Urteil des BPatG vom 06.04.2005

BPatG: treu und glauben, armenrecht, gebrauchsmuster, beschwerdeinstanz, rückwirkung, neuheit, einverständnis, ausarbeitung, entlastung, gleichstellung

BUNDESPATENTGERICHT
5 W (pat) 11/05
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(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend das Gebrauchsmuster …
(hier: Beiordnung eines Vertreters)
hat der 5. Senat (Gebrauchsmuster-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts
am 16. Oktober 2006 durch …
BPatG 152
08.05
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beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
G r ü n d e
I.
Das vom Beschwerdeführer am 24. Januar 2005 beim Deutschen Patent- und
Markenamt angemeldete Gebrauchsmuster … , das eine …
betrifft, ist am 19. Mai 2005 in das Re-
gister eingetragen worden. Die am 16. März 2005 beantragte Verfahrenskostenhil-
fe wurde dem Beschwerdeführer mit Beschluss vom 6. April 2005 bewilligt. In die-
sem Beschluss wurde seitens der Gebrauchsmusterstelle festgestellt, dass ein
Antrag auf Beiordnung eines Vertreters nicht gestellt worden sei.
Mit Schriftsatz vom 27. April 2005 erklärte die Verfahrensbevollmächtigte des Be-
schwerdeführers ihr „Einverständnis mit der Beiordnung als Vertreter“ und machte
mit Formblattschreiben vom 20. Mai 2005 ihre Gebühren und Auslagen für das
Gebrauchsmusteranmeldeverfahren von insgesamt 440,80 € geltend. Mit Schrift-
satz vom 9. Juni 2005 hat der Beschwerdeführer unter gleichzeitiger Vollmachts-
vorlage die Beiordnung seiner Verfahrensbevollmächtigten beantragt.
Diesen Antrag hat die Gebrauchsmusterstelle des Deutschen Patent- und Marken-
amts am 1. August 2005 zurückgewiesen. Zur Begründung wird ausgeführt, dass
die Beiordnung zur sachdienlichen Erledigung nicht mehr erforderlich gewesen
sei, als sie beantragt worden sei. Denn bei Antragstellung sei das Verfahren be-
reits soweit fortgeschritten gewesen, dass der Antragsteller alle danach noch er-
forderlichen Handlungen selbst habe vornehmen können. Eine auf einen Zeitpunkt
vor ihrer Beantragung rückwirkende Beiordnung sei grundsätzlich nicht möglich.
Auf einen der in der Rechtsprechung anerkannten Ausnahmetatbestand könne
sich der Antragsteller nicht berufen. Ein unmittelbarer zeitlicher Zusammenhang
zwischen der Anmeldung vom 25. Januar 2005 und dem Antrag auf Beiordnung
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vom 9. Juni 2005 sei durch den Abstand von mehr als 4 Monaten nicht gegeben.
Der grundsätzlich gesondert zu stellende Antrag auf Beiordnung habe bei Bewilli-
gung der Verfahrenskostenhilfe auch nicht vorgelegen, worauf im Bewilligungsbe-
schluss ausdrücklich hingewiesen worden sei. Die Verfahrensbevollmächtigte des
Beschwerdeführers habe daraufhin nicht mit dem in der Eingabe vom
27. April 2005 reagieren dürfen, mit dem sie ihr Einverständnis mit der Beiordnung
mitgeteilt habe. Da das Eintragungsverfahren mit der Eintragung des Gebrauchs-
musters am 19. Mai 2005 beendet war, sei der ausdrückliche Antrag auf Beiord-
nung vom 9. Juni 2005 verspätet.
Mit seiner gegen die Zurückweisung gerichteten Beschwerde verfolgt der Antrag-
steller seinen Antrag auf Beiordnung seiner Verfahrensbevollmächtigten weiter. Er
macht geltend, dass aus der Gesamtheit der von seiner anwaltlichen Vertreterin
vorgelegten Unterlagen der klare Wille, dass ein Antrag auf Verfahrenskostenhilfe
und Beiordnung der Vertreterin gestellt werden sollte, ohne weiteres erkennbar
gewesen sei. Im Übrigen beruft sich der Antragsteller auf eine Senatsentschei-
dung vom 8. März 2002, deren zugrunde liegender Sachverhalt mit Ausnahme der
Daten mit dem vorliegenden identisch sei. Dass die anwaltliche Ausarbeitung der
Unterlagen für den russisch-muttersprachlichen Anmelder für eine ordnungsgemä-
ße Anmeldung, die eine unbeanstandete Registrierung ermöglichte, unbedingt
notwendig gewesen sei, sei ohne weiteres verständlich.
