Urteil des BPatG vom 07.07.2010

BPatG: stand der technik, kunststoff, gebrauchsmuster, erfindung, treibmittel, holz, werkstoff, materialien, begriff, neuheit

BPatG 154
08.05
BUNDESPATENTGERICHT
35 W (pat) 469/08
_______________
(Aktenzeichen)
Verkündet am
7. Juli 2010
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
- 2 -
betreffend das Gebrauchsmuster 20 2005 003 730
hier: Löschungsantrag
hat der 35. Senat (Gebrauchsmuster-Beschwerdesenat) des Bundespatentge-
richts auf die mündliche Verhandlung vom 7. Juli 2010 durch den Richter Baum-
gärtner als Vorsitzenden sowie des Richters Dipl.-Chem. Dr. Egerer und der
Richterin Dipl.-Chem. Zettler
beschlossen:
1.
Auf die Beschwerde der Löschungsantragstellerin wird der Be-
schluss der Gebrauchsmusterabteilung II des Deutschen Pa-
tent- und Markenamts vom 8. Juli 2008 aufgehoben.
2.
Das Gebrauchsmuster 20 2005 003 730 wird gelöscht.
3.
Die Kosten des Löschungs- und des Beschwerdeverfahrens
trägt die Gebrauchsmusterinhaberin.
- 3 -
G r ü n d e
I.
1.
R… AG + Co.
des deutschen Gebrauchsmusters 20 2005 003 730 mit der Bezeichnung
„Leichtbauplatte“.
Das Streitgebrauchsmuster hat den 4. März 2005 als Anmeldetag und wurde am
25. Mai 2005 mit 19 Schutzansprüchen in das Gebrauchsmusterregister beim
Deutschen Patent- und Markenamt eingetragen.
2.
W… & Co. GmbH
29. März 2007 die Löschung des Streitgebrauchsmusters wegen Schutzunfähig-
keit beantragt. Als Gründe hat sie mangelnde Klarheit des Schutzanspruchs 1,
mangelnde Neuheit und mangelnden erfinderischen Schritt angeführt. Des Weite-
ren hat sie die Löschung des Streitgebrauchsmusters wegen Bestehens eines
identischen älteren Schutzrechts beantragt.
Die Antragstellerin hat ihr Vorbringen auf zahlreiche Druckschriften und Unterla-
gen gestützt sowie Zeugenbeweis für die im Zusammenhang mit der Vorveröffent-
lichung verschiedener Fachartikel in Fachzeitschriften angeboten.
3.
Die Antragsgegnerin und Beschwerdegegnerin hat dem Vorbringen der
Antragsstellerin in allen Punkten widersprochen. Sie hat bestritten, dass die Zeit-
schriftenartikel vor dem für den Zeitrang des Streitgebrauchsmusters maßgebli-
chen Tag der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden seien und damit vorver-
öffentlichten Stand der Technik darstellten. Mit Schriftsatz vom 28. Januar 2008
hat sie das Streitgebrauchsmuster hilfsweise im Umfang der Hilfsanträge 1 bis 4
verteidigt.
- 4 -
4.
Im Zwischenbescheid vom 13. Februar 2008 hat die Gebrauchsmusterabtei-
lung II den Beteiligten ihre vorläufige Auffassung mitgeteilt, wonach mit einem Be-
schluss auf Teillöschung im Umfang des Hilfsantrages 1 zu rechnen sei.
5.
In der mündlichen Verhandlung vom 8. Juli 2008 hat die Antragstellerin die
umfassende Löschung des Streitgebrauchsmusters beantragt.
Die Antragsgegnerin hat erklärt, den mit Schriftsatz vom 28. Januar 2008 gestell-
ten Hilfsantrag 1 nunmehr als Hauptantrag sowie die bisherigen Hilfsanträge 2 bis
4 nun als neue Hilfsanträge 1 bis 3 weiterzuverfolgen. Sie hat die Aufrechterhal-
tung des Streitgebrauchsmusters im Umfang des in der mündlichen Verhandlung
gestellten Hauptantrags, hilfsweise in der Reihenfolge der Hilfsanträge 1 bis 3 be-
antragt.
Hauptantrag
über der eingetragenen Anspruchsfassung sind dargestellt):
„1.
Leichtbauplatte (1) mit zwei dünnwandigen Decklagen (2, 3)
und mindestens einer zwischen den Decklagen (2, 3) ange-
ordneten und mit dieser verbundenen Kernlage (4), in
wenigstens eine Längsstirnseite (11) der Leichtbauplatte (1)
eine Nut (5) ist, in die Nut (5) eine
Profilleiste (6) ist und auf die Profilleiste (6)
dadurch gekenn-
zeichnet,
2.
Leichtbauplatte nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet,
dass die Profilleiste (6, 7) aus thermoplastisch verar-
beitbaren Werkstoff besteht.
- 5 -
3.
Leichtbauplatte nach Anspruch 1 , dadurch gekenn-
zeichnet, dass die Profilleiste (6, 7) aus der Gruppe der Po-
lyolefine, Polystyrole, Styrol-Copolymere, Polyvinylchloride,
Polycarbonate, Polyester, Polyamide, Ethylenvinylacetate
oder Ähnlichem ausgewählt ist.
4.
Leichtbauplatte
nach
Anspruch 1
bis
3,
dadurch
gekennzeichnet, dass die Profilleiste (6) eine geringere
Dichte als die Profilleiste (7) aufweist.
5.
Leichtbauplatte
nach
Anspruch 1
bis
4,
dadurch
gekennzeichnet, dass das Verhältnis der Dichte der
Profilleiste (6) zur Dichte der Profilleiste (7) wenigs-
tens 0,1 beträgt.
6.
Leichtbauplatte
nach
Anspruch 1
bis
5,
dadurch
gekennzeichnet, dass die Profilleiste (6) eine Dichte
von etwa 0,2 g/cm
3
bis etwa 0,85 g/cm
3
aufweist, vorzugs-
weise 0,40 g/cm
3
bis 0,70 g/cm
3
.
7.
Leichtbauplatte
nach
Anspruch 1
bis
6,
dadurch
gekennzeichnet, dass die Profilleiste (6) wenigstens
teilweise eine strukturierte Oberfläche aufweist.
8.
Leichtbauplatte nach Anspruch , dadurch gekennzeichnet,
dass die Oberfläche der Profilleiste (6) eine Rauhtiefe
von etwa 5 µm bis 40 µm, vorzugsweise 10 µm bis 25 µm
aufweist.
- 6 -
9.
Leichtbauplatte
nach
Anspruch 1
bis
,
dadurch
gekennzeichnet, dass die Dicke der Profilleiste (6)
größer ist als die Tiefe der Nut (5) der Leichtbauplatte (1).
10.
Leichtbauplatte
nach
Anspruch 1
bis
,
dadurch
gekennzeichnet, dass die Profilleiste (6, 7) an ihrer Nut (5)
der Leichtbauplatte (1) zugewandten Seite wenigstens teil-
weise ein Haftvermittlersystem aufweist.
11.
Leichtbauplatte nach Anspruch , dadurch gekennzeichnet,
dass das Haftvermittlersystem aus der Gruppe der PVC-Co-
polymere, Polyurethane ausgewählt ist.
12.
Leichtbauplatte
nach
Anspruch 1
bis
,
dadurch
gekennzeichnet, dass die Profilleiste (6, 7) an ihrer der
Nut (5) der Leichtbauplatte (1) zugewandten Seite wenigs-
tens teilweise eine Oberflächenaktivierung aufweist.
13.
Leichtbauplatte
nach
Anspruch 1
bis
,
dadurch
gekennzeichnet, dass die Profilleiste (6) stoffschlüssig
in der Nut (5) der Leichtbauplatte (1) angeordnet ist.
