Urteil des BVerwG vom 26.05.2011

Vorbehalt des Gesetzes, Beamtenverhältnis, Besoldung, Beurlaubung

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 2 B 22.10
VGH 4 S 2217/08
In der Verwaltungsstreitsache
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hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 26. Mai 2011
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Herbert und
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Heitz und Dr. Fleuß
beschlossen:
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung
der Revision in dem Beschluss des Verwaltungsgerichts-
hofs Baden-Württemberg vom 16. Dezember 2009 wird
zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwer-
deverfahren auf 4 635,84 € festgesetzt.
G r ü n d e :
Die Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Der Kläger hat nicht dargelegt, dass die
Rechtssache grundsätzliche Bedeutung i.S.d. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO
hat.
1. Der Kläger wurde von dem Beklagten im September 2000 zeitgleich mit sei-
ner Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe ohne Dienstbezüge für die
Lehrtätigkeit an einer Privatschule beurlaubt. Während der Beurlaubungszeit
wurde er unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit zum Sonder-
schullehrer (Besoldungsgruppe A 13) ernannt. Seit dem 1. August 2006 ist er
im Schuldienst des Beklagten tätig.
Mit seiner vor dem Verwaltungsgericht erfolgreichen Klage begehrt er die Aus-
zahlung der Sonderzahlung für die Zeit vom 1. August 2006 bis zum 31. De-
zember 2007 und die Leistung von Dienstbezügen ohne Absenkung des
Grundgehalts um 4 % seit dem 1. Januar 2008. Auf die Berufung der Beklagten
hat der Verwaltungsgerichtshof das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und die
Klage abgewiesen. In den Gründen der Berufungsentscheidung heißt es: Nach
dem Landessonderzahlungsgesetz und dem Landesbesoldungsgesetz erhielten
Beamte in einem Eingangsamt der Besoldungsgruppen A 12 und höher bis zum
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31. Dezember 2007 keine Sonderzahlungen, danach für die Dauer von drei
Jahren nur das um 4 % abgesenkte Grundgehalt, wenn der Anspruch auf
Dienstbezüge nach dem 31. Dezember 2004 entstanden sei bzw. ihnen erst
nach diesem Stichtag Dienstbezüge zugestanden hätten. Es komme darauf an,
ob der Dienstherr spätestens am 31. Dezember 2004 erstmals verpflichtet ge-
wesen sei, Dienstbezüge zu zahlen. Gesetzliche Ausnahmen seien nur für Be-
amte vorgesehen, denen spätestens am 31. Dezember 2004 im Geltungsbe-
reich dieses Gesetzes Dienstbezüge zugestanden hätten.
2. Mit der Beschwerde wirft der Kläger sinngemäß die Frage als rechtsgrund-
sätzlich bedeutsam auf,
ob Ansprüche auf Sonderzahlung und auf volle, nicht um vier Pro-
zent abgesenkte Besoldung bestehen, wenn das Beamtenverhält-
nis vor dem 31. Dezember 2004 begründet wurde und der Beamte
ab Begründung des Beamtenverhältnisses nach vorheriger Aner-
kennung des dienstlichen Interesses in den Privatschuldienst zur
Unterrichtung in einer Ersatzschule beurlaubt wurde und ohne Un-
terbrechung bis zum Ende der Beurlaubung, mithin auch nach
Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit durchge-
hend im Privatschuldienst beschäftigt war.
