Urteil des BVerwG vom 22.06.2011

Unternehmen, Markt, Eingriff in Grundrechte, Innerstaatliches Recht

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
BVerwG 6 C 40.10
VG 21 K 7173/09
Verkündet
am 22. Juni 2011
Zweigler
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
In der Verwaltungsstreitsache
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hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 22. Juni 2011
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Neumann
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Büge, Dr. Graulich, Vormeier
und Dr. Bier
für Recht erkannt:
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Verwal-
tungsgerichts Köln vom 17. März 2010 wird zurückgewie-
sen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
G r ü n d e :
I
Die Klägerin wendet sich gegen Entscheidungen der Bundesnetzagentur über
die Vergabe von Funkfrequenzen (Allgemeinverfügungen vom 19. Juni 2007,
ABl BNetzA S. 3115, vom 7. April 2008, ABl BNetzA S. 581 und vom
12. Oktober 2009, ABl BNetzA S. 3623); wegen der näheren Einzelheiten wird
auf das Urteil gleichen Rubrums vom heutigen Tag - BVerwG 6 C 3.10 - Bezug
genommen.
Gegenstand der hier vorliegenden Klage ist die unter Nr. IV der Allgemeinverfü-
gung vom 12. Oktober 2009 - im Wesentlichen gleichlautend mit Nr. III der vo-
rangegangenen Allgemeinverfügung vom 7. April 2008 - enthaltene Anordnung
über „Festlegung und Regeln des Vergabeverfahrens“ (im Folgenden: Verga-
bebedingungen). Die hier umstrittenen Vergabebedingungen haben folgenden
Inhalt: Die Berechtigung zur Teilnahme am Versteigerungsverfahren im Rah-
men der fachlichen und sachlichen Mindestvoraussetzungen ist nicht be-
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schränkt (Nr. IV.1.1). Jeder Antragsteller hat darzulegen, dass er die in Anla-
ge 5 der Allgemeinverfügung näher bezeichneten Voraussetzungen für die Zu-
lassung zum Versteigerungsverfahren erfüllt (Nr. IV.1.3). Der sachlich relevante
Markt, für den die zu vergebenden Frequenzen unter Beachtung des Frequenz-
nutzungsplanes verwendet werden dürfen, ist als der Markt für den drahtlosen
Netzzugang zum Angebot von Telekommunikationsdiensten bestimmt
(Nr. IV.2.1), der räumlich relevante Markt als das Bundesgebiet (Nr. IV.2.2). Die
Bietrechte sind (nur) für den Frequenzbereich 790 bis 862 MHz beschränkt
(Nr. IV.3.2). Als Nutzungszweck der zur Vergabe stehenden Frequenzen ist der
drahtlose Netzzugang zum Angebot von Telekommunikationsdiensten
(Nr. IV.4.1) nach Maßgabe bestimmter technischer Frequenznutzungsbestim-
mungen festgelegt (Nr. IV.4.2). Die Frequenzzuteilungen sind bis zum
31. Dezember 2025 befristet (Nr. IV.4.3). Der mit den Frequenzen im Bereich
1,8 GHz, 2 GHz und 2,6 GHz zu erreichende Versorgungsgrad der Bevölkerung
ist - vorbehaltlich einer Sonderregelung für streitbefangene Frequenzen - ab
1. Januar 2014 auf 25 % und ab 1. Januar 2016 auf 50 % festgelegt
(Nr. IV.4.4). Das Mindestgebot ist für einen Frequenzblock von 2 x 5 MHz bzw.
2 x 4,95 MHz (gepaart) auf 2 500 000 €, für einen Frequenzblock von 1 x 5 MHz
(ungepaart) auf 1 250 000 € und für den Frequenzblock von 1 x 14,2 MHz (un-
gepaart) auf 3 550 000 € festgesetzt (Nr. IV.5).
Die Klägerin, die bereits einzelne Vergabebedingungen der vorangegangenen
Allgemeinverfügung der Bundesnetzagentur vom 7. April 2008 angefochten hat-
te, hat die Klage auf die Allgemeinverfügung vom 12. Oktober 2009 erstreckt
und auf alle oben angegebenen Klagepunkte erweitert. Das Verwaltungsgericht
hat die Klage abgewiesen: Unbeschadet erheblicher Bedenken gegen die Zu-
lässigkeit der Klage, soweit bestimmte Regelungen inhaltsgleich bereits in der
Allgemeinverfügung vom 7. April 2008 enthalten, aber damals nicht angefoch-
ten gewesen seien, sei die Klage jedenfalls insgesamt unbegründet. Die ange-
fochtenen Bestimmungen seien im Rahmen des gerichtlich nur eingeschränkt
überprüfbaren Beurteilungsspielraums der Bundesnetzagentur rechtlich nicht zu
beanstanden.
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Mit der - vom Senat zugelassenen - Revision macht die Klägerin geltend: Bei
der Festlegung der Vergabebedingungen stehe der Bundesnetzagentur entge-
gen der Auffassung des Verwaltungsgerichts ein Beurteilungsspielraum nicht
zu. Jedenfalls seien dessen Grenzen überschritten, denn die Behörde habe
sich einseitig an den Interessen der großen Netzbetreiber orientiert und die Be-
lange kleiner und mittlerer Unternehmen unberücksichtigt gelassen. Im Einzel-
nen sei zu beanstanden, dass Nr. IV.1.1 der Allgemeinverfügung einen Teil-
nahmeausschluss mit Blick auf streitbefangene Frequenzen ermögliche. In
Nr. IV.1.3 würden Anforderungen an die finanzielle Leistungsfähigkeit statuiert,
die einer gesetzlichen Grundlage entbehrten und weniger finanzstarke Unter-
nehmen diskriminierten. Durch die Bestimmung des sachlich relevanten Mark-
tes (Nr. IV.2.1) werde ebenso wie durch die Nutzungsbestimmungen IV.4.1 und
IV.4.2 der ihr seinerzeit genehmigte „feste Funkdienst“ entgegen den Vorgaben
des nationalen Frequenzplanungsrechts, das sich an höherrangigen völker-
rechtlichen und europarechtlichen Vorgaben messen lassen müsse, ausge-
schlossen. Die Bestimmung eines bundesweiten Marktes (Nr. IV.2.2) berück-
sichtige nicht die Bedarfe zahlreicher Unternehmen für regionale Nutzungen.
Die Regelung in Nr. IV.3.2, die eine Beschränkung der Bietrechte nur im Be-
reich von 800 MHz, nicht aber von 2,6 GHz vorsehe, setze mittelständische Un-
ternehmen in 2,6-GHz-Band einem Verdrängungswettbewerb durch die finanz-
starken Mobilfunknetzbetreiber aus. Die Befristung der Frequenznutzungsrech-
te (Nr. IV.4.3) lasse das Recht auf eine wirtschaftlich angemessene Nutzungs-
zeit, insbesondere im Hinblick auf streitbefangene Frequenzen, unberücksich-
tigt. Die Festlegung der Versorgungsverpflichtung (Nr. IV.4.4), die für die etab-
lierten Mobilfunknetzbetreiber wegen der Möglichkeit der Anrechnung einer be-
reits realisierten Versorgung faktisch keine Geltung beanspruche, diskriminiere
Neueinsteiger. Die Mindestgebote (Nr. IV.5) nähmen keine Rücksicht auf den
unterschiedlichen wirtschaftlichen Wert der zur Vergabe gestellten Frequenzen
und lehnten sich zudem an einen Gebührentatbestand an, der für die Zuteilung
der hier in Rede stehenden Frequenzen nicht gelte.
Die Klägerin beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils
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1. Nr. III.1.1, 1.3, 2.1, 2.2, 4.1, 4.2, 4.3, 4.4, 5.1, 5.2 und 5.3 der
Entscheidung der Beklagten vom 7. April 2008 und Nr. IV.1.1,
1.3, 2.1, 2.2, 3.2, 4.1, 4.2, 4.3, 4.4, 5.1, 5.2 und 5.3 der Entschei-
dung vom 12. Oktober 2009 aufzuheben, soweit diese den Fre-
quenzbereich 2,6 GHz (2500 MHz - 2690 MHz) betreffen;
2. hilfsweise: Nr. III.1.1, 1.3, 2.1, 2.2, 4.1, 4.2, 4.3, 4.4, 5.1, 5.2
und 5.3 der Entscheidung der Beklagten vom 7. April 2008 und
Nr. IV.1.1, 1.3, 2.1, 2.2, 3.2, 4.1, 4.2, 4.3, 4.4, 5.1, 5.2 und 5.3
der Entscheidung vom 12. Oktober 2009 aufzuheben;
3. hilfsweise: Nr. III. der Entscheidung der Beklagten vom 7. April
2008 und Nr. IV. der Entscheidung vom 12. Oktober 2009 aufzu-
heben, soweit diese den Frequenzbereich 2,6 GHz (2500 MHz -
2690 MHz) betreffen;
4. hilfsweise: Nr. III. der Entscheidung der Beklagten vom 7. April
2008 und Nr. IV. der Entscheidung vom 12. Oktober 2009 aufzu-
heben.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie verteidigt ihre angegriffene Entscheidung sowie das Urteil des Verwal-
tungsgerichts.
