Urteil des BVerfG vom 06.05.2014

BVerfG: berechtigte person, anpassung, ehepartner, drittwirkung der grundrechte, eintritt des versicherungsfalls, versicherungsprinzip, aussetzung, öffentlich, private vorsorge, verfassungsbeschwerde

BUNDESVERFASSUNGSGERICHT
- 1 BvL 9/12 -
- 1 BvR 1145/13 -
Bundesadler
Im Namen des Volkes
In den Verfahren
I. zur verfassungsrechtlichen Prüfung,
ob § 32 VersAusglG verfassungswidrig ist
- Aussetzungs- und Vorlagebeschluss des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts vom
30. April 2012 (12 UF 29/12) -
- 1 BvL 9/12 -,
II. über die Verfassungsbeschwerde
des Herrn G…,
- Bevollmächtigter:
Rechtsanwalt Christian Wagner
in Sozietät Stemmer, Huck und Kollegen
Rechtsanwälte Steuerberater Partnerschaft,
Rüppurrer Straße 4, 76137 Karlsruhe -
1. unmittelbar gegen
a) das Urteil des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 7. März 2013 - 12 U
188/12 -,
b) das Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 12. Oktober 2012 - 6 O 143/12
-
2. mittelbar gegen
§ 32 des Gesetzes über den Versorgungsausgleich (VersAusglG) vom 3.
April 2009 (BGBl I S. 700)
- 1 BvR 1145/13 -
hat das Bundesverfassungsgericht - Erster Senat - unter Mitwirkung der Richterinnen und Richter
Vizepräsident Kirchhof,
Gaier,
Eichberger,
Schluckebier,
Masing,
Paulus,
Baer,
Britz
am 6. Mai 2014 beschlossen:
1. § 32 des Gesetzes über den Versorgungsausgleich vom 3. April 2009 (Bundesgesetzblatt I
Seite 700) ist, sofern danach bei Anrechten aus einer Zusatzversorgung des öffentlichen
Dienstes eine Anpassung nach § 33 und nach § 37 des Gesetzes über den
Versorgungsausgleich unterbleibt, mit dem Grundgesetz vereinbar.
2. Die Verfassungsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe:
A.
1
Das Vorlageverfahren und die Verfassungsbeschwerde betreffen die Regelungen über die
Anpassung rechtskräftiger Entscheidungen über den Versorgungsausgleich nach §§ 32 ff. des
Gesetzes über den Versorgungsausgleich (VersAusglG).
I.
2
1. Der im Jahr 1977 mit der grundlegenden Neufassung des Eherechts durch das Erste Gesetz
zur Reform des Ehe- und Familienrechts eingeführte Versorgungsausgleich ist heute im Gesetz
über den Versorgungsausgleich geregelt. Mit dem Versorgungsausgleich werden anlässlich der
Scheidung Anrechte im Sinne des § 2 Abs. 1 VersAusglG aus einer Versorgung wegen Alters
oder Invalidität zwischen den Ehepartnern wechselseitig ausgeglichen, indem alle in der Ehezeit
erworbenen Anwartschaften auf Versorgungen und Ansprüche auf laufende Versorgungen
jeweils zur Hälfte zwischen den geschiedenen Ehegatten in selbständige Anrechte geteilt
werden (§§ 1 und 2 VersAusglG).
3
Die Einführung des Versorgungsausgleichs zielte vor allem darauf, Ehefrauen nach der
Scheidung eine eigenständige Alterssicherung zu verschaffen. Dass damals aufgrund der
Aufgabenverteilung in der Hausfrauenehe in aller Regel allein der Mann eine eigenständige
Alterssicherung erworben und die Ehefrau lediglich eine von dem Ehemann abgeleitete
Versorgung erhalten hatte, hielt der Gesetzgeber für unbefriedigend, weil die vom erwerbstätigen
Ehepartner erworbenen Anrechte auf Versorgung wegen Alters oder Berufs- oder
Erwerbsunfähigkeit auf gemeinsamen und als gleichwertig anzusehenden Leistungen der
Ehepartner in der Ehe entsprechend der von ihnen vereinbarten Arbeitsteilung beruhten (vgl.
BTDrucks 7/650, S. 61, 155).
4
Das Bundesverfassungsgericht erachtete den Versorgungsausgleich in seinem Urteil vom
28. Februar 1980 (BVerfGE 53, 257) für grundsätzlich verfassungsgemäß, forderte jedoch wegen
der durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützten Rechtspositionen des Ausgleichsverpflichteten die
Schaffung von Regelungen, um Fällen begegnen zu können, in denen die
ausgleichsverpflichtete Person durch den Versorgungsausgleich eine spürbare Kürzung ihrer
Anrechte hinnehmen musste, ohne dass sich dies in angemessener Weise zugunsten der
ausgleichsberechtigten Person auswirke. Entsprechende Regelungen hatte der Gesetzgeber im
Gesetz zur Regelung von Härten im Versorgungsausgleich (VAHRG) geschaffen, deren
Nachfolgevorschriften sich heute in den Anpassungsregelungen der §§ 32 ff. VersAusglG finden.
5
2. Zur Überprüfung gestellt ist § 32 VersAusglG, sofern er Anrechte aus Zusatzversorgungen des
öffentlichen Dienstes von der Anpassung wegen Unterhalts (§ 33 VersAusglG) und von der
Anpassung wegen Todes der ausgleichsberechtigten Person (§ 37 VersAusglG) ausnimmt. Der
Vorlage liegt der durch § 33 VersAusglG geregelte Fall zugrunde, dass die ausgleichspflichtige
Person bereits eine Versorgung bezieht, die infolge des Versorgungsausgleichs gekürzt wird,
und zugleich gegenüber der ausgleichsberechtigten, selbst noch keine Versorgung beziehenden
Person unterhaltspflichtig ist. Die Verfassungsbeschwerde betrifft den durch § 37 VersAusglG
geregelten Fall, dass die ausgleichsberechtigte Person verstorben ist, ohne zuvor aus dem
übertragenen Versorgungsanrecht für eine Mindestzeit eine Versorgung bezogen zu haben. In
beiden Ausgangsverfahren wäre die Kürzung der Versorgung der ausgleichspflichtigen Person
auszusetzen, wenn nicht § 32 VersAusglG die Anwendung der in §§ 33, 37 VersAusglG
vorgesehenen Anpassungen auf Anrechte aus Zusatzversorgungen des öffentlichen Dienstes
ausschlösse.
6
3. § 32 VersAusglG in der Fassung vom 3. April 2009 (BGBl I S. 700) definiert, welche Anrechte
anpassungsfähig sind, und regelt damit zugleich, bei welchen Anrechten eine Anpassung nicht
in Betracht kommt. Die Vorschrift hat folgenden Wortlaut:
7
§ 32 Anpassungsfähige Anrechte
Die §§ 33 bis 38 gelten für Anrechte aus
1. der gesetzlichen Rentenversicherung einschließlich der Höherversicherung,
2. der Beamtenversorgung oder einer anderen Versorgung, die zur Versicherungsfreiheit nach
§ 5 Abs. 1 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch führt,
3. einer berufsständischen oder einer anderen Versorgung, die nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 2
des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch zu einer Befreiung von der Sozialversicherungspflicht
führen kann,
4. der Alterssicherung der Landwirte,
5. den Versorgungssystemen der Abgeordneten und der Regierungsmitglieder im Bund und in
den Ländern.
8
In der Vorlage wird die Nichtanwendbarkeit von § 33 VersAusglG auf Anrechte aus der
betrieblichen Altersversorgung bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder
beanstandet. Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Nichtanwendbarkeit von § 37 VersAusglG
auf Anrechte aus der Pflichtversicherung bei der Zusatzversorgungskasse des Kommunalen
Versorgungsverbandes Baden-Württemberg. Die Vorschriften haben folgenden Wortlaut:
9
§ 33 Anpassung wegen Unterhalt
(1) Solange die ausgleichsberechtigte Person aus einem im Versorgungsausgleich erworbenen
Anrecht keine laufende Versorgung erhalten kann und sie gegen die ausgleichspflichtige Person
ohne die Kürzung durch den Versorgungsausgleich einen gesetzlichen Unterhaltsanspruch
hätte, wird die Kürzung der laufenden Versorgung der ausgleichspflichtigen Person auf Antrag
ausgesetzt.
(2) Die Anpassung nach Absatz 1 findet nur statt, wenn die Kürzung am Ende der Ehezeit bei
einem Rentenbetrag als maßgeblicher Bezugsgröße mindestens 2 Prozent, in allen anderen
Fällen als Kapitalwert mindestens 240 Prozent der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 Abs. 1
des Vierten Buches Sozialgesetzbuch betragen hat.
(3) Die Kürzung ist in Höhe des Unterhaltsanspruchs auszusetzen, höchstens jedoch in Höhe
der Differenz der beiderseitigen Ausgleichswerte aus denjenigen Anrechten im Sinne des § 32,
aus denen die ausgleichspflichtige Person eine laufende Versorgung bezieht.
(4) Fließen der ausgleichspflichtigen Person mehrere Versorgungen zu, ist nach billigem
Ermessen zu entscheiden, welche Kürzung ausgesetzt wird.
10
§ 37 Anpassung wegen Tod der ausgleichsberechtigten Person
(1) Ist die ausgleichsberechtigte Person gestorben, so wird ein Anrecht der ausgleichspflichtigen
Person auf Antrag nicht länger auf Grund des Versorgungsausgleichs gekürzt. Beiträge, die zur
Abwendung der Kürzung oder zur Begründung von Anrechten zugunsten der
ausgleichsberechtigten Person gezahlt wurden, sind unter Anrechnung der gewährten
Leistungen an die ausgleichspflichtige Person zurückzuzahlen.
