Urteil des BPatG vom 13.11.2014

Stand der Technik, Fig, Patentanspruch, Patentfähige Erfindung

BPatG 154
05.11
BUNDESPATENTGERICHT
8 W (pat) 29/09
_______________
(Aktenzeichen)
Verkündet am
13. November 2014
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend das Patent 102 57 189
- 2 -
Verfahrensbevollmächtigte: KNH Patentanwälte Kahlhöfer Neumann Rößler
Heine, Roßstraße 92, 40476 Düsseldorf,
hat der 8. Senat (Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche
Verhandlung vom 13. November 2014 durch den Vorsitzenden Richter Dipl.-Phys.
Dr. phil. nat. Zehendner
sowie
die
Richter
Dr. agr. Huber,
Kätker
und
Dipl.-Ing. Brunn
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
G r ü n d e
I.
Das Patent 102 57 189 mit der
Bezeichnung „Automatic-Synchron-Getriebesystem
für ein Motorfahrzeug mit Verbrennun
gsmotor“ ist am 6. Dezember 2002 unter In-
anspruchnahme einer japanischen Priorität vom 4. Juni 2002 (2002-163295) beim
Deutschen Patent-und Markenamt angemeldet und dessen Patenterteilung am
17. April 2008 veröffentlicht worden.
Gegen das Patent ist ein Einspruch erhoben worden, der auf mangelnde Patent-
fähigkeit des Patentgegenstandes (§ 21 Abs. 1 Nr. 1 PatG) gestützt ist. Die Ein-
sprechende hat mangelnde Neuheit des Gegenstandes des Patentanspruchs 1
gegenüber dem Stand der Technik nach der DE 197 09 419 A1 (D3) geltend ge-
macht. Außerdem hat sie mangelnde erfinderische Tätigkeit gegenüber dem
Stand der Technik nach der EP 0 130 812 A1 (D4) und der US 4 683 996 (D5)
bzw. der JP 60-011762 (D6) und der JP 01-238 741 (D7) (Prioritätsanmeldung zur
US 49 44 194 A (D13)) geltend gemacht.
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Die Patentinhaberin hat dem Vorbringen der Einsprechenden widersprochen und
hat hierzu ausgeführt, dass der entgegengehaltene Stand der Technik entschei-
dende Aspekte des Patentgegenstandes, nämlich die Unterteilung eines Schalt-
pfades in einzelne Pfadabschnitte in einer ersten bzw. zweiten Bewegungsrich-
tung sowie die Vorgabe von Zeiten für die einzelnen Pfadabschnitte, nicht offen-
bare oder nahe lege.
Die Patentabteilung 14 hat das Streitpatent nach Anhörung der Beteiligten mit Be-
schluss vom 26. März 2009 aufrechterhalten.
Nach Auffassung der Patentabteilung werde durch die Druckschriften D3, D4 und
D6 jeweils eine Zeitüberwachung gelehrt, die prinzipiell den gesamten Schaltweg
in Betracht zieht. Die D3 enthalte keine Lehre, die dahin gehe, die Rückschaltbe-
wegung des Schaltgetriebeelements als Bewegung in die Startposition des jewei-
ligen letzten Schaltpfadabschnitts einzuleiten und anschließend den Schaltvor-
gang fortzusetzen. Die D5 lehre zwar grundsätzlich eine abschnittsweise Schalt-
pfadaufteilung, jedoch nicht in die beiden Bewegungsrichtungen gemäß Patentge-
genstand, wobei zudem der Aspekt der zeitlichen Überwachung fehle. Damit
könne weder die Neuheit noch die erfinderische Tätigkeit eines Gegenstandes mit
den Merkmalen des erteilten Anspruchs 1 durch den entgegengehaltenen Stand
der Technik in Frage gestellt werden, so dass dieser Patentanspruch bestandsfä-
hig sei.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Einsprechenden.
Die Einsprechende trägt zur Frage der Auslegung der Merkmale des Patentan-
spruchs 1 vor, dass dort nicht von kleinen Intervallen bei der Aufteilung des
Schaltweges die Rede sei, sondern lediglich allgemein von Pfadabschnitten. Zum
anderen vertritt sie die Auffassung, dass der im angegriffenen Patent zu betrach-
tende Schaltweg sich nicht lediglich auf zwei Richtungen, nämlich einen jeweils
zusammen gesetzten Weg in der Wähl- und in der Schaltgasse, beziehe, sondern
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auch nur eine einzige Richtung möglich sei und unter den Bedeutungsumfang des
Anspruchs 1 falle. Sie verweist hierzu auf Fig. 2 des Streitpatents, die zeige, dass
von der dort gezeigten Position der Neutralstellung zum Schalten in den 3. bzw.
4. Gang ausschließlich eine Bewegung in der ersten Bewegungseinrichtung (ent-
lang der Schaltgasse 30b) erforderlich sei. Damit sei aber die in der angefochte-
nen Entscheidung gegebene Interpretation, wonach ausschließlich die Aufteilung
in zwei Bewegungsrichtungen durch die erfindungsgemäße Lehre vorgegeben
werde, offenkundig unzutreffend.
Dies bedeute für die Betrachtung des entgegengehaltenen Standes der Technik,
dass im Falle der EP 0 130 812 A1 (D4), wenn dort aus der Neutralposition in
Richtung eines Ganges geschaltet werde, bei Auftreten eines Blockierungszu-
stands in die Neutralposition und damit in die Startposition des Schaltvorganges
und damit wiederum in die Startposition des hier vorliegenden einzigen Pfadab-
schnittes (in dem die Zeitüberschreitung aufgetreten ist) zurückgeschaltet werde.
Für einen solchen Fall könne der Stand der Technik nach der D4 bereits neuheits-
schädliche Wirkung entfalten.
DE 197 09 419 A1 (D3) lehre darüber hinaus, einen Schaltweg in mehrere ein-
zelne Abschnitte aufzuteilen und den Zeitablauf in diesen Abschnitten zu überwa-
chen, wobei bei Überschreiten des Zeitkriteriums der Schaltvorgang abgebrochen
und eine Rückbewegung durchgeführt werde. Insoweit die D3 auf eine zumindest
teilweise Rückgängigmachung des Schaltvorgangs (vgl. dort Ansprüche 1 und 2)
verweist, entfalte auch diese neuheitsschädliche Wirkung, denn von zwei Pfadab-
schnitten werde der letzte bei Eintritt einer Störung wiederholt, während der län-
gere vorausgehende Pfadabschnitt unberührt bleibe.
