgaben für die Zulassung von Kraftfahrzeugen,
Straßenverkehrsabgaben, Fernsehgebühren.“
12
Gemäß Artikel 2 der Verordnung (EWG) Nr. 918/83 des Rates vom 28. März 1983 über das gemeinschaftliche
System der Zollbefreiungen (ABl. L 105, S. 1) ist das Übersiedlungsgut natürlicher Personen, die ihren
gewöhnlichen Wohnsitz in das Zollgebiet der Gemeinschaft verlegen, vorbehaltlich der Artikel 3 bis 10 dieser
Verordnung von den Eingangsabgaben befreit.
13
Das Normverbrauchsabgabegesetz (im Folgenden: NoVAG) wurde mit dem Abgabenänderungsgesetz 1991
(BGBl. Nr. 695/1991) in die österreichische Rechtsordnung aufgenommen. Es wurde 1995 (BGBl.
Nr. 21/1995) und 1996 (BGBl. Nr. 201/1996) geändert und ist nach seinem § 15 Abs. 1 auf Vorgänge nach
dem 31. Dezember 1991 anzuwenden.
14
§ 1 NoVAG bestimmt:
„Der Normverbrauchsabgabe unterliegen die folgenden Vorgänge:
1.
Die Lieferung von bisher im Inland nicht zum Verkehr zugelassenen Kraftfahrzeugen sowie von
Vorführkraftfahrzeugen, die ein Unternehmer … im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines
Unternehmens ausführt ...
2.
Die gewerbliche Vermietung im Inland von bisher im Inland nicht zum Verkehr zugelassenen
Kraftfahrzeugen ...
3.
Die erstmalige Zulassung von Kraftfahrzeugen zum Verkehr im Inland, ausgenommen von
Vorführkraftfahrzeugen, sofern die Steuerpflicht nicht bereits nach Z 1 oder 2 eingetreten ist oder
nach Eintreten der Steuerpflicht eine Vergütung nach § 12 Abs. 1 erfolgt ist.
…“
15
Nach § 1 Z. 4 NoVAG unterliegen der Normverbrauchsabgabe (im Folgenden: NoVA) u. a. die Lieferung, der
Eigenverbrauch durch Entnahme und die Änderung der begünstigten Nutzung von nach § 3 Z. 3 befreiten
Fahrzeugen.
16
Als Kraftfahrzeuge gelten nach § 2 Z. 1 und 2 NoVAG Krafträder und Personenkraftwagen nach Maßgabe der
dort näher angeführten Positionen der zolltariflichen Einstufung nach der Kombinierten Nomenklatur.
17
Abgabenschuldner ist nach § 4 Z. 1 NoVAG in den Fällen der Lieferung (§ 1 Z. 1 und 4 NoVAG), der
gewerblichen Vermietung (§ 1 Z. 2), des Eigenverbrauchs und der Nutzungsänderung (§ 1 Z. 4) der
Unternehmer, der die Lieferung oder die gewerbliche Vermietung ausführt oder einen der sonstigen
Tatbestände des § 1 Z. 4 setzt. Gemäß § 4 Z. 2 ist im Fall der erstmaligen Zulassung (§ 1 Z. 3) derjenige
Abgabenschuldner, für den das Kraftfahrzeug zugelassen wird.
18
Die Bemessungsgrundlage der NoVA wird in § 5 NoVAG wie folgt bestimmt:
„(1) Die Abgabe ist in den Fällen der Lieferung (§ 1 Z 1 und 4) nach dem Entgelt im Sinne des § 4 UStG
[Umsatzsteuergesetz] 1972 zu bemessen.
(2) Die Abgabe ist in allen anderen Fällen (§ 1 Z 2, Z 3 und Z 4) nach dem ohne Umsatzsteuerkomponente
ermittelten gemeinen Wert des Kraftfahrzeuges zu bemessen.
(3) Die Normverbrauchsabgabe gehört nicht zur Bemessungsgrundlage.“
19
§ 5 Abs. 2 NoVAG wurde im Jahr 2000 durch folgenden Satz ergänzt (BGBl. I Nr. 142/2000):
„Wird das Fahrzeug im übrigen Gemeinschaftsgebiet bei einem befugten Fahrzeughändler erworben, dann
gilt der Anschaffungspreis als gemeiner Wert.“
20
Nach § 10 Abs. 2 des Bewertungsgesetzes 1955 (BGBl. Nr. 148/1955, im Folgenden: BewG) wird der gemeine
Wert durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des
Wirtschaftsguts bei einer Veräußerung zu erzielen wäre.
21
Punkt 5.2 des Erlasses des österreichischen Bundesministeriums für Finanzen vom 1. September 1995 zur
Änderung der NoVA‑Richtlinien (Bundesministerium für Finanzen, Sektion IV, Gz. 14 0609/8‑IV/11/95) präzisiert
bezüglich der Berechnung der NoVA wie folgt:
„5.2 – Gemeiner Wert
„In allen Fällen, in denen die Steuerschuld nicht auf Grund einer Lieferung entsteht (z. B. Leasing,
Eigenimport, Änderung der Verhältnisse durch Nutzungsänderung, Eigenverbrauch), ist
Bemessungsgrundlage der gemeine Wert ohne Umsatzsteuerkomponente und ohne NoVA‑Komponente (vgl.
§ 5 Abs. 3 NoVAG). Der gemeine Wert ist nach § 10 BewG zu ermitteln. Der gemeine Wert orientiert sich an
der jeweiligen Handelsstufe des Steuerschuldners …
Folgende Ermittlungsmethoden kommen in Betracht:
5.2.1 Import aus dem EU-Raum:
Grundlage des gemeinen Wertes sind grundsätzlich die inländischen Eurotax-Notierungen. Als gemeiner
Wert gilt dabei der Mittelwert zwischen dem Händler-Einkaufspreis und dem Händler-Verkaufspreis (jeweils
ohne Umsatzsteuer- und NoVA-Komponente). Dieser Mittelwert entspricht idR jenem Preis, der bei einer
Veräußerung des importierten Fahrzeugs an einen privaten inländischen Abnehmer
(= Einzelveräußerungspreis im Sinne des § 10 BewG) zu erzielen ist. Auf Grund unterschiedlicher Garantie-
und Servicebedingungen, allfälliger Reparaturnotwendigkeit, unterschiedlicher Ausstattung und
unterschiedlicher Abnutzung kann der gemeine Wert im konkreten Fall von diesem Wert abweichen. Es
bestehen keine Bedenken, den ausländischen Kaufpreis ohne weitere Prüfung insoweit als gemeinen Wert
zur Bemessung der NoVA heranzuziehen, als er nicht mehr als 20 % von diesem Eurotax-Mittelwert abweicht.