(2) Die Anpassung nach Absatz 1 findet nur statt, wenn die ausgleichsberechtigte Person die
Versorgung aus dem im Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht nicht länger als 36 Monate
bezogen hat.
(3) Hat die ausgleichspflichtige Person im Versorgungsausgleich Anrechte im Sinne des § 32
von der verstorbenen ausgleichsberechtigten Person erworben, so erlöschen diese, sobald die
Anpassung wirksam wird.
11
4. Der Anwendungsbereich der Anpassungsvorschriften wurde durch das
Versorgungsausgleichsgesetz vom 1. September 2009 in § 32 VersAusglG im Vergleich zum
früheren Recht enger gefasst. Nach § 10 in Verbindung mit § 1 Abs. 3 des zuvor geltenden
Gesetzes zur Regelung von Härten im Versorgungsausgleich waren die in §§ 4, 5 VAHRG
vorgesehenen - den §§ 33, 37 VersAusglG im Wesentlichen entsprechenden -
Anpassungsregelungen auf den Ausgleich von Anrechten, die sich gegen einen Träger der
Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes richteten, entsprechend anzuwenden. Nach § 32
VersAusglG gelten die Anpassungsvorschriften heute nur für die dort aufgeführten sogenannten
Regelversorgungssysteme, zu denen die früher einbezogene Zusatzversorgung des öffentlichen
Dienstes nicht zählt.
12
Die Begründung des Regierungsentwurfs zum Versorgungsausgleichsgesetz stellt fest, die
Vorschriften der §§ 32 ff. VersAusglG führten dazu, dass die Rechtsfolgen der Entscheidung
über den Wertausgleich bei der Scheidung teilweise oder endgültig beseitigt würden. Sie
erfüllten den Auftrag des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 53, 257), Regelungen zu treffen,
die es ermöglichten, nachträglich eintretenden grundrechtswidrigen Auswirkungen des
Versorgungsausgleichs zu begegnen. Wie schon §§ 4 ff. VAHRG stünden auch die §§ 32 ff.
VersAusglG in einem Spannungsverhältnis zum Versicherungsprinzip. Die von beiden
Ehepartnern erworbenen Anrechte würden durch den Wertausgleich bei der Scheidung neu
zugeordnet, die Versorgungsschicksale also grundsätzlich getrennt. Diesen Grundsatz
durchbrächen wie im bislang geltenden Recht die §§ 32 ff. VersAusglG, wodurch zusätzliche
Lasten für die Versichertengemeinschaft entstünden (vgl. BTDrucks 16/10144, S. 71 ff.).
13
Die Begründung des Regierungsentwurfs zu § 32 VersAusglG erläutert die Regelung wie folgt:
14
„Die Vorschriften zur Vermeidung verfassungswidriger Härten sind nach § 32 VersAusglG
obligatorisch nur für die Regelsicherungssysteme vorgesehen. Insoweit bleibt es beim
bisherigen Rechtszustand. Im Bereich der ergänzenden Altersvorsorge kommen die
Anpassungsvorschriften grundsätzlich nicht zur Anwendung. Die Nummern 1 bis 5 nennen
deshalb nur öffentlich-rechtliche Versorgungsträger. … Die Nummern 1 bis 5 zählen
abschließend auf, für welche Regelsicherungssysteme die Vorschriften der §§ 33 bis 38
VersAusglG gelten…“ (BTDrucks 16/10144, S. 71 f.).
II.
15
1. a) In dem der Vorlage zugrunde liegenden Ausgangsverfahren hatte der Ehemann unter
anderem eine unverfallbare Anwartschaft auf eine betriebliche Altersversorgung bei der
Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder erworben. Im Rahmen des
Scheidungsverfahrens verpflichtete er sich in einem gerichtlichen Vergleich, an die Ehefrau ab
Rechtskraft der Scheidung bis zu ihrem Renteneintritt nachehelichen Unterhalt zu zahlen. Das
Amtsgericht schied die Ehe und führte den Versorgungsausgleich durch. Die durch den
Ehemann bezogene Rente bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder minderte
sich infolge des Versorgungsausgleichs. Zugleich zahlte er an seine geschiedene Ehefrau
nachehelichen Unterhalt. Die Ehefrau war ohne eigenes Einkommen und erfüllte die
Voraussetzungen für den Bezug einer Rente wegen Alters oder Erwerbsminderung noch nicht.
Das Amtsgericht setzte die Kürzung der Rente des Ehemanns bei der Versorgungsanstalt
(teilweise) ab Rechtskraft der Scheidung gemäß § 33 VersAusglG aus, da sich der Ehemann
verpflichtet habe, nachehelichen Unterhalt zu zahlen. Die Versorgungsanstalt erhob
Beschwerde, weil die Aussetzung der Kürzung einer Zusatzversorgung gesetzlich nicht
vorgesehen sei.
16
b) Das Oberlandesgericht setzte das Verfahren insoweit gemäß Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG, § 13
Nr. 11, § 80 Abs. 1 BVerfGG aus und legte dem Bundesverfassungsgericht die Frage zur
Entscheidung vor, ob § 32 VersAusglG verfassungswidrig ist. Der Senat halte die Beschränkung
der anpassungsfähigen Anrechte auf die in § 32 VersAusglG genannten Versorgungen für
unvereinbar mit Art. 14 Abs. 1 GG.
17
Das Bundesverfassungsgericht habe in seiner Entscheidung vom 28. Februar 1980 (BVerfGE
53, 257) den rechtskräftig vollzogenen Versorgungsausgleich nicht uneingeschränkt dem
Versicherungsprinzip mit gänzlich getrennten Versicherungsverhältnissen der Ehepartner
unterstellt, sondern die Folgewirkungen des grundsätzlich verfassungsgemäßen Eingriffs in die
Versorgungsanrechte des jeweils ausgleichspflichtigen Ehepartners am Grundgesetz
gemessen. Die Rechtfertigung des Versorgungsausgleichs nach Art. 6 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 2
GG entfalle hiernach, wenn einerseits beim Verpflichteten eine spürbare Kürzung der
Rentenansprüche erfolge, ohne dass sich andererseits der Erwerb eines selbständigen
Versicherungsschutzes angemessen für den Berechtigten auswirke. In einem solchen Fall
erbringe der Verpflichtete - unabhängig vom Fortbestehen seiner Leistungsfähigkeit nach der
Kürzung - ein Opfer, das nicht mehr dem Ausgleich zwischen den Ehepartnern diene, sondern
ausschließlich dem Rentenversicherungsträger, in der Sache der Solidargemeinschaft der
Versicherten, zugute komme. § 32 VersAusglG bleibe hinter den damals aufgestellten
Anforderungen zurück, indem er den Eigentumsschutz auf Versorgungsanrechte der
sogenannten Regelsicherungssysteme beschränke, und verletze damit Art. 14 Abs. 1 GG.
18
Die Beschränkung auf die Regelsicherungssysteme sei nicht damit zu rechtfertigen, dass es sich
dabei um die grundlegenden Säulen der Alterssicherung handele und den Zusatzversorgungen
eine vergleichbare existentielle Bedeutung nicht zukomme. Dieser Ansatz verkenne die
gestiegene Bedeutung der sekundären Altersversorgung für eine angemessene Versorgung.
Zudem habe das Bundesverfassungsgericht bei jeder spürbaren Kürzung der Rentenansprüche
eine angemessene Auswirkung beim Berechtigten verlangt.
19
Zweifelhaft erscheine die teilweise vertretene Ansicht, die Berechtigung der Beschränkung
könne aus der unterschiedlichen Struktur der auf Solidarität gründenden
Regelsicherungssysteme einerseits und der gewinnorientierten Systeme der privaten oder
betrieblichen Altersversorgung andererseits abgeleitet werden, denn im Hinblick auf Art. 14
Abs. 1 GG unterschieden sich Versorgungsanrechte aus unterschiedlichen Systemgruppen
nicht, so dass auch bei den zuletzt genannten Versorgungssystemen ein Opfer des
Verpflichteten nicht nur dem Versorgungsträger zugute kommen dürfe. Dies könne jedoch
offenbleiben, weil sich die Differenzierung nach öffentlich-rechtlich-solidarischen und
privatrechtlich-gewinnorientierten Versorgungssystemen jedenfalls für bei der
Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder bestehende Anrechte ohnehin als unzureichend
erweise, die zwar in einem privatrechtlichen Verhältnis zum Versicherten stehe, jedoch
öffentlich-rechtlich organisiert und nicht auf Gewinnerzielung ausgerichtet sei.
20
Dass die ausgleichsberechtigte Person ein eigenständiges Anrecht erhalte, rechtfertige es nicht,
die Rentenkürzung ohne Rücksicht auf die Fernwirkung beim ausgleichs- und
unterhaltspflichtigen Ehepartner vorzunehmen, denn das Versicherungsprinzip gelte nach der
Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nur mit den sich aus Art. 14 Abs. 1 GG
ergebenden Einschränkungen. Auch greife das versicherungsmathematische Argument, eine
Aussetzung der Rentenkürzung gefährde die Kostenneutralität der internen Teilung, nicht durch.
Eine Kostenneutralität bei interner Teilung könne für den Einzelfall schon deshalb nicht erreicht
werden, weil die Dauer des Rentenbezugs beider Ehepartner bei Durchführung der internen
Teilung nicht feststehe und ein Abweichen des tatsächlich erreichten Lebensalters beider
Ehepartner von den statistischen Annahmen zu einer Entlastung oder Mehrbelastung des
Versorgungsträgers führen könne. Dass es infolge des Verstoßes gegen das
Versicherungsprinzip zu einem Eingriff in das Eigentumsrecht der privaten Versorgungsträger
komme, sei auch nach alter Rechtslage nicht behauptet worden.