II
Die zulässige Revision der Klägerin ist unbegründet. Das angefochtene Urteil
erweist sich, auch soweit es mit Bundesrecht nicht in vollem Umfang in Ein-
klang steht, jedenfalls im Ergebnis als zutreffend (§ 144 Abs. 4 VwGO).
1. Die Klage ist insgesamt zulässig, soweit die Klägerin die Teilentscheidung IV
der Allgemeinverfügung vom 12. Oktober 2009 anficht.
a) Wie sich im Einzelnen aus dem Urteil vom heutigen Tag in der Sache
BVerwG 6 C 3.10 zu der parallelen Problematik im Hinblick auf die Vergabean-
ordnung (Teilentscheidung I und II) erschließt, ist diese Allgemeinverfügung als
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eine neue Sachentscheidung und nicht, auch nicht teilweise, als eine lediglich
wiederholende Verfügung im Hinblick auf die vorangegangene Allgemeinverfü-
gung vom 7. April 2008 anzusehen. Die Anfechtungsklage ist daher auch inso-
weit statthaft, als die Klägerin sinngleiche Regelungen der vorangegangenen
Allgemeinverfügung unbeanstandet gelassen hatte.
Die Klagebefugnis der Klägerin in Bezug auf die angefochtenen Vergabebedin-
gungen folgt daraus, dass diese den - bereits durch die Vergabeanordnung und
die Anordnung eines Versteigerungsverfahrens gestalteten - Zugangsanspruch
weiter verengen (s. auch Urteil vom 1. September 2009 - BVerwG 6 C 4.09 -
BVerwGE 134, 368 Rn. 19 = Buchholz 442.066 § 55 TKG Nr. 1); eine subjektive
Rechtsverletzung ist jedenfalls nicht von vornherein ausgeschlossen.
Das Rechtsschutzbedürfnis der Klägerin lässt sich im Hinblick auf die in der
Allgemeinverfügung vom 12. Oktober 2009 festgelegten Vergabebedingungen
nicht mit der Erwägung verneinen, deren Gestaltungswirkung habe sich mit der
mittlerweile ohne Beteiligung der Klägerin durchgeführten Versteigerung erle-
digt. Denn die einzelnen Teilentscheidungen über die Frequenzvergabe
- einschließlich derjenigen über die Vergabebedingungen - bilden das sachliche
Fundament für die Frequenzzuteilungen; bei deren Anfechtung müsste sich die
Klägerin eine etwaige Bestandskraft der Vergabebedingungen entgegenhalten
lassen.
b) Dagegen ist die Klage gegen die durch die Neuregelung vom 12. Oktober
2009 erledigten Vergabebedingungen der Allgemeinverfügung vom 7. April
2008 mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig; auch insoweit wird wegen
der näheren Einzelheiten auf das Urteil in der Sache BVerwG 6 C 3.10 verwie-
sen.
2. Die Klage gegen die Teilentscheidung IV der Allgemeinverfügung vom
12. Oktober 2009 ist aber unbegründet.
a) Nach § 61 Abs. 4 Satz 2 TKG „bestimmt“ die Bundesnetzagentur vor Durch-
führung eines Vergabeverfahrens u.a. die von den Antragstellern zu erfüllenden
fachlichen und sachlichen Mindestvoraussetzungen für die Zulassung zum Ver-
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gabeverfahren, den sachlich und räumlich relevanten Markt, für den die zu ver-
gebenden Frequenzen unter Beachtung des Frequenznutzungsplanes verwen-
det werden dürfen, sowie die Frequenznutzungsbestimmungen. Mit diesem Be-
stimmungsrecht bringt das Gesetz zum Ausdruck, dass der Behörde bei der
Festlegung dieser Vergabebedingungen - nicht auf der Tatbestandsseite, son-
dern auf der Rechtsfolgenseite der Norm - ein Ausgestaltungsspielraum zu-
steht, der einer nur eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle unterliegt.
Dieses Normverständnis widerspricht nicht der Rechtsschutzgarantie des
Art. 19 Abs. 4 GG. Sie verlangt zwar, dass das Gericht über eine hinreichende
Prüfungsbefugnis hinsichtlich der tatsächlichen und rechtlichen Seite des
Rechtsschutzbegehrens sowie über eine zureichende Entscheidungsmacht ver-
fügt, um einer etwaigen Rechtsverletzung wirksam abzuhelfen, steht aber nor-
mativ eröffneten Gestaltungs-, Ermessens- und Beurteilungsspielräumen nicht
von vornherein entgegen. So kann die gerichtliche Überprüfung nicht weiter
reichen als die materiellrechtliche Bindung der Exekutive. Die gerichtliche Kon-
trolle endet dort, wo ihr das materielle Recht in verfassungsrechtlich unbedenk-
licher Weise Entscheidungen abverlangt, ohne dafür hinreichend bestimmte
Entscheidungsprogramme vorzugeben. Insoweit hat die Verwaltung aufgrund
normativer Ermächtigung die Befugnis zur Letztentscheidung. Dabei löst auch
der Umstand, dass die betreffende Verwaltungsentscheidung mit einem Eingriff
in Grundrechte, insbesondere dasjenige aus Art. 12 Abs. 1 GG, verbunden ist,
kein Verbot einer Letztentscheidungsermächtigung aus (stRspr, s. zuletzt:
BVerfG, Kammerbeschluss vom 10. Dezember 2009 - 1 BvR 3151/07 - NVwZ
2010, 435 <437 ff.> und Beschluss vom 31. Mai 2011 - 1 BvR 857/07 - juris
Rn. 73 ff., jeweils m.w.N.). Die gerichtliche Kontrolle ist demgemäß darauf be-
schränkt, ob die Bundesnetzagentur – von der hier nicht problematischen Ein-
haltung der Verfahrensbestimmungen abgesehen (s. auch das Urteil in der Sa-
che BVerwG 6 C 3.10 zu § 135 Abs. 3 TKG) - von einem richtigen Verständnis
der gesetzlichen Begriffe ausgegangen ist, den erheblichen Sachverhalt voll-
ständig und zutreffend in den Blick genommen hat und bei der eigentlichen Be-
wertung im Hinblick auf die in § 61 Abs. 4 Satz 2 TKG ausdrücklich hervorge-
hobenen Kriterien widerspruchsfrei und plausibel argumentiert und insbesonde-
re das Willkürverbot nicht verletzt hat (s. auch Urteil vom 23. März 2011
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- BVerwG 6 C 6.10 - juris Rn. 37, zur Veröffentlichung in BVerwGE vorgesehen,
zu den Versteigerungsregeln gemäß § 61 Abs. 5 TKG).
b) An diesem Maßstab gemessen, halten die hier angefochtenen Vergabebe-
dingungen der rechtlichen Überprüfung stand.
aa) Hinsichtlich der angefochtenen Regelung über die Voraussetzungen für die
Teilnahme am Versteigerungsverfahren (Nr. IV.1.1) folgt dies schon daraus,
dass ihr der von der Klägerin unterstellte belastende Regelungsgehalt nicht zu-
kommt. Ob die tatrichterliche Auslegung durch das Verwaltungsgericht insoweit
das Revisionsgericht bindet, kann auf sich beruhen. Denn die Auslegung er-
weist sich unter der Prämisse, dass der Senat sie in vollem Umfang nachprüfen
kann, auch unter Berücksichtigung des Klage- und des Revisionsvorbringens
als zutreffend. Schon nach dem eindeutigen Wortlaut der Vergabebedingung
IV.1.1 ist die Berechtigung zur Teilnahme am Versteigerungsverfahren
beschränkt. Aus der Begründung der Allgemeinverfügung vom 12. Oktober
2009 (a.a.O. S. 3670 f.) ergibt sich nichts anderes. Sie nimmt gerade nicht Be-
zug auf den von der Klägerin erwähnten Hinweis in der Begründung der voran-
gegangenen Allgemeinverfügung vom 7. April 2008 (a.a.O. S. 588 f.), worin
insbesondere mit Blick auf die streitbefangenen Frequenzblöcke eine Überprü-
fung etwaiger unangemessener Vorteile einzelner Bieter nach Maßgabe der
damals noch ausstehenden Versteigerungsregeln in Aussicht gestellt worden
war. Stattdessen ist in der Begründung vom 12. Oktober 2009 (a.a.O.) aus-
drücklich festgehalten, dass kein Bieter allein aufgrund der Tatsache, dass er
einen Teil des zur Vergabe stehenden Spektrums „beklagt“, von dem Versteige-
rungsverfahren ausgeschlossen wird.