14.
Leichtbauplatte
nach
Anspruch 1
bis
,
dadurch
gekennzeichnet, dass für die stoffschlüssige Verbindung ein
Klebstoffsystem aus der Gruppe der Polyamide, der Ethylen-
vinylacetate, der Polyolefine, der Polyurethane und derglei-
chen ausgewählt ist.
15.
Leichtbauplatte
nach
Anspruch 1
bis
,
dadurch
gekennzeichnet, dass die Profilleiste (6) kraftschlüssig
in der Nut (5) der Leichtbauplatte (1) angeordnet ist.
- 7 -
16.
Leichtbauplatte
nach
Anspruch 1
bis
,
dadurch
gekennzeichnet, dass die Profilleiste (7) stoffschlüssig
an der Profilleiste (6) angeordnet ist.
17.
Leichtbauplatte
nach
Anspruch 1
bis
,
dadurch
gekennzeichnet, dass die Haftkraft der Klebeverbindung zwi-
schen der Profilleiste (6) und der Profil-
leiste (7) größer ist, als die Reißfestigkeit des thermoplas-
tisch verarbeitbaren Werkstoffes der Profilleiste (6, 7).“
6.
Mit Beschluss vom 8. Juli 2008 hat die Gebrauchsmusterabteilung II das deut-
sche Gebrauchsmuster 20 2005 003 730 teilgelöscht, soweit es über die Fassung
gemäß Hauptantrag der Gebrauchsmusterinhaberin vom 8. Juli 2008 hinausgeht.
Im Übrigen wurde der Löschungsantrag zurückgewiesen. Der beschränkte Ge-
genstand des Streitgebrauchsmusters gemäß Hauptantrag sei im Umfang der
Verteidigung schutzfähig, weil er neu sei und sich nicht in naheliegender Weise
aus dem Stand der Technik ergebe, er beruhe also auch auf einem erfinderischen
Schritt.
7.
Gegen den Beschluss der Gebrauchsmusterabteilung II des Deutschen Pa-
tent- und Markenamts, zugestellt am 20. August 2008, hat die Antragstellerin (Be-
schwerdeführerin) mit Schriftsatz vom 19. September 2008, vorab per Telefax ein-
gegangen am 19. September 2008 beim Deutschen Patent- und Markenamt, ge-
mäß § 18 Abs. 1 GebrMG Beschwerde eingelegt und beantragt, den Beschluss
der Gebrauchsmusterabteilung II aufzuheben und das angegriffene deutsche
Gebrauchsmuster 20 2005 003 730 in vollem Umfang zu löschen sowie hilfsweise
eine mündliche Verhandlung anzuberaumen.
In der Beschwerdebegründung vom 30. Dezember 2008 und im Schriftsatz vom
2. Juli 2010 stützt sie sich auf folgende Dokumente:
- 8 -
D1
Fachartikel „Stabile Kanten auf weichem Kern“, BM 9/2004, Sei-
ten 48 bis 49 (BM = Bau- und Möbelschreinerei, Konradin Verlag),
D2
„Der Wabe die Kante geben!“, Vortrag von Hans-Ulrich Reichling
(IMA Klessmann GmbH) aus dem 10. Jowat-Symposium 2004, vom
5. bis 12. November 2004),
D3
Pressemitteilung der Firma IMA Klessmann vom 10. August 2004
(Internetausdruck vom 21. April 2006,
D4
Fachartikel „Synergien aus Kante, Platte und Kleber“, HK 4/2004,
Seite 70 (HK = Holz- und Kunststoffverarbeitung),
D5
Fachartikel „Bekanten rahmenloser Wabenplatten“, m+t 3/2004, Sei-
ten 28 und 29 (m+t = Material + Technik International, m+t Ritthammer
Publishing GmbH),
D6
IMA-Magazin, Ausgabe Mai 2004, 4 Blätter,
D7
DE 10 2004 007 157 B4
D8
DE 34 02 923 A1
D9
DE 40 02 067 A1
D10
D11
D12
A19
Schäume mit CO
2
als Treibmittel“, IKV – Berichte aus der Kunststoff-
verarbeitung, Institut für Kunststoffverarbeitung an der RWTH Aachen,
Band 131, Verlag Mainz, 2002, Seiten 1-5 und 69-97,
A20
Programm Sockelleisten + Fußbodenprofile, Typenbezeichnung
USL 50 und USL 50K,
A21
schäumte Kunststoffleiste; Seite 25, Viertelstab geschäumt.
Sie bestreitet die Klarheit des Schutzanspruchs 1 gemäß Hauptantrag, weil der
Begriff „mikroporöse Schaumstruktur“ keine klare Abgrenzung zum Stand der
- 9 -
Technik definiere. Es sei nicht erkennbar, wodurch sich eine „mikroporöse“ von ei-
ner „porösen“ Schaumstruktur unterscheide. Es bleibe weiter offen, ab wann eine
herkömmliche Kunststoffstruktur „mikroporös“ werde und ab wann dann nicht
mehr eine „mikroporöse“, sondern eine „poröse“ Struktur vorliege. Zudem seien
bereits poröse Blindkanten aus MDF oder Dünnspanplatte bekannt.
Die Antragstellerin ist der Auffassung, dass ein unklares Merkmal nichts zur
Schutzfähigkeit des Streitgebrauchsmusters beitragen könne, weshalb es folglich
bei der Beurteilung der Schutzfähigkeit des beanspruchten Gegenstandes auch
unberücksichtigt bleiben müsse.
Hieraus folge unmittelbar, dass sich der geltende Schutzanspruch 1 nicht vom
Stand der Technik unterscheide. Es fehle bereits an der erforderlichen Neuheit der
vermeintlichen Erfindung. Des Weiteren müsse die unklare Anspruchsformulierung
auch bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit berücksichtigt werden. Weil
das Maß der „Mikroporosität“ nicht näher spezifiziert sei, müsse davon ausgegan-
gen werden, dass jeder übliche Kunststoff, welcher für die Kantenbandtechnologie
verwendet werde, eine gewisse, wenn auch ggf. minimale, Porosität aufweise.
Die Antragstellerin macht weiter geltend, der Gegenstand des Streitgebrauchs-
D1
D9
Schritt, weil es naheliegend sei, eine Stützleiste aus Schaumkunststoff herzustel-
len.
Insofern könne offen bleiben, ob der Gegenstand des Gebrauchsmusters nicht be-
D7
- 10 -
Die Antragstellerin und Beschwerdeführerin stellt den Antrag aus der Beschwerde-
schrift vom 19. September 2008 mit der Maßgabe,
den Beschluss der Gebrauchsmusterabteilung vom 8. Juli 2008
aufzuheben und das angegriffene Gebrauchsmuster in vollem
Umfang zu löschen.
Die Antragsgegnerin und Beschwerdegegnerin hat in der mündlichen Verhandlung
einen Hilfsantrag vorgelegt und stellt den Antrag,
die Beschwerde der Antragstellerin zurückzuweisen
hilfsweise,
die Beschwerde zurückzuweisen, soweit sie sich gegen das
Gebrauchsmuster im Umfang des Hilfsantrags 1 richtet.
Nach Auffassung der Beschwerdegegnerin liegt kein Grund vor, den angefochte-
nen Beschluss aufzuheben, vielmehr sei das Streitgebrauchsmuster in den vertei-
digten Anspruchsfassungen zu bestätigen.
D1
brauchsmusters maßgeblichen Tag der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden
seien, könne letztlich dahinstehen, da sie den beanspruchten Gegenstand und
insbesondere das kennzeichnende Merkmal, „dass
“, des Schutzanspruchs 1 weder vorweg-
nehmen noch nahelegen.
