Urteil des BVerfG vom 03.06.2014

BVerfG: rentner, bemessung der beiträge, beitragssatz, anpassung, arbeiter, eintritt des versicherungsfalls, altersrente, reform, verfassungsbeschwerde, daten

BUNDESVERFASSUNGSGERICHT
- 1 BvR 79/09 -
- 1 BvR 1235/09 -
- 1 BvR 1298/09 -
- 1 BvR 1701/09 -
- 1 BvR 3148/10 -
In den Verfahren
über
die Verfassungsbeschwerden
I. der Frau C…,
- Bevollmächtigte:
Rechtsanwälte Bernhard Striegel und Kollegen,
Königsplatz 59, 34117 Kassel -
1. unmittelbar gegen
a) das Urteil des Bundessozialgerichts vom 13. November 2008 - B 13 R
13/08 R -,
b) das Urteil des Sozialgerichts Braunschweig vom 7. Dezember 2007 - S
29 R 745/05 -,
c) den Widerspruchsbescheid der Deutschen Rentenversicherung Bund
vom 23. November 2005 - 69 030640 H 512 BKZ 4699 SG -,
d) den undatierten Bescheid der Deutschen Rentenversicherung Bund - 970
069030640H512 11 -,
2. mittelbar gegen
§ 69 Abs. 1 in Verbindung mit §§ 68, 255e und 255f SGB VI und der
Verordnung zur Bestimmung der Rentenwerte in der gesetzlichen
Rentenversicherung und in der Alterssicherung der Landwirte zum 1. Juli
2005 (Rentenwertbestimmungsverordnung 2005 - RWBestV 2005) vom 6.
Juni 2005
- 1 BvR 79/09 -,
II. der Frau S…,
- Bevollmächtigte:
Rechtsanwälte Bernhard Striegel und Kollegen,
Königsplatz 59, 34117 Kassel -
1. unmittelbar gegen
a) das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 19. Februar 2009 - S 11 R
2571/05 -,
b) den Widerspruchsbescheid der Bundesversicherungsanstalt für
Angestellte vom 31. August 2005 - 59 270840 M 504 SG -,
c) den undatierten Bescheid der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte
vom Juni 2005 – 970 59270840M504 11 -,
2. mittelbar gegen
§ 241a Abs. 1 Satz 1 SGB V in der bis zum 31. Dezember 2008 gültigen
Fassung, § 69 Abs. 1 SGB VI in Verbindung mit §§ 68, 255e und 255f
SGB VI und der Verordnung zur Bestimmung der Rentenwerte in der
gesetzlichen Rentenversicherung und in der Alterssicherung der
Landwirte zum 1. Juli 2005 (Rentenwertbestimmungsverordnung 2005 –
RWBestV 2005) vom 6. Juni 2005
- 1 BvR 1235/09 -,
III. des Herrn L…,
- Bevollmächtigte:
Rechtsanwälte Bernhard Striegel und Kollegen,
Königsplatz 59, 34117 Kassel -
I. unmittelbar gegen
a) das Urteil des Bundessozialgerichts vom 21. Januar 2009 - B 12 R 11/06
R -,
b) das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 19. Mai 2006 - S 2 RA 2232/04 -
,
c) den Widerspruchsbescheid der Bundesversicherungsanstalt für
Angestellte vom 23. August 2005 - 53 310530 L 011 BKZ 4870 SG -,
d) den undatierten Bescheid der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte
vom Juni 2005 – 970 53310530L011 11 -,
e) den Widerspruchsbescheid der Bundesversicherungsanstalt für
Angestellte vom 1. Oktober 2004 - 53 310530 L 011 BKZ 4870 SG -,
f) den Bescheid der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte vom 8.
März 2004 - 53 310530 L 011 -,
2. mittelbar gegen
§ 247 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 241 Abs. 1, § 243 SGB V, § 241a
Abs. 1 Satz 1 SGB V in der bis zum 31. Dezember 2008 gültigen
Fassung, § 69 Abs. 1 in Verbindung mit §§ 68, 255e und 255f SGB VI und
der Verordnung zur Bestimmung der Rentenwerte in der gesetzlichen
Rentenversicherung und in der Alterssicherung der Landwirte zum 1. Juli
2005 (Rentenwertbestimmungsverordnung 2005 – RWBestV 2005) vom
6. Juni 2005
- 1 BvR 1298/09 -,
IV. des Herrn Dr. T…,
- Bevollmächtigte:
Rechtsanwälte Bernhard Striegel und Kollegen,
Königsplatz 59, 34117 Kassel -
1. unmittelbar gegen
a) das Urteil des Bundessozialgerichts vom 21. Januar 2009 - B 12 R 1/07 R
-,
b) das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 28. Februar 2007 - S 14
R 299/05 -,
c) den Widerspruchsbescheid der Bundesversicherungsanstalt für
Angestellte vom 26. August 2005 - 51 190138 T 002 SG -,
d) den undatierten Bescheid der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte
vom Juni 2005 – 970 51190138T002 11 -,
2. mittelbar gegen
§ 247 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 241a Abs. 1 Satz 1 SGB V in der
bis zum 31. Dezember 208 gültigen Fassung, § 69 Abs. 1 SGB VI in
Verbindung mit §§ 68, 255e und 255f SGB VI und der Verordnung zur
Bestimmung der Rentenwerte in der gesetzlichen Rentenversicherung
und in der Alterssicherung der Landwirte zum 1. Juli 2005
(Rentenwertbestimmungsverordnung 2005 - RWBestV 2005) vom 6. Juni
2005
- 1 BvR 1701/09 -,
V. der Frau T…,
- Bevollmächtigte:
Rechtsanwälte Bernhard Striegel und Kollegen,
Königsplatz 59, 34117 Kassel -
1. unmittelbar gegen
a) den Beschluss des Bundessozialgerichts vom 28. Oktober 2010 - B 13 R
229/10 B -,
b) das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 16. Juni
2010 - L 2 R 45/10 -,
c) den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Lüneburg vom 15. Dezember
2009 - S 1 R 482/07 -,
d) den Widerspruchsbescheid der Deutschen Rentenversicherung Bund
vom 17. September 2007 - 50 290455 T 509 SG -,
e) den undatierten Bescheid der Deutschen Rentenversicherung Bund vom
Juni 2007,
2. mittelbar gegen
§ 69 Abs. 1 in Verbindung mit §§ 68, 255e, 255f und 255g SGB VI und der
Verordnung zur Bestimmung der Rentenwerte in der gesetzlichen
Rentenversicherung und in der Alterssicherung der Landwirte zum 1. Juli
2007 (Rentenwertbestimmungsverordnung 2007 - RWBestV 2007) vom
14. Juni 2007
- 1 BvR 3148/10 -
hat die 3. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch
den Vizepräsidenten Kirchhof,
den Richter Masing
und die Richterin Baer
gemäß § 93b in Verbindung mit § 93a BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 11.
August 1993 (BGBl I S. 1473) am 3. Juni 2014 einstimmig beschlossen:
Die Verfassungsbeschwerden werden nicht zur Entscheidung angenommen.
Gründe:
A.
1
Schwerpunkt der Verfassungsbeschwerden ist das Recht der gesetzlichen Rentenversicherung.
Konkret geht es um die Fortschreibung des aktuellen Rentenwerts zum 1. Juli 2005
beziehungsweise zum 1. Juli 2007, aber auch um Fragen der Bemessung und Tragung der
Beiträge zur Krankenversicherung der Rentner.
I.
2
1. Die deutsche gesetzliche Rentenversicherung in ihrer gegenwärtigen Gestalt geht auf die
1957 erfolgte Neugestaltung des Rentenversicherungssystems zurück, deren grundlegende
Neuerung die Einführung der umlagefinanzierten dynamischen Rente war, wobei die Anpassung
für Zugangs- und Bestandsrenten getrennt erfolgte, aber mit gleichem Ergebnis. Die Renten
sollten nicht mehr Zuschuss zum Lebensunterhalt, sondern, auf der Grundlage des
beitragspflichtigen Lebensdurchschnittsentgelts berechnet, Lohnersatzleistung sein und den
Lebensstandard angemessen sichern (vgl. Ruland, in: Gemeinschaftskommentar zum
Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Rentenversicherung , vor §§ 63 ff. Rn. 20 ff.
2007>).
3
Zur Bestimmung der konkreten Höhe der Rentenleistungen wurde in periodischen Abständen
die Entwicklung der Löhne und Gehälter abgebildet. Letztere fand über den Berechnungsfaktor
der allgemeinen Bemessungsgrundlage in die Bestimmung der Höhe der Renten Eingang. Die
allgemeine Bemessungsgrundlage entsprach dem durchschnittlichen Bruttojahresarbeitsentgelt
aller Versicherten der Rentenversicherungen der Angestellten und der Arbeiter ohne Lehrlinge
und Anlernlinge im Mittel der letzten drei Jahre. Durch dieses Verfahren verblieben die
Rentenleistungen nicht länger statisch, sondern entwickelten sich dynamisch, parallel zur
Einkommensentwicklung der versicherten Mitglieder der gesetzlichen Rentenversicherung. Die
allgemeine Bemessungsgrundlage wurde jährlich neu durch Rechtsvorschrift festgelegt (vgl.
BVerfGK 11, 465 <466>).
4
Allerdings hatte der Gesetzgeber schon früh Rentenanpassungen auch hinausgeschoben (1978,
1983), von der tatsächlichen Entgeltentwicklung abweichende, relativ niedrige Anpassungssätze
festgesetzt (1979, 1980, 1981) oder den Fortschreibungsmodus für die allgemeine
Bemessungsgrundlage geändert (1984). Er hatte zudem 1984 in das Rentenversicherungsrecht
einen programmatischen Grundsatz eingefügt, demzufolge bei der Rentenanpassung von einer
gleichgewichtigen Entwicklung der Renten und verfügbaren Arbeitsentgelte ausgegangen
werden soll (vgl. Ruland, in: GK-SGB VI, Stand Nov. 2007, vor §§ 63 ff. Rn. 25; zur konkreten
Entwicklung der allgemeinen Bemessungsgrundlage vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des
Ersten Senats vom 26. Juli 2007 - 1 BvR 824/03, 1 BvR 1247/07 -, juris, Rn. 5).
5
2. Durch das Gesetz zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung (Rentenreformgesetz
1992 - RRG 1992) vom 18. Dezember 1989 (BGBl I S. 2261) wurde das
Rentenversicherungsrecht als Sechstes Buch in das Sozialgesetzbuch inkorporiert. Dabei wurde
die Rentenberechnung zwar völlig neu geregelt, die Grundprinzipien der mit der Rentenreform
1957 eingeführten Berechnung wurden aber im Wesentlichen beibehalten (vgl. Polster, in:
Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, Vorbemerkungen zu §§ 63 - 88 SGB VI Rn. 1
). An die Stelle der allgemeinen Bemessungsgrundlage trat der aktuelle Rentenwert,
dem nunmehr die Aufgabe zukommt, das durchschnittliche Bruttoarbeitsentgelt der Versicherten
abzubilden. Er knüpfte an den Wert der fortgeschriebenen allgemeinen Bemessungsgrundlage
zum 31. Dezember 1991 an. Anders als bei der allgemeinen Bemessungsgrundlage jedoch
erfolgte beim aktuellen Rentenwert bis 1. Juli 1999 eine Nettofortschreibung unter
Berücksichtigung der Belastungsveränderungen bei Bruttoarbeitsentgelten und Renten (vgl.
BVerfGK 11, 465 <466>; zur konkreten Entwicklung des aktuellen Rentenwerts in den alten
Bundesländern nach Inkrafttreten des SGB VI vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten
Senats vom 26. Juli 2007 - 1 BvR 824/03, 1 BvR 1247/07 -, juris, Rn. 7).
6
3. Um den wegen der Bevölkerungsentwicklung zu erwartenden Anstieg des Beitragssatzes
weiter abzumildern, sollte mit dem Gesetz zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung
(Rentenreformgesetz 1999 - RRG 1999) vom 16. Dezember 1997 (BGBl I S. 2998) ein
„demografischer Faktor“ in die Formel zur Fortschreibung des aktuellen Rentenwerts eingefügt
werden. Dadurch sollten angesichts der weiter steigenden Lebenserwartung die Mehrausgaben
infolge längerer Rentenlaufzeiten durch eine niedrigere Anpassung zum Teil wieder
ausgeglichen und auf Beitragszahler und Rentner verteilt werden. Noch bevor er das erste Mal
zur Anwendung kam, wurde er jedoch mit dem Gesetz zu Korrekturen in der Sozialversicherung
und zur Sicherung der Arbeitnehmerrechte vom 19. Dezember 1998 (BGBl I S. 3843) zunächst
bis Ende 2000 ausgesetzt, um Zeit für eine Neuregelung zu gewinnen (vgl. Ruland, in: GK-SGB
VI, Stand Nov. 2007, vor §§ 63 Rn. 29).
7
Nachdem mit dem Gesetz zur Sanierung des Bundeshaushalts (Haushaltssanierungsgesetz -
HSanG) vom 22. Dezember 1999 (BGBl I S. 2534) die Anpassung für das Jahr 2000 an die
Inflationsrate gebunden worden war, kam es mit den Gesetzen zur Ergänzung des Gesetzes zur
Reform der gesetzlichen Rentenversicherung und zur Förderung eines kapitalgedeckten
Altersvorsorgevermögens (Altersvermögensergänzungsgesetz - AVmEG) vom 21. März 2001
(BGBl I S. 403) und zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung und zur Förderung eines
kapitalgedeckten Altersvorsorgevermögens (Altersvermögensgesetz - AVmG) vom 26. Juni 2001
(BGBl I S. 1310) erneut zu einer Rentenreform. Danach ergab sich die Veränderung des
aktuellen Rentenwerts nunmehr unter Berücksichtigung der Faktoren der Veränderung der
Bruttolohn- und -gehaltssumme je durchschnittlich beschäftigten Arbeitnehmer und des
Beitragssatzes zur Rentenversicherung der Arbeiter und der Angestellten. Zudem sollte -
unabhängig vom Umfang der tatsächlich geleisteten Beiträge - der Anstieg des sogenannten
Altersvorsorgeanteils für die geförderte freiwillige private Alterssicherung von 0 auf 4 %
dämpfend auf die Rentenanpassung einwirken. Rentenrechtlich sollte der Altersvorsorgeanteil
von 2002 an mit jährlich 0,5 % des Einkommens in Schritten von einem halben Prozentpunkt bis
2009 auf 4 % anwachsen. Dieser Anstieg sollte bei der Rentenanpassung um ein Jahr verzögert
erstmals im Jahre 2003 und letztmals im Jahre 2010 berücksichtigt werden (vgl. BTDrucks
14/4595, S. 47, 56 f.).
