Urteil des BVerwG vom 15.12.2005

BVerwG: beihilfe, private krankenversicherung, zahnärztliche behandlung, ersatzkasse, rente, krankenversicherungsbeitrag, fürsorgepflicht, zuschuss, heilmittel, geschäftsordnung

Rechtsquellen:
GG
Art. 3 Abs. 1, Art. 33 Abs. 5
BBG
§ 79
BhV
§ 5 Abs. 4 Nr. 1, Nr. 2, Nr. 9
SGB V
§ 5 Abs. 1 Nr. 11, § 13 Abs. 2, § 249 a
Stichworte:
Beihilfevorschriften des Bundes und Gesetzesvorbehalt; beihilfeberechtigter Angehö-
riger; freiwillige gesetzliche Krankenversicherung; Krankenversicherungspflicht der
Rentenbezieher; Nachrang der Beihilfe; Zuschuss zum Krankenversicherungsbei-
trag; Zuzahlungen und Kostenanteile in der gesetzlichen Krankenversicherung.
Leitsätze:
1. Die krankenversicherungspflichtigen Rentenbezieher haben Anspruch auf einen
zuschussgleichen Finanzierungsanteil zu ihrem Krankenversicherungsbeitrag.
2. Der Ausschluss der Beihilfefähigkeit von Aufwendungen, die wegen der Inan-
spruchnahme von Kostenerstattung in der gesetzlichen Krankenversicherung unge-
deckt bleiben, ist mit höherrangigem Recht vereinbar.
3. Die Systemunterschiede zwischen gesetzlicher Krankenversicherung und privater
Gesundheitsvorsorge einschließlich ergänzender Beihilfe rechtfertigen es, Beihilfe-
leistungen zu der Eigenbeteiligung des gesetzlich Versicherten auszuschließen.
Urteil des 2. Senats vom 15. Dezember 2005 - BVerwG 2 C 35.04
I. VG Kassel vom 29.12.1999 - Az.: VG 1 E 2210/94 (1) -
II. VGH Kassel vom 20.01.2004 - Az.: VGH 1 UE 3822/00 -
BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
BVerwG 2 C 35.04
Verkündet
VGH 1 UE 3822/00
am 15. Dezember 2005
Schütz
Justizhauptsekretärin
- 2 -
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
In der Verwaltungsstreitsache
- 3 -
hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 15. Dezember 2005
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht A l b e r s und die
Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. K u g e l e , G r o e p p e r ,
Dr. B a y e r und Dr. H e i t z
für Recht erkannt:
Die Revision des Klägers gegen den Beschluss des
Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 20. Januar 2004
wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
Gründe:
I.
Der Kläger ist Vorsitzender Richter am … a.D. Er ist freiwillig bei der Hamburg-
Münchener Ersatzkasse krankenversichert. Seine Ehefrau, die zuvor als Familienan-
gehörige mitversichert war, ist seit dem 23. September 1991 in der Krankenversiche-
rung der Rentner pflichtversichert. Die Hamburg-Münchener Ersatzkasse gewährt ihr
"im Rahmen der Besitzstandswahrung" einen Anspruch auf Erstattung der Kassen-
anteile für privatärztliche/zahnärztliche Behandlung und Arznei-, Verbands- und
Heilmittel sowie für Zahnersatz.
Die Anträge des Klägers, ihm Beihilfen für privatärztliche Behandlungen sowie für
Arznei- und Heilmittel zu gewähren, die seine Ehefrau in den Jahren 1992 bis 1996
in Anspruch genommen hatte, und bei der Bemessung der Beihilfe die von der
Hamburg-Münchener Ersatzkasse vorgenommenen Abschläge für Verwaltungskos-
ten und fehlende Wirtschaftlichkeitsprüfungen in Höhe von 15 % anlässlich der
krankheitsbedingten Aufwendungen für ihn selbst nicht zu berücksichtigen, lehnte die
Beklagte mit einer Reihe von Bescheiden ab.
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Die nach erfolglosen Widersprüchen erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht
abgewiesen. Der Verwaltungsgerichtshof hat die Berufung zurückgewiesen und zur
Begründung im Wesentlichen ausgeführt:
Dem Kläger stehe für die im Streit befindlichen krankheitsbedingten Aufwendungen
seiner Ehefrau wegen der Ausschlussbestimmungen des § 5 Abs. 4 Nr. 1 Satz 3 b
BhV kein Beihilfeanspruch zu. Die Ehefrau sei seit dem 23. September 1991 unab-
hängig von der Versicherung des Klägers als Mitglied in der Krankenversicherung
der Rentner pflichtversichert; die Hälfte der Krankenversicherungsbeiträge trage die
Rentenversicherung. Die Ausschlussregelung erfasse vorrangig den Personenkreis,
der sich für die Kostenerstattung nach § 13 Abs. 2 SGB V entscheide und auf die
beim Behandler mögliche Sach- und Dienstleistung verzichte. Dem Wahlrecht der
Ehefrau stehe nicht entgegen, dass sich der Kläger selbst für die Kostenerstattung
entschieden habe. Ebenso wenig habe Art. 61 GRG dem Recht der Ehefrau entge-
gengestanden, zwischen Sach- und Dienstleistungen einerseits und Kostenerstat-
tung andererseits frei zu wählen. § 5 Abs. 4 Nr. 1 Satz 3 b BhV betreffe auch die Fäl-
le, in denen die gesetzliche Krankenversicherung ihren sach- und dienstleistungsbe-
rechtigten Mitgliedern das Recht zur Kostenerstattung einräume und die Mitglieder
davon Gebrauch machten.