Der Grund für eine darüber hinausgehende Abweichung ist vom Steuerpflichtigen im Einzelfall
nachzuweisen.“
22
Der Tarif der NoVA ergibt sich aus § 6 NoVAG. Bei den Beschwerdeführern des Ausgangsverfahrens wurde
der erhöhte Satz nach § 6 Abs. 6 NoVAG angewandt.
23
§ 6 NoVAG bestimmt:
„(1) ...
(2) Der Steuersatz beträgt für andere Kraftfahrzeuge 2 % vervielfacht mit dem um 3 Liter (bei
Dieselfahrzeugen um 2 Liter) verminderten Kraftstoffverbrauch in Litern, wobei der Gesamtverbrauch gemäß
MVEG‑Zyklus nach der EU-Richtlinie 80/1268 in der Fassung 93/116 zugrunde zu legen ist. Bei einem
Durchschnittsverbrauch von nicht mehr als 3 Litern (bei Dieselfahrzeugen von nicht mehr als 2 Litern)
beträgt der Steuersatz 0 %.
(3) Die errechneten Steuersätze sind auf volle Prozentsätze auf- oder abzurunden. Die Abgabe beträgt
höchstens 16 % der Bemessungsgrundlage.
(6) Die Steuer erhöht sich in jenen Fällen, in denen die Normverbrauchsabgabe nicht Teil der
Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer ist, um 20 %.“
24
Die Steuerschuld entsteht nach § 7 Abs. 1 Z. 3 NoVAG in den Fällen des § 1 Z. 3 NoVAG mit dem Tag der
Zulassung.
25
Aus der Übergangsregelung des § 15 Abs. 2 Satz 1 NoVAG folgt, dass die erstmalige Zulassung zum Verkehr
im Inland nicht NoVA‑pflichtig ist, wenn die Kraftfahrzeuge aufgrund einer Lieferung oder einer Einfuhr einem
Umsatzsteuersatz von 32 % unterzogen worden sind, ohne dass der Empfänger der Lieferung oder der
Importeur einen Vorsteuerabzug in Anspruch nehmen konnte.
Ausgangsverfahren
26
Die Eheleute Weigel, die Beschwerdeführer des Ausgangsverfahrens (im Folgenden: die Beschwerdeführer),
sind deutsche Staatsbürger, die Mitte des Jahres 1996 nach Österreich übersiedelten. Herr Weigel, der bis
dahin in Deutschland erwerbstätig gewesen war, wurde damals zum Leiter der Vorarlberger Landesbibliothek
bestellt. Frau Weigel war bis zur Geburt des gemeinsamen Kindes ebenfalls in Deutschland erwerbstätig
gewesen.
27
Als Übersiedlungsgut brachten die Beschwerdeführer je einen Personenkraftwagen mit nach Österreich.
Anlässlich ihrer Übersiedlung mussten sie dort die Zulassung der Fahrzeuge beantragen. Nachdem die
Zulassung erfolgt war, wurde ihnen mit Bescheiden des Finanzamts Feldkirch vom 2. Oktober 1996 die NoVA
auferlegt, die sich für das Fahrzeug des Beschwerdeführers auf 31 416 ATS und für das Fahrzeug seiner
Frau auf 7 668 ATS belief.
28
Die dem Beschwerdeführer auferlegte Abgabe betraf ein Kraftfahrzeug der Marke Mitsubishi Space Wagon
GLXi, Baujahr 1995. Dieses Fahrzeug hatte nach Eurotax-Notierungen einen Wert von 187 000 ATS, der als
Grundlage für die Bemessung der NoVA diente. Unter Anwendung eines Steuersatzes von 14 % wurde eine
NoVA von 26 180 ATS (im Folgenden: Grundabgabe) ferstgesetzt. Die Grundabgabe wurde anschließend um
20 % erhöht, d. h. um weitere 5 236 ATS, so dass sich der Gesamtbetrag der Abgabe auf 31 416 ATS belief.
29
Die der Beschwerdeführerin auferlegte Abgabe betraf ein Kraftfahrzeug der Marke Nissan Sunny Y10 L2,
Baujahr 1993. Dieses Fahrzeug hatte nach Eurotax-Notierungen einen Wert von 71 000 ATS, der als
Grundlage für die Bemessung der NoVA diente. Unter Anwendung eines Steuersatzes von 9 % wurde eine
NoVA von 6 390 ATS als Grundabgabe festgesetzt. Diese wurde anschließend um 20 % erhöht, d. h. um
weitere 1 278 ATS, so dass sich der Gesamtbetrag der Abgabe auf 7 668 ATS belief.
30
Die von den Beschwerdeführern angerufene Finanzlandesdirektion für Vorarlberg bestätigte die vom
Finanzamt festgesetzte NoVA. Zur Begründung ihrer Bescheide führte sie den Steuertatbestand des § 1 Z. 3
NoVAG an.
31
Die Beschwerdeführer legten Beschwerde gegen diese Bestätigungsbescheide beim Verfassungsgerichtshof
(Österreich) ein. Dieser lehnte die Behandlung der Beschwerde ab und verwies sie auf Antrag der
Betroffenen an den Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung.
Vorlagebeschluss und Vorabentscheidungsfragen
32
Der Verwaltungsgerichtshof führt aus, dass es sich bei der NoVA um eine Lenkungsabgabe handele, die den
Erwerb von verbrauchsarmen Fahrzeugen begünstigen solle. Die Besonderheit des vorliegenden
Beschwerdefalls, in dem es um § 1 Z. 3 NoVAG gehe, bestehe darin, dass der Steuertatbestand
Kraftfahrzeuge betreffe, die Staatsbürger eines anderen Mitgliedstaats der Europäischen Union anlässlich
ihrer mit einem Arbeitsplatzwechsel in Zusammenhang stehenden Übersiedlung nach Österreich
mitgebracht hätten.
33
Die NoVA bilde grundsätzlich einen Teil der Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer; der Zuschlag nach
§ 6 Abs. 6 NoVAG sei als Ausgleich der fehlenden Umsatzsteuerbelastung in den Fällen, in denen die NoVA
nicht Bemessungsgrundlage der Umsatzsteuer werde, eingeführt worden. Die NoVA werde vor allem dann
nicht in die Bemessungsgrundlage der Umsatzsteuer einbezogen, wenn bei einem Import von
Kraftfahrzeugen die Einfuhrumsatzsteuer zur Vorschreibung gelangt sei und bei dieser die erst anlässlich der
späteren Zulassung der Kraftfahrzeuge nach § 1 Z. 3 NoVAG anfallende NoVA noch nicht Teil der
Bemessungsgrundlage gewesen sei.