21
2. a) Im der Verfassungsbeschwerde zugrunde liegenden Verfahren hatte der Beschwerdeführer
aus der Pflichtversicherung bei der Zusatzversorgungskasse des Kommunalen
Versorgungsverbandes Baden-Württemberg eine unverfallbare Anwartschaft auf eine
Versorgungsrente erworben. Die Ehe des Beschwerdeführers wurde geschieden. Das
Amtsgericht führte den Versorgungsausgleich insoweit durch, indem es zu Lasten der
Anwartschaften des Beschwerdeführers bei der Zusatzversorgungskasse für die Ehefrau
Anwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung begründete. Die Ehefrau starb,
nachdem sie weniger als 36 Monate Leistungen aus der Altersversorgung bezogen hatte. Der
Beschwerdeführer beantragte gegenüber der Zusatzversorgungskasse die Aussetzung der
Kürzung seiner Betriebsrente. Dies wurde mit der Begründung abgelehnt, dass nach dem seit
1. September 2009 geltenden Recht eine Grundlage für die Abänderung einer betrieblichen
Altersversorgung nicht mehr gegeben sei. Die Klage des Beschwerdeführers, mit der er
begehrte, die Zusatzversorgungskasse zu verurteilen, die Kürzung seiner Betriebsrente zu
unterlassen, blieb vor dem Landgericht und vor dem Oberlandesgericht ohne Erfolg.
22
b) Der Beschwerdeführer rügt in seiner Verfassungsbeschwerde, mit der er unmittelbar das Urteil
des Landgerichts und das Urteil des Oberlandesgerichts sowie mittelbar § 32 VersAusglG
angreift, eine Verletzung von Art. 3 Abs. 1, Art. 6 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 GG.
23
Das Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG müsse in Verbindung mit dem Schutz aus
Art. 6 Abs. 1 GG gesehen werden, was bei gesetzlichen Differenzierungen zum Nachteil der
Familie auch nach einer erfolgten Scheidung zu beachten sei; der Gesetzgeber dürfe nicht außer
Acht lassen, dass Geschiedene in den bestehenden Alterssicherungssystemen benachteiligt
seien. Für die vorliegende Schlechterstellung von Personen, die eine Zusatzversorgung
erhielten, sei kein sachlicher Grund ersichtlich. Dies verstoße auch gegen Art. 14 Abs. 1 GG. Die
Rechtfertigung des mit dem Versorgungsausgleich bewirkten Eingriffs in das durch Art. 14 GG
geschützte Anrecht des Ausgleichspflichtigen entfalle, wenn der Ausgleichsberechtigte wegen
seines Todes nicht oder nicht lange genug Leistungen aus den übertragenen Anrechten
bezogen habe. Die Notwendigkeit eines Rückausgleichs bestehe hier in gleicher Weise wie bei
den gesetzlichen Regelsicherungssystemen. Dies betreffe angesichts der weiten Verbreitung
der betrieblichen und privaten Altersversorgung keine atypischen Fälle, die der Gesetzgeber
kraft seiner Gestaltungsfreiheit habe übergehen dürfen. Die Anrechte in der betrieblichen
Altersversorgung könnten oft höher und das „Opfer“ des Ausgleichspflichtigen damit im Sinne
der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts spürbarer sein als in der gesetzlichen
Rentenversicherung. Dem Einwand, private Versorgungsträger unterlägen keiner Drittwirkung
der Grundrechte und eine Rückabwicklung greife in ihre Eigentumsrechte ein, entgegnet der
Beschwerdeführer, Zusatzversorgungskassen des öffentlichen Dienstes fehle die
Grundrechtsfähigkeit. Das Argument treffe auch im Übrigen nicht zu, denn der Eigentumsschutz
der privaten Versorgungsträger gelte nicht uneingeschränkt. Zwischen dem Schutz der privaten
Versorgungsträger und der vom Bundesverfassungsgericht wegen Art. 14 Abs. 1 GG geforderten
Notwendigkeit einer Rückabwicklung sei abzuwägen. Hierbei überwiege das Interesse des
Ausgleichspflichtigen. Bei der Rückabwicklung wegen Todes des Ausgleichsberechtigten werde
der Versorgungsträger letztlich nicht anders behandelt, als wenn die Ehe nicht geschieden
worden wäre. In diesen Fällen spare der Versorgungsträger die Kosten einer zumeist
vorgesehenen Hinterbliebenenversorgung. An den verwaltungstechnischen Problemen einer
Rückabwicklung dürfe die Realisierung der verfassungsrechtlichen Vorgaben nicht scheitern.
Schließlich müssten die betriebliche und die private Vorsorge, die auch mit staatlicher
Unterstützung im Bereich der sozialen Sicherung einen immer größer werdenden
Verantwortungsbereich einnähmen, auch damit zusammenhängende Pflichten und Risiken in
einem so wichtigen Bereich wie dem Versorgungsausgleich tragen.
III.
24
Zu der Vorlage, zur Verfassungsbeschwerde oder zu beiden Verfahren haben die
Bundesregierung, der Bundesgerichtshof, die Arbeitsgemeinschaft für betriebliche
Altersversorgung e.V., der Deutsche Familiengerichtstag e.V., der Deutsche Juristinnenbund
e.V., die Arbeitsgemeinschaft kommunale und kirchliche Altersversorgung e.V. sowie die
Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder als Beteiligte des der Vorlage zugrunde
liegenden Ausgangsverfahrens Stellung genommen.
25
1. Die Bundesregierung hat keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen § 32 VersAusglG.
Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 28. Februar 1980 (BVerfGE 53, 257) sei
vor dem Hintergrund der Systematik des alten Rechts des Versorgungsausgleichs mit dem
Prinzip des Einmalausgleichs zu sehen, bei dem Anrechte, die nunmehr von der Anpassung
ausgenommen seien, nur Rechnungsposten im Rahmen der Gesamtsaldierung gewesen seien.
Durch die in § 32 VersAusglG normierte Freistellung dieser Versorgungsträger von den
Verfahren nach §§ 33 ff. VersAusglG seien die mit dem durch die Strukturreform eingeführten
Grundsatz des Einzelausgleichs aller Anrechte einhergehenden erheblichen Belastungen der
Träger der ergänzenden Vorsorge kompensiert worden. Deren Interesse, nicht mit zusätzlichen,
scheidungsbedingten Kosten belastet zu werden, sei für diese Systeme gesondert zu gewichten.
Dies gelte sowohl für den zusätzlichen Finanzierungsaufwand als auch für den mit den
nachträglichen Korrekturen verbundenen verwaltungstechnischen Mehraufwand. Auch vor dem
Hintergrund, dass in der gesetzlichen Rentenversicherung der Gedanke der Verantwortung und
des sozialen Ausgleichs einen besonderen Stellenwert habe, während private
Versorgungssysteme auf dem Versicherungsprinzip beruhten, sei die Ausnahme der Systeme
der ergänzenden Vorsorge von den Regelungen der §§ 33 ff. VersAusglG gerechtfertigt. Hierbei
habe der Gesetzgeber allein an den Charakter als Regelversorgung oder ergänzende
Versorgung anknüpfen dürfen und nicht nach der Rechtsform ihres Trägers differenzieren
müssen.
26
2. Der Bundesgerichtshof gibt seine Rechtsprechung wieder (Hinweis auf BGH, NJW 2013,
S. 226; BGH, FamRZ 2013, S. 852), auf deren Grundlage er weiterhin keine durchgreifenden
Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des § 32 VersAusglG habe.
27
Solche Versorgungen von der Anpassung auszunehmen, welche die Grundversorgung aus
einem Regelversicherungssystem lediglich ergänzten, stelle einen sachlichen
Differenzierungsgrund dar. Soweit der Vorlagebeschluss hingegen auf die gestiegene
Bedeutung der zusätzlichen Altersvorsorge rekurriere, bleibe es in erster Linie dem
Beurteilungsspielraum des Gesetzgebers überlassen, ob und gegebenenfalls welche
Konsequenzen er hieraus für die Notwendigkeit von Härteklauseln im Versorgungsausgleich
ziehen wolle.
28
Es liege in der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers, die Grenzen für die zeitweise Aussetzung
des Versorgungsausgleichs zu bestimmen und die Belange des Ausgleichspflichtigen mit denen
Dritter zu einem angemessenen Ausgleich zu bringen. Beim Ausgleich könnten auch das
Versicherungsprinzip und damit die Interessen der Versichertengemeinschaft in den Blick
genommen werden. Im Falle privatrechtlich organisierter Versorgungsträger stünden mögliche
grundrechtsrelevante Härten der ausgleichspflichtigen Person in einem Spannungsverhältnis zu
den Grundrechten des betroffenen Trägers. Zwar könnten sich öffentlich-rechtliche Träger nicht
gleichermaßen auf Grundrechte berufen wie private Träger. Jedoch seien die
Versicherungsverhältnisse zwischen den Arbeitnehmern, den Arbeitgebern und der
Zusatzversorgungseinrichtung allein dem privaten Versicherungsrecht zuzuordnen. Dieses
System beruhe wesentlich stärker auf dem Versicherungsprinzip und weit weniger auf dem
Gedanken der Solidarität und des sozialen Ausgleichs. Die Aussage des
Bundesverfassungsgerichts, dass in bestimmten Härtefällen der Ausgleichsverpflichtete ein
Sonderopfer erbringe, das der Solidargemeinschaft der Versicherten zugute komme, trage bei
Systemen der Privatversicherung nicht, die sich in ein versicherungsmathematisches
Äquivalenzverhältnis zwischen Beiträgen und Risikotragung fügten, da hier eine Begünstigung
des Versorgungsträgers oder der Versichertengemeinschaft nicht erfolgen könne. Die teilweise
angestellte Überlegung, dass der Versicherungsträger durch die Weiterzahlung der vollen Rente
an den Unterhaltsverpflichteten nicht schlechter gestellt werde als bei Fortbestehen der Ehe, sei
unzutreffend, weil der Versorgungsträger ohne die Scheidung kein zusätzliches
versicherungstechnisches Risiko aus dem durch die interne Teilung gebildeten Anrecht des
Ausgleichsberechtigten zu tragen hätte.
