Urteil des BVerwG vom 14.08.2014

Abfindung, Rechtliches Gehör, Öffentliche Bekanntmachung, Beweisantrag

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 9 B 5.14
OVG 9 K 16/11
In der Verwaltungsstreitsache
- 2 -
hat der 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 14. August 2014
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Bier und
die Richterinnen am Bundesverwaltungsgericht Buchberger und Dr. Bick
beschlossen:
Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der
Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Meck-
lenburg-Vorpommern vom 22. Oktober 2013 wird zurück-
gewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwer-
deverfahren auf 10 000 € festgesetzt.
G r ü n d e :
Die Beschwerde, die sich auf sämtliche Zulassungsgründe stützt, bleibt ohne
Erfolg.
1. Die geltend gemachten Verfahrensmängel rechtfertigen nicht die Zulassung
der Revision (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Ein Verfahrensmangel ist nur dann
hinreichend dargelegt bzw. bezeichnet (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO), wenn er
sowohl in den ihn (vermeintlich) begründenden Tatsachen als auch in seiner
rechtlichen Würdigung substantiiert dargetan ist (stRspr; s. nur Beschluss vom
19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 VwGO
Nr. 26 S. 14). Daran fehlt es hier.
a) Die Kläger rügen, das Oberverwaltungsgericht habe sich verfahrensfehlerhaft
nicht zu ihrem Vorbringen ausgelassen, dass weder die vorzeitige Ausfüh-
rungsanordnung vom 25. November 2010 noch der Bodenordnungsplan in der
gesetzlich vorgeschriebenen Form bekannt gegeben worden seien, ohne aller-
dings den Verfahrensfehler zu bezeichnen. Sollten sie die Verletzung ihres
Rechtes auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2
VwGO) geltend machen wollen, fehlt es schon an einer hinreichenden Darle-
1
2
3
- 3 -
gung. Die Kläger haben nicht dargetan, inwiefern eine Berücksichtigung ihres
Vorbringens auf der Grundlage der materiellen Rechtsauffassung des Flurbe-
reinigungsgerichts eine günstigere Entscheidung hätte herbeiführen können
(vgl. Beschluss vom 19. August 1997 a.a.O. S. 15 m.w.N.). Auf die Bekanntma-
chung der vorzeitigen Ausführungsanordnung vom 25. November 2010 kam es
schon deshalb nicht an, weil diese nicht den Streitgegenstand des Verfahrens
bildete; die Kläger haben sich mit ihrer Klage nur gegen den Flurneuordnungs-
plan vom 6. September 2002 in der Fassung des 4. Nachtrags vom 4. August
2010 gewandt. Dessen öffentliche Bekanntmachung war entgegen der Auffas-
sung der Kläger nicht vorgeschrieben. Nach § 59 Abs. 3 LwAnpG ist der Plan
den Beteiligten bekanntzugeben. Die Beschwerde zeigt im Übrigen nicht auf,
unter welchem rechtlichen Gesichtspunkt der angebliche Bekanntmachungsfeh-
ler Entscheidungserheblichkeit erlangt haben soll, zumal das Oberverwaltungs-
gericht von zulässigen Widersprüchen der Kläger gegen den Bodenordnungs-
plan mit den verschiedenen Nachträgen ausgegangen ist und sich mit dem klä-
gerischen Vorbringen auch auseinandergesetzt hat.
b) Nicht durchdringen können die Kläger mit ihrer Rüge, das Oberverwaltungs-
gericht habe verfahrensfehlerhaft einen Beweisantrag auf Einholung eines
Sachverständigengutachtens zur Auswirkung der Bodenwertzahlen auf den Er-
trag und dazu, dass der Flächenabzug durch die leicht erhöhten Bodenwertzah-
len bei weitem nicht ausgeglichen werden könne, außer Betracht gelassen und
dadurch gegen § 86 Abs. 2 VwGO verstoßen.
