Urteil des BVerfG vom 05.08.2013

BVerfG: gerichtshof für menschenrechte, verfassungsbeschwerde, aussetzung, egmr, gerichtsverfahren, rechtsstaatsprinzip, emrk, ermittlungsverfahren, angemessenheit, arbeitsgerichtsbarkeit

BUNDESVERFASSUNGSGERICHT
- 1 BvR 2965/10 -
Bundesadler
Im Namen des Volkes
In dem Verfahren
über
die Verfassungsbeschwerde
des Herrn M…,
- Bevollmächtigte:
Rechtsanwälte Hans Georg Then,
Christoph Ostler, Michael Then,
Ottostraße 10, 80333 München -
gegen
a)
den Beschluss des Bundesarbeitsgerichts vom 11. Oktober 2010 - 9
AZN 418/10 -,
b)
das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 9. September
2009 - 10 Sa 88/99 -,
c)
das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 20. Mai 1998 - 4 Ca
5756/97 -
hat die 3. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch
den Vizepräsidenten Kirchhof,
den Richter Masing
und die Richterin Baer
am 5. August 2013 einstimmig beschlossen:
Es wird festgestellt, dass die überlange Dauer des Verfahrens vor dem Arbeitsgericht München -
4 Ca 5756/97 - und dem Landesarbeitsgericht München - 10 Sa 88/99 - den Beschwerdeführer in
seinem Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz gemäß Artikel 2 Absatz 1 des Grundgesetzes in
Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip (Artikel 20 Absatz 3 Grundgesetz) verletzt.
Im Übrigen wird die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen.
Der Freistaat Bayern hat dem Beschwerdeführer drei Viertel seiner notwendigen Auslagen im
Verfassungsbeschwerdeverfahren zu erstatten.
Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit für das Verfassungsbeschwerdeverfahren
wird auf 25.000 € (in Worten: fünfundzwanzigtausend Euro) festgesetzt.
Gründe:
I.
1
Die Verfassungsbeschwerde betrifft einen arbeitsgerichtlichen Rechtsstreit über
Urlaubsabgeltung, Abfindung und Erstattung von Umzugs- und Reisekosten, der über 20 Jahre
dauerte.
2
1. Der Beschwerdeführer war als Redakteur bei der Beklagten des Ausgangsverfahrens
beschäftigt. Im Jahr 1988 kündigte die Arbeitgeberin dem Beschwerdeführer krankheitsbedingt.
Dagegen erhob der Beschwerdeführer eine Kündigungsschutzklage, mit der er nach mehreren
Zurückverweisungen des Bundesarbeitsgerichts im März 2002 obsiegte. Zwischenzeitlich
kündigte die Arbeitgeberin dem Beschwerdeführer im Jahr 1994 aus betriebsbedingten Gründen.
Die dagegen vom Beschwerdeführer erhobene Kündigungsschutzklage blieb erfolglos; zuletzt
wies das Bundesarbeitsgericht die Nichtzulassungsbeschwerde im August 2008 zurück.
3
Im Ausgangsverfahren erhob der Beschwerdeführer am 25. März 1988 Klage auf Zahlung von
Arbeitsentgelt. Bis Ende 1989 fanden insgesamt vier Kammertermine statt. Der
Beschwerdeführer erweiterte die Klage mehrfach und wechselte in der ersten Instanz zweimal
den Prozessbevollmächtigten. Mit Beschluss vom 12. November 1990 trennte das Arbeitsgericht
den Rechtsstreit in sieben eigenständige Verfahren. Am 13. Dezember 1990 erhob der
Beschwerdeführer Dienstaufsichtsbeschwerde wegen Prozessverschleppung. Am 24. Juli 1991
setzte das Arbeitsgericht den Rechtsstreit bis zur rechtskräftigen Entscheidung über das erste
Kündigungsschutzverfahren aus. Nach Aufnahme des Rechtsstreits wies das Arbeitsgericht die
Klage am 20. Mai 1998 ab. Hiergegen legte der Beschwerdeführer Berufung ein.
