Urteil des BPatG vom 14.03.2016

Stand der Technik, Rechtliches Gehör, Patentanspruch, Patentfähige Erfindung

BPatG 152
08.05
BUNDESPATENTGERICHT
8 W (pat) 24/13
_______________________
(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Patentanmeldung 10 2011 115 333.4-14
hat der 8. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am
14. März 2016 durch den Vorsitzenden Richter Dipl.-Phys. Dr. Zehendner, die
Richter Dr. agr. Huber, Dipl.-Ing. Rippel und Heimen
- 2 -
beschlossen:
Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Prü-
fungsstelle für Klasse B21K des Deutschen Patent- und Marken-
amts
vom
7. Mai 2013
aufgehoben
und
das
Pa-
tent 10 2011 115 333 erteilt.
Der Erteilung liegen folgende Unterlagen zugrunde:
Bezeichnung: "Verfahren zum Bilden eines Bimetall-Schmiedeteils
und Rohling zum Formen durch Schmieden"
Patentansprüche 1 bis 8, eingegangen am 26. April 2013
Beschreibung
Seiten 1,
5,
5a,
eingegangen
am
16. November 2012
Beschreibung Seiten 2, 3, 4, 6, 9, 14, eingegangen am
7. März 2013
Beschreibung Seiten 7, 10, 11, 13, 15-18, eingegangen am
21. Dezember 2011
Beschreibung Seiten 8, 12, eingegangen am 26. April 2013
2 Seiten Zeichnungen Figuren 1 bis 7B, eingegangen am
21. Dezember 2011.
G r ü n d e
I.
Die Patentanmeldung 10 2011 115 333.4-14 mit der Bezeichnung "Bimetall-
schmiedeteil und -verfahren" ist am 7. Oktober 2011 beim Deutschen Patent- und
Markenamt eingereicht worden. Auf den dritten Bescheid der Prüfungsstelle für
Klasse B21K hat die Anmelderin mit Eingabe vom 26. April 2012 Änderungen am
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Anspruch 1 vorgenommen und die Erteilung eines Patents auf Grundlage der ge-
änderten Unterlagen sowie hilfsweise die Durchführung einer Anhörung beantragt.
Die Prüfungsstelle hat mit Beschluss vom 7. Mai 2013 die Anmeldung zurückge-
wiesen, weil sie das Verfahren nach Anspruch 1 gegenüber dem Stand der Tech-
nik nicht als auf erfinderischer Tätigkeit beruhend ansieht.
Die hilfsweise beantragte Anhörung vor der Beschlussfassung hat die Prüfungs-
stelle abgelehnt, da bereits in drei Prüfungsbescheiden ausführlich Stellung zu
dem Anmeldungsgegenstand genommen worden war und sich bei dem über-
schaubaren technischen Sachverhalt keine neue Entscheidungsgrundlage ergebe.
Gegen den Zurückweisungsbeschluss hat die Anmelderin am 6. Juni 2013 Be-
schwerde eingelegt und beantragt, ein Patent auf Grundlage des Antrags vom
26. April 2013 zu erteilen.
Ebenso wird die Erstattung der Beschwerdegebühr beantragt. Zur Begründung
wird hierzu ausgeführt, dass gemäß der jüngsten Rechtsprechung des Bundes-
patentgerichts (19 W (pat) 76/09) es sachdienlich sei, zur Aufklärung des Sach-
verhalts einem mehrfach gestellten Antrag auf Durchführung einer Anhörung statt-
zugeben.
Im Prüfungsverfahren wurden folgende Druckschriften in Betracht gezogen.
(1) WO 2010 067 626 A1
(2) EP 0 126 930 B1
(3) DE 10 2008 037 747 A1.