8
Angesichts der anhaltend schlechten Wirtschaftsentwicklung beschloss der Gesetzgeber mit
dem Zweiten Gesetz zur Änderung des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch und anderer
Gesetze vom 27. Dezember 2003 (BGBl I S. 3013) sodann, die Fortschreibung des aktuellen
Rentenwerts im Jahr 2004 auszusetzen, die Schwankungsreserve auf eine Untergrenze von 0,2
Monatsausgaben abzusenken, den Rentenbeziehern die vollständige Tragung der Beiträge zur
Pflegeversicherung der Rentner aufzuerlegen sowie den Rentenzahltermin für
Rentenneuzugänge vom Monatsanfang auf das Monatsende zu verschieben.
9
4. Zur Vorbereitung einer erneuten Reform hatte die Bundesministerin für Gesundheit und
Soziale Sicherung bereits im Herbst 2002 eine „Kommission für die Nachhaltigkeit in der
Finanzierung der sozialen Sicherungssysteme“ eingesetzt, die im August 2003 ihren Bericht
vorlegte. Sie schlug vor, die Anpassungsformel um einen Nachhaltigkeitsfaktor zu ergänzen und
die Anpassung künftig nicht mehr nach der Veränderung der Bruttolöhne und -gehälter je
Beschäftigten, sondern nach der Veränderung der versicherungspflichtigen Entgelte je
Beitragszahler vorzunehmen (vgl. BTDrucks 15/2149, S. 17 ff.). Durch das Gesetz zur Sicherung
der nachhaltigen Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung
(RV-Nachhaltigkeitsgesetz) vom 21. Juli 2004 (BGBl I S. 1791) erhielt § 68 SGB VI daraufhin
folgende Fassung:
§ 68 Aktueller Rentenwert
(1) Der aktuelle Rentenwert ist der Betrag, der einer monatlichen Rente wegen Alters der
gesetzlichen Rentenversicherung der Arbeiter und der Angestellten entspricht, wenn für ein
Kalenderjahr Beiträge aufgrund des Durchschnittsentgelts gezahlt worden sind. Am 30. Juni
2005 beträgt der aktuelle Rentenwert 26,13 Euro. Er verändert sich zum 1. Juli eines jeden
Jahres, indem der bisherige aktuelle Rentenwert mit den Faktoren für die Veränderung
1. der Bruttolohn- und -gehaltssumme je durchschnittlich beschäftigten Arbeitnehmer,
2. des Beitragssatzes zur Rentenversicherung der Arbeiter und der Angestellten und
3. dem Nachhaltigkeitsfaktor
vervielfältigt wird.
(2) Der Faktor für die Veränderung der Bruttolohn- und -gehaltssumme je durchschnittlich
beschäftigten Arbeitnehmer wird ermittelt, indem deren Wert für das vergangene Kalenderjahr
durch den Wert für das vorvergangene Kalenderjahr geteilt wird. Dabei wird der Wert für das
vorvergangene Kalenderjahr an die Entwicklung der Einnahmen der gesetzlichen
Rentenversicherung angepasst, indem er mit dem Faktor vervielfältigt wird, der sich aus dem
Verhältnis der Veränderung der Bruttolohn- und -gehaltssumme je durchschnittlich beschäftigten
Arbeitnehmer im vorvergangenen Kalenderjahr gegenüber dem dritten zurückliegenden
Kalenderjahr und der Veränderung der aus der Versichertenstatistik des Verbandes Deutscher
Rentenversicherungsträger ermittelten beitragspflichtigen Bruttolohn- und -gehaltssumme je
durchschnittlich beschäftigten Arbeitnehmer ohne Beamte einschließlich der Bezieher von
Arbeitslosengeld im vorvergangenen Kalenderjahr gegenüber dem dritten zurückliegenden
Kalenderjahr ergibt. Die beitragspflichtige Bruttolohn- und -gehaltssumme wird ermittelt, indem
die Pflichtbeiträge der in der Rentenversicherung der Arbeiter und der Angestellten
versicherungspflichtigen Beschäftigten eines Kalenderjahres aus dem Lohnabzugsverfahren
einschließlich der durch die Bundesagentur für Arbeit aufgrund des Bezuges von
Arbeitslosengeld für dieses Kalenderjahr abgeführten Pflichtbeiträge durch den
durchschnittlichen Beitragssatz in der Rentenversicherung der Arbeiter und der Angestellten
desselben Kalenderjahres und die an die Bundesknappschaft abgeführten Beiträge für
geringfügig Beschäftigte (§ 8 Viertes Buch) durch den Arbeitgeberanteil nach § 172 Abs. 3
dividiert werden.
(3) Der Faktor, der sich aus der Veränderung des Beitragssatzes zur Rentenversicherung der
Arbeiter und der Angestellten ergibt, wird ermittelt, indem
1. der durchschnittliche Beitragssatz in der Rentenversicherung der Arbeiter und der
Angestellten des vergangenen Kalenderjahres von der Differenz aus 100 vom Hundert und dem
Altersvorsorgeanteil für das Jahr 2010 subtrahiert wird,
2. der durchschnittliche Beitragssatz in der Rentenversicherung der Arbeiter und der
Angestellten für das vorvergangene Kalenderjahr von der Differenz aus 100 vom Hundert und
dem Altersvorsorgeanteil für das Jahr 2010 subtrahiert wird,
und anschließend der nach Nummer 1 ermittelte Wert durch den nach Nummer 2 ermittelten
Wert geteilt wird. Altersvorsorgeanteil für das Jahr 2010 ist der Wert, der im Fünften Kapitel für
das Jahr 2010 als Altersvorsorgeanteil bestimmt worden ist.
(4) Der Nachhaltigkeitsfaktor wird ermittelt, indem der um die Veränderung des
Rentnerquotienten im vergangenen Kalenderjahr gegenüber dem vorvergangenen Kalenderjahr
verminderte Wert eins mit einem Parameter a vervielfältigt und um den Wert eins erhöht wird. Der
Rentnerquotient wird ermittelt, indem die Anzahl der Äquivalenzrentner durch die Anzahl der
Äquivalenzbeitragszahler dividiert wird. Die Anzahl der Äquivalenzrentner wird ermittelt, indem
das aus den Rechnungsergebnissen auf 1000 Euro genau bestimmte Gesamtvolumen der
Renten abzüglich erstatteter Aufwendungen für Renten und Rententeile eines Kalenderjahres
durch eine Regelaltersrente desselben Kalenderjahres aus der Rentenversicherung der Arbeiter
und der Angestellten mit 45 Entgeltpunkten dividiert wird. Die Anzahl der
Äquivalenzbeitragszahler wird ermittelt, indem das aus den Rechnungsergebnissen auf 1000
Euro genau bestimmte Gesamtvolumen der Beiträge aller in der Rentenversicherung der
Arbeiter und der Angestellten versicherungspflichtig Beschäftigten, der geringfügig Beschäftigten
(§ 8 Viertes Buch) und der Bezieher von Arbeitslosengeld eines Kalenderjahres durch den auf
das Durchschnittsentgelt nach Anlage 1 entfallenden Beitrag der Rentenversicherung der
Arbeiter und der Angestellten desselben Kalenderjahres dividiert wird. Die jeweilige Anzahl der
Äquivalenzrentner und der Äquivalenzbeitragszahler ist auf 1000 Personen genau zu
berechnen. Der Parameter a beträgt 0,25.
(5) …
(6) Der Faktor für die Veränderung des durchschnittlichen Beitragssatzes in der
Rentenversicherung der Arbeiter und der Angestellten und der Nachhaltigkeitsfaktor sind so weit
nicht anzuwenden, als die Wirkung dieser Faktoren in ihrem Zusammenwirken den bisherigen
aktuellen Rentenwert verringert oder einen geringer als bisher festzusetzenden aktuellen
Rentenwert zusätzlich verringert.
(7) Bei der Bestimmung des neuen aktuellen Rentenwerts sind für das vergangene Kalenderjahr
die dem Statistischen Bundesamt zu Beginn des Kalenderjahres vorliegenden Daten zur
Bruttolohn- und -gehaltssumme je durchschnittlich beschäftigten Arbeitnehmer und für das
vorvergangene und das dritte zurückliegende Kalenderjahr die bei der Bestimmung des
bisherigen aktuellen Rentenwerts verwendeten Daten zur Bruttolohn- und -gehaltssumme je
durchschnittlich beschäftigten Arbeitnehmer nach der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung
zugrunde zu legen. Für die Bestimmung der beitragspflichtigen Bruttolohn- und -gehaltssumme
je durchschnittlich beschäftigten Arbeitnehmer ohne Beamte einschließlich der Bezieher von
Arbeitslosengeld nach Abs. 2 Satz 3 sind die dem Verband Deutscher
Rentenversicherungsträger vorliegenden Daten aus der Versichertenstatistik zu verwenden.
Dabei sind für das vorvergangene Kalenderjahr die zu Beginn des Kalenderjahres vorliegenden
Daten zur beitragspflichtigen Bruttolohn- und -gehaltssumme je durchschnittlich beschäftigten
Arbeitnehmer ohne Beamte einschließlich der Bezieher von Arbeitslosengeld und für das dritte
zurückliegende Kalenderjahr die bei der Bestimmung des bisherigen aktuellen Rentenwerts
verwendeten Daten zur beitragspflichtigen Bruttolohn- und -gehaltssumme je durchschnittlich
beschäftigten Arbeitnehmer ohne Beamte einschließlich der Bezieher von Arbeitslosengeld
zugrunde zu legen. Bei der Ermittlung des Rentnerquotienten für das vergangene Kalenderjahr
sind die dem Verband Deutscher Rentenversicherungsträger im ersten Vierteljahr des
Kalenderjahres vorliegenden Daten und für das vorvergangene Kalenderjahr die bei der
Bestimmung des bisherigen aktuellen Rentenwertes verwendeten Daten zugrunde zu legen.
10
Zugleich wurde § 255e SGB VI wie folgt gefasst:
§ 255e Bestimmung des aktuellen Rentenwerts für die Zeit
vom 1. Juli 2005 bis zum 1. Juli 2011
(1) Bei der Ermittlung des aktuellen Rentenwerts für die Zeit vom 1. Juli 2005 bis zum 1. Juli
2011 tritt an die Stelle des Faktors für die Veränderung des Beitragssatzes zur
Rentenversicherung der Arbeiter und der Angestellten (§ 68 Abs. 3) der Faktor für die
Veränderung des Beitragssatzes zur Rentenversicherung der Arbeiter und der Angestellten und
des Altersvorsorgeanteils.
(2) Der Faktor, der sich aus der Veränderung des Altersvorsorgeanteils und des Beitragssatzes
zur Rentenversicherung der Arbeiter und der Angestellten ergibt, wird ermittelt, indem
1. der Altersvorsorgeanteil und der durchschnittliche Beitragssatz in der Rentenversicherung der
Arbeiter und der Angestellten des vergangenen Kalenderjahres von 100 vom Hundert subtrahiert
werden,
2. der Altersvorsorgeanteil und der durchschnittliche Beitragssatz in der Rentenversicherung der
Arbeiter und der Angestellten für das vorvergangene Kalenderjahr von 100 vom Hundert
subtrahiert werden,
und anschließend der nach Nummer 1 ermittelte Wert durch den nach Nummer 2 ermittelten
Wert geteilt wird.
(3) Der Altersvorsorgeanteil beträgt für die Jahre
vor 2002 0,0 vom Hundert,
2002 0,5 vom Hundert,
2003 0,5 vom Hundert,
2004 1,0 vom Hundert,
2005 1,5 vom Hundert,
2006 2,0 vom Hundert,
2007 2,5 vom Hundert,
2008 3,0 vom Hundert,
2009 3,5 vom Hundert,
2010 4,0 vom Hundert.
(4) …
(5) Die Faktoren für die Veränderung des durchschnittlichen Beitragssatzes in der
Rentenversicherung der Arbeiter und der Angestellten und für die Veränderung des
Altersvorsorgeanteils sowie der Nachhaltigkeitsfaktor sind soweit nicht anzuwenden, als die
Wirkung dieser Faktoren in ihrem Zusammenwirken den bisherigen aktuellen Rentenwert
verringert oder einen geringer als bisher festzusetzenden aktuellen Rentenwert zusätzlich
verringert.
11
Bei der Bestimmung des aktuellen Rentenwerts zum 1. Juli 2005 war darüber hinaus auch noch
die Sonderregelung des § 255f in der Fassung des Fünften Gesetzes zur Änderung des
Sechsten Buches Sozialgesetzbuch vom 4. Dezember 2004 (BGBl I S. 3183) zu beachten, die
folgenden Wortlaut hatte:
5. Bei der Fortschreibung des aktuellen Rentenwerts zum 1. Juli 2005 konnte die
dämpfende Wirkung des ansteigenden Altersvorsorgeanteils und des
Nachhaltigkeitsfaktors durch die geringe positive Lohnentwicklung von 0,12 % in den
alten Ländern nicht kompensiert werden. Da somit trotz einer positiven
Lohnentwicklung sich der neue aktuelle Rentenwert vermindert hätte, blieb es wegen
der Schutzklausel des § 255e Abs. 5 SGB VI bei der bisherigen Höhe des aktuellen
Rentenwerts (zur konkreten Entwicklung des aktuellen Rentenwerts infolge der
Rentenreformgesetze vgl. Ruland, in: GK-SGB VI, Stand Nov. 2007, § 68 Rn. 75).