Des Weiteren sei der Begriff „mikroporöse Schaumstruktur“ nicht unklar und werde
im Streitgebrauchsmuster selbst klar definiert. Hierzu verweist sie auf Absatz
[0010] der Streitgebrauchsmusterschrift. Die Begriffe „mikroporös“ und „Schaum-
struktur“ seien aus sich heraus verständlich. Auf das Kunststoffmaterial oder die
Dichte des Materials komme es nicht an.
- 11 -
Zum Löschungsanspruch des älteren Rechts trägt sie vor, ein solcher Löschungs-
anspruch bestehe nur dann, wenn der Gegenstand des Streitgebrauchsmusters
bereits aufgrund einer früheren Patent- oder Gebrauchsmusteranmeldung ge-
schützt worden sei. Notwendig sei dazu die Identität der Erfindungsgegenstände
von älterem Recht und angegriffenem Gebrauchsmuster. Dies sei vorliegend nicht
gegeben, weil das kennzeichnende Merkmal, dass
D7
könne von einer Identität nicht die Rede sein.
Zudem sei der beanspruchte Gegenstand auch neu, denn er unterscheide sich
vom Stand der Technik zumindest durch das kennzeichnende Merkmal „dass
“.
Der beanspruchte Gegenstand beruhe aber auch auf einem erfinderischen Schritt,
D9
ein Laminat, bei dem mindestens eine Kante der Kernschicht mit einem schaum-
förmigen Streifen aus einem temperaturbeständigen, thermoplastischen Kunststoff
durch Verschweißen oder Verkleben verbunden sei, nicht jedoch die Deckschicht.
D9
musters, nämlich die Blind- bzw. Stützkante gerade nicht mit der Kernschicht,
sondern mit den stärkeren Deckschichten zu verbinden, um sich dort im Falzbe-
reich formschlüssig abzustützen (deshalb der Begriff „Stützkante“). Die Druck-
D9
Laminats nicht gattungsgemäß, weshalb selbst eine Kombination der Lehren der
D8
D8
unbrauchbaren Leichtbauplatte.
D1
leiste zwangsläufig erst nach dem Festkleben an den Dekorleisten mit einem
Kunststoffschaum hinterschäumt. Beim Festkleben der Dekorleiste liege jedenfalls
keine mikroporöse Schaumstruktur frei. Bei dieser Technologie werde die Dekor-
leiste nur mit den Deckleisten verklebt und auf den Einsatz einer Blindkante gänz-
lich verzichtet.
- 12 -
Insofern stütze die Antragstellerin ihre Argumentation erkennbar auf eine rück-
schauende Betrachtung der Erfindung.
Jedenfalls sei die Schutzfähigkeit bei den in der mündlichen Verhandlung vom
7. Juli 2010 eingereichten Schutzansprüchen 1 bis 12 gemäß Hilfsantrag 1 gege-
ben. Schutzanspruch 1 in der Fassung dieses Hilfsantrags lautet wie folgt:
„1.
Leichtbauplatte (1) mit zwei dünnwandigen Decklagen (2, 3)
und mindestens einer zwischen den Decklagen (2, 3) ange-
ordneten und mit dieser verbundenen Kernlage (4), wobei in
wenigstens eine Längsstirnseite (11) der Leichtbauplatte (1)
eine Nut (5) eingebracht ist, wobei in die Nut (5) eine erste
Profilleiste (6) eingebracht ist und auf die erste
Profilleiste (6) eine zweite Profilleiste (7) aufge-
bracht ist, die erste Profilleiste (6) eine mikroporöse
Schaumstruktur aufweist
.“
Zu den nachfolgenden Schutzansprüchen 2 bis 12 wird auf die Ansprüche 2, 3, 5,
7 bis 12, 14 und 17 gemäß Hauptantrag verwiesen.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien und weiterer Einzelheiten sowie der
vollständigen Anspruchsfassung gemäß Hilfsantrag 1 wird auf den Akteninhalt
verwiesen.
- 13 -
II.
Die zulässige Beschwerde der Antragstellerin (Beschwerdeführerin) ist begründet.
Das Gebrauchsmuster ist im Umfang der Schutzansprüche gemäß Hauptantrag
und gemäß Hilfsantrag 1 nicht im Sinne der §§ 1 bis 3 GebrMG schutzfähig, weil
ihr Gegenstand nicht auf einem erfinderischen Schritt im Sinne von § 1 Abs. 1
GebrMG beruht (§ 15 Abs. 1 Nr.1 GebrMG).
1.
Nach den Angaben in der Gebrauchsmusterschrift betrifft das Streitgebrauchs-
muster eine Leichtbauplatte mit zwei dünnwandigen Decklagen und mindestens
einer zwischen den Decklagen angeordneten und mit dieser verbundenen Kern-
lage (vgl. Absatz [0001]).
Zum druckschriftlichen Stand der Technik nennt das Streitgebrauchsmuster die
D10
gemäße Leichtbauplatten bekannt sind (vgl. Absätze [0002] und [0004].
Diese bekannten Leichtbauplatten wiesen jedoch Nachteile auf. So sei bei dem in
D10
dass für jede Geometrie bzw. Raumform der Leichtbauplatte, insbesondere ab-
hängig von der Dicke und vor allem der Toleranz der Decklagen, separate Halte-
und Abschlussprofile hergestellt werden müssten. Ein weiterer Nachteil bei dieser
Leichtbauplatte werde darin gesehen, dass durch das Eindrücken der Veranke-
rungseinrichtung in die Kernlage der Leichtbauplatte ein Aufspreizen bzw. Auf-
dehnen der Decklagen der Leichtbauplatte erfolge, welches beispielsweise unter-
schiedlichen Toleranzen der Verankerungseinrichtung und unterschiedlichen Ab-
ständen der einzelnen Decklagen zugeordnet werden müsse. Weiterhin nachteilig
werde gesehen, dass diese Lösung zu einem möglichen Ablösen der Kernlage
von einer oder beiden Decklagen führe (vgl. Absatz [0003]).
D11
ner Leichtbauplatte werde als Nachteil gesehen, dass die Herstellung zwar im
Durchlauf funktionieren solle, jedoch jede Leichtbauplatte als Einzelstück schritt-
- 14 -
weise montiert werden müsse. So sei es insbesondere bei der Verwendung von
Rahmenriegel nachteilig, dass diese in ihrer Dimensionierung den Decklagen für
die herzustellende Leichtbauplatte angepasst sein müssten und somit eine voll-
automatische Fertigung online nicht realisierbar sei. Ein weiterer Nachteil der
Leichtbauplatte werde darin gesehen, dass die mit den Decklagen verklebten Rah-
menriegel aufgrund der bekannten Fertigungstoleranzen insbesondere bei der
Holzbearbeitung dazu führten, dass die zu verklebende Kernlage nicht vollflächig
mit den Decklagen verklebt sei bzw. durch die Verpressung der Decklagen be-
schädigt werde. Bei der nach diesem Verfahren hergestellten Leichtbauplatte
ohne verklebte Rahmenriegel müssten die Längsstirnseiten erst nachträglich
durch zusätzliche Arbeitsgänge und Verfahrensschritte vor Beschädigung und Zer-
störung geschützt werden. Bei der Verwendung der beschriebenen Rahmenriegel
müsse ebenfalls in einem zusätzlichen Arbeitsgang auf die Längsstirnseiten der
Leichtbauplatte ein zusätzlicher Schutz kosten- und zeitintensiv durch zusätzliche
Abdeckelemente aufgebracht werden. Somit seien diese Leichtbauplatten in ihrer
Herstellung nicht wirtschaftlich, insbesondere unter der Tatsache der Notwendig-
keit geschützter Längsstirnseiten (vgl. Absatz [0004]).
2.