Der Antragsteller beantragt,
den Beschluss der Gebrauchsmusterstelle vom 1. August 2005
aufzuheben und dem (expliziten) Antrag vom 9. Juni 2005 auf Bei-
ordnung von Patentanwältin A… stattzugeben.
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II.
Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Die Gebrauchsmusterstelle hat den
Antrag auf Beiordnung zu Recht zurückgewiesen. Bei Antragstellung am 9. Ju-
ni 2005, auf die sich das Beschwerdebegehren ausdrücklich bezieht, lagen die
Voraussetzungen für eine Beiordnung nicht mehr vor.
1.
Grundsätzlich ist der frühestmögliche Zeitpunkt, zu dem ein Anwalt beige-
ordnet werden kann, der Zeitpunkt der entsprechenden Antragstellung
(h. M., vgl. BPatG Mitt. 2003, 310 f.). Ein solcher Antrag liegt vor, er wurde
am 9. Juni 2005 gestellt. Die laut Antrag in der Beschwerdeschrift vom
12. August 2005 begehrte Beiordnung gemäß diesem Antrag ist jedoch
nicht möglich. Denn am 9. Juni 2005 war das Eintragungsverfahren über
das Gebrauchsmuster … bereits abgeschlossen, so dass
weitere Verfahrenshandlungen durch den Anmelder selbst nicht mehr not-
wendig waren und Gang und Inhalt des Verfahrens nicht mehr beeinflusst
werden konnten. Demnach war zum Zeitpunkt der Antragstellung eine Bei-
ordnung nicht mehr erforderlich im Sinne von § 133 PatG war (vgl. Busse
a. a. O. Rn. 4; BPatGE 22, 39 ff.).
2.
Die Beschwerde erweist sich aber auch dann nicht als begründet, wenn
man die Gesamtheit der von der anwaltlichen Vertreterin des Beschwerde-
führers im Anmeldeverfahren vorgelegten Unterlagen berücksichtigt. Denn
aus ihnen lässt sich auch durch Auslegung der Wille, dass mit dem Eintra-
gungsantrag ein Antrag auf Verfahrenskostenhilfe und auf Beiordnung der
Vertreterin gestellt werden sollte, nicht entnehmen.
2.1.
Nach § 21 GebrMG i. V. m. § 133 PatG muss für die Beiordnung eines Ver-
treters ein entsprechender Antrag gestellt werden.
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2.1.1. Die überwiegende Rechtsprechung und Literatur zu § 121 Abs. 2 ZPO, der
insoweit weitgehend der Regelung des § 133 PatG entspricht, fordert hier-
bei einen ausdrücklichen Antrag (vgl. Kalthoener/Büttner, Wrobel-Sachs,
Prozesskostenhilfe und Beratungshilfe, 4. Aufl. 2005, Rn. 258 m. w. N.;
Zöller-Philippi, ZPO, 25. Aufl. 2005, Rn. 4 zu § 121 m. w. N.; Busse, PatG,
6. Aufl. 2003, Rn. 2 zu § 133). Allerdings wird in Rechtsprechung und Lite-
ratur weitergehend die Auffassung vertreten, dass zwar grundsätzlich ein
ausdrücklicher Antrag auf Beiordnung eines Vertreters neben dam Antrag
auf Gewährung der Verfahrenskostenhilfe gestellt werden müsse, dass
aber auch eine konkludente Antragstellung möglich sei. Eine solcher kon-
kludenter Antrag liegt nach dieser Auffassung bereits dann vor, wenn der
Antrag auf Verfahrenskostenhilfe (Prozesskostenhilfe) durch einen Anwalt
gestellt wird (Kalthoener/Büttner, Wrobel-Sachs a. a. O m. w. N.; Engels,
Prozesskostenhilfe, 1990, Rn. 59 zu § 121 ZPO m. w. N.; Zöller-Philippi
a. a. O., Rn. 14 m. w. N.; vgl. auch LAG Niedersachsen, MDR 1999, 190;
OLG Düsseldorf, MDR 1981, 502). In diesem Sinn hat auch der erkennende
Senat im Beschluss vom 8. März 2002 (5 W (pat) 23/01; Mitt. 2003, 310 f.)
entschieden. Anderer Ansicht sind beispielsweise der VGH Baden-Würt-
temberg, JurBüro 1989, 124 ff., das LG Bayreuth, JurBüro 1982, 1735 und
das LAG
Schleswig-Holstein im Beschluss vom 15.