4
Das Landesarbeitsgericht setzte den Rechtsstreit am 14. April 2000 erneut bis zur rechtskräftigen
Entscheidung über die erste Kündigungsschutzklage aus. Die Aussetzung erfolgte unter Hinweis
auf die Vorgreiflichkeit der ersten Kündigungsschutzklage ohne Darstellung von
Ermessenserwägungen. Zwischenzeitlich stellte der EGMR mit Urteil vom 18. Oktober 2001 eine
Verletzung von Art. 6 EMRK wegen der überlangen Dauer des ersten
Kündigungsschutzprozesses fest. Nachdem der Beschwerdeführer im ersten
Kündigungsschutzprozess rechtskräftig obsiegt hatte, setzte das Landesarbeitsgericht den
Rechtsstreit am 17. November 2004 bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die zweite
Kündigungsschutzklage aus. Die Aussetzung erfolgte unter Hinweis auf die Vorgreiflichkeit ohne
Darstellung von Ermessenserwägungen. In der zweiten Instanz wechselte der Beschwerdeführer
erneut zweimal seinen Prozessbevollmächtigten und stellte zwei unbegründete
Befangenheitsanträge. Mit Urteil vom 9. September 2009, dem Beschwerdeführer zugestellt am
12. Dezember 2009, gab das Landesarbeitsgericht der Klage teilweise statt.
5
Die Nichtzulassungsbeschwerde des Beschwerdeführers verwarf das Bundesarbeitsgericht mit
Beschluss vom 11. Oktober 2010 als unzulässig.
6
2. Der Beschwerdeführer macht mit seiner Verfassungsbeschwerde geltend, die Gerichte hätten
aufgrund überlanger Verfahrensdauer seinen Anspruch auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 2
Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG verletzt. Darüber hinaus rügt der Beschwerdeführer
eine Verletzung seiner Grundrechte und grundrechtsgleichen Rechte aus Art. 3 Abs. 1 GG in
seiner Ausprägung als Willkürverbot, Art. 101 Abs. 1 Satz 2 und Art. 103 Abs. 1 GG.
7
3. Zur Verfassungsbeschwerde haben die Beklagte des Ausgangsverfahrens und das
Bayerische Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen Stellung
genommen.
8
Die Beklagte des Ausgangsverfahrens hat darauf hingewiesen, dass der Beschwerdeführer
durch Befangenheitsanträge und mehrfachen Anwaltswechsel zu einer Verzögerung des
Verfahrens beigetragen habe. Die Aussetzungsbeschlüsse seien nicht begründet worden.
9
Das Bayerische Staatsministerium hat ausgeführt, in Bezug auf das arbeitsgerichtliche Verfahren
erster Instanz liege eine Verletzung verfassungsmäßiger Rechte des Klägers nicht vor. Die
Verfahrensdauer sei geprägt durch die fortwährende Änderung der Klageanträge. Die
streitgegenständlichen Ansprüche seien von einem vorgreiflichen Kündigungsverfahren
abhängig gewesen. In Bezug auf das Verfahren in zweiter Instanz wird darauf hingewiesen, dass
der Beschwerdeführer mit den Aussetzungen jeweils einverstanden gewesen sei. Die durchaus
lange Verfahrensdauer sei eine Folge der langwierigen Kündigungsschutzprozesse gewesen.
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4. Die Akte des Ausgangsverfahrens hat dem Bundesverfassungsgericht vorgelegen.
II.
11
Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an, soweit die Verletzung des
Gebots effektiven Rechtsschutzes durch überlange Verfahrensdauer gerügt wird, und gibt ihr
insoweit statt. Die Voraussetzungen für eine stattgebende Entscheidung durch die Kammer
liegen vor (§ 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG).
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1. Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig, soweit der Beschwerdeführer die überlange
Verfahrensdauer geltend macht. Insbesondere fehlt es insoweit nicht am Rechtsschutzinteresse.