Vor diesem technischen Hintergrund bezeichnet es die Gebrauchsmuster-
schrift im Absatz [0005] als zu lösendes technisches Problem, die Nachteile des
bekannten Standes der Technik zu verbessern und eine Leichtbauplatte aufzuzei-
gen, die kostengünstig und vollautomatisch wirtschaftlich herstellbar ist, deren
Längsstirnseiten dauerhaft geschützt bzw. versiegelt sind, bei der die verwendeten
Abdeckelemente der Längsstirnseiten ein geringeres Gewicht aufweisen, fest mit
der Leichtbauplatte diese stabilisierend verbunden sind und wobei erstmalig
Leichtbauplatten mit Freiformen realisierbar sind.
3.
Zur Lösung dieser Aufgabe beschreibt der Schutzanspruch 1 gemäß
Hauptantrag
- 15 -
M1
Leichtbauplatte (1)
M2
mit zwei dünnwandigen Decklagen (2, 3) und
M3
mit mindestens einer zwischen den Decklagen (2, 3)
angeordneten und mit dieser verbundenen Kernlage (4),
M4
wobei in wenigstens eine Längsstirnseite (11) der
Leichtbauplatte (1) eine Nut (5) eingebracht ist,
M5
wobei in die Nut (5) eine erste Profilleiste (7) eingebracht
ist
M6
und auf die erste Profilleiste (6) eine zweite Profilleiste (7)
aufgebracht ist,
dadurch gekennzeichnet, dass
M7
die erste Profilleiste (6) eine mikroporöse Schaumstruktur
aufweist.
Die gemäß Hilfsantrag 1 verteidigte Fassung des Schutzanspruchs 1 umfasst die
M1
folgt lauten:
M8
die erste Profilleiste (6) weist eine geringere Dichte auf als
die zweite Profilleiste (7);
M9
die erste Profilleiste (6) weist eine Dichte von etwa
0,2 g/cm
3
bis etwa 0,85 g/cm
3
auf, vorzugsweise
0,40 g/cm
3
bis 0,70 g/cm
3
;
M10
die erste und die zweite Profilleiste sind extrudierte Profil-
leisten;
M11
die erste Profilleiste ist mit der zweiten Profilleiste adhäsiv
verbunden;
M12
die erste Profilleiste ist mit den Decklagen adhäsiv verbun-
den.
- 16 -
3.
Hinsichtlich der Bestimmung des zuständigen Fachmannes ist darauf abzu-
stellen, auf welchem technischen Gebiet die Erfindung liegt, so dass der maßgeb-
liche Fachmann derjenige ist, dem üblicherweise die Lösung der gestellten Auf-
78
Brieftaubenreisekabine II; vgl. Schulte, PatG, 8. Auflage, § 4 Rdn. 48).
Demzufolge ist auf dem vorliegenden technischen Gebiet der Verbund- bzw.
Sandwichplatten als zuständiger Fachmann ein Ingenieur der Holz- und Kunst-
stofftechnik anzusehen, der aufgrund seiner Ausbildung und mehrjährigen Berufs-
erfahrung, etwa in der Entwicklungsabteilung eines einschlägigen Unternehmens,
über fundierte Kenntnisse auf dem Gebiet der Verbundplatten verfügt und zugleich
mit den Problemen und Anforderungen an Leichtbauplatten vertraut ist. Der hier
maßgebliche Fachmann besitzt demnach auch spezielle Kenntnisse auf dem Ge-
biet der Werkstoffkunde, d. h. über anwendungsorientierte Aspekte von Materia-
lien, insbesondere der polymeren Werkstoffe.
4.
Ständiger Rechtsprechung folgend setzt die Prüfung, ob der Gegenstand ei-
nes Gebrauchsmusters nach den §§ 1 bis 3 GebrMG schutzfähig ist, grundsätzlich
die Ermittlung des Gegenstandes der Schutzansprüche voraus. Dazu ist der
Schutzanspruch unter Heranziehung der Beschreibung und Zeichnungen aus
Sicht des von der Erfindung angesprochenen Fachmannes auszulegen und fest-
zustellen, was sich aus den Merkmalen des Schutzanspruches im Einzelnen und
in ihrer Gesamtheit als unter Schutz gestellte technische Lehre ergibt. Demnach
ist bei der Bestimmung des Gegenstandes nicht allein der Wortlaut der Ansprüche
oder dessen Verständnis im allgemeinen Sprachgebrauch zugrunde zu legen,
sondern vielmehr das, was der fachkundiger Leser dem jeweiligen Anspruch, ge-
gebenenfalls eben auch unter Heranziehung der Beschreibung, entnimmt. Der
Schutzanspruch ist danach nicht wörtlich in philologischer Betrachtung, sondern
seinem technischen Sinn nach aufzufassen, das heißt der Erfindungsgedanke
muss unter Ermittlung von Aufgabe und Lösung bestimmt werden, wie sie sich in
der Gebrauchsmusterschrift ergeben, welche im Hinblick auf die gebrauchten Be-
- 17 -
griffe ihr eigenes Lexikon darstellt (BGH GRUR 1999, 909, 912 - Spannschraube).
Hierbei darf der Gesamtzusammenhang nicht aus dem Auge verloren werden, da
Feststellungen zum Inhalt einzelner Merkmale stets nur dazu dienen, schrittweise
den allein maßgeblichen Wortsinn des Schutzanspruchs als einer Einheit zu er-
mitteln (BGH GRUR 2006, 311, 312 - Baumscheibenabdeckung m. w. H.).
Diesen Grundsätzen folgend ergibt sich im vorliegenden Fall für den Fachmann
unter Heranziehung der Beschreibung folgender Sachverhalt:
Im Schutzanspruch 1 des Streitgebrauchsmusters in der Fassung des Löschungs-
beschlusses vom 8. Juli 2008 wird mit „Leichtbauplatte“ ein Gegenstand unter
Schutz gestellt, der
-
eine Kernlage
-
und zwei sich gegenüberliegende, dünnwandige Decklagen umfasst.
Unter „Kernlage“ versteht das Gebrauchsmuster ein Material beispielsweise mit
einer S-förmigen Struktur wie im Ausführungsbeispiel gezeigt, wobei aber auch
eine wabenförmige Struktur mit einem entsprechenden hohen Hohlraumanteil
möglich ist, und wobei diese Kernlage beispielsweise aus Papier oder ähnlichen
Materialien hergestellt sein kann (vgl. Absatz [0024] der Streitgebrauchsmuster-
schrift).
Die „Decklage“ ist im Streitgebrauchsmuster dagegen nicht näher konkretisiert; sie
kann ein Dekor aufweisen (vgl. Absatz [0026]).
- 18 -
In wenigstens einer Längsstirnseite der Leichtbauplatte ist eine Nut ausgebildet,
wobei diese Nut vorteilhafterweise durch eine Fräsung in die Stirnseite der Leicht-
bauplatte eingebracht ist. Wie aus dem Ausführungsbeispiel hervorgeht, ist die
Nut so dimensioniert, dass in den dünnwandigen Decklagen jeweils eine etwa L-
förmige Aussparung ausgebildet ist, deren Öffnungen einander gegenüberliegen.
Diese Nut kann dabei nicht nur L-förmig bzw. rechtwinklig in den Decklagen aus-
gebildet sein, sondern sie kann auch in einem spitzen bzw. stumpfen Winkel, be-
zogen auf die Längsseite der Decklage, ausgebildet sein (vgl. Absatz [0025]).
In die Nut ist eine erste Profilleiste (Bezugszeichen 6) eingebracht (vgl. Ab-
satz [0025]), die aus thermoplastisch verarbeitbarem Werkstoff (vgl. Ab-
satz [0008]) oder aus einem recycelten thermoplastisch verarbeitbarem Werkstoff
hergestellt sein kann (vgl. Absatz [0013]) und eine mikroporöse Schaumstruktur
aufweist (vgl. Absatz [0010]).
