Urteil des BPatG vom 31.07.2002

BPatG: unterscheidungskraft, verkehr, anpreisung, begriff, ausgabe, unternehmen, bonus, gestaltung, zeitung, internet

BUNDESPATENTGERICHT
29 W (pat) 97/00
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(Aktenzeichen)
Verkündet am
31. Juli 2002
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Markenanmeldung 398 32 844.7
hat der 29. Senat (Marken-Beschwerdesenat) aufgrund der mündlichen Verhand-
lung vom 31. Juli 2002 durch die Vorsitzende Richterin Grabrucker und die Richter
Baumgärtner und Guth
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
BPatG 154
6.70
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Gründe:
I.
Die Wortmarke
"Extra"
soll für
"Zeitschriften, Zeitungen, Anzeigenblätter sowie alle anderen
Druckerzeugnisse mit Impressumpflicht"
in das Markenregister eingetragen werden.
Die Markenstelle für Klasse
16 hat die Anmeldung mit Beschluß vom
19. Oktober 1999 zurückgewiesen, da ihr jegliche Unterscheidungskraft fehle. Das
Wort "Extra" stelle im Hinblick auf die beanspruchten Waren eine werbeübliche,
schlagwortartige Anpreisung dar, die nicht als Herkunftshinweis verstanden werde.
Das Zeichen weise in werbeüblicher Form auf besondere Eigenschaften der be-
anspruchten Waren wie beispielsweise auf den Inhalt, die äußere Gestaltung oder
die Größe sowie allgemein darauf hin, daß der Kunde etwas "besonders" erhalte.
Auch nicht unmittelbar beschreibende werbemäßige Anpreisungen, die beim Pub-
likum den Kaufanreiz durch subjektive Gefühle des Glücks und eines Vorteils
weckten, seien nicht geeignet, als Kennzeichen eines bestimmten Unternehmens
zu dienen.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie trägt vor, daß die an-
gemeldete Marke im Hinblick auf den anzulegenden großzügigen Maßstab die
erforderliche geringe Unterscheidungskraft aufweise. Sie besitze keinerlei Bezug
zu den angemeldeten Waren, insbesondere sei nicht ersichtlich, daß sich "Extra"
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auf besondere Eigenschaften hinsichtlich Inhalt, äußere Gestaltung und Größe
von Druckereierzeugnissen beziehen solle. Vielmehr seien Assoziationen in den
Richtungen "extra groß", "extra dick", "Extra-Ausgabe", "extra lang" oder "Extra-
Themen" und ähnliches mehr denkbar. Der Begriff sei vielschichtig und schillernd
und finde in vielen Bereichen Anwendung. "Extra" enthalte auch keine Anpreisung
oder Empfehlung und schaffe nicht das Gefühl einer angenehmen
Kaufatmosphäre oder eines besonderen Vorteils. In Alleinstellung sei "extra" ohne
Aussagegehalt. Mangels Warenbezug bestehe auch kein Freihaltebedürfnis.
II.
Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet, da das angemeldete Zeichen für
die beanspruchten Waren keine Unterscheidungskraft besitzt, § 8 Abs. 2 Nr. 1,
§ 37 Abs. 1 MarkenG.
Unterscheidungskraft im Sinne dieser Vorschrift ist die einer Marke innewohnende
konkrete Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die angemeldeten
Waren eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst
zu werden. Dabei nimmt der Verkehr eine Kennzeichnung in der Regel so auf, wie
es ihm entgegentritt und unterzieht es keiner analysierenden Betrachtungsweise.
Bei der Beurteilung ist grundsätzlich von einem großzügigen Maßstab auszuge-
hen, d.h. jede, auch noch so geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um das
Schutzhindernis zu überwinden. Diese Unterscheidungskraft fehlt jedoch, wenn
dem Zeichen ein für die beanspruchten Waren im Vordergrund stehender be-
schreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden kann oder wenn es sich um ein
gebräuchliches Wort der deutschen oder einer geläufigen Fremdsprache handelt,
das vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der
Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden
wird (BGH MarkenR 2001, 480 f - LOOK m.w.N.).
Gemessen an diesen Anforderungen ist die verfahrensgegenständliche Anmel-
dung nicht schutzfähig.
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Das angemeldete Wort "extra" hat im allgemeinen Sprachgebrauch die Bedeutung
"besonders, über das übliche hinausgehend" (Wahrig, Deutsches Wörterbuch,
7. Aufl.; Duden, Deutsches Universalwörterbuch, 20. Aufl.). Das Wort stellt keine
werbemäßige Anpreisung dar, die beim Publikum den Kaufanreiz durch subjektive
Gefühle des Glücks und eines Vorteils weckt. Im Unterschied zu dem Begriff "Bo-
nus" bezeichnet "Extra" auf dem Gebiet der hier betroffenen Druckereierzeugnisse
keinen außerhalb der Waren liegenden Umstand wie etwa besondere Vertriebs-
modalitäten (vgl. BGH Beschluss vom 28. Februar 2002, I ZB 10/99 – BONUS II).
Vielmehr bezieht sich "Extra" konkret auf die Waren selbst und besitzt, aus der
allgemeinen Bedeutung abgeleitet, einen feststehenden beschreibenden Sinn. Es
handelt sich dabei nämlich um eine zusätzliche Ausgabe aus einer üblichen
Reihe, die auf eine speziellen Befassung mit einem bestimmten Thema hinweist.
So existieren für Sonderausgaben aus speziellen Anlässen die Begriffe
"Extraausgabe" und "Extrablatt" sowie "Extra-Heft" und "Extra-Beilage". In diesem
Kontext ist das Zeichenwort auch in Alleinstellung aussagekräftig, wie die optisch
hervorgehobene Stellung beispielsweise in "Sozial-Extra" und in der Kulturbeilage
zur Süddeutschen Zeitung, dem "SZ-Extra", zeigt. In keinem Fall wird das Wort
"Extra" außerhalb des oben genannten beschreibenden Sinnes verwendet, wie die
Belege der Internet-Recherche für die themenbezogenen Hinweise "Görlitz-Extra"
oder "KATZEN-EXTRA" zeigen. Daneben besteht in dem mit den angemeldeten
Waren vergleichbaren Bereich der Online-Zeitungen oder –Magazine – viele
Printmedien verfügen über parallele Onlineausgaben – ein entsprechender
Gebrauch (z.B. "Kultura Extra, JUS-EXTRA"). Aufgrund seines im Vordergrund
stehender beschreibender Begriffsinhalts ist das angemeldete Wort "Extra" daher
nicht geeignet, die vorliegend beanspruchten Waren von denen anderer
Unternehmen zu unterscheiden.
Grabrucker Baumgärtner
Guth
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