Die Beihilfevorschriften seien nicht unter Verletzung der §§ 76 bis 78 der Gemeinsa-
men Geschäftsordnung der Bundesministerien (GGO II) überwiegend von Beamten
des Ministeriums "im Auftrag" unterschrieben worden. § 5 Abs. 4 Nr. 1 BhV habe sei-
ne jetzige Fassung durch die Änderung der Beihilfevorschriften vom 19. September
1989 (GMBl 1989, 542), die nicht von einem Ministerialbeamten "im Auftrag", son-
dern vom damaligen Staatssekretär … "in Vertretung" unterschrieben worden sei.
Jedenfalls sei die Versagung der Beihilfe rechtsfehlerfrei, weil ein Anspruch auf Bei-
hilfe für kostendeckende Sachleistungssurrogate weder aus Gründen der Gleichbe-
handlung noch aus Gründen der Fürsorge bestehe.
Der Kläger könne keine Beihilfe für den von seiner Krankenkasse nicht erstatteten
Teil der eigenen Arzneimittelkosten erhalten, da diese Aufwendungen nach § 5
Abs. 4 Nr. 2 und 9 BhV nicht beihilfefähig seien. Zwischen der privaten und der ge-
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setzlichen Krankenversicherung bestünden weiterhin wesentliche strukturelle Unter-
schiede.
Mit seiner Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts und beantragt
sinngemäß,
den Beschluss des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom
20. Januar 2004 und das Urteil des Verwaltungsgerichts Kassel
vom 29. Dezember 1999 aufzuheben und die Beklagte unter
Aufhebung entgegenstehender Bescheide zu verpflichten, dem
Kläger diejenigen Beträge vollständig zu zahlen, die sich aus
seinen für den Zeitraum von 1992 bis 1996 gestellten Beihilfe-
anträgen ergeben.
Die Beklagte verweist auf den angefochtenen Beschluss und beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht tritt der Revisi-
on ebenfalls entgegen.
II.
Die Revision ist nicht begründet. Der Kläger hat weder einen Anspruch auf Beihilfe
für krankheitsbedingte Aufwendungen seiner Ehefrau noch für Aufwendungen, die
ihm wegen der Beschaffung von Arzneimitteln für sich selbst entstanden und die von
der Ersatzkasse nicht erstattet worden sind.
1. Für die rechtliche Beurteilung beihilferechtlicher Streitigkeiten ist grundsätzlich die
Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen maßgeb-
lich, für die Beihilfen verlangt werden (vgl. Urteile vom 28. Juni 1965 - BVerwG 8 C
80.64 - BVerwGE 21, 264 <265 ff.> und vom 24. März 1982 - BVerwG 6 C 95.79 -
BVerwGE 65, 184 <187>). Hinsichtlich der hier anzuwendenden Bestimmungen sind
keine abweichenden Regelungen getroffen.
2. § 5 Abs. 4 Nr. 1 Satz 3 Buchstabe b der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift über
die Gewährung von Beihilfen in Krankheits-, Geburts- und Todesfällen (Beihilfevor-
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schriften - BhV -) vom 19. April 1985 (GMBl S. 290) in der Fassung der Allgemeinen
Verwaltungsvorschrift zur Änderung der Beihilfevorschriften vom 19. September
1989 (GMBl S. 542) und vom 10. Dezember 1991 (GMBl S. 1051) schließt die Beihil-
fefähigkeit der krankheitsbedingten Aufwendungen der Ehefrau des Klägers aus.
Nach dieser Vorschrift sind Sach- und Dienstleistungen nicht beihilfefähig bei Perso-
nen, denen ein Zuschuss, Arbeitgeberanteil und dergleichen zum Krankenversiche-
rungsbeitrag gewährt wird; als Sach- und Dienstleistungen gelten - mit Ausnahme
der Aufwendungen für Wahlleistungen im Krankenhaus - auch Aufwendungen, die
darauf beruhen, dass der Versicherte die beim Behandler mögliche Sach- oder
Dienstleistung nicht als solche in Anspruch genommen hat.
Die Ehefrau des Klägers, deren krankheitsbedingte Aufwendungen gemäß § 3 Abs. 1
Satz 1 Nr. 1 BhV grundsätzlich beihilfefähig sind, ist eine Versicherte, der ein zu-
schussgleicher Anteil zum Krankenversicherungsbeitrag gewährt worden ist und der
Aufwendungen für Arzneimittel, derentwegen Beihilfe begehrt wird, deshalb entstan-
den sind, weil sie die beim Behandler mögliche Sachleistung nicht als solche, son-
dern statt dessen Kostenerstattung in Anspruch genommen hat.
