Urteil des BPatG vom 15.07.2015

Stand der Technik, Patentanspruch, Anschluss, Epü

BPatG 253
08.05
BUNDESPATENTGERICHT
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
6 Ni 68/14 (EP)
(Aktenzeichen)
In der Patentnichtigkeitssache
Verkündet am
15. Juli 2015
- 2 -
betreffend das europäische Patent 2 083 489
(DE 50 2008 008 249)
hat der 6. Senat (Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche
Verhandlung vom 15. Juli 2015 durch den Vorsitzenden Richter Voit, die Richterin
Martens sowie die Richter Dr.-Ing Scholz, Dipl.-Ing. J. Müller und Dipl.-Phys. Univ.
Dipl.-Wirtsch.-Phys. Arnoldi
für Recht erkannt:
I.
Das europäische Patent 2 083 489 wird mit Wirkung für das Hoheitsgebiet
der Bundesrepublik Deutschland dadurch teilweise für nichtig erklärt, dass
seine Ansprüche 1 bis 16 folgende Fassung erhalten:
1
Raum- und Gebäudeausleuchtung, wobei die LED auf einer Platine
angeordnet
ist,
die
zur
Kontaktierung
mit
elektrischen
Leitern
Kontaktfelder (25)
aufweist,
wobei
das
Anschlusselement (15)
Kontaktelemente (39) zur Anordnung auf den Kontaktfeldern (25) aufweist
und jedes Kontaktelement (39) einen Andruckkontakt in Form eines zur
Platine hin gerichteten Federbeinchens (40) aufweist, welches zur Auflage
auf einem Kontaktfeld (25) der Platine vorgesehen ist, wobei die
Kontaktelemente (39) des Anschlusselementes (15) eine lötfreie Anbindung
von Anschlusskabeln (16) ermöglichen, das Anschlusselement (15) auf der
Platine aufsitzt und das Anschlusselement (15) die Platine zwischen sich
und einem Gegenlager hält und somit dem elektrischen Anschluss der
LED (13) und der Befestigung der LED (13) dient, wobei das
Anschlusselement (15) im Wesentlichen ringförmig ist;
dadurch gekennzeichnet, dass
- das Anschlusselement (15) zur Platine hin offene Gehäuseschalen (28)
zur Aufnahme der Kontaktelemente (39) aufweist,
- die Gehäuseschalen (28) zusätzlich Einführöffnungen (30) zur Aufnahme
von Anschlusskabeln (16) ausbilden,
- jedes Kontaktelement (39) in einer Gehäuseschale (28) angeordnet ist,
- jedes Kontaktelement (39) eine Kontaktklemme aufweist.
- 3 -
2.
ringförmige Anschlusselement mit einem Ringinnenraum (26) versehen ist,
der von einem Kragenelement (27) umgeben ist.
3.
Kragenelement (27) zwei Gehäuseschalen (28) bildet.
4.
Kragenelement (27) auf der Platine aufsitzt.
5.
Kragenelement (27) zur Positionierung des Anschlusselementes (15) auf
der Platine Positionierungsnasen (32) ausbildet.
6.
Positionierungsnasen (32) geeignet sind, in zwei sich gegenüberliegende
Ausnehmungen (22) der Platine einzugreifen.
7.
Gehäuseschalen (28) in sich gegenüberliegenden Umfangsbereichen des
Kragenelementes (27) angeordnet sind.
8.
Gehäuseschale (28) zur Außenseite des Kragenelementes (27) hin
Anschlusskabeleinführöffnungen (30) aufweist.
9.
gekennzeichnet, dass das Anschlusselement (15) Ausnehmungen (33) zur
Aufnahme von Befestigungsmitteln, insbesondere Schrauben (14) aufweist,
mittels derer das Anschlusselement (15) festlegbar ist.
10.
dadurch gekennzeichnet, dass die LED (13) mittels eines Sockels (23) auf
der Platine angeordnet ist, der eine bestimmte Außenkontur besitzt und
dass das Anschlusselement (15) eine zumindest teilweise Konturkongruenz
zur zentrierten Ausrichtung des Anschlusselementes (15) bezüglich der
LED (13) aufweist.
- 4 -
11.
die Konturkongruenz des Anschlusselementes (15) an unterschiedliche
Außenkonturen verschiedener LED Sockel (23) angepasst ist.