34
In Bezug auf seine erste Frage weist der Verwaltungsgerichtshof das Vorbringen der Beschwerdeführer, sie
seien diskriminiert, zurück. Ein innerhalb Österreichs übersiedelnder Arbeitnehmer habe anlässlich des
Erwerbs eines bis dahin in diesem Mitgliedstaat nicht zugelassenen Kraftfahrzeugs sowohl NoVA als auch
Umsatzsteuer zu entrichten. Das vorlegende Gericht räumt jedoch ein, dass sich ein Arbeitnehmer, der aus
einem anderen Mitgliedstaat nach Österreich übersiedele, nicht in der gleichen Lage wie der Inländer
befinde, weil der Inländer anders als der zuziehende Arbeitnehmer bei der Anschaffung des Kraftfahrzeugs
ein verbrauchsärmeres und daher mit geringerer NoVA belastetes Kraftfahrzeug wählen könne.
35
Der Verwaltungsgerichtshof schließt auch nicht aus, dass in der allein wegen der berufsbedingten
Übersiedlung des Erwerbers anfallenden zusätzlichen Abgabenbelastung für das mitgebrachte Kraftfahrzeug
ein Verstoß gegen Artikel 39 EG gesehen werden könne.
36
In Bezug auf die zweite Frage ist der Verwaltungsgerichtshof der Ansicht, dass die NoVA und der Zuschlag zu
dieser Abgabe eine sich aus dem allgemeinen innerstaatlichen Abgabensystem ergebende finanzielle
Belastung darstellten, so dass kein Verstoß gegen die Artikel 23 EG und 25 EG vorliege. Da der Zuschlag
allerdings tatsächlich im Wesentlichen Vorgänge im Zusammenhang mit dem Verbringen von Waren über
eine Grenze treffe, scheine nicht ausgeschlossen, in ihm eine zollgleiche Abgabe zu sehen, die nach diesen
Bestimmungen verboten sei.
37
Zu Artikel 90 EG stelle sich zum einen die Frage, ob durch die Heranziehung des aus den inländischen
Marktverhältnissen abgeleiteten gemeinen Wertes den Urteilen vom 11. Dezember 1990 in der Rechtssache
C‑47/88 (Kommission/Dänemark, Slg. 1990, I‑4509) und vom 9. März 1995 in der Rechtssache C‑345/93
(Nunes Tadeu, Slg. 1995, I‑479) ausreichend Rechnung getragen werde. Zum anderen werde, da für den
Zuschlag keine Vorsteuerabzugsmöglichkeit vorgesehen sei, der Import von Kraftfahrzeugen in denjenigen
Fällen mit einer höheren Abgabe belastet, in denen er für einen zum Vorsteuerabzug berechtigten
Unternehmer erfolge. Im Sinne beispielsweise des Urteils vom 15. März 2001 in der Rechtssache C‑265/99
(Kommission/Frankreich, Slg. 2001, I‑2305, Randnr. 40) könne der Zuschlag daher mit Artikel 90 EG
unvereinbar sein.
38
In Bezug auf die dritte Vorlagefrage weist der Verwaltungsgerichtshof darauf hin, dass es mit der Schaffung
des Binnenmarktes und mit der Richtlinie 91/680 vor allem zum Wegfall der Einfuhrumsatzsteuer im
Verhältnis zwischen den Mitgliedstaaten gekommen sei. Der Zuschlag könne, da er einen Ersatz für die
sonst anfallende Einfuhrumsatzsteuer darstelle, den Bestimmungen der Sechsten Richtlinie widersprechen.
39
Aufgrund dieser Erwägungen hat der Verwaltungsgerichtshof das Verfahren ausgesetzt und dem
Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
1.
Ist Artikel 39 EG (Freizügigkeit der Arbeitnehmer) oder Artikel 12 EG (Diskriminierungen aufgrund der
Staatsangehörigkeit) dahin auszulegen, dass es einen Verstoß gegen diese Vorschriften darstellt,
wenn für ein anlässlich einer durch einen Arbeitsplatzwechsel bedingten Übersiedlung aus dem
übrigen Gemeinschaftsgebiet in das Gebiet der Republik Österreich mitgebrachtes Kraftfahrzeug
Normverbrauchsabgabe (Grundabgabe und Zuschlag) vorgeschrieben wird?
2.
Stehen Artikel 90 EG (keine höheren Abgaben für Waren aus anderen Mitgliedstaaten) oder die Artikel
23 EG (Zollunion) und 25 EG (Verbot von Zöllen oder Abgaben gleicher Wirkung zwischen den
Mitgliedstaaten) der Vorschreibung der unter der ersten Vorabentscheidungsfrage angeführten
Normverbrauchsabgabe (Grundabgabe bzw. Zuschlag) entgegen?
3.
Ist es mit der Sechsten Richtlinie in ihrer Fassung durch die Richtlinie 91/680 vereinbar, dass der als
Teil der unter der ersten Vorabentscheidungsfrage angeführten Normverbrauchsabgabe festgesetzte
Zuschlag vorgeschrieben wird?
Zu den Vorabentscheidungsfragen
40
Vorab ist daran zu erinnern, dass, wie aus den Gründen des Vorlagebeschlusses hervorgeht, die im
Ausgangsverfahren streitige Normverbrauchsabgabe aus einer Grundabgabe (im Folgenden:
NoV‑Grundabgabe) und gegebenenfalls einem Zuschlag (im Folgenden: Zusatzabgabe von 20 %) besteht.
Letzterer soll nach den Ausführungen des vorlegenden Gerichts einen Ausgleich dafür schaffen, dass für das
betreffende Kraftfahrzeug keine Umsatzsteuer zu zahlen ist, wenn Steuertatbestand ein Vorgang ist, der
nicht der Umsatzsteuer unterliegt, insbesondere die Erstzulassung des Fahrzeugs in Österreich.
41
Die ersten beiden Fragen bestehen aus zwei Teilen, von denen der erste die NoV‑Grundabgabe und der
zweite die Zusatzabgabe von 20 % betrifft.