- 19 -
Diese erste Profilleiste hat eine Dichte von 0,20 bis 0,85 g/cm
3
und weist insbe-
sondere nach einer mechanischen Abtragung der über die Nut der Leichtbauplatte
hervorstehenden Profilleiste eine sog. Schaumstruktur auf, die als löchrig-porös
bezeichnet werden kann, so dass die Verklebung der nachfolgend aufzubringen-
den zweiten Profilleiste (Bezugszeichen 7), welche ebenfalls aus einem thermo-
plastisch verarbeitbaren Werkstoff besteht (vgl. Absatz [0008]) und im Allgemei-
nen ein Dekor analog der Decklagen der Leichtbauplatte aufweist (vgl. Ab-
satz [0026]), durch das Eindringen des Klebstoffes in die löchrig-poröse Oberflä-
che der abgefrästen unteren Profilleiste deutlich verbessert ist. Durch diese mikro-
poröse Struktur weist die erste Profilleiste an ihrer Oberfläche Öffnungen auf, die
teilweise hinterschnittig ausgebildet sind. Hierdurch können Verklebequalitäten er-
reicht werden, die den bekannten Verklebungen von beispielsweise thermoplas-
tisch verarbeitbaren Kantenstreifen an den Längsstirnseiten von beispielsweise
Spanplatten vergleichbar sind (vgl. Absatz [0010]).
Durch die Verwendung eines beispielsweise schäumbaren thermoplastisch ver-
arbeitbaren Werkstoffes und der damit realisierbaren strukturierten Oberfläche mit
definierter Rauhigkeit für die untere Profilleiste kann die nächste (zweite) Profillei-
ste, welche das Dekor aufweist, ebenfalls stoffschlüssig adhäsiv mit dieser in der
- 20 -
Nut der Leichtbauplatte eingebrachten unteren (ersten) Profilleiste verbunden wer-
den (vgl. Absatz [0015] i. V. m. Absatz [0026]).
Zur Realisierung der strukturierten Oberfläche werden z. B. chemische Treibmittel,
wie Bicarbonat, Sulfonhydrazid, Azodicarbonamid, oder physikalische Treibmittel,
wie Pentan, Heptan, oder auch Kohlendioxid für ein physikalisches Schäumen
verwendet (vgl. Absatz [0011]).
Im Absatz [0008] ist ferner allgemein erläutert, dass durch den Einsatz und die
Verwendung von Profilleisten aus thermoplastisch verarbeitbarem Werkstoff, wie
Polyolefine, Polystyrole, Styrol-Copolymere, Polyvinylchloride, Polycarbonate,
Polyester, Polyamide, Ethylenvinylacetate oder Ähnlichem, derartige Leichtbau-
platten kostengünstig herstellbar und an den Längsstirnseiten schnell und dich-
tend verschließbar sind. Dadurch ist es möglich, die erfindungsgemäße Leichtbau-
platte sowohl vollautomatisch wirtschaftlich bzw. kostengünstig und an jedes spe-
zielles Anforderungsprofil ausgerichtet herzustellen, wobei ein entscheidender
Vorteil darin zu sehen ist, dass die Leichtbauplatten in sog. Freiformen mit bei-
spielsweise abgerundeten Ecken, kreisförmig bzw. oval hergestellt werden kön-
nen, die an ihren Längsstirnseiten dichtend verschließbar sind (vgl. Ab-
satz [0008]).
III.
1.
Gegenstand des Beschwerdeverfahrens sind die Schutzansprüche in der Fas-
sung des Beschlusses der Gebrauchsmusterabteilung II vom 8. Juli 2008. Mit die-
sen Ansprüchen hat die Antragsgegnerin das Streitgebrauchsmuster in zulässiger
Weise beschränkt, da sie seinen Gegenstand nicht erweitern. Sie finden ihre
Stütze in den der Eintragung zugrunde liegenden Unterlagen bzw. lassen sich aus
ihnen herleiten. Damit hat die Antragsgegnerin ihren zunächst uneingeschränkt
eingelegten Widerspruch teilweise zurückgenommen (vgl. BGH GRUR 1998,
910 ff. - Scherbeneis; GRUR 1995, 210 ff. - Lüfterklappe).
- 21 -
Dies gilt auch für die Merkmale des Schutzanspruchs 1 nach Hilfsantrag 1.
M1
Offenbarung in den eingetragenen Schutzansprüchen 1 und 9, die zusätzlichen
M8
Ansprüchen 5 und 7 sowie aus den Absätzen [0015], [0018] und [0025] der Streit-
gebrauchsmusterschrift herleiten.
Die abhängigen Schutzansprüche 2 bis 17 gemäß Hauptantrag finden ihre Stütze
in den eingetragenen Ansprüchen 3 bis 8 und 10 bis 19; die Unteransprüche 2
bis 12 gemäß Hilfsantrag 1 entsprechen den Schutzansprüchen 3, 4, 6, 8, 10
bis 14, 16 und 19 der eingetragenen Fassung.
2.
Die Auffassung der der Antragstellerin, dass mangelnde Klarheit des
Schutzanspruchs 1 vorliege, weil der Begriff „mikroporöse Schaumstruktur“ keine
klare Abgrenzung zum Stand der Technik definiere (siehe auch vorstehende Aus-
führungen unter Ziffer I.7.), teilt der Senat nicht.
Nachdem im Streitgebrauchsmuster nähere Angaben zur Porengröße fehlen, geht
der Fachmann davon aus, dass dem Streitgebrauchsmuster die auf diesem Fach-
gebiet geltende Klassifizierung von Porengrößen zugrunde liegt. Mikroporöse
Kunststoffe der hier zum Einsatz gelangenden Art sind durch Zellgrößen im Be-
reich von 0,1 bis 50 µm charakterisiert, während konventionelle Kunststoff-
A19
satz 1). Eine Abgrenzung zum Stand der Technik ist hierdurch möglich. Der ange-
sprochene Fachmann wird also unter „mikroporöser Schaumstruktur" einen festen
Schaum verstehen, der aus kleinen Gasbläschen mit Porengrößen kleiner 50 µm
besteht, die durch feste Wände getrennt sind. Die Gasbläschen entstehen in der
Matrix durch chemische oder physikalische Treibmittel, wie in Absatz [0011] der
Gebrauchsmusterschrift dargelegt ist (vgl. hierzu auch Bild 5.1 auf Seite 69 der
A19
- 22 -
Diese Bemessung der Gasbläschen bzw. Poren korreliert mit der Rauhtiefe der
strukturierten Oberfläche, wie ebenfalls in Absatz [0011] ausgeführt ist. Diese
Rauhtiefe von etwa 5 µm bis 40 µm resultiert aus dem mechanischen Abtragen,
beispielsweise mit einer Fräse, der unteren, ersten Profilleiste. Hierdurch werden
diese Hohlräume bzw. Poren durch das Abfräsen der Profilleiste „angeschnitten“
und damit zumindest im Bereich der Rauhtiefe geöffnet, so dass ein Bereich „frei-
gelegt“ wird, den die Streitgebrauchsmusterschrift als „löchrig-porös“ bezeichnet
(vgl. Absatz [0010]). In diesem „freigelegten“ Bereich stehen die Hohlräume unter-
einander und mit der Außenumgebung in Verbindung, weshalb ein Klebstoff in die
abgefräste, offenporige Oberfläche eindringen kann (vgl. Absatz [0010]).
Somit ist festzustellen, dass das Merkmal „mikroporöse Schaumstruktur“ zwar
sehr allgemein, allerdings dabei noch so deutlich und vollständig gehalten ist, dass
ein Fachmann die Lehre des Streitgebrauchsmusters hinsichtlich der Bereitstel-
lung einer Profilleiste, die eine mikroporöse Schaumstruktur aufweist, ausführen
kann.