Ausgehend vom Automatik-Synchron-Getriebesystem nach Druckschrift D4 und
der jedem Schaltgang mit Zugkraftunterbrechung immanenten Aufgabenstellung,
diesen aufgrund der Zugkraftunterbrechung schnellmöglichst durchzuführen bzw.
eine Blockade schnellstmöglich aufzuheben, werde der Fachmann auch die
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Druckschrift D3 heranziehen und daraus entnehmen den Schaltweg auf einzelne
Schaltabschnitte aufzuteilen. Daher beruhe die Lehre des Patentanspruchs 1 des
Streitpatents zudem nicht auf einer erfinderische Tätigkeit.
Die Einsprechende und Beschwerdeführerin stellt den Antrag,
den angefochtenen Beschluss aufzuheben und das Patent zu wi-
derrufen.
Von der Patentinhaberin und Beschwerdegegnerin, die, wie mit Schriftsatz vom
14. Oktober 2014 angekündigt, zur mündlichen Verhandlung nicht erschienen ist,
liegt der schriftliche Antrag vor,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie verteidigt das Patent schriftsätzlich weiterhin mit den erteilten Unterlagen und
trägt zum Stand der Technik in ihren schriftsätzlichen Einlassungen vor, dass der
entgegengehaltene Stand der Technik nicht geeignet sei, dem maßgeblichen
Fachmann Anregungen dahingehend zu vermitteln, den Schaltpfad in Pfadab-
schnitte entlang zweier Bewegungseinrichtungen aufzuteilen, und jeden Pfadab-
schnitt mit einer entsprechenden, vorbestimmten Zeit zu beobachten, und ggf. das
Schaltgabelelement lediglich an die Startposition des entsprechenden Pfadab-
schnittes zurückzuführen, um so eine Verklemmung in einem Automatikgetriebe
schneller zu lösen.
Der geltende Patentanspruch 1 lautet:
„Automatik-Synchron Getriebesystem für ein Motorfahrzeug mit ei-
nem Verbrennungsmotor mit
- einer Eingangswelle (13), die mit einer Kurbelwelle (1a) des
Verbrennungsmotors (1) über eine Kupplung (2) gekoppelt ist;
- 6 -
- einer Ausgangswelle (6) zum Antreiben des Motorfahrzeugs;
- mehreren Schaltgetriebegruppen (17, 18, 19, 20, 21), die zwi-
schen der Eingangswelle (13) und der Ausgangswelle (16) ange-
ordnet sind und jeweils unterschiedliche Übersetzungsverhältnisse
aufweisen;
- einem Kopplungsmechanismus (25) zum selektiven Koppeln ei-
ner bestimmten Schaltgetriebegruppe (17, 18, 19, 20, 21) mit der
Ausgangswelle (16);
- einer Schalt/Auswahl-Stelleinheit (5; 51, 52) zum Bewegen ei-
nes Schaltgabelelements (25a) des Kopplungsmechanismus (25)
in einer ersten Bewegungsrichtung und einer zweiten Bewegungs-
richtung, um dadurch die Schaltgetriebegruppe (17, 18, 19, 20, 21)
auszuwählen, die mit der Ausgangswelle (16) zu koppeln ist;
- Schalt/Auswahl-Positionssensoren (6; 61 62) zum Erfassen ei-
ner Position des Schaltgabelelements (25a) in der ersten bzw. der
zweiten Bewegungsrichtung; und
- einer
Steuereinheit (4)
der
Ausgangssignale
der
Schalt/Auswahl-Positionssensoren (6; 61, 62) zugeführt werden,
für die Steuerung einer Ansteuergröße für die Schalt/Auswahl-
Stelleinheit (5),
wobei die Steuereinheit (4) dann, wenn das Schaltgabelele-
ment (25a) durch die Schalt/Auswahl-Stelleinheit (5) von einer ge-
gebenen Geschwindigkeitsstufe oder von einer neutralen Position
zu einer anderen Geschwindigkeitsstufe oder zu der neutralen Po-
sition bewegt wird, einen Pfad entlang welchem das Schaltga-
belelement (25a) bewegt wird, in vorbestimmte Pfadabschnitte in
der ersten Bewegungsrichtung bzw. in der zweiten Bewegungs-
richtung aufteilt, und
wobei die Steuereinheit (4) die abgelaufene Zeit pro Pfadabschnitt
mit einer für den jeweiligen Pfadabschnitt voreingestellten Zeit
vergleicht, um dadurch das Schaltgabelelement (25a)
zurück zu
- 7 -
einer Startposition des Pfadabschnitts zu bewegen, wenn
eine Bewegung des Schaltgabelelements (25a) im Pfadab-
schnitt nicht innerhalb der voreingestellten Zeit beendet ist,
und um das Schaltgabelelement (25a) wieder zu einer End-
position
des Pfadabschnitts zu bewegen.“
Zu den geltenden, diesem Anspruch nachgeordneten erteilten Patentansprü-
chen 2 und 3 wird auf die Akten verwiesen.
Im Prüfungsverfahren war außerdem noch die DE 101 33 225 A1 in Betracht ge-
zogen worden.
Wegen weiterer Einzelheiten im Übrigen wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
A.
Die Beschwerde der Einsprechenden ist form- und fristgerecht eingelegt und
auch im Übrigen zulässig. Sie hat in der Sache jedoch keinen Erfolg, denn der
Gegenstand des geltenden erteilten Patentanspruchs 1 stellt eine patentfähige Er-
findung im Sinne des PatG § 1 bis 5 dar.
B.
Gegenstand des Streitpatents ist ein Automatik-Synchron-Getriebesystem für
ein Motorfahrzeug mit Verbrennungsmotor.
Nach Abs. 0001 der Beschreibung des Streitpatents in der erteilten Fassung ge-
mäß Streitpatentschrift DE 102 57 189 B4 seien insbesondere Automatik-Syn-
chron-Getriebesysteme Gegenstand der patentgemäßen Lösung, die mit dem
Auftreten eines temporären Verriegelns oder Staus bzw. einer Verklemmung im
Verlauf einer Geschwindigkeitsänderung auf geeignete Weise fertig werden kön-
nen.