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Die Anmelderin und Beschwerdeführer stellt sinngemäß den Antrag,
den Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse B21K des Deutschen
Patent- und Markenamts vom 7. Mai 2013 aufzuheben und das
Patent mit folgenden Unterlagen zu erteilen:
Patentansprüche 1 bis 8, eingegangen am 26. April 2013;
Beschreibung
Seiten 1,
5,
5a,
eingegangen
am
16. November 2012
Beschreibung Seiten 2, 3, 4, 6, 9, 14, eingegangen am
7. März 2013
Beschreibung Seiten 7, 10, 11, 13, 15-18, eingegangen am
21. Dezember 2011
Beschreibung Seiten 8, 12, eingegangen am 26. April 2013
2 Seiten Zeichnungen Figuren 1 bis 7B, eingegangen am
21. Dezember 2011.
Der geltende Patentanspruch 1 lautet (Gliederung vom Senat hinzugefügt):
1. Verfahren zum Bilden eines Bimetall-Schmiedeteiles (30), wobei das
Verfahren umfasst, dass
1.1. ein erstes Element (12) vorgesehen wird, das aus einem ersten
Metall hergestellt ist,
1.1.1. wobei das erste Metall Aluminium oder eine Aluminiumlegie-
rung ist;
1.2. ein zweites Element (16) vorgesehen wird, das aus dem ersten
Metall hergestellt ist;
- 5 -
1.3. ein Einsatz (14) vorgesehen wird, der aus einem zweiten Metall
hergestellt ist,
1.3.1. wobei das zweite Metall Magnesium oder eine Magnesiumle-
gierung ist;
1.4. ein Rohling (10) gebildet wird,
1.4.1. der aus dem ersten Element (12), dem zweiten Element (16)
und dem Einsatz (14) besteht;
1.4.2. wobei der Rohling (10) derart ausgebildet wird, dass der Ein-
satz (14) von einer Schale (20) umschlossen ist, die durch
das erste Element (12) und das zweite Element (16) definiert
ist;
1.5. der Rohling (10) geschmiedet wird, um das Schmiedeteil (30) zu
bilden;
dadurch gekennzeichnet, dass
1.6. das erste Element (12) und das zweite Element (16) durch eine
schmiedbare Naht (18) mittels Reibrührschweißen verbunden wer-
den.
Der geltende nebengeordnete Anspruch 5 lautet (mit ergänzter Merkmalsgliede-
rung):
1. Rohling (10),
a. der zum Formen durch Schmieden ausgestaltbar ist, wobei
der Rohling (10) umfasst:
2. ein erstes Element (12, 22),
a. das aus einem ersten Metall hergestellt ist, wobei das erste
Metall aus Aluminium oder einer Aluminiumlegierung be-
steht;
- 6 -
3. ein zweites Element (16, 24),
a. das aus dem ersten Metall hergestellt ist;
4. einen Einsatz (14),
a. der aus einem zweiten Metall hergestellt ist, wobei das
zweite Metall aus Magnesium oder einer Magnesiumlegie-
rung besteht;
5. wobei das erste Element (12, 22) und das zweite Element (16, 24)
in engem Kontakt miteinander und dem Einsatz (14) ausgebildet
sind,
a. sodass das erste Element (12, 22) und das zweite Ele-
ment (16, 24) eine Schale (20) definieren, welche den Ein-
satz (14) umschließt;
dadurch gekennzeichnet, dass
6. das erste Element (12, 22) und das zweite Element (16, 24) durch
eine schmiedbare Naht (18, 28) mittels Reibrührschweißen ver-
bunden sind.
Wegen des Wortlauts der Unteransprüche 2 bis 4 sowie 6 bis 8 wird auf die Akten
Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde ist frist- und formgerecht eingelegt und auch im Übrigen zulässig.
Sie ist in der Sache auch begründet, denn die Anmeldungsgegenstände nach den
geltenden Ansprüchen 1 bis 8 stellen eine patentfähige Erfindung im Sinne des
PatG § 1 bis § 5 dar.