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Dem steht nicht entgegen, dass das Ausgangsverfahren bereits beendet ist. Erledigt sich das
überlange Verfahren, besteht das Rechtsschutzbedürfnis fort, wenn der gerügte
Grundrechtseingriff besonders schwer wiegt (vgl. BVerfGE 104, 220 <232 f.>), wenn die
gegenstandslos gewordene Maßnahme den Beschwerdeführer weiter beeinträchtigt (vgl.
BVerfGE 91, 125 <133>; 99, 129 <138>) oder wenn eine Gefahr der Wiederholung des
Grundrechtseingriffs besteht (vgl. BVerfGE 91, 125 <133>; 103, 44 <58 f.>).
14
a) Der Annahme einer Wiederholungsgefahr steht das am 3. Dezember 2011 in Kraft getretene
Gesetz über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen
Ermittlungsverfahren vom 24. November 2011 (BGBl I S. 2302) entgegen (vgl. BVerfG,
Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 13. August 2012 - 1 BvR 1098/11 -, juris, Rn.
20).
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b) Besonders schwer wiegt eine Grundrechtsverletzung, die auf eine generelle
Vernachlässigung von Grundrechten hindeutet oder wegen ihrer Wirkung geeignet ist, von der
Ausübung von Grundrechten abzuhalten. Eine geltend gemachte Verletzung hat ferner dann
besonderes Gewicht, wenn sie auf einer groben Verkennung des durch ein Grundrecht
gewährten Schutzes oder einem geradezu leichtfertigen Umgang mit grundrechtlich geschützten
Positionen beruht oder rechtsstaatliche Grundsätze krass verletzt (vgl. BVerfGK 17, 512 <516>;
BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 24. Juli 2008 - 1 BvR 547/06 -, juris,
Rn. 28). So liegt es hier.
16
2. Die Verfassungsbeschwerde ist begründet, soweit der Beschwerdeführer mit ihr eine
Verletzung des Anspruchs auf effektiven Rechtsschutz geltend macht.
17
a) Für den Bereich des Zivilprozesses gewährleistet Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem
Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) einen wirkungsvollen Rechtsschutz (vgl. BVerfGE 93, 99
<107>). Daraus ergibt sich die Verpflichtung der Fachgerichte, Gerichtsverfahren in
angemessener Zeit zu einem Abschluss zu bringen (vgl. BVerfGE 55, 349 <369>; 60, 253 <269>;
93, 1 <13>).
18
Dem Grundgesetz lassen sich allerdings keine allgemein gültigen Zeitvorgaben dafür
entnehmen, wann von einer unangemessenen Verfahrensdauer auszugehen ist. Vielmehr ist die
Angemessenheit der Dauer eines Verfahrens nach den besonderen Umständen des einzelnen
Falles zu bestimmen (vgl. BVerfGE 55, 349 <369>). Dazu gehören etwa die Schwierigkeit einer
zu entscheidenden Materie, die Notwendigkeit von Ermittlungen, die Bedeutung des Verfahrens
und das Prozessverhalten der Beteiligten (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten
Senats vom 13. August 2012 - 1 BvR 1098/11 -, juris, Rn. 16 m.w.N.; EGMR, Urteil vom 31. Mai
2001 - Nr. 37591/97 - Metzger/Deutschland, EuGRZ 2001, S. 299 f. <301>, Rn. 36). Auf
Umstände, die in seinem Verantwortungsbereich liegen, kann sich der Staat - anders als auf
unvorhersehbare Zufälle und schicksalhafte Ereignisse (vgl. BVerfGE 36, 264 <275>) - nicht
berufen (vgl. BVerfGK 17, 512 <515>).
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b) Ausgehend hiervon ist der Anspruch des Beschwerdeführers auf effektiven Rechtsschutz in
angemessener Zeit in besonders schwerwiegender Weise verletzt. Das Verfahren vor dem
Arbeitsgericht und dem Landesarbeitsgericht ist mit einer Dauer von mehr als 20 Jahren schon
insgesamt als überlang anzusehen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber für den
Bereich der Arbeitsgerichtsbarkeit ein schnelles Verfahren bereitstellen wollte (vgl. BVerfGE 31,
297 <305>), was in dem allgemeinen Beschleunigungsgrundsatz des § 9 Abs. 1 ArbGG
Ausdruck gefunden hat. Gegen diesen verstoßen vorliegend drei ermessensfehlerhafte
Aussetzungen, die insgesamt zu einer Verzögerung des Rechtsstreits von zwölf Jahren geführt
haben.