29
3. Als sachkundige Dritte haben die Arbeitsgemeinschaft für betriebliche Altersversorgung e.V.,
der Deutsche Familiengerichtstag e.V., der Deutsche Juristinnenbund e.V. und die
Arbeitsgemeinschaft kommunale und kirchliche Altersversorgung e.V. Stellung genommen.
30
a) Die Arbeitsgemeinschaft für betriebliche Altersversorgung e.V., die Arbeitsgemeinschaft
kommunale und kirchliche Altersversorgung e.V. und die Mehrheit der Mitglieder der
Versorgungsausgleichskommission des Deutschen Familiengerichtstags e.V. halten den hier
streitigen Ausschluss der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes von der Anpassung nach
Rechtskraft für verfassungsgemäß und folgen dabei in wesentlichen Teilen der Rechtsprechung
des Bundesgerichtshofs (BGH, NJW 2013, S. 226; BGH, FamRZ 2013, S. 852).
31
b) Die weiteren Mitglieder der Versorgungsausgleichskommission des Deutschen
Familiengerichtstags e.V. verweisen auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts
(BVerfGE 53, 257), die alle Versorgungen erfasse, weil bei allen Ausgleichsverpflichteten
verfassungswidrige Härten auftreten könnten. Deswegen verlange auch Art. 3 Abs. 1 GG eine
Einbeziehung der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes, zumal diese in den „alten“
Bundesländern eine Pflichtversicherung sei. Sie führe zu einer nicht unerheblichen Erhöhung
der Rente im Alter neben der gesetzlichen Rentenversicherung. Private Versorgungsträger
könnten mit einer Rückabwicklung verbundene Mehrkosten versicherungsmathematisch
kalkulieren. Der Bundesgerichtshof (Hinweis auf BGH, NJW 2013, S. 226; BGH, FamRZ 2013,
S. 852) überbewerte das Versicherungsprinzip und die Interessen der Träger der ergänzenden
Altersversorgung. Für sie seien die wirtschaftlichen Auswirkungen einer Anpassung nach §§ 33,
37 VersAusglG ohne wesentliche Bedeutung und zumutbar. Das Fehlen einer Härteregelung für
den Fall, dass die ausgleichsberechtigte Person vor ihrem Tod keinerlei Renten aus dem
übertragenen Anrecht bezogen habe, wirke sich für den Ausgleichsverpflichteten besonders
nachteilig aus.
32
c) Der Deutsche Juristinnenbund e.V. ist der Ansicht, § 32 VersAusglG verletze den allgemeinen
Gleichheitssatz in Verbindung mit Art. 14 und Art. 6 Abs. 1 GG, soweit die Versorgungssysteme
öffentlich-rechtlicher Zusatzversorgungsträger nicht einbezogen würden.
33
Der Versorgungsausgleich dürfe nicht zur Folge haben, dass gesetzliche Unterhaltsansprüche
des noch nicht versorgungsberechtigten Ehepartners gerade durch den Versorgungsausgleich
gekürzt würden. § 33 VersAusglG komme daher für die Verfassungsmäßigkeit des
Versorgungsausgleichs unter dem Aspekt der Eignung große Bedeutung zu, wobei das Recht
des Ausgleichsverpflichteten durch das Recht des Ausgleichsberechtigten aus Art. 6 Abs. 1 GG
zusätzlich verstärkt werde. Zu unbilligen Härten könne es außerdem kommen, wenn die
Existenzsicherung des ausgleichsverpflichteten Ehepartners aufgrund des
Versorgungsausgleichs im Alter trotz frühen Versterbens des ausgleichsberechtigten
Ehepartners ohne Anpassung unzureichend bliebe. Verfassungsrechtlich gefordert seien das
Bestehen einer entsprechenden Härtefallregel und ihre Wirksamkeit für die Sicherung des
Existenzminimums eines ausgleichspflichtigen Ehepartners im Alter.
34
Dem Gesetzgeber sei es grundsätzlich nicht verwehrt, zwischen der Altersgrundversorgung und
der Alterszusatzversorgung zu differenzieren. Die getroffene Unterscheidung sei jedoch nicht
sachgerecht. Zulässig wäre eine Differenzierung der Anrechte allenfalls danach, ob sie für die
Versorgung des überlebenden Ehepartners grundlegend sei oder ob nur zusätzliche
Versorgungsanteile betroffen seien. Eine regelhafte Ausnahme bestimmter Versorgungssysteme
setze jedoch voraus, dass diese nur in seltenen, atypischen Fällen der existenzsichernden
Grundversorgung dienten, wogegen statistisches Material spreche und wovon auch die
Gesetzentwurfsbegründung zur Strukturreform des Versorgungsausgleichs nicht ausgehe. Auch
die mit der durch die Härtefallregelung bedingten Erhöhung des Aufwands einhergehende
Beeinträchtigung der Funktions- und Leistungsfähigkeit der Versorgungssysteme vermöge die
Differenzierung nur schwer zu rechtfertigen. Im Rahmen einer dem Gesetzgeber nicht
verwehrten Differenzierung nach dem Verhältnis des für Anpassungen entstehenden Aufwands
zu demjenigen, der bei der Verwaltung der Anrechte im Übrigen entstehe, trügen die
vorliegenden Daten nicht die typisierende Annahme, dass Anrechte aus Zusatzversorgungen
des öffentlichen Dienstes immer zu geringfügig seien, um den Anpassungsaufwand zu
rechtfertigen. Ferner könnte der Gesetzgeber den Ehepartnern die Kosten in angemessenem
Umfang auferlegen, so dass ein milderes Mittel zur Herstellung eines angemessenen
Verhältnisses zwischen Aufwand und Ertrag zur Verfügung stehe als der pauschale Ausschluss
von der Anpassungsmöglichkeit.
35
4. Die Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder als Beteiligte des der Vorlage zugrunde
liegenden Ausgangsverfahrens führt aus, dass entgegen der Ansicht des vorlegenden Gerichts
die Ausnahme der Anrechte aus der Zusatzversorgungen des öffentlichen Dienstes von einer
Anpassung nach § 33 VersAusglG verfassungsgemäß sei. Der Gesetzgeber habe das
Versicherungsprinzip ebenso berücksichtigen dürfen wie die mit den Härtefallregelungen
verbundenen Mehrkosten für die Versorgungsträger (Hinweis auf BVerfGE 80, 297 <310 ff.>).
B.
36
Es ist mit dem Grundgesetz vereinbar, dass § 32 VersAusglG die Anwendung der
Anpassungsregelungen der §§ 33 und 37 VersAusglG auf Anrechte aus einer Zusatzversorgung
des öffentlichen Dienstes ausschließt.
I.
37
Dass Anrechte aus einer Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes nach § 32 VersAusglG von
der Anwendung der Anpassungsregelungen der §§ 33 und 37 VersAusglG ausgenommen sind,
verstößt nicht gegen Art. 14 GG.
38
1. Die nach § 32 VersAusglG von den Anpassungsregelungen ausgeschlossenen Anrechte aus
einer Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes sind durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützt.
Betriebsrenten und Anwartschaften auf Betriebsrenten weisen die konstituierenden Merkmale
des Eigentums im Sinne des Art. 14 Abs. 1 GG auf. Anwartschaften genießen den Schutz des
Art. 14 Abs. 1 GG, soweit sie unverfallbar sind; der Schutz des Art. 14 Abs. 1 GG reicht allerdings
nur so weit, wie Ansprüche bereits bestehen, verschafft diese selbst aber nicht und schützt
unverfallbare Anwartschaften nicht in einer konkreten Höhe (vgl. BVerfGE 131, 66 <80>). Weil
dem Wertausgleich bei Scheidung nur unverfallbare Anwartschaften unterliegen (vgl. § 19 Abs. 1
und Abs. 2 Nr. 1 VersAusglG), sind die vom Anpassungsausschluss nach § 32 VersAusglG
betroffenen Anrechte durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG geschützt.
39
2. Der Versorgungsausgleich führt zu Kürzungen dieser durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützten
Renten und Anwartschaften der ausgleichspflichtigen Person und zur Übertragung
entsprechender eigenständiger Anrechte auf die ausgleichsberechtigte Person. Die Regelungen
über den Versorgungsausgleich bestimmen damit in mit dem Grundgesetz grundsätzlich
vereinbarer Weise (grundlegend BVerfGE 53, 257 <295 ff.>) Inhalt und Schranken des
verfassungsrechtlichen
Eigentums an Renten und Versorgungsanwartschaften.
40
Der Versorgungsausgleich beruht nach den Erwägungen des Gesetzgebers sowohl auf dem
güterrechtlichen Prinzip der Vermögensteilung in Weiterentwicklung des Zugewinnausgleichs
als auch auf unterhaltsrechtlichen Überlegungen zur Realisierung und rechtlichen Umgestaltung
des Vorsorgeunterhalts. Die Unterhaltspflicht - im Regelfall des Ehemannes - erfasse nicht nur
den unmittelbaren Lebensbedarf, sondern auch die Alterssicherung der Ehefrau. Wenn der
Ehemann im Falle der Scheidung alle Anwartschaften für sich behalte, sei das eine teilweise
Rücknahme geleisteten Unterhalts (vgl. BTDrucks 7/4361, S. 18 f.). Der Gesetzgeber hat sich für
den Versorgungsausgleich entschieden, weil er für die oder den Berechtigten - im Regelfall die
Ehefrau - bei Scheidung eine eigenständige Alters- und Invaliditätssicherung begründen wollte
(vgl. BTDrucks 7/650, S. 155).