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Der Anmeldungsgegenstand betrifft ein Verfahren zur Herstellung eines aus zwei
metallischen Komponenten bestehenden Schmiedeteils, wie beispielsweise einer
Autofelge, die durch Schmieden aus einem Rohling hervorgeht, der die beiden
metallischen Komponenten umfasst.
Andere herkömmliche Schmiedeteile bestehen aus Magnesium oder beschichte-
ten Magnesiumkomponenten. Jedoch macht das Abblättern und Absplittern der
aufgebrachten Beschichtungen die Schutzwirkung der Beschichtung zunichte, so
dass die Korrosionsbeständigkeit nicht gegeben ist.
Nach Seite 2, 2. Absatz der geltenden Beschreibung liegt der vorliegenden Pa-
tentanmeldung die Aufgabe zu Grunde, ausgehend von der WO 2010/067626 A1,
die Korrosionsbeständigkeit eines Bimetall-Schmiedeteils zu verbessern.
Die Lösung dieser Aufgabe erfolgt gemäß den Ausführungen auf Seite 2,
3. Absatz der geltenden Beschreibung durch ein Verfahren nach dem Patentan-
spruch 1 sowie durch eine Vorrichtung nach Patentanspruch 5.
Als Fachmann ist vorliegend ein Diplom-Ingenieur (FH) der Fachrichtung Maschi-
nenbau mit mehrjähriger beruflicher Erfahrung auf dem Gebiet des Schmiedens
von Bauteilen anzusehen.
1.
Die Merkmale 1, 1.1, 1.2, 1.3, 1.4 bis 1.5 des Patentanspruchs 1 sind in dem ur-
sprünglichen Anspruch 1 offenbart.
Die Merkmale 1.1.1 und 1.3.1 des Patentanspruchs 1 sind in dem ursprünglichen
Anspruch 3 offenbart.
Das Merkmal 1.6 des Patentanspruchs 1 ist auf Seite 8, Zeilen 17-27 der ur-
sprünglichen Beschreibung unmittelbar und eindeutig, weil wörtlich offenbart. Da-
bei spielt es für eine ausreichende Offenbarung keine Rolle, dass dieses Merkmal
von der Patentinhaberin zunächst nur fakultativ und somit als mögliche Ausfüh-
- 8 -
rungsform der Erfindung angesehen wird. Entscheidend ist vielmehr, dass dieses
Merkmal überhaupt in den Unterlagen als Ausführungsform der Erfindung offen-
bart ist, was auch die Prüfungsstelle nicht bezweifelt hat.
Die Merkmale der geltenden Ansprüche 2 und 3 entsprechen den Merkmalen der
ursprünglichen Ansprüche 2 und 4.
Die Merkmale des Patentanspruchs 5 sind in den ursprünglichen Ansprüchen 6
und 7 sowie auf Seite 8, Zeilen 17-27 der ursprünglichen Beschreibung offenbart.
Die Merkmale der geltenden Ansprüche 6 bis 8 entsprechen den Merkmalen der
ursprünglichen Ansprüche 8 bis 10.
2.
Patentanspruchs 1 gemäß Hauptantrag ist gegenüber dem im Prüfungsverfahren
vor dem Deutschen Patent- und Markenamt bekannt gewordenen Stand der
Technik neu, da aus keinem der dort beschriebenen Verfahren alle Merkmale des
Patentanspruchs 1 entnehmbar sind.
Keine der im Verfahren befindlichen Druckschriften zeigt ein Verfahren zum Bilden
eines Bimetall-Schmiedeteiles, bei dem der Rohling aus einem Einsatz besteht,
der von einer aus einem ersten und zweiten Element gebildeten Schale umschlos-
sen ist, wobei das erste Element und das zweite Element durch eine schmiedbare
Naht mittels Reibrührschweißen verbunden werden.
3.
Tätigkeit.