20
aa) Im erstinstanzlichen Verfahren beruht eine Verzögerung von knapp sechs Jahren auf dem
Aussetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts vom 24. Juli 1991. Nach § 148 ZPO muss das
Gericht bei der Aussetzungsentscheidung sein Ermessen ausüben (vgl. BAG, Urteil vom 27.
April 2006 - 2 AZR 360/05 -, juris, Rn. 19) und die mögliche Verfahrensverzögerung mit den
Gesichtspunkten der Verfahrensökonomie und der Vermeidung sich widersprechender
Entscheidungen abwägen. Dabei haben die Gerichte auch die Gesamtdauer des Verfahrens zu
berücksichtigen und sich mit zunehmender Dauer nachhaltig um eine Beschleunigung des
Verfahrens zu bemühen (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 2.
Dezember 2011 - 1 BvR 314/11 -, juris, Rn. 7). Eine Verzögerung des vorgreiflichen
Rechtsstreits ist ebenfalls ein Gesichtspunkt, dem bei der Ausübung des Ermessens Rechnung
zu tragen ist (vgl. BVerfGK 14, 270 <276 f.>).
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Vorliegend ist aus der Begründung der Aussetzungsentscheidung weder ersichtlich, dass die
voraussichtliche Dauer des für vorgreiflich erachteten Kündigungsschutzverfahrens in die
Abwägung einbezogen worden ist, noch dass die Dauer des Ausgangsverfahrens von damals
bereits über drei Jahren Berücksichtigung gefunden hat. Vor diesem Hintergrund erscheint die
Aussetzung im Ergebnis ermessensfehlerhaft. Die durch die Aussetzung verursachte
Verzögerung fällt somit in den Verantwortungsbereich des Gerichts (vgl. zu einer
Verfahrensverzögerung im Zusammenhang mit einer Aussetzung: BVerfGK 14, 270 <276 f.>;
EGMR, Urteil vom 11. Januar 2007 - Nr. 20027/02 -, juris, Rn. 77 f.; Urteil vom 13. Juli 2006 - Nr.
38033/02 -, juris, Rn. 44).
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bb) Das Landesarbeitsgericht hat das Verfahren am 14. April 2000 erneut ausgesetzt und zur
Begründung lediglich auf die Vorgreiflichkeit des ersten Kündigungsschutzverfahrens
hingewiesen. Damit ist unklar, ob das Landesarbeitsgericht das ihm dabei zustehende
Ermessen ausgeübt und die Interessen der Beteiligten sachgerecht abgewogen hat. Angesichts
des zu diesem Zeitpunkt bereits rund zwölf Jahre andauernden Ausgangsverfahrens und des
bereits anhängigen zweiten Kündigungsschutzverfahrens ist diese Aussetzung jedoch im
Ergebnis ermessensfehlerhaft.
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cc) Nach rechtskräftigem Abschluss des ersten Kündigungsschutzrechtsstreits hat das
Landesarbeitsgericht am 17. November 2004 das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung
der zweiten Kündigungsschutzklage ein drittes Mal ausgesetzt und die Entscheidung wiederum
in Bezug auf die Ermessensausübung nicht begründet. Dies ist im Ergebnis angesichts der zu
diesem Zeitpunkt bereits über 16jährigen Dauer des Ausgangsverfahrens ebenfalls
ermessensfehlerhaft. Die nunmehr gesteigerte Eilbedürftigkeit hätte sich für das
Landesarbeitsgericht auch aus dem Umstand ergeben müssen, dass der Europäische
Gerichtshof für Menschenrechte zwischenzeitlich dem Beschwerdeführer mit Urteil vom 18.