§ 255f Bestimmung des aktuellen Rentenwerts zum 1. Juli 2005
(1) Bei der Bestimmung des aktuellen Rentenwerts zum 1. Juli 2005 ist § 68 Abs. 2
Satz 2 nicht anzuwenden.
(2) Abweichend von § 68 Abs. 7 sind bei der Bestimmung des aktuellen Rentenwerts
zum 1. Juli 2005 die dem Statistischen Bundesamt zu Beginn des Jahres 2005 für das
Jahr 2003 vorliegenden Daten zur Bruttolohn- und -gehaltssumme je durchschnittlich
beschäftigten Arbeitnehmer nach der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung zugrunde
zu legen.
13
6. Durch das Gesetz über die Weitergeltung der aktuellen Rentenwerte ab 1. Juli 2006
vom 15. Juni 2006 (BGBl I S. 1304) wurde die Fortschreibung wieder ausgesetzt, da
eine negative Rentenanpassung infolge einer negativen Entgeltentwicklung befürchtet
worden war. 2007 schließlich erfolgte wieder eine Erhöhung des aktuellen
Rentenwerts um 0,54 %. Die Lohnkomponente war infolge der gestiegenen
Beschäftigung positiv (0,99 %), der Nachhaltigkeitsfaktor ebenso, was den
Anpassungssatz sogar etwas erhöht hat; lediglich der Altersvorsorgeanteil war negativ
(vgl. Ruland, in: GK-SGB VI, Stand Nov. 2007, § 68 Rn. 65a).
II.
14
Das Recht der Krankenversicherung der Rentner ist erst seit 1941 im System der
sozialen Sicherung verankert. Ursprünglich sah die Sozialversicherung eine
Krankenversicherung der Rentner nicht vor; der Schutz der erkrankten Rentenbezieher,
die nicht selbst für sich sorgen konnten, fiel in den Bereich der öffentlichen Fürsorge.
1941 wurde dann die Krankenversicherungspflicht auf alle Invaliden- und
Angestelltenrentner erstreckt. Seither ist der Schutz der Rentner gegen das Risiko der
Krankheit Gegenstand sozialversicherungsrechtlicher Regelungen, die in ihrem
System, den Voraussetzungen des Krankenversicherungsschutzes, der Beitragspflicht
der Versicherten und der Art der Finanzierung vielfach verändert worden sind (vgl.
BVerfGE 69, 272 <274>).
15
1. Nach dem Sozialversicherungs-Anpassungsgesetz vom 17. Juni 1949 (WiGBL S.
99) war der Krankenversicherungsschutz für die Rentner zunächst unentgeltlich. Mit
Gesetz über die Krankenversicherung der Rentner (KVdR) vom 12. Juni 1956 (BGBl I
S. 500) wurde die Krankenversicherung der Rentner erstmalig als Teil des Zweiten
Buches der Reichsversicherungsordnung (RVO) - Krankenversicherung - geregelt und
zur eigenen Aufgabe der Krankenkassen gemacht. Kurz danach erfolgte eine
Neuregelung des Krankenversicherungsschutzes der Rentner im Recht der
gesetzlichen Rentenversicherung. Mit den Rentenversicherungs-
Neuregelungsgesetzen vom 23. Februar 1957 (BGBl I S. 45 und 88) wurde
gleichlautend in § 1235 Nr. 5 RVO und § 12 Nr. 5 Angestelltenversicherungsgesetz
(AVG) das Recht der Rentner auf „Zahlung von Beiträgen für die Krankenversicherung
der Rentner“ als Regelleistung der Rentenversicherungsträger ausgestaltet (vgl.
BVerfGE 69, 272 <274 f.>).
16
2. Der 1941 eingeführte Krankenversicherungsschutz der Rentner war ursprünglich als
Ergänzungsleistung zur Rente gedacht; die von den Krankenkassen für den
Krankenversicherungsschutz benötigten Beträge sollten in Form von pauschalen
Beiträgen der Rentenversicherungsträger an die Krankenkassen aufgebracht werden.
Das Gebot einer Kostendeckung ist jedoch nur bis 1948 realisiert worden. Von da ab
entstanden in der Krankenversicherung der Rentner Fehlbeträge. Obschon auch die
Rentenversicherungsträger immer höhere Beiträge an die Krankenkassen zahlten,
wuchs im Laufe der Jahre auch der Anteil der Aufwendungen für die Rentner, den die
Krankenkassen aus den Beiträgen der anderen Krankenversicherten zu finanzieren
hatten (vgl. BVerfGE 69, 272 <276>).
17
Vor diesem Hintergrund ist das Recht der Krankenversicherung der Rentner in der
Folgezeit in den Zugangsvoraussetzungen, der Tragung und Bemessung der Beiträge
sowie der Beitragssatzhöhe vielfach verändert worden. Von 1983 an wurde die
bisherige Finanzierung der Ausgaben der Krankenversicherung der Rentner durch
Pauschalbeiträge der Rentenversicherungsträger in Höhe von zuletzt 11,7 % der von
ihnen an die Pflichtversicherten geleisteten Renten von einer individuellen
Beitragserhebung abgelöst und den versicherungspflichtigen Rentnern die Beitragslast
auferlegt. Nunmehr hatten die Rentner aus der Rente den vollen Beitrag zu zahlen,
erhielten jedoch einen Beitragszuschuss des Rentenversicherungsträgers. Der
Zuschuss hatte anfangs die Höhe des vollen Beitrags aus der Rente, wurde jedoch
vom 1. Juli 1983 an stufenweise zugleich mit den jährlichen Rentenanpassungen
abgeschmolzen, bis er vom 1. Juli 1987 an nur noch die Hälfte des Beitrags aus der
Rente betrug (vgl. BVerfGE 102, 68 <70 f.>). Der Beitragssatz hierfür war zunächst bis
30. Juni 1989 bundeseinheitlich auf 11,8 % festgeschrieben, wurde jedoch ab 1. Juli
1989 auf den durchschnittlichen allgemeinen Beitragssatz aller Krankenkassen
angehoben und dynamisiert; er betrug in den alten Ländern zunächst 12,9 % und
änderte sich dann jeweils zur Jahresmitte (vgl. BSGE 78, 297 <302>).
18
3. Im Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SBG V) - Gesetzliche Krankenversicherung -
war die Beitragstragung für Versicherungspflichtige mit Rentenbezug zunächst bis 31.
Dezember 1991 in § 250 Abs. 1 Nr. 1 in der Fassung des Gesetzes zur Strukturreform
im Gesundheitswesen (Gesundheits-Reformgesetz - GRG) vom 20. Dezember 1988
(BGBl I S. 2477) geregelt. Mit dieser Vorschrift waren die
krankenversicherungsrechtlichen Regelungen der Reichsversicherungsordnung
weitgehend inhaltsgleich übernommen worden. Durch das Gesetz zur Reform der
gesetzlichen Rentenversicherung (Rentenreformgesetz 1992 - RRG 1992) vom 18.
Dezember 1989 (BGBl I S. 2261) wurde die Beitragstragung für
Versicherungspflichtige mit Rentenbezug mit Wirkung zum 1. Januar 1992 in § 250
Abs. 1 Nr. 1 SGB V gestrichen und in § 249a SGB V, der bis 30. Juni 2005 folgenden
Wortlaut hatte, grundlegend neu geregelt:
19
§ 249a Tragung der Beiträge bei Versicherungspflichtigen mit Rentenbezug
20
Versicherungspflichtige, die eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung
beziehen, und die Träger der Rentenversicherung tragen die nach der Rente zu
bemessenden Beiträge jeweils zur Hälfte.
21
Für die Bemessung der Beiträge aus Renten der gesetzlichen Rentenversicherung galt
nach § 247 SGB V zunächst der durchschnittliche allgemeine Beitragssatz der
Krankenkassen, den der Bundesminister für Gesundheit jeweils zum 1. Januar eines
Jahres feststellte. Um unbeabsichtigte Auswirkungen bei der Durchführung des
Risikostrukturausgleichs zu vermeiden, wurde § 247 SGB V durch das Dritte Gesetz
zur Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (3. SGB V - ÄndG) vom 10. Mai
1995 (BGBl I S. 678) sodann dahingehend neu gefasst, dass für die Bemessung der
Beiträge aus Renten der gesetzlichen Rentenversicherung ab 1. Juli 1997 nicht mehr
der durchschnittliche allgemeine Beitragssatz aller Krankenkassen, sondern der
allgemeine Beitragssatz der zuständigen Krankenkasse anzuwenden war.
22
4. Mit dem Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-
Modernisierungsgesetz - GMG) vom 14. November 2003 (BGBl I S. 2190) beschloss
der Gesetzgeber sodann, dass die Versicherten ab 1. Januar 2006 einen zusätzlichen
Beitrag in Höhe von 0,5 % tragen sollen. Hintergrund war die Absicht, die Arbeitgeber
und Rentenversicherungsträger in einem Umfang zu entlasten, der in etwa den
Aufwendungen der Krankenkassen für das Krankengeld entsprechen sollte. Darüber
hinaus sollte zum 1. Januar 2005 der Zahnersatz aus dem Leistungskatalog der
gesetzlichen Krankenversicherung herausgenommen und den Versicherten ein
Wahlrecht eingeräumt werden, ob sie den Zahnersatz durch eine private Versicherung
oder eine pauschale Zusatzkrankenversicherung absichern wollen (vgl. BTDrucks
15/1525, S. 2, 76 f.).
23
Es zeigte sich jedoch, dass die Einführung einer eigenständigen
Zahnersatzversicherung zu Schwierigkeiten in der Praxis führen würde. Durch das
Gesetz zur Anpassung der Finanzierung von Zahnersatz vom 15. Dezember 2004
(BGBl I S. 3445) nahm der Gesetzgeber daraufhin die den Zahnersatz betreffenden
Änderungen des GKV-Modernisierungsgesetzes zurück. Um die geplante Entlastung
der Arbeitgeber dennoch zu erreichen, erfolgte eine Änderung des neu eingeführten
§ 241a SGB V dahingehend, dass nunmehr bereits ab 1. Juli 2005 ein zusätzlicher
Beitrag in Höhe von 0,9 % erhoben wurde (vgl. BTDrucks 15/3681, S. 4). § 241a SGB
V in der Fassung des Gesetzes zur Anpassung der Finanzierung von Zahnersatz
lautete:
24
§ 241a Zusätzlicher Beitragssatz
25
(1) Für Mitglieder gilt ein zusätzlicher Beitragssatz in Höhe von 0,9 vom Hundert; die
übrigen Beitragssätze vermindern sich in demselben Umfang. Satz 1 gilt für Beiträge,
die in Beitragsklassen festgesetzt werden, entsprechend.
26
(2) Absatz 1 Satz 1 gilt nicht für Personen, die Arbeitslosengeld II beziehen.
27
§§ 247 und 249a SGB V erhielten zum 1. Juli 2005 folgende Fassung:
28
§ 247 Beitragssatz aus der Rente
29
(1) Bei Versicherungspflichtigen gilt für die Bemessung der Beiträge aus Renten der
gesetzlichen Rentenversicherung der allgemeine Beitragssatz ihrer Krankenkasse
sowie der zusätzliche Beitragssatz. Beitragssatzveränderungen gelten jeweils vom
ersten Tag des dritten auf die Veränderung folgenden Kalendermonats an. … Bei der
Anwendung des Satzes 2 zum 1. Juli 2005 gilt als Zeitpunkt der
Beitragssatzveränderungen aufgrund von § 241a der 1. April 2005.
30
(2) …
31
(3) …
32
§ 249a Tragung der Beiträge bei Versicherungspflichtigen mit Rentenbezug
33
Versicherungspflichtige, die eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung
beziehen, und die Träger der Rentenversicherung tragen die nach der Rente zu
bemessenden Beiträge jeweils zur Hälfte; den zusätzlichen Beitragssatz trägt der
Rentner allein.
B.
I.
34
1. Die Beschwerdeführerin des Verfahrens 1 BvR 79/09 (Beschwerdeführerin zu 1) ist
am 3. Juni 1940 geboren. Sie bezieht seit dem 1. Juli 2000 eine Altersrente für Frauen,
darüber hinaus noch eine Witwenrente. Sie ist Mitglied der Krankenversicherung der
Rentner. Mit „Mitteilung zur Leistung aus der gesetzlichen Rentenversicherung“ teilte
der Rentenversicherungsträger ihr mit, dass nach der Verordnung zur Bestimmung der
Rentenwerte in der gesetzlichen Rentenversicherung und in der Alterssicherung der
Landwirte zum 1. Juli 2005 (Rentenwertbestimmungsverordnung 2005 - RWBestV
2005) vom 6. Juni 2005 (BGBl I S. 1578) der monatliche Rentenbetrag ihrer Altersrente
für Frauen in Höhe von 1.156,38 Euro sowie ihrer Witwenrente in Höhe von 53,91 Euro
ab 1. Juli 2005 unverändert bleibe. Allerdings ergäben sich zu diesem Zeitpunkt
Änderungen bei der Beitragszahlung zur Krankenversicherung der Rentner, weshalb
sich die monatlichen Rentenzahlbeträge von bisher 1.051,73 Euro auf 1.046,52 Euro
beziehungsweise von 49,03 Euro auf 48,78 Euro verringerten.
35
Mit ihrem Begehren, unter anderem durch eine Erhöhung des monatlichen
Rentenbetrags zum 1. Juli 2005 einen höheren Zahlbetrag ihrer Rente zu erreichen,
blieb die Beschwerdeführerin zu 1) im Verwaltungsverfahren und im
sozialgerichtlichen Verfahren ohne Erfolg. Zuletzt wies das Bundessozialgericht die
Sprungrevision der Beschwerdeführerin zu 1), die insoweit nur noch die Erhöhung des
Rentenbetrags entsprechend der Lohn- und Gehaltsentwicklung im Jahre 2004
begehrte, als unbegründet zurück. Die Ablehnung einer Rentenerhöhung durch den
Rentenversicherungsträger sei rechtmäßig, die gleichbleibende Höhe des aktuellen
Rentenwerts trotz der Veränderung der Bruttolohn- und -gehaltssumme je
durchschnittlich beschäftigten Arbeitnehmer im Jahre 2004 gegenüber dem Jahre 2003
um 0,12 % beruhe auf der Dämpfung des Anstiegs durch den Altersvorsorgeanteil und
den Nachhaltigkeitsfaktor, wobei angesichts des bescheidenen Anstiegs der
Bruttolohn- und -gehaltssumme beide in der Lage gewesen seien, eine
Rentenerhöhung zum 1. Juli 2005 zu verhindern.