Entgegen dem Vorbringen der Kläger haben sie einen derartigen Beweisantrag
nicht gestellt. Ausweislich des Protokolls der mündlichen Verhandlung vom
22. Oktober 2013 ist die Flächenminderung für die Kläger (Ordnungsnum-
mer 183) erörtert, dazu aber kein Beweisantrag gestellt worden. Ein schriftsätz-
lich angekündigter Beweisantrag, der nicht in die mündliche Verhandlung ein-
gebracht wird, ist nicht i.S.v. § 86 Abs. 2 VwGO in der mündlichen Verhandlung
gestellt. Der begründeten Ablehnung eines lediglich angekündigten Beweisan-
trags bedarf es nicht.
4
5
- 4 -
c) Die Beschwerde meint in diesem Zusammenhang weiter, das Oberverwal-
tungsgericht habe seine Amtsermittlungspflicht (§ 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO) ver-
letzt, weil es die Frage des die Wertgleichheit der Abfindung nicht mehr gewähr-
leistenden Flächenabzugs nicht aufgeklärt, sondern sich auf die eigene Sach-
kunde zurückgezogen habe, ohne allerdings im Urteil darzulegen, wie es zu
seinen Erkenntnissen gekommen sei. Dies sei insbesondere deshalb erforder-
lich gewesen, weil das Gericht von dem von den Klägern vorgelegten Gutach-
ten der Sachverständigen Dr. B. habe abweichen wollen. Auch diese Rüge
dringt nicht durch. Denn die Kläger haben nicht dargelegt, dass sie bereits in
der mündlichen Verhandlung auf die Vornahme der Sachverhaltsaufklärung,
deren Unterbleiben sie nunmehr rügen, hingewirkt haben bzw. dass sich dem
Gericht die bezeichneten Ermittlungen auch ohne ein solches Hinwirken von
sich aus hätten aufdrängen müssen (Beschluss vom 19. August 1997 a.a.O.
S. 14 f.).
Das Oberverwaltungsgericht verfügte hier entgegen der Auffassung der Be-
schwerde über hinreichend eigene Sachkunde. Zwar muss grundsätzlich die
Begründung für das Vorliegen eigener ausreichender Sachkenntnis vom Tatsa-
chengericht in einer für das Revisionsgericht nachvollziehbaren Weise darge-
legt werden. Allerdings gelten für das Flurbereinigungsrecht Besonderheiten.
Durch die gemäß § 139 FlurbG vorgeschriebene besondere Besetzung des
Flurbereinigungsgerichts ist eine sachverständige Würdigung der im Rahmen
der Flurbereinigung zu beurteilenden Sachverhalte regelmäßig gewährleistet.
Ein Flurbereinigungsgericht ist daher nur unter besonderen Umständen gehal-
ten, Sachverständige hinzuzuziehen, etwa in Fällen, die schwierig gelagert sind
oder besondere Spezialkenntnisse erfordern. Dem entsprechend gelten auch
geringere Anforderungen an die Darlegung und Begründung der eigenen Sach-
kunde des Flurbereinigungsgerichts; diese muss im „Normalfall“, d.h. bei Sach-
verhalten, mit denen das Flurbereinigungsgericht regelmäßig befasst ist, nicht
besonders begründet werden (Beschlüsse vom 22. September 1989 - BVerwG
5 B 146.88 - Buchholz 424.01 § 139 FlurbG Nr. 14 und vom 4. November 2010
- BVerwG 9 B 85.09 - Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 376 Rn. 5; Mayr, in:
Wingerter/Mayr, FlurbG, 9. Aufl. 2013, § 139 Rn. 9; jeweils m.w.N.). Ein Verstoß
gegen die Aufklärungspflicht kommt jedoch in Betracht, wenn die Beurteilung
6
7
- 5 -
der agrarwirtschaftlichen Fragen gravierende Mängel aufweist, namentlich von
unzutreffenden Tatsachen ausgeht, in sich widersprüchlich oder aktenwidrig ist
oder ohne die notwendige Kenntnis der örtlichen Verhältnisse vorgenommen
wurde, mithin schlechterdings unvertretbar ist (Beschluss vom 4. November
2010 a.a.O. Rn. 9). Nach diesen Maßstäben musste sich dem Oberverwal-
tungsgericht eine weitere Aufklärung durch Einholung eines Sachverständigen-
gutachtens nicht aufdrängen. Die Frage der Bodenwertzahlen und deren Ein-
fluss auf die Wertgleichheit der Abfindungsflurstücke i.S.v. § 44 FlurbG gehört
geradezu zum „Kernbereich“ der Entscheidungen eines Flurbereinigungsge-
richts. Daher konnte das Gericht auch die von den Klägern in der mündlichen
Verhandlung vorgelegte Stellungnahme der Unternehmensberaterin Dr. B. ohne
Hinzuziehung weiteren Sachverstandes beurteilen. Dass der Sachverhalt des
Streitfalls im vorstehenden Sinne schwierig gelagert wäre oder besondere Spe-
zialkenntnisse erforderte, wird von der Beschwerde nicht dargelegt und ist auch
nicht ersichtlich. Ebenso wenig ist dargelegt, dass die Würdigung des Oberver-
waltungsgerichts unvertretbar wäre.
