Urteil des BVerfG vom 13.10.2009

eingriff in grundrechte, vorbereitung der verteidigung, abstraktes gefährdungsdelikt, konkretes gefährdungsdelikt

- Bevollmächtigter:
Rechtsanwalt Dr. Thorsten Junker,
in Sozietät maxkanzlei. Rechtsanwälte Dühring, Eberle, Junker,
Maximilianstraße 36, 86150 Augsburg -
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BUNDESVERFASSUNGSGERICHT
- 2 BvR 256/09 -
In dem Verfahren
über
die Verfassungsbeschwerde
des Herrn S...
gegen a) den Beschluss des Oberlandesgerichts Bamberg vom 27. November
2008 - 2 Ss OWi 843/2008 -,
b) das Urteil des Amtsgerichts München vom 15. April 2008 - 1116 OWi
120 Js 12124/07 -,
c) den Bußgeldbescheid der Staatsanwaltschaft München I vom 21. Januar
2008 - 120 Js 12124/07 -
hat die 2. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch
die Richter Broß,
Di Fabio
und Landau
gemäß § 93b in Verbindung mit § 93a BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung
vom 11. August 1993 (BGBl I S. 1473 ) am 13. Oktober 2009 einstimmig beschlossen:
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Gründe:
A.
Die Verfassungsbeschwerde betrifft Fragen der Reichweite des freien
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Verteidigerverkehrs nach § 148 Abs. 1 StPO.
I.
Der Beschwerdeführer war Verteidiger eines Untersuchungshaftgefangenen, bei
welchem die Postkontrolle angeordnet war. Durch Bescheid der Staatsanwaltschaft
München I vom 21. Januar 2008 wurde ihm wegen einer Zuwiderhandlung gegen
§ 115 Abs. 1 Nr. 1 OWiG ein Bußgeld von 300 € auferlegt. Die Vorschrift des § 115
OWiG betrifft den Verkehr mit Gefangenen und lautet:
(1) Ordnungswidrig handelt, wer unbefugt
1. einem Gefangenen Sachen oder Nachrichten übermittelt oder sich
von ihm übermitteln lässt oder
2. sich mit einem Gefangenen, der sich innerhalb einer
Vollzugsanstalt befindet, von außen durch Worte oder Zeichen
verständigt.
(2) Gefangener ist, wer sich auf Grund strafgerichtlicher
Entscheidung oder als vorläufig Festgenommener in behördlichem
Gewahrsam befindet.
(3)
Die
Ordnungswidrigkeit
und
der
Versuch einer
Ordnungswidrigkeit können mit einer Geldbuße geahndet werden.
Der Beschwerdeführer übergab seinem inhaftierten Mandanten ein Schreiben des
Rechtsanwalts der Ehefrau des Gefangenen, ohne dieses der richterlichen
Briefkontrolle
zuzuführen.
Das
Schreiben
enthielt
den
Entwurf eines
Scheidungsvertrags.
Der
Beschwerdeführer
war
durch
den
Untersuchungsgefangenen
beauftragt
worden,
ihn
auch
in
der
Scheidungsangelegenheit zu vertreten. Durch Beschluss vom 15. April 2008 stellte
das Amtsgericht München nach Einspruch gegen den Bußgeldbescheid fest, dass
der Beschwerdeführer der vorsätzlichen unbefugten Übermittlung von Nachrichten an
einen Gefangenen schuldig sei und verurteilte ihn zu einer Geldbuße von 300 €. Das
Oberlandesgericht Bamberg verwarf durch Beschluss vom 27. November 2008 die
hiergegen eingelegte Rechtsbeschwerde als unbegründet. Der Verteidiger dürfe
seinem in Haft einsitzenden Mandanten ohne Genehmigung der Kontrollstelle nur
solche Schriftstücke aushändigen, die unmittelbar das Strafverfahren beträfen.
II.
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Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung von Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit
Art. 20 Abs. 3 GG, Art. 3 Abs. 1, Art. 10, Art. 12 Abs. 1 und Art. 103 Abs. 2 GG.