36
Verfassungsmäßige Rechte der Beschwerdeführerin zu 1) seien hierdurch nicht
verletzt. Dabei könne offen bleiben, ob die regelmäßige Anpassung der Renten
überhaupt in den Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 GG falle oder lediglich eine nicht
eigentumsgeschützte bloße Erwartung auf zukünftige Teilhabe an steigenden
Einkünften der Beitragszahler zur gesetzlichen Rentenversicherung darstelle. Auch
wenn man den Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 GG durch das Ausbleiben einer
Rentenerhöhung als beeinträchtigt ansähe, wäre die Eigentumsgarantie nicht verletzt.
Die Einfügung des Altersvorsorgeanteils und des Nachhaltigkeitsfaktors in die Formel
zur Fortschreibung des aktuellen Rentenwerts sei von dem gewichtigen öffentlichen
Interesse bestimmt gewesen, das Vertrauen in die Zukunftsfestigkeit der
Rentenversicherung zu sichern, indem der Beitragssatz für die jüngere Generation
bezahlbar bleibe. Diese die Rentenerhöhung dämpfenden Maßnahmen seien der
Beschwerdeführerin zu 1) auch zumutbar. Ohne Berücksichtigung des
Altersvorsorgeanteils und des Nachhaltigkeitsfaktors hätte die Rentenerhöhung bei
einem Standardrentner bei circa 1,35 Euro im Monat gelegen. Mit der Einführung des
Altersvorsorgeanteils und des Nachhaltigkeitsfaktors sei, zumindest was die
Rentenanpassung zum 1. Juli 2005 betreffe, auch keine dauerhafte Abkopplung der
Rente der Beschwerdeführerin zu 1) oder gar eine Aushöhlung ihres Rentenanspruchs
verbunden. Sie werde durch das Unterbleiben der Rentenanpassung zum 1. Juli 2005
weder zur Empfängerin von Nothilfeleistungen noch werde sie vom allgemeinen
Wirtschaftswachstum abgekoppelt.
37
Mit ihrer Verfassungsbeschwerde wendet sich die Beschwerdeführerin zu 1) gegen
vorgenannte Entscheidungen sowie mittelbar gegen die zugrunde liegenden
Rechtsvorschriften. Sie rügt eine Verletzung ihrer Rechte aus Art. 14 Abs. 1 und Art. 2
Abs. 1 GG. Sie ist der Auffassung, dem Gesetzgeber sei es wegen des
verfassungsrechtlichen Schutzes des Eigentums verwehrt, Merkmale des
Leistungsrechts der gesetzlichen Rentenversicherung, die das
Versicherungsverhältnis in der Vorsorgephase in seiner Eigenart bestimmt hätten, zum
Nachteil der Versicherten zu verändern oder zu beseitigen. Er müsse für die
derzeitigen Rentner ein Regelwerk zur Anpassung der Renten erhalten, durch das eine
adäquate Umsetzung der durch Vorleistungen begründeten Rechtsstellung
gewährleistet werde. Mit der „Null-Anpassung“ ihrer Rente zum 1. Juli 2005 aufgrund
der Einfügung des Altersvorsorgeanteils und Nachhaltigkeitsfaktors in die Formel zur
Fortschreibung des aktuellen Rentenwerts werde deshalb rechtswidrig in ihr durch
Art. 14 Abs. 1 GG geschütztes Eigentum eingegriffen. Die hierdurch bewirkte
finanzielle Entlastung der gesetzlichen Rentenversicherung rechtfertige keine andere
Beurteilung, da Finanzierungsschwierigkeiten nicht schon als solche Eingriffe in durch
Art. 14 Abs. 1 GG geschütztes Eigentum rechtfertigten könnten. Darüber hinaus sei ihr
eine erneute „Null-Anpassung“ auch nicht zumutbar, zumal systematisch vom
Grundsatz der an der Entwicklung der Arbeitseinkommen ausgerichteten jährlichen
Rentenanpassungen abgewichen werde. Schließlich sei der Eingriff in ihr Eigentum
auch nicht deshalb hinzunehmen, weil ihm ein finanziell geringes Gewicht
beizumessen wäre. Allein im Jahre 2005 habe ihre Rente eine inflationäre Entwertung
von monatlich 15,70 Euro erfahren und sich um weitere 5,21 Euro aufgrund steigender
Beiträge zur Krankenversicherung der Rentner verringert.
38
2. Die Beschwerdeführerin des Verfahrens 1 BvR 1235/09 (Beschwerdeführerin zu 2)
ist am 27. August 1940 geboren. Sie bezieht seit dem 1. Mai 2001 eine abschlagsfreie
Altersrente für Frauen und ist gleichfalls Mitglied der Krankenversicherung der Rentner.
Auch ihr teilte der Rentenversicherungsträger mit „Mitteilung zur Leistung aus der
gesetzlichen Rentenversicherung“ mit, dass ihr Rentenbetrag in Höhe von 743,42 Euro
monatlich über den 1. Juli 2005 hinaus unverändert bleibe. Änderungen ergäben sich
jedoch bei der Beitragszahlung zur Krankenversicherung der Rentner, weshalb sich
der Rentenzahlbetrag von bisher 675,40 Euro auf 672,05 Euro monatlich verringere.
39
Die hiergegen gerichteten Rechtsbehelfe blieben im Verwaltungsverfahren und im
sozialgerichtlichen Verfahren erfolglos. In seinem die Klage abweisenden Urteil
schloss sich das Sozialgericht den Ausführungen des Bundessozialgerichts in
vorgenannter Entscheidung im Rechtsstreit der Beschwerdeführerin zu 1) an.
Hinsichtlich des zusätzlichen Beitrags zur Krankenversicherung der Rentner führte es
unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ergänzend aus,
im Kontext der Neuordnung der Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung
sei in der Mehrbelastung in Höhe von 0,45 % keine Überforderung der Rentner zu
sehen, zumal auch in der Summe der Maßnahmen das Rentenniveau nicht derart
absinke, dass die Rente ihre prinzipielle Struktur und ihre Funktion als freiheits- und
existenzsichernde Leistung verliere.
40
Mit ihrer Verfassungsbeschwerde wendet sich die Beschwerdeführerin zu 2)
unmittelbar gegen die Entscheidungen des Rentenversicherungsträgers und des
Sozialgerichts sowie mittelbar gegen die zugrunde liegenden Rechtsvorschriften. Sie
macht geltend, in ihren Rechten aus Art. 14 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 und Art. 3 GG verletzt
zu sein. Sie teilt insoweit die Auffassung der Beschwerdeführerin zu 1) und trägt
ergänzend vor, dass ihre Rente allein im Jahre 2005 eine inflationäre Entwertung von
monatlich 10,13 Euro erfahren habe. Hinzu komme der zusätzliche Beitrag zur
Krankenversicherung der Rentner in Höhe von 3,35 Euro, durch dessen Einführung
gleichfalls rechtswidrig in den Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 GG eingegriffen
worden sei, da dieser faktisch eine Rentenkürzung darstelle. Darüber hinaus werde sie
durch diesen auch in ihrem Recht auf Gleichbehandlung aus Art. 3 Abs. 1 GG verletzt.
41
3. Der Beschwerdeführer des Verfahrens 1 BvR 1298/09 (Beschwerdeführer zu 3) ist
am 31. Mai 1930 geboren. Er bezieht seit dem 1. Juni 1993 eine abschlagsfreie
Altersrente für langjährig Versicherte und ist Mitglied der Krankenversicherung der
Rentner. Mit Bescheid vom 8. März 2004 teilte der Rentenversicherungsträger ihm mit,
für die Berechnung des Beitrags zur Krankenversicherung der Rentner sei ab dem 1.
April 2004 ein Beitragssatz von 14,7 % (statt bisher 15,2 %) zu Grunde zu legen.
Zudem habe er ab diesem Zeitpunkt den Beitrag zur Pflegeversicherung der Rentner
nicht mehr nur zur Hälfte, sondern in voller Höhe zu tragen. Nach erfolglosem
Widerspruch, mit dem er sich gegen seine Belastung mit dem vollen
Pflegeversicherungsbeitrag und die Berechnung des Krankenversicherungsbeitrags
nach dem allgemeinen statt dem ermäßigten Beitragssatz wandte, erhob er hiergegen
Klage, mit der er sein Begehren weiterverfolgte. Während des Klageverfahrens ging
ihm am 18. Juni 2005 die „Mitteilung zur Leistung aus der gesetzlichen
Rentenversicherung“ zu, wonach der Betrag seiner Altersrente in Höhe von 1.906,36
Euro monatlich über den 1. Juli 2005 hinaus unverändert blieb, sich aufgrund von
Änderungen bei der Beitragszahlung zur Krankenversicherung der Rentner jedoch der
Rentenzahlbetrag von bisher 1.733,84 Euro auf 1.725,25 Euro monatlich verringerte.
Daraufhin wandte sich der Beschwerdeführer zu 3) im anhängigen Klageverfahren
auch gegen diesen Bescheid und machte geltend, die Höhe der von ihm zu tragenden
Krankenversicherungsbeiträge sei verfassungswidrig. Der Rentenversicherungsträger
wertete seine Ausführungen als Widerspruch gegen die Erhebung des zusätzlichen
Beitrags zur Krankenversicherung der Rentner und wies diesen mit
Widerspruchsbescheid vom 23. August 2005 zurück. Sodann erhob der
Beschwerdeführer zu 3) am 21. September 2005 erneut Klage, mit der er sich gegen
die Tragung höherer monatlicher Beiträge zur Pflegeversicherung als der Hälfte des
Beitrags und höherer monatlicher Krankenversicherungsbeiträge als der Hälfte der
nach dem für Versicherte ohne Krankengeldanspruch geltenden ermäßigten
Beitragssatz berechneten Beiträge sowie die unterbliebene Rentenerhöhung 2005
wandte. Das Sozialgericht wies, nach Verbindung der Verfahren, die Klagen als
unbegründet ab.
42
Die hiergegen gerichtete Sprungrevision wies das Bundessozialgericht gleichfalls als
unbegründet zurück, wobei es die Klage, soweit sie sich gegen die zum 1. Juli 2005
festgesetzte Höhe des (Brutto-) Rentenbetrags richtete, mangels Durchführung des
erforderlichen Vorverfahrens als unzulässig erachtete. Im Übrigen werde der
Beschwerdeführer zu 3) durch die Regelung zur alleinigen Tragung des zusätzlichen
Beitrags zur Krankenversicherung der Rentner nicht in seinen verfassungsmäßigen
Rechten verletzt. Die Verschiebung der Beitragslast zu Lasten der Beschäftigten und
Rentenbezieher habe nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Finanzierung der
Aufwendungen für das im Wesentlichen von den Arbeitnehmerinnen und
Arbeitnehmern in Anspruch genommene Krankengeld gestanden. Vielmehr habe der
Gesetzgeber das auch im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung
verfassungsrechtlich legitime Anliegen verfolgt, die Funktions- und Leistungsfähigkeit
des Systems im Interesse aller zu erhalten, zu verbessern und den veränderten
ökonomischen und demographischen Bedingungen anzupassen. Dabei habe er die
nachteiligen Folgen von Beitragserhöhungen für Wachstum und Beschäftigung als
bedeutsam ansehen und die Auswirkungen steigender Arbeitskosten auf die
Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung entsprechend gewichten dürfen.
Insoweit habe er auch die Rentner in angemessenem Umfang an der Finanzierung der
auf sie entfallenden Leistungsausgaben beteiligen und entsprechend ihrem
Einkommen verstärkt zur Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung
heranziehen dürfen. Darüber hinaus stellten die im Revisionsverfahren überprüften
„Verschlechterungen“ im Beitragsrecht der Krankenversicherung der Rentner und
Pflegeversicherung der Rentner gemessen an Art. 14 GG auch im Kontext anderer
Beitragserhöhungen der letzten Jahre, der „Einschnitte“ im Leistungsrecht der
gesetzlichen Rentenversicherung wie dem Unterbleiben von Rentenanpassungen in
den Jahren 2004 und 2005 sowie der ab 2005 schrittweise beginnenden Besteuerung
von Renten keine Überforderung des Beschwerdeführers zu 3) dar, da sie nicht derart
niveauabsenkend seien, dass die Rente dadurch ihre prinzipielle Struktur und ihre
Funktion als freiheits- und existenzsichernde Leistung verliere.
43
Mit seiner Verfassungsbeschwerde wendet sich der Beschwerdeführer zu 3)
unmittelbar gegen die im Verwaltungsverfahren und im fachgerichtlichen Rechtsweg
ergangenen Entscheidungen sowie mittelbar gegen die zugrunde liegenden
Rechtsvorschriften. Er rügt eine Verletzung seiner Rechte aus Art. 14 Abs. 1, Art. 2 Abs.
1 und Art. 3 Abs. 1 GG. Er ist der Auffassung, er habe den Rechtsweg auch bezüglich
der mit „Mitteilung zur Leistung aus der gesetzlichen Rentenversicherung“ getroffenen
Regelung zur Anpassung seiner Rente zum 1. Juli 2005 erschöpft. Über die
Darstellung der Beschwerdeführerinnen zu 1) und 2) hinaus trägt er ergänzend weiter
vor, er werde nicht nur durch die Einführung des zusätzlichen Beitrags zur
Krankenversicherung der Rentner, sondern auch durch die Heranziehung des
allgemeinen statt des ermäßigten Beitragssatzes als Berechnungsgrundlage seines
Beitrags in seinem Recht aus Art. 3 Abs. 1 GG verletzt. Nach § 243 Abs. 1 Satz 1 SGB
V sei für Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung, die keinen
Krankengeldanspruch hätten, der Beitragssatz zu ermäßigen. Insoweit liege eine
sachlich nicht zu rechtfertigende Ungleichbehandlung der Mitglieder der
Krankenversicherung der Rentner vor, da auch sie keinen Anspruch auf Krankengeld
hätten.