August
2003, Az.
2 Ta 173/03. Das LAG Schleswig-Holstein erachtet es wegen der unter-
schiedlichen Voraussetzungen für Prozesskostenhilfe und Beiordnung nicht
für zulässig, den Schluss zu ziehen, dass ein Antrag auf Prozesskostenhilfe
durch einen Anwalt gleichzeitig einen Antrag auf seine Beiordnung enthält.
Der VGH Baden-Württemberg hat festgestellt, dass der Antrag des Anwalts
auf Prozesskostenhilfe kein stillschweigender Antrag auf Beiordnung sei
und dass ein ausdrücklicher Antrag gestellt werden müsse. Das LG
Bayreuth hält einen konkludenten Antrag nur dann für gegeben, wenn ent-
weder Anwaltszwang herrscht oder eindeutig ist, dass eine Beiordnung er-
forderlich ist. Hartmann mahnt bei seiner Kommentierung zum Antragserfor-
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dernis bei der Beurteilung eines stillschweigenden Antrags zur Vorsicht
(Baumbach-Lauterbach-Hartmann ZPO, 64. Aufl. 2006, Rn. 30 zu § 121).
2.1.2. Angesichts der Tatsache, dass Verfahrenskostenhilfe im Gebrauchsmuster-
anmeldeverfahren entgegen der ursprünglichen Tendenz des Gesetzgebers
in bedenklicher Weise leicht zu erlangen ist, dürfen die Anforderungen für
die Übernahme zusätzlicher Kosten durch die öffentliche Hand nicht unter
das vom Gesetz geforderte Maß herabgesetzt werden. Insofern kann allein
aus dem Antrag eines Anwalts, einem Antragsteller Verfahrenskostenhilfe
zu gewähren, nicht ohne weiteres darauf geschlossen werden, dass gleich-
zeitig seine Beiordnung beantragt werde.
Bei der Einführung der damals noch als Armenrecht bezeichneten Rege-
lung der Verfahrenskostenhilfe durch das 5. Überleitungsgesetz vom
18. Juli 1953 hat der Gesetzgeber für das Gebrauchsmustereintragungsver-
fahren die Anwendbarkeit der entsprechenden Vorschriften des PatG davon
abhängig gemacht, dass die rechtlichen Schwierigkeiten die Beiordnung ei-
nes Vertreters erforderlich machten (§ 12 Abs. 2 GebrMG i. d. F. d. 5. ÜG),
ein über die Beiordnung hinausgehendes Armenrecht gab es nicht. Zur Be-
gründung wurde ausgeführt, dass es sich beim Gebrauchsmustereintra-
gungsverfahren im Wesentlichen um ein Registrierungsverfahren handle,
bei dem nur die formellen Voraussetzungen überprüft würden. „Die im Ar-
menrechtsverfahren vorgeschriebene Voraussetzung, dass die beabsichtig-
te Rechtsverfolgung Aussicht auf Erfolg hat, würde also im Gebrauchsmus-
tereintragungsverfahren entweder dazu führen, dass die angemeldete Erfin-
dung bereits im Eintragungsverfahren auf Neuheit geprüft wird, oder dass
das Merkmal der Erfolgsaussicht praktisch gegenstandslos wird und das Ar-
menrecht schon dann erteilt wird, wenn der Anmelder bedürftig ist.“ Aus
diesem Grunde wurde es nicht für angemessen erachtet, das Armenrechts-
verfahren allgemein auf das Gebrauchsmustererteilungsverfahren auszu-
dehnen (vgl. amtl. Begründung BlPMZ 1953, 302). Diese immer noch zu-
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treffenden Überlegungen wurden bei den folgenden Gesetzesänderungen
nicht mehr aufgegriffen, ohne dass sich daraus schließen ließe, dass sie
nicht mehr gelten sollten. Denn dort lagen die Schwerpunkte auf anderen
Punkten. Insoweit ist daher eine Lücke entstanden, die allerdings nur durch
den Gesetzgeber selbst wieder zu schließen ist.