Zum ersten Teil der ersten Frage
42
Mit dem ersten Teil seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob die
Artikel 39 EG und 12 EG dem entgegenstehen, dass einer Privatperson aus einem Mitgliedstaat, die sich
aufgrund eines Arbeitsplatzwechsels in einem anderen Mitgliedstaat niederlässt und dabei ihr Kraftfahrzeug
in den letztgenannten Staat einführt, eine Verbrauchsabgabe wie die im Ausgangsverfahren streitige
NoV‑Grundabgabe auferlegt wird.
43
Bevor geprüft wird, ob die Erhebung einer Abgabe mit den Merkmalen der NoV‑Grundabgabe gegen die
Artikel 39 EG und 12 EG verstößt, ist diese Maßnahme anhand der Vorschriften der Richtlinie 83/183 zu
untersuchen. Wie die Kommission der Europäischen Gemeinschaften ausgeführt hat, braucht nämlich nicht
geprüft zu werden, ob ein Verstoß gegen die genannten Bestimmungen des Vertrages vorliegt, wenn bereits
eine Vorschrift dieser Richtlinie der Erhebung einer Abgabe wie der NoV‑Grundabgabe von Personen in der
Lage der Beschwerdeführer entgegensteht.
44
Dass die Frage der Anwendung der Richtlinie 83/183 nur von den Beschwerdeführern und der Kommission
erörtert worden ist, das vorliegende Gericht sie aber nicht als solche dem Gerichtshof vorgelegt hat, steht
dieser Prüfung nicht entgegen. Auch wenn das vorlegende Gericht seine Frage ihrer Form nach auf die
Auslegung der Artikel 39 EG und 12 EG beschränkt hat, hindert dies den Gerichtshof nämlich nicht daran,
dem vorlegenden Gericht darüber hinaus alle Hinweise zur Auslegung des Gemeinschaftsrechts zu geben,
die diesem bei der Entscheidung des bei ihm anhängigen Verfahrens von Nutzen sein können, unabhängig
davon, ob es darauf bei der Darlegung seiner Fragen Bezug genommen hat oder nicht (vgl. in diesem Sinne
Urteile vom 12. Dezember 1990 in der Rechtssache C‑241/89, SARPP, Slg. 1990, I‑4695, Randnr. 8, vom 2.
Februar 1994 in der Rechtssache C‑315/92, Verband Sozialer Wettbewerb, „Clinique“‑Urteil, Slg. 1994, I‑317,
Randnr. 7, und vom 4. März 1999 in der Rechtssache C‑87/97, Consorzio per la tutela del formaggio
Gorgonzola, Slg. 1999, I‑1301, Randnr. 16).
– Zur Richtlinie 83/183
45
Nach Ansicht der Kommission, die von den Beschwerdeführern grundsätzlich geteilt wird, ist die NoV-
Grundabgabe zumindest insoweit nach Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 83/183 unzulässig, als sie die
Verwaltungskosten der Fahrzeugzulassung überschreitet. Die in dieser Bestimmung vorgesehene Befreiung
gelte nämlich nicht nur für Steuern, die unmittelbar auf der Einfuhr von Waren beruhten, sondern auch für
solche Steuern, die an Umstände anknüpften, die eng mit der Einfuhr zusammenhingen, etwa die Zulassung
eines Fahrzeugs. Artikel 1 Absatz 2 der Richtlinie, der „Abgaben für die Zulassung von Kraftfahrzeugen“ von
der Steuerbefreiung ausschließe, finde auf die NoV-Grundabgabe keine Anwendung. Die in dieser
Bestimmung genannte Ausnahme sei eng auszulegen. Insbesondere könne der Begriff „Abgaben für die
Zulassung“ nur die Abgaben umfassen, die die Kosten der Zulassung decken sollten. Die Kommission
verweist auf den Wortlaut der französischen Fassung, in der es „droits perçus lors de l’immatriculation“ und
nicht „taxes perçues lors de l’immatriculation“ heiße, sowie auf den Wortlaut der englischen Fassung, der
den Begriff „fees“ verwende, unter den nur Gebühren und keine Steuern zu subsumieren seien.
46
Dem Vorbringen der Kommission, dass Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 83/183 auf die NoV‑Grundabgabe
Anwendung finde, ist nicht zu folgen.
47
Eine Abgabe wie die NoV-Grundabgabe ist vom Anwendungsbereich der in Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie
83/183 vorgesehenen Befreiung ausgeschlossen. Diese Bestimmung betrifft bestimmte Arten dort
genannter Abgaben, die bei einer endgültigen Einfuhr normalerweise erhoben werden. Anders als die
Kommission meint, kann eine Verbrauchsabgabe wie die NoV‑Grundabgabe nicht als mit der Einfuhr als
solcher verbundene Abgabe angesehen werden. Denn wie sich aus einer Gesamtschau der Z. 1 bis 4 des
Artikels 1 NoVAG ergibt, wird die NoVA nicht aufgrund der Einfuhr erhoben. Was die im Ausgangsverfahren
streitige Z. 3 dieses Artikels angeht, so wird die NoVA aufgrund der Erstzulassung im Inland erhoben, die
nicht zwangsläufig mit einer Einfuhr verbunden ist.
48
Da eine Abgabe mit den Merkmalen der NoV‑Grundabgabe ihrer Art nach nicht von der in Artikel 1 Absatz 1
der Richtlinie 83/183 vorgesehenen Befreiung erfasst werden kann und da deshalb keine Befreiung nach
dieser Richtlinie gewährt werden kann, braucht nicht geprüft zu werden, ob eine solche Abgabe nach Artikel
1 Absatz 2 der Richtlinie von deren Anwendungsbereich ausgeschlossen ist.
49
Demnach steht die Richtlinie 83/183 der Erhebung einer Abgabe wie der NoV‑Grundabgabe von einer
Privatperson aus einem Mitgliedstaat nicht entgegen, die sich aufgrund eines Arbeitsplatzwechsels in einem
anderen Mitgliedstaat niederlässt und dabei ihr Kraftfahrzeug in den letztgenannten Staat einführt.
– Zu Artikel 39 EG
50
Artikel 39 Absatz 2 EG bestimmt ausdrücklich, dass die Freizügigkeit der Arbeitnehmer die Abschaffung jeder
auf der Staatsangehörigkeit beruhenden unterschiedlichen Behandlung der Arbeitnehmer der
Mitgliedstaaten in Bezug auf Beschäftigung, Entlohnung und sonstige Arbeitsbedingungen umfasst.