- 8 -
Gemäß Abs. 0002 der Streitpatentschrift sei im Stand der Technik ein Getriebe
bekannt geworden (JP-A-60-11762), bei dem das Verstreichen der Zeit bei einer
Umschaltung in eine andere Geschwindigkeitsstufe ab dem Beginn der Ge-
schwindigkeitsänderung durch einen Zeitgeber gemessen und die verstrichene
Zeit mit einer ersten und einer zweiten voreingestellten Zeitspanne verglichen
wird. In jedem Fall werde bei einem derartigen bekannten Getriebe die ursprüngli-
che bzw. die Start-Geschwindigkeitsstufe, von welcher aus die Geschwindigkeits-
änderung begonnen worden ist, wieder aufgenommen, wenn ein Verriegelungs-
oder Verklemmungsereignis aufgetreten ist, um dann die Geschwindigkeitsände-
rung wieder hin auf die Soll-Geschwindigkeitsstufe zu beginnen. Demzufolge
werde beim Auftreten eines Störereignisses für die Geschwindigkeitsänderung viel
Zeit verbraucht, wobei sich gleichzeitig die Leerlaufzeit des Motorfahrzeugs in un-
erwünschter Weise erhöhe (vgl. Abs. 0004).
Dem Patentgegenstand liege daher angesichts des beschriebenen Standes der
Technik die Aufgabe zugrunde, ein Automatikgetriebesystem vom Synchronisie-
rungstyp für ein Motorfahrzeug zu schaffen, das die Zeit reduzieren kann, die beim
Auftreten eines Verriegelungs- oder Stauereignisses für die Geschwindigkeitsän-
derung verbraucht wird, und somit die Leerlaufzeit des Motorfahrzeugs erniedrigen
kann (Abs. 0006).
Der geltende Patentanspruch 1 in erteilter Fassung beschreibt demgemäß ein
Getriebesystem mit den folgenden Merkmalen:
1.
Automatik-Synchron-Getriebesystem
1.1
für ein Motorfahrzeug mit einem Verbrennungsmotor mit
1.2
einer Eingangswelle, die mit einer Kurbelwelle des Verbrennungsmotors
über eine Kupplung gekoppelt ist;
- 9 -
1.3
einer Ausgangswelle zum Antreiben des Motorfahrzeugs;
1.4
mehreren Schaltgetriebegruppen, die zwischen der Eingangswelle und der
Ausgangswelle angeordnet sind und jeweils unterschiedliche Überset-
zungsverhältnisse aufweisen;
1.5
einem Kopplungsmechanismus zum selektiven Koppeln einer bestimmten
Schaltgetriebegruppe mit der Ausgangswelle;
1.6
einer Schalt/Auswahl-Stelleinheit zum Bewegen eines Schaltgabelele-
ments des Kopplungsmechanismus in einer ersten Bewegungsrichtung
und einer zweiten Bewegungsrichtung, um dadurch die Schaltgetriebe-
gruppe auszuwählen, die mit der Ausgangswelle zu koppeln ist;
1.7
Schalt/Auswahl-Positionssensoren zum Erfassen einer Position des
Schaltgabelelements in der ersten bzw. der zweiten Bewegungsrichtung;
und
1.8
einer Steuereinheit, der Ausgangssignale der Schalt/Auswahl-Positions-
sensoren zugeführt werden, für die Steuerung einer Ansteuergröße für die
Schalt/Auswahl-Stelleinheit,
1.9
wobei die Steuereinheit dann, wenn das Schaltgabelelement durch die
Schalt/Auswahl-Stelleinheit von einer gegebenen Geschwindigkeitsstufe
oder von einer neutralen Position zu einer anderen Geschwindigkeitsstufe
oder zu der neutralen Position bewegt wird, einen Pfad, entlang welchem
das Schaltgabelelement bewegt wird, in vorbestimmte Pfadabschnitte in
der ersten Bewegungsrichtung bzw. in der zweiten Bewegungsrichtung
aufteilt, und
- 10 -
1.10
wobei die Steuereinheit die abgelaufene Zeit pro Pfadabschnitt mit einer
für den jeweiligen Pfadabschnitt voreingestellten Zeit vergleicht, um
dadurch das Schaltgabelelement zurück zu einer Startposition des
Pfadabschnitts zu bewegen, wenn eine Bewegung des Schaltgabelele-
ments im Pfadabschnitt nicht innerhalb der voreingestellten Zeit beendet
ist, und um das Schaltgabelelement wieder zu einer Endposition des
Pfadabschnitts zu bewegen.
Mit den Merkmalen 1 bis 1.3 wird ein automatisch geschaltetes Getriebesystem
vom Synchronisierungstyp, also ein Getriebe, welches Mittel aufweist, die geeig-
net sind, eine Drehung der Ausgangwelle synchron zur Drehung der Welle der
Getriebegruppe für den nächsten zu schaltenden Gang herbei zu führen (vgl.
Abs. 0036), zum Einsatz in einem Motorfahrzeug mit Verbrennungsmotor, dessen
Kurbelwelle mit einer Eingangswelle des Getriebesystems über eine Kupplung ge-
koppelt ist, beschrieben, wobei das Getriebesystem das Motorfahrzeug über eine
Ausgangswelle antreibt. Das Getriebesystem weist mehrere Schaltgetriebegrup-
pen zwischen Eingangs- und Ausgangswelle auf, die jeweils unterschiedliche
Übersetzungsverhältnisse aufweisen (Merkmal 1.4), welche dann letztlich die
„Gänge“ darstellen. In Merkmal 1.5 wird zunächst allgemein ein Kopplungsmecha-
nismus zum selektiven Koppeln einer bestimmten Schaltgetriebegruppe (also ei-
nes bestimmten Ganges) mit der Ausgangswelle beschrieben, welcher nach
Merkmal 1.6 ein Schaltgabelelement aufweist. Dieses Schaltgabelelement wird
nach Merkmal 1.6 von einer Schalt- bzw. Auswahl-Stelleinheit in einer ersten und
einer zweiten Bewegungsrichtung bewegt, um dadurch diejenige Schaltgetriebe-
gruppe (Gang) auszuwählen, die mit der Ausgangswelle zu koppeln ist. Im Falle
des in der Streitpatentschrift (insbesondere Fig. 2) dargestellten Ausführungsbei-
spiels besteht der Weg (Pfad), entlang welchem das Schaltgabelelement zum
Zwecke der Gangauswahl bzw. des Gangwechsels bewegt werden kann, aus drei
ersten parallel zueinander in Schaltrichtung angeordneten Wegabschnitten und
einem einzelnen zweiten Wegabschnitt, der in Auswahlrichtung verläuft und die
(hier drei) parallel angeordneten Wegabschnitte schneidet (vgl. Abs. 0030). Um
- 11 -
die jeweilige Position des Schaltgabelelements in der ersten bzw. zweiten Bewe-
gungsrichtung erfassen zu können, weist das Getriebesystem nach Merkmal 1.7
Schalt- bzw. Auswahl-Positionssensoren auf, deren Ausgangssignale nach Merk-
mal 1.8 einer Steuereinheit für die Steuerung einer Ansteuergröße für die Schalt-
bzw. Auswahl-Stelleinheit zugeführt werden.