41
Der Gesetzgeber war zur Umsetzung dieser unterhaltsrechtlichen Überlegungen und des
güterrechtlichen Prinzips der Vermögensteilung im Versorgungsausgleich durch Art. 6 Abs. 1
und Art. 3 Abs. 2 GG legitimiert, weil zum Wesen der auf Dauer angelegten Ehe im Sinne des
Art. 6 Abs. 1 GG die gleiche Berechtigung beider Partner gehört, die auch nach Trennung und
Scheidung der Eheleute auf ihre Beziehungen hinsichtlich Unterhalt und Versorgung sowie auf
die Aufteilung des früher ihnen gemeinsam zustehenden Vermögens einwirkt (vgl. BVerfGE 53,
257 <296> m.w.N.).
42
3. Die Vereinbarkeit der Einbeziehung von Anrechten aus der Zusatzversorgung des öffentlichen
Dienstes in den Versorgungsausgleich mit dem Eigentumsgrundrecht hängt nicht davon ab,
dass eine Anpassungsregelung die Aussetzung der Kürzung für den Fall des sogenannten
Vorversterbens der ausgleichsberechtigten Person ermöglicht (vgl. § 37 VersAusglG).
43
Die verfassungsrechtliche Rechtfertigung der Halbteilung von Anrechten entfällt nicht deshalb,
weil bei der ausgleichspflichtigen Person eine spürbare Kürzung der Rentenansprüche erfolgt,
sich der Erwerb eines selbständigen Versicherungsschutzes für die ausgleichsberechtigte
Person jedoch wegen Vorversterbens nicht angemessen auswirkte und die Kürzung darum ihren
Zweck verfehlte (anders BVerfGE 53, 257 <303> zu Rentenanwartschaften aus den gesetzlichen
Rentenversicherungen; tendenziell wie hier bereits BVerfGE 80, 297 <308 f.>). Es ist kein Grund
dafür ersichtlich, dass die Aussetzung der Kürzung der Versorgung des Ausgleichspflichtigen
aus Anrechten in der Zusatzversorgung im Fall des Todes der ausgleichsberechtigten Person
verfassungsrechtlich geboten wäre.
44
a) Die Kürzung der Versorgung der ausgleichspflichtigen Person verfehlt nicht bereits dann ihren
Zweck, wenn die ausgleichsberechtigte Person aufgrund eines frühen Todes aus dem
übertragenen Anrecht geringere Versorgungsleistungen bezogen hat, als nach den statistischen
Lebenserwartungen zu erwarten gewesen wäre. Der Zweck der Kürzung des Anrechts der
ausgleichspflichtigen Person besteht darin, der ausgleichsberechtigten Person die Hälfte dieses
Anrechts und damit eine eigenständige Versorgung für die Dauer ihres Lebens zu verschaffen.
Mit der Begründung eines entsprechenden Anrechts zugunsten der ausgleichsberechtigten
Person, das nunmehr von dem Anrecht des Ausgleichspflichtigen getrennt und von dessen
Versicherungsbiografie unabhängig ist und sich stattdessen auf die Person und Lebenszeit des
Ausgleichsberechtigten als selbständiges Versicherungsrisiko bezieht, hat die Kürzung diesen
Zweck erfüllt. Darauf, ob die ausgleichsberechtigte Person aus dem im Versorgungsausgleich
erworbenen Anrecht im Einzelfall tatsächlich im statistisch erwartbaren Umfang eine Versorgung
bezieht, kommt es damit nicht mehr an.
45
b) Dass die teilungsbedingte Kürzung bei der ausgleichspflichtigen Person ihren Zweck
hingegen dann in verfassungsrechtlich mit Rücksicht auf das Eigentumsgrundrecht
anpassungsbedürftiger Weise verfehlte, wenn die ausgleichsberechtigte Person aus dem
übertragenen Anrecht wegen Vorversterbens keine Versorgung in einem bestimmten
Mindestumfang bezogen hat, kann angesichts der Konzeption der dem Versorgungsausgleich
unterliegenden Versorgungen (aa) und der näheren gesetzlichen Ausgestaltung der geteilten
Anrechte (bb) nicht angenommen werden.
46
aa) Die betroffenen Alters- und Invaliditätsversorgungssysteme verteilen individuelle Risiken des
Einzelnen auf eine Vielzahl von Versorgungsempfängern und folgen insofern dem
Versicherungsgedanken, auch wenn sie nicht notwendig als Versicherung im eigentlichen Sinn
ausgestaltet sind. Es liegt in der Natur der diesen Systemen entstammenden Anrechte, dass
deren Inhaber aufgrund individueller Entwicklungen ihrer persönlichen Lebensschicksale
verglichen mit dem statistisch erwartbaren Maß an Versorgungsleistungen entweder weniger
oder mehr erhalten. Weil die Versorgungssysteme der Alters- und Invaliditätsvorsorge wie der
Versicherungsschutz im Allgemeinen konzeptionell an einem ungewissen Ereignis ausgerichtet
sind, verfehlt die Alters- und Invaliditätsvorsorge ihren Zweck nicht dadurch, dass es im
konkreten Einzelfall zu keiner oder einer statistisch betrachtet geringeren Leistung kommt. Der -
insoweit freilich nicht durch das Grundgesetz vorgegebenen (s.u., 4.c), II.2.b),c) - Funktionsweise
eines Versicherungssystems entspricht es nicht, bestimmte Versicherungsnehmer einseitig vom
Risiko statistisch gesehen unterdurchschnittlicher Leistungen zu entlasten. Wenn es in einem
Fall zu keiner oder nur zu einer geringeren Leistung kommt, wird dies in einer Versicherung
vielmehr durch einen anderen Fall ausgeglichen, in dem überdurchschnittlich lang Leistungen
zu erbringen sind (vgl. BVerfGE 80, 297 <310>).
47
Nichts anderes folgt aus Art. 14 GG. Der eigentumsrechtliche Schutz der Anwartschaft aus der
Sozialversicherung sichert ein Stammrecht auf eine Rente, nicht aber die späteren tatsächlichen
Leistungen (vgl. BVerfGE 131, 66 <80>; s.o., 1.), weil sich die späteren konkreten
Rentenzahlungen nach der dann geltenden Gesetzeslage, nach dem Renteneintritt und der
Gesamtbezugszeit der Rente bestimmen. Sie sind zur Zeit der Aufteilung der Anwartschaften
durch den Versorgungsausgleich noch nicht bezifferbar.
48
bb) Nach Durchführung des Versorgungsausgleichs setzt sich das versicherungstypische Risiko
statistisch unterdurchschnittlicher Leistungen zwangsläufig in beiden Hälften des geteilten
Anrechts auf je eigene Weise fort. Erhält die ausgleichsberechtigte Person aufgrund ihres
konkreten Versicherungsverlaufs im statistischen Vergleich weniger Leistungen aus dem
übertragenen Anrecht, realisiert sich darin das typische Versicherungsrisiko allein der
ausgleichsberechtigten Person. Für die ausgleichspflichtige Person ist dies ohne Bedeutung.
Denn die im Versorgungsausgleich zwischen den Geschiedenen geteilten Versorgungsanrechte
sind ab der Teilung voneinander unabhängig. Während der Ehe steht jedes Anrecht einem
Ehepartner formal ungeteilt zu und folgt einem einheitlichen Versicherungsverlauf, der sich im
Wesentlichen am Inhaber des Anrechts ausrichtet. Durch den Versorgungsausgleich werden die
einzelnen ehezeitlich erworbenen Rechte zwischen den geschiedenen Ehegatten in zwei
Hälften geteilt, die den beiden je eigenen Versicherungsschutz vermitteln. Dabei entstehen zwei
selbständige Versicherungsverhältnisse, so dass die rentenrechtlichen Schicksale der
geschiedenen Ehegatten grundsätzlich unabhängig voneinander zu sehen sind (vgl. BVerfGE
80, 297 <312>).
49
Vor diesem Hintergrund ist es nicht als von Verfassungs wegen korrekturbedürftige
Zweckverfehlung des Versorgungsausgleichs anzusehen, wenn im Falle des sogenannten
Vorversterbens der von der ausgleichspflichtigen Person prinzipiell hinzunehmenden Kürzung
aufgrund des individuellen Versicherungsschicksals der ausgleichsberechtigten Person eine
betragsmäßig geringere Leistung an diese entspricht (vgl. BVerfGE 80, 297 <310>).
50
c) Die auf die Hälfte ihres zu Ehezeiten begründeten Anrechts verwiesene ausgleichspflichtige
Person erbringt auch nicht etwa ein Opfer, das im Einzelfall in Gestalt tatsächlich erbrachter
Versorgungsleistungen dem geschiedenen Ehegatten zugute kommen müsste, ansonsten aber
seine Rechtfertigung verlöre. Als Opfer ist die versorgungsausgleichbedingte Kürzung bei der
ausgleichspflichtigen Person deshalb nicht anzusehen, weil mit der Teilung lediglich die seit
Ehebeginn angelegte materielle Zuordnung der Anrechte auch rechtstechnisch nachvollzogen
wird. Der ausgleichspflichtigen Person wird rechtlich das Anrecht in der Höhe zugewiesen, in
der es ihr der Sache nach schon zuvor zustand. Die eigentumsrechtliche Position der
ausgleichspflichtigen Person war von vornherein durch die Ehe mitbestimmt und gebunden.
Zwar werden formal betrachtet beide Ehepartner alleinige Inhaber der jeweils aufgrund ihrer
Beiträge begründeten Versorgungsanrechte. Jedoch erwerben sie diese Anrechte während der
Ehezeit wirtschaftlich betrachtet nicht allein zu dem Zweck, ihr eigenes Auskommen zu sichern.