44
4. Der Beschwerdeführer des Verfahrens 1 BvR 1701/09 (Beschwerdeführer zu 4) ist
am 19. Januar 1938 geboren. Er bezog zunächst ab 1. August 1998 eine Rente wegen
Berufsunfähigkeit, erhält seit dem 1. Februar 1999 eine Altersrente für
Schwerbehinderte, Berufsunfähige oder Erwerbsunfähige und ist gleichfalls Mitglied
der Krankenversicherung der Rentner. Auch ihm teilte der Rentenversicherungsträger
mit „Mitteilung zur Leistung aus der gesetzlichen Rentenversicherung“ mit, dass der
Rentenbetrag seiner Altersrente in Höhe von 1.595,75 Euro monatlich ab 1. Juli 2005
unverändert bleibe, sich aufgrund von Änderungen bei der Beitragszahlung zur
Krankenversicherung der Rentner jedoch der monatliche Rentenzahlbetrag von bisher
1.459,31 Euro auf 1.452,13 Euro verringere.
45
Die hiergegen gerichteten Rechtsbehelfe blieben ohne Erfolg. Zuletzt wies das
Bundessozialgericht seine Sprungrevision, mit der er beantragt hatte, das Urteil des
Sozialgerichts sowie den Bescheid zur Rentenanpassung 2005 in der Fassung des
Widerspruchsbescheides aufzuheben, soweit der Rentenversicherungsträger darin
festgestellt habe, dass er ab 1. Juli 2005 einen zusätzlichen Beitrag zur
Krankenversicherung der Rentner aus seiner Rente zu tragen habe, sowie den
Rentenversicherungsträger zu verpflichten, den dynamisierten Geldwert seines Rechts
auf Altersrente für schwerbehinderte Menschen zum 1. Juli 2005 entsprechend der
Lohn- und Gehaltsentwicklung im Jahre 2004 anzupassen, als unbegründet zurück.
Dabei machte es sich im Hinblick auf den geltend gemachten Anspruch auf Anpassung
des Geldwerts des Rechts auf Altersrente für schwerbehinderte Menschen
entsprechend der Lohn- und Gehaltsentwicklung im Jahre 2004 in vollem Umfang die
Ausführungen in vorgenannter Entscheidung des Bundessozialgerichts im Rechtsstreit
der Beschwerdeführerin zu 1) zu eigen, während die Zurückweisung des geltend
gemachten Anfechtungsbegehrens mit gleicher Begründung erfolgte wie im Fall des
Beschwerdeführers zu 3).
46
Mit seiner Verfassungsbeschwerde wendet sich der Beschwerdeführer zu 4)
unmittelbar gegen die Entscheidungen der Verwaltung und der Fachgerichte sowie
mittelbar gegen die zugrunde liegenden Rechtsvorschriften. Er rügt eine Verletzung
seiner Rechte aus Art. 14 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG. Über die
Darstellung der Beschwerdeführer zu 1) bis 3) hinaus trägt er ergänzend vor, er habe
allein im Jahr 2005 einen Kaufkraftverlust seiner Rente von monatlich 21,88 Euro
hinnehmen müssen. Hinzu komme der zusätzliche Beitrag zur Krankenversicherung
der Rentner, wodurch sich seine Rente um weitere 7,18 Euro monatlich verringert
habe. Insoweit dürfe nicht außer Acht gelassen werden, dass angesichts des Verlaufs
des Gesetzgebungsverfahrens offensichtlich sei, dass die Befreiung der Arbeitgeber
von der Tragung der Kosten des Krankengeldes den alleinigen Grund für die
Beitragserhöhung bilde. Dadurch werde das Maß zulässiger Belastung überschritten,
da er zur Zahlung eines Beitrages verpflichtet worden sei, der zur Finanzierung einer
Leistung verwendet werde, auf die er bereits dem Grunde nach keinen Anspruch
haben könne.
47
5. Die Beschwerdeführerin des Verfahrens 1 BvR 3148/10 (Beschwerdeführerin zu 5)
ist am 29. April 1955 geboren. Sie bezieht seit dem 1. Januar 2000 eine abschlagsfreie
Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, darüber hinaus eine Zusatzversorgung aus einer
früheren Tätigkeit im öffentlichen Dienst. Mit „Mitteilung über die Anpassung der
Leistung aus der gesetzlichen Rentenversicherung“ teilte der
Rentenversicherungsträger ihr mit, dass nach der Verordnung zur Bestimmung der
Rentenwerte in der gesetzlichen Rentenversicherung und in der Alterssicherung der
Landwirte zum 1. Juli 2007 (Rentenwertbestimmungsverordnung 2007 - RWBestV
2007) vom 14. Juni 2007 (BGBl I S. 1113) sich der monatliche Rentenbetrag ihrer
Erwerbsunfähigkeitsrente in Höhe von 1.017,04 Euro ab 1. Juli 2007 auf 1.022,49 Euro
erhöhe. Dadurch ändere sich auch die Höhe der aus der Rente zu zahlenden Beiträge
zur Krankenversicherung der Rentner und zur Pflegeversicherung der Rentner, der
monatliche Rentenzahlbetrag betrage daher statt 920,43 Euro künftig 925,36 Euro.
48
Mit ihrem Begehren, eine höhere Rentenanpassung zum 1. Juli 2007 zu erreichen,
blieb auch die Beschwerdeführerin zu 5) im Verwaltungsverfahren und
fachgerichtlichen Rechtsweg ohne Erfolg. Zuletzt verwarf das Bundessozialgericht die
gegen die Nichtzulassung der Revision gerichtete Beschwerde als unzulässig. Die
Begründung genüge nicht den gesetzlichen Anforderungen, weil der allein geltend
gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache nicht
ordnungsgemäß dargelegt worden sei.
49
Hiergegen richtet sich die Verfassungsbeschwerde, mittelbar gegen die zugrunde
liegenden Rechtsvorschriften. Die Beschwerdeführerin zu 5) macht geltend, in ihren
Rechten aus Art. 14 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG verletzt zu sein. Ihr Vortrag hierzu ist
weitestgehend mit dem der Beschwerdeführerin zu 1) identisch. Ergänzend trägt sie
lediglich vor, sie habe allein im Jahr 2007 einen Kaufkraftverlust ihrer Rente von
monatlich 21,17 Euro hinnehmen müssen, welcher durch die Rentenanpassung 2007
nur in Höhe von 4,93 Euro ausgeglichen worden sei.
II.
50
In den Verfahren 1 BvR 79/09 und 1 BvR 1298/09 haben das Bundesministerium für
Gesundheit namens der Bundesregierung, das Bundessozialgericht, die Deutsche
Rentenversicherung Bund, der GKV - Spitzenverband, die Bundesvereinigung der
Deutschen Arbeitgeberverbände, der Bund der Steuerzahler Deutschland e.V., der
Deutsche Gewerkschaftsbund, der Sozialverband VdK Deutschland e.V. und der
Sozialverband Deutschland e.V. Stellung genommen. Die drei letztgenannten halten
die Verfassungsbeschwerden für begründet, die übrigen für unbegründet.
C.
51
Die Verfassungsbeschwerden sind nicht zur Entscheidung anzunehmen. Ein
Annahmegrund nach § 93a Abs. 2 BVerfGG liegt nicht vor. Den
Verfassungsbeschwerden kommt weder eine grundsätzliche verfassungsrechtliche
Bedeutung zu, noch ist ihre Annahme zur Durchsetzung der von den
Beschwerdeführern als verletzt gerügten Grundrechte angezeigt. Die
Verfassungsbeschwerden haben keine Aussicht auf Erfolg.
I.
52
Die Verfassungsbeschwerden sind zum Teil unzulässig.
53
1. Soweit sich die Verfassungsbeschwerde des Beschwerdeführers zu 3) gegen die
Höhe des mit „Mitteilung zur Leistung aus der gesetzlichen Rentenversicherung“ zum
1. Juli 2005 festgesetzten Rentenbetrags richtet, ist angesichts des nicht
durchgeführten Vorverfahrens der Rechtsweg nicht erschöpft.
54
2. Die von den Beschwerdeführern zu 2) bis 4) gerügte Bemessung ihrer Beiträge zur
Krankenversicherung der Rentner nach dem allgemeinen statt dem ermäßigten
Beitragssatz genügt nicht den Anforderungen, die an die Begründung einer
Verfassungsbeschwerde zu stellen sind.
55
Die Begründung von Verfassungsbeschwerden erfordert nach § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92
BVerfGG eine substantiierte Auseinandersetzung mit dem zugrunde liegenden
einfachen Recht und mit der verfassungsrechtlichen Beurteilung des vorgetragenen
Sachverhalts; darzulegen ist, dass eine Grundrechtsverletzung möglich erscheint (vgl.
BVerfGE 89, 155 <171>). Soweit das Bundesverfassungsgericht bereits
verfassungsrechtliche Maßstäbe entwickelt hat, ist anhand dieser Maßstäbe
aufzuzeigen, inwieweit Grundrechte verletzt sein können (vgl. BVerfGE 99, 84 <87>;
101, 331 <345 f.>; 102, 147 <164>; 108, 370 <386>). Urteilsverfassungsbeschwerden
müssen sich im Einzelnen mit den Gründen der angefochtenen Entscheidungen
auseinandersetzen. Zudem müssen wesentliche Angaben und Argumente in die
Beschwerdeschrift aufgenommen werden; es genügt nicht, pauschal auf Anlagen zu
verweisen (vgl. BVerfGE 80, 257 <263>; 83, 216 <228>; BVerfG, Beschluss des Ersten
Senats vom 8. Mai 2012 - 1 BvR 1065/03, 1 BvR 1082/03 -, juris). Diesen Maßstäben
genügen die Beschwerdebegründungen nicht. Der Vortrag der Beschwerdeführer zu 2)
bis 4) zeigt insoweit die Möglichkeit einer Verletzung von Grundrechten nicht auf.
56
Gegenstand des Schutzes aus Art. 14 Abs. 1 GG können nur Ansprüche sein, die sich
aus der jeweiligen Gesetzeslage ergeben oder ergeben haben (vgl. BVerfGE 69, 272
<304>). Der Gesetzgeber hat jedoch den Rentnerinnen und Rentnern zu keinem
Zeitpunkt einen Anspruch darauf gewährt, zu Beitragszahlungen lediglich auf der
Grundlage eines wegen des nicht vorhandenen Krankengeldanspruchs ermäßigten
Beitragssatzes herangezogen zu werden.
57
Soweit die Beschwerdeführer zu 2) bis 4) in der Bemessung ihrer Beiträge zur
Krankenversicherung der Rentner nach dem allgemeinen statt des ermäßigten
Beitragssatzes eine Verletzung des Art. 3 Abs. 1 GG zu erkennen glauben, lassen sie
die bereits entwickelten verfassungsrechtlichen Maßstäbe außer Acht. Das
Bundesverfassungsgericht hat bereits mit Blick auf die Erhebung von Beiträgen auf
Versorgungsbezüge zur Krankenversicherung der Rentner nach dem vollen
allgemeinen Beitragssatz festgestellt, dass es vor Art. 3 Abs. 1 GG nicht zu
beanstanden ist, Beiträge aus Versorgungsbezügen nach dem vollen allgemeinen
Beitragssatz zu erheben, obwohl Rentnerinnen und Rentner im Allgemeinen keinen
Anspruch auf Krankengeld haben und § 243 Abs. 1 SGB V für diesen Fall an sich
einen ermäßigten Beitragssatz vorsieht (vgl. BVerfGK 13, 372 <378>). Die Regelungen
der §§ 247, 248 SGB V seien spezieller. Der Grundsatz der Äquivalenz von Beitrag
und Leistung (vgl. BVerfGE 79, 87 <101>; 90, 226 <240>) werde nicht verletzt, da mit
der Beitragserhebung nach dem allgemeinen Beitragssatz keine systemwidrige
Sonderlast verbunden sei. Denn die Leistungsaufwendungen der gesetzlichen
Krankenkassen für die von den Rentnerinnen und Rentnern in Anspruch genommenen
Leistungen überstiegen ihre eigenen Beiträge bei weitem und das Krankengeldrisiko
habe auf den Beitragssatz einen relativ geringen Einfluss (vgl. BVerfGK 13, 372
<378>).
58
3. Auch soweit die Beschwerdeführer zu 2) bis 4) rügen, sie würden durch die
Einführung des zusätzlichen Beitrags zur Krankenversicherung der Rentner in ihrem
Recht auf Gleichbehandlung aus Art. 3 Abs. 1 GG verletzt, lässt ihr Vortrag eine
plausible Darlegung der gerügten Grundrechtsverletzung vermissen. Die
Beschwerdeführer tragen nicht vor, inwieweit sie durch die gesetzlichen Regelungen
gegenüber den von ihnen benannten Vergleichsgruppen benachteiligt würden (vgl.
BVerfGE 131, 66 <82 ff.>).
59
4. Soweit der Beschwerdeführer zu 3) den Bescheid vom 8. März 2004 in der Gestalt
des Widerspruchsbescheides vom 1. Oktober 2004, mithin auch die Abschaffung der
Pflicht des Rentenversicherungsträgers, den nach der Rente zu bemessenden Beitrag
zur Pflegeversicherung der Rentner zur Hälfte zu tragen, angreift, entbehrt die Rüge
jeglicher Substanz (zur Verfassungsmäßigkeit der Abschaffung der Pflicht des
Rentenversicherungsträgers vgl. BVerfGK 14, 287).