Nach Merkmal 1.9 des erteilten Anspruchs 1 teilt die Steuereinheit des bean-
spruchten Getriebesystems den Schaltweg (Pfad) in einzelne Abschnitte, also in
vorbestimmte Pfadabschnitte, auf. Wenn nun das Schaltgabelelement durch die
Schalt- bzw. Auswahl-Steuereinheit von einer gegebenen Geschwindigkeitsstufe
oder von einer neutralen Position zu einer anderen Geschwindigkeitsstufe oder zu
der neutralen Position bewegt wird, wird das Schaltgabelelement entlang eines
bestimmten Pfades bewegt, wobei dieser Pfad dann von der Steuereinheit in vor-
bestimmte Pfadabschnitte in der ersten Bewegungsrichtung (nach Ausführungs-
beispiel gemäß Fig. 2 und 6 ist dies die Schaltrichtung) bzw. in der zweiten Bewe-
gungsrichtung (nach Ausführungsbeispiel gemäß Fig. 2 ist dies die Auswahlrich-
tung) aufgeteilt wird (Merkmal 1.9). Das „bzw.“ zwischen erster und zweiter Bewe-
gungsrichtung ist allerdings nicht i.
S. eines „und“ zu lesen, d. h. ein Pfad für einen
bestimmten Schaltvorgang kann auch nur in einer Bewegungsrichtung erfolgen
(vgl. Fig. 2 und 6, Pfad von Neutralposition zu 3. und 4. Gang), so dass hier nur
eine Lesart i. S.
v.“ und/oder“ in Frage kommt. Auch ein derart kurzer Pfad muss
nach dem Wortlaut von Merkmal 1.9 aber in einzelne Abschnitte aufgeteilt sein.
Dies folgt zum einen unmittelbar aus der pluralen Formulierung „vorbestimmte
Pfadabschnitte“ in Merkmal 1.9 und findet eine Stütze darüber hinaus in der Be-
schreibung des Streitpatents, Abs.
0022, wo ausgeführt ist, dass „der Pfad, ent-
lang welchem das Schaltgabelelement zum Wechseln der Geschwindigkeitsstufen
bewegt wird, in eine Vielzahl von Pfadabschnitten aufgeteilt ist“ sowie in
Abs.
0051, der mit dem Satz beginnt: „Ferner wird der Pfad, entlang welchem das
Schaltgabelelement bei einer Getriebeschaltoperation bewegt wird, in sehr kurze
Pfadabschnitte aufge
teilt.“
- 12 -
Nach alledem stellt die Beschreibung des Streitpatents andererseits z. B. in
Abs. 0030 mit zugehöriger Fig. 2 jedenfalls hinsichtlich der Bedeutung des Aus-
drucks „Pfadabschnitt“ kein vom zur Festlegung des Offenbarungsgehaltes des
Streitpatents vorrangig zu betrachtenden Wortlaut des Anspruchs 1 (Merkmal 1.9)
umfasstes Ausführungsbeispiel dar, denn dort werden die gesamten Wege der
Schaltgassen (30a, 30b, 30c) sowie der Wählgasse
(30d) jeweils als „Pfadab-
schnitte“ bezeichnet und dargestellt, so dass ein Schaltvorgang auch aus nur ei-
nem einzigen Pfadabschnitt (z. B. 30a) bestehen kann.
Nach Merkmal 1.10 vergleicht die Steuereinheit dabei (also während des Schalt-
vorgangs, d. h. der Bewegung des Schaltgabelelements) die abgelaufene Zeit pro
Pfadabschnitt mit einer für den jeweiligen Pfadabschnitt voreingestellten Zeit.
Wenn das Ergebnis dieses Vergleichs dahin geht, dass eine Bewegung des
Schaltgabelelements im Pfadabschnitt nicht innerhalb der voreingestellten Zeit
beendet ist, wird das Schaltgabelelement zurück zu einer Startposition des (ent-
sprechenden) Pfadabschnitts bewegt, um das Schaltgabelelement wieder (d. h. in
einem erneuten Versuch) zu einer Endposition des (entsprechenden) Pfadab-
schnitts zu bewegen (Merkmal 1.10).
Anders als bei herkömmlichen bekannten Automatik-Synchron-Getriebesystemen,
bei denen nach Auftreten eines Verriegelungs- oder Verklemmungsereignisses
während der Betätigung des Getriebestellgliedes (z. B. Schaltgabelelements) die
ursprüngliche Start-Geschwindigkeitsstufe, von welcher aus die Geschwindigkeit-
sänderung begonnen worden ist, wieder aufgenommen wird (Abs. 0004) und das
Getriebestellglied wieder über den gesamten Schaltpfad zurück bewegt wird, er-
folgt bei der patentgemäßen Lösung lediglich eine Rückführung des Getriebestell-
gliedes (Schaltgabelelements) zur Startposition des von der Störung betroffenen
Pfadabschnitts (Abs. 0022). Damit erfolgt die aufgabengemäß angestrebte Ver-
kürzung der Zeit, die beim Auftreten eines Störereignisses beim Schaltvorgang
verbraucht wird, indem die Strecke, über welche das Schaltgabelelement beim
Auftreten eines Verklemmungsereignisses bewegt werden muss, eine Verkürzung
- 13 -
erfährt (Abs. 0051). Darüber hinaus wird mit dieser Maßnahme sichergestellt, dass
immer die Geschwindigkeitsstufe (Gangstufe) ausgewählt werden kann, die für
den gegenwärtigen Laufzustand des Fahrzeugs am besten geeignet ist, was auch
ein angenehmes Fahren gewährleistet (Abs. 0052).
C.