bb) Die Klägerin kann sich auch nicht mit Erfolg gegen die Regelung unter
Nr. IV.1.3 wenden, nach der die Voraussetzungen für die Zulassung zum Ver-
steigerungsverfahren nach näherer Maßgabe der Anlage 5 zur Allgemeinverfü-
gung dargelegt werden müssen. Die Darlegungs- und Nachweispflicht erstreckt
sich darauf, dass dem Antragsteller die erforderlichen finanziellen Mittel - nicht
nur für die Ersteigerung der Frequenzen, sondern auch für den Aufbau und den
Betrieb des Netzes - zur Verfügung stehen, und auf die Einzelheiten der Finan-
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zierung. Deren Sicherstellung ist durch Belege, z.B. schriftliche Finanzierungs-
erklärungen der Muttergesellschaft bzw. von anderen verbundenen Unterneh-
men (sog. „harte Patronatserklärungen“) oder von Kreditinstituten nachzuwei-
sen; bloße Absichtserklärungen oder Bemühenszusagen werden nicht aner-
kannt. Der Nachweis der erforderlichen Finanzmittel für den Netzaufbau hat
sich an den Planungs- und Aufbaukosten unter Zugrundelegung der Versor-
gungsverpflichtung und deren Zeitrahmens sowie an den Kosten für den lau-
fenden Betrieb zu orientieren (a.a.O. S. 3800). Das Verwaltungsgericht hat die-
se Festlegungen als rechtsfehlerfrei bewertet: Zur Sicherstellung einer effizien-
ten und störungsfreien Frequenznutzung sei der Nachweis der Verfügbarkeit
der erforderlichen Sach- und Finanzmittel erforderlich, die allerdings für den
Netzaufbau und -betrieb nicht zwingend schon zum Zeitpunkt der Zulassung zur
Versteigerung dauerhaft bereitstehen müssten; vielmehr lasse die Orientierung
an dem Zeitrahmen der Versorgungsverpflichtung Raum für eine zukünftige
Entwicklungen und Erfordernisse berücksichtigende Darlegung der Finanzpla-
nung.
Die Einwände, die die Klägerin dagegen im Revisionsverfahren erhebt, führen
nicht zum Erfolg. Die umstrittene Bestimmung stimmt in der Auslegung durch
das Verwaltungsgericht, die auch der Sache nach zutrifft, mit der Rechtslage
überein. Die umstrittene Vergabebedingung verlangt dem Antragsteller einer-
seits den Nachweis ab, dass ihm die insgesamt erforderlichen finanziellen Mittel
zur Verfügung stehen, während anderseits der Nachweis der Finanzmittel für
den Netzaufbau an dem betreffenden „Zeitrahmen“ zu orientieren ist. Daraus
folgt entgegen der Ansicht der Klägerin, dass diese Mittel erst im Zeitpunkt des
tatsächlichen Netzaufbaus verfügbar sein müssen, die (künftige) Verfügbarkeit
allerdings bereits im Zeitpunkt der Zulassung zum Versteigerungsverfahren
nachgewiesen sein muss. Mit diesem Inhalt steht die Vergabebedingung in Ein-
klang mit ihrer gesetzlichen Grundlage in § 61 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 TKG. Gemäß
§ 55 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 TKG muss eine effiziente und störungsfreie Frequenz-
nutzung durch den Antragsteller sichergestellt sein. Die Systematik und der
Zweck des Gesetzes gebieten es, diese subjektive Frequenzzuteilungsvoraus-
setzung bereits bei der Aufstellung der Mindestvoraussetzungen für die Zulas-
sung zum Vergabeverfahren zu berücksichtigen. Nur so lässt sich vermeiden,
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dass ein Bewerber zunächst das Vergabeverfahren durchläuft, um dann nach
Erhalt des Zuschlages bei der Zuteilung der Frequenzen, die gemäß § 61
Abs. 1 Satz 3 TKG „nach § 55“ erfolgt, an der genannten Zuteilungsvorausset-
zung zu scheitern (so zu Recht Wegmann, in: BerlKommTKG, 2. Aufl. 2009,
§ 61 Rn. 27; Jenny, in: Heun, HdbTKR, 2. Aufl. 2007, D Rn. 208). Die effiziente
Frequenznutzung, die daher bereits im Rahmen des § 61 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1
TKG überprüft werden darf, wird nur durch einen Antragsteller sichergestellt,
der neben Zuverlässigkeit und Fachkunde das Kriterium der finanziellen Leis-
tungsfähigkeit erfüllt (Hahn/Hartl, in: Scheurle/Mayen, TKG, 2. Aufl. 2008, § 55
Rn. 20, 34; § 61 Rn. 15; Wegmann, a.a.O. § 55 Rn. 34; Kroke, in:
Wilms/Masing/Jochum, TKG, § 55 Rn. 41, 49, § 61 Rn. 31; Marwinski, in:
Arndt/Fetzer/Scherer, TKG 2008, § 55 Rn. 27).
Diese Auslegung des nationalen Rechts steht auch offensichtlich mit Gemein-
schaftsrecht in Einklang. Dort ist ausdrücklich vorgesehen, dass die Mitglied-
staaten im Verfahren für die Vergabe von Frequenznutzungsrechten überprüfen
können, ob der Antragsteller in der Lage sein wird, die an diese Rechten ge-
bundenen Bedingungen zu erfüllen (Erwägungsgrund 13 Genehmigungsrichtli-
nie - GRL -). Die Bedingungen, die an Frequenznutzungsrechte geknüpft wer-
den können, sind in Anhang B GRL aufgeführt. Wenn die Klägerin meint, An-
hang B führe nur eine einzige auf die finanzielle Leistungsfähigkeit bezogene
Bedingung auf, nämlich Nr. 6 (Nutzungsentgelte), übersieht sie Nr. 2 (effektive
und effiziente Frequenznutzung); insofern gelten die oben zum nationalen
Recht angestellten Erwägungen entsprechend. Aus Art. 11 GRL, der sich mit
Informationsverpflichtungen bei Allgemeingenehmigungen und Nutzungsrech-
ten befasst, ergibt sich nichts anderes. Danach dürfen von den Unternehmen
u.a. Informationen verlangt werden, die angemessen und objektiv gerechtfertigt
sind für „Verfahren für Anträge auf Erteilung von Nutzungsrechten und Überprü-
fung solcher Anträge“ (Art. 11 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. c GRL). Die für die
Anforderung anderer Informationen normierte Einschränkung, dass diese nicht
vor dem Zugang zum Markt oder als Bedingung für den Zugang verlangt wer-
den dürfen (Art. 11 Abs. 1 Unterabs. 2 GRL), gilt insoweit nicht.
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Zur Erreichung des nach nationalem wie nach europäischem Recht legitimen
Zwecks, die finanzielle Leistungsfähigkeit der Teilnehmer eines Vergabeverfah-
rens vorab zu überprüfen, ist die von der Bundesnetzagentur ausgestaltete
Vergabebedingung erforderlich und auch verhältnismäßig. Dies gilt entgegen
der Kritik der Klägerin auch insoweit, als die „Streitbefangenheit“ bestimmter
Frequenzen ein Investitionshemmnis darstellt. Zwar hat die Bundesnetzagentur
für solche Fälle in der Vergabebedingung IV.4.4 die Netzausbau- und Versor-
gungsverpflichtung entsprechend suspendiert, um dem Risiko eines etwaigen
späteren Erlöschens der Frequenzzuteilung Rechnung zu tragen. Die Parallele,
die die Klägerin zu dem hier in Rede stehenden Nachweis der finanziellen Leis-
tungsfähigkeit zu ziehen versucht, überzeugt aber nicht. Würde diese Nach-
weispflicht bis zum Ende einer etwaigen „Streitbefangenheit“ der betreffenden
Frequenzen aufgeschoben, bliebe bis dahin in der Schwebe, ob der Nutzungs-
berechtigte überhaupt in der Lage ist, seine mit der Frequenzzuteilung verbun-
denen Verpflichtungen zu erfüllen. Dies stünde in Widerspruch dazu, dass die
knappen Frequenzgüter, wie schon gesagt, nur solchen Interessenten zugeteilt
werden dürfen, bei denen eine effiziente Frequenznutzung sichergestellt ist.
Von diesem Erfordernis gerade bei solchen Frequenzen abzusehen, die beson-
ders begehrt und daher Gegenstand gerichtlicher Auseinandersetzungen sind,
wäre widersprüchlich. Davon abgesehen sind subjektive Rechte der Klägerin in
Bezug auf die aus der Streitbefangenheit folgenden Investitionsrisiken ohnehin
nicht verletzt, da allein sie es ist, die Rechtsstreitigkeiten um Frequenzzuteilun-
gen im Bereich von 2,6 GHz gegen die Beklagte führt.