Er sieht sich in seiner Berufsausübungsfreiheit in unzulässiger Weise beschränkt.
D er Anwalt, der gleichzeitig in einer Zivilsache tätig sei und Schriftsätze über die
Postkontrolle laufen lassen müsse, verletze hierdurch seine Verschwiegenheitspflicht
und mache sich somit nach § 203 StGB strafbar. Eine Einwilligung seines Mandanten
helfe nicht weiter, da der Schriftsatz auch Informationen der Gegenseite beinhalte.
Unabhängig davon sei eine Einwilligung unwirksam, da der Betreffende mangels
Kenntnis des Inhalts des Schriftstücks die Bedeutung einer entsprechenden
Erklärung nicht überblicken könne.
Ein Inhaftierter habe Anspruch darauf, dass ein Rechtsanwalt auch in anderen
Angelegenheiten unbefangen für ihn tätig werden könne. Es sei unverhältnismäßig,
d e n Schriftwechsel nur für solche Schriftstücke zuzulassen, die unmittelbar das
Strafverfahren betreffen. Damit könne ein Rechtsanwalt ohne Begehung einer
Ordnungswidrigkeit nicht mehr mit dem Mandanten kommunizieren.
B.
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen, weil die
Annahmevoraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG nicht vorliegen. Die
Verfassungsbeschwerde hat keine Aussicht auf Erfolg. Sie ist, soweit zulässig,
unbegründet. Die angegriffenen Entscheidungen verletzen den Beschwerdeführer
nicht in seinen Grundrechten oder grundrechtsgleichen Rechten.
I.
Die Feststellung und Würdigung des Sachverhalts sowie die Auslegung und
Anwendung des einfachen Rechts, vorliegend von § 115 OWiG, liegen grundsätzlich
in der Verantwortung der Fachgerichte. Die Prüfung des Bundesverfassungsgerichts
ist insoweit regelmäßig auf die Frage beschränkt, ob die angegriffenen
Entscheidungen
Fehler enthalten, die auf einer grundsätzlich unrichtigen
Anschauung von der Bedeutung und Tragweite des Grundrechts, insbesondere vom
Umfang seines Schutzbereichs, beruhen oder einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG
in seiner Ausprägung als Willkürverbot erkennen lassen (vgl. BVerfGE 18, 85 <92 f.>;
85, 248 <258>; stRspr).
Die
angegriffenen
Entscheidungen
von
Amts-
und Oberlandesgericht
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berücksichtigen Bedeutung und Tragweite von Art. 12 Abs. 1 GG. Berührt eine
gerichtliche Entscheidung die Freiheit der Berufsausübung, so steht sie mit Art. 12
Abs. 1 GG dann in Einklang, wenn die Norm, auf der die Entscheidung beruht,
verfassungsgemäß ist und wenn die angegriffene Entscheidung auch im Übrigen
erkennen lässt, dass sie auf die Ausstrahlungswirkung der Grundrechte Bedacht
genommen und die materiellen und prozessualen Normen im Lichte der betroffenen
Grundrechte ausgelegt und angewendet hat (vgl. BVerfGE 7, 198 <206 f.>; 93, 213
<240>).
1. Art. 12 Abs. 1 GG gewährleistet dem Rechtsanwalt eine von staatlicher Kontrolle
u n d Bevormundung freie Berufsausübung und schützt dazu insbesondere das
Vertrauensverhältnis zwischen Anwalt und Mandant (vgl. BVerfGE 113, 29 <49>).
Integrität und Zuverlässigkeit des einzelnen Berufsangehörigen (vgl. BVerfGE 63, 266
<286>; 93, 213 <236>) sowie das Recht und die Pflicht zur Verschwiegenheit (vgl.