Mit dieser Frage kann der Kläger die Revisionszulassung wegen grundsätzli-
cher Bedeutung gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO
nicht erreichen, weil sich die
Antwort aus dem eindeutigen Wortlaut der §§ 1 und 1a des bis zum 31. De-
zember 2007 geltenden Landessonderzahlungsgesetzes i.d.F. des Haushalts-
strukturgesetzes vom 1. März 2005 (GBl BW S. 145) - LSZG -, des in der Zeit
vom 1. Januar 2008 bis zum 31. Dezember 2010 geltenden § 3a Abs. 1 und 2
Buchst. a des Landesbesoldungsgesetzes i.d.F. des Art. 2 Abs. 1 des Gesetzes
zur Integration der Sonderzahlungen und zur Anpassung der Besoldung und
Versorgung vom 11. Dezember 2007 (GBl BW S. 538 <541>) - LBesG a.F. -
und des am 1. Januar 2011 in Kraft getretenen, mit § 3a Abs. 1 und 2 LBesG
a.F. inhaltlich wirkungsgleichen § 23 Abs. 1 und 2 Nr. 1 des Landesbesol-
dungsgesetzes i.d.F. des Art. 2 des Dienstrechtsreformgesetzes vom 27. Okto-
ber 2010 (GBl BW S. 793 <832>) - LBesG - ergibt. Der Verwaltungsgerichtshof
hat zutreffend angenommen, dass sich der für Ansprüche auf Sonderzahlungen
und volles Grundgehalt maßgebende gesetzliche Stichtag „31. Dezember 2004“
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nicht auf die Begründung des Beamtenverhältnisses, sondern auf die erstmali-
ge Entstehung des Anspruchs auf Dienstbezüge aus einem Eingangsamt der
Besoldungsgruppen A 12 und höher bezieht. Es reicht nicht aus, dass das
Beamtenverhältnis am 31. Dezember 2004 bestanden hat, wenn bis zu diesem
Zeitpunkt keine Dienstbezüge zu zahlen gewesen sind. Dies hat der Senat be-
reits in dem Beschluss vom 1. Juli 2009 - BVerwG 2 B 36.09 - juris Rn. 5-11
dargelegt, den auch der Verwaltungsgerichtshof der Berufungsentscheidung
zugrunde gelegt hat. In diesem Beschluss heißt es:
„Es entspricht einem hergebrachten Grundsatz des Be-
rufsbeamtentums im Sinne des Art. 33 Abs. 5 GG, dass
Besoldungsleistungen dem Vorbehalt des Gesetzes unter-
liegen. Sie dürfen nur zugesprochen werden, wenn und
soweit sie gesetzlich vorgesehen sind (Urteil vom 28. April
2005 - BVerwG 2 C 1.04 - BVerwGE 123, 308 <310>
= Buchholz 240 § 72a BBesG Nr. 1, stRspr). Bei der Aus-
legung der Besoldungsgesetze kommt dem Wortlaut be-
sondere Bedeutung zu. Der Anwendungsbereich besol-
dungsrechtlicher Regelungen kann nicht durch allgemeine
Rechtsgrundsätze erweitert oder ergänzt werden. Daher
ist insbesondere die analoge Anwendung derartiger Rege-
lungen ausgeschlossen. Der Wille des Gesetzgebers kann
nur berücksichtigt werden, wenn er im Gesetzeswortlaut
deutlich Ausdruck gefunden hat (Urteile vom 22. März
1990 - BVerwG 2 C 11.89 - Buchholz 240 § 19a BBesG
Nr. 10, vom 26. Januar 2006 - BVerwG 2 C 43.04
- BVerwGE 125, 79 <80> = Buchholz 240 § 40 BBesG
Nr. 36 und vom 9. November 2006 - BVerwG 2 C 4.06
- Buchholz 239.1 § 11 BeamtVG Nr. 11 Rn. 17).
Nach § 1a Abs. 1 des Landessonderzahlungsgesetzes -
LSZG - in der Fassung von Art. 1 des Haushaltsstruktur-
gesetzes vom 1. März 2005 (GBl BW S. 145) erhalten Be-
amte, für die nach dem 31. Dezember 2004 Anspruch auf
Dienstbezüge aus einem Eingangsamt der Besoldungs-
gruppe A 12 und höher entsteht, für die Dauer von drei
Jahren nach Entstehen des Anspruchs keine Sonderzah-
lungen. Nach § 1a Abs. 2 Satz 1 LSZG gilt dies nicht für
Beamte, denen spätestens am 31. Dezember 2004
Dienstbezüge zugestanden haben.
Am 1. Januar 2008 ist an die Stelle des Landessonderzah-
lungsgesetzes das Landesbesoldungsgesetz - LBesG - in
der Fassung von Art. 2 Nr. 1 des Gesetzes zur Integration
der Sonderzahlungen und zur Anpassung der Besoldung
und Versorgung vom 11. Dezember 2007 (GBl BW S. 538
<541>) getreten. Nach § 3a Abs. 1 LBesG sind bei Beam-
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ten, für die nach dem 31. Dezember 2004 Anspruch auf
Dienstbezüge aus einem Eingangsamt der Besoldungs-
gruppe A 12 und höher entsteht, für die Dauer von drei
Jahren nach Entstehen des Anspruchs die jeweiligen
Grundgehälter und Amtszulagen um 4 % abzusenken.