Die mit solchen Formulierung verbundene, begriffliche Breite ist nach ständiger
Rechtsprechung auch nicht eine Frage der Klarheit, wenn Anspruchsmerkmale
allgemein und breit gefasst sind, so dass viele Aspekte und Realisierungen dar-
unter fallen, sondern eine Frage der Neuheit und erfinderischen Tätigkeit und ist
deshalb im Rahmen der Prüfung auf Neuheit und erfinderischer Tätigkeit zu be-
rücksichtigen, d.h. es ist die Abgrenzbarkeit der beanspruchten Leichtbauplatte
hierdurch von und gegenüber dem Stand der Technik zu untersuchen.
3.
Der Gegenstand des Streitgebrauchsmusters im Umfang der Verteidigung ist
nicht bereits aufgrund einer früheren Patent- oder Gebrauchsmusteranmeldung
geschützt worden (§ 15 Abs. 1 Nr. 2 GebrMG).
D7
M1
- 23 -
M12
Hinweise dazu, dass der Einlagestreifen 9 (entspricht der „ersten Profilleiste“ im
Streitgebrauchsmuster) eine mikroporöse Schaumstruktur aufweist. Zum Einlage-
D7
keit hat, die derjenigen der Deckschichten 1 zumindest entspricht, also höher als
diejenige der Zwischenschicht 3 (d. h. Kernschicht) des Plattenrohlings ist, wobei
der Einlagestreifen 9 nicht nur zu einer Stabilisierung des Plattenrandes dient,
sondern er deckt auch eine offene, mit Zwischenräumen versehene Struktur der
Zwischenschicht 3 nach außen hin ab. Zweckmäßig besteht der Einlagestreifen 9
aus einem Kunststoff, der mittels eines geeigneten Klebers in die Nut 5 dauerhaft
eingeklebt ist.
Zwar ist der Offenbarungsgehalt eines Dokuments nicht auf seinen Wortlaut be-
schränkt, vielmehr ist für das Verständnis der angesprochene Fachmann maßge-
bend, der das Dokument mit seinem allgemeinen Fachwissen zur Kenntnis nimmt.
Jedoch lässt sich aus der Textstelle in Absatz [0020] i. V. m. Patentanspruch 3 der
D7
eine Ausgestaltung von Einlage- und Kantenstreifen dergestalt mit, dass der Ein-
lagestreifen eine geringere Dichte als der Kantenstreifen aufweisen soll.
D7
M10
D7
halb kein Löschungsanspruch nach § 15 Abs. 1 Nr. 2 GebrMG besteht.
IV.
Hauptantrag
Hilfsantrag 1
doch nicht auf einem erfinderischen Schritt. Die zur Lösung der Problemstellung
beanspruchte technische Lehre der Schutzansprüche war dem Fachmann durch
- 24 -
den Stand der Technik und sein allgemeines Fachwissen am Anmeldetag nahe-
gelegt.
1.
D1
nik dar.
D1
für den Zeitrang des Streitgebrauchsmusters maßgeblichen Tag der Öffentlichkeit
zugänglich gemacht worden seien. Dies stellt jedoch kein substantiiertes Bestrei-
ten i. S. v. § 139 Abs. 3 ZPO dar.
D1
im Bereich des Möbelbaus.
D1
stoff- und Leichtmetallverarbeitung im Innenausbau, in der Möbelherstellung und
der Bauelementebranche, Fenster- und Türherstellung. Es erscheint jährlich mit
13 Ausgaben (12 Monatsausgaben + Sonderausgabe BM-Extra Karriere) und ge-
währleistet eine bequeme, pünktliche Zustellung (vgl. Anlage A11’ zum Schriftsatz
der Antragstellerin vom 16. Juni 2008, insbesondere Seite „direktabo.de“). Es ist
D1
tum „9/2004“ auch ab September 2004 der Öffentlichkeit zugänglich war.
D4
nale Zeitschrift für Unternehmer und Führungskräfte der Holz- und Möbelindustrie
und bietet Problemlösungen, Entscheidungshilfen, Informationen über neue Ver-
fahren und über die Trends in den Märkten. Die Zeitschrift erscheint 6-mal im Jahr
(vgl. Anlage A14’ zum Schriftsatz der Antragstellerin vom 16. Juni 2008, insbe-
sondere Blatt 2), so dass die Ausgabe „HK 4/2004“ nach der Lebenserfahrung
spätestens im August 2004, und damit geraume Zeit vor dem Zeitrang des Streit-
gebrauchsmusters, der Öffentlichkeit zugänglich war.
D5
Organ des Hauptverbands der Deutschen Holz und Kunststoff verarbeitenden In-
- 25 -
dustrie und verwandter Industriezweige e.V. (HDH), Bad Honnef, und erscheint 9-
mal jährlich, wie aus dem Impressum hervorgeht, so dass die Ausgabe „3/2004“
im Frühjahr, spätestens Sommer 2004, und damit ebenfalls geraume Zeit vor dem
Zeitrang des Streitgebrauchsmusters der Öffentlichkeit zugänglich war.
Dementsprechend hätte es eines substantiierten Gegenvortrags der Antragsgeg-
nerin bedurft, warum diese konkreten Druckschriften entgegen ihrem Inhalt nicht
vor dem Anmeldetag der Öffentlichkeit zugänglich waren.
D2
D2
korkante in einem Zug anleimen“ das Herstellungsverfahren sehr anschaulich, da
D2
können diese drei strittigen Dokumente außer Betracht bleiben, zumal sie keine
D1
2.
D5
ergebenden Stand der Technik unter Einbeziehung des Fachwissens, belegt
D4
gen.
2.1.
ters gemäß den verteidigten Anspruchsfassungen wird im Folgenden entspre-
chend BGH GRUR 2006, 842 - Demonstrationsschrank hinsichtlich der Beurtei-
lung des erfinderischen Schrittes auf die im Patentrecht entwickelten Grundsätze
zurückgegriffen. Zwischen den Kriterien des „erfinderischen Schritts“ im
Gebrauchsmusterrecht und der „erfinderischen Tätigkeit“ im Patentrecht besteht
danach kein Unterschied, weil es sich um ein qualitatives und nicht um ein quan-
titatives Kriterium handelt, was bedeutet, dass es allein auf das Können und Wis-
sen des Fachmannes ankommt.
- 26 -
2.2.
tung beizumessen ist, muss von dem ausgegangen werden, was die Erfindung
gegenüber dem Stand der Technik im Ergebnis tatsächlich leistet, d.h. das durch
die Erfindung für den Fachmann tatsächlich, d. h. objektiv gelöste technische
Problem (BGH GRUR 2003, 693 - Hochdruckreiniger), wie es auch die Streitge-
brauchsmusterschrift als Aufgabe nennt, wobei ein Vorrang eines sog. „nächst-
kommenden Standes der Technik“ nicht besteht (BGH GRUR 2009, 382 - Olan-
zapin). Hierbei hatte der Fachmann Veranlassung, in dem Bemühen eine bessere
D10
D5
1039 - Fischbissanzeiger).
a)
maßgeblichen Ausgangspunkt der Erfindung rahmenlose Leichtbauplatten dar, die
D10
sen die geschilderten Nachteile auf. Hier setzt die Erfindung ein, die sich die im
Streitgebrauchsmuster angegebene Aufgabe gestellt hat, die Nachteile des be-
kannten Standes der Technik zu verbessern und eine Leichtbauplatte aufzuzei-
gen, die kostengünstig und vollautomatisch wirtschaftlich herstellbar ist, deren
Längsstirnseiten dauerhaft geschützt bzw. versiegelt sind, bei der die verwendeten
Abdeckelemente der Längsstirnseiten ein geringeres Gewicht aufweisen, fest mit
der Leichtbauplatte diese stabilisierend verbunden sind und wobei Leichtbauplat-
ten mit Freiformen realisierbar sind.