Ausweislich der Bescheinigung der Hamburg-Münchener Ersatzkasse vom 7. April
1993 ist die Ehefrau als Rentenbezieherin nach § 5 Abs. 1 Nr. 11 SGB V in der
Krankenversicherung versicherungspflichtig. Gemäß dem durch Art. 4 Nr. 17 des
Gesetzes zur Reform der Gesetzlichen Rentenversicherung vom 18. Dezember 1989
(BGBl I S. 2261) mit Wirkung ab dem 1. Januar 1992 eingefügten § 249 a SGB V
tragen Versicherungspflichtige, die eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversiche-
rung beziehen, und die Träger der Rentenversicherung die nach der Rente zu be-
messenden Beiträge jeweils zur Hälfte. Danach ist die Beitragsbelastung der Versi-
cherungspflichtigen, die eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung erhal-
ten, zu gleichen Anteilen auf den Träger der Rentenversicherung und auf die Versi-
cherten verteilt. Der versicherungspflichtige Rentenbezieher hat nicht die Möglichkeit,
über die gesetzliche Beitragsverteilung zu disponieren - etwa weil er sich davon Vor-
teile bei der Beihilfe verspricht (vgl. BSG, Urteil vom 17. Dezember 1996 - 12 RK
23/96 - SozR 3-2500 § 249 a SGB V Nr. 1).
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Nach zutreffender allgemeiner Auffassung gehören zu den Personen, die einen An-
spruch auf "Zuschuss" zum Krankenversicherungsbeitrag haben, auch die versiche-
rungspflichtigen Rentenbezieher (vgl. Hinweise des Bundesministeriums des Inneren
zu § 5 Abs. 4 Nr. 1 Ziff. 2; Mildenberger/Pühler/Pohl/Weigel, Beihilfevorschriften des
Bundes und der Länder, Stand: Juli 2005, § 5 Anm. 27 zu Abs. 4 Nr. 1 <4>; Köh-
nen/Schröder/Kusemann/Amelungk, Beihilfevorschriften, Stand: 50. Ergänzungslie-
ferung, A. II § 5 BhV Anm. 24; Beckmann/Eyer/Heise, Beihilfevorschriften des Bun-
des und der Länder, Stand: 103. Ergänzungslieferung, § 5 BhV Anm. 15). Nach § 5
Abs. 4 Nr. 1 Satz 3 BhV haben im Rahmen des Beihilferechts diejenigen eine Son-
derstellung, die den Krankenversicherungsbeitrag nicht alleine aufbringen müssen,
sondern von Dritten einen Anteil erhalten. Terminologisch knüpft die beihilferechtli-
che Bestimmung noch an die Rechtslage vor Inkrafttreten des § 249 a SGB V an,
wonach die krankenversicherungspflichtigen Rentenbezieher den auf die Rente ent-
fallenden Beitrag alleine trugen, vom Rentenversicherungsträger jedoch einen "Zu-
schuss" erhielten (vgl. § 1304 e RVO). Gründe, die das Beihilferecht veranlassen
könnten, den vom Rentenversicherungsträger nach neuerem Krankenversicherungs-
recht übernommenen zuschussgleichen Beitragsanteil abweichend zu behandeln,
sind nicht ersichtlich. In diesem Zusammenhang ist es sowohl für das Sozialversiche-
rungsrecht wie auch für das Beihilferecht unerheblich, ob die Beiträge zur gesetzli-
chen Rentenversicherung vollständig oder - teilweise - freiwillig gezahlt worden sind.
Die Ehefrau des Klägers hat Anspruch auf Sach- und Dienstleistungen als Pflichtver-
sicherte. Die ihr entstandenen Aufwendungen gelten als Sach- und Dienstleistungen,
weil sie darauf beruhen, dass sie die beim Behandler mögliche Sachleistung nicht als
solche in Anspruch genommen hat.
§ 5 Abs. 4 Nr. 1 Satz 3 Buchstabe b BhV ist Ausdruck des das Beihilferecht prägen-
den Subsidiaritätsprinzips. Wer auf Grund anderweitiger Vorschriften einen Anspruch
darauf hat, dass sein krankheitsbedingter Bedarf durch Sach- oder Dienstleistungen
grundsätzlich vollständig gedeckt wird, soll wegen seines Verzichts auf diese Leis-
tungen im System der Beihilfe nicht besser gestellt werden. Die Beihilfe ist gegen-
über anderen Leistungen des Dienstherrn oder Arbeitgebers in Krankheits-, Pflege-,
Geburts- und - früher auch - Todesfällen wie auch gegenüber sonstigen sozialen
Leistungen nachrangig. Sie soll lediglich von solchen Aufwendungen in Krankheits-
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fällen u.a. in angemessenem Umfang freistellen, die den Beihilfeberechtigten unab-
wendbar treffen, weil er sie nicht durch sonstige Leistungen ausgleichen kann, die
ihm nach Gesetz oder Arbeitsvertrag zustehen, und die nicht durch die Besoldung
gedeckt sind. Nur in diesem Umfang besteht Anlass zu fürsorglichem Eingreifen des
Dienstherrn (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13. November 1990 - 2 BvF 3/88 - BVerf-