BVerfGE 76, 171 <190>; 76, 196 <209 f.>) sind die Grundbedingungen dafür, dass
dieses Vertrauen entstehen kann. Maßnahmen, die geeignet sind, das Entstehen
eines Vertrauensverhältnisses zwischen Rechtsanwalt und Mandant zu stören oder
gar auszuschließen, greifen nicht nur in die Subjektstellung des von Strafverfolgung
betroffenen Mandanten, sondern auch in die Berufsausübungsfreiheit des
Rechtsanwalts ein. Die Tätigkeit des Rechtsanwalts liegt dabei auch im Interesse der
Allgemeinheit an einer wirksamen und geordneten Rechtspflege (vgl. BVerfGE 113,
29 <49> ; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 30. April 2007 -
2 BvR 2151/06 -, NJW 2007, S. 2752 <2753>).
2. Es kann vorliegend offen bleiben, ob der Eingriffsnorm des § 115 OWiG eine
objektiv berufsregelnde Tendenz zukommt (vgl. hierzu BVerfGE 113, 29 <48> ) oder
lediglich das Ausmaß der mittelbaren Beeinträchtigung der beruflichen Tätigkeit des
Beschwerdeführers zu berücksichtigen ist (vgl. BVerfGE 13, 181 <185 f.>; 36, 47
<58>; 113, 29 <48 f.> ). In jedem Fall tragen die Entscheidungen von Amts- und
Oberlandesgericht im Rahmen der Auslegung und Anwendung des § 115 OWiG der
Ausstrahlungswirkung des Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG Rechnung und wahren den
Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.
a) Die Vorschrift des § 115 OWiG dient verschiedenen Zielen. So wird das Interesse
an dem geordneten Ablauf des Strafvollzuges im Sinne einer Aufrechterhaltung von
Sicherheit und Ordnung in der Vollzugsanstalt sowie das allgemeine staatliche
Interesse an der Aufklärung von Straftaten, an der Durchsetzung der
Strafvollstreckung und an der Verhinderung weiterer Straftaten geschützt (vgl. Gürtler,
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in: Göhler, OWiG, 15. Aufl. 2009, § 115 Rn. 2; Rebmann/Roth/Herrmann, OWiG,
3. Aufl. Stand: September 2008, § 115 Rn. 2).
b) Die Ahndung einer Zuwiderhandlung gegen die in § 115 OWiG genannten
Verbote ist sowohl geeignet als auch erforderlich, die genannten Ziele zu erreichen.
Sie ist auch verhältnismäßig im engeren Sinne. Dies ist dann der Fall, wenn
Eingriffszweck und Eingriffsintensität in einem angemessenen Verhältnis zueinander
stehen. Das Maß der Belastung des Einzelnen muss noch in einem vernünftigen
Verhältnis zu den der Allgemeinheit erwachsenden Vorteilen stehen. Um dies
feststellen zu können, ist eine Abwägung zwischen den Gemeinwohlbelangen, zu
deren Wahrnehmung der Eingriff in Grundrechte erforderlich ist, und den
Auswirkungen auf die Rechtsgüter der davon Betroffenen notwendig (vgl. BVerfGE
117, 163 <182, 193>). Die genannten Entscheidungen bringen die Interessen eines
frei en Verteidigerverkehrs auf der einen und die effektive Aufklärung oder
Vermeidung von Straftaten auf der anderen Seite in einen angemessenen Ausgleich.
Dabei trägt die Auslegung des Merkmals „unbefugt“ im Sinne von § 115 OWiG der
verfassungsrechtlich verbürgten Rolle des Strafverteidigers angemessen Rechnung.
Ein unbefugtes Handeln liegt nämlich dann nicht vor, wenn sich die Weitergabe der
Post im Rahmen des durch § 148 StPO gestatteten ungehinderten Verkehrs zwischen
dem Verteidiger und dem Beschuldigten hält. Dieser Verkehr ist jedoch nur zu
Zwecken der Verteidigung frei (vgl. BVerfGE 46, 1 <12>; 49, 24, <48>; Rogall in:
Karlsruher Kommentar zum OWiG, 3. Aufl. 2006, § 115 Rn. 33).