Das aus der D1 bekannte Verfahren, das dem Gegenstand des Patentan-
spruchs 1 am nächsten kommt, zeigt ebenfalls in Figur 3 ein Verfahren zum Bilden
eines Bimetall-Schmiedeteiles, das folgende Schritte umfasst:
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Vorsehen eines ersten Elements (32), das aus einem ersten Metall herge-
stellt ist, wobei das erste Metall Aluminium oder eine Aluminiumlegierung
ist;
Vorsehen eines zweiten Elements (32), das aus dem ersten Metall herge-
stellt ist;
Vorsehen eines Einsatzes (31), der aus einem zweiten Metall hergestellt ist,
wobei das zweite Metall Magnesium oder eine Magnesiumlegierung ist;
Bilden eines Rohlings (20), der aus dem ersten Element, dem zweiten Ele-
ment und dem Einsatz besteht, wobei der Rohling derart ausgebildet wird,
dass der Einsatz von einer Schale umschlossen ist, die durch das erste
Element und das zweite Element definiert ist;
Schmieden des Rohlings, um das Schmiedeteil (100a) zu bilden.
Somit unterscheidet sich der Anmeldungsgegenstand nach Anspruch 1 von die-
sem Stand der Technik dadurch, dass die beiden den Magnesium-Einsatz um-
schließenden „Aluminium-Elemente“ durch eine schmiedbare Naht mittels Reib-
rührschweißen verbunden werden.
Der Fachmann sieht bei dem aus der D1 bekannten Verfahren als nachteilig an,
dass das mit dem Verfahren hergestellte Bimetall-Schmiedeteil möglicherweise
nicht ausreichend korrosionsbeständig ist.
Diese Problematik veranlasst den Fachmann, nach einem verbesserten Verfahren
zum Bilden eines Bimetall-Schmiedeteiles zu suchen, einen verbesserten Korrosi-
onsschutz aufweist.
Die D3 (DE 10 2008 037 747 A1) zeigt in dem Ausführungsbeispiel gemäß Figur 3
i. V. mit entsprechendem Beschreibungstext ein Verfahren zum Herstellen eines
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Bimetallventils, bei dem entsprechend Anspruch 6 ein Teilventilrohling, bestehend
aus einer Eisenbasislegierung, durch Reibschweißen mit einem Verbundteil, be-
stehend aus einer Nickelbasislegierung, verschweißt wird. Insofern beschreibt die
D3 auch ein Verfahren zum Bilden eines Bimetall-Schmiedeteiles, bei dem der zu
schmiedende Rohling aus zwei aus unterschiedlichen Werkstoffen bestehenden
Bauteilen zusammengesetzt wird, die vor dem Schmieden mittels Reibschweißen
verbunden werden können (Absatz [0008]).
Anders als beim Anmeldungsgegenstand werden bei der D3 jedoch die Bauteile
mit den unterschiedlichen Materialien direkt miteinander verschweißt. Korrosions-
schutz allgemein ist in der D3 kein Thema und insbesondere ein Einhüllen oder
Einhausen eines Einsatzes zum Zwecke des Korrosionsschutzes ist in der D3
auch nicht angesprochen. Aus diesem Grund kann das Verfahren nach der D3
dem Fachmann keine Anregungen in Richtung der streitpatentgemäßen Lehre ge-
ben, wenn er eine Verbesserung des Korrosionsschutzes anstrebt. Der Fachmann
würde daher diese Druckschrift überhaupt nicht in Betracht ziehen, wenn er vor
dem Problem steht, die Korrosionsbeständigkeit des herzustellenden Bimetall-
Schmiedeteiles zu verbessern.
Vielmehr leitet das Verfahren nach der D3 den Fachmann allenfalls dazu an, zu-
erst das (erste) Aluminiumbauteil mit dem Magnesiumeinsatz und anschließend
das zweite Aluminiumbauteil mit dem Magnesiumeinsatz zu verschweißen.
Dies führt den Fachmann jedoch weiter weg vom anmeldungsgemäßen Verfahren.