Das o. g. Erfordernis der rechtlichen Schwierigkeiten wurde durch das Ge-
setz vom 4. September 1967 beseitigt. Jedoch bedeutete dies noch keine
unbeschränkte Einführung des Armenrechts in das Gebrauchsmusterlö-
schungsverfahren. Denn nach der durch die Verweisung in § 12 GebrMG
a. F. geltenden Vorschrift des damaligen § 46 b Abs. 2 Nr. 1 PatG war die
Anmeldegebühr vom Armenrecht ausgenommen, die Erleichterung für be-
dürftige Anmelder betraf demnach nur das Beschwerdeverfahren (vgl. amtl.
Begründung BlPMZ 1967, 244 ff., 270), für die Beiordnung galt § 46e PatG,
der insoweit dem heutigen § 133 PatG entsprach. Aufgrund des Gesetzes
über die Prozesskostenhilfe vom 13. Juni 1980 erfolgte eine Angleichung
der Vorschriften des PatG an die ZPO. Die danach im Patenterteilungsver-
fahren mögliche Einbeziehung der Anmeldegebühr sollte der Förderung der
erfinderischen Tätigkeit von Einzelerfindern und kleinen und mittleren Un-
ternehmen dienen. Ausdrücklich wurde darauf hingewiesen, dass durch das
nunmehr vorgesehene Ratensystem ein geeigneter Weg gefunden worden
sei, das Patentamt vor einer Überflutung mit unausgereiften Ideen zu be-
wahren (vgl. amtl. Begründung BlPMZ 1980, 249 ff., 260). Zum Gebrauchs-
mustergesetz wurde lediglich ausgeführt, dass es bisher auf die Armen-
rechtsvorschriften verwiesen habe und nunmehr auch im Gebrauchsmus-
terverfahren die neuen Vorschriften gelten sollten (vgl. amtl. Begründung
BlPMZ 1980, 249 ff., 261 Hierbei wurde offenkundig nicht beachtet, dass
mangels Prüfung der Neuheit und der Erfindungshöhe allein eine Anmel-
dung, gegen die keine formalen Bedenken bestehen, zur Bejahung der Er-
folgsaussichten und damit zu einem Anspruch auf Verfahrenskostenhilfe
führen. Damit wird aber im Ergebnis der unbemittelte Anmelder besser ge-
stellt als der nicht bedürftige, da er bedenkenlos und ohne finanzielle Risi-
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ken Anmeldungen einreichen kann. Dies hätte weiter zur Folge, dass - folg-
te man der in der Entscheidung vom 8. März 2002 (Mitt. 2003, 310 f.) - in al-
len Fällen, in denen der Eintragungsantrag durch einen Anwalt gestellt wird,
automatisch seine Beiordnung rückwirkend auf den Zeitpunkt der Einrei-
chung des Antrags erfolgen müsste, sofern nur irgendwann im Verfahren
Gründe für die Erforderlichkeit der Beiordnung „unwiderlegt“ dargetan wür-
de. Eine Widerlegung schlüssig vorgetragener Gründe wird dem Deutschen
Patent- und Markenamt grundsätzlich nicht gelingen, so dass eine Honorie-
rung des Anwalts erfolgen müsste, dem eine von Formalfehlern freie An-
meldung keinerlei Schwierigkeiten bereiten dürfte, unabhängig vom deren
materiellen Gehalt. Eine derartige Sichtweise unterläuft den Grundsatz,
dass für das Verfahrenskostenhilfeverfahren keine Verfahrenskostenhilfe
gewährt wird. Für die in den Entscheidungen BPatGE 22, 39 ff. und
Mitt. 2003, 310 f. angestellten Überlegungen, dass Ausarbeitung und Einrei-
chung der Anmeldeunterlagen ein einheitlicher Gesamtvorgang seien, und
damit eine Rückwirkung auf einen Vorgang sogar noch vor Antragstellung
begründet wird, findet im Gesetz keinerlei Stütze und ist daher abzulehnen.