51
Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes untersagt Artikel 39 EG auch solche nationale Regelungen, die
zwar unabhängig von der Staatsangehörigkeit der betroffenen Arbeitnehmer anwendbar sind, jedoch deren
Freizügigkeit beeinträchtigen (vgl. hierzu Urteil vom 15. Dezember 1995 in der Rechtssache C‑415/93,
Bosman, Slg. 1995, I‑4921, Randnr. 96).
52
Sämtliche Vertragsbestimmungen über die Freizügigkeit sollen nämlich den Gemeinschaftsangehörigen die
Ausübung von beruflichen Tätigkeiten aller Art im Gebiet der Gemeinschaft erleichtern und stehen solchen
Maßnahmen entgegen, die die Gemeinschaftsangehörigen benachteiligen könnten, wenn sie eine
Erwerbstätigkeit in einem anderen Mitgliedstaat ausüben wollen (vgl. u. a. Urteil Bosman, Randnr. 94, sowie
Urteile vom 26. Januar 1999 in der Rechtssache C‑18/95, Terhoeve, Slg. 1999, I‑345, Randnr. 37, und vom
27. Januar 2000 in der Rechtssache C‑190/98, Graf, Slg. 2000, I‑493, Randnr. 21).
53
Eine Regelung wie die im Ausgangsverfahren streitige findet unabhängig von der Staatsangehörigkeit des
betroffenen Arbeitnehmers auf jeden Anwendung, der die Zulassung eines Kraftfahrzeugs in Österreich
beantragt, und ist daher unterschiedslos anwendbar.
54
Es trifft zu, dass sie Wanderarbeitnehmer davon abhalten könnte, von ihrem Recht auf Freizügigkeit
Gebrauch zu machen.
55
Der Vertrag garantiert einem Erwerbstätigen jedoch nicht, dass die Verlagerung seiner Tätigkeiten in einen
anderen Mitgliedstaat als denjenigen, in dem er bis dahin wohnte, hinsichtlich der Besteuerung neutral ist.
Aufgrund der Unterschiede im Steuerrecht der Mitgliedstaaten kann eine solche Verlagerung für den
Erwerbstätigen je nach Einzelfall Vor‑ oder Nachteile in Bezug auf die mittelbare Besteuerung haben. Folglich
verstößt ein eventueller Nachteil im Vergleich zu der Situation, in der der Erwerbstätige seine Tätigkeiten vor
der Verlagerung ausübte, grundsätzlich nicht gegen Artikel 39 EG, sofern diese Rechtsvorschriften den
betreffenden Erwerbstätigen gegenüber den Personen, die ihnen bereits zuvor unterlagen, nicht
benachteiligen (vgl. – zur sozialen Sicherheit – Urteil vom 19. März 2002 in den Rechtssachen C‑393/99 und
C‑394/99, Hervein u. a., Slg. 2002, I‑2829, Randnr. 51).
56
Nach den im Verfahren vor dem Gerichtshof gemachten Angaben ist dies im Ausgangsverfahren der Fall.
– Zu Artikel 12 EG
57
Artikel 12 EG, in dem das allgemeine Verbot der Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit
niedergelegt ist, kann autonom nur in durch das Gemeinschaftsrecht geregelten Fällen angewandt werden,
für die der Vertrag kein besonderes Diskriminierungsverbot vorsieht (vgl. Urteile vom 26. November 2002 in
der Rechtssache C‑100/01, Oteiza Olazabal, Slg. 2002, I‑10981, Randnr. 25, und vom 11. Dezember 2003 in
der Rechtssache C‑289/02, AMOK, Slg. 2003, I‑0000, Randnr. 25).
58
Für die Freizügigkeit der Arbeitnehmer ist dieser Grundsatz aber durch Artikel 39 EG durchgeführt und
konkretisiert worden.
59
Auf Artikel 12 EG ist deshalb nicht einzugehen, da das Ausgangsverfahren in den Anwendungsbereich des
Artikels 39 EG fällt.
60
Auf den ersten Teil der ersten Frage ist damit zu antworten, dass die Artikel 39 EG und 12 EG dem nicht
entgegenstehen, dass einer Privatperson aus einem Mitgliedstaat, die sich aufgrund eines
Arbeitsplatzwechsels in einem anderen Mitgliedstaat niederlässt und dabei ihr Kraftfahrzeug in den
letztgenannten Staat einführt, eine Verbrauchsteuer wie die im Ausgangsverfahren streitige
NoV‑Grundabgabe auferlegt wird.
Zum ersten Teil der zweiten Frage
61
Mit dem ersten Teil seiner zweiten Frage legt das nationale Gericht dem Gerichtshof im Kern zwei
verschiedene Fragen vor; es fragt zum einen danach, ob die NoV‑Grundabgabe ein Zoll oder eine Abgabe
gleicher Wirkung im Sinne der Artikel 23 EG und 25 EG ist, und zum anderen danach, ob und gegebenenfalls
inwieweit diese Abgabe eine diskriminierende inländische Abgabe ist und mithin gegen Artikel 90 EG
verstößt.
62
Vorab ist festzustellen, dass entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer aus Artikel 2 der Verordnung
Nr. 918/83 hervorgeht, dass diese im Ausgangsverfahren keine Anwendung findet. In den
Anwendungsbereich dieser Verordnung fällt nämlich nur das Übersiedlungsgut natürlicher Personen, die
ihren gewöhnlichen Wohnsitz in das Zollgebiet der Gemeinschaft verlegen. Die Beschwerdeführer sind aber
von dem Mitgliedstaat, in dem sie ihren Wohnsitz hatten, in einen anderen Mitgliedstaat gezogen.
63
Was den jeweiligen Anwendungsbereich der Artikel 25 EG und 90 EG angeht, so sind außerdem nach
ständiger Rechtsprechung die Vorschriften über Abgaben gleicher Wirkung und diejenigen über
diskriminierende inländische Abgaben nicht kumulativ anwendbar, so dass ein und dieselbe Abgabe nach
dem System des Vertrages nicht gleichzeitig in beide Kategorien fallen kann (vgl. Urteile vom 23. April 2002
in der Rechtssache C-234/99, Nygård, Slg. 2002, I‑3657, Randnr. 17, vom 19. September 2002 in der
Rechtssache C‑101/00, Tulliasiamies und Siilin, Slg. 2002, I‑7487, Randnr. 115, und vom 17. Juni 2003 in der
Rechtssache C‑383/01, De Danske Bilimportører, Slg. 2003, I‑6065, Randnr. 33).