Auch zeigt die D3 kein Reibrührschweißen, sondern lediglich ein Reibschweißen.
Wenngleich Ähnlichkeiten zwischen beiden Verfahren vorhanden sind, so sind die
beiden Verfahren jedoch grundverschieden. Beim Reibschweißen werden die zwei
zu verschweißenden Bauteile unter Druck relativ zueinander an den Konta
ktflä-
chen bewegt, bis durch die entstehende Reibung es zur Erwärmung und Plas-
tifizierung des Materials kommt. Demgegenüber wird beim Reibrührschweißen die
Reibenergie nicht durch die Relativbewegung der beiden Fügepartner erzeugt,
sondern durch ein verschleißfestes rotierendes Werkzeug.
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Die D2 liegt noch weiter ab vom streitpatentgemäßen Verfahren als die D3. Denn
dort wird auf ein Verschweißen der Bauteile völlig verzichtet und das Schmiede-
verfahren dazu genutzt, Bauteile unterschiedlicher Materialien ohne Schweißnaht
direkt formschlüssig mittels Schmieden miteinander zu verbinden. Auch hier spielt
Korrosionsschutz keine Rolle.
Zusammenfassend ist festzustellen, dass ausgehend von der D1 weder die D3
noch die D2 dem Fachmann Anregungen oder Hinweise auf die Verbesserung des
Korrosionsverhaltens eines Bimetall-Schmiedeteils geben können.
Die beanspruchte Lehre ist - entgegen der Auffassung der Prüfungsstelle - auch
nicht durch einfache fachübliche Erwägungen ohne weiteres auffindbar.
Denn hierzu bedarf es in der Regel über die Erkennbarkeit des technischen Prob-
lems hinausreichender Anstöße, Anregungen, Hinweise oder sonstiger Anlässe
(BGH GRUR 2009, 746, Tz. 20 - Betrieb einer Sicherheitseinrichtung;), die jedoch
im vorliegenden Fall nicht zu erkennen sind. Denn selbst wenn der Fachmann
feststellt, dass das Korrosionsverhalten des Bimetall-Schmiedeteils nach dem
Schmieden möglicherweise unbefriedigend ist, so gibt es grundsätzlich eine Viel-
zahl von Möglichkeiten hier korrigierend einzugreifen. Insbesondere erhält er nir-
gends Hinweise darauf, die Nahtstelle des Schmiederohlings bereits vor dem
Schmieden luftdicht zu gestalten. Dies ist im Hinblick auf eine stets auch ange-
strebte kostengünstige Fertigung fernabliegend. Vielmehr würde der Fachmann
Verbesserungen am Schmiedeverfahren vornehmen, weil dieses die Kristallstruk-
tur des Metalls beeinflusst und bereits dadurch luftdichte Verbindungen relativ
kostengünstig geschaffen werden können.
Somit kann der entgegengehaltene Stand der Technik auch unter Berücksichti-
gung des Fachwissens und Fachkönnens das Verfahren nach dem geltenden
Patentanspruch 1 nicht nahelegen.
Nach alledem ist das Verfahren des Anspruchs 1 patentfähig und dieser Anspruch
somit gewährbar.
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Mit diesem zusammen sind die auf vorteilhafte Ausgestaltungen und Weiterbil-
dungen des anmeldungsgemäßen Verfahrens gerichteten Ansprüche 2 bis 4 ge-
währbar.
4
mung ohne Zweifel gewerblich anwendbar ist, ist neu gegenüber dem im Verfah-
ren befindlichen Stand der Technik, da keine der Druckschriften seine Merkmale in
ihrer Gesamtheit zeigt. Er beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Wie bereits bei der Beurteilung der Neuheit und der erfinderischen Tätigkeit des
Verfahrens zum Bilden eines Bimetall-Schmiedeteiles nach dem Patentanspruch 1
ausgeführt ist, sind aus dem entgegengehaltenen Stand der Technik keine Verfah-
ren zum Bilden eines Bimetall-Schmiedeteiles bekannt oder nahegelegt, bei dem
der Rohling aus einem Einsatz besteht, der von einer aus einem ersten und zwei-
ten Element gebildeten Schale umschlossen ist, wobei das erste Element und das
zweite Element durch eine schmiedbare Naht mittels Reibrührschweißen verbun-
den werden.