GE 83, 89 <108>; BVerwG, Urteile vom 20. Oktober 1976 - BVerwG 6 C 187.73 -
BVerwGE 51, 193 <198 ff.>, vom 13. März 1980 - BVerwG 6 C 1.79 - BVerwGE 60,
88 <91>, vom 16. Oktober 1981 - BVerwG 6 C 96.80 - BVerwGE 64, 127 <129 f.>,
vom 25. Juni 1987 - BVerwG 2 C 57.85 - BVerwGE 77, 331 <337> und vom
25. November 2004 - BVerwG 2 C 24.03 - Buchholz 270 § 9 BhV Nr. 5; vgl. auch
BSG, Urteil vom 29. April 1999 - B 3 P15/98R - SozR 3-3300 § 34 SGB XI Nr. 1
S. 9).
Die Versicherung der Ehefrau des Klägers bei der Hamburg-Münchener Ersatzkasse
ist nicht deshalb eine freiwillige oder einer solchen gleich gestellt, weil der Kläger
sich selbst im Rahmen seiner freiwilligen Versicherung bei dieser Ersatzkasse für die
Kostenerstattung entschieden hat und die Ehefrau seinerzeit als Familienversicherte
in dieses Versicherungsverhältnis einbezogen war. Spätestens ab dem Bezug der
gesetzlichen Rente war die Ehefrau gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 11 SGB V eigenständig
Pflichtversicherte. Seit diesem Zeitpunkt bestand ein von der Krankenversicherung
des Klägers unabhängiges Pflichtversicherungsverhältnis. Im Rahmen dieser Pflicht-
versicherung war die Ehefrau nicht darauf verwiesen, anstelle von Sach- und Dienst-
leistungen eine - begrenzte - Kostenerstattung in Anspruch zu nehmen. Mit der Über-
leitung der Ehefrau in die Krankenversicherung der Rentner und der Begründung
originärer Leistungsansprüche bei dem selben Träger der Krankenversicherung, der
bereits zuvor den Schutz im Rahmen der freiwilligen Familienversicherung über-
nommen hatte, ist die Option des Klägers für die Kostenerstattung im Rahmen seiner
freiwilligen Krankenversicherung für seine bis dahin unselbständig mitversicherte
Ehefrau hinfällig geworden.
Der Leistungsanspruch der Ehefrau war auch nicht durch die frühere Entscheidung
des Klägers zu Gunsten einer Kostenerstattung präjudiziert. In der gesetzlichen
Krankenversicherung erhalten die Versicherten die Leistungen als Sach- und Dienst-
leistungen, soweit das Fünfte Buch oder das Neunte Buch des Sozialgesetzbuches
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nichts Abweichendes vorsehen (vgl. § 2 Abs. 2, § 13 Abs. 1 SGB V). Die Kostener-
stattung ist die Ausnahme und beruht auf der freiwilligen Entscheidung des Versi-
cherten (vgl. § 13 Abs. 2 SGB V). Nach wie vor ist das Sachleistungsprinzip die
Standardform der Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung (vgl. BRDrucks
200/88 S. 157 ).
Art. 61 des Gesetzes zur Strukturreform im Gesundheitswesen (Gesundheits-
Reformgesetz - GRG) vom 20. Dezember 1988 (BGBl I S. 2477) sah insoweit keine
Ausnahme vor. Danach konnten Krankenkassen, die auf Grund der Satzung und in
rechtlich zulässiger Weise Kostenerstattung durchführten, diese nach dem 31. De-
zember 1988 in dem Umfang fortsetzen, wie es die Satzung am 31. Dezember 1988
vorsah. Damit war den Krankenkassen unter den gesetzlich näher bestimmten Vo-
raussetzungen nur die Möglichkeit eingeräumt, auf der Grundlage ihres bisherigen
Satzungsrechts weiterhin eine Kostenerstattung vorzusehen. Insoweit ist unerheb-
lich, dass Art. 24 des Gesetzes zur Stärkung der Solidarität in der gesetzlichen Kran-
kenversicherung vom 19. Dezember 1998 (BGBl I S. 3853) die Kostenerstattung in
der gesetzlichen Krankenversicherung erheblich einschränken wollte und diese Re-
gelung durch Art. 4 a des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Dritten Buches Sozi-
algesetzbuch und anderer Gesetze vom 21. Juli 1999 (BGBl I S. 1648) mit Rückwir-
kung geändert worden ist, um zu Gunsten der bisher Kostenerstattungsberechtigten
den bisherigen Rechtszustand aufrechtzuerhalten. Das Wahlrecht der Versicherten
nach § 13 Abs. 2 SGB V, das ursprünglich nur die freiwillig Versicherten sowie ihre
nach § 10 SGB V versicherten Familienangehörigen hatten, war dadurch weder be-
schränkt noch ausgeschlossen. Auch wenn die Ehefrau des Klägers bei Bezug der
Rente berechtigt zu Gunsten der Kostenerstattung optiert hatte, war sie hierauf ge-
setzlich nicht festgelegt. Ihre Entscheidung hat sie autonom getroffen. Alternativ hät-
te sie die Möglichkeit gehabt, die Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung
beim Behandler als Sach- und Dienstleistungen in Anspruch zu nehmen.