Als maßgeblicher Fachmann ist vorliegend ein Diplom-Ingenieur der
Fachrichtung Maschinenbau mit mehrjähriger Erfahrung in der Entwicklung von
Getriebesteuerungen anzusehen.
D.
Der zweifellos gewerblich anwendbare Gegenstand des geltenden erteilten
Patentanspruchs 1 ist neu, denn keine der zum Stand der Technik im Verfahren
genannten Druckschriften offenbart ein Automatik-Synchron-Getriebesystem mit
allen Merkmalen des Patentanspruchs 1.
Von den Getriebesystemen nach der D4 (EP 0 130 812 A1) sowie der D3
(DE 197 09 419 A1) unterscheidet sich der Gegenstand nach dem geltenden er-
teilten Patentanspruch 1 durch seine Aufteilung das gesamten zu durchlaufenden
Schaltweges in vorbestimmte Pfadabschnitte (Merkmal 1.9, vgl. hierzu Merkmals-
gliederung nach II.B), sowie in der Überwachung der Zeitabläufe beim Durchlau-
fen der einzelnen Pfadabschnitte und der Rückführung des Schaltgabelelementes
zu einer Endposition des Pfadabschnitts, wenn dessen Bewegung im betreffenden
Pfadabschnitt nicht innerhalb einer voreingestellten Zeit beendet ist (Merk-
mal 1.10). Zur Begründung wird auf die nachfolgenden Ausführungen zur erfinde-
rischen Tätigkeit verwiesen.
Auf die übrigen im Verfahren befindlichen Druckschriften ist in der mündlichen
Verhandlung nicht mehr eingegangen worden.
Die D6 (JP 60-11762 A) weist alle zeichnerischen Darstellungen gemäß D4 (Fig. 1
bis 5) in identischer Form und Abfolge auf. Wie aus der teilweisen Übersetzung
der D6, nämlich der D12 und dem zugehörigen Abstract 60011762 A ersichtlich
- 14 -
ist, geht der Offenbarungsgehalt der D6 zumindest nicht über den der D4 hinaus,
so dass sich der Patentgegenstand von diesem Stand der Technik ebenfalls in
den Merkmalen 1.9 und 1.10 unterscheidet.
Von dem Stand der Technik nach D5 (US 4 683 996) sowie nach D7 (JP 01-
238 A) und der zu dieser Patentfamilie gehörenden D13 (US 4 944 194) unter-
scheidet sich das patentgemäße Automatik-Synchron-Getriebesystem nach dem
erteilten Patentanspruch 1 jeweils zumindest in der Bewegung des Schaltga-
belelementes zu einer Endposition des entsprechenden Pfadabschnitts in dem
eine Störung aufgrund Überschreitung einer voreingestellten Zeitspanne erkannt
worden ist (Merkmal 1.10).
Die DE 101 33 225 A1 offenbart ein Automatik-Getriebe-System der in Rede ste-
henden Bauart, von dem sich der Patentgegenstand ebenfalls in den Merkma-
len 1.9 und 1.10 unterscheidet.
E.
Der Gegenstand des geltenden erteilten Patentanspruchs 1 beruht auch auf
einer erfinderischen Tätigkeit.
Durch den als Ausgangspunkt für die Entwicklung der in Rede stehenden Getrie-
besysteme zu betrachtenden Stand der Technik nach D4 ist ein Automatik-Syn-
chron-Getriebesystem (vgl. Fig. 1 und S. 6, mittlerer Abs. ff.) für ein Motorfahrzeug
mit einem Verbrennungsmotor (1) mit einer Eingangswelle (6a), die mit einer Kur-
belwelle des Verbrennungsmotors (1) über eine Kupplung (2) gekoppelt ist; und
mit einer Ausgangswelle (6b) zum Antreiben des Motorfahrzeugs; entsprechend
den Merkmalen 1. bis 1.3 des Patentanspruchs 1 (vgl. Merkmalsgliederung gemäß
II.B) bekannt geworden. Das entgegengehaltene Getriebesystem weist auch meh-
rere Schaltgetriebegruppen auf, die zwischen der Eingangswelle (6a) und der
Ausgangswelle (6b) angeordnet sind und jeweils unterschiedliche Übersetzungs-
verhältnisse aufweisen (vgl. S. 6, letzter Abs. bis Seite 7, 2. Abs.) (Merkmal 1.4)
und es ist wie in Merkmal 1.5 gefordert mit einem Kopplungsmechanismus zum
- 15 -
selektiven Koppeln einer bestimmten Schaltgetriebegruppe mit der Ausgangs-
welle (6b) ausgestattet (vgl. S. 8, vorletzter Abs. ff.). Hierzu ist das Getriebesystem
nach D4 mit einer Schalt/Auswahl-Stelleinheit (5) zum Bewegen eines Schaltga-
belelements des Kopplungsmechanismus in einer ersten Bewegungsrichtung und
einer zweiten Bewegungsrichtung versehen, um dadurch die Schaltgetriebegruppe
auszuwählen, die mit der Ausgangswelle (6b) zu koppeln ist (Merkmal 1.6) (vgl.
Fig. 2, Kolben-Zylinderanordnung des Aktuators
(50) für „Auswahl“ und Aktua-
toranordnung
(55) für „Schalten“; vgl. S. 9 letzter Abs. bis S. 12, 1. Abs.) und mit
Schalt/Auswahl-Positionssensoren (6c) (vgl. Fig. 1) zum Erfassen einer Position
des Schaltgabelelements in der ersten bzw. der zweiten Bewegungsrichtung
(Merkmal 1.7) (vgl. Fig. 1 und 2; S. 13 ff.) ausgestattet. Es ist auch mit einer Steu-
ereinheit (9), der Ausgangssignale der Schalt/Auswahl-Positionssensoren (6c) zu-
geführt werden, für die Steuerung einer Ansteuergröße für die Schalt/Auswahl-
Stelleinheit (5) (Merkmal 1.8) ausgestattet.
Eine Aufteilung des gesamten Pfades, also des gesamten Schaltweges in Pfadab-
schnitte i. S. v. Merkmal 1.9 erfolgt beim Stand der Technik nach D4 indes nicht.