12.
dadurch gekennzeichnet, dass das Anschlusselement (15) ein Tragteil
aufweist, welches das Licht der LED (13) beeinflussende Vorrichtungen,
insbesondere das Licht richtende Optiken (18), hält.
13.
das Tragteil einstückig mit dem Anschlusselement (15) verbunden ist.
14.
das Tragteil lösbar am Anschlusselement (15) festgelegt ist.
15.
das Tragteil und das Anschlusselement (15) zur lösbaren Festlegung
aneinander Rastmittel (27, 34) ausbilden.
16.
jede
Kontaktklemme
eines
jeden
Kontaktelements (39)
einen
Klemmschenkel (41)
und
einen
als
Gegenlager
ausgebildeten
Kontaktschenkel (42) aufweist, der Klemmschenkel (41) gegen den
Kontaktschenkel (42)
federrückstellelastisch
vorgespannt
ist,
der
Klemmschenkel (41) beim Einführen eines abisolierten Endes (31) eines
Anschlusskabels (16)
aus
einer
Ruhelage
verdrängt
wird,
der
Klemmschenkel (41) das Anschlusskabel (16) elektrisch kontaktierend
gegen dessen Einschubrichtung festhält.
II.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
III.
Von den Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin ¾, die Beklagte ¼.
IV.
Das Urteil ist im Kostenpunkt gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120%
des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
- 5 -
Tatbestand
Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des auch mit Wirkung für das
Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents
2 083 489 (Streitpatent), das am 25. November 2008 unter Inanspruchnahme der
Priorität der deutschen Anmeldung 10 2008 005 823 vom 24. Januar 2008
angemeldet worden ist. Das Streitpatent trägt die Bezeichnung „Anschlusselement
zur elektrischen Anbindung einer LED“ und wird beim Deutschen Patent- und
Markenamt unter dem Aktenzeichen 50 2008 008 249.2 geführt. Es umfasst nach
der Streitpatentschrift (EP 2 083 489 B1) 13 Ansprüche, die alle mit der Nichtig-
keitsklage angegriffen sind.
Der Patentanspruch 1, auf den die Ansprüche 2 bis 13 direkt oder indirekt
rückbezogen sind, lautet in der erteilten Fassung wie folgt:
„1. Anschlusselement (15) zur elektrischen Anbindung einer LED (13) für
die Raum- und Gebäudebeleuchtung, die auf einer Platine angeordnet
ist, welche zur Kontaktierung mit elektrischen Leitern Kontaktfelder (25)
aufweist, wobei das Anschlusselement (15) Kontaktelemente (39) zur
Anordnung auf den Kontaktfeldern (25) aufweist, die eine lötfreie Anbin-
dadurch gekennzeichnet,
dass
schlusselement (15) die Platine zwischen sich und einem Gegenlager
hält und somit dem elektrischen Anschluss der LED (13) und der Be-
festigung der LED (13) dienen kann.
Wegen des Wortlauts der Unteransprüche wird auf die Streitpatentschrift Bezug
genommen.
Die Klägerin macht geltend, das Streitpatent sei mangels Patenfähigkeit sei-
nes Gegenstands (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG, Art. 138 Abs. 1 lit. a) EPÜ
i. V. m. Art.54 EPÜ bzw. Art. 56 S. 1 EPÜ) für nichtig zu erklären. Darüber hinaus
greift sie das Streitpatent auch wegen unzulässiger Erweiterung des Gegenstands
(Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 3 IntPatÜG i. V. m. Art. 138 Abs. 1 lit. c) EPÜ) sowie wegen
- 6 -
fehlender
Ausführbarkeit
(Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 2 IntPatÜG
i. V. m.
Art. 138 Abs. 1 lit. b) EPÜ) an.
Zur
fehlenden
Patentfähigkeit
stützt
sich
die
Klägerin
auf folgende
Entgegenhaltungen:
(NK1)
JP 2007-311 482 A
(NK1a)
Deutsche Übersetzung der JP 2007-311 482 A
(NK2)
US 2006 / 0 141 851 A1
(NK3)
EP 1 146 280 A2
(NK4)
WO 2008/133889 A1
(NK5)
DE 10 2008 000 582 A1
(NK6)
DE 10 2008 040 460 A1
(NK7)
DE 20 2006 000 380 U1
Die Klägerin beantragt,
das europäische Patent 2 083 489 mit Wirkung für das
Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig zu
erklären.