Der Fachmann, der sich in der Praxis vor allem mit der Entwicklung von Neuerun-
gen auf dem Gebiet der Leichtbauplatten beschäftigt und dabei selbstverständlich
den Stand der Technik auf seinem eigenen Spezialgebiet kennt und sich in übli-
cher Weise auf dem Laufenden hält, z. B. durch Lesen von Fachzeitschriften (vgl.
BPatGE 34, 264), wird auf der Suche nach der Lösung seines Problems sich zu-
D5
M1
- 27 -
In diesem Fachartikel wird darauf hingewiesen, dass hierbei die Inhomogenität der
Schmalfläche besondere Ansprüche stellt. Es ist ausgeführt, dass die Papierwabe
M3
Überwiegend bestimmt die Haftfestigkeit auf den beiden Deckschichten (Merkmal
M2
schichten und großen Plattendicken ist nur dann möglich, wenn die Kantenverkle-
bung im Möbel gering beansprucht ist, z. B. bei Einlegeböden oder Stollenwän-
D5
M2
M3
daher für den Fachmann einen vielversprechenden Einstieg in seine Problemstel-
lung dar (vgl. BGH GRUR 2009, 1039 - Fischbissanzeiger).
D5
cken verhindern muss, weshalb Papierkanten nicht geeignet sind. Abhilfe schafft
hierfür eine stabilisierende Blindkante, d.h. die Blindkante übernimmt wie im
D5
dem Formatieren ein Falz in beide Deckschichten eingefräst, was nichts anderes
heißt, als dass in die Längsstirnseite der Leichtbauplatte jeweils eine Nut einge-
M4
D5
eingeleimt. Halt findet die Blindkante in den beiden Fälzen der Decklagen und an
der Zwischenlage. Da vorliegend der Begriff Blindkante nur ein Synonym für die
erste Profilleiste darstellt, erschließt sich dem Fachmann aus diesem Dokument
M5
kante in die beiden Fälzen ist im Wortsinn des Streitgebrauchsmusters die erste
Profilleiste adhäsiv mit den Decklagen verbunden. Diese Blindkante kann gemäß
D5
leichteren Verarbeitbarkeit wegen im Übrigen auch eine Dickkante aus Recyc-
lingmaterial, d.h. aus Kunststoff, sein. Ferner müssen Falztiefe und Dicke der
Blindkante genau übereinstimmen.
- 28 -
D5
Kante, also eine zweite Profilleiste, wie üblich aufgeleimt wird. Damit ist nicht nur
M6
die erste Profilleiste ist mit der zweiten Profilleiste adhäsiv verbunden.
Infolgedessen hat die sog. „Blindkantentechnologie“ zum Anmeldezeitpunkt des
Streitgebrauchsmusters bereits zum Stand der Technik gehört. Nachdem aus der
D5
D5
reits ein Bekantungsverfahren für Leichtbauplatten zur Verfügung gestellt, das die
D10
stengünstig und vollautomatisch wirtschaftlich herstellbar war. Bei dieser bekann-
ten Blindkantentechnologie sind die Längsstirnseiten dauerhaft geschützt bzw.
versiegelt, die Abdeckelemente fest mit der Leichtbauplatte diese stabilisierend
verbunden und es sind Leichtbauplatten mit Freiformen, also Konturplatten, reali-
sierbar.
Die Überlegungen des mit der Weiterentwicklung der aus dem Stand der Technik
bekannten Leichtbauplatte betrauten Fachmanns setzen naturgemäß bei der
Analyse dessen an, was bei vorhandenen Lösungen als nicht zufrieden stellend
oder verbesserungswürdig empfunden wird. Infolgedessen ging es dem Fach-
D5
Leichtbauplatte objektiv noch darum, einerseits deren Gewicht positiv zu beein-
flussen, andererseits einen weiter verbesserten Verbund zwischen Stützkante und
Dekorkante zu erzielen.
Bei der Verwirklichung dieser Zielvorstellungen wird der Fachmann zunächst auf
D5
D5
der Kanten überwiegend von der Haftfestigkeit auf den beiden Deckschichten be-
D5
- 29 -
oder eine Dickkante, wobei unter Dickkante eine Kunststoffkante, wie z. B. Poly-
D4
Da der hier angesprochene Fachmann über fundierte Kenntnisse auf dem Gebiet
der Werkstoffkunde, d. h. über anwendungsorientierte Aspekte von Materialien,
verfügt, gehört es deshalb zu seinem Basiswissen, dass die Klebewirkung von
Klebstoffen auf zwei Kräften beruht, nämlich der Adhäsion und der Kohäsion.
Hierbei ist die Adhäsion als Haftung auf der Grenz- bzw. Klebefläche durch Ver-
ankerung in der Mikrostruktur oder durch molekulare Wechselwirkung (Nebenva-
lenzbindung) definiert, während die Kohäsion den inneren Zusammenhalt der
Moleküle des Klebstoffs beschreibt. Um also eine große Adhäsion zwischen mit-
tels Klebstoffs zu verklebenden Oberflächen zu erzielen, muss der Klebstoff in die
Mikrostruktur der Klebeflächen eindringen und sich dort verankern können. Infol-
gedessen sind hierfür raue oder poröse, d.h. saugende Klebeflächen bevorzugt.
Ein solches, saugendes Material ist beispielsweise MDF (mitteldichte Faserplatte).
D5
Anregung erhalten, als Blindkante ein Material mit saugender, also mikrostruktu-
rierter Oberfläche, zu verwenden. Dies gilt um so mehr für Kunststoffe, die vor
dem Verkleben zumindest einer Vorbehandlung mit Haftvermittlern unterzogen
D5
dort beidseitig ein Haftvermittler vorgesehen. Der Fachmann wird daher in seinem
Bemühen, eine bessere Lösung zu finden, als sie der bekannte Stand der Technik
D5
stellt, sich somit zunächst bekannten Leichtbauplatten zuwenden und die dort be-
schriebenen Materialien zur Kantenstabilisierung für seine Zwecke in Erwägung
D9
Schaumstruktur zur Verbesserung der Kantenstabilität einer Leichtbauplatte ein-
gesetzt wird.
D9
Kantenstabilität bezeichnet, hierin ist jedoch im Wortsinn des Streitgebrauchs-
musters nichts anderes als eine Verbundbauplatte zu verstehen, denn das Lami-
- 30 -
nat umfasst wie der Streitgegenstand eine wabenförmige Kernschicht sowie unge-
schäumte Deckschichten.
Um die Kantenstabilität eines solchen Laminats bzw. einer solchen Leichtbau-
D9
D9
spruch 1), der mit der Kernschicht und mit der Deckschicht durch Verschweißen
D9
Dieser schaumförmige Streifen aus einem thermoplastischen Kunststoff muss im
Wortsinn des Streitgebrauchsmusters eine mikroporöse Schaumstruktur aufwei-
sen, denn zur Realisierung der Schaumstruktur werden gleiche Treibmittel ver-
wendet, so z. B. chemische Treibmittel, wie Carbonate und Azoverbindungen,
oder physikalische Treibmittel, wie niedrig siedende Flüssigkeiten, die den Ther-
D9
18). Um eine ausreichende Härte und Steifigkeit des schaumförmigen Streifens zu
gewährleisten, ist die Dichte des Streifens verhältnismäßig hoch und beträgt zwi-
schen 200 bis 1000 kg/m
3
, vorzugsweise 300 bis 800 kg/m
3
D9
len 2 bis 5). Weiter kann der Querschnitt des Streifens beliebig geformt sein (vgl.