Zwar werden auch bei dem Getriebesystem nach der D4 Zeitabläufe gemessen,
die verstreichen bei der Ausführung eines Gangwechselvorgangs verstreichen,
wobei die gemessenen Zeitintervalle dann mit einem voreingestellten Zeitintervall
verglichen werden (vgl. S. 2 letzte zwei Zeilen bis S. 3, Zeile 3). Dabei wird ein
Verriegelungs-
oder Verklemmungsereignis („lock“) ebenfalls wie bei einem ent-
sprechenden Teilmerkmal der Merkmalsgruppe 1.10 des Anspruchs 1 des Streit-
patents dadurch detektiert, dass der Gangwechselvorgang nicht beendet worden
ist innerhalb des voreingestellten Zeitintervalls (vgl. S. 3, Z. 3 bis 5). In einem sol-
chen Fall wird dann eine aus gestaffelt aufeinander folgenden Schritten beste-
hende Strategie gefahren, die auf Seite 3, ab Z. 5 ff. beschrieben ist und mit den
Schritten a) bis c) gekennzeichnet ist. Dabei besteht die Variante a) darin, einen
anderen Gang oder ggf. auch die Neutralposition zu schalten, jedenfalls eine
Schaltposition einzunehmen, die ursprünglich nicht ausgewählt und angestrebt
war. Wird der Gangwechsel nicht innerhalb einer ersten vorgegebenen Zeitspanne
- 16 -
beendet, so führt die Stelleinheit den Schaltvorgang nach dem Schritt b) zurück zu
einer Gang- oder Neutralposition, die vor dem Auftreten des Verriegelungs- oder
Verklemmungsereignisses bestanden hat, um dem die Störung verursachenden
Schaltvorgang zu entgehen, während bei Nicht-Beendigung des Schaltvorgangs
innerhalb einer zweiten vorgegebenen Zeitspanne in die Schaltposition zurückge-
schaltet wird, die vor dem vorangegangenen Schaltvorgang eingelegt war. Wird
die zweite voreingestellte Zeitspanne überschritten und ist die Schaltposition vor
dem Gangwechsel die Neutralposition im vorangegangenen Schritt b), dann er-
folgt nach einem Schritt c) das Schließen der Kupplung, um darauf hin den Schalt-
vorgang von neuem zu beginnen. Ferner finden in die vorgegebenen Zeitspannen
für die Ausführung der Schaltvorgänge auch noch die Fahrzeuggeschwindigkeit V
und die Wassertemperatur WT - diese ist ein Maß für die Veränderung der Visko-
sität des Hydrauliköls - einen quasi variablen Eingang, wie aus S. 14 letzter Abs.
bis S. 16, 1. Abs. sowie dem Ablaufdiagramm nach Fig. 5 ersichtlich ist.
Zwar findet bei den Schaltabläufen nach der D4 u. a. auch ein Schaltvorgang von
der Neutralposition direkt in eine Gangposition sowie eine Rückführung in die
Neutralposition statt, bei dem lediglich eine einzige Bewegungsrichtung erforder-
lich ist, um den Schalt-Pfad vollumfänglich zu beschreiten, wie z. B. aus Fig. 2
(Mitte, links) ersichtlich ist (Neutralposition
„N“ zwischen 5. Gang „5“ und Rück-
wärtsga
ng „R“). Anders als die Einsprechende und Beschwerdeführerin vorträgt,
handelt es sich bei derartigen Schaltoperationen oder Rückführungen eines
Schaltvorgangs jedoch nicht um das Beschreiten eines Pfadabschnitts im patent-
gemäßen Sinne, sondern um das Beschreiten eines vollständigen einzigen Pfa-
des, der seinerseits lediglich eine einzige Bewegungsrichtung umfasst. Nach der
technischen Lehre gemäß Merkmal 1.9 des Anspruchs 1 des Streitpatents wird
der Pfad in vorbestimmte Pfadabschnitte in der ersten bzw. - d. h. und/oder
(vgl. II.B.) - in der zweiten Bewegungsrichtung aufgeteilt und zwar für alle Schalt-
vorgänge und deren Pfade, auch wenn diese kurz sind und nur in eine Bewe-
gungsrichtung weisen. Nach alledem vermag der Stand der Technik nach der D4
dem Fachmann keinerlei Hinweise oder Anregungen auf eine Aufteilung der
Schaltpfade in Pfadabschnitte i. S. v. Merkmal 1.9 zu vermitteln und noch viel we-
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niger eine Aufteilung in Pfadabschnitte bereits vorweg zu nehmen. Demgemäß
können auch keine Zeitabläufe für Pfadabschnitte bei einem Getriebesystem nach
D4 gemessen oder verglichen werden, um eine Rückführung des Schaltvorgangs
bei Störfällen zur Startposition des jeweiligen betreffenden Pfadabschnitts zu ver-
anlassen, wie dies in Merkmal 1.10 beschrieben ist.
Bei seiner Suche nach verbesserten Lösungen war der maßgebliche Fachmann
(vgl. II.C) zum Zeitrang des Streitpatents bestrebt, die Schaltzeiten bei einem Ge-
triebesystem nach der D4 zu verkürzen und das zuverlässige Erreichen der ange-
strebten optimalen Übersetzungsstufe (Gangstufe) sicher zu stellen. Dabei konnte
er auch den Stand der Technik nach D3 (DE 197 09 419 A1) in seine Überlegun-
gen einbeziehen.
Das Getriebe gemäß dem Stand der Technik nach D3 weist ebenfalls die Merk-
male 1. bis 1.8 des Patentanspruchs 1 des Streitpatents auf, wie auch die Patent-
abteilung insoweit zutreffend festgestellt hat. Die Einsprechende und Beschwer-
deführerin sieht darüber hinaus beim Gegenstand der D3 auch eine Einteilung in
Pfadabschnitte, weil in dieser Druckschrift (mehrfach) auf eine Überwachung von
Zeitintervallen
„Dt“ hingewiesen wird. Hieraus und aus der Tatsache, dass die für
die einzelnen Zeitintervalle vorgesehene Zeit gemäß der Offenbarung der D3 auch
abhängig vom jeweils einzulegenden Gang ausgewählt werden kann, folgert die
Einsprechende, dass auch das Dokument D3 bereits lehre, für einzelne Schalt-
pfade unterschiedliche Zeitintervalle festzulegen und damit den Schaltweg auf
einzelne Schaltabschnitte aufzuteilen.