Nichts anderes besagt die Bescheinigung der Hamburg-Münchener Ersatzkasse vom
7. April 1993, wonach die Ehefrau des Klägers seit dem 23. September 1991 pflicht-
versichert ist und "im Rahmen der Besitzstandswahrung … ein Anspruch auf Erstat-
tung der Kassenanteile für privatärztliche/zahnärztliche Behandlung und Arznei-,
Verband-, und Heilmittel sowie für Zahnersatz (besteht)". Die Bescheinigung besagt
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nichts darüber, ob die Ehefrau des Klägers stattdessen Sach- und Dienstleistungen
hätte in Anspruch nehmen können. Auf den Rechtscharakter und die Bindungswir-
kung des Testats kommt es deshalb nicht an.
Personen, die die Möglichkeit hatten, anstelle einer Kostenerstattung Sach- und
Dienstleistungen in Anspruch zu nehmen, sind wirksam von der Beihilfe ausge-
schlossen.
Bei den Beihilfevorschriften handelt es sich um administrative Bestimmungen, die
nicht die Eigenschaft von Rechtsnormen haben (vgl. Urteil vom 25. Juni 1964
- BVerwG 8 C 23.63 - BVerwGE 19, 48 <53 ff.>). Allerdings beschränkt sich ihr Inhalt
nicht darauf, Auslegungshilfe zu sein, Ermessen zu lenken oder Beurteilungsspiel-
räume auszufüllen. Vielmehr haben sie eine herausragende Bedeutung für die Le-
bensgestaltung des Beamten und seiner Familie nicht erst im Falle von Krankheit,
Pflegebedürftigkeit und Geburt, sondern bereits bei der Wahl der Eigenvorsorge. Sie
genügen deshalb nicht den Anforderungen des verfassungsrechtlichen Gesetzesvor-
behalts. Vielmehr hat der Gesetzgeber die wesentlichen Entscheidungen bezüglich
der Leistungen an Beamte, Richter und Versorgungsempfänger im Falle von Krank-
heit und Pflegebedürftigkeit selbst zu treffen (vgl. Urteil vom 17. Juni 2004 - BVerwG
2 C 50.02 - BVerwGE 121, 103 = Buchholz 232 § 79 BBG Nr. 123). Allerdings sind
die Beihilfevorschriften - gerechnet ab dem Zeitpunkt der Entscheidung des erken-
nenden Senats - noch für eine Übergangszeit anzuwenden. Ihre Gültigkeit für die
Zeit vor dem 17. Juni 2004 steht grundsätzlich nicht in Frage (vgl. Urteile vom
17. Juni 2004 a.a.O., vom 28. Oktober 2004 - BVerwG 2 C 34.03 - Buchholz 270 § 5
BhV Nr. 15 und vom
25. November 2004 - BVerwG 2 C 24.03 - Buchholz 270 § 9 BhV Nr. 5
des Landes Niedersachsen, das ebenfalls die BhV inkorporiert hat>).
Der besonderen rechtlichen Form und ungewöhnlichen Funktion der Beihilfevor-
schriften ist entsprechend der bisherigen Rechtsprechung bei der Auslegung da-
durch Rechnung zu tragen, dass in Zweifelsfällen nicht, wie sonst allgemein bei Ver-
waltungsvorschriften, die vom Urheber der Vorschriften gebilligte oder doch gedulde-
te tatsächliche Verwaltungspraxis herangezogen wird, sondern die Beihilfevorschrif-
ten aus sich heraus in gleicher Weise wie Normen ausgelegt werden und ihre Ausle-
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gung in gleicher Weise wie bei revisiblen Rechtsvorschriften revisionsgerichtlich
nachgeprüft wird (vgl. Beschluss vom 28. Mai 1973 - BVerwG 2 B 15.73 - Buchholz
238.91 Nr. 5 BhV Nr. 3; Urteile vom 10. April 1997 - BVerwG 2 C 11.96 - Buchholz
270 § 18 BhV Nr. 3 und vom 10. Juni 1999 - BVerwG 2 C 29.98 - Buchholz 270 § 6
BhV Nr. 12).
Die Beihilfevorschriften sind für die Vergangenheit auch dann rechtlich nicht unbe-
achtlich, wenn - wie der Kläger vorträgt - die ursprüngliche Fassung der Beihilfevor-
schriften und die ändernden Verwaltungsvorschriften nicht durch die gemäß § 78
Abs. 1 i.V.m. § 73 Abs. 2, § 74 Abs. 2 der Gemeinsamen Geschäftsordnung der
Bundesministerien - Besonderer Teil (GGO II) in der Fassung vom 15. Oktober 1976
(GMBl S. 550) mit späteren Änderungen verantwortlichen Personen unterzeichnet
worden sein sollten. Da die Beihilfevorschriften keine Rechtsnormen sind, findet
Art. 82 GG keine Anwendung. Ob die Gemeinsame Geschäftsordnung der Bundes-
ministerien verbindliche formelle, gültigkeitserhebliche Anforderungen für die Wirk-
samkeit von Verwaltungsvorschriften aufzustellen vermag, mag auf sich beruhen.