Nach § 3a Abs. 2 Buchst. a LBesG gilt dies nicht für Be-
amte, denen spätestens am 31. Dezember 2004 im Gel-
tungsbereich dieses Gesetzes Dienstbezüge zugestanden
haben.
Sowohl § 1a Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 LSZG als auch § 3a
Abs. 1 und Abs. 2 Buchst. a LBesG verwenden jeweils
zwei Formulierungen, um die Bedeutung des Stichtags
31. Dezember 2004 für die Ansprüche auf Sonderzahlun-
gen (bis 31. Dezember 2007) und auf volle, nicht um 4 %
abgesenkte Besoldung (ab 1. Januar 2008) hervorzuhe-
ben: In Absatz 1 werden die Ansprüche ausgeschlossen,
wenn erst nach dem Stichtag 'Anspruch auf Dienstbezüge
entsteht'. Nach Absatz 2 gilt dies nicht für Beamte, denen
spätestens am Stichtag 'Dienstbezüge zugestanden ha-
ben'. Beide Formulierungen beschreiben denselben Sach-
verhalt. Ihr Bedeutungsgehalt stimmt überein, weil an-
sonsten ein unlösbarer inhaltlicher Widerspruch zwischen
den beiden Absätzen der gesetzlichen Regelungen be-
stünde. Daher entstehen der Anspruch eines Beamten auf
Dienstbezüge im Sinne von § 1a Abs. 1 LSZG, § 3a Abs.
1 LBesG und somit die Ansprüche auf Sonderzahlungen
und nicht abgesenkte Besoldung, wenn dem Beamten
nach § 1a Abs. 2 Satz 1 LSZG, § 3a Abs. 2 Buchst. a
LBesG spätestens am 31. Dezember 2004 Dienstbezüge
zugestanden haben.
Jedenfalls die Formulierung 'Dienstbezüge zugestanden
haben' ist nach ihrem Wortlaut eindeutig und kann demzu-
folge nicht durch gesetzessystematische oder teleologi-
sche Erwägungen in Frage gestellt werden. Einem Beam-
ten stehen Dienstbezüge zu, wenn er einen Anspruch auf
Zahlung der Dienstbezüge hat. Dies ist nicht der Fall,
wenn der Zahlungsanspruch, wie bei einer Beurlaubung
ohne Dienstbezüge, gesetzlich ausgeschlossen ist. Die
gegenteilige Auffassung, wonach es ausreichen soll, dass
das Beamtenverhältnis am 31. Dezember 2004 bestanden
hat, findet im Wortlaut der § 1a Abs. 2 Satz 1, § 3a Abs. 2
Buchst. a LBesG keine Stütze. Einem Beamten stehen
Dienstbezüge nicht bereits aufgrund seiner Ernennung zu,
wenn der Dienstherr nicht zur Zahlung verpflichtet ist.
Schon wegen der notwendigen inhaltlichen Übereinstim-
mung müssen § 1a Abs. 1 LSZG, § 3a Abs. 1 LBesG so
verstanden werden, dass mit der Formulierung 'Beamte,
für die nach dem 31. Dezember 2004 Anspruch auf
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Dienstbezüge entsteht' die Entstehung des Zahlungsan-
spruchs nach dem Stichtag gemeint ist. Auch der Wortlaut
legt dieses Verständnis nahe.
Aus den Gesetzesmaterialien, auf die die Klägerin ver-
weist, ergibt sich nicht, dass der Landesgesetzgeber Be-
amten, deren Beamtenverhältnis vor dem Stichtag be-
gründet wurde, die aber erst danach erstmals Dienstbezü-
ge beanspruchen konnten, die Sonderzahlungen und die
nicht abgesenkte Besoldung gewähren wollte. Vielmehr
legen sie den Schluss nahe, der Gesetzgeber habe diese
besondere Fallkonstellation nicht in den Blick genommen.