Die diesbezügliche Auffassung der Einsprechenden ist bereits insoweit unzutref-
fend, als die D3 - anders als das Streitpatent - nicht den gesamten Schaltweg
(Pfad) von der Neutralstellung bzw. einem Gang zu einem anderen Gang oder zu-
rück im Hinblick auf Störereignisse betrachtet. Schon in der Beschreibungseinlei-
tung der D3 wird zunächst allgemein die automatisierte Schaltung von Getrieben
an sich beschrieben, jedoch mit dem Hinweis auf die kritische Phase des Schalt-
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vorgangs an dessen Ende, wo eine Konstellation auftreten kann, bei der die Zahn-
spitzen der Verzahnungen der getriebeinternen Schaltelemente beim Schalten
oder beim Einlegen eines Ganges aufeinander treffen (Spalte 2, Zeilen 23 bis 27).
Mit der in der D3 offenbarten Lehre soll daher gemäß Sp. 2, Z. 63 bis Sp. 3, Z. 4
erreicht werden, dass bei einem automatisierten Schaltvorgang der o. g. kritische
Zustand mittels Sensorsignalen erkannt und mittels der Steuerung der Schaltvor-
gang zumindest teilweise rückgängig gemacht wird und anschließend wieder fort-
gesetzt wird. Somit betrachtet die Lehre der D3 nicht alle Phasen eines Schaltvor-
gangs, die durchlaufen werden müssen, wenn ein Gang eingelegt oder gewech-
selt werden soll, sondern lediglich dessen Endphase.
Dies ist insbesondere aus Sp. 15, Zeilen 7 bis 33 ersichtlich, wo die einzelnen
Phasen (Spielüberwindung, Vorsynchronisierung, Synchronisierung, Entsperren,
Freiflug, Einspuren von Verzahnungen bis hin zur Endlage) aufgezählt und in ihrer
Abfolge dargestellt sind. Dabei wird die letzte Phase, nämlich das Einspuren einer
Verzahnung als die eigentlich kritische Phase beschrieben, denn beim automati-
schen Schalten können dort zufällig Fehlfunktionen wie Einspurhemmung o. ä.
auftreten, was jedenfalls dann bis zu einer Zerstörung von Getriebebauteilen füh-
ren kann, wenn der Aktor mit hoher Kraftbeaufschlagung den Schaltvorgang wei-
ter führen will. Ziel der Lehre der D3 ist es solche Fehlfunktionen in der letzten
Phase des Schaltvorgangs zu erkennen und diese daher über Sensoren, welche
Kraft- und/oder Weginformationen detektieren, zu erfassen, wobei diese Informati-
onen dann als Funktion der Zeit verarbeitet werden (Sp. 15, Z. 63 bis Sp. 16,
Z. 12).
Auch die von der Einsprechenden herangezogene Textstelle bezüglich der Zeitin-
tervalle gemäß Sp. 13, Z. 47 ff. bezieht sich hier auf die Auswertung einer Wegin-
formation, wobei abgefragt wird, ob für eine Zeitspanne
„Dt“ ein zu geringer oder
gar kein Verfahrweg realisiert wurde. Dies bezieht sich jedoch nicht auf einen ein-
zelnen Pfadabschnitt eines vollständigen Schaltweges, der vorher in einzelne Ab-
schnitte eingeteilt worden war, sondern stellt auf die letzte Schaltphase ab, wie
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aus der Einleitung zu diesem Beschreibungsteil in Sp. 12, Z. 48 ff. ersichtlich ist,
jedoch unter Betrachtung des gesamten Schaltvorganges und damit des gesam-
ten Schaltweges (Weginformation gemäß Fig. 3 bzw. alternativ einer auch zeitab-
hängigen Kraftinformation (vgl. Fig.2) bzw. einer Kombination aus beiden Para-
metern (Fig. 4)). Insoweit stellen die ermittelten Kraft- und Weginformationen auf
eine Störung in der letzten Schaltphase ab, ohne jedoch einzelne Wegabschnitte
(Pfadabschnitte) für sich genommen gesondert zu betrachten, sondern einzig und
allein durch Überwachung des gesamten Schaltweges. Bei allen Verlaufvarianten
(Fig. 2 bis 4) wird im Falle einer erkannten Störung auf die Neutralstellung zurück-
geschaltet. Daher können die auch für unterschiedliche Gänge und Situationen
variierbaren Zeitspannen Dt keinen Hinweis auf die Betrachtung zeitverlaufs-ab-
hängiger Ereignisse in einzelnen Pfadabschnitten geben.
Insoweit die Einsprechende und Beschwerdeführerin auf die Formulierungen in
den Ansprüchen 1 und 2 der D3 hinsichtlich einer zumindest teilweisen Rückgän-
gigmachung des Schaltvorgangs bei einem Störereignis abstellt, wird auch hier
kein anderer Sachverhalt angesprochen als oben für den gesamten Offenba-
rungsgehalt der D3 bereits ausgeführt wurde, nämlich die Betrachtung der letzten
Phase eines langen Schaltweges, dessen Verlauf bis hin zu der Phase des Aufei-
nandertreffens der Zahnspitzen keiner Unterteilung und keiner gesonderten Be-
obachtung unterzogen wird. Lediglich die Strecke der Rückführung in der letzten
Phase des Schaltweges wird hier etwas verkürzt.
Somit kann der Offenbarungsgehalt der D3 weder im Hinblick auf die Einteilung
des gesamten Schaltweges in Pfadabschnitte (Merkmal 1.9) noch auf die Be-
trachtung des zeitabhängigen Bewegungsverlaufs in einzelnen Pfadabschnitten
(Merkmal 1.10) Hinweise und Anregungen vermitteln oder derartige Maßnahmen
gar vorweg nehmen.
- 20 -
Nach alledem kann der Gegenstand des Anspruchs 1 des Streitpatents auch
durch eine Zusammenschau der Lehren nach D4 und D3 nicht nahegelegt wer-
den.
Die verbleibenden im Verfahren befindlichen Entgegenhaltungen, auf die in der
mündlichen Verhandlung nicht mehr eingegangen wurde, können - wie bereits aus
dem Neuheitsvergleich (II.D) ersichtlich - zumindest keine Hinweise auf die Be-
obachtung des zeitabhängigen Bewegungsverlaufs in den einzelnen Pfadab-
schnitten eines gesamten Schaltweges gemäß Merkmal 1.10 vermitteln.