Da der auf einen Rohling, der zum Formen durch Schmieden ausgestaltbar ist,
gerichtete Patentanspruch 5 im Wesentlichen auch die gegenständliche Lösung
des im Patentanspruch 1 unter Schutz gestellten Verfahrens beschreibt und sinn-
gemäß auch diejenige Merkmale aufweist, die in dem Patentanspruch 1 aufgeführt
sind und dessen Patentfähigkeit tragen, ist das Vorliegen der Neuheit sowie der
erfinderischen Tätigkeit übereinstimmend zu beurteilen. Auf die entsprechenden
Ausführungen wird verwiesen.
Der unabhängige Patentanspruch 5 sowie die darauf rückbezogenen Ansprüche 6
bis 8 sind daher auch gewährbar.
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Die Entscheidung konnte ohne mündliche Verhandlung ergehen, da die Anmelde-
rin lediglich hilfsweise den Antrag auf mündliche Verhandlung gestellt hatte und
ihre Beschwerde schlussendlich zum Erfolg führte.
II.
Der Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr ist nicht begründet.
Die Entscheidung über die Rückzahlung der Beschwerdegebühr gemäß § 80
Abs. 3 PatG bestimmt sich nach billigem Ermessen, wobei sich die Billigkeit ins-
besondere aus der Sachbehandlung durch das Patentamt ergeben kann, etwa bei
sachlicher Fehlbeurteilung, Verfahrensfehlern oder Verstößen gegen die Verfah-
rensökonomie. Insgesamt müssen Umstände vorliegen, die es unbillig erscheinen
lassen, die Beschwerdegebühr einzubehalten (vgl. Schulte, Patentgesetz, 9. Aufl.,
§ 73, Rdn. 131, Busse, Patentgesetz, 7. Aufl., § 80, Rn. 90).
Solche Umstände liegen hier nicht vor. Insbesondere liegt kein schwerwiegender
Verfahrensfehler in Form einer zu Unrecht versagten Anhörung und einer damit
einhergehenden Versagung rechtlichen Gehörs vor.
Nach Auffassung des Senats stellt die Zurückweisung einer Anmeldung ohne eine
vom Anmelder beantragte Anhörung nach vorliegend geltender Rechtslage (§ 46
Abs. 1 Satz 2 PatG a.F.) nicht bereits für sich einen (schwerwiegenden) Verfah-
rensfehler dar. Nach dieser Vorschrift ist (war) der Anmelder auf seinen Antrag nur
zu hören, wenn es sachdienlich ist. Der Senat hat Bedenken gegen ein solches
„generelles Anhörungsrecht“ (vgl. BPatGE 15, 149, 152; a. A. BPatGE 15, 149; 18,
30; 49, 112; Schulte, a. a. O., § 46, Rdn. 8 m. w. N) aus § 46 Abs. 1 Satz 2 PatG
a. F., als damit das aus dem Grundsatz der Schriftlichkeit des Patenterteilungs-
verfahrens folgende Regel-Ausnahme-Verhältnis in Frage gestellt wird (vgl. zum
Grundsatz der Schriftlichkeit im Patenterteilungsverfahren: BPatGE 20, 144;
BPatG GRUR 1983, 505, 506 - fernmündliche Beschreibungsänderung; 10. Sen.
v. 17.05.2004 - 10 W (pat) 46/02 (BeckRS 2011, 27725); Busse, a. a. O., vor § 34,
- 14 -
Rdn. 59; Benkard, Patentgesetz u. Gebrauchsmustergesetz, 10. Aufl., vor § 34,
Rdn. 20; Mes., Patentgesetz u. Gebrauchsmustergesetz, 3. Aufl., Einl. vor § 34
PatG, Rdn. 13 ff.; Schulte, a. a. O., Einleitung, Rdn. 52, 316).