60
5. Die Verfassungsbeschwerde der Beschwerdeführerin zu 5) ist insgesamt
unzulässig. Soweit sie sich gegen den Beschluss des Bundessozialgerichts richtet, mit
dem die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision als unzulässig verworfen
wurde, ist sie nicht hinreichend begründet (§ 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG). Mit den
prozessualen Ausführungen des Bundessozialgerichts setzt sie sich nicht
auseinander; sie behauptet insbesondere keine Verletzung von Art. 19 Abs. 4 GG
durch die Entscheidung des Bundessozialgerichts.
61
Soweit sich die Verfassungsbeschwerde der Beschwerdeführerin zu 5) gegen die
Entscheidungen des Sozialgerichts und des Landessozialgerichts sowie die
vorangegangenen Behördenentscheidungen richtet, hat die Beschwerdeführerin zu 5)
den Rechtsweg nicht ordnungsgemäß erschöpft. Der Grundsatz der Subsidiarität der
Verfassungsbeschwerde (§ 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG) gebietet, dass die
Beschwerdeführer im Ausgangsverfahren alle prozessualen Möglichkeiten
ausschöpfen, um eine Korrektur der geltend gemachten Verfassungsverletzung zu
erwirken (vgl. BVerfGE 84, 203 <208>; stRspr). Wird die Revision durch das
Berufungsgericht nicht zugelassen, muss der Beschwerdeführer nicht nur regelmäßig
Nichtzulassungsbeschwerde erheben (vgl. BVerfGE 16, 1 <2 f.>), sondern diese auch
ausreichend begründen (vgl. BVerfGE 83, 216 <228>). Dies war hier nicht der Fall. Die
Anforderungen, die das Bundessozialgericht an die Darlegungspflichten zur
Begründung einer Nichtzulassungsbeschwerde stellt, sind nach der Rechtsprechung
des Bundesverfassungsgerichts grundsätzlich mit dem Grundgesetz vereinbar.
Insbesondere ist es unbedenklich, wenn das Bundessozialgericht verlangt, dass die
Beschwerdeführer im Einzelnen darlegen, inwiefern die umstrittene Rechtsfrage
klärungsbedürftig ist (vgl. BVerfG, Beschlüsse der 3. Kammer des Ersten Senats vom
12. September 1991 - 1 BvR 765/91 - und vom 18. Dezember 1991 - 1 BvR 1411/91 -,
SozR 3-1500 § 160a Nr. 6 und 7). Es ist auch nicht ersichtlich, dass das
Bundessozialgericht im konkreten Fall zu hohe, unzumutbare Anforderungen an die
Darlegung der Klärungsbedürftigkeit der als grundsätzlich bezeichneten Rechtsfrage
gestellt hätte. Denn zu Recht weist das Bundessozialgericht darauf hin, dass sich die
Beschwerdeführerin zu 5) in ihrer Beschwerdebegründung mit keinem Wort mit der
bisherigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts und nur mit einer einzigen
Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Frage der Anpassung der Renten
aus der gesetzlichen Rentenversicherung auseinander gesetzt hat.
II.
62
Im Übrigen, also soweit die Beschwerdeführer zu 1), 2) und 4) das Ausbleiben einer
Rentenerhöhung zum 1. Juli 2005 und die Beschwerdeführer zu 2) bis 4) die Erhebung
eines zusätzlichen, von ihnen allein zu tragenden Beitrags zur Krankenversicherung
der Rentner rügen, sind die Verfassungsbeschwerden jedenfalls unbegründet.
63
1. Grundrechte der Beschwerdeführer werden durch die unterbliebene Erhöhung der
Renten zum 1. Juli 2005 nicht verletzt.
64
a) In der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist anerkannt, dass
Rentenansprüche und Rentenanwartschaften unter den Schutz der Eigentumsgarantie
des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG fallen (stRspr; vgl. BVerfGE 128, 138 <147>; 131, 66 <80>
m.w.N.). Dabei ist offen geblieben, ob und inwieweit dieser eigentumsrechtliche Schutz
die allgemein vorgesehene jährliche Rentenanpassung mit umfasst (vgl. BVerfGE 64,
87 <97 f.>; 100, 1 <44>). Es kommt entscheidend darauf an, dass der Gesetzgeber im
Recht der gesetzlichen Rentenversicherung ihre nachhaltige Finanzierung anstrebt
(vgl. BVerfGE 128, 138 <149 ff.>) und den Anforderungen an die Verhältnismäßigkeit
genügt (BVerfGE 128, 138 <152 ff.>). Ob dies der Fall ist, bedarf auch hier keiner
Entscheidung.
65
Selbst wenn man, soweit eine Erhöhung der Rentenzahlbeträge zum 1. Juli 2005
entsprechend der gestiegenen Arbeitseinkommen unterblieben ist, darin eine
Betroffenheit des Schutzbereichs von Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG sähe, wäre die
Eigentumsgarantie nicht verletzt. Die mit den Gesetzen zur Ergänzung des Gesetzes
zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung und zur Förderung eines
kapitalgedeckten Altersvorsorgevermögens (Altersvermögensergänzungsgesetz -
AVmEG) vom 21. März 2001 (BGBl I S. 403) sowie zur Sicherung der nachhaltigen
Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung (RV-
Nachhaltigkeitsgesetz) vom 21. Juli 2004 (BGBl I S. 1791) vorgenommenen
Änderungen der Formel zur Fortschreibung des aktuellen Rentenwerts, insbesondere
durch Einfügung des Altersvorsorgeanteils und des Nachhaltigkeitsfaktors, stellen sich
als gesetzliche Maßnahmen dar, die jedenfalls mit Blick auf die hier angegriffene
Anpassung der Renten zum 1. Juli 2005 verfassungsrechtlich gerechtfertigt wären und
zugleich gemäß Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG Inhalt und Schranken des Eigentums
verfassungsgemäß bestimmen würden (vgl. BVerfGE 128, 138 <147 ff.>).
66
Das Bundesverfassungsgericht hat bei der eigentumsrechtlichen Prüfung von auf die
Höhe von Rentenleistungen bezogenen gesetzlichen Regelungen anerkannt, dass
dem Gesetzgeber eine ausreichende Flexibilität erhalten bleiben muss, um das
Rentenversicherungssystem und insbesondere dessen Finanzierung zu
gewährleisten. Daher verfestigt die Eigentumsgarantie das
Rentenversicherungssystem nicht so, dass es starr wird und den Anforderungen unter
veränderten Umständen nicht mehr genügen kann (vgl. BVerfGE 53, 257 <293>; 58, 81
<110>; 69, 272 <304>; 100, 1 <37>). Gesetzliche Maßnahmen, die der Erhaltung der
Funktions- und Leistungsfähigkeit der gesetzlichen Rentenversicherung dienen,
müssen allerdings von einem gewichtigen öffentlichen Interesse getragen und
verhältnismäßig sein.
67
aa) Sowohl die mit dem Altersvermögensergänzungsgesetz als auch die mit dem RV-
Nachhaltigkeitsgesetz vorgenommenen Änderungen der Formel zur Fortschreibung
des aktuellen Rentenwerts sind von dem gewichtigen öffentlichen Interesse bestimmt,
die Finanzierbarkeit des Systems der gesetzlichen Rentenversicherung zu sichern.
Insbesondere die Einfügung des Altersvorsorgeanteils und des Nachhaltigkeitsfaktors
in die Formel zur Fortschreibung des aktuellen Rentenwerts zählen zu den
Maßnahmen, mit denen der Gesetzgeber unter Wahrung des Grundsatzes der
Generationengerechtigkeit die langfristige Stabilisierung der Finanzen der
gesetzlichen Rentenversicherung sicherstellen wollte. Dabei sah er die Bewahrung der
Generationengerechtigkeit als für die gesetzliche Rentenversicherung existenziell an,
weil Jung und Alt, Beitragszahler und Leistungsbezieher aufgrund der praktizierten
Umlagefinanzierung im sogenannten Generationenvertrag miteinander verbunden sind
(vgl. BTDrucks 15/2149, S. 17).
68
Maßgebend für die Einführung des Altersvorsorgeanteils war die vor dem Hintergrund
des demografischen Wandels unter jüngeren Menschen weit verbreitete Unsicherheit,
ob sie trotz hoher Beiträge im Alter noch eine ausreichende Rente aus der
gesetzlichen Rentenversicherung erhalten werden. Es wurde zunehmend bezweifelt,
dass künftige Beitragszahler ab dem Jahr 2030 bereit sein werden, eine Belastung
ihres Einkommens durch die Beitragszahlung zur gesetzlichen Rentenversicherung in
Höhe von möglicherweise 24 bis 26 % zu akzeptieren. Nur mit einem solchen
Beitragssatz wäre die Zahlung der Renten auf gleich bleibendem Niveau an die
damals 30- bis 40-Jährigen nach den Prognosen der Bundesregierung gewährleistet
gewesen. Vor diesem Hintergrund sollte mit der langfristigen Stabilisierung des
Beitragssatzes in der gesetzlichen Rentenversicherung Vertrauen in deren
Zukunftsfestigkeit geschaffen und der Anstieg der Lohnnebenkosten zur Stärkung der
wirtschaftlichen Rahmenbedingungen begrenzt werden (vgl. BTDrucks 14/4595, S.
37).
69
Die Einführung des Nachhaltigkeitsfaktors dagegen geht auf den Bericht der von der
Bundesministerin für Gesundheit und Soziale Sicherung eingesetzten „Kommission für
die Nachhaltigkeit in der Finanzierung der sozialen Sicherungssysteme“ zurück, die
aufgezeigt hatte, dass angesichts neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse insbesondere
die Einschätzungen über das Ausmaß des demografischen Wandels teilweise zu
revidieren waren und weiterer Handlungsbedarf gegeben war, um die mit der Reform
des Jahres 2001 verfolgten Ziele zu verwirklichen. Zielorientierung war, wie schon bei
der Rentenreform 2001, dass die Beiträge zur Rentenversicherung bis zum Jahr 2020
nicht über 20 % und bis zum Jahr 2030 nicht über 22 % steigen sollten, um
sicherzustellen, dass auch bei einer angemessenen Versorgung im Alter die
Versicherten nicht überfordert werden. Das System der gesetzlichen
Rentenversicherung sollte so stabilisiert werden, dass auch der zukünftigen
Rentnergeneration ein angemessenes Auskommen im Alter zu bezahlbaren
Konditionen für die dann Erwerbstätigen in Aussicht gestellt werden kann (vgl.
BTDrucks 15/2149, S. 17 f., 32 ff.).
70
bb) Der Gesetzgeber durfte unter Ausschöpfung des ihm bei der Gestaltung des
Sozialrechts zukommenden Spielraums (vgl. BVerfGE 75, 78 <101>; 76, 220 <241>;
100, 1 <37>) sowohl die Einfügung des Altersvorsorgeanteils als auch die Einfügung
des Nachhaltigkeitsfaktors in die Formel zur Fortschreibung des aktuellen Rentenwerts
als geeignet und erforderlich ansehen.
71
Die Einschätzungen der von beiden Maßnahmen ausgehenden Entlastungen
zugunsten der Beitragszahler sind nicht zu beanstanden. Die neue, an der
Bruttolohnentwicklung unter Berücksichtigung der Veränderung des vollen
Beitragssatzes zur gesetzlichen Rentenversicherung und der Veränderung des zu
berücksichtigenden Aufwands für die zusätzliche private Altersvorsorge ausgerichtete
Formel zur Fortschreibung des aktuellen Rentenwerts sollte bis 2030 zu einer
Beitragssatzdämpfung um 1,5 Prozentpunkte führen. Der bei der Rentenanpassung
insoweit zu berücksichtigende Aufwand für die zusätzliche Altersvorsorge sollte im
Jahr 2002 mit 0,5 % des Bruttolohns einsetzen, sich in den folgenden sieben Jahren
um jeweils 0,5 % erhöhen und im Jahr 2009 den endgültigen Wert von 4 % des
Bruttolohns erreichen. Die Veränderung des Altersvorsorgeanteils war danach
erstmals für die Anpassung in 2003 zu berücksichtigen, so dass die
Rentenanpassungen bis zum Jahr 2010 um rund 5 Prozentpunkte niedriger ausfallen
sollten (vgl. BTDrucks 14/4595, S. 82).
72
Der Nachhaltigkeitsfaktor wiederum sollte zu einer Stabilisierung der Finanzen der
gesetzlichen Rentenversicherung beitragen, indem er die Höhe der Rentenanpassung
von der Entwicklung des zahlenmäßigen Verhältnisses von
Äquivalenzrentenempfängern zu Äquivalenzbeitragszahlern abhängig macht, um eine
gerechte Verteilung der demografischen und ökonomischen Lasten zwischen den
Generationen zu erreichen (vgl. BTDrucks 15/2149, S. 23). Dabei ging man davon aus,
dass die Modifizierung der Formel zur Fortschreibung des aktuellen Rentenwerts durch
Einführung des Nachhaltigkeitsfaktors und Orientierung an der beitragspflichtigen
Bruttolohn- und -gehaltssumme zu einer anwachsenden Beitragssatzentlastung bis hin
zu 1,6 Beitragssatzpunkten im langfristigen Zeitraum bis 2030 führt (BTDrucks
15/2149, S. 34).
73
Es liegt innerhalb des dem Gesetzgeber eingeräumten Gestaltungsermessens, wenn
er der Stabilisierung und Begrenzung des Beitragssatzes zur gesetzlichen
Rentenversicherung aus systemimmanenten Gründen zur Wahrung des Grundsatzes
der Generationengerechtigkeit Priorität einräumt. Dabei liegt die Annahme, das
Vertrauen in die gesetzliche Rentenversicherung könne vor dem Hintergrund der
ökonomischen und demografischen Entwicklungen nur dadurch wieder hergestellt
werden, dass den Versicherten eine Perspektive aufgezeigt werde, die ihnen zu
bezahlbaren Beitragssätzen eine angemessene Lebensstandardsicherung bei Alter,
Invalidität und im Hinterbliebenenfall gewährleiste, weshalb die Beitragssätze nicht
über ein bestimmtes Beitragssatzniveau steigen dürften (vgl. BTDrucks 14/4595, S.