Im Übrigen könnte eine entsprechende gesetzgeberische
Absicht bei der Auslegung der § 1a Abs. 1 und 2 LSZG,
§ 3a Abs. 1 und Abs. 2 Buchst. a LBesG nicht berücksich-
tigt werden, weil sie im Gesetzeswortlaut keinen Ausdruck
gefunden hat.“
Ohne Erfolg wendet die Beschwerde ein, dass die Einschränkungen des § 1a
Abs. 1 LSZG, des § 3a Abs. 1 und 2 Buchst. a LBesG a.F. und des § 23 Abs. 1
und 2 Nr. 1 LBesG nur für sog. „Berufsanfänger“ gälten. Zu Recht führt der
Verwaltungsgerichtshof aus, dass die betreffenden Normen nicht an einen Be-
rufseinstieg, sondern an das Entstehen eines Anspruchs auf Dienstbezüge an-
knüpften. Wie der Senat in der vorzitierten Entscheidung hervorgehoben hat,
verbietet es der
Grundsatz der Gesetzesbindung der Besoldung, einem Beam-
ten eine gesetzlich nicht vorgesehene Besoldung zu gewähren. Besoldungsleis-
tungen dürfen nur gewährt werden, wenn und soweit sie gesetzlich vorgesehen
sind. Die eindeutige Anknüpfung an die Entstehung eines Anspruchs auf
Dienstbezüge steht einer Einschränkung des Kreises der Leistungsberechtigten
auf Berufsanfänger entgegen.
Der Gesetzgeber hätte, wenn er den Berechtig-
tenkreis auf Berufsanfänger hätte beschränken wollen, dies im Wortlaut der
Normen ausdrücklich regeln müssen. Dadurch, dass er dies unterlassen und
eine abweichende Anknüpfung gewählt hat, hat er den ihm zukommenden Ge-
staltungsspielraum nicht überschritten. Ob er damit die zweckmäßigste, ver-
nünftigste oder gerechteste Lösung gewählt hat, ist unbeachtlich (vgl. Urteil
vom 22. März 1990 - BVerwG 2 C 11.89 - Buchholz 240 § 19a BBesG Nr. 10
S. 16 f.).
Ohne Bedeutung ist nach dem Vorstehenden auch, aus welchen Gründen ein
Beamter, dessen Beamtenverhältnis am Stichtag „31. Dezember 2004“ bereits
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bestanden hat, erst danach erstmals einen Anspruch auf Zahlung von Dienst-
bezügen erworben hat. Nach dem Gesetzeswortlaut ist eine Differenzierung
nach Zweck und Dauer einer Beurlaubung nicht möglich. Daher ist rechtlich
unerheblich, ob der Dienstherr ein öffentliches Interesse an der Tätigkeit aner-
kennt, die der Beamte während der Beurlaubung ausübt. Die Bedeutung dieser
Anerkennung liegt darin, dass die Beurlaubungszeit als ruhegehaltfähige
Dienstzeit berücksichtigt werden kann (§ 6 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 BeamtVG) (Be-
schluss vom 21. Dezember 2010 - BVerwG 2 B 56.10 - ZTR 2011, 194
<195>).
Der Begriff der Dienstbezüge ist durch § 1 Abs. 2 BBesG eindeutig gesetzlich
bestimmt. Es gibt keinen Anhaltspunkt dafür, dass der Landesgesetzgeber den
besoldungsrechtlichen Regelungen der § 1a Abs. 1 und Abs. 2 LSZG, § 3a
Abs. 1 und Abs. 2 LBesG einen abweichenden Begriff der Dienstbezüge
zugrunde gelegt hat. Danach handelt es sich bei Vergütungen, die aufgrund
eines privatrechtlichen Arbeitsverhältnisses bezahlt werden, nicht um Dienstbe-
züge (Beschluss vom 21. Dezember 2010 a.a.O.).