Jedenfalls könnte der Kläger im Falle der Unwirksamkeit der Beihilfevorschriften für
die Vergangenheit nur eine Gleichbehandlung entsprechend der bisherigen Praxis
verlangen. Dass diese sich abweichend von der Regelung des § 5 Abs. 4 Nr. 1
Satz 3 BhV und den dazu erlassenen Verwaltungsvorschriften gestaltet haben könn-
te, ist nicht ersichtlich. Die durch Art. 33 Abs. 5 GG gewährleistete Fürsorgepflicht
des Dienstherrn (vgl. § 79 BBG) bietet unmittelbar keine Grundlage für den geltend
gemachten Anspruch, weil vorrangige Ansprüche gegen einen Sozialleistungsträger
gegeben waren und darüber hinaus die nach Kostenerstattung verbliebene Belas-
tung den Wesenskern der Fürsorge nicht berühren konnte.
§ 5 Abs. 4 Nr. 1 Satz 3 BhV ist entgegen der Auffassung des Klägers nicht aus
Gründen mangelnder Normklarheit unwirksam. Die Vorschrift ist im dargelegten
Sinne auf Grund herkömmlicher Auslegungsmethoden auslegungsfähig. Bei den Bei-
hilfevorschriften handelt es sich außerdem - wie bereits ausgeführt - nicht um
Rechtsvorschriften im formellen Sinne. Ihre Unvereinbarkeit mit rechtsstaatlichen
Grundsätzen ist in der Rechtsprechung des Senats bereits geklärt. Etwaige weitere
rechtsstaatswidrige Defizite begründen nicht die Wirkungslosigkeit für die Vergan-
genheit.
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§ 5 Abs. 4 Nr. 1 Satz 3 BhV verstößt nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Nach ständiger
Rechtsprechung ist der allgemeine Gleichheitssatz verletzt, wenn die gleiche oder
ungleiche Behandlung der geregelten Sachverhalte mit Gesetzlichkeiten, die in der
Natur der Sache selbst liegen, und mit einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten
Betrachtungsweise nicht mehr vereinbar ist, wenn also bezogen auf den jeweils in
Rede stehenden Sachbereich und seine Eigenart ein vernünftiger, einleuchtender
Grund für die Regelung fehlt (vgl. BVerfGE 76, 256 <329>; 83, 89 <107 f.>; 103, 310
<318>). Grundsätzlich obliegt es dem Gesetzgeber, diejenigen Sachverhalte auszu-
wählen, an die er dieselbe Rechtsfolge knüpft. Ob die Auswahl sachgerecht ist, lässt
sich nicht abstrakt und allgemein feststellen, sondern nur in Bezug auf die Eigenart
des zu regelnden Sachverhalts (vgl. BVerfGE 17, 122 <130>; 53, 313 <329>; 75, 108
<157>; 103, 310 <318>). Je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerk-
malen ergeben sich unterschiedliche Grenzen, die vom bloßen Willkürverbot bis zu
einer strengen Bindung an das Verhältnismäßigkeitserfordernis reichen. Der norma-
tive Gehalt der Gleichheitsbindung erfährt daher seine Konkretisierung jeweils im
Hinblick auf die Eigenart des zu regelnden Sachbereichs (vgl. BVerfGE 42, 374
<388>; 75, 108 <157>; 78, 232 <247>; 100, 138 <174>; 101, 54 <101>).
Auch bei der Regelung des Beihilferechts besteht eine weitgehende Gestaltungsfrei-
heit des Normgebers (vgl. BVerfGE 58, 68 <79>). Der Gleichheitssatz ist nicht schon
dann verletzt, wenn der Gesetzgeber nicht die gerechteste, zweckmäßigste oder
vernünftigste Lösung gewählt hat. Die Gerichte können nur die Überschreitung äu-
ßerster Grenzen beanstanden, jenseits derer sich gesetzliche Vorschriften bei der
Abgrenzung von Lebenssachverhalten als evident sachwidrig erweisen, sofern nicht
von der Verfassung selbst getroffene Wertentscheidungen entgegenstehen (vgl.
BVerfGE 65, 141 <148 f.>; 103, 310 <319 f.>; 110, 353 <364 f.>). Nichts anderes gilt
für die Gestaltungsfreiheit der Verwaltung beim Erlass von Beihilfevorschriften, so-
lange diese Regelungsform noch übergangsweise hinzunehmen ist.
Nach diesen Grundsätzen liegt es in dem zulässigen Gestaltungsrahmen, die Beihil-
fefähigkeit solcher Aufwendungen auszuschließen, die nur deshalb entstehen, weil
der Berechtigte es unterlässt, bedarfsdeckende Sach- oder Dienstleistungen in An-
spruch zu nehmen, und stattdessen von einem Sozialleistungsträger Kostenerstat-
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tung verlangt, obwohl eine solche Geldleistung die Aufwendungen nicht vollständig
ausgleicht.
Aus verfassungsrechtlichen Gründen muss ein Mitglied der gesetzlichen Kranken-
versicherung nicht einem Versicherungsnehmer in der privaten Krankenversicherung
gleichgestellt werden. Die Subsidiarität der Beihilfe rechtfertigt vielmehr den Aus-
schluss von Personen, deren Aufwendungen teilweise ungedeckt bleiben, weil sie
weitergehende Ansprüche nicht geltend machen (vgl. Urteile vom 18. Dezember
1974 - BVerwG 6 C 46.72 - Buchholz 238.91 Nr. 3 BhV Nr. 17 und vom 21. März
1979 - BVerwG 6 C 25.76 - BVerwGE 57, 336 = Buchholz 238.91 Nr. 3 BhV Nr. 20).