d) Nach diesen Maßstäben greift auch die weitere Aufklärungsrüge (§ 86 Abs. 1
VwGO) der Kläger nicht, das Oberverwaltungsgericht hätte im Hinblick auf die
„angeblichen Vorteile aus der Arrondierung“ die betriebswirtschaftliche Situation
aus dem Alt- und dem Neubestand in vergleichender Art und Weise gegen-
überstellen und gegebenenfalls sachverständige Hilfe zu Rate ziehen müssen.
Das Oberverwaltungsgericht konnte kraft eigener Sachkunde den Wert der Ar-
rondierung sowie den sich in annähernd gleicher Wertverhältniszahl für Einlage
und Abfindung ausdrückenden erhöhten Bodenwert beurteilen.
e) Die weiteren Rügen, das Oberverwaltungsgericht habe bei der Bewertung
der Flächenverluste (UA S. 9 und 10) den Vortrag der Kläger im Gutachten der
Sachverständigen Dr. B. zu den Deckungsbeitragsverlusten sowie den klägeri-
schen Vortrag zu den durchgeführten Pflugtauschvereinbarungen übergangen
(aa) und zudem die Arrondierungsvorteile nicht ausführlich genug begründet
(bb), greifen ebenfalls nicht durch.
8
9
- 6 -
aa) Zwar verlangt der Grundsatz rechtlichen Gehörs vom Gericht, die Ausfüh-
rungen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen.
Gerichte müssen jedoch nicht jedes Vorbringen der Beteiligten in den Gründen
der Entscheidung ausdrücklich bescheiden (BVerfG, Kammerbeschluss vom
20. Februar 2008 - 1 BvR 2722/06 - juris Rn. 11
NVwZ 2008, 780>; BVerwG, Urteil vom 31. Juli 2002 - BVerwG 8 C 37.01 -
Buchholz 428 § 1 Abs. 3 VermG Nr. 35; stRspr). Grundsätzlich ist nämlich da-
von auszugehen, dass ein Gericht das von ihm entgegengenommene Vorbrin-
gen der Beteiligten auch zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen
hat (vgl. BVerfG, Beschluss vom 1. Februar 1978 - 1 BvR 426/77 - BVerfGE 47,
182 <187 f.>). Hiervon ausgehend kann eine Gehörsverletzung nicht festgestellt
werden, denn das Gericht hat die Stellungnahme Dr. B. zur Kenntnis genom-
men und in Erwägung gezogen (vgl. UA S. 10 unten), ebenso hat es die Pflug-
tauschvereinbarungen gesehen (vgl. UA S. 4 f.). Es hat allerdings andere
Schlüsse daraus gezogen, als die Kläger für richtig halten. Der Anspruch auf
rechtliches Gehör schützt nicht davor, dass ein Gericht dem Sachvortrag eines
Beteiligten aus Gründen des materiellen Rechts nicht folgt.