Bei Verheirateten sind die Anrechte vielmehr schon mit ihrem Erwerb auch dazu bestimmt, der
Mitversorgung des anderen Ehepartners zu dienen, sei es um aus ihnen nach Eintritt des
Versorgungsfalls bei Fortbestehen der Ehe den Familienunterhalt zu bestreiten oder um dem
anderen Ehepartner im Fall der Scheidung zu einer eigenständigen Versorgung zu verhelfen
oder diese aufzustocken. Die in der Durchführung des Versorgungsausgleichs liegende
Beschränkung erweist sich als rechtliche Realisierung der in dem grundrechtlich geschützten
Lebensverhältnis der Ehe angelegten Bindung (BVerfGE 53, 257 <299>).
51
d) Wenn es im Fall des Vorversterbens nicht zur Aussetzung der Kürzung bei der
ausgleichspflichtigen Person kommt, liegt darin auch keine Bereicherung der
Versichertengemeinschaft. Dies käme in Betracht, wenn die Regelungen über den
Versorgungsausgleich strukturell - und nicht bloß angesichts des individuellen
Versicherungsverlaufs im Einzelfall - dazu führten, dass die Geschiedenen in der Summe
weniger Leistungen erhielten als die anderen Versicherten. Es handelte sich dann um eine
strukturelle Bereicherung der Versichertengemeinschaft auf Kosten Geschiedener. Das ist
jedoch nicht der Fall.
52
aa) Sofern Leistungen nach dem Versorgungsausgleich nach versicherungsmathematischen
Grundsätzen bestimmt werden, kann eine strukturelle Benachteiligung der Geschiedenen zum
Vorteil der Versichertengemeinschaft ohnehin nicht eintreten. Hier erhalten beide Ehepartner
wertgleiche Anrechte, wobei der Ausgleichswert ermittelt wird, indem der hälftige Ehezeitanteil
der ausgleichspflichtigen Person anhand ihrer versicherungsmathematischen Barwertfaktoren in
einen Barwert oder Kapitalwert umgerechnet wird - aus denen dann unterschiedliche
Rentenbeträge resultieren können.
53
bb) Auch in den Systemen, die Leistungen nicht strikt nach versicherungsmathematischen
Grundsätzen bestimmen, stehen typische Vor- und Nachteile der vom Versorgungsausgleich
Betroffenen einerseits und der übrigen Versichertengemeinschaft andererseits auch ohne die
Anpassungsregeln in einem verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Verhältnis.
54
(1) Einerseits kann der Versorgungsausgleich - je nach konkretem Versicherungsverlauf - dazu
führen, dass der Versorgungsträger Leistungen einspart, die er beim Fortbestand der Ehe hätte
erbringen müssen: Ein Nachteil Geschiedener gegenüber Verheirateten in vergleichbarer
Situation kann dadurch eintreten, dass bei früherem Versorgungsleistungsbezug der
ausgleichspflichtigen Person bis zum Beginn des Versorgungsleistungsbezugs der
ausgleichsberechtigten Person dem Paar insgesamt nur aus der Hälfte des Anrechts eine
Versorgung zusteht, wohingegen bei Fortbestand der Ehe die ungeteilte Versorgung von
vornherein in voller Höhe zur Verfügung stünde. Ein weiterer Nachteil Geschiedener gegenüber
Verheirateten in vergleichbarer Situation kann dadurch eintreten, dass die ausgleichspflichtige
Person auch bei Vorversterben der ausgleichsberechtigten Person nur noch eine gekürzte Rente
bezieht, bei Fortbestand der Ehe hingegen weiterhin die volle Rente erhielte.
55
(2) Diesen denkbaren Nachteilen Geschiedener gegenüber Verheirateten in gleicher Lage
stehen andererseits Vorteile der Geschiedenen gegenüber, die aus der Verselbständigung des
Anrechts der ausgleichsberechtigten Person resultieren (vgl. BVerfGE 80, 297 <314 f.>; BGH,
NJW 2013, S. 226, 227 Rn. 15): Die ausgleichsberechtigte Person erhält in der Regel eine
eigenständige Invaliditätsversorgung (vgl. z.B. § 25 Nr. 1 Buchstabe b), § 33 Abs. 1 Satz 1 VBL-
Satzung). Zudem bleibt der ausgleichsberechtigten Person das ihr übertragene Anrecht auch im
Falle einer Wiederheirat, während jene, deren Ehepartner während bestehender Ehe verstorben
sind, Anspruch auf Witwen- beziehungsweise Witwerrente nur haben, solange sie nicht erneut
heiraten (vgl. § 38 Abs. 1 VBL-Satzung). Weiterhin können aus der eigenständigen Versorgung
der ausgleichsberechtigten Person Ansprüche ihres neuen Ehepartners auf Witwen- oder
Witwerrente oder Hinterbliebenenversorgung entstehen (vgl. etwa § 38 VBL-Satzung). Bezieht
schließlich die ausgleichsberechtigte Person vor der ausgleichspflichtigen Person Rente, erhält
sie bereits Leistungen aus ihrem Anteil an dem vormals der ausgleichspflichtigen Person
zustehenden Anrecht. Wäre sie mit der ausgleichspflichtigen Person noch verheiratet, würde bis
zu deren Renteneintritt keinerlei Rente gezahlt.
56
e) Die in § 37 VersAusglG getroffene Anpassungsregelung und deren Anwendung auf Anrechte
aus einer Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes mögen nach wie vor wünschenswert
erscheinen. Dieser Standpunkt findet im Sondervotum Ausdruck. Ein verfassungsrechtliches
Gebot folgt daraus indessen nicht. Die 1980 formulierte - freilich schon damals im Senat nicht
einhellige (vgl. BVerfGE 53, 297 <311>) - Position des Bundesverfassungsgerichts zur
Notwendigkeit einer entsprechenden Härteregel ist im historischen Urteilskontext zu sehen. Mit
dem zum damaligen Entscheidungszeitpunkt gerade erst eingeführten Versorgungsausgleich
hatte der Gesetzgeber eine neuartige Belastung für den ausgleichspflichtigen Ehepartner - in
aller Regel den Ehemann - geschaffen, die zum Teil auf starke Ablehnung stieß. Das zeigt nicht
zuletzt die Zahl der dem Urteil zugrunde liegenden Richtervorlagen. Der überwiegende Teil der
zum Urteilszeitpunkt bestehenden Versorgungsanrechte war durch die Ausgleichsverpflichteten
bereits vor Einführung des Versorgungsausgleichs und damit noch in der Erwartung erworben
worden, sie auch im Scheidungsfall in voller Höhe behalten zu können. Über diese „Altfälle“
hinaus stand die verfassungsrechtliche Rechtfertigung des Versorgungsausgleichs damals aber
auch grundsätzlich in Streit. Auch die Verfassungsmäßigkeit des mit der Einführung des
Versorgungsausgleichs zeitgleich und inhaltlich zusammenhängend reformierten
Scheidungsrechts mit dem Übergang vom Verschuldens- zum Zerrüttungsprinzip war umstritten.
Das Bundesverfassungsgericht ist den prinzipiellen Einwänden gegen diese grundlegende
Gesetzesreform verfassungsrechtlich entgegen getreten und hat mit zwei Urteilen vom selben
Tag sowohl das neue Scheidungsrecht (BVerfGE 53, 224) als auch den Versorgungsausgleich
(BVerfGE 53, 257) für verfassungsgemäß erklärt. Dass dabei Konstellationen benannt wurden, in
denen der Gesetzgeber Regelungen zur Abfederung des neuen Systems zu treffen habe, dürfte
die verfassungsrechtliche Bestätigung der grundlegenden Eherechtsreform im
Entscheidungszeitpunkt erleichtert haben. Zur Sicherung der Verfassungsmäßigkeit des
Versorgungsausgleichs sind Härteregelungen für die damals erörterten Fallgestaltungen, die
einen Ausgleich letztlich zulasten der Versichertengemeinschaften schaffen, jedenfalls heute
nicht geboten. Der Senat hat die verfassungsrechtliche Bedeutung der Härteregelung für den
Fall des Vorversterbens entsprechend bereits wenige Jahre später relativiert (vgl. BVerfGE 80,
297 <308 f.>) und hat stattdessen die auch heute vom Senat in Rechnung gestellten
Auswirkungen der versicherungstechnischen Eingliederung des ausgleichsverpflichteten
Ehegatten in die Gemeinschaft der Rentenversicherten (BVerfGE 80, 297 <310>) deutlicher
werden lassen.
57
4. Die Verfassungsmäßigkeit der Einbeziehung von Anrechten aus der Zusatzversorgung des
öffentlichen Dienstes in den Versorgungsausgleich hängt auch nicht davon ab, dass eine
Anpassungsregelung die Kürzung für den Fall ausschließt, dass die ausgleichspflichtige Person
trotz ihrer gekürzten Rente zu Unterhaltsleistungen an die ausgleichsberechtigte Person
verpflichtet ist (anders BVerfGE 53, 257 <304> zu Rentenanwartschaften aus den gesetzlichen
Rentenversicherungen). Die Anpassung wegen Unterhalt ist in § 33 VersAusglG geregelt, der
jedoch nach § 32 VersAusglG bei Anrechten in der Zusatzversorgung nicht zur Anwendung
kommt. Anrechte in der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes müssen indessen nicht von
Verfassungs wegen der Anpassung nach § 33 VersAusglG unterliegen.
58
a) Der Gedanke, die spürbare Kürzung bei der ausgleichspflichtigen Person müsse sich, um mit
Art. 14 Abs. 1 GG vereinbar zu sein, für die ausgleichsberechtigte Person angemessen
auswirken (vgl. BVerfGE 53, 257 <302>), trägt die Annahme eines solchen
Anpassungserfordernisses bereits deshalb nicht, weil die Wirkung der Teilung des Anrechts der
ausgleichspflichtigen Person hier unvermindert erhalten bleibt. Die ausgleichsberechtigte
Person erhält die ihr zustehenden Anteile an den Versorgungsanrechten und wird daraus nach
Eintritt des Versorgungsfalls die ihr zustehenden Versorgungsleistungen beziehen.