D9
D9
Luftfahrzeugen, insbesondere für Zwischenwände, Stauschränke oder Klappen für
Hutablagen; ferner beim Automobil- und Schiffsbau sowie bei Haushaltsgeräten
D9
- 31 -
Da der Fachmann im Interesse eines leichten Gewichts der Verbundbauplatte und
einer Verbesserung der Haltbarkeit von Dekorleiste und deren Stabilität bestrebt
sein musste, auch eine optimale Verklebung zu erzielen, drängte sich ihm bei
D9
er hierfür erwarten konnte, dass ein Klebstoff in die mikroporöse Schaumstruktur
der Klebeflächen der Blindkante eindringen und sich dort verankern konnte. Die
Erprobung einer Blindkante mit mikroporöser Schaumstruktur lag deshalb für den
Fachmann aufgrund seines Basiswissens und bei Kenntnis des Standes der
Technik im Anmeldezeitpunkt des Streitgebrauchsmusters auf der Hand, zumal
die erfindungsgemäße Ausgestaltung der beanspruchten Leichtbauplatte nicht
D5
D5
D9
als Blindkante zu ersetzen, weshalb der Lösungsweg für den objektiven Erfin-
D9
Der damit verbundenen Verneinung eines erfinderischen Schrittes steht hierbei
nicht entgegen, dass der Fachmann bei dieser Lösung nicht unmittelbar von der
im Streitgebrauchsmuster angegebenen Aufgabenstellung, sondern von allgemei-
nen Überlegungen ausgehen musste. Denn auf die im Streitgebrauchsmuster be-
zeichnete subjektive Aufgabe kommt es für die Beurteilung eines erfinderischen
Schrittes nicht an, vielmehr muss von dem ausgegangen werden, was die Erfin-
dung gegenüber dem Stand der Technik im Ergebnis tatsächlich leistet. Maßgeb-
lich ist nicht, was im Streitgebrauchsmuster als „Aufgabe“ bezeichnet ist, sonders
das durch die Erfindung für den Fachmann tatsächlich, d. h. objektiv gelöste tech-
nische Problem. Hat die zu seinem typischen Aufgabengebiet gehörende Bewälti-
gung eines Problems wie das stabile Bekanten von rahmenlosen Leichtbauplatten
dem Fachmann eine der beanspruchten Lehre entsprechende Ausgestaltung na-
hegelegt, beruht diese Lehre auch dann nicht auf einem erfinderischen Schritt,
wenn der Stand der Technik für die damit zugleich erreichte Verbesserung der Lö-
sung einer weiteren Problemstellung keine hinreichende Anregung vermittelt hat
- 32 -
(vgl. BGH GRUR 2003, 693 - Hochdruckreiniger; BGH, Urteil vom 4. Februar 2010
– Xa ZR 36/08 - Gelenkanordnung).
Der Gegenstand des Schutzanspruches 1 nach Hauptantrag ist daher mangels
eines erfinderischen Schrittes zu löschen.
b)
male, die Schutz begründend wären. Etwas Derartiges hat die Antragsgegnerin
auch nicht geltend gemacht. Soweit sie die Merkmale der Unteransprüche 4 und 6
in den Schutzanspruch 1 in den Hilfsantrag aufgenommen hat siehe unten 3. Die
Unteransprüche bedürfen im Übrigen keiner isolierten Prüfung, weil die Antrags-
gegnerin das Streitgebrauchsmuster hilfsweise mit konkreten Merkmalen gemäß
Hilfsantrag 1 verteidigt und dadurch zu erkennen gegeben hat, dass sie an einer
hiervon abweichenden, ggf. teilweisen Aufrechterhaltung einzelner, weiterer
Schutzansprüche gemäß Hauptantrag kein Interesse hat und insbesondere keine
weiteren Hilfsantrag gestellt hat.
3.
Hilfsan-
trag 1
finderischen Schritt beruh.
Folgende Merkmale sind in die Hilfsanträge aufgenommen worden:
M8
die erste Profilleiste (6) weist eine geringere Dichte auf als
die zweite Profilleiste (7);
M9
die erste Profilleiste (6) weist eine Dichte von etwa
0,2 g/cm
3
bis etwa 0,85 g/cm
3
auf, vorzugsweise
0,40 g/cm
3
bis 0,70 g/cm
3
;
M10
die erste und die zweite Profilleiste sind extrudierte Profil-
leisten;
M11
die erste Profilleiste ist mit der zweiten Profilleiste adhäsiv
verbunden;
- 33 -
M12
die erste Profilleiste ist mit den Decklagen adhäsiv verbun-
den.
M8
anspruch 5 bzw. dem Schutzanspruch 4 der beschränkten Fassung entstammt,
handelt es sich um ein zahlenmäßig unbestimmt gehaltenes Merkmal, das nicht
D5
untere Schaumstreifen aufgrund der Porosität zwingend eine geringere Dichte als
D9
M9
kann einen erfinderischen Schritt nicht begründen, zumal sich dem Fachmann ein
D9
bis 5, bekannt, dass die Dichte des Schaumstreifens zwischen 200 bis
1000 kg/cm
3
, vorzugsweise 300 bis 800 kg/cm
3
, beträgt. In g/cm
3
umgerechnet
ergibt sich damit eine Dichtebemessung von 0,2 bis 1,0, vorzugsweise 0,3 bis
0,8 g/cm
3
, wodurch der beanspruchte Dichtebereich von 0,2 bis 0,85 g/cm
3
voll
umfasst ist.
M10
thermoplastische Schäume durch Extrusion herzustellen, wie ausführlich in der
A19
zehnten angewandtes wirtschaftliches Verfahren zur Herstellung derartiger ther-
moplastischer Schäume stellt die Schaumextrusion dar. … Je nach Einbringung
des Gases unterscheidet man das Schäumen mit chemischen oder physikalischen
Treibmittel“. Insofern war es für den Fachmann nahe liegend, extrudierte Profil-
leisten zu verwenden.
M11
IV. 2a)
- 34 -
Im Übrigen ist eine besondere Wirkung der mit dem Hilfsantrag konkret bean-
spruchten Merkmalskombination auch aus der Gesamtoffenbarung des Streit-
gebrauchsmusters nicht erkennbar und auch nicht geltend gemacht.
Der Gegenstand des Streitgebrauchsmusters ist daher auch nicht schutzfähig in
der Ausgestaltung gemäß Schutzanspruch 1 nach Hilfsantrag 1.
4.
Nachdem der Stand der Technik dem Fachmann hinreichend Anregung gege-
ben hat, zu der Lehre des Streitgebrauchsmusters zu gelangen, können deshalb
die im Beschwerdeverfahren ins Feld geführten Hilfserwägungen wie Bedarf und
Zeitfaktor nicht zu einer Feststellung des erfinderischen Schrittes führen.
Bei dieser Sachlage brauchten auch die im Verfahren befindlichen, weiteren
Druckschriften und Dokumente zur Entscheidungsfindung nicht herangezogen
werden.
Nach alledem beruht der Gegenstand der jeweiligen Schutzansprüche 1 gemäß
Hauptantrag und Hilfsantrag 1 nicht auf einem erfinderischen Schritt, weshalb
diese Ansprüche keinen Bestand haben.
5.
Die abhängigen Schutzansprüche 2 bis 12 gemäß Hilfsantrag 1 werden von
dem Löschungsausspruch erfasst, da in ihnen ein eigener schutzfähiger Gehalt
nicht erkennbar und in der mündlichen Verhandlung auch nicht geltend gemacht
worden ist.
- 35 -
IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 18 Abs. 2 Satz 2 GebrMG i. V. m. § 84
Abs. 2 PatG und § 91 Abs. 1 ZPO. Die Billigkeit erfordert keine andere Entschei-
dung.
Baumgärtner
Dr. Egerer
Zettler
Pr