Die D5 (US 4 683 996) hat zum Ziel, die Belastbarkeit der Synchronisiereinrich-
tung nicht zu überschreiten (z. B. Sp. 6, Z. 58 ff.; Sp. 2, Z. 13 ff.) und schlägt
hierzu vor, im Falle einer zu hohen Synchronisierbelastung, die ihrerseits auf dem
Schaltweg detektiert wird, diese in der Neutralposition durch kurzes Ein- und wie-
der Ausrücken der Kupplung wieder zu reduzieren (vgl. insbes. Sp. 2, Z. 23 bis 41,
dort Punkt e)). Um zu diesem Zweck in die Neutralposition gelangen zu können,
teilt die Steuereinrichtung den gesamten Schaltweg zum Gangwechsel in eine Art
Pfadabschnitte auf, nämlich den Pfadabschnitt von der Ausgangsgeschwindig-
keitsposition (also der Getriebeposition des ursprünglichen Ganges) zur Neutral-
position (vgl. Punkt (b)) sowie den (weiteren) Pfadabschnitt von der Neutralposi-
tion zu der nachfolgend angestrebten Geschwindigkeitsposition (also des anderen
Ganges) (vgl. Punkt (c). Hierin kann formal zwar in etwa eine Aufteilung in Pfad-
abschnitte entsprechend Merkmal 1.9 des Anspruchs 1 des Streitpatents gesehen
werden, jedoch nicht mit dem Ziel, ein Störereignis in einem bestimmten Pfadab-
schnitt zu erkennen und dieses dem betreffenden Pfadabschnitt zuzuordnen. Auch
erfolgt hier keine Betrachtung des zeitlichen Verlaufs des Schaltvorgangs im je-
weiligen Pfadabschnitt zum Zwecke der Erkennung einer Störung in diesem Pfad-
abschnitt, um dann das Schaltgabelelement zu der Startposition des entsprechen-
den Schaltpfades zurück zu führen und sodann einen Neustart der Schaltbewe-
gung in diesem Abschnitt zu initiieren, wie dies Merkmal 1.10 des Patentan-
spruchs 1 des Streitpatents fordert. Angesichts der anderen Zielsetzung und Auf-
- 21 -
gabenstellung der D5 kann diese daher keine Anregungen vermitteln, den zeitli-
chen Verlauf einzelner Schaltpfadabschnitte zu verfolgen. Demgemäß bietet die
D5 auch keinerlei fachmännischen Anlass zu einer Zusammenschau mit dem
Stand der Technik nach D4 und/oder D3 und eine derartige Zusammenschau
könnte auch nicht zu einem technischen Handeln nach Merkmal 1.10 führen.
Auch die zur Familie der D7 (JP 01-238 741 A) gehörende D13 (US 4 944 194)
nimmt eine Einteilung des gesamten Schaltweges beim Gangwechsel in einzelne
Pfadabschnitte, in denen der Schalt-Aktuator (1) bewegt wird, vor (vgl. Fig. 1 so-
wie Sp. 6, Z. 49 bis 53 der D13). Ähnliches gilt auch für den Wähl-Aktuator (2)
(Sp. 6, Z 63 ff.). Zudem werden den einzelnen Pfadabschnitten voreingestellte
Zeiten zugeordnet (Sp. 7, Z. 39 bis 44 und Fig. 10). An den Aktuatoren (1, 2) sind
auch Hubsensoren vorgesehen, die ihrerseits eine Abnormalität im Bewegungs-
ablauf erkennen (Sp. 7, Z. 5 ff.), um dann im Zuge einer Abnormalitätssteuerung
den Zeitablauf im jeweiligen Pfadabschnitt zu beobachten. Bei Zeitüberschreitung
wird der Aktuator gestoppt und in die Neutralposition geführt (Sp. 7, Z. 39 bis 53).
Eine Rückschaltung in die Startposition des Pfadabschnitts mit dem Ziel, einen
Neustart von dort aus zu der Endposition des jeweiligen Pfadabschnitts ist indes
nicht vorgesehen. Demgemäß kann auch die D13 (D7) dem Fachmann keine
Hinweise auf das Merkmal 1.10 des Patentgegenstandes nach Anspruch 1 ver-
mitteln. Eine fachmännische Zusammenschau der D13 (D7) mit der D4 und/oder
der D3 könnte demnach ebenfalls nicht zu einem technischen Handeln nach
Merkmal 1.10 führen.
Noch weiter ab vom Patentgegenstand liegen die Getriebesysteme nach der D6
(JP 60-11762 A) und der DE 101 33 225 A1, die - wie bereits aus dem Neuheits-
vergleich ersichtlich ist - keinen Beitrag zum Auffinden einer technischen Lehre
nach den Merkmalen 1.9 und 1.10 leisten können.
Nach alledem konnte die technische Lehre des Streitpatents, bei einem für eine
Gangeinlegung oder einen Gangwechsel erforderlichen Schaltweg (Pfad) einzelne
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Pfadabschnitte hinsichtlich des zeitlichen Ablaufs der Bewegung des Schaltga-
belelements jeweils gesondert zu überwachen und bei Überschreiten einer vorein-
gestellten Zeit das Schaltgabelelement wieder zu einer Endposition des jeweiligen
betreffenden Pfadabschnitts zu bewegen, dem Fachmann durch den entgegenge-
haltenen Stand der Technik weder einzeln noch für sich betrachtet noch in einer
Zusammenschau gesehen nahe gelegt werden.
Somit bedurfte es einer erfinderische Tätigkeit, um zum Gegenstand nach dem
geltenden erteilten Patentanspruch 1 zu gelangen.
Der Gegenstand des geltenden erteilten Patentanspruchs 1 ist damit patentfähig,
so dass Patentanspruch 1 Bestand hat.
F.
Mit dem tragenden Patentanspruch 1 haben auch die auf diesen rückbezoge-
nen Patentansprüche 2 und 3 Bestand, da deren Merkmale ein technisches Han-
deln kennzeichnen, das über selbstverständliche Maßnahmen hinaus geht.
III.
Rechtsmittelbelehrung
Gegen diesen Beschluss steht den am Beschwerdeverfahren Beteiligten das
Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht
zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass
1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des
Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der
Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
- 23 -
4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten
war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder still-
schweigend zugestimmt hat,
5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei
der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden
sind, oder
6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.
Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlus-
ses beim Bundesgerichtshof, Herrenstr. 45 a, 76133 Karlsruhe, durch einen beim
Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schriftlich
einzulegen.
Dr. Zehendner
Dr. Huber
Kätker
Brunn
Pr