Soweit sich die Klägerin gegenüber großen Netzbetreibern dadurch benachtei-
ligt sieht, dass sie ihre finanzielle Leistungsfähigkeit nicht durch eine sog. Pat-
ronatserklärung eines verbundenen Unternehmens, sondern nur durch die Zu-
sage eines Bankkredits belegen könne, für die sie schon im Zeitpunkt der Zu-
lassung zur Versteigerung in Vorleistung treten müsse, kann sie damit die Not-
wendigkeit des Nachweises als solche nicht in Zweifel ziehen. Die Beklagte
weist zu Recht darauf hin, dass sie auch im Hinblick auf kleinere und mittlere
Unternehmen sicherstellen muss, dass nur ernsthafte, d.h. finanziell ausrei-
chend leistungskräftige Bieter an dem Bietwettbewerb teilnehmen. Dies ent-
spricht nicht nur den schutzwürdigen Interessen der Wettbewerber, sondern
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auch dem öffentlichen Interesse daran, als Ergebnis der Versteigerung denjeni-
gen auszuwählen, der zu einer effizienten Frequenznutzung am besten geeig-
net ist (§ 61 Abs. 4 Satz 1 TKG).
cc) Die Bestimmung Nr. IV.2.1, wonach der sachlich relevante Markt, für den
die zu vergebenden Frequenzen unter Beachtung des Frequenznutzungsplans
verwendet werden dürfen, der Markt für den drahtlosen Netzzugang zum Ange-
bot von Telekommunikationsdiensten ist, hält der Überprüfung ebenfalls stand.
(1) Soweit die Beklagte den Widmungsbereich (u.a.) der hier umstrittenen Fre-
quenzen des 2,6-GHz-Bereichs auf der Grundlage des Frequenznutzungsplans
mit dem sachlich relevanten Markt gleichgesetzt hat, ohne das Nachfrager- und
Anbieterverhalten empirisch zu ermitteln (siehe dazu das Urteil vom heutigen
Tag in der Sache BVerwG 6 C 5.10), kann sich dieser Mangel im Verhältnis zur
Klägerin nicht nachteilig auswirken. Die Marktbestimmung gemäß § 61 Abs. 4
Satz 2 Nr. 2 TKG dient der Festlegung der Geschäftstätigkeit, für die die betref-
fenden Frequenzen unter Beachtung ihrer Zweckbestimmung genutzt werden
dürfen (Kroke, a.a.O. § 61 Rn. 33; Jenny, a.a.O. Rn. 216; Wegmann, a.a.O.
§ 61 Rn. 28), und kann deshalb dieser gegenüber zu einer weiteren Verengung
führen. Die Bundesnetzagentur dürfte freilich weder nach dem Wortlaut noch
nach dem Zweck des Gesetzes daran gehindert sein, mehrere (benachbarte)
sachlich relevante Märkte zu bestimmen, auf denen die Frequenzen zweckent-
sprechend verwendet werden dürfen. Sieht die Behörde - wie hier - im Ergebnis
von einer Abgrenzung solcher Märkte nach den Kriterien des Bedarfsmarktkon-
zepts ab, so bedeutet dies, dass die Frequenzen im Rahmen des im Frequenz-
nutzungsplan mit „drahtloser Netzzugang zum Angebot von Telekommunikati-
onsdiensten“ angegebenen Nutzungszwecks ohne Einschränkung auf sämtli-
chen etwa voneinander zu unterscheidenden Telekommunikationsmärkten ver-
wendet werden dürfen, für die diese Zweckbestimmung zutrifft. Die Einräumung
einer derart weitgehenden Nutzungsmöglichkeit kann Rechte des einzelnen
Zuteilungspetenten grundsätzlich nicht beeinträchtigen; solches macht die Klä-
gerin auch nicht geltend.
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(2) Sie sieht sich vielmehr dadurch in ihren Rechten verletzt, dass die Bundes-
netzagentur den festen Funkdienst bzw. feste Funkanwendungen aus dem
sachlich relevanten Markt ausgeschlossen habe und dadurch von völkerrechtli-
chen und europarechtlichen Vorgaben abgewichen sei, die wiederum den recht-
lichen Maßstab für die Festlegungen des nationalen Frequenzbereichszuwei-
sungsplans bildeten. Dem ist nicht zu folgen. Feste Funkanwendungen sind
einerseits ausdrücklich Teil des sachlich relevanten Marktes, sofern die in der
Allgemeinverfügung festgelegten Frequenznutzungsparameter eingehalten
werden (a); andererseits kann die Klägerin nicht verlangen, dass feste Funkan-
wendungen, die auf anderen als den in der Allgemeinverfügung festgelegten
Frequenznutzungsparametern beruhen, in den sachlichen Markt einbezogen
werden (b).
(a) Der von der Bundesnetzagentur für die Marktbestimmung verwandte Begriff
des drahtlosen Netzzugangs zum Angebot von Telekommunikationsdiensten
schränkt die Angebote nicht auf mobile Anwendungen ein, sondern umfasst
- wie in der Begründung der angefochtenen Allgemeinverfügung ausdrücklich
klargestellt (a.a.O. S. 3654, 3677) - auch feste und nomadische Anwendungen,
sofern sie die Frequenznutzungsbestimmungen einhalten; diese sind für den
2,6-GHz-Bereich in Anlage 3 Abschnitt 1 E der Allgemeinverfügung (S. 3795 ff.)
festgelegt. Die Klägerin kann die so verstandene Marktbestimmung nicht durch
den Hinweis darauf in Zweifel ziehen, dass die aufgrund des § 53 TKG erlasse-
ne Frequenzbereichszuweisungsplanverordnung, die das 2,6-GHz-Band ur-
sprünglich sowohl dem Mobilfunkdienst als auch dem festen Funkdienst zuge-
wiesen hatte (Verordnung vom 28. September 2004, BGBl I S. 2499, Nr. 280 -
282 der Anlage), seit der Zweiten Änderungsverordnung vom 14. Juli 2009
(BGBl S. 1809, Nr. 283 - 285 der Anlage) nur noch die Zuweisung zum Mobil-
funkdienst vorsehe. Mit diesem Argument verkennt die Klägerin, dass der Ver-
ordnungsgeber den Inhalt dieser Zuweisung ausdrücklich dahin klargestellt hat,
dass sie sowohl mobile, nomadische als auch feste Anwendungen ermöglicht
und Frequenznutzungen zwischen ortsfesten Funkstellen an beliebigen, unbe-
stimmten Punkten mit umfasst (Nutzungsbestimmung 37 i.d.F. der Dritten Än-
derungsverordnung zur Frequenzbereichszuweisungsplanverordnung vom
22. April 2010, BGBl I S. 446). Zwar ist diese Änderungsverordnung erst nach
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dem Erlass der angefochtenen Allgemeinverfügung in Kraft getreten; doch kann
der Umstand, dass deren Regelungsgehalt in der Allgemeinverfügung bereits
zu Gunsten der Klägerin vorweggenommen wurde, diese nicht in ihren Rechten
verletzen.
(b) Die Klägerin kann allerdings darüber hinausgehend nicht unter Hinweis auf
Vorgaben des Völkerrechts bzw. des Europarechts verlangen, dass der sach-
lich relevante Markt auch auf solche festen Funkanwendungen erstreckt wird,
die auf anderen als den in der Allgemeinverfügung festgelegten Frequenznut-
zungsparametern beruhen.
Soweit sich die Klägerin hierfür auf den in Art. 5 der Vollzugsordnung für den
Funkdienst - VO Funk - enthaltenen internationalen Frequenzbereichsplan be-
ruft, der den Frequenzbereich von 2520 - 2690 MHz nach wie vor (auch) dem
festen Funkdienst zuordnet, kann sie damit schon deshalb nicht durchdringen,
weil die völkervertragsrechtlichen Bestimmungen der Vollzugsordnung nicht
Bundesrecht im Sinne des § 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO sind und damit nicht als
Maßstab für die revisionsgerichtliche Überprüfung der Allgemeinverfügung in
Betracht kommen. Völkervertragsrecht kann als Bundesrecht in die nationale
Rechtsordnung einbezogen sein, wenn ihm - innerhalb der Gesetzgebungs-
kompetenz des Bundes - durch Bundesgesetz zugestimmt worden ist (s. Urteil
vom 29. April 2009 - BVerwG 6 C 16.08 - BVerwGE 134 Rn. 47 = Buchholz
421.2 Hochschulrecht Nr. 165 m.w.N.). Diese Voraussetzung ist hinsichtlich der
Zuweisung des 2,6-GHz-Bandes (auch) an den festen Funkdienst durch Art. 5
VO Funk nicht erfüllt. Zwar wurde die Konstitution der Internationalen Fernmel-
deunion, auf deren Art. 4 Abs. 3 die Vollzugsordnung für den Funkdienst be-
ruht, in innerstaatliches Recht transformiert (Gesetz vom 20. August 1996,
BGBl II S. 1306, i.d.F. des Gesetzes vom 2. Mai 2005, BGBl II S. 426), nicht
aber die Vollzugsordnung als solche. Der Regelungskonzeption des deutschen
Gesetzgebers wie auch des Verordnungsgebers zufolge wird der internationale
Frequenzbereichsplan vielmehr durch die Frequenzbereichszulassungsplan-
verordnung innerstaatlich in Kraft gesetzt, so dass in einer etwaigen unvollstän-
digen Umsetzung zwar gegebenenfalls ein Verstoß gegen Völkerrecht liegen
28
29
- 15 -
könnte, nicht aber ein Widerspruch gegen Bundesrecht im Sinne von § 137
Abs. 1 Nr. 1 VwGO.