Oktober 2001 Schadensersatz wegen der überlangen Dauer des ersten
Kündigungsschutzverfahrens zugesprochen hatte (EGMR, Urteil vom 18. Oktober 2001 -
Nr. 42505/98 -, EuGRZ 2002, S. 585 ff.).
24
dd) Etwas anderes ergibt sich nicht aus dem Verhalten des Beschwerdeführers.
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(1) Es kommt nicht entscheidend darauf an, dass der Beschwerdeführer mit den Aussetzungen
durch das Landesarbeitsgericht nach der Stellungnahme des Staatsministeriums jeweils
einverstanden gewesen ist. Auch in Verfahren, in denen grundsätzlich die Parteimaxime gilt,
entbindet das Verhalten der Parteien die Gerichte nicht von der rechtsstaatlichen Pflicht, ein
zügiges Verfahren sicherzustellen (vgl. zum insoweit inhaltsgleichen Gewährleistungsgehalt des
Art. 6 Abs. 1 EMRK: EGMR, Urteil vom 11. Januar 2007 - Nr. 20027/02 -, juris, Rn. 78; EGMR,
Urteil vom 4. April 2002 - Nr. 45181/99, juris, Rn. 36). Dies gilt gerade bei einer
Verfahrensverzögerung durch Aussetzung (vgl. EGMR, Urteil vom 1. April 2010 - Nr. 12852/08 -,
juris, Rn. 44), denn eine Entscheidung über eine Aussetzung liegt nach § 148 ZPO - anders als
bei einem übereinstimmenden Antrag der Parteien auf Ruhen des Verfahrens nach § 251 ZPO -
im Ermessen des Gerichts, das hierüber auch ohne Antrag von Amts wegen zu befinden hat. Die
Aussetzungen des vorliegenden Verfahrens gingen von dem Gericht aus und waren nicht in
besonderer Weise deutlich gemachter Wunsch des Beschwerdeführers. Mit seiner
Einverständniserklärung fügte er sich lediglich dem als sachdienlich empfohlenen Vorschlag des
Gerichts, aus dem sich konkrete Perspektiven für die weitere Dauer des Verfahrens und
Alternativen, soweit ersichtlich, nicht ergaben. Damit blieb die besondere Verantwortung für ein
zügiges Verfahren und den Umgang mit begrenzten Verzögerungen durch Aussetzungen bei
dem Gericht.
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(2) Angesichts der gerichtlichen Verantwortung für ein zügiges fachgerichtliches Verfahren und
aufgrund der Dauer des Ausgangsverfahrens von über 20 Jahren kommt es nicht entscheidend
darauf an, dass der Beschwerdeführer durch mehrfachen Wechsel seines
Prozessbevollmächtigten, mehrfache Änderung der Anträge und zwei unbegründete
Befangenheitsanträge ebenfalls zu einer verlängerten Dauer des Verfahrens beigetragen hat, da
die dadurch verursachten Zeitverluste im Verhältnis zu den Verzögerungen durch die
Aussetzungen weit geringer ausfallen. Allein die von Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht zu
verantwortende Verzögerung von mindestens zwölf Jahren aufgrund dreier
ermessensfehlerhafter Aussetzungen hat als Verletzung des verfassungsrechtlich garantierten
Anspruchs auf effektiven Rechtsschutz erhebliches Gewicht.
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3. Für eine Annahme der Verfassungsbeschwerde liegen keine Gründe vor, soweit eine
Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG in seiner Ausprägung als Willkürverbot, Art. 101 Abs. 1 Satz 2
und Art. 103 Abs. 1 GG gerügt wird. Der Verfassungsbeschwerde fehlt es insoweit an einer
hinreichend substantiierten Begründung gemäß § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG.
III.
28
Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34a Abs. 2 und 3 BVerfGG. Die
Verfassungsbeschwerde hat überwiegend Erfolg. Die Festsetzung des Gegenstandswerts folgt
aus § 37 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit § 14 Abs. 1 RVG und den Grundsätzen für die
Festsetzung des Gegenstandswerts im verfassungsgerichtlichen Verfahren (vgl. BVerfGE 79,
365 <366 ff.>).
29
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Kirchhof
Masing
Baer