59
Bezieht die ausgleichspflichtige Person zu einem früheren Zeitpunkt eine Versorgung als die
ausgleichsberechtigte Person, ist die Rente der pflichtigen Person zwar bereits
versorgungsausgleichsbedingt gekürzt, bevor die berechtigte Person Leistungen aus dem ihr
übergegangenen Anrecht bezieht, so dass sich die Kürzung bei der verpflichteten Person
vorübergehend noch nicht in der Auszahlung von Versicherungsleistungen an die berechtigte
Person niederschlägt. Dies beruht jedoch wiederum auf der Verselbständigung der
Versorgungsanrechte, die infolge der ausgleichsbedingten Teilung je eigenständigen,
voneinander unabhängigen Versicherungsverläufen folgen. Anders als beim ungeteilten Anrecht
im Falle des Fortbestands der Ehe beginnen die Leistungen an die Geschiedenen aus den
geteilten Anrechten je nach Eintritt des Versicherungsfalls zu unterschiedlichen Zeitpunkten.
Dabei kann der Versicherungsfall - wie hier - bei der ausgleichspflichtigen Person eher als bei
der ausgleichsberechtigten Person eintreten, so dass die verpflichtete Person eine gekürzte
Rente bezieht, während die berechtigte Person aus ihrem Anrecht noch keine Leistungen
bezieht. Es kann aber auch umgekehrt der Versicherungsfall bei der ausgleichsberechtigten
Person früher als bei der pflichtigen Person eintreten, so dass die berechtigte Person aus ihrem
Anrecht bereits zu einem Zeitpunkt Leistungen erhält, zu dem bei Fortbestand der Ehe noch
keine Versicherungsleistungen erfolgt wären. Weder im einen noch im anderen Fall verfehlt die
Teilung der Anrechte ihren Zweck, der versorgungsausgleichsberechtigten Person ein
eigenständiges Versorgungsanrecht zu verschaffen.
60
b) Eine von Verfassungs wegen zur Anpassung zwingende Beeinträchtigung des Eigentums der
ausgleichspflichtigen Person besteht hier auch nicht deshalb, weil sie infolge des
Versorgungsausgleichs eine Kürzung ihrer Versorgungen hinnehmen muss und gleichzeitig
gegenüber der ausgleichsberechtigten Person zur Leistung von Unterhalt verpflichtet ist. Ist die
ausgleichspflichtige Person trotz ihrer gekürzten Rente zu Unterhaltsleistungen in der Lage und
verpflichtet, wird sie zwar durch das Zusammentreffen der Kürzung und der
Unterhaltsverpflichtung in ihrer Lebensführung weiter eingeschränkt, da sie den Unterhalt aus
insgesamt geringeren Einkünften bestreiten muss (vgl. BVerfGE 53, 257 <304>). Dies
unterscheidet sie jedoch nicht von sonstigen Unterhaltsverpflichteten, die trotz Minderung ihrer
Einkünfte, aber fortbestehender Leistungsfähigkeit zur Unterhaltszahlung verpflichtet bleiben.
Eine verfassungsrechtliche Garantie, infolge einer Scheidung keine spürbaren Einschränkungen
der Lebensführung hinnehmen zu müssen, besteht nicht. Der Senat hat ausgeführt, gegen den
Versorgungsausgleich bestünden selbst „dann keine grundsätzlichen Bedenken, wenn er beim
Verpflichteten zu einer Rente führt, die wegen ihrer geringen Höhe durch andere
Sozialleistungen ergänzt werden muss. Auch in diesen Fällen durfte der Gesetzgeber davon
ausgehen, dass das während der Dauer der Ehe Erworbene grundsätzlich beiden Ehegatten zu
gleichen Teilen zuzurechnen sei, dass mithin bei Scheidung sowohl der Zugewinn als auch die
für die Altersversorgung erbrachten Leistungen beiden Ehegatten in gleicher Weise zukommen“
(BVerfGE 53, 257 <298>).
61
Indessen schützt das geltende Unterhaltsrecht die ausgleichspflichtige Person insofern vor
Härten, als es die Leistungspflicht an deren Leistungsfähigkeit ausrichtet und dabei
insbesondere einen - über dem zur Existenzsicherung Notwendigen liegenden - Selbstbehalt
des Unterhaltsverpflichteten vorsieht (vgl. § 1581 BGB). Ein verfassungsrechtliches Erfordernis,
darüber hinausgehend die versorgungsausgleichsbedingte Kürzung der Versorgungsanrechte
auszusetzen, lässt sich aus Art. 14 GG nicht ableiten.
62
c) Dass die ausgleichsberechtigte Person vor ihrem eigenen Renteneintritt unter Umständen
infolge der Kürzung der Versorgung der ausgleichspflichtigen Person wegen § 1581 BGB
geringere Unterhaltsleistungen erhält als sie ohne den Versorgungsausgleich bezöge, führt zu
keiner anderen verfassungsrechtlichen Beurteilung.
63
aa) Eine Zweckverfehlung des Versorgungsausgleichs liegt darin nicht. Die durch den
Versorgungsausgleich erworbenen Versorgungsanrechte der ausgleichsberechtigten Person
bleiben unberührt; der Versorgungsausgleich erfüllt seinen Zweck, der berechtigten Person
hälftige Teilhabe an den während der Ehezeit erworbenen Versorgungsanrechten zu sichern.
64
Dass die ausgleichsberechtigte Person in dieser Konstellation weniger Unterhalt bezieht als sie
erhielte, wenn der Rentenanspruch der ausgleichspflichtigen Person dieser (zunächst) in
ungeteilter Höhe verbliebe, folgt vielmehr wiederum daraus, dass mit dem Versorgungsausgleich
jedes Anrecht in zwei von einander unabhängige Teile zwischen den Geschiedenen geteilt wird,
die dort ihren je eigenen Versicherungsverlauf nehmen. Aufgrund dieser Verselbständigungen
der Anrechte nach der Teilung setzen Leistungen an die ausgleichsberechtigte Person mitunter
später ein als an die ausgleichspflichtige Person. Damit können die bis zum Versorgungsfall der
berechtigten Person an diese zu erbringenden Unterhaltsleistungen infolge der Kürzung der
Versorgung der pflichtigen Person unterhaltsrechtlich verringert sein.
65
bb) Ein Anspruch der ausgleichsberechtigten Person, vor dem eigenen Erreichen des
Rentenalters ungeschmälerten Ehegattenunterhalt zu beziehen, wie er bei ungekürztem
Versorgungsbezug der ausgleichspflichtigen Person bestünde, lässt sich für diese Fälle aus der
Verfassung nicht ableiten. Die aus Art. 6 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 2 GG folgende Legitimation des
Versorgungsausgleichs (vgl. BVerfGE 53, 257 <296> m.w.N.) verleiht kein grundrechtlich
geschütztes Recht darauf, dass der Anspruch auf Ehegattenunterhalt trotz des
Versorgungsausgleichs der Höhe nach unvermindert bleibt.
66
Dass der Unterhaltsanspruch wegen der Kürzung der Versorgung der ausgleichspflichtigen
Person vermindert sein kann, ist eine mittelbare Folge des Versorgungsausgleichs, der zur
Halbteilung des Versorgungsanrechts und der Verselbständigung der beiden Hälften des
Anrechts führt. Obwohl dies angesichts der nach wie vor überwiegenden Aufteilung von
familienbezogener und berufsbezogener Tätigkeit zwischen den Ehepartnern mehr geschiedene
Frauen als Männer trifft, liegt darin kein Verstoß gegen das Grundrecht auf Gleichberechtigung
von Männern und Frauen (Art. 3 Abs. 2 Satz 1 GG) oder gegen den verfassungsrechtlichen
Auftrag, die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern zu
fördern und auf die Beseitigung bestehender Nachteile hinzuwirken (Art. 3 Abs. 2 Satz 2 GG).
Vielmehr hat der Gesetzgeber mit der Halbteilung der Anrechte gerade der damals wie heute in
größerem Umfang für die Familienarbeit aufkommenden Ehefrau nach der Scheidung eine
eigenständige Versorgung sichern und der verfassungsrechtlichen Gewährleistung der gleichen
Berechtigung beider Partner Rechnung tragen wollen, wonach in der Ehe Erwirtschaftetes
grundsätzlich beiden Ehegatten gleichermaßen zusteht (s.o., A.I.1.). Weil die Geschiedenen
damit aufgrund des Versorgungsausgleichs im Unterschied zur früheren Rechtslage über eigene
und hinsichtlich der Ehezeit gleiche Versorgungspositionen verfügen, konnte der Gesetzgeber
die Versorgungsschicksale der Geschiedenen voneinander entkoppeln. Dass sich dadurch im
Einzelfall die unterhaltsrechtliche Leistungsfähigkeit der ausgleichspflichtigen Person zu-
ungunsten der unterhaltsberechtigten Person vermindert, nimmt dem Versorgungsausgleich
nicht den im Gleichberechtigungsgedanken wurzelnden Teilhabecharakter. Freilich ist es ein
legitimes Ziel des § 33 VersAusglG, die ausgleichsberechtigte Person in solchen Fällen vor
einer Verminderung des Unterhalts zu schützen (s.u., II.2.c).
67
cc) Indem in dieser Konstellation bei Anrechten aus der Zusatzversorgung des öffentlichen
Dienstes generell keine Anpassung erfolgt, wird auch nicht die Versichertengemeinschaft
zulasten geschiedener Ehegatten bessergestellt. Vielmehr würde umgekehrt die
Versichertengemeinschaft durch eine Anpassungsregelung mit einer Besserstellung
geschiedener Ehegatten belastet, die nicht kostenneutral gestaltet werden könnte und der Sache
nach eine versicherungsfremde Sozialleistung des Trägers der Rentenversicherung an
geschiedene Ehegatten darstellte (vgl. BGH, NJW 2013, S. 226, 227 Rn. 15).