bb) Auch ein Verstoß gegen die Begründungspflicht liegt nicht vor. Nach § 108
Abs. 1 Satz 2 VwGO müssen in den Urteilsgründen die tatsächlichen Umstände
und rechtlichen Erwägungen wiedergegeben werden, die das Gericht bestimmt
haben, die Voraussetzungen für seine Entscheidung als erfüllt anzusehen. Aus
den Entscheidungsgründen muss sowohl für die Beteiligten als auch für das
Rechtsmittelgericht nachvollziehbar sein, aus welchen Gründen des materiellen
Rechts oder des Prozessrechts nach Meinung des Gerichts dem Vortrag eines
Beteiligten, jedenfalls soweit es sich um einen zentralen Punkt seiner Rechts-
verfolgung handelt, nicht zu folgen ist (Beschluss vom 18. Oktober 2006
- BVerwG 9 B 6.06 - Buchholz 310 § 108 Abs. 2 VwGO Nr. 66 Rn. 24). Ausge-
hend davon lässt das Beschwerdevorbringen eine Verletzung des § 108 Abs. 1
Satz 2 VwGO nicht erkennen. Denn das Oberverwaltungsgericht hat begründet,
dass der Flächenverlust (Ordnungsnummer 142) die betriebswirtschaftlichen
Verhältnisse nicht nennenswert beeinflusse und die Betriebsprämienverluste
wegen der geringen Höhe im Ergebnis keinen Einfluss auf die Abfindungsge-
staltung hätten (UA S. 9). Durch die Abfindung erhöhe sich die Ertragskraft des
10
11
- 7 -
landwirtschaftlichen Betriebes der Kläger und diene einer verbesserten be-
triebswirtschaftlichen Situation des klägerischen Betriebes, was die Darstellung
der von den Klägern beauftragten Frau Dr. B. außer Betracht lasse. Dem Be-
gründungserfordernis ist damit genügt. § 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO gebietet kei-
ne Begründung in einem bestimmten Umfang und einer bestimmten Tiefe.
Letztlich wenden sich die Kläger auch insoweit gegen die tatsächliche und
rechtliche Würdigung durch das Oberverwaltungsgericht. Damit können sie
aber eine Zulassung der Revision nicht erreichen.
2. Die von den Klägern behauptete Abweichung des Oberverwaltungsgerichts
von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom
15. Oktober 1974 - BVerwG 5 C 30.72 - BVerwGE 47, 87) zur Bemessung der
Abfindung ist nicht hinreichend dargelegt (§ 132 Abs. 2 Nr. 2, § 133 Abs. 3
Satz 3 VwGO). Denn die Kläger haben keinen inhaltlich bestimmten, die ange-
fochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benannt, mit dem das
Oberverwaltungsgericht einem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungs-
gerichts aufgestellten, die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts tra-
genden Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen
hat (Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310
§ 133 VwGO Nr. 26 S. 14). Im Übrigen liegt die behauptete Abweichung
auch nicht vor. Nach der genannten Entscheidung darf dann, wenn die Abfin-
dung mehrerer Teilnehmer zu einheitlicher Bewirtschaftung zusammengefasst
ist, der Mehrwert eines Besitzstandes nicht gegen den Minderwert oder gegen
Nachteile des anderen im Rahmen der Wirtschaftsgemeinschaft aufgerechnet
werden. Lediglich hinsichtlich des Erfordernisses einer betriebswirtschaftlich
günstigen Gestaltung (§ 44 Abs. 2 FlurbG) ist in diesem Falle die Abfindung
mehrerer Teilnehmer als einheitlich anzusehen (Urteil vom 15. Oktober 1974
a.a.O. S. 92). Hiermit steht das Vorgehen des Oberverwaltungsgerichts, das die
wertgleiche Abfindung der Ordnungsnummern 142 und 183 zunächst getrennt
geprüft und sodann knapp festgestellt hat, dass „Entsprechendes gilt, wenn die
Gesamtabfindung für die ON 142 und 183 betrachtet wird, sie also als ein ein-
heitlicher Teilnehmer betrachtet werden“ (UA S. 9 f.) in Einklang.
12
- 8 -
3. Die von der Beschwerde geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung (§ 132
Abs. 2 Nr. 1 VwGO) kommt der Rechtssache nicht zu.
Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache dann, wenn für die Entschei-
dung des vorinstanzlichen Gerichts eine konkrete fallübergreifende Rechtsfrage
des revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO) von Bedeutung war, deren noch
ausstehende höchstrichterliche Klärung im Revisionsverfahren zu erwarten ist
(stRspr; vgl. Beschlüsse vom 2. Oktober 1961 - BVerwG 8 B 78.61 - BVerwGE
13, 90 <91 f.>, vom 23. April 1996 - BVerwG 11 B 96.95 - Buchholz 310 § 132
Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 10 S. 15, vom 30. März 2005 - BVerwG 1 B 11.05 -
NVwZ 2005, 709 und vom 2. August 2006 - BVerwG 9 B 9.06 - NVwZ 2006,
1290).
a) Danach ist die Frage,
„ob einem Teilnehmer, der ausdrücklich Abfindung in Land
verlangt hat, und zwar in angestammter Lage, d.h. insbe-
sondere ohne Flächenabzug, ein derart hoher Flächenan-
teil von 19,3 % abgezogen werden kann und ihm im
Gegenzug hierzu anderes Land zugeteilt werden kann,
welches zwar nach der Reichsbodenwertschätzung aus
den 1930-Jahren höhere Bodenwertzahlen aufweist, tat-
sächlich aber unter heutigen Gesichtspunkten nicht in
einem solchen Maße höherwertig ist, dass es einen so
dramatischen Flächenabzug ausgleichen kann,“
in einem Revisionsverfahren z.T. nicht klärungsfähig und z.T. nicht klärungsbe-
dürftig. Soweit die Beschwerde unterstellt, dass die Ausgleichsflächen mit den
höheren Bodenwertzahlen nicht höherwertig genug sind, um den Flächenverlust
auszugleichen, fehlt es schon an den entsprechenden Feststellungen des
Oberverwaltungsgerichts, so dass die Behauptungen der Kläger einem Revi-
sionsverfahren nicht zugrunde gelegt werden könnten.
Im Ergebnis zielt die Beschwerde auf die Frage, ob ein Teilnehmer eines Bo-
denordnungsverfahrens bei einem Landabzug in einem Umfang von nahezu
20 % der Einlageflächen wertgleich i.S.v. § 63 Abs. 2 LwAnpG i.V.m. § 44
FlurbG mit Land in geringerem Umfang aber höherwertigen Bodenwertzahlen
abgefunden werden kann. Fallübergreifend lässt sich die Frage nicht beantwor-
13
14
15
16
- 9 -
ten, weil die Wertgleichheit der Abfindung das Ergebnis einer behördlichen Ab-
wägung ist, bei der alle Umstände zu berücksichtigen sind, die auf den Ertrag,
die Benutzung und die Verwertung der Grundstücke wesentlichen Einfluss ha-
ben (vgl. § 44 Abs. 2 FlurbG). Die fallübergreifend geltenden Grundsätze der
wertgleichen Abfindung sind in der Rechtsprechung bereits geklärt. Nac
muss die Gleichwertigkeitsprüfung von den nach den
isermittelten, am Nutzwert für jedermann ausgerichteten
Grundstückswerten ausgehen. Diese Werte bilden indes nicht den ausschließli-
chen Maßstab für die Bestimmung einer wertgleichen Abfindung. Zusätzlich
sind vielmehr nach Maßgabe desnoch weitere den
Wert der konkreten Gesamtabfindung mitbestimmende Faktoren mit einzube-
ziehen (Urteil vom 23. August 2006 --
Rn. 14 = Buchholz 424.01 § 44 FlurbG Nr. 82). Zur Bestimmung der Wert-
gleichheit gehören ohne Weiteres auch die Wertverhältniszahlen, die es ermög-
lichen, den Wert von Bodenflächen zu bestimmen (§ 28 FlurbG) sowie darüber
hinaus die Lagevorteile (Beschluss vom 7. Februar 2012 - BVerwG 9 B 89.11 -
juris Rn. 4), die das Oberverwaltungsgericht hier bezüglich der Ordnungsnum-
mer 183 in der Nähe zur Ortslage und zu einem Grundstück der Ordnungs-
nummer 142 gesehen hat.