– Zu den Artikeln 23 EG und 25 EG
64
Nach ständiger Rechtsprechung (vgl. u. a. Urteile vom 17. Juli 1997 in der Rechtssache C‑90/94, Haahr
Petroleum, Slg. 1997, I‑4085, Randnr. 20, und vom 2. April 1998 in der Rechtssache C‑213/96, Outokumpu,
Slg. 1998, I‑1777, Randnr. 20) stellt jede den Waren wegen des Überschreitens der Grenze einseitig
auferlegte finanzielle Belastung, wenn sie kein Zoll im eigentlichen Sinne ist, unabhängig von ihrer
Bezeichnung und der Art ihrer Erhebung eine Abgabe gleicher Wirkung im Sinne der Artikel 23 EG und 25 EG
dar. Das gilt jedoch nicht, wenn die Belastung Bestandteil einer allgemeinen inländischen Abgabenregelung
ist, die Gruppen von Waren systematisch nach objektiven Kriterien erfasst, die unabhängig von der Herkunft
der Waren gelten; in diesem Fall fällt die finanzielle Belastung in den Anwendungsbereich von Artikel 90 EG
(vgl. in diesem Sinne Urteil Nygård, Randnr. 19).
65
Im vorliegenden Fall ist die NoV-Grundabgabe offensichtlich fiskalischer Art und wird nicht deshalb erhoben,
weil die Grenze des Mitgliedstaats, der sie eingeführt hat, überschritten wird, sondern aufgrund anderer
Faktoren, zu denen die Erstzulassung des Fahrzeugs im Gebiet dieses Staates gehört. Deshalb ist davon
auszugehen, dass sie zu einem allgemeinen System inländischer Abgaben auf Waren gehört und daher
anhand von Artikel 90 EG zu prüfen ist (vgl. in diesem Sinne Urteil De Danske Bilimportører, Randnr. 34).
– Zu Artikel 90 EG
66
Für den Bereich der Besteuerung eingeführter Gebrauchtfahrzeuge hat der Gerichtshof festgestellt, dass
Artikel 90 EG die vollkommene Wettbewerbsneutralität der inländischen Abgaben für bereits auf dem
inländischen Markt befindliche und für eingeführte Waren gewährleisten soll (vgl. in diesem Sinne Urteile
Kommission/Dänemark, Randnr. 9, Nunes Tadeu, Randnr. 18, und Tulliasiamies und Siilin, Randnr. 52).
67
Nach ständiger Rechtsprechung liegt eine Verletzung von Artikel 90 Absatz 1 EG vor, wenn die Steuer auf
das eingeführte Erzeugnis und die Steuer auf das gleichartige inländische Erzeugnis in unterschiedlicher
Weise und nach unterschiedlichen Modalitäten berechnet werden, so dass das eingeführte Erzeugnis – und
sei es auch nur in bestimmten Fällen – höher belastet wird (vgl. Urteile vom 23. Oktober 1997 in der
Rechtssache C‑375/95, Kommission/Griechenland, Slg. 1997, I‑5981, Randnrn. 20 und 29, Outokumpu,
Randnr. 34, und vom 22. Februar 2001 in der Rechtssache C‑393/98, Gomes Valente, Slg. 2001, I‑1327,
Randnr. 21).
68
Aus einem Vergleich zwischen der Regelung der Besteuerung eingeführter Gebrauchtfahrzeuge, wie sie im
Ausgangsverfahren in Rede stehen, und der Regelung der Besteuerung von im Inland gekauften
Gebrauchtfahrzeugen, die gleichartige oder konkurrierende Erzeugnisse darstellen, ergibt sich, dass die
NoV‑Grundabgabe auf diese beiden Gruppen von Kraftfahrzeugen unterschiedslos erhoben wird. Zwar zahlt,
wer ein in Österreich bereits zugelassenes Gebrauchtfahrzeug erwirbt, die NoV‑Grundabgabe nicht
unmittelbar, doch enthält der für dieses Fahrzeug gezahlte Preis bereits einen Restbetrag der
NoV‑Grundabgabe, die sich proportional zum Wertverlust infolge der Nutzung des Fahrzeugs verringert.
69
Bei diesen beiden Gruppen von Gebrauchtfahrzeugen entsteht jedoch nur dann die gleiche Abgabenlast,
wenn der Betrag einer Verbrauchsabgabe wie der NoV‑Grundabgabe, die auf Gebrauchtfahrzeuge aus einem
anderen Mitgliedstaat erhoben wird, nicht höher ist als der Betrag der restlichen NoV-Grundabgabe, die im
Wert im Inland bereits zugelassener gleichartiger Gebrauchtfahrzeuge enthalten ist (vgl. in diesem Sinne
Urteile Nunes Tadeu, Randnr. 20, und Gomes Valente, Randnr. 23).
70
Der Gerichtshof hat in diesem Zusammenhang entschieden, dass ein Verstoß gegen Artikel 90 Absatz 1 EG
vorliegt, wenn auf eingeführte gebrauchte Kraftfahrzeuge eine Steuer erhoben wird, deren
Bemessungsgrundlage ein über dem tatsächlichen Wert des Fahrzeugs liegender Wert ist, mit der Folge,
dass eingeführte gebrauchte Kraftfahrzeuge höher besteuert werden als gleichartige, auf dem Inlandsmarkt
erhältliche Gebrauchtfahrzeuge (vgl. in diesem Sinne Urteil Kommission/Dänemark, Randnr. 22). Bei der
Besteuerung eingeführter Gebrauchtfahrzeuge ist daher deren tatsächlicher Wertverlust zu berücksichtigen.
71
Zur Vermeidung einer diskriminierenden Besteuerung muss der von der Verwaltung als
Besteuerungsgrundlage festgesetzte Wert des eingeführten Gebrauchtfahrzeugs den Wert eines im Inland
bereits zugelassenen gleichartigen Fahrzeugs zuverlässig widerspiegeln.
72
Nach den Verfahrensakten und insbesondere nach dem Erlass vom 1. September 1995 zieht die
österreichische Finanzverwaltung, wenn sie den Wert eingeführter gebrauchter Kraftfahrzeuge bestimmt, auf
dessen Grundlage die NoV‑Grundabgabe bemessen wird, den gemeinen Wert der Fahrzeuge heran. Dieser
ist ein Pauschalwert, dem die Eurotax‑Notierungen zugrunde liegen und der in der Regel dem Preis
entspricht, der bei einer Veräußerung des eingeführten Fahrzeugs an einen privaten inländischen Abnehmer
erzielt werden könnte.