2. Die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache im Sinne von § 132 Abs. 2
Nr. 1 VwGO ergibt sich auch nicht aus den verfassungsrechtlichen Ausführun-
gen der Beschwerdebegründung. Der Senat hat zur Vereinbarkeit der Stich-
tagsregelungen der §§ 1a Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 LSZG und § 3a Abs. 1 und
Abs. 2 Buchst. a LBesG mit Art. 3 Abs. 1, Art. 6 Abs. 1 GG in dem Beschluss
vom 1. Juli 2009 - BVerwG 2 B 36.09 - juris Rn. 12 ausgeführt:
„Im Übrigen ist die dem Gesetzeswortlaut entsprechende
Auslegung des Verwaltungsgerichtshofs mit dem allge-
meinen Gleichheitssatz gemäß Art. 3 Abs. 1 GG verein-
bar. Denn dem Gesetzgeber ist bei der Gestaltung des
Besoldungsrechts ein weiter Spielraum politischen Ermes-
sens eröffnet, der grundsätzlich erst durch Maßnahmen
überschritten wird, die sich als evident sachwidrig erwei-
sen (BVerfG, Beschluss vom 6. Mai 2004 - 2 BvL 16/02
- BVerfGE 110, 353 <364>; BVerwG, Urteil vom 20. März
2008 - BVerwG 2 C 49.07 - BVerwGE 131, 20 <27>
= Buchholz 11 Art. 33 Abs. 5 GG Nr. 94). Diese Grenze
hat der Landesgesetzgeber nicht überschritten, weil er
hinsichtlich des Ausschlusses der Sonderzahlungen und
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der nachfolgenden Besoldungsabsenkung Beamte, denen
erst nach dem 31. Dezember 2004 Dienstbezüge zuge-
standen haben, denjenigen Beamten gleichgestellt hat,
deren Beamtenverhältnis erst nach dem Stichtag begrün-
det wurde. Diese Gleichbehandlung ist sachlich gerecht-
fertigt, weil beide Gruppen ihren Lebensunterhalt erst
nach dem Stichtag mit den Dienstbezügen bestreiten
konnten. Schon aus diesem Grund liegt auch kein Verstoß
gegen das in Art. 6 Abs. 1 GG verankerte Gebot vor, Ehe
und Familie zu fördern. Aus diesem Gebot lassen sich
keine Ansprüche auf konkrete Besoldungsleistungen her-
leiten. Die Klägerin kann nicht verlangen, gegenüber Be-
amten besser gestellt zu werden, deren Beamtenverhält-
nis erst kurz nach dem Stichtag begründet wurde, weil sie
zuvor aus familiären Gründen keinen Dienst leisten konn-
ten.“
Darüber hinaus hat der Verwaltungsgerichtshof zu Recht darauf abgestellt, der
Landesgesetzgeber habe seinen Gestaltungsspielraum nicht überschritten, weil
er die besoldungsrechtlichen Nachteile an den freiwilligen Verzicht auf Dienst-
bezüge geknüpft habe. Im Rahmen des Art. 3 Abs. 1 GG hat der Gesetzgeber
einen grundsätzlich weiten Gestaltungsspielraum, wenn die Ungleichbehand-
lung nicht an ein personenbezogenes, d.h. von Betroffenen gar nicht oder nur
schwer beeinflussbares Merkmal, sondern an vorgegebene Lebenssachverhal-
te anknüpft oder von freiwilligen Entscheidungen der Betroffenen abhängt. In
diesem Fall ist Art. 3 Abs. 1 GG regelmäßig nur verletzt, wenn sich nach der
Eigenart des geregelten Bereichs ein vernünftiger, einleuchtender Grund für die
Unterscheidung nicht finden lässt. Allerdings verlangt der allgemeine Gleich-
heitssatz auch hier die folgerichtige, d.h. gleichmäßige Anwendung des gewähl-
ten Differenzierungsmerkmals (stRspr; vgl. Urteil vom 25. Oktober 2007
- BVerwG 2 C 16.06 - Buchholz 237.3 § 71b BrLBG Nr. 1 Rn. 12 und 13).
Allen Beamten, deren Anspruch auf Dienstbezüge erst nach dem gesetzlichen
Stichtag entstanden ist, ist gemeinsam, dass der Dienstherr ihrer freiwilligen
Entscheidung Rechnung getragen hat, eine Möglichkeit der Freistellung vom
Dienst wahrzunehmen und im Gegenzug auf die Besoldung zu verzichten. Oh-
ne diese Entscheidung wären sie vor dem Stichtag berechtigt und verpflichtet
gewesen, in Vollzeitbeschäftigung Dienst zu leisten und hätten Ansprüche auf
Zahlung von Dienstbezügen erworben (vgl. Urteil vom 17. Juni 2010 - BVerwG
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2 C 86.08 - BVerwGE 137, 138 ). Daher ist es nicht sachwidrig, son-
dern nachvollziehbar, dass der Landesgesetzgeber diese Beamten mit Beam-
ten gleichgestellt hat, deren Beamtenverhältnis erst nach dem Stichtag begrün-
det worden ist. Beide Gruppen haben bis zu diesem Tag keine Dienstleistung
für den Dienstherrn erbracht und ihren Lebensunterhalt nicht aus Dienstbezü-
gen bestritten (Beschluss vom 21. Dezember 2010 a.a.O. S. 196).