b) Die Frage,
„ob ein Teilnehmer eine mangelnde Wertgleichheit seiner
Abfindung schon dann nicht mehr rügen kann, wenn er es
unterlassen hat, bereits den Wertermittlungsrahmen anzu-
fechten, ob also bereits eine bloße abstrakte Vorgabe in
einem Bewertungsrahmen die Rüge mangelnder Wert-
gleichheit der Abfindung für jedwede Zuteilungsfläche im
gesamten Flurbereinigungsgebiet ausschließen kann“,
rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision, denn die aufgeworfene Frage ist in
der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bereits geklärt. Danach
muss sich ein Kläger die Ergebnisse der bestandskräftigen Wertermittlung ent-
gegenhalten lassen, wenn er dagegen - wie hier die Kläger gemäß §§ 60, 63
Abs. 2 LwAnpG i.V.m. § 141, § 32 FlurbG - kein Rechtsmittel eingelegt hat
(Urteile vom 12. Februar 1963 - BVerwG 1 B 141.61 - BVerwGE 15, 271 <272>,
vom 15. Oktober 1974 - BVerwG 5 C 30.72 - BVerwGE 47, 88 <95 f.>
17
- 10 -
nicht veröffentlicht in Buchholz 424.01 § 44 FlurbG Nr. 30> und BVerwG 5 C
56.73 - BVerwGE 47, 96 = Buchholz 424.01 § 44 FlurbG Nr. 29 S. 26). Die
Richtigkeit des Wertermittlungsrahmens kann im Rahmen einer Anfechtung der
Feststellung der Wertermittlung (§ 31, § 32 FlurbG) geltend gemacht werden
(Urteil vom 23. August 1962 - BVerwG 1 C 130.56 - RzF - 5 - zu § 28 Abs. 1
FlurbG). Die fehlende Anfechtung der Wertermittlung schließt allerdings nicht
für jedwede Zuteilungsfläche den Vortrag mangelnder Wertgleichheit der Abfin-
dung aus. Vielmehr ist ein Teilnehmer an einem Flurbereinigungsverfahren re-
gelmäßig nur in Bezug auf seine eigenen Grundstücke sowie in Bezug auf die
seinem Altbesitz benachbarten Grundstücke zur Nachprüfung der festgestellten
Werte innerhalb der Widerspruchsfrist verpflichtet. Bei fremden Grundstücken
hängt der Umfang der Sorgfaltspflicht hingegen von den Umständen des Einzel-
falles ab; gegebenenfalls können hier Einwendungen gegen den Wertfeststel-
lungsbeschluss noch nachträglich nach § 134 Abs. 3 FlurbG zuzulassen sein
(Beschluss vom 4. Februar 1987 - BVerwG 5 B 4.87 - Buchholz 424.01 § 32
FlurbG Nr. 5). Das Beschwerdevorbringen gibt keine Veranlassung zu weiter-
gehenden Klärungen in einem Revisionsverfahren.
c) Die Frage,
„ob in einem vergleichbaren Fall, bei dem zwar nach den
Ergebnissen der Wertermittlung deutlich höherwertige
Flächen neu zugeteilt werden, diese aber für den einzel-
nen Teilnehmer tatsächlich keinen Wertzuwachs bringen,
eine Vermessung der Altflurstücksgrenzen erfolgen muss,
um die tatsächliche Größe der Einlageflurstücke und die
tatsächliche Überbausituation festzustellen“,
bedarf schon deshalb keiner revisionsgerichtlichen Klärung, weil die Frage letzt-
lich auf die Richtigkeit der bestandskräftigen Wertermittlung zielt, deren Ergeb-
nisse einer revisionsgerichtlichen Entscheidung über den Bodenneuordnungs-
plan (§ 59 LwAnpG) zugrunde zu legen wären. Die Kläger müssen sich die Er-
gebnisse der bestandskräftigen Wertermittlung jedoch - wie unter 2b) ausge-
führt - grundsätzlich entgegenhalten lassen. Nachsicht nach § 134 FlurbG ist
ihnen vom Oberverwaltungsgericht nicht gewährt worden. Darüber hinaus ist
vom Oberverwaltungsgericht nicht festgestellt worden, dass nach der Wert-
ermittlung höherwertige Flächen dem einzelnen Teilnehmer keinen tatsächli-
18
- 11 -
chen Wertzuwachs bringen, so dass diese Behauptung einer Revisionsent-
scheidung nicht zugrunde gelegt werden könnte. Die Frage der Vermessung
lässt sich zudem mithilfe des Gesetzes beantworten. Nach § 30 FlurbG ist für
die Größe der Grundstücke in der Regel die Eintragung im Liegenschaftskatas-
ter maßgebend. Diese Vorschrift soll die aufwändige Vermessung der alten
Flurstücke erübrigen (Mayr, in: Wingerter/Mayr, FlurbG, 9. Aufl. 2013, § 30
Rn. 1). Die Festlegung des alten Grenzverlaufs in der Örtlichkeit ist, sofern sie
mit Neuaufmessungen verbunden ist, in aller Regel nicht erforderlich (vgl. OVG
Koblenz, Urteil vom 3. Juli 1968 - 3 C 17/68 - RzF - 2 - zu § 30 FlurbG; OVG
Münster, Urteil vom 27. November 1972 - IX G 49/70 - RzF - 3 - zu § 30 FlurbG;
VGH München, Urteil vom 29. Juli 1997 - 13 A 95.2817 - RzF - 5 - zu § 30
FlurbG; VGH Kassel, Urteil vom 25. Oktober 1967 - F III 241/65 - UA S. 11).