Dass bei der Kostenerstattung durch die gesetzliche Krankenversicherung zum einen
Aufwendungen teilweise nicht beglichen werden und zum andern eine Beteiligung
der Beihilfe ausgeschlossen ist, steht im Einklang mit der durch Art. 33 Abs. 5 GG
gewährleisteten Fürsorgepflicht des Dienstherrn. Dieses Prinzip fordert nicht, dass
durch Beihilfen und Versicherungsleistungen die Aufwendungen in Krankheitsfällen
vollständig gedeckt werden und dass der Dienstherr in jedem Falle einen Teil der
Kosten übernimmt (vgl. Urteil vom 3. Juli 2003 - BVerwG 2 C 36.02 - BVerwGE 118,
277 <282> = Buchholz 237.6 § 87 c NdsLBG Nr. 1 S. 5).
3. Es ist nicht zu beanstanden, dass gemäß § 5 Abs. 4 Nr. 2 BhV in der Fassung der
Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Änderung der Beihilfevorschriften vom 9. Juni
1993 (GMBl S. 370) gesetzlich vorgesehene Zuzahlungen und Kostenanteile sowie
Aufwendungen für von der Krankenversorgung ausgeschlossene Arznei-, Hilfs- und
Heilmittel sowie gemäß § 5 Abs. 4 Nr. 9 BhV ebenfalls in der Fassung der Allgemei-
nen Verwaltungsvorschrift zur Änderung der Beihilfevorschriften vom 9. Juni 1993
Abschläge für Verwaltungskosten und fehlende Wirtschaftlichkeitsprüfungen, die
dem Kläger nach Kostenerstattung durch die Hamburg-Münchener Ersatzkasse
verblieben sind, von der Beihilfe ausgeschlossen sind. Mit diesen Regelungen wer-
den die verschiedenen Krankenversorgungssysteme voneinander abgegrenzt. Aus
Gründen der Systemtrennung ist es ausgeschlossen, dass Aufwendungen, die nach
dem Willen des Gesetzgebers in dem einen Leistungssystem aus Gründen der Kos-
tendämpfung und Eigenbeteiligung von einem dem Grunde nach Berechtigten getra-
gen werden sollen, auf ein anderes Leistungssystem, nämlich die beamtenrechtliche
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Beihilfe, übergewälzt werden. Dieser Ausschluss ist mit höherrangigem Recht ver-
einbar.
Die Gleichbehandlungspflicht gemäß Art. 3 Abs. 1 GG ist nicht verletzt. Soweit der
- freiwillig oder obligatorisch - Versicherte in der gesetzlichen Krankenversicherung
einen eigenen Kostenanteil zu tragen hat, der einem privatversicherten Beihilfebe-
rechtigten erstattet würde, beruht dies auf den grundlegenden Strukturunterschieden
der verschiedenen Sicherungssysteme. Wie der erkennende Senat bereits in seinem
Urteil vom 24. November 1988 (BVerwG 2 C 18.88 - BVerwGE 81, 27 = Buchholz
270 § 15 BhV Nr. 3) ausgeführt hat, handelt es sich bei den Leistungen der gesetzli-
chen Krankenversicherung um Leistungen aus öffentlichen Kassen, die der grund-
sätzlich umfassenden Sicherung des Betroffenen und seiner Familie in Krankheitsfäl-
len dienen. Die gesetzliche Krankenversicherung steht im Gegensatz zu der privaten
Eigenvorsorge des Beamten und der ergänzenden, nachrangigen Unterstützung
durch den Dienstherrn. Die beamtenrechtliche Krankenfürsorge ist am Regeltyp des
Dienstes im Beamtenverhältnis als Lebensberuf orientiert, der gerade im Hinblick auf
den besonderen beamtenrechtlichen Schutz von der Versicherungspflicht in der ge-
setzlichen Krankenversicherung ausgenommen ist (vgl. § 6 Abs. 1 Nr. 2 SGB V). Der
Beamte dieses Regeltyps hat grundsätzlich auch nicht die Möglichkeit der Teilnahme
an dem Sicherungssystem der gesetzlichen Krankenversicherung, vielmehr kann er
die bei der Beihilfegewährung vorausgesetzte eigene Vorsorge regelmäßig nur durch
den Abschluss einer privaten Versicherung treffen, die auf dem reinen Versiche-
rungsprinzip beruht. Demgegenüber ist die gesetzliche Krankenversicherung dem
Beamtenrecht fremd (vgl. Entscheidung vom 25. Juni 1987 - BVerwG 2 N 1.86 -
BVerwGE 77, 345 <350 f.>). Die Krankheitsvorsorge auf Grund von Beihilfe und Pri-
vatversicherung unterscheidet sich von der gesetzlichen Krankenversicherung im
Hinblick auf die verfassungsrechtliche Verankerung, die Finanzierung, die Leistungs-
voraussetzungen, das Leistungsspektrum und die Leistungsformen. Prägende
Grundsätze der gesetzlichen Krankenversicherung sind vor allem die solidarische
Finanzierung, der soziale Ausgleich, die Sach- und Dienstleistung als Leistungsform
sowie die Organisation ihrer Träger als Selbstverwaltungskörperschaften des öffent-
lichen Rechts (vgl. § 29 Abs. 1 SGB IV). Insbesondere besteht bei ihr keine Entspre-
chung von Beitrags- und Leistungshöhe nach versicherungsmathematischen
Grundsätzen. Ihre Leistungen sind grundsätzlich einheitlich auf volle Absicherung für
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den Krankheitsfall angelegt; die Beiträge werden prinzipiell solidarisch finanziert und
richten sich unabhängig von den zu erbringenden Leistungen und dem individuellen
Risiko nach dem Einkommen des jeweiligen Versicherungspflichtigen.