73
Hinsichtlich einer solchen Bewertung hat der Gerichtshof festgestellt, dass zwar der tatsächliche Wertverlust
von Fahrzeugen nur mittels einer Bewertung oder eines Sachverständigengutachtens für das einzelne
Fahrzeug berücksichtigt werden darf, dass aber ein Mitgliedstaat, um eine so schwerfällige Regelung zu
vermeiden, mittels durch Rechts- oder Verwaltungsvorschrift festgelegter pauschaler Tabellen, die anhand
von Kriterien wie Alter, Kilometerstand, allgemeiner Zustand, Antriebsart, Fabrikat oder Modell des Fahrzeugs
errechnet werden, einen Wert von Gebrauchtfahrzeugen festsetzen kann, der in aller Regel ihrem
tatsächlichen Wert sehr nahe kommt (Urteil Gomes Valente, Randnr. 24).
74
Der Gerichtshof hat ferner zugelassen, dass sich die Behörden eines Mitgliedstaats bei der Ausarbeitung
dieser Tabellen auf einen Preisspiegel beziehen, der die Durchschnittspreise für Gebrauchtfahrzeuge auf
dem nationalen Markt wiedergibt, oder auf eine Liste der üblichen Durchschnittspreise, die in dem Sektor als
Referenz verwendet wird (Urteil Gomes Valente, Randnr. 25).
75
Um jede Diskriminierung zu vermeiden, müssen folglich die unter Heranziehung der Eurotax‑Notierungen
ermittelten Pauschalpreise den tatsächlichen Wertverlust der Fahrzeuge genau widerspiegeln und die
Erreichung des Zieles ermöglichen, eingeführte Gebrauchtfahrzeuge so zu besteuern, dass auf keinen Fall
der Betrag der Restabgabe überschritten wird, der im Wert gleichartiger, im Inland bereits zugelassener
Gebrauchtfahrzeuge enthalten ist.
76
Es obliegt dem nationalen Gericht, zu prüfen, ob die Methode, bei der der gemeine Wert zugrunde gelegt
wird, die in der vorstehenden Randnummer genannten Voraussetzungen erfüllt.
77
Die Beschwerdeführer lehnen eine Berechnung der NoV‑Grundabgabe auf der Grundlage des gemeinen
Wertes insbesondere mit der Begründung ab, dass der Preis von Gebrauchtfahrzeugen in Deutschland
niedriger sei als in Österreich. Unter Verweis auf Randnummer 18 des bereits angeführten Urteils Nunes
Tadeu vertreten sie vor allem die Ansicht, dass die betreffende Abgabe den Wettbewerbsvorteil ausschalte,
den diese Fahrzeuge ohne ihre Erhebung auf dem österreichischen Markt hätten.
78
Hierzu hat der Gerichtshof bereits entschieden, dass eine nationale Abgabenregelung, die auf die
Ausschaltung eines Wettbewerbsvorteils eingeführter Waren gegenüber inländischen Waren abzielte,
offensichtlich Artikel 90 EG zuwiderliefe (Urteil Nunes Tadeu, Randnr. 18).
79
Nach den Verfahrensakten und insbesondere nach dem Erlass vom 1. September 1995 ist aber der gemeine
Wert ein Pauschalwert, der in der Regel dem Preis entspricht, der bei einer Veräußerung des eingeführten
Fahrzeugs an einen privaten inländischen Abnehmer erzielt werden könnte. Die NoV‑Grundabgabe auf
eingeführte gebrauchte Kraftfahrzeuge soll mithin der restlichen NoVA entsprechen, die im Wert der im
Inland bereits zugelassenen Gebrauchtfahrzeuge enthalten ist.
80
Unter diesen Umständen ist eine Verbrauchsabgabe wie die im Ausgangsverfahren streitige
NoV‑Grundabgabe nicht geeignet, einen Wirtschaftsteilnehmer daran zu hindern, einen Vorteil aus den
unterschiedlichen Preisen zu ziehen, die in den Mitgliedstaaten für Gebrauchtfahrzeuge verlangt werden.
81
Nach alledem ist der erste Teil der zweiten Frage wie folgt zu beantworten:
Eine Verbrauchsabgabe wie die im Ausgangsverfahren streitige NoV-Grundabgabe ist eine inländische
Abgabe, deren Vereinbarkeit mit dem Gemeinschaftsrecht nicht anhand der Artikel 23 EG und 25 EG,
sondern anhand des Artikels 90 EG zu prüfen ist;
Artikel 90 EG ist dahin auszulegen, dass er einer Verbrauchsabgabe wie der im Ausgangsverfahren
streitigen NoV-Grundabgabe nicht entgegensteht, soweit deren Beträge den tatsächlichen
Wertverlust der von einer Privatperson eingeführten gebrauchten Kraftfahrzeuge genau widerspiegeln
und die Erreichung des Zieles ermöglichen, derartige Fahrzeuge so zu besteuern, dass auf keinen Fall
der Betrag der Restabgabe überschritten wird, der im Wert gleichartiger, im Inland bereits
zugelassener Gebrauchtfahrzeuge enthalten ist.
Zum zweiten Teil der zweiten Frage
82
Was die Zusatzabgabe von 20 % nach § 6 Abs. 6 NoVAG betrifft, so ist zunächst der zweite Teil der zweiten
Frage zu prüfen.
– Zu den Artikeln 23 EG und 25 EG
83
Nach den Verfahrensakten wird diese Zusatzabgabe von 20 % nur ganz ausnahmsweise auf rein inländische
Vorgänge erhoben. Es ist jedoch daran zu erinnern, dass eine Abgabe, die sowohl eingeführte als auch
einheimische Erzeugnisse erfasst, tatsächlich aber ausschließlich auf eingeführte Erzeugnisse erhoben wird,
weil es nur eine äußerst geringe einheimische Erzeugung gibt, keine Abgabe mit gleicher Wirkung wie ein
Einfuhrzoll im Sinne der Artikel 23 EG und 25 EG ist, wenn sie zu einem allgemeinen inländischen
Abgabensystem gehört, das Gruppen von Erzeugnissen unabhängig von deren Ursprung systematisch nach
objektiven Kriterien erfasst. Sie hat daher den Charakter einer inländischen Abgabe im Sinne von Artikel 90
EG (Urteile vom 7. Mai 1987 in der Rechtssache 193/85, Cooperativa Co‑Frutta, Slg. 1987, 2085, Randnr. 14,
und vom 16. Juli 1992 in der Rechtssache C‑343/90, Lourenço Dias, Slg. 1992, I‑4673, Randnr. 53).