Obwohl sich die Lehrtätigkeit an einer Privatschule nicht wesentlich von derje-
nigen im öffentlichen Schuldienst unterscheiden und der Arbeitgeber staatliche
Zuschüsse aus Haushaltsmitteln erhalten mag, steht die Tätigkeit als beamteter
Lehrer an einer Privatschule der Tätigkeit für einen Dienstherrn nicht gleich:
Privatschulen sind zwar durch Art. 7 Abs. 4 GG grundrechtlich geschützt, wo-
raus sich Ansprüche auf staatliche Finanzierung ergeben. Private Ersatzschu-
len sind staatlichen Schulen in Bezug auf die Erfüllung der gesetzlichen Schul-
pflicht gleichgestellt. Dies ändert aber nichts daran, dass der Betrieb einer Pri-
vatschule keine staatliche, einem Dienstherrn zugeordnete Aufgabe darstellt,
sondern dem Bereich der Privatautonomie angehört. Demzufolge ist die Tätig-
keit an einer Privatschule keine Tätigkeit „für den Staat“ (Beschluss vom
21. Dezember 2010 a.a.O. S. 196).
In Bezug auf Beamte mit einem höherem als dem Eingangsamt, denen nach
einer Beurlaubung wieder Dienstbezüge zustehen, fehlt es bereits an der we-
sentlichen Gleichheit beider Gruppen. Diese sind im Unterschied zu der Gruppe
der Beamten, deren Anspruch auf Dienstbezüge erst nach dem 31. Dezember
2004 erstmals entstanden ist, bereits vor dem gesetzlichen Stichtag für den
Dienstherrn tätig gewesen und von ihm vergütet worden.
Schließlich liegt auf der Hand, dass die gesetzlichen Stichtagsregelungen im
Hinblick auf die besoldungsrechtlichen Nachteile der betroffenen Beamten auch
nicht gegen Art. 33 Abs. 5 GG
verstoßen.
Zu Recht hat das Berufungsgericht ausgeführt, dass die Gewährung einer
Weihnachtszuwendung (jetzt: jährlichen Sonderzahlung) an Beamte bzw. Rich-
ter erst nach 1949 Eingang in das Beamtenrecht des Bundes und der Länder
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gefunden hat und daher nicht zu den durch Art. 33 Abs. 5 GG
verfassungs-
rechtlich garantierten hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums ge-
hört, sondern zur freien Disposition des Normgebers steht und im Rahmen der
allgemeinen grundgesetzlichen Bindungen jederzeit für die Zukunft gemindert
oder gestrichen werden kann. Entscheidend ist allein dass das Nettoeinkom-
men des Beamten ausreicht, um ihm und seiner Familie eine amtsangemesse-
ne Lebensführung zu ermöglichen. Eine verfassungswidrig zu niedrige Alimen-
tation ist im Wege der Feststellungsklage geltend zu machen (Urteile vom
20. März 2008 - BVerwG 2 C 49.07 - BVerwGE 131, 20 Rn. 25 f., 29 f. und vom
28. Mai 2009 - BVerwG 2 C 23.07 - Buchholz 11 Art 57 GG Nr. 1 S. 9 Rn. 39
m.w.N.).
Der durch Art. 33 Abs. 5 GG
gewährleistete Alimentationsgrundsatz enthält kei-
ne Garantie, dass die bei Begründung des Beamtenverhältnisses geltenden
besoldungs- und versorgungsrechtlichen Bestimmungen nicht mit Wirkung für
die Zukunft zum Nachteil der Beamten geändert werden (stRspr; Urteil vom
27. Januar 2005 - BVerwG 2 C 39.03
- Buchholz 239.1 § 53 BeamtVG Nr. 13
S. 5 f.). Dies muss erst recht für besoldungsrechtliche Änderungen gelten, die in
Kraft treten, bevor der Beamte erstmals einen Anspruch auf Zahlung von
Dienstbezügen erworben hat. Ein Vertrauen darauf, dass die Sonderzahlung
und das Grundgehalt in ungeschmälerter Höhe beibehalten werden, ist regel-
mäßig nicht schutzwürdig. Hier kommt hinzu, dass das Grundgehalt nur für die
Dauer von drei Jahren um 4 % abgesenkt wird (Beschluss vom 21. Dezember
2010 a.a.O. S. 196).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des
Streitwerts für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 47 Abs. 1 und Abs. 3,
§ 52 Abs. 1 GKG.
Herbert
Dr. Heitz
Dr. Fleuß
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