d) Die Frage,
„inwieweit Arrondierungsvorteile aus einer Flurbereini-
gung, die mit der Zusammenlegung der Eigentumsflächen
einhergehen, ‚höherwertiger‘ einzuschätzen sind gegen-
über der von den einzelnen Teilnehmern bereits durch
Pflugtauschvereinbarung erzielten Arrondierung“,
bedarf - soweit sie einer abstrakten Beantwortung zugänglich ist - keiner Ent-
scheidung im Revisionsverfahren. Denn sie lässt sich anhand des Gesetzes
beantworten. Sinn und Zweck des Flurbereinigungsverfahrens ist die Neuord-
nung des ländlichen Grundbesitzes, mithin des Grundstückseigentums (§ 1,
§ 37 FlurbG). Die Zuteilung möglichst großer Grundstücke ist Ziel der Flurberei-
nigung (§ 44 Abs. 3 FlurbG). Die Arrondierungsvorteile, die durch Zuteilung
größerer Grundstücke entstehen, sind ebenso in die Abwägung gemäß § 44
Abs. 2 FlurbG einzustellen wie die betriebswirtschaftlichen Verhältnisse aller
Teilnehmer, wobei nach § 37 FlurbG auf besondere Verhältnisse und Interes-
sen nur im Rahmen der Erfordernisse der allgemeinen Landeskultur und der
agrarpolitischen Aufgaben des Flurbereinigungsverfahrens Rücksicht zu neh-
men ist (Beschluss vom 20. März 1974 - BVerwG 5 B 108.72 - RzF - 22 - zu
§ 37 Abs. 1 FlurbG), nicht aber auf in der Person der Beteiligten gegebenen
besonderen Verhältnisse und Interessen (Urteile vom 16. Februar 1968
- BVerwG 4 C 123.65 - RdL 1968, S. 218 <219> und vom 11. Juli 1973
19
- 12 -
- BVerwG 5 B 22.72 - Buchholz 424.01 § 44 FlurbG Nr. 23 S. 16). Pflugtausch-
vereinbarungen beschränken sich - anders als der freiwillige Landtausch ge-
mäß § 103a FlurbG - auf Nutzung und Besitz von Grundstücken und verpflich-
ten ausschließlich die Vertragsparteien. Die daraus fließenden Vorteile haften
nicht dem Grundstück an, gehen nicht in die Wertermittlung nach § 31 FlurbG
ein und haben deshalb keinen Einfluss auf die Gesamtheit aller dem Flurberei-
nigungsverfahren unterliegenden Grundstücke, so dass ein lediglich schuld-
rechtlich erwirtschafteter Vorteil auch nicht von der Teilnehmergemeinschaft
auszugleichen ist. Der Pflugtausch gehört nicht in den Aufgabenbereich der
Flurbereinigungsbehörden (vgl. dazu Wingerter, in: Wingerter/Mayr, a.a.O.,
Vorbem. zu § 103a Rn. 5).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des
Streitwerts beruht auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.
Dr. Bier
Buchberger
Dr. Bick
20