Sie kann insbesondere auch keine Bestand haben vor der Intention des Ins-
tituts der Verfahrenskostenhilfe, das lediglich eine Angleichung der Situa-
tion von Unbemittelten und Bemittelten erreichen will, keine Gleichstellung
und erst Recht keine Besserstellung.
2.2. Demzufolge ist aus Gründen der Rechtsklarheit ein eindeutiger auf die
Rechtsfolge der Beiordnung gerichteten Antrag erforderlich Voraussetzung
für die Annahme eines mit dem Eintragungsantrag konkludent gestellten
Antrags auf Beiordnung ist daher, dass die Auslegung des Eintragungsan-
trags eindeutig einen entsprechenden Willen erkennen lässt. Dies ist hier
jedoch nicht der Fall.
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2.2.1. Die in der Entscheidung Mitt. 2003, 310 f. angestellten wirtschaftlichen
Überlegungen sind kein geeignetes Auslegungskriterium. Eine entspre-
chende Interessenlage ist in allen Verfahrenskostenhilfe-Fällen gegeben
und damit nicht tauglich, bei der gebotenen Einzelfallbeurteilung herange-
zogen zu werden. Dass es nahe liegt, sich Entlastung von der durch die
Einschaltung eines Anwalts entstandenen Kosten zu verschaffen, kann das
Antragserfordernis nicht leer laufen lassen. Im Übrigen spricht der konkrete
weitere Verlauf gegen einen Willen, dass mit dem Eintragungsantrag die
Beiordnung beantragt werden sollte.
2.2.2. Der Formblattantrag bezieht sich seinem unmittelbaren Wortlaut nach zu-
nächst auf die Eintragung eines Gebrauchsmusters. Er weicht allerdings in-
sofern von den üblichen Anträgen ab, als er an seinem Ende einen nicht
vorgesehenen, handschriftlich hinzugefügten Zusatz „7. VKH-Antrag“ ent-
hält. Für die Gebrauchsmusteranmeldung waren zudem keine Gebühren
gezahlt worden und auch die entsprechende Rubrik 10 „Gebührenzahlung“
war nicht vollständig ausgefüllt. Dem Eintragungsantrag war zudem das
Formblatt für die „Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Ver-
hältnisse“, das für einen Verfahrenskostenhilfe-Antrag vorgeschrieben ist,
beigefügt. Trotz dieser Umstände spricht deutlich gegen die Auslegung ei-
nes mit dem Erteilungsantrag konkludent gestellten Antrags auf Verfahrens-
kostenhilfe der am 16. März 2005 eingereichte ausdrückliche Antrag auf
Gewährung von Verfahrenskostenhilfe. Diese ausdrückliche Verfahrenser-
klärung zeigt, dass mit dem Erteilungsantrag zunächst nur die Unterlagen
für einen Verfahrenskostenhilfeantrag vorgelegt werden sollten. Dies ergibt
sich weiter aus dem Wortlaut im Schriftsatz vom 16. März 2005: „Die dies-
bezüglichen Unterlagen wurden bereits mit Einreichung der Anmeldungsun-
terlagen zur Amtsakte gereicht.“
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2.2.3. Lassen die Gesamtumstände danach keine Auslegung des Eintragungsan-
trags als kombinierten Eintragungs- und Verfahrenskostenhilfe-Antrag zu,
so sind sie erst Recht nicht geeignet für eine Auslegung als Antrag auf Bei-
ordnung der Anwältin.