37 f.), innerhalb der Einschätzungsprärogative des zur Gestaltung des Sozialstaats
berufenen Gesetzgebers (vgl. BVerfGE 76, 220 <241>). Vor dem Hintergrund der
angespannten Haushaltslage war er auch nicht gehalten, den sich abzeichnenden
Finanzbedarf über einen noch höheren Bundeszuschuss zur gesetzlichen
Rentenversicherung sicherzustellen (vgl. BVerfGK 11, 465 <471>). Nach Angaben der
Bundesregierung in den Verfahren 1 BvR 79/09 und 1 BvR 1298/09 hat der Bund im
Rahmen der Maßnahmen zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung seine
finanzielle Beteiligung aus Verantwortung für deren langfristiges Funktionieren
ohnehin schon erheblich mit der Folge ausgeweitet, dass mittlerweile bereits rund ein
Viertel der Ausgaben des Bundeshaushalts auf Zuschüsse, Beiträge und Erstattungen
an die gesetzliche Rentenversicherung entfällt.
74
cc) Die mit den Verfassungsbeschwerden angegriffenen gesetzlichen Maßnahmen
sind, jedenfalls mit Blick auf die hier angegriffene Anpassung der Rentenzahlbeträge
zum 1. Juli 2005, auch verhältnismäßig im engeren Sinne.
75
Die Änderungen der Formel zur Fortschreibung des aktuellen Rentenwerts haben
zwar, insbesondere aufgrund der Einfügung des Altersvorsorgeanteils und des
Nachhaltigkeitsfaktors, ein strukturelles Gewicht. Die Anpassung der Renten erfolgt
aber nach wie vor lohnorientiert. Die Lohnentwicklung als wesentlicher Maßstab wird
lediglich ergänzt um tendenziell, aber nicht immer die Anpassung dämpfende, strikt
regelgebundene Mechanismen, die die steigenden, aber auch gegebenenfalls
sinkenden Aufwendungen der jüngeren Generation für die Alterssicherung bei der
Rentenanpassung berücksichtigen. Damit die rechnerisch getrennt voneinander zu
ermittelnden Dämpfungsfaktoren im Ergebnis nicht zu einer Kürzung des aktuellen
Rentenwerts führen, wenn sie einzeln oder in ihrem Zusammenwirken eine positive
Lohn- und Gehaltsentwicklung überlagern, wurde zudem mit dem RV-
Nachhaltigkeitsgesetz in § 68 Abs. 6, § 255e Abs. 5 SGB VI eine Schutzklausel
eingefügt, nach der sie bei der Ermittlung des neuen aktuellen Rentenwerts nur
insoweit angewendet werden, wie sie eine positive Lohn- und Gehaltsentwicklung
neutralisieren.
76
Die Bewertung der erbrachten Vorleistungen hat der Gesetzgeber damit nicht geändert,
die rentenrechtliche Rangstelle der Versicherten in der Solidargemeinschaft, die ihren
Anteil an der Umverteilung bestimmt (vgl. BVerfGE 54, 11 <28>), wird nicht berührt. Er
hat vielmehr Faktoren in die Formel zur Fortschreibung des aktuellen Rentenwerts
eingefügt, die sowohl Bestands- als auch Zugangsrenten erfassen und im
umlagefinanzierten System der gesetzlichen Rentenversicherung zu einem Ausgleich
der demografisch bedingten Belastungen zwischen den Generationen führen sollen.
Die anpassungsdämpfende Wirkung des Altersvorsorgeanteils steht im
Zusammenhang mit der Einführung der staatlich geförderten privaten Altersvorsorge.
Mit dem breiten Aufbau zusätzlicher kapitalgedeckter Altersvorsorge sollte die
Alterssicherung auf eine umfassendere finanzielle Grundlage gestellt werden, die es
trotz einer Beitragsbelastung von bis zu 22 % ermöglicht, den im Erwerbsleben
erreichten Lebensstandard im Alter zu sichern, mithin die mit der Begrenzung des
demografisch bedingten Anstiegs des Beitragssatzes einhergehende Absenkung des
Rentenniveaus zu kompensieren (vgl. BTDrucks 14/4595, S. 37 ff.). Dabei ging der
Gesetzgeber davon aus, dass die hierfür aufzuwendenden Beträge, vergleichbar
einem steigenden Beitragssatz zur gesetzlichen Rentenversicherung, die verfügbaren
Einkommen der Beschäftigten reduzieren. Dieser Effekt sollte über die Dämpfung der
Anpassung aus Gründen der Generationengerechtigkeit - nach den Feststellungen des
Bundessozialgerichts in dem Verfahren 1 BvR 79/09 lagen die Beitragssätze in der
gesetzlichen Rentenversicherung zwischen 1957 bis Anfang der achtziger Jahre noch
bei 14 % bis 18 % - auf die Rentner übertragen werden (vgl. BTDrucks 14/4595, S. 47).
77
Die angegriffenen Änderungen der Formel zur Fortschreibung des aktuellen
Rentenwerts führten nicht zu einer betragsmäßigen Reduzierung der monatlichen
Rente. Angesichts des geringen Anstiegs der durchschnittlichen Bruttolöhne und -
gehälter in den alten Ländern im Jahr 2004 gegenüber dem Jahr 2003 um 0,12 % hätte
sich der aktuelle Rentenwert ohne Berücksichtigung des Altersvorsorgeanteils und des
Nachhaltigkeitsfaktors lediglich um 0,03 Euro von 26,13 Euro auf 26,16 Euro erhöht.
Auf einen Standardrentner mit 45 Versicherungsjahren und 45 Entgeltpunkten bezogen
entspräche dies einer Rentenerhöhung von monatlich 1,35 Euro, auf die
Beschwerdeführer bezogen wären es monatlich bei der Altersrente der
Beschwerdeführerin zu 1) rund 1,33 Euro, bei der Beschwerdeführerin zu 2) rund 0,86
Euro, beim Beschwerdeführer zu 3) rund 2,19 Euro und beim Beschwerdeführer zu 4)
rund 1,83 Euro gewesen. Zwar minderte sich zugleich der Wert der Rentenbeträge
infolge der zwischenzeitlichen Geldentwertung. Tatsächlich stieg der
Verbraucherpreisindex im Jahr 2005 gegenüber dem Vorjahr um 1,5 Prozentpunkte
(vgl. Statistik der Deutschen Rentenversicherung, Rentenversicherung in Zeitreihen
2012, S. 274). Im Zeitraum zwischen 2004 und heute sind die Veränderungen
deutlicher spürbar. Doch muss auch diesbezüglich ein „unzumutbarer Nachteil“ näher
begründet werden.
78
b) Ein Verstoß gegen das Rechts- und Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 und 3 GG
ist gleichfalls nicht ersichtlich.
79
Mit Blick auf die durch das 21. Rentenanpassungsgesetz angeordnete Verschiebung
der Rentenanpassung im Jahre 1978 und die Abkoppelung der Rentenanpassungen
von der Einkommensentwicklung in den Jahren 1979 bis 1981 hat das
Bundesverfassungsgericht unter anderem festgestellt, dass weder die Rechtslage noch
die Systematik der gesetzlichen Rentenversicherung ein schützenswertes Vertrauen in
eine uneingeschränkte und stetige Rentenerhöhung begründen können. Verantwortlich
für den stetigen Anstieg des Rentenniveaus in den vorausgegangenen Jahrzehnten sei
die günstige wirtschaftliche Entwicklung gewesen (vgl. BVerfGE 64, 87 <104 f.>).
80
Allerdings ist der Gesetzgeber bei Eingriffen in die Systematik der regelmäßigen
Rentenanpassung verfassungsrechtlich gebunden. Im Bereich der gesetzlichen
Rentenversicherung begründen die langfristigen Beitragsverpflichtungen, die erst zu
einem sehr viel später liegenden Zeitpunkt zu Leistungen führen, ein besonderes
Vertrauen auf den Fortbestand gesetzlicher Leistungsregeln (vgl. BVerfGE 69, 272
<309>), zu denen auch die Vorschriften über die regelmäßige Rentenanpassung
gehören (vgl. BVerfGK 11, 465 <473>). Zudem folgt aus dem in der gesetzlichen
Rentenversicherung grundsätzlich angeordneten Versicherungszwang mit einem
erheblichen Beitragssatzniveau die Pflicht des Gesetzgebers, für die erbrachten
Beitragsleistungen im Versicherungsfall adäquate Versicherungsleistungen zu
erbringen (vgl. BVerfGK 11, 465 <473> m.w.N.). Schließlich dürfen die Regelungen
über die Rentenanpassung nicht zu einer substantiellen Entwertung der erreichten
Ansprüche und Anwartschaften mit der Folge führen, dass diese im Ergebnis leer
laufen (vgl. BVerfGE 64, 87 <97 f.>).
81
Wo konkret der Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers bei der Ausgestaltung der
Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung seine Grenze findet, weil die Rente
ihre Funktion als substantielle Alterssicherung verlöre, bedarf mit Blick auf die hier
angegriffene Rentenanpassung zum 1. Juli 2005 jedoch keiner Entscheidung. Denn es
ist offensichtlich, dass diese Grenze hierdurch nicht erreicht wird (vgl. BVerfGK 11, 465
<473>).
82
2. Die den Rentnerinnen und Rentnern durch das GKV-Modernisierungsgesetz und
das Gesetz zur Anpassung der Finanzierung von Zahnersatz auferlegte Pflicht, einen
zusätzlichen Beitrag zur Krankenversicherung der Rentner allein zu tragen, verletzt die
Beschwerdeführer gleichfalls nicht in ihren verfassungsmäßigen Rechten.
83
a) Auch insoweit kann offen bleiben, ob die Belastung mit einem zusätzlichen, von den
Rentenbeziehern allein zu tragenden Beitrag zur Krankenversicherung der Rentner
den Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG berührt. Der nach dem früheren Recht
der Reichsversicherungsordnung (RVO) begründete Anspruch auf einen
Beitragszuschuss des Rentenversicherungsträgers ist zwar vom
Bundesverfassungsgericht als durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG geschützte Position
anerkannt worden, weil die Norm des § 1235 Nr. 5 RVO den Versicherten eine
Rechtsposition gewährleiste, die ihnen zugeordnet sei, nicht unerheblich auf
Eigenleistungen beruhe und ihrer Existenzsicherung zu dienen bestimmt sei. Zwar
garantiere § 1235 Nr. 5 RVO den Berechtigten keinen Anspruch auf Beitragsleistung in
einer bestimmten Höhe; er gewährleiste indessen als gesetzliche Regelleistung den
Versicherten, dass sie mit Hilfe der Rentenversicherung in die Lage versetzt werden,
nach Eintritt des Versicherungsfalls einen ihren Einkommensverhältnissen
entsprechenden Krankenversicherungsschutz zu erlangen. Die Höhe der
Krankenkosten und dadurch bedingt der Beiträge zur privaten oder gesetzlichen
Krankenversicherung könnten ohne die Regelleistungen nach § 1235 Nr. 5 RVO dazu
führen, dass Rentner nicht mehr oder nur noch mit unverhältnismäßigem Aufwand in
der Lage wären, ihren Krankenversicherungsschutz sicherzustellen. Dadurch würde
eine ihre wirtschaftliche Existenz gefährdende Situation entstehen können. Versicherte
könnten daher nicht auf eine ausschließliche Eigenfinanzierung ihres
Krankenversicherungsschutzes verwiesen werden (vgl. BVerfGE 69, 272 <304 ff.>).
84
Mit Inkorporation des Rentenversicherungsrechts als Sechstes Buch in das
Sozialgesetzbuch durch das Rentenreformgesetz 1992 wurde die Beitragstragung für
Versicherungspflichtige mit Rentenbezug mit Wirkung zum 1. Januar 1992 allerdings
grundlegend neu geregelt. § 249a SGB V bestimmte nunmehr, dass
Versicherungspflichtige, die eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung
beziehen, und die Träger der Rentenversicherung die nach der Rente zu
bemessenden Beiträge jeweils zur Hälfte tragen. Gleichzeitig wurde für diesen
Personenkreis in § 106 SGB VI kein Anspruch auf einen Beitragszuschuss des
Rentenversicherungsträgers mehr aufgenommen. Mit Blick auf die durch § 59 Abs. 1
Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI) - Soziale Pflegeversicherung in Verbindung
mit § 249a SGB V in der bis zum 31. Dezember 2003 geltenden Fassung begründete
vergleichbare Verpflichtung des Rentenversicherungsträgers, den nach der Rente zu
bemessenden Beitrag zur Pflegeversicherung zur Hälfte zu tragen, hat das
Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 7. Oktober 2008 jedenfalls offen
gelassen, ob § 59 Abs. 1 Satz 1 SGB XI überhaupt ein subjektivöffentliches Recht auf
eine Beteiligung des Rentenversicherungsträgers an dem Beitrag zur
Pflegeversicherung geschaffen hat (vgl. BVerfGK 14, 287 <289>).
85
Ob die zum früheren reichsversicherungsordnungsrechtlichen Anspruch gegen den
Rentenversicherungsträger auf einen Beitragszuschuss zur Krankenversicherung der
Rentner ergangene Rechtsprechung auch auf die im Sozialgesetzbuch ausgestaltete
rentenversicherungsrechtliche Rechtsposition der Versicherten zu übertragen ist,
bedarf vorliegend jedoch keiner Entscheidung. Selbst wenn man in der Erhebung des
zusätzlichen von den Rentnern allein zu tragenden Beitrags zur Krankenversicherung
der Rentner eine Beeinträchtigung des Schutzbereichs von Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG
sieht, wäre die Eigentumsgarantie vorliegend nicht verletzt. Denn auch sie stellt sich
als gesetzliche Maßnahme dar, die einen verfassungsrechtlich gerechtfertigten Eingriff
in den Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 GG bewirken und zugleich gemäß Art. 14 Abs.
1 Satz 2 GG Inhalt und Schranken des Eigentums verfassungsgemäß bestimmen
würde (vgl. BVerfGE 128, 138 <147 ff.>). Sie ist durch Gründe des öffentlichen
Interesses unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit
gerechtfertigt.