Die angegriffenen Entscheidungen begrenzen die Reichweite dieses freien
Verteidigerverkehrs dahingehend, dass der unkontrollierte Verkehr nur in der Weise
ausgeübt werden kann, als er unmittelbar der Vorbereitung der Verteidigung dient,
mithin nur solche Schriftstücke umfasst, die unmittelbar das Strafverfahren betreffen
(vgl. ebenso BGHSt 26, 304 <307 f.>; LG Tübingen, Beschluss vom 14. Februar 2007
- 1 KLs 42 Js 13000/06 -, NStZ 2008, S. 653 <655>; Schultheis, in: Karlsruher
Kommentar zur StPO, 6. Aufl. 2008, § 119 Rn. 31). Dies ist verfassungsrechtlich nicht
zu beanstanden.
Der weitergehenden Ansicht, wonach das Verteidigerprivileg auch Schriftsätze aus
anderen Verfahren umfasse, wenn diese mit der Verteidigung in einem unmittelbaren
Zusammenhang stehen oder mittelbar die Stellung des Beschuldigten im
Strafverfahren tangieren (vgl. Lüderssen/Jahn, in: Löwe-Rosenberg, StPO, 26. Aufl.
2007, § 148 Rn. 17; König, in: Widmaier, Münchener Anwaltshandbuch
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Strafverteidigung, 1. Aufl. 2006, § 4 Rn. 128; Schlothauer/Weider, Untersuchungshaft,
2. Aufl. 1996, Rn. 75) zu folgen, würde bedeuten, dem Beschuldigten nahezu
unkontrollierten Schriftverkehr zu ermöglichen. Diese Ansicht nimmt an, dass
Bemühungen um den Erhalt oder die Beschaffung von Arbeitsplatz und Wohnung,
Darlehnsaufnahme für eine Kaution und Verkauf von Wertgegenständen für die
Kaution durchaus die Haftgründe oder die Sanktionsentscheidung betreffen können
und damit mittelbar der Verteidigung dienen (vgl. Lüderssen/Jahn, a.a.O.; Julius, in:
Julius, StPO, 4. Aufl., § 148 Rn. 8). Da im Rahmen der Strafzumessung sowie der
Entscheidung über die Strafaussetzung zur Bewährung mannigfaltige, in der Person
des Beschuldigten liegende Gründe eine Rolle spielen, stünde bei einem derartigen
Verständnis des freien Verteidigerverkehrs nahezu jedes Schreiben in irgendeinem
Bezug zum Strafverfahren und im Zusammenhang mit der Verteidigung. Die
Zuordnung zur eigentlichen Verteidigungsvorbereitung wäre nicht mehr eingrenzbar
und würde ins Uferlose führen (vgl. OLG Dresden, Beschluss vom 17. Juni 1998 - 2
Ss (OWi) 134/98 -, NStZ 1998, S. 535 f.).
Ein solch weites Verständnis des freien Verteidigerverkehrs geriete zudem in
Konflikt mit dem Ziel der angeordneten Postkontrolle. Diese in § 119 Abs. 3 StPO
wurzelnde Beschränkung dient der Wahrung des Zwecks der Untersuchungshaft und
der Ordnung in der Vollzugsanstalt (vgl. BVerfGE 35, 311 <316> ). Da unter dem
Rechtsbegriff „Ordnung in der Vollzugsanstalt“ nicht nur ein Mindestmaß an Ordnung
zu verstehen ist (vgl. BVerfGE 35, 311 <317> ), kann dieses Ziel nur bei einer
wirkungsvollen Ausübung der Postkontrolle erfüllt werden (vgl. OLG Dresden,
Beschluss vom 17. Juni 1998 - 2 Ss (OWi) 134/98 -, NStZ 1998, S. 535).
Ohne Bedeutung ist vorliegend der konkrete Inhalt des übermittelten Schreibens.