Die von der Klägerin behauptete Notwendigkeit, den in Rede stehenden sach-
lich relevanten Markt auch für feste Funkanwendungen aufgrund anderer als
der in der Allgemeinverfügung ausgewiesenen Frequenznutzungsparameter zu
öffnen, ergibt sich auch nicht aus der Entscheidung 2008/477/EG der Kommis-
sion vom 13. Juni 2008 zur Harmonisierung des Frequenzbandes 2500 - 2690
MHz. Deren Ziel ist es, für dieses Frequenzband die „am wenigsten einschrän-
kenden technischen Bedingungen“ festzulegen, „die das Management des Risi-
kos funktechnischer Störungen (…) anhand optimaler Parameter (…) erlauben,
ohne den Einsatz einer bestimmten Technologie zu erfordern“ (s. Erwägungs-
grund 5). Vor diesem Hintergrund verpflichtet die Entscheidung in ihrem Art. 2
Abs. 1 die Mitgliedstaaten, für die „nicht-ausschließliche Zuweisung und an-
schließende Bereitstellung des Frequenzbands 2500 - 2690 MHz für terrestri-
sche Systeme, die elektronische Kommunikationsdienste erbringen können, in
Übereinstimmung mit den Parametern im Anhang dieser Entscheidung“ zu sor-
gen. Indem die hier angefochtene Allgemeinverfügung mobile, feste und noma-
dische Anwendungen bei Einhaltung der maßgebenden Frequenznutzungsbe-
stimmungen ausdrücklich für zulässig erklärt und diese technischen Bestim-
mungen inhaltsgleich mit den im Anhang zu Art. 2 der Kommissionsentschei-
dung vom 13. Juni 2008 genannten Frequenznutzungsparametern ausgestaltet
hat, steht die darauf beruhende Bestimmung des sachlich relevanten Marktes
mit den europarechtlichen Vorgaben ebenso im Einklang wie mit dem nationa-
len Frequenzbereichszuweisungsplan, der schon vor der ausdrücklichen Klar-
stellung durch die oben erwähnte Änderungsverordnung vom 22. April 2010
europarechtskonform im gleichen Sinne auszulegen war.
dd) Ebenso wenig ist die Bestimmung des räumlich relevanten Marktes zu be-
anstanden, der gemäß Nr. IV. 2.2 der Allgemeinverfügung die Bundesrepublik
Deutschland umfasst. Der Standpunkt der Bundesnetzagentur, eine „Regionali-
sierung“ erscheine nicht sachgerecht, erweist sich in Übereinstimmung mit dem
Verwaltungsgericht jedenfalls im Ergebnis als zutreffend. Sofern die Bundes-
netzagentur dazu berechtigt ist, regionale Märkte anstelle eines bundesweiten
30
31
- 16 -
Marktes zu bestimmen - dies kommt nach den Kriterien des Bedarfsmarktkon-
zepts (s. dazu auch das Urteil vom heutigen Tag - BVerwG 6 C 5.10 -) nur für
Gebiete in Betracht, die unter Berücksichtigung des Nutzungszwecks der Fre-
quenzen wie auch der steuernden Wirkung der Marktbestimmung selbst (vor-
aussichtlich) durch eine regionale Nachfrage bestimmt sein werden - hat sie die
konkreten normativen Vorgaben des Frequenzplanungsrechts zu berücksichti-
gen. Insoweit hatte sie für die Frequenzen aus dem 2,6-GHz-Bereich zu beach-
ten, dass der Frequenzbereichszuweisungsplan sie, vorbehaltlich der Zulässig-
keit mobiler wie auch fester und nomadischer Funkanwendungen bei Einhal-
tung der maßgeblichen Frequenznutzungsparameter, dem Mobilfunkdienst zu-
weist. Diese Zuweisung prägt den Ausgestaltungsspielraum der Bundesnetz-
agentur auf die Bestimmung eines bundesweiten Marktes hin vor, so dass nicht
diese, sondern umgekehrt eine Bestimmung regionaler Märkte besonders recht-
fertigungsbedürftig wäre.
Eine bundesweite Mobilität mag zwar für den Begriff des Mobilfunkdienstes
nicht zwingend sein, doch entspricht sie ihm offensichtlich besser als eine nur
regionale Mobilität, wie sich insbesondere an dem konkreten Anwendungsbei-
spiel der Mobilfunknutzung auf überregionalen Verkehrswegen wie Fernstraßen
und Eisenbahnen zeigt. Es kommt hinzu, dass nach den Feststellungen der
Bundesnetzagentur eine regionale Vergabe der Frequenzen - zur Vermeidung
eines erhöhten geographischen Koordinierungsaufwandes - besondere Schutz-
abstände erforderlich machen würde, um Gleichkanalnutzungen in benachbar-
ten Regionen zu ermöglichen. Selbst wenn solche Schutzabstände, wie die
Klägerin meint, in unbesiedelten oder dünn besiedelten Gebieten eingerichtet
werden könnten, was aber angesichts der Besiedlungsdichte in großen Teilen
Deutschlands zweifelhaft ist und zudem mit dem Ziel der Schließung noch vor-
handener Versorgungslücken in Konflikt geraten könnte, würden solche Ab-
stände jedenfalls die Mobilität zusätzlich einschränken. Auch der Erwartung der
Europäischen Kommission, dass die drahtlosen elektronischen Kommunikati-
onsdienste, denen das 2,6-GHz-Band zugewiesen ist, weitgehend europaweite
Dienste sein werden, sodass die Nutzer in einem Mitgliedstaat auch Zugang zu
gleichwertigen Diensten in jedem anderen Mitgliedstaat erhalten können (Erwä-
gungsgrund 3 der Entscheidung vom 13. Juni 2008, a.a.O.), wird die Festle-
32
- 17 -
gung eines bundesweiten Marktes erkennbar eher gerecht als die Festlegung
regionaler Märkte für regional unterschiedliche Geschäftsmodelle.
Aufgrund dieser Vorprägung, die von der Zuweisung zum Mobilfunkdienst im
Frequenzbereichszuweisungsplan ausgeht, ist die umstrittene Marktbestim-
mung plausibel. Die von der Bundesnetzagentur hervorgehobenen Gesichts-
punkte, dass für die Zwecke einer mobilen Breitbandnutzung eine bundesweite
Verwendung der Frequenzen erforderlich sei, für die diese unter anderem we-
gen der für Mobilfunk besonders günstigen Ausbreitungseigenschaften gerade-
zu prädestiniert seien (a.a.O. S. 3679 mit Bezugnahme auf die Allgemeinverfü-
gung vom 7. April 2008, a.a.O. S. 596), während eine nur regionale Nutzbarkeit
der Frequenzen die Mobilität erheblich beschränken würde, sind geeignet, das
Ergebnis zu tragen. Weitergehende Feststellungen der von der Klägerin ver-
missten Art zur Möglichkeit einer effizienten Frequenznutzung (auch) auf regio-
naler Ebene, zur Nachfrage regional tätiger Netzbetreiber bzw. zur technischen
Eignung der zur Vergabe gestellten Frequenzen für regionale Nutzungen waren
vor diesem rechtlichen Hintergrund nicht veranlasst. Soweit die Klägerin in der
Festlegung eines bundesweiten Marktes eine Diskriminierung kleinerer und
mittlerer Unternehmen gegenüber den großen Netzbetreibern sieht, muss sie
sich zum einen auf die etwaige Nutzung anderer Frequenzbereiche, zum ande-
ren aber auch darauf verweisen lassen, dass eine bundesweite Vergabe die
Verwirklichung regionaler Geschäftsmodelle nicht von vornherein ausschließt.