86
b) Die mit dem GKV-Modernisierungsgesetz und dem Gesetz zur Anpassung der
Finanzierung von Zahnersatz vom 15. Dezember 2004 (BGBl I S. 3445) angestrebte
Senkung des Beitragssatzniveaus und damit auch der Lohnnebenkosten ist ein
Regelungsziel, das im öffentlichen Interesse liegt, denn mit der finanziellen Entlastung
der Arbeitgeber und auch der Rentenversicherung sollte die Reform der gesetzlichen
Krankenversicherung dazu beitragen, Beschäftigung zu fördern, was wiederum zu
mehr Einnahmen und damit zu einer Stabilisierung der Finanzgrundlagen der
Sozialversicherung insgesamt führen sollte (vgl. BTDrucks 15/1525, S. 72).
87
Die Einführung des von den Rentnern allein zu tragenden zusätzlichen Beitrags zur
Krankenversicherung der Rentner wurde durch das GKV-Modernisierungsgesetz in die
Wege geleitet, dessen Ziel es war, die gesetzliche Krankenversicherung vor dem
Hintergrund des damaligen Ausgabenanstiegs und der dadurch verursachten
Finanzierungslücke, die nach Ansicht des Gesetzgebers weder durch weitere
Beitragssatzsteigerungen noch durch die Rationierung von Leistungen geschlossen
werden konnte, vor allem durch strukturelle Änderungen finanziell zu entlasten;
zusätzlich sollten durch eine Neuordnung der Finanzierung das Beitragssatzniveau
und damit die Lohnnebenkosten deutlich gesenkt werden (vgl. BTDrucks 15/1525, S.
1 f.).
88
Zur Neuordnung der Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung sollten unter
anderem der Zahnersatz ab 2005 allein von den Versicherten mit einem
einkommensunabhängigen Beitrag finanziert und ab dem Jahr 2006 das Krankengeld
umfinanziert werden. Zur Beteiligung der Mitglieder der gesetzlichen
Krankenversicherung an den gestiegenen Kosten im Gesundheitswesen sollte ein
zusätzlicher Beitragssatz in Höhe von 0,5 % eingeführt werden, der nur von den
Mitgliedern getragen werden sollte. Zugleich sollte der allgemeine Beitragssatz
entsprechend sinken und insoweit auch die Belastungen der Beitragszahler durch den
zusätzlichen Beitragssatz im Ergebnis gemildert werden (vgl. BTDrucks 15/1525,
S. 76 f.). Nachdem sich bei der Vorbereitung der Umsetzung jedoch gezeigt hatte, dass
die Erhebung eines festen Beitrags in einer eigenen Zahnersatzversicherung zu
erheblichen praktischen Schwierigkeiten führen würde, hat der Gesetzgeber mit dem
Gesetz zur Anpassung der Finanzierung von Zahnersatz vom 15. Dezember 2004
(BGBl I S. 3445) die gesonderte Finanzierung des Zahnersatzes rückgängig gemacht.
Um die mit dem GKV-Modernisierungsgesetz angestrebten Beitragssatzsenkungen
bezogen auf den allgemeinen Beitragssatz dennoch sicherzustellen, wurde der
zusätzliche Beitragssatz auf 0,9 % angehoben und das Inkrafttreten dieses erhöhten
zusätzlichen Beitragssatzes auf den 1. Juli 2005 vorgezogen (vgl. BTDrucks 15/3681,
S. 4).
89
Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführer veranlasst der Umstand, dass der
Gesetzgeber im Allgemeinen Teil der Begründung des Entwurfs eines Gesetzes zur
Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung die Erhebung des
Zusatzbeitrags im Zusammenhang mit einer Umfinanzierung des Krankengelds
genannt hat (vgl. BTDrucks 15/1525, S. 71, 76 f., 79), insoweit keine andere
Beurteilung. Zu Recht geht das Bundessozialgericht davon aus, dass der von den
Mitgliedern der gesetzlichen Krankenversicherung zu entrichtende zusätzliche
Krankenversicherungsbeitrag rechtlich nicht an die Finanzierung bestimmter
Leistungen, insbesondere des Krankengeldes, gebunden ist, sondern mit
„Umfinanzierung des Krankengeldes“ allenfalls die Größenordnung bezeichnet werden
sollte, in der Arbeitgeber und Rentenversicherungsträger entlastet werden sollten (vgl.
BSGE 99, 19 <26 f.>).
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c) Der Gesetzgeber durfte unter Ausschöpfung des ihm bei der Gestaltung des
Sozialrechts zukommenden Spielraums (vgl. BVerfGE 75, 78 <101>; 76, 220 <241>;
100, 1 <37>) auch die den Rentnern auferlegte Pflicht, einen zusätzlichen Beitrag zur
Krankenversicherung der Rentner allein zu tragen, als geeignet und erforderlich
ansehen.
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Gegen die Einschätzung, die Maßnahme ermögliche das Beitragssatzniveau und
damit die Lohnnebenkosten von Arbeitgebern zu senken, ist nichts einzuwenden. Der
Gesetzgeber erwartete eine Entlastung der Arbeitgeber und
Rentenversicherungsträger in einer finanziellen Größenordnung von 2,2 bis 2,3
Mrd. Euro im Jahr 2005 und von 4,5 Mrd. Euro ab dem Jahr 2006. Allein für die
gesetzliche Rentenversicherung sollten sich im Vergleich zu 2004 im Jahr 2005
Minderausgaben in einer finanziellen Größenordnung von 450 Mio. Euro und ab 2006
von 900 Mio. Euro ergeben (vgl. BTDrucks 15/3681, S. 1, 5), welche indirekt - über
einen Dämpfungseffekt auf den Beitragssatz in der gesetzlichen Rentenversicherung -
die Arbeitskosten entlasten sollten (vgl. BSGE 99, 19 <28>).
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Es liegt auch innerhalb des dem Gesetzgeber eingeräumten Gestaltungsermessens,
wenn er aus arbeitsmarktpolitischen Gründen der Senkung des Beitragssatzniveaus
und damit auch der Lohnnebenkosten Priorität einräumt. Dabei liegt die Annahme,
dass hohe Lohnnebenkosten zum Wegfall oder zum Nichtentstehen
versicherungspflichtiger Beschäftigungsverhältnisse beitragen, in der
Einschätzungsprärogative des zur Gestaltung des Sozialstaats berufenen
Gesetzgebers (vgl. BVerfGE 76, 220 <241>). Ein milderes Mittel stand ihm nach
eigener Einschätzung vor dem Hintergrund der zeitgleich in die Wege geleiteten
strukturellen Reformen nicht zur Verfügung; zentrale medizinische Leistungen zu
rationieren, konnte von ihm von Verfassungs wegen nicht verlangt werden.
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d) Bei einem Vergleich der Schwere der - unterstellten - grundrechtlichen
Beeinträchtigung und der Bedeutung des mit der Gesetzesänderung verfolgten
öffentlichen Belangs ist den Rentnern die ihnen auferlegte zusätzliche Beitragslast
zumutbar. Sie ist nicht derart gravierend, dass sie von ihnen nicht getragen werden
könnte, zumal die auferlegte zusätzliche Belastung einkommensproportional
ausgestaltet ist. Die Gesetzesänderung zum 1. Juli 2005 führte im Ergebnis zu einer
weiteren Belastung der Rentner von 0,45 % des Rentenbetrags. Bezogen auf eine
monatliche Standardrente im Juli 2005 in Höhe von 1.176 Euro in den alten Ländern
bedeutete dies eine Minderung des monatlichen Rentenzahlbetrags um 5,29 Euro,
bezogen auf die Altersrente der Beschwerdeführerin zu 1) um 5,21 Euro, bei der
Beschwerdeführerin zu 2) um 3,35 Euro, beim Beschwerdeführer zu 3) um 8,59 Euro
und beim Beschwerdeführer zu 4) um 7,18 Euro. Eine Gefahr, dass die
Beschwerdeführer infolgedessen nicht mehr oder nur noch mit unverhältnismäßigem
Aufwand in der Lage wären, ihren Krankenversicherungsschutz sicherzustellen, ist
nicht ersichtlich.
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3. Auch bei einer additiven Betrachtung der die rentenversicherungsrechtliche
Rechtsposition der Beschwerdeführer betreffenden gesetzgeberischen Maßnahmen
zeigt sich keine Verletzung ihrer verfassungsmäßigen Rechte. Grundsätzlich ist es
zwar möglich, dass verschiedene einzelne, für sich betrachtet geringfügige Eingriffe in
grundrechtlich geschützte Bereiche zu einer schwerwiegenden Beeinträchtigung
führen, die das Maß der rechtsstaatlich hinnehmbaren Eingriffsintensität überschreitet
(vgl. BVerfGE 112, 304 <319 f.>; 114, 196 <247>; 123, 186 <265 f.>), eine solche ist
vorliegend jedoch nicht ersichtlich.
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a) Selbst wenn man davon ausgeht, dass insoweit alle Modifikationen der Regelungen
zur Rentenanpassung seit ihrer Einführung im Jahre 1957, die aufgrund der jährlichen
Fortschreibung der allgemeinen Bemessungsgrundlage beziehungsweise des
aktuellen Rentenwerts auch in den Folgejahren weiterwirken, sowie die Änderungen
des Umfangs der Beitragspflicht beziehungsweise der Beitragslast zur
Krankenversicherung der Rentner und zur Pflegeversicherung der Rentner zu
berücksichtigen wären, was vorliegend keiner Entscheidung bedarf, ist festzustellen,
dass die Rentner jedenfalls bis zur hier angegriffenen Rentenanpassung zum 1. Juli
2005 an der allgemeinen Einkommensentwicklung voll partizipiert haben (vgl. Ruland,
in: GK-SGB VI, Stand Nov. 2007, vor §§ 63 ff. Rn. 24). Zwar ist von 1957 bis 2006 das
durchschnittliche Bruttoentgelt der Versicherten auf das 11,36-fache gestiegen, die
Bruttostandardrente hingegen nur auf das 9,6-fache, das durchschnittliche Nettoentgelt
der Versicherten jedoch ist im gleichen Zeitraum nur auf das rund 8,6-fache
angewachsen, während die Nettostandardrente auf das rund 8,7-fache gestiegen ist
(vgl. Ruland, in: GK-SGB VI, Stand Nov. 2007, vor §§ 63 ff. Rn. 24).
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Stellt man auf die Entwicklung des Standardrentenniveaus ab, also auf das
prozentuale Verhältnis der Rente eines Standardrentners, der 45 Jahre aus dem
durchschnittlichen Entgelt der Versicherten Beiträge zur gesetzlichen
Rentenversicherung entrichtet hat, zum Durchschnittsentgelt der Versicherten
desselben Jahres, so zeigt sich bei einem Vergleich des Standardrentenniveaus
jeweils im Jahr des Beginns der Altersrenten der Beschwerdeführer und im Jahre 2005
gleichfalls keine derart gravierende Beeinträchtigung. So betrug das
Standardrentenniveau im Jahr 2005 48,3 % brutto und 52,6 % netto vor Steuern,
während es im Jahr des Rentenbeginns der Beschwerdeführerin zu 1) bei 48,2 %
brutto und 52,9 % netto vor Steuern, der Beschwerdeführerin zu 2) bei 48,0 % brutto
und 52,6 % netto vor Steuern, des Beschwerdeführers zu 3) bei 48,8 % brutto und
53,4 % netto vor Steuern und des Beschwerdeführers zu 4) bei 48,4 % brutto und
53,3 % netto vor Steuern lag. Als maximale Veränderungen ergeben sich somit
bezogen auf das Bruttostandardrentenniveau ein Anstieg um 0,3 Prozentpunkte im Fall
der Beschwerdeführerin zu 2) und ein Rückgang um 0,5 Prozentpunkte im Fall des
Beschwerdeführers zu 3), bezogen auf das Nettostandardrentenniveau keine
Veränderung im Fall der Beschwerdeführerin zu 2) und ein Rückgang um
0,8 Prozentpunkte im Fall des Beschwerdeführers zu 3) (vgl. Statistik der Deutschen
Rentenversicherung, Rentenversicherung in Zeitreihen 2012, S. 260).
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b) Auch wenn man die Entwicklung des Preisniveaus jeweils ab Beginn der
Altersrenten der Beschwerdeführer bis zur angegriffenen Rentenanpassung im Jahre
2005 als Maßstab heranzieht, zeigt sich nur eine verhältnismäßig geringe Entwertung
der Rentenbeträge, bei der Beschwerdeführerin zu 1) von rund 2,17 Prozentpunkten,
bei der Beschwerdeführerin zu 2) von rund 0,39 Prozentpunkten, beim
Beschwerdeführer zu 3) von rund 0,04 Prozentpunkten und beim Beschwerdeführer zu
4) von rund 2,5 Prozentpunkten. Nach den Daten des Statistischen Bundesamtes (vgl.
Statistisches Bundesamt, Preise, Verbraucherpreisindizes für Deutschland, Lange
Reihen ab 1948, November 2012) und der Deutschen Rentenversicherung (vgl.
Statistik der Deutschen Rentenversicherung, Rentenversicherung in Zeitreihen 2012,
S. 263) lag zum 1. Juli 2005 der Verbraucherpreisindex bei rund 100 % und der
aktuelle Rentenwert bei 26,13 Euro, wohingegen bei Beginn der Altersrente im Fall der
Beschwerdeführerin zu 1) der aktuelle Rentenwert umgerechnet rund 24,84 Euro bei
einem Verbraucherpreisindex von 93 %, im Fall der Beschwerdeführerin zu 2) der
aktuelle Rentenwert gleichfalls umgerechnet rund 24,84 Euro bei einem
Verbraucherpreisindex von 94,7 %, im Fall des Beschwerdeführers zu 3) der aktuelle
Rentenwert bei umgerechnet rund 21,80 Euro bei einem Verbraucherpreisindex von
83,4 % und im Fall des Beschwerdeführers zu 4) der aktuelle Rentenwert umgerechnet
rund 24,36 Euro bei einem Verbraucherpreisindex von 90,9 % betrug.
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Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Kirchhof
Masing
Baer