Urteil des BVerwG vom 27.08.2013

BVerwG: vergleich, gestaltung, kulturdenkmal, gebäude, denkmalschutz, kunst, gebärdensprache, unterlassen, beteiligter, link

BVerwG 4 B 22.13
BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 4 B 22.13
Schleswig-Holsteinisches VG - 10.11.2011 - AZ: VG 8 A 91/10
Schleswig-Holsteinisches OVG - 30.11.2012 - AZ: OVG 1 LB 3/12
In der Verwaltungsstreitsache hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 27. August 2013
durch die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Gatz, Petz und
Dr. Külpmann
beschlossen:
Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des
Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts vom 30. November 2012 wird
zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger als Gesamtschuldner.
Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 12 500 € festgesetzt.
Gründe
1 Die auf § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO gestützte Beschwerde bleibt ohne Erfolg.
2 Die Beschwerde rügt einen Verstoß gegen § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Dem
Oberverwaltungsgericht habe sich bei Anwendung des § 1 Abs. 2 Satz 1 des schleswig-
holsteinischen Gesetzes zum Schutze der Kulturdenkmale (Denkmalschutzgesetz - DSchG) vom
12. Januar 2012 (GVOBl Sch.-H. S. 83) weiterer Aufklärungsbedarf aufdrängen müssen, um -
wie das Oberverwaltungsgericht ausgeführt habe - „eine erheblich über dem Durchschnitt
liegende äußere Gestaltung“ (Rn. 51) des klägerischen Gebäudes anzunehmen. Hierzu habe es
eines Vergleichs mit den bekannten etwa zehn Villen und zwei Landhäusern aus der
Entstehungszeit des streitbefangenen Gebäudes bedurft.
3 Die Rüge führt nicht zur Zulassung der Revision. Die Pflicht zur erschöpfenden
Sachverhaltsaufklärung verletzt ein Gericht grundsätzlich nicht, wenn es - wie hier - von einer
Beweiserhebung absieht, die ein anwaltlich vertretener Beteiligter nicht ausdrücklich beantragt
hat (stRspr, Beschluss vom 20. Dezember 2012 - BVerwG 4 B 20.12 - juris Rn. 6). Das
Unterlassen eines Beweisantrages ist nur unerheblich, wenn sich dem Tatsachengericht auch
ohne einen solchen Antrag eine weitere Sachverhaltsermittlung hätte aufdrängen müssen.
Maßgeblich hierfür ist der materiell-rechtliche Standpunkt des Tatsachengerichts, auch wenn
dieser Standpunkt verfehlt sein sollte (stRspr, Urteil vom 14. Januar 1998 - BVerwG 11 C 1.96 -
BVerwGE 106, 115 <119>, Beschlüsse vom 25. Januar 2005 - BVerwG 9 B 38.04 - NVwZ 2005,
447 <449> und vom 20. Dezember 2012 a.a.O. Rn. 7).
4 Eine weitere Sachaufklärung musste sich dem Oberverwaltungsgericht nicht aufdrängen. Die
Beschwerde missversteht die angegriffene Entscheidung: Nach dem materiell-rechtlichen
Standpunkt des Oberverwaltungsgerichts kommt es für das öffentliche Erhaltungsinteresse im
Sinne von § 1 Abs. 2 Satz 1 DSchG SH nicht darauf an, „ob und ggf. wie viele andere
(vergleichbare) Häuser“ aus einer bestimmten Zeitspanne in einer geographischen Region
vorhanden sind (UA Rn. 50). Die Annahme der Überdurchschnittlichkeit der äußeren Gestaltung
in der folgenden Passage geht damit nicht von einem solchen, von den Klägern vermissten
Vergleich aus, sondern schätzt den künstlerischen Wert des Hauses allgemein ein.
5 Dies bestätigen die Ausführungen zur Annahme eines besonderen Kulturdenkmals nach § 5
Abs. 2 Satz 1 DSchG SH (Rn. 52 ff.): Ob ein Gebäude als besonderes Kulturdenkmal im Sinne
von § 5 Abs. 2 Satz 1 DSchG SH in das Denkmalbuch einzutragen ist, kann nach Auffassung
des Oberverwaltungsgerichts den von den Klägern geforderten Vergleich mit äquivalenten
Objekten derselben Kunstrichtung und Entstehungszeit erforderlich machen, wenn insoweit
Zweifel verbleiben und besondere Lagemerkmale fehlen (Rn. 57). Hier zeigten indes die
Umstände des Einzelfalls die besondere Bedeutung des Hauses der Kläger, so dass es einer
vergleichenden Betrachtung mit anderen, äquivalenten Objekten nicht bedürfe (UA Rn. 59 f.).
Wenn es aus Sicht des Oberverwaltungsgerichts aber selbst zur Annahme einer besonderen
Bedeutung nach § 5 Abs. 2 Satz 1 DSchG SH („Schutzstufe II“) nicht des geforderten Vergleichs
bedurfte, bestand für einen solchen Vergleich zur Beurteilung des öffentlichen
Erhaltungsinteresses im Sinne von § 1 Abs. 2 Satz 1 DSchG SH („Schutzstufe I“) ebenfalls kein
Anlass.
6 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 159 Satz 2 VwGO, die Festsetzung des
Streitwerts auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG. Gegenüber der Vorinstanz war
der Streitwert um die Hälfte zu reduzieren, da der Denkmalschutz für das Gebäudeinnere nicht
mehr im Streit steht.
Dr. Gatz
Petz
Dr. Külpmann