Bei empfangsbedürftigen Willenserklärungen wie der vorliegenden ist dar-
auf abzustellen, wie sie der Empfänger nach Treu und Glauben verstehen
durfte. Weder aus den konkret abgegebenen Erklärungen noch aus den bei
der Auslegung zu berücksichtigenden Umständen ergibt sich ein entspre-
chender Wille, auch einen Antrag auf Beiordnung stellen zu wollen. Für die
Gebrauchsmusterstelle war ein solcher Erklärungsinhalt aus dem Formblatt
und den Anlagen nicht erkennbar. Der ausdrücklich erklärte Inhalt bezog
sich nur auf die Eintragung eines Gebrauchsmusters. Dass der durch Aus-
legung noch ermittelbare Inhalt auch die Beantragung der Verfahrenskos-
tenhilfe umfasste, ist nach den konkreten Umständen des Falles - wie dar-
gelegt - nicht möglich. Dies gilt erst Recht für die Beantragung einer Beiord-
nung. Vor dem Hintergrund, dass ein ausdrücklicher Antrag auf Gewährung
von Verfahrenskostenhilfe rund einen Monat nach dem Eintragungsantrag
gestellt wurde, kann eine solche Auslegung insbesondere nicht mehr darauf
gestützt werden, dass eine Anwältin den Verfahrenskostenhilfe-Antrag mit
dem Eintragungsantrag eingereicht hat und dass sie in dem „Erklärungs-
formblatt“ fälschlich als „gesetzliche Vertreterin“ bezeichnet worden ist.
Nachdem sich der Beschwerdeführer ganz offensichtlich darüber im Klaren
war, dass allein die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe grundsätzlich ei-
nen ausdrücklichen Antrag erfordert, wäre bei einem entsprechenden Wil-
len im Antrag vom 16. März 2005 ein irgendwie gearteter Hinweis auf den
Wunsch einer Beiordnung enthalten gewesen. Gegen die Annahme, dass
der Beschwerdeführer während des Anmeldeverfahrens eine Beiordnung
anstrebte, spricht auch der Umstand, dass er der Feststellung im Beschluss
vom 21. April 2005, wonach ein Antrag auf Beiordnung nicht gestellt worden
sei, nicht widersprochen hat.
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Die Gebrauchsmusterstelle musste auch nicht aufgrund der Angaben zur
Person des Beschwerdeführers annehmen, dass er eine Beiordnung bean-
tragen wollte. Vor allem enthielten die Unterlagen keinerlei Hinweis darauf,
dass die Beiordnung „erforderlich“ im Sinne von § 133 PatG war. Der Erklä-
rung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse ist lediglich zu
entnehmen, dass der Antragsteller und seine Familie aus Osteuropa stam-
men. Nicht erkennbar ist aber, seit wann er in Deutschland lebt und welche
Sprachkenntnisse er hat. Die Berufsangabe „Ingenieur“ spricht zwar nicht
schon als solche dafür, dass der Anmelder ohne anwaltliche Hilfe in der La-
ge ist, eine Gebrauchsmusteranmeldung selbst zu erstellen. Ohne weitere
Angaben war aber erst Recht nicht ersichtlich, dass er nicht dazu in der La-
ge war, also anwaltliche Betreuung benötigte, zumal in der Praxis eine Viel-
zahl von ausländischen Anmeldern m ihre Anmeldungen ohne anwaltliche
Hilfe verfassen.
3.
Aus den zuletzt genannten Überlegungen ist die Beschwerde nicht einmal
dann begründet, wenn man eine konkludente Antragstellung unterstellt, da
der Antrag erst in der Beschwerdeinstanz vollständig war. Eine Rückwir-
kung ist im Rahmen von Prozesskosten- und Verfahrenskostenhilfe grund-
sätzlich nur auf den Zeitpunkt möglich, zu dem der vollständige Antrag vor-
lag (Busse PatG 6. Aufl. 2003, § 130 Rn. 44 m. w. N.).
Der Antragsteller hat erst in der Beschwerdeinstanz dazu etwas vortragen
lassen, warum er ohne anwaltliche Hilfe die Anmeldung nicht hätte abfas-
sen können. Hier unterscheidet sich der vorliegende Fall von dem der Ent-
scheidung BPatG Mitt. 2003, 310 f. zugrunde liegenden. Unabhängig da-
von, dass dies nicht ausreicht (s. o. 2.1.2.) dort hatten die Antragstellerin-
nen dort immerhin noch im Verfahren vor dem Deutschen Patent- und Mar-
kenamt die entsprechenden Erklärungen abgegeben. Demgegenüber hat
der Antragsteller hier erst in der Beschwerde die Erforderlichkeit der Beiord-
nung dargetan und dies auch noch sehr kursorisch. Damit lag vor Ende des
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Eintragungsverfahrens kein bewilligungsreifer Antrag vor, was zu Lasten
des Antragstellers geht (vgl. BLAH a. a. O. Rn. 34 zu § 121, 19 zu § 119).
gez.
Unterschriften