Diese rechtliche Bewertung gilt nach wie vor. Das System der gesetzlichen Kranken-
versicherung und das System privater Vorsorge einschließlich ergänzender Beihilfe
sind nicht "gleich", sondern "gleichwertig" (vgl. BSG, Urteile vom 17. Juli 1997
- 12 RK 16/96 - SozR 3-4100 § 155 AFG Nr. 5, vom 18. März 1999 - B 12 KR 13/98
R-SozR 3-2500 § 10 SGB V Nr. 14 und vom 28. März 2000 - B 8 KN 10/98 KR
R-SozR 3-2500 § 10 SGB V Nr. 18; auch BVerfG, Beschluss vom 7. November 2002
- 2 BvR 1053/98 - BVerfGE 106, 225 <237>). Die Frage, ob die Unterschiede zwi-
schen den beiden Vorsorgesystemen den Anforderungen des Art. 3 Abs. 1 GG ge-
nügen, beantwortet sich nicht nach einem Vergleich auf der Leistungsseite. Vielmehr
besteht ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Art und dem Umfang der
Eigenvorsorge einerseits und dem Leistungsangebot andererseits. Derjenige, der die
Möglichkeit hatte, sich freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung zu versi-
chern, und von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht hat, hat eine Systementschei-
dung getroffen, die sich sowohl auf die Vor- als auch auf die Nachteile dieser Form
der Eigenvorsorge insgesamt bezieht. Er muss ebenso wie derjenige, der bewusst
von einem - ergänzenden - Versicherungsschutz ganz oder teilweise abgesehen hat,
in Kauf nehmen, dass nach den jeweiligen Systembedingungen krankheitsbedingte
Aufwendungen ungedeckt bleiben.
Eine Pflicht zur beihilferechtlichen Gleichbehandlung der Versicherten in der gesetz-
lichen und in der privaten Krankenversicherung besteht auch nicht, soweit die Kran-
kenkasse auf Antrag ihres Mitglieds Kosten erstattet - also ebenso wie die private
Krankenversicherung Zahlungen erbringt. Insoweit geht es nur um Leistungsmodali-
täten, ohne die grundsätzlichen Systemunterschiede einzuebnen.
Dass die private Krankenversicherung keine Abschläge wie die gesetzliche Kranken-
versicherung z.B. nach § 13 Abs. 2 Satz 9 SGB V vornimmt bzw. vorgenommen hat,
beruht auf dem Versicherungsvertrag sowie der Tarifstruktur und vermag den Vor-
wurf einer ungerechtfertigten Ungleichbehandlung durch den Dienstherrn nicht zu
begründen.
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Ebenso wenig ist die Fürsorgepflicht des Dienstherrn durch die Eigenbeteiligung der
freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherten Beamten und Richter
verletzt. Das System der Beihilfegewährung in Krankheitsfällen gehört nicht zu den
hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums; eine verfassungsrechtliche
Verpflichtung, Beihilfe in bestimmter oder allen Berechtigten in gleicher Höhe zu ge-
währen, besteht nicht (vgl. BVerfGE 58, 68 <77 f.>; 79, 223 <235>; 106, 225 <232>).
Zwar darf der Dienstherr die Beihilfe, die er als eine die Eigenvorsorge ergänzende
Leistung konzipiert hat, nicht ohne Rücksicht auf die vorhandenen Versicherungs-
möglichkeiten ausgestalten; die Fürsorgepflicht verlangt jedoch nicht die lückenlose
Erstattung jeglicher Aufwendungen (vgl. BVerfGE 83, 89 <100 ff.>; 106, 225
<232 f.>; BVerwG, Urteil vom 3. Juli 2003 a.a.O.). Dass die Fürsorgepflicht in ihrem
Wesenskern verletzt sein könnte, wenn der Kläger die ihm nach den Regelungen der
sozialen Krankenversicherung verbleibenden Kosten selbst tragen muss, ist nicht
erkennbar. Dem Kläger verbleibt ein Aufwand, der allen freiwilligen Mitgliedern der
gesetzlichen Krankenversicherung zugemutet wird, die Kostenerstattung in Anspruch
nehmen.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
Albers Dr. Kugele Groepper
Dr. Bayer Dr. Heitz
B e s c h l u s s
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Revisionsverfahren auf 4 050 € (ent-
sprechend 7 923 DM) festgesetzt (§ 52 Abs. 3 GKG).
Albers Groepper Dr. Bayer