84
Das gilt auch für die Zusatzabgabe von 20 %. Eine solche Abgabe ist daher nicht anhand der Artikel 23 EG
und 25 EG zu prüfen, sondern anhand des Artikels 90 EG.
– Zu Artikel 90 EG
85
Das Gemeinschaftsrecht beschränkt beim derzeitigen Stand seiner Entwicklung nicht die Freiheit der
Mitgliedstaaten, ein differenziertes Steuersystem für bestimmte, sogar im Sinne von Artikel 90 Absatz 1 EG
gleichartige Erzeugnisse nach Maßgabe objektiver Kriterien zu errichten. Solche Differenzierungen sind
jedoch mit dem Gemeinschaftsrecht nur vereinbar, wenn sie wirtschaftspolitische Ziele verfolgen, die
ihrerseits mit den Erfordernissen des Vertrages und des abgeleiteten Rechts vereinbar sind, und wenn ihre
Modalitäten geeignet sind, jede unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung von Einfuhren aus anderen
Mitgliedstaaten und jeden Schutz inländischer konkurrierender Produktionen auszuschließen (vgl. in diesem
Sinne Urteile vom 7. April 1987 in der Rechtssache 196/85, Kommission/Frankreich, Slg. 1987, 1597, Randnr.
6, und Outokumpu, Randnr. 30).
86
Wie der Gerichtshof bereits entschieden hat, kann ein Kriterium für eine erhöhte Besteuerung, das per
definitionem niemals auf gleichartige inländische Erzeugnisse anwendbar ist, nicht als mit dem in Artikel 90
EG verankerten Diskriminierungsverbot vereinbar angesehen werden. Durch eine solche Regelung werden
die inländischen Erzeugnisse von vornherein von der höheren Besteuerung ausgenommen (vgl. Urteil vom
15. März 1983 in der Rechtssache 319/81, Kommission/Italien, Slg. 1983, 601, Randnr. 17). Ferner hat er
entschieden, dass eine unterschiedliche Besteuerung mit dem Gemeinschaftsrecht nicht vereinbar ist, wenn
die am höchsten besteuerten Erzeugnisse ihrer Art nach eingeführte Erzeugnisse sind (vgl. Urteil vom 4.
März 1986 in der Rechtssache 106/84, Kommission/Dänemark, Slg. 1986, 833, Randnr. 21).
87
Die Zusatzabgabe von 20 % kommt aber im Allgemeinen nur zu derjenigen NoV‑Grundabgabe hinzu, die auf
eingeführte gebrauchte Kraftfahrzeuge erhoben wird, und nur ausnahmsweise zu derjenigen
NoV‑Grundabgabe, die auf rein inländische Vorgänge erhoben wird. Soweit diese Zusatzabgabe von 20 %
bezwecken sollte, angebliche Wettbewerbsverfälschungen zu verhindern, ist daran zu erinnern, dass eine
Abgabe, die auf die Ausschaltung eines Wettbewerbsvorteils eingeführter Waren gegenüber inländischen
Waren abzielte, offensichtlich Artikel 90 EG zuwiderliefe.
88
Daher ist festzustellen, dass eine Abgabe wie die Zusatzabgabe von 20 % nicht mit Artikel 90 EG vereinbar
ist.
89
Demnach ist auf den zweiten Teil der zweiten Frage zu antworten, dass Artikel 90 EG dahin auszulegen ist,
dass er im Fall der Einfuhr eines Gebrauchtfahrzeugs aus einem anderen Mitgliedstaat durch eine
Privatperson der Erhebung eines Zuschlags von 20 % auf eine Abgabe mit den Merkmalen der im
Ausgangsverfahren streitigen NoV‑Grundabgabe entgegensteht.
Zum zweiten Teil der ersten Frage und zur dritten Frage
90
Angesichts der Antwort, die auf den zweiten Teil der zweiten Frage gegeben wurde, sind der zweite Teil der
ersten Frage und die dritte Frage nicht zu beantworten.
Kosten
91
Die Auslagen der österreichischen, der dänischen und der finnischen Regierung sowie der Kommission, die
vor dem Gerichtshof Erklärungen abgegeben haben, sind nicht erstattungsfähig. Für die Parteien des
Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen
Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts.
Aus diesen Gründen
hat
DER GERICHTSHOF (Sechste Kammer)
auf die ihm vom Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 20. September 2001 vorgelegten Fragen für
Recht erkannt:
1.
Die Artikel 39 EG und 12 EG stehen dem nicht entgegen, dass einer Privatperson aus einem
Mitgliedstaat, die sich aufgrund eines Arbeitsplatzwechsels in einem anderen
Mitgliedstaat niederlässt und dabei ihr Kraftfahrzeug in den letztgenannten Staat
einführt, eine Verbrauchsteuer wie die im Ausgangsverfahren streitige
Normverbrauchs‑Grundabgabe auferlegt wird.
2.
Eine Verbrauchsabgabe wie die im Ausgangsverfahren streitige Normverbrauchs-
Grundabgabe ist eine inländische Abgabe, deren Vereinbarkeit mit dem
Gemeinschaftsrecht nicht anhand der Artikel 23 EG und 25 EG, sondern anhand des
Artikels 90 EG zu prüfen ist.
3.
Artikel 90 EG ist dahin auszulegen, dass er einer Verbrauchsabgabe wie der im
Ausgangsverfahren streitigen Normverbrauchs-Grundabgabe nicht entgegensteht, soweit
deren Beträge den tatsächlichen Wertverlust der von einer Privatperson eingeführten
gebrauchten Kraftfahrzeuge genau widerspiegeln und die Erreichung des Zieles
ermöglichen, derartige Fahrzeuge so zu besteuern, dass auf keinen Fall der Betrag der
Restabgabe überschritten wird, der im Wert gleichartiger, im Inland bereits zugelassener
Gebrauchtfahrzeuge enthalten ist.
4.
Artikel 90 EG ist dahin auszulegen, dass er im Fall der Einfuhr eines Gebrauchtfahrzeugs
aus einem anderen Mitgliedstaat durch eine Privatperson der Erhebung eines Zuschlags
von 20 % auf eine Abgabe mit den Merkmalen der im Ausgangsverfahren streitigen
Normverbrauchs‑Grundabgabe entgegensteht.
Skouris
Gulmann
Puissochet
Schintgen
Colneric
Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 29. April 2004.
Der Kanzler
Der Präsident
R. Grass
V. Skouris
Verfahrenssprache: Deutsch.