68
Daraus folgt indessen nicht umgekehrt, dass eine Aussetzung der Kürzung der Versorgung der
ausgleichspflichtigen Person in diesen Fällen von Verfassungs wegen unterbleiben müsste. Das
soziale Gestaltungsziel des Gesetzgebers, versorgungsausgleichsbedingte Unterhaltseinbußen
der versorgungsausgleichsberechtigten Person zu vermeiden, ist aus verfassungsrechtlicher
Sicht ein legitimes Ziel der in § 33 VersAusglG getroffenen Anpassungsregelung, das eine
Erstreckung dieser Regelung auf Anrechte aus der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes
grundsätzlich tragen könnte. Insbesondere stünde einer Erstreckung nicht „das
Versicherungsprinzip“ - hier verstanden als Grundsatz der Verschonung der Versicherungen von
versicherungsfremden Leistungen - entgegen, weil dies kein eigenständiges Verfassungsprinzip
ist und weil die entgegenstehenden Interessen des Versorgungsträgers und der
Versichertengemeinschaft für den Gesetzgeber nicht von vornherein unüberwindbar sind. Die
der Anpassung entgegenstehenden Interessen des Versorgungsträgers und der
Versichertengemeinschaft sind der dem Gesetzgeber obliegenden gerechten Abwägung mit den
Interessen Geschiedener, insbesondere der auf Unterhalt angewiesenen
versorgungsausgleichsberechtigten Personen, zugänglich.
II.
69
Dass Anrechte in der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes nach § 32 VersAusglG von
der Anpassung nach §§ 33, 37 VersAusglG ausgeschlossen sind, verstößt nicht gegen Art. 3
Abs. 1 GG.
70
1. Der allgemeine Gleichheitssatz gebietet dem Normgeber, wesentlich Gleiches gleich und
wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln (vgl. BVerfGE 98, 365 <385>; stRspr).
Differenzierungen bedürfen der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Differenzierungsziel
und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind (vgl. BVerfGE 130, 240 <254>;
132, 72 <81>; stRspr). Strengere Anforderungen an den Sachgrund können sich insbesondere
aus den jeweils betroffenen Freiheitsrechten (vgl. BVerfGE 129, 49 <69>; 130, 240 <254>;
stRspr) oder aus einer Nähe der gesetzlichen Differenzierungsmerkmale zu den in Art. 3 Abs. 3
GG genannten Tatbestandsmerkmalen (vgl. BVerfGE 129, 49 <69>; 130, 240 <254>; stRspr)
ergeben.
71
Bei der Entscheidung, welche Versorgungsanrechte den Anpassungsregelungen der §§ 33, 37
VersAusglG unterliegen sollen und welche nicht, kommt dem Gesetzgeber ein
Gestaltungsspielraum zu. An die vom Gesetzgeber mit dem Ausschluss der Zusatzversorgungen
des öffentlichen Dienstes von den Anpassungsregeln (§§ 33, 37 VersAusglG) verfolgten
Sachgründe sind keine besonders strengen Anforderungen zu stellen, weil der Ausschluss der
Anpassungsmöglichkeit in diesen Fällen Art. 14 Abs. 1 GG nicht beeinträchtigt (s.o., I.) und weil
die in § 32 VersAusglG getroffene Differenzierung nach der Art des Versorgungsträgers erfolgt,
nicht aber nach persönlichen oder sonstigen Merkmalen, deren Verwendung ähnlich wie die in
Art. 3 Abs. 3 GG genannten Merkmale die Gefahr der Diskriminierung einer Minderheit
begründen könnte.
72
2. Dass Anrechte in der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes nach § 32 VersAusglG von
den Anpassungsregeln der §§ 33, 37 VersAusglG ausgeschlossen sind, beruht auf einem
hinreichenden Sachgrund.
73
a) Kein hinreichender Sachgrund für die in § 32 VersAusglG getroffene Differenzierung sind
allerdings die Organisations- und Handlungsformen der Versorgungsträger und die damit
möglicherweise verbundenen Unterschiede hinsichtlich ihrer Grundrechtsberechtigung. Dies
scheidet hier schon deshalb aus, weil das Gesetz dieser Unterscheidung nicht folgt. Zwar nennt
§ 32 VersAusglG nur öffentlich-rechtliche Versorgungsträger (vgl. BTDrucks 16/10144, S. 71 f.).
Jedoch nimmt § 32 VersAusglG auch solche Zusatzversorgungen von der Anpassungspflicht
aus, deren Träger ebenfalls in öffentlich-rechtlicher Rechtsform errichtet sind (wie etwa die
Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder und die Zusatzversorgungskasse des
Kommunalen Versorgungsverbandes Baden-Württemberg), wie auch solche, bei denen
überdies das Verhältnis zu den Versicherten öffentlich-rechtlich ausgestaltet ist
(Schornsteinfegerversorgung - vgl. §§ 27, 39 des Gesetzes über das Berufsrecht und die
Versorgung im Schornsteinfegerhandwerk ; Zusatzversorgung
in der Land- und Forstwirtschaft - vgl. §§ 1, 10 des Gesetzes über die Errichtung einer
Zusatzversorgungskasse für Arbeitnehmer in der Land- und Forstwirtschaft
1974 S. 1660>; Seemannskasse - vgl. §§ 137a ff. SGB VI). Im Übrigen stünde die
Grundrechtsberechtigung privatrechtlich organisierter und handelnder Versorgungsträger einer
Anpassungspflicht nicht zwangsläufig entgegen.
74
b) Die durch § 32 VersAusglG getroffene Unterscheidung ist auch nicht deshalb gerechtfertigt,
weil (nur) die von der Anpassungspflicht ausgenommenen Versorgungsträger nach „dem
Versicherungsprinzip“ - hier verstanden im Sinne versicherungsmathematisch kalkulierender
Beitrags- und Leistungsbemessung - handelten (vgl. aber BTDrucks 16/10144, S. 71). Inwieweit
die in § 32 VersAusglG vorgenommene Differenzierung tatsächlich dem Kriterium der
Verwendung dieses Kalkulationsprinzips folgt, kann dahinstehen. Dass ein Versorgungsträger
nach dieser Methode vorgeht, ist jedenfalls für sich genommen kein Grund dafür, ihn von der
Anpassungspflicht auszunehmen. Auch gesetzlich auferlegte versicherungsfremde Leistungen
in Gestalt der Anpassungspflichten nach §§ 33, 37 VersAusglG könnten - jedenfalls für die
Zukunft - versicherungsmathematisch bewertet und bei der Bemessung von Beiträgen und
Leistungen berücksichtigt werden.
75
c) Die Unterscheidung ist vielmehr Ausdruck der legitimen versorgungspolitischen
Gestaltungsentscheidung des Gesetzgebers, die Alters- und Invaliditätsversorgung auf eine
stärker sozial geprägte Regelversorgung einerseits und auf eine stärker ökonomisch auf
Kostenvermeidung bedachte Zusatzversorgung andererseits zu stützen.
76
Der Gesetzgeber hat die in § 32 VersAusglG genannten Versorgungen als
„Regelsicherungssysteme“ bezeichnet und mit den in §§ 33 ff. VersAusglG getroffenen
Anpassungsregelungen durch Elemente wechselseitiger Lastentragung ausgestaltet. Die
verbleibenden Versorgungen hat er als „ergänzende Altersversorgung“ bezeichnet und von den
Kosten der Anpassungsvorschriften frei gehalten (vgl. BTDrucks 16/10144, S. 71). Die
Entscheidung für die systematische Herausbildung einer stärker durch Solidarelemente
geprägten Regelversorgung einerseits und einer stärker ökonomisch orientierten
Zusatzversorgung andererseits ist verfassungsrechtlich legitim, ohne dass es darauf ankäme, ob
in jedem einzelnen Fall die von § 32 VersAusglG erfasste Versorgung tatsächlich den
Hauptanteil in der individuellen Kombination von Versorgungsanrechten der Betroffenen bildet.
Dass der Gesetzgeber verschiedene Versorgungssysteme in unterschiedlichem Maße dem
Gedanken der wechselseitigen Verantwortung und des sozialen Ausgleichs einerseits und dem
der Kostenvermeidung andererseits unterwirft, begegnet keinen grundsätzlichen
verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl. BVerfGE 122, 151 <182> m.w.N.).
77
§ 32 VersAusglG füllt die gesetzgeberische Unterscheidung zwischen Regel- und
Zusatzversorgungssystemen für den Versorgungsausgleich inhaltlich in nachvollziehbarer
Weise aus. Indem er auf der einen Seite die Anpassungsvorschriften in den sogenannten
Regelversorgungssystemen zur Anwendung bringt, werden Geschiedene im Rahmen der
Hauptversorgung durch wechselseitige Lastentragung gegen die Nachteile individuell
ungünstiger Versicherungsverläufe der in §§ 33, 37 VersAusglG geregelten Art gesichert. Indem
der Gesetzgeber auf der anderen Seite die Anpassungsvorschriften in den
Zusatzversorgungssystemen nicht zur Anwendung bringt, werden dort zusätzliche Kosten
vermieden, die aus den Anpassungsleistungen sowie dem mit nachträglichen Anpassungen
verbundenen zusätzlichen Verwaltungsaufwand resultieren. Diese differenzierende
Ausgestaltung ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Sie liegt im Gestaltungsspielraum,
den Art. 3 Abs. 1 GG dem Gesetzgeber lässt.
C.
78
Diese Entscheidung ist mit 7:1 Stimmen ergangen.
Kirchhof
Gaier
Eichberger
Schluckebier
Masing
Paulus
Baer
Britz