Die Beklagte beantragt,
-
die Klage abzuweisen soweit sie über die Fassung des Patents
im Umfang geänderter Patentansprüche 1
– 16 gemäß
Hauptantrag
- hilfsweise, die Klage abzuweisen soweit sie über die Fassung
des Patents im Umfang geänderter Patentansprüche 1
– 16
Hilfsantrag 1
Hilfsantrag 2
soweit sie über die Fassung des Patents im Umfang eines
Patentanspruchs 1 auf Grundlage der Patentansprüche 1 und
16 gemäß Hilfsantrag 1 vom 22. Mai 2015 hinausgeht;
- 7 -
soweit sie über die Fassung des Patents im Umfang eines
Patentanspruchs 1 auf Grundlage der Patentansprüche 1 und 2
gemäß Hilfsantrag 1 vom 22. Mai 2015 hinausgeht;
soweit sie über die Fassung des Patents im Umfang eines
Patentanspruchs 1 auf Grundlage der Patentansprüche 1, 2
und 4 gemäß Hilfsantrag 1 vom 22. Mai 2015 hinausgeht;
soweit sie über die Fassung des Patents im Umfang eines
Patentanspruchs 1 auf Grundlage der Patentansprüche 1, 2
und 5 gemäß Hilfsantrag 1 vom 22. Mai 2015 hinausgeht;
soweit sie über die Fassung des Patents im Umfang eines
Patentanspruchs 1 auf Grundlage der Patentansprüche 1, und
10 gemäß Hilfsantrag 1 vom 22. Mai 2015 hinausgeht;
Der Patentanspruch 1 in der mit Hauptantrag vom 22. Mai 2015 verteidigten
Fassung lautet mit Änderungen gegenüber der erteilten Fassung wie folgt:
„Anschlusselement (15) zur elektrischen Anbindung einer LED (13) für die
Raum- und GebäudebeleuchtungGebäudeausleuchtung, wobei die LED auf
einer Platine angeordnet ist, welchedie zur Kontaktierung mit elektrischen
Leitern
Kontaktfelder (25)
aufweist,
wobei
das
Anschlusselement (15)
Kontaktelemente (39) zur Anordnung auf den Kontaktfeldern (25) aufweist die
und jedes Kontaktelement (39) einen Andruckkontakt in Form eines zur Platine
hin gerichteten Federbeinchens (40) aufweist, welches zur Auflage auf einem
Kontaktfeld (25) der Platine vorgesehen ist, wobei die Kontaktelemente (39) des
Anschlusselementes (15) eine lötfreie Anbindung von Anschlusskabeln (16)
dadurch gekennzeichnet, dass
der Platine aufsitzt und das Anschlusselement (15) die Platine zwischen sich
und einem Gegenlager hält und somit dem elektrischen Anschluss der LED (13)
- 8 -
und der Befestigung der LED (13) dienen kann dient, wobei das
Anschlusselement
(15) im Wesentlichen ringförmig ist;
dadurch gekennzeichnet, dass
- das
Anschlusselement (15)
zur
Platine
hin
offene
Gehäuseschalen (28) zur Aufnahme der Kontaktelemente (39)
aufweist,
- die Gehäuseschalen (28) zusätzlich Einführöffnungen (30) zur
Aufnahme von Anschlusskabeln (16) ausbilden,
- jedes Kontaktelement (39) in einer Gehäuseschale (28) angeordnet
ist,
- jedes Kontaktelement (39) eine Kontaktklemme aufweist
.“
Wegen des Wortlauts der auf Anspruch 1 dieser Fassung direkt oder indirekt
rückbezogenen Ansprüche 2 bis 16 sowie wegen der Fassungen der Hilfsanträge
wird auf den Schriftsatz der Beklagten vom 22. Mai 2015 Bezug genommen.
Die Beklagte tritt den Ausführungen der Klägerin in allen Punkten entgegen. So-
weit das Streitpatent verteidigt werde, sei es ausführbar und gegenüber den An-
meldeunterlagen nicht unzulässig erweitert. Sein Gegenstand sei durch den im
Verfahren befindlichen Stand der Technik am Prioritätstag weder vorweggenom-
men noch nahegelegt. Dies gelte jedenfalls in einer der hilfsweise verteidigten
Fassungen der Patentansprüche.
Wegen des Vorbringens der Parteien im Übrigen einschließlich der vorgelegten
Unterlagen wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
Der Senat hat den Parteien zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung einen
qualifizierten Hinweis vom 23. März 2015 zugestellt.