Die Beklagte verweist insoweit u.a. auf die Möglichkeit einer Konsortiallösung,
also des Zusammenschlusses mehrerer Anbieter regionaler Geschäftsmodelle,
mit der diese bei einer Frequenzvergabe gegebenenfalls hätten zum Zuge
kommen können.
ee) Die Klägerin kann sich auch nicht mit Erfolg dagegen wenden, dass
Nr. IV.3.2 der Allgemeinverfügung eine Beschränkung der Bietrechte nur für
den Frequenzbereich 800 MHz und nicht für das 2,6-GHz-Band vorsieht. Die
Bundesnetzagentur hat ihren Verzicht auf eine weitergehende Bietrechtsbe-
schränkung damit begründet, dass das verfügbare Spektrum außerhalb des
800-MHz-Bereichs hinreichende Erwerbsmöglichkeiten biete; eine Spektrums-
kappe sei daher einerseits nicht notwendig und berge andererseits das Risiko,
33
34
- 18 -
bestimmte Geschäftsmodelle mit einem höheren Spektrumsbedarf auszu-
schließen (a.a.O. S. 3685 f. unter Bezugnahme auf die Begründung vom
7. April 2008, a.a.O. S. 599 ff.).
Im Anschluss an die Erwägungen des Verwaltungsgerichts ist die getroffene
Regelung, soweit sie von einer Beschränkung der Bietrechte (auch) im Bereich
von 2,6 GHz absieht, rechtlich nicht zu beanstanden. Sie findet ihre Rechts-
grundlage in § 61 Abs. 5 Satz 1 TKG über die Festlegung der Regeln für die
Durchführung des Versteigerungsverfahrens (s. auch Urteil vom 23. März 2011,
a.a.O. Rn. 36). Den gesetzlichen Kriterien, wonach die Versteigerungsregeln
objektiv, nachvollziehbar und diskriminierungsfrei sein und die Belange kleiner
und mittlerer Unternehmen berücksichtigen müssen, trägt die Begründung der
Bundesnetzagentur hinreichend Rechnung. Soweit die Klägerin in dem Abse-
hen von einer Bietrechtsbeschränkung bei 2,6 GHz einen Verstoß gegen die
Pflicht zur Berücksichtigung der Belange kleiner und mittlerer Unternehmen
sieht, die einem Verdrängungswettbewerb finanzstarker Unternehmen ausge-
setzt seien, führt dies nicht auf einen Rechtsfehler. Die diesbezüglichen Erwä-
gungen der Bundesnetzagentur sind auf der Grundlage eines zutreffenden Ge-
setzesverständnisses nachvollziehbar und plausibel. So hat die Behörde den
Umstand, dass eine Begrenzung der Bietrechte Neueinsteigern den Marktzutritt
erleichtern könnte, erwogen, aber hinter den Gesichtspunkt einer möglichst effi-
zienten Frequenznutzung zurücktreten lassen. Entscheidend war aus ihrer
Sicht, dass nicht nur bei den etablierten Unternehmen, sondern auch bei Neu-
einsteigern der Frequenzbedarf je nach Geschäftsmodell extrem unterschied-
lich sein kann, so dass eine zu gering bemessene Spektrumskappe das Fre-
quenzangebot künstlich verknappen würde, während eine zu hoch bemessene
Spektrumskappe wirkungslos und damit entbehrlich wäre. Die Notwendigkeit
einer „Sicherheitskappe“ zur Verhinderung strategischen Bietverhaltens ist von
der Bundesnetzagentur geprüft, aber im Ergebnis verworfen worden, weil die
Bieter ihren Frequenzbedarf im Rahmen der Zulassung zur Versteigerung an-
hand konkreter Nutzungskonzepte schlüssig darzulegen hätten. Die Überprü-
fung dieser Konzepte, die der gesetzlichen Aufgabe der Bundesnetzagentur
entspricht (§ 55 Abs. 4 Satz 2, Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 TKG), ist geeignet, einem
missbräuchlichen Bietverhalten entgegenzuwirken.
35
- 19 -
ff) Fehl gehen auch die Angriffe der Klägerin gegen den in Nr. IV.4.1 der Allge-
meinverfügung festgelegten Nutzungszweck „drahtloser Netzzugang zum An-
gebot von Telekommunikationsdiensten“ sowie gegen die in Nr. IV.4.2 in Ver-
bindung mit der Anlage 3 der Allgemeinverfügung festgelegten technischen
Frequenznutzungsbestimmungen. Wie schon im Zusammenhang mit der Be-
stimmung des sachlich relevanten Marktes im Einzelnen erläutert, stehen auch
die hier in Rede stehenden Regelungen, die im Rahmen der frequenzplanungs-
rechtlichen Zuweisung des 2,6-GHz-Bandes an den Mobilfunkdienst mobile,
feste und nomadische Funkanwendungen vorbehaltlich der Einhaltung der ent-
sprechenden Frequenznutzungsparameter gestatten, mit der Rechtslage in Ein-
klang.
gg) Ebenso wenig wird die Klägerin durch Nr. IV.4.3 der Allgemeinverfügung,
der die Frequenzzuteilungen bis zum 31. Dezember 2025 befristet, in ihren
Rechten verletzt. Die Bundesnetzagentur hat die Befristung damit begründet,
dass einerseits das Interesse der Zuteilungsinhaber an einem angemessenen
Zeitraum zur Amortisation ihrer Investitionen, andererseits ein angemessener
planerischer Gestaltungsspielraum zu berücksichtigen sei. Vor dem Hintergrund
der bisherigen Frequenzzuteilungspraxis sei eine Laufzeit von ca. 15 Jahren
angemessen und erforderlich, um insbesondere Neueinsteigern die Amortisati-
on der Netzaufbaukosten zu ermöglichen; noch nicht absehbaren künftigen Ent-
wicklungen könne gegebenenfalls durch eine nachträgliche Verlängerung der
Laufzeiten Rechnung getragen werden (a.a.O. S. 3712 unter ergänzender Be-
zugnahme auf die Begründung vom 7. April 2008, a.a.O., S. 615).
Die Befristung der Laufzeiten ist auf der Grundlage eines zutreffenden Norm-
verständnisses und eines ausreichend ermittelten Sachverhalts plausibel be-
gründet. Rechtlicher Ausgangspunkt für die umstrittene Frequenznutzungsbe-
stimmung ist § 55 Abs. 8 TKG, wonach Frequenzen in der Regel befristet - mit
der Möglichkeit der Verlängerung - zugeteilt werden und die Befristung für den
betreffenden Dienst angemessen sein muss. In offenkundiger Übereinstimmung
mit den Vorgaben des Gemeinschaftsrechts (Art. 5 Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 3
GRL; s. auch Art. 5 Abs. 2 Unterabs. 4 GRL in der auf den vorliegenden Fall
36
37
38
- 20 -
noch nicht anwendbaren Fassung der Richtlinie 2009/140/EG vom
25. November 2009) ist für die Angemessenheit der Befristung einerseits eine
hinreichende Amortisation der für eine bestimmungsgemäße Nutzung der Fre-
quenzen erforderlichen Investitionen, andererseits die erforderliche Flexibilität
für eine innovationsoffene und effiziente Frequenzplanung zu berücksichtigen
(Wegmann, a.a.O. § 55 Rn. 49; Marwinski, in: Arndt/Fetzer/Scherer, § 55
Rn. 42, Göddel, in: BeckTKG, 3. Aufl. 2006, § 55 Rn. 36). Vor diesem Hinter-
grund ist nichts dafür ersichtlich, dass eine - die an die bisherige Zuteilungspra-
xis (s. etwa die sog. D2-Lizenz vom 15. Februar 1990, ABl BMPT 1991, 1681)
angelehnte - ca. 15-jährige Laufzeit für die Nutzung der hier in Rede stehenden
2,6-GHz-Frequenzen unangemessen kurz wäre. Dies gilt zumal deshalb, weil
die Bundesnetzagentur in diesem Zusammenhang gerade Neueinsteiger in den
Blick genommen hat, während für etablierte Netzbetreiber an sich „kürzere
Amortisationszeiträume gelten müssten“; dass die Behörde von einer dahinge-
henden Differenzierung letztlich abgesehen hat, weil diese nach ihrem Urteil
„die Wertigkeiten der Frequenzen regulierungsinduziert beeinflussen“ würde, ist
ebenfalls plausibel (a.a.O. S. 3712).