Zudem ist auch von den Vertretern einer weiten Auslegung des § 46 Abs. 1 Satz 2
PatG a. F. wiederholt anerkannt worden, dass ein Antrag auf Anhörung zurückge-
wiesen werden kann, wenn dafür triftige Gründe vorliegen, etwa weil die Anhörung
zu einer überflüssigen Verfahrensverzögerung eines einfach gelagerten Verfah-
rens führen würde oder weil nach mehreren Prüfungsbescheiden absehbar ist,
dass der Anmelder auch zukünftig auf der bisher beantragten Merkmalskombina-
tion beharren wird (Schulte, a. a. O., § 46, Rdn. 12 m. w. N.).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze sieht der Senat vorliegend keinen Ver-
fahrensfehler, der eine Rückzahlung der Beschwerdegebühr aus Billigkeitsgrün-
den rechtfertigen würde. Die Prüfungsstelle hat in drei ausführlichen Prüfungsbe-
scheiden die vorläufige Auffassung vertreten, dass der Gegenstand der jeweiligen
Ansprüche 1 und 8 nicht neu oder nicht erfinderisch sei und dabei ausführlich ihre
Sichtweise dargelegt, wonach es für den Fachmann auf der Hand liege, eine
schmiedbare Naht am Rohling vorzusehen.
Damit hat die Prüfungsstelle in nicht zu beanstandender Weise zunächst rechtli-
ches Gehör zur Frage des Naheliegens der wesentlichen Merkmale durch den
Stand der Technik und damit zur Frage der (fehlenden) erfinderischen Tätigkeit
gewährt. Insbesondere stellt die E1, die in ihrer breiten Offenbarung nach (durch-
aus nachvollziehbarer) Auffassung der Prüfungsstelle die Merkmale des An-
spruchs 1 erfasst, keinen offensichtlich abwegigen Stand der Technik dar, so
dass - was auch die Anmelderin auch nicht geltend macht - eine Rückzahlung aus
Billigkeitsgründen wegen offensichtlicher Fehlbeurteilung nicht in Betracht kommt.
Wenn die Anmelderin in ihrer Erwiderung dann hinsichtlich der luftdicht ausgebil-
deten Naht des Rohlings eine andere Auffassung als die Prüfungsstelle vertreten
hat und dabei eine nur unwesentliche Änderung der Anspruchsfassung vorge-
- 15 -
schlagen oder angeboten hat, waren die unterschiedlichen beiderseitigen Auffas-
sungen zur entscheidungserheblichen Frage der erfinderischen Tätigkeit der ne-
bengeordneten Ansprüche 1 und 8 gegenüber der Druckschrift D1 in Verbindung
mit der D3 (schriftlich) ausgetauscht. Unter diesen Umständen durfte die Prü-
fungsstelle nach damaliger Rechtslage mangels Sachdienlichkeit von einer Anhö-
rung absehen, solange sie sich dabei innerhalb der entscheidungserheblichen
Gesichtspunkte hielt, zu denen sie, wie geschehen, bereits rechtliches Gehör ge-
währt hatte.
III.
Rechtsmittelbelehrung
Gegen diesen Beschluss steht den am Beschwerdeverfahren Beteiligten das
Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht
zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass
1.
das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2.
bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des
Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der
Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3.
einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4.
ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war,
sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend
zugestimmt hat,
5.
der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der
die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind,
oder
6.
der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.
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Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des
Beschlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45 a, 76133 Karlsruhe, durch
einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten
schriftlich einzulegen.
Dr. Zehendner
Dr. Huber
Rippel
Heimen
Pr