Zwar können bei angeordneter Postkontrolle Schriftstücke im Ergebnis nur dann
angehalten werden, wenn konkrete Anhaltspunkte für eine Störung der
Anstaltsordnung gegeben sind (vgl. BVerfGE 57, 170 <177> ). Im Rahmen von § 115
OWiG ist jedoch die eigentliche Ausübung der Postkontrolle, nicht ihre inhaltliche
Ausgestaltung betroffen. Es handelt sich um ein abstraktes Gefährdungsdelikt (vgl.
Rogall, in: Karlsruher Kommentar zum OWiG, 3. Aufl. 2006, § 115 Rn. 3). Daher ist es
unerheblich, ob das nicht der Postkontrolle zugeführte Schreiben im Ergebnis
tatsächlich geeignet war, die Ordnung der Anstalt oder die effektive Strafverfolgung zu
gefährden. Von einer Ausgestaltung als konkretes Gefährdungsdelikt hat der
Gesetzgeber abgesehen, da die Vorschrift sonst nicht praktikabel sei (vgl. BTDrucks
7/1261, S. 43; BayObLG, Beschluss vom 29. März 1985 - 3 Ob Owi 16/85 -,
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NJW 1985, S. 2601; Rebmann/Roth/Herrmann, OWiG, 3. Aufl., Stand: September
2008, § 115 Rn. 11).
Die den angegriffenen Entscheidungen zugrunde gelegte enge Auffassung des
Rechts
auf
freien Verteidigerverkehr
steht
der
Entstehung
eines
Vertrauensverhältnisses zwischen Rechtsanwalt und Mandant nicht entgegen. Bei
der angeordneten Postkontrolle handelt es sich um eine sowohl dem Beschuldigten
als auch seinem Verteidiger bekannt gemachte Maßnahme. Der Rechtsanwalt wird
hiernach seinen Mandanten darauf hinweisen, dass im Bereich der eigentlichen
Strafverteidigung eine Kommunikation weitgehend unabhängig von der Postkontrolle
möglich, dies jedoch im weiteren Tätigkeitsbereich des Rechtsanwalts - etwa einer
familiengerichtlichen Auseinandersetzung wie hier - ausgeschlossen ist (vgl. hierzu
Schlothauer/Weider, Untersuchungshaft, 2. Aufl. 1996, Rn. 79). Die Pflicht, solche
Schreiben, welche nicht unmittelbar das Strafverfahren betreffen, der Postkontrolle
zuzuführen, steht dann aber dem Aufbau eines Vertrauensverhältnisses im
Strafverfahren gerade nicht entgegen (vgl. zu Ausnahmen von der Wahrheitspflicht im
Zivilverfahren bei drohender Offenbarung strafrechtlich relevanter Angaben BVerfGE
56, 37 <44>; Wagner, in: Münchener Kommentar zur Zivilprozessordnung, 3 Aufl.
2008, § 138 Rn. 15). Ansonsten würde der Anwalt, der neben der Strafverteidigung
noch andere Mandate für den Beschuldigten angenommen hat, besser gestellt, als
derjenige, dessen Tätigkeit sich auf reine Strafverteidigung beschränkt.
Auch sind die angegriffenen Entscheidungen nicht deshalb unverhältnismäßig, weil
der Rechtsanwalt nur die Wahl hat, entweder das Schreiben der Postkontrolle zu
übergeben und sich damit einer Verletzung von Privatgeheimnissen, § 203 StGB,
schuldig zu machen oder nach § 115 OWiG belangt zu werden. Der Verteidiger macht
sich gerade nicht in jedem Fall nach § 203 StGB strafbar. Die Strafhoheit setzt
vielmehr ein unbefugtes Handeln voraus. Damit sind im Ergebnis sowohl Fälle des
Handelns mit Einwilligung des Geheimnisträgers als auch solche bei bestehender
Offenbarungspflicht ausgeschlossen (vgl. Schünemann, in: Leipziger Kommentar,
11. Aufl. 2000, § 203 Rn. 91, 120).
II.
Von einer weiteren Begründung der Nichtannahmeentscheidung wird gemäß § 93d
Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Broß
Di Fabio
Landau