Soweit die Klägerin geltend macht, bei streitbefangenen Frequenzen dürfe der
Zeitraum der Streitbefangenheit nicht auf den Amortisationszeitraum angerech-
net werden, sodass derartige Frequenznutzungsrechte allenfalls nachträglich
nach Abschluss der Gerichtsverfahren befristet werden dürften, dringt sie auch
damit nicht durch. Abgesehen davon, dass vieles für die Rechtsansicht der
Bundesnetzagentur und des Verwaltungsgerichts spricht, dass der Hinweis auf
eine mögliche nachträgliche Fristverlängerung insoweit angemessen und aus-
reichend ist, kann sich die Klägerin jedenfalls nicht auf eine Verletzung in eige-
nen Rechten berufen. Denn bezüglich der von ihr begehrten 2,6-GHz-
Frequenzen ist ausschließlich sie es, die (weitere) Rechtsstreitigkeiten führt,
indem sie Verpflichtungsklagen mit dem Ziel der Verlängerung bzw. Neuzutei-
lung der ihr seit 1999 zugeteilten Frequenznutzungsrechte erhoben hat. Hätte
sie Frequenzblöcke aus dem 2,6-GHz-Band ersteigert, wäre sie daher nicht
dem Risiko des nachträglichen Erlöschens der betreffenden Nutzungsrechte
und des damit verbundenen Fehlschlagens von Investitionen ausgesetzt gewe-
sen.
39
- 21 -
hh) Ohne Erfolg wendet die Klägerin sich ferner gegen Nr. IV. 4.4 der Allge-
meinverfügung, die den Mindestversorgungsgrad der Bevölkerung - vorbehalt-
lich einer Sonderregelung für streitbefangene Frequenzen - auf 25% ab dem
1. Januar 2014 und 50% ab dem 1. Januar 2016 festlegt.Ausweislich der zur
Auslegung des Tenors mit heranzuziehenden Begründung der Allgemeinverfü-
gung ist diese Versorgungsverpflichtung nicht mit jedem einzeln erworbenen
Frequenzblock, sondern mit dem gesamten für den sachlich und räumlich rele-
vanten Markt zugeteilten Spektrum zu erfüllen, sodass eine bereits realisierte
Versorgung der Bevölkerung auf die Versorgungsverpflichtung angerechnet
wird. Die Bundesnetzagentur hat dies für sachgerecht erachtet, weil einerseits
etwaigen Verdrängungsstrategien der großen Netzbetreiber durch die Überprü-
fung des jeweiligen Frequenznutzungskonzepts entgegengewirkt werde, ande-
rerseits der Versorgungsgrad von 50%, der tatsächlich der am dichtesten be-
siedelten Fläche von nur ca. 8% des Bundesgebietes entspricht, auch für Neu-
einsteiger zumutbar sei (a.a.O. S. 3713 ff.).
Übereinstimmend mit der Rechtsansicht des Verwaltungsgerichts ist auch diese
Regelung im Rahmen des Gestaltungsspielraumes der Bundesnetzagentur
rechtmäßig; ausgehend von einem richtigen Normverständnis und einem zutref-
fend in den Blick genommenen Sachverhalt hat die Behörde ihre Bewertung
plausibel begründet. In § 61 Abs. 4 Satz 2 Nr. 4 TKG, der die Festlegung des
Versorgungsgrades ausdrücklich zu den Frequenznutzungsbestimmungen
zählt, findet sich keine Festlegung dahin, ein zur Erreichung der Regulierungs-
ziele notwendiger Versorgungsgrad müsse von dem einzelnen Zuteilungsinha-
ber gerade durch die konkret zur Vergabe gestellten Frequenzen erreicht wer-
den. Gegen ein derart restriktives Verständnis spricht, dass es für die Versor-
gung der Nutzer unerheblich ist, mittels welcher Frequenzen ein Unternehmen
Telekommunikationsdienste anbietet; es besteht kein schutzwürdiges Interesse
an einer spezifischen Versorgung mittels bestimmter Frequenzen, solange eine
entsprechende Versorgung auf der Grundlage anderer Frequenzen gewährleis-
tet ist. Vor diesem Hintergrund kann die Anrechnungsmöglichkeit dazu beitra-
gen, Versorgungslücken zu schließen, indem ein Unternehmen, das schon mit
den ihm bisher zugeteilten Frequenzen und einem entsprechenden Netzaufbau
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41
- 22 -
in den Ballungsgebieten mehr als 50% der Bevölkerung erreicht, in einer zwei-
ten Phase auch in weniger dicht besiedelten Gebieten zu investieren vermag,
solange der Gesamtversorgungsgrad nicht unter 50% sinkt.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass die großen Netzbetreiber
Fehlanreize für den Erwerb von Frequenzen ohne reale Nutzungsabsicht mit
dem Ziel der Frequenzhortung und der Verdrängung potentieller Wettbewerber
erhielten. Dieser Gefahr wird nach den plausiblen Darlegungen der Bundes-
netzagentur dadurch begegnet, dass Frequenzen nur zugeteilt werden, wenn
eine effiziente Frequenznutzung durch den Antragsteller sichergestellt ist (§ 55
Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 TKG); andernfalls ist zudem ein Widerruf möglich (§ 63
Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 TKG) und regelmäßig auch geboten. Die Bundesnetzagen-
tur hat sich (auch) in dem hier gegebenen Zusammenhang ausdrücklich darauf
festgelegt, dass von allen Interessenten im Rahmen der Zulassung zur Verstei-
gerung eine Verifizierung der Bietrechte durch Vorlage eines schlüssigen Fre-
quenznutzungskonzepts verlangt wird. Im Übrigen hat schon das Verwaltungs-
gericht zutreffend darauf hingewiesen, dass die mit der Anrechnungsmöglich-
keit einhergehende Ungleichbehandlung von kleineren Unternehmen gegen-
über den etablierten Netzbetreibern im Hinblick auf deren bereits getätigte In-
vestitionen an die unterschiedliche Ausgangslage anknüpft und ihr Rechnung
trägt.
Davon abgesehen hat sich die Bundesnetzagentur mit der Zumutbarkeit der
Versorgungsverpflichtung für Neueinsteiger ausdrücklich auseinandergesetzt
und darauf hingewiesen, dass die relativ kleine, unter Berücksichtigung der
Einwohnerstatistik tatsächlich zu versorgende Fläche von ca. 8% des Bundes-
gebietes durch einen Infrastrukturaufbau mindestens abgedeckt werden müsse,
damit ein Netzbetreiber im Wettbewerb auf dem bundesweiten Markt bestehen
könne. Diese Einschätzung erscheint vertretbar und wird von der Klägerin auch
nicht substantiiert in Zweifel gezogen.
ii) Als rechtswidrig erweist sich schließlich auch nicht die in Nr. IV.5 der Allge-
meinverfügung getroffene Regelung über das Mindestgebot, das für einen Fre-
quenzblock von 2 x 5 bzw. 2 x 4,95 MHz (gepaart) auf 2 500 000 € (Nr. IV.5.1)
42
43
44
- 23 -
und davon ausgehend für einen Frequenzblock von 1 x 5 MHz (ungepaart) auf
1 250 000 € (Nr. IV.5.2) sowie für den einzigen Frequenzblock von 1 x 14,1
MHz (ungepaart) auf 3 550 000 € festgesetzt wurde (Nr. IV.5.3). Zur Begrün-
dung hat die Bundesnetzagentur erwogen, die Mindestgebote orientierten sich
an dem unteren Wert des Gebührenrahmens für die Zuteilung einer Frequenz in
einem GSM-Netz und sei so niedrig bemessen, dass eventuelle Wertminderun-
gen streitbefangener Frequenzen mit umfasst seien; kleine und mittlere Unter-
nehmen würden nicht diskriminiert, da das Mindestgebot der Zuteilungsgebühr
entspreche, die im Falle der Zuteilung versteigerter Frequenzen ohnehin zu
zahlen sei (a.a.O. S. 3732 ff. unter Bezugnahme auf die Begründung vom
7. April 2008, a.a.O. S. 625 f.).
Auf der Grundlage des § 61 Abs. 5 Satz 2 TKG, der im Rahmen der Versteige-
rungsregeln die Festsetzung eines Mindestgebotes ausdrücklich zulässt, ist die
getroffene Regelung nicht zu beanstanden. Der Zweck der gesetzlichen Rege-
lung zielt - jedenfalls in erster Linie - auf Verfahrenseffizienz. Sie soll vermei-
den, dass Versteigerungen sich in die Länge ziehen, weil zunächst eine Viel-
zahl von Auktionsrunden mit Geboten unterhalb des späteren Versteigerungs-
ergebnisses abgehalten wird (Jenny, a.a.O. Rn. 246; Wegmann, a.a.O. § 61
Rn. 34). Vor diesem Hintergrund ist es evident sachgerecht, das Mindestgebot
als „Einstiegspreis“ an die gesetzliche Zuteilungsgebühr anzulehnen. Denn Ver-
steigerungserlös und Zuteilungsgebühr sind kraft Gesetzes insofern miteinan-
der verzahnt, als letztere im Fall des Versteigerungsverfahrens in dem Umfang
erhoben wird, in dem sie den Erlös übersteigt (§ 142 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 5
TKG). Da die Gebühr mithin den Mindestbetrag darstellt, der von dem erfolgrei-
chen Bieter auf jeden Fall zu entrichten ist, erfüllt ein Mindestgebot in gleicher
Höhe den ihm zugedachten Zweck der Verfahrensbeschleunigung, ohne die
Versteigerungsteilnehmer zusätzlich zu belasten.
