Urteil des BVerwG vom 09.08.2013

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BVerwG 9 B 31.13
BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 9 B 31.13
Bayer. VG München - 13.09.2011 - AZ: VG M 2 K 10.6130
Bayerischer VGH München - 04.03.2013 - AZ: VGH 6 B 12.2097
In der Verwaltungsstreitsache hat der 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 9. August 2013
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Bier,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Christ und
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Bick
beschlossen:
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des
Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 4. März 2013 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 1 174,09 €
festgesetzt.
Gründe
1 Die auf eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) gestützte
Beschwerde hat keinen Erfolg.
2 Die Beschwerde will sinngemäß geklärt wissen, ob der „Grunderwerb“ als
Herstellungsmerkmal i.S.d. § 132 Nr. 4 BauGB verlangt, dass der Erwerb des Eigentums
vollständig abgeschlossen ist. Eine Klärung dieser Frage wäre in dem angestrebten
Revisionsverfahren nicht zu erwarten. Denn nach der vom Verwaltungsgerichtshof vertretenen
und für den Senat gemäß § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 560 ZPO grundsätzlich maßgebenden
Auslegung des - mit Art. 5a Abs. 1 BayKAG i.d.F. vom 25. Juli 2002 (GVBl S. 322) wortgleichen -
Art. 5a BayKAG i.d.F. vom 27. Dezember 1996 (GVBl S. 541) hat der bayerische
Landesgesetzgeber durch diese Vorschrift die §§ 127 bis 135 BauGB in bayerisches
Landesrecht überführt (vgl. VGH Bayern, Beschluss vom 26. April 2002 - 6 B 99.44 - BayVBl
2003, 21). Damit ist die vom Verwaltungsgerichtshof vorgenommene Auslegung und
Anwendung dieser Vorschriften des Baugesetzbuchs der Überprüfung in einem
Revisionsverfahren grundsätzlich entzogen (vgl. den Beschluss des Senats vom 9. August 2002
- BVerwG 9 B 35.02 - Buchholz 310 § 137 Abs. 1 VwGO Nr. 17 S. 3).
3 Von grundsätzlicher Bedeutung ist die Rechtssache auch nicht im Hinblick auf die schon im
Beschluss des Senats vom 9. August 2002 (a.a.O. am Ende) angedeutete Frage, ob Art. 5a Abs.
1 BayKAG die Anforderungen erfüllt, die an ein die §§ 127 bis 135 BauGB „ersetzendes“
Landesgesetz (Art. 125a Abs. 1 Satz 2 GG von Verfassungs wegen zu stellen sind (dagegen mit
beachtlichen Argumenten Rottenwallner, DÖV 2013, 515 ff.; vgl. auch SächsVerfGH, Urteil vom
19. April 2011 - Vf. 74-II-10 - NVwZ 2011, 936). Abgesehen davon, dass die Beschwerde
insoweit jegliche Darlegung vermissen lässt, wäre diese Rechtsfrage in dem erstrebten
Revisionsverfahren nicht entscheidungserheblich. Sollte - in Ermangelung einer wirksamen
landesrechtlichen Regelung - § 132 Nr. 4 BauGB, wonach die Gemeinden die Merkmale der
endgültigen Herstellung einer Erschließungsanlage durch Satzung regeln, unmittelbar den
Maßstab für die Erschließungsbeitragssatzung der Beklagten bilden, stünde die Auslegung der
Satzung durch das Berufungsgericht mit diesem bundesrechtlichen Maßstab in Einklang. Das
Eigentum der Gemeinde an den Straßenflächen muss nach der Rechtsprechung des
Bundesverwaltungsgerichts zwar nicht, darf aber als Herstellungsmerkmal in der Satzung
angeordnet werden. Der Zweck des § 132 Nr. 4 BauGB, den betroffenen Bürgern die endgültige
Herstellung der Erschließungsanlage möglichst eindeutig erkennbar zu machen, wird nicht
gefährdet, wenn der Grunderwerb zum Herstellungsmerkmal erklärt wird. Denn er lässt sich
anhand eines objektiven, eindeutig erkennbaren Kriteriums feststellen, nämlich der Eintragung
im Grundbuch. Unwirksam ist dagegen eine den Grunderwerb betreffende Merkmalsregelung,
wenn sie an den Maßgaben oder Bedingungen anknüpft, die die betroffenen Bürger nicht
anhand objektiver Kriterien sicher feststellen können (Urteil vom 14. August 1987 - BVerwG 8 C
60.86 - Buchholz 406.11 § 132 BBauG Nr. 42 S. 1 <3>; vgl. auch Urteil vom 19. November 1982 -
BVerwG 8 C 39.81 u.a. - Buchholz 406.11 § 127 BBauG Nr. 38 S. 11; Driehaus, Erschließungs-
und Ausbaubeiträge, 9. Aufl. 2012, § 11 Rn. 53). Diesen bundesrechtlichen Anforderungen hält
die den vollständigen Abschluss des Grunderwerbs verlangende Auslegung der
Erschließungsbeitragssatzung durch den Verwaltungsgerichtshof ersichtlich stand. Der
Beschwerde lässt sich nichts Gegenteiliges entnehmen. Soweit sie auf den Fall einer
„rechtswidrigen Vereitelung“ des Grunderwerbs durch die Gemeinde abstellt, legt sie der
Grundsatzrüge im Übrigen einen Sachverhalt zugrunde, den der Verwaltungsgerichtshof nicht
festgestellt hat.
4 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §
52 Abs. 3, § 47 Abs. 1 und 3 GKG.
Dr. Bier
Dr. Christ
Dr. Bick