Der Einwand der Klägerin, die Festsetzung des Mindestgebotes sei im vorlie-
genden Fall deshalb rechtswidrig, weil hinsichtlich der zur Vergabe gestellten
Frequenzen „für den drahtlosen Netzzugang zum Angebot von Telekommunika-
tionsdiensten“ ein gesetzlicher Gebührentatbestand nicht bestehe, trägt nicht.
Die Frequenzgebührenverordnung vom 21. Mai 1997 (BGBl I S. 1226), zuletzt
45
46
- 24 -
geändert durch Verordnung vom 23. November 2006 (BGBl I S. 2661) enthält
einen speziellen Gebührentatbestand für die Zuteilung einer Frequenz in einem
GSM-Netz; die Gebühr beträgt für eine Referenzbandbreite bis 200 kHz zwi-
schen 100 000 und 2 000 000 € (Buchst. B Nr.1.1 des Gebührenverzeichnis-
ses); anknüpfend an den unteren Wert dieses Gebührenrahmens errechnet sich
für eine Blockbandbreite von 5 MHz der in Nr. IV.5.1 veranschlagte Eckwert von
2 500 000 €. Das Argument der Klägerin, dieser Gebührentatbestand sei auf die
hier zur Versteigerung anstehenden Frequenzen nicht übertragbar, verkennt
zum einen, dass sich die Bundesnetzagentur seiner ausdrücklich nur als Orien-
tierungshilfe für die Festsetzung des Mindestgebotes bediente, die ihrerseits
nicht auf der gebührenrechtlichen Grundlage, sondern, wie erwähnt, auf § 61
Abs. 5 Satz 2 TKG beruht. Zum anderen übersieht die Klägerin, dass eine - als
Modell für das Mindestgebot grundsätzlich geeignete - Zuteilungsgebühr auch
außerhalb des zuvor erwähnten speziellen Gebührentatbestandes für sämtliche
Entscheidungen nach § 142 Abs. 1 Nr. 1 TKG erhoben wird; für sie ist in dem
Auffangtatbestand (Buchst. D des Gebührenverzeichnisses) ein Rahmen zwi-
schen 60 € und 5 000 000 € mit der Maßgabe vorgesehen, dass sich die Ge-
bühr nach den Vorgaben u.a. des § 142 Abs. 2 Satz 4 TKG zu richten hat. Da-
nach ist die Frequenzzuteilungsgebühr so festzusetzen, dass sie als Lenkungs-
zweck die optimale Nutzung und eine den Zielen des Gesetzes verpflichtete
effiziente Verwendung der Frequenzgüter sicherstellt; durch eine dem wirt-
schaftlichen Wert angemessen hohe Gebühr wird die bestmögliche Nutzung der
knappen Ressourcen angestrebt (Roth, in: Scheurle/Mayen, TKG, 2. Aufl. 2008,
§ 142 Rn. 50 f.). Von daher drängt es sich auf, dass der spezielle Gebührentat-
bestand in Buchst. B Nr. 1.1 des Gebührenverzeichnisses in dem Sinne als An-
haltspunkt auch für eine etwa hier in Rede stehende Gebührenfestsetzung he-
ranzuziehen wäre, dass die von dem Erwerber zu tragende Zuteilungsgebühr
bei Frequenzen für den drahtlosen Netzzugang zum Angebot von Telekommu-
nikationsdiensten nicht unterhalb der unteren Grenze der Gebühr für die Zutei-
lung einer (reinen) GSM-Frequenz liegen kann (so der Sache nach zu Recht
auch das Verwaltungsgericht, UA S. 32).
Vor diesem Hintergrund kann sich das festgesetzte Mindestgebot, wie von der
Bundesnetzagentur zutreffend angenommen, nicht diskriminierend zu Lasten
47
- 25 -
kleiner und mittlerer Unternehmen auswirken, da auch ein solches Unterneh-
men die Gebühr entrichten müsste, falls sein erfolgreiches Gebot dahinter zu-
rückbleiben sollte. Ebenso wenig führt die fehlende Differenzierung der Min-
destgebote nach den unterschiedlichen Frequenzbereichen bzw. zwischen
streitbefangenen und nicht streitbefangenen Frequenzen auf einen Abwägungs-
fehler. Denn diese Gesichtspunkte rechtfertigen es nicht, die untere Grenze des
als Orientierungshilfe herangezogenen Gebührenrahmens weiter zu unter-
schreiten. Vielmehr hat die Bundesnetzagentur - gerade aus gebotener Rück-
sicht auf die Belange kleiner und mittlerer Unternehmen - davon abgesehen, für
einzelne wertvollere Frequenzbereiche höhere Mindestgebote festzulegen.
c) Soweit die Klägerin im Zusammenhang mit den vorstehenden Vergabebe-
dingungen dem Verwaltungsgericht Verfahrensfehler, nämlich eine Verletzung
des Überzeugungsgrundsatzes (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO), der Begrün-
dungspflicht (§ 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO) sowie des rechtlichen Gehörs (§ 108
Abs. 2 VwGO, Art. 103 Abs. 1 GG) vorhält, bleiben auch diese Verfahrensrügen
ohne Erfolg. Die von der Klägerin im Hinblick auf die Auslegung der angefoch-
tenen Allgemeinverfügung mehrfach erhobene Rüge aktenwidriger Feststellun-
gen setzt einen offensichtlichen Widerspruch zwischen den Feststellungen des
Tatsachengerichts und dem insoweit unumstrittenen Akteninhalt voraus; wie
sich aus den vorstehenden Ausführungen ergibt, kann davon nicht die Rede
sein. Im Übrigen wird der Überzeugungsgrundsatz verletzt, wenn das Gericht
Umstände übergeht, deren Entscheidungserheblichkeit sich ihm auf der Grund-
lage seiner Rechtsauffassung hätte aufdrängen müssen. Was die Begrün-
dungspflicht angeht, verlangt sie keine ausdrückliche Auseinandersetzung mit
jedem vorgetragenen Gesichtspunkt, sondern nur eine vernünftige, der jeweili-
gen Sache angemessene Gesamtwürdigung. Erst wenn das Gericht auf den
wesentlichen Kern des Vorbringens eines Beteiligten zu einer Frage, die für das
Verfahren von zentraler Bedeutung ist, nicht eingeht, verletzt dies regelmäßig
die Begründungspflicht und zugleich den Anspruch auf Gewährung rechtlichen
Gehörs. Auch daran fehlt es hier erkennbar. Auf der Grundlage des materiell-
rechtlichen Standpunktes des Verwaltungsgerichts bedurfte es keiner weiterge-
henden Ausführungen in dem angefochtenen Urteil, das sich im Übrigen aus
48
- 26 -
den vorstehenden Erwägungen jedenfalls im Ergebnis in vollem Umfang als
zutreffend erweist (§ 144 Abs. 4 VwGO).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
Neumann
Büge
Dr. Graulich
Vormeier
Dr. Bier
B e s c h l u s s
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Revisionsverfahren auf 33 000 €
festgesetzt (§ 47 Abs. 1, § 52 Abs. 1 GKG).
Neumann
Büge
Dr. Graulich
Vormeier
Dr. Bier
49
Sachgebiet:
BVerwGE: nein
Telekommunikationsrecht
Fachpresse: ja
Rechtsquellen:
TKG §§ 55, 61 Abs. 4 und 5, § 142 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 und 5
Stichworte:
Frequenz; Funkfrequenz; Zuteilung; Vergabe; Vergabebedingungen; Mindest-
voraussetzungen für die Zulassung zum Vergabeverfahren; sachlich und räum-
lich relevanter Markt; Frequenznutzungsbestimmungen; Versorgungsgrad; Min-
destgebot; Zuteilungsgebühr; Beurteilungsspielraum.
Leitsatz:
Bei der Festlegung der fachlichen und sachlichen Mindestvoraussetzungen für
die Zulassung zum Vergabeverfahren, des für die Frequenznutzung sachlich
und räumlich relevanten Marktes und der Frequenznutzungsbestimmungen
steht der Bundesnetzagentur nach näherer Maßgabe des § 61 Abs. 4 Satz 2
TKG ein Ausgestaltungsspielraum zu, der einer nur eingeschränkten gerichtli-
chen Kontrolle unterliegt (im Anschluss an Urteil vom 23. März 2011 - BVerwG
6 C 6.10 -).
Urteil des 6. Senats vom 22. Juni 2011 - BVerwG 6 C 40.10
I. VG Köln vom 17.03.2010 - Az.: VG 21 K 7173/09 -