- 9 -
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
Auf die zulässige Klage ist das Streitpatent, soweit die Beklagte es nicht mehr
verteidigt, ohne weitere Sachprüfung für nichtig zu erklären (vgl. BGH, Urt. v.
19. Dezember 2006, GRUR 2007, 404 ff., TZ. 15
– Carvedilol II m. w. N.).
Im Umfang der von der Beklagten mit Hauptantrag verteidigten Fassung war die
Klage abzuweisen, da keiner der geltend gemachten Nichtigkeitsgründe dieser
1.
lich der Bezeichnung ein Anschlusselement zur elektrischen Anbindung einer LED
(vgl. Streitpatentschrift, Titel). Für bestimmte Einsatzzwecke habe es sich seitens
der Hersteller von LEDs eingebürgert, Einzel-LEDs auf einer sogenannten Stern-
platine aufzubringen, welche mit Lötzinn versehene Kontaktfelder aufweise. Die
einzelnen Sternstrahlen seien durch im Wesentlichen teilkreisförmige Ausschnitte
voneinander getrennt. Durch diese hindurch können Schraubenschäfte geführt
werden, so dass der Schraubenkopf auf der Platine aufliege und diese am Trag-
körper halte. Die elektrischen Anschlusskabel würden mit Hilfe von gebräuchlichen
Löttechniken auf den Kontaktfeldern aufgelötet. Die Leuchtenindustrie, welche
derartige LED’s zur Herstellung einsetze, bevorzuge jedoch eine lötfreie Anbin-
dung der Anschlusskabel, da dies montagetechnisch erhebliche Erleichterungen
bedeute und den einfachen Austausch defekter LED’s ermögliche. (Streitpatent-
schrift, Abs. [0004]
– [0005]).
2.
daher der Erfindung die Aufgabe zugrunde, ein Anschlusselement für auf einer
Platine, insbesondere Sternplatine, angeordnete LED zu schaffen, die eine lötfreie
und einfach zu handhabende Anbindung der elektrischen Anschlusskabel
ermögliche.
- 10 -
3.
der Fachrichtung Feinwerk- oder Fertigungstechnik zugrunde, der mit der Kon-
struktion elektrischer Kontaktelemente, insbesondere unter dem Gesichtspunkt
4.
verteidigten Fassung von Patentanspruch 1 ein Anschlusselement mit folgenden
Merkmalen vor (Figuren 1 und 4 nach der Streitpatentschrift mit farblichen
Hervorhebungen sind beigefügt):
0. Anschlusselement (15)
zur elektrischen Anbindung einer LED
0.1 für die Raum- und Gebäudeausleuchtung,
0.2 wobei die LED auf einer Platine
angeordnet ist, die zur Kontaktierung
mit
elektrischen
Leitern
Kontaktfelder (25) aufweist,
1.1 wobei
das
Anschlusselement (15)
Kontaktelemente (39) zur Anordnung
auf den Kontaktfeldern (25) aufweist
und
1.2 jedes
Kontaktelement (39)
einen
Andruckkontakt in Form eines zur Platine hin gerichteten Federbeinchens (40)
aufweist, welches zur Auflage auf einem Kontaktfeld (25) der Platine
vorgesehen ist,
2. wobei die Kontaktelemente (39) des Anschlusselementes (15) eine lötfreie
Anbindung von Anschlusskabeln (16) ermöglichen,
3.1 das Anschlusselement (15) auf der Platine aufsitzt und
3.2 das Anschlusselement (15) die Platine zwischen sich und einem Gegenlager
hält und
- 11 -
3.3 somit dem elektrischen Anschluss der LED (13) und der Befestigung der
LED (13) dient,
3.4 wobei das Anschlusselement (15) im
dadurch gekennzeichnet,
3.5
- das Anschlusselement (15) zur
Platine
hin
offene
Gehäuseschalen (28) zur Aufnahme
der Kontaktelemente (39) aufweist,
4.
- die Gehäuseschalen (28) zusätzlich
Einführöffnungen (30) zur Aufnahme von Anschlusskabeln (16) ausbilden,
5.
- jedes Kontaktelement (39) in einer Gehäuseschale (28) angeordnet ist,
6.
- jedes Kontaktelement (39) eine Kontaktklemme aufweist.
5.
verteidigt werden, denn die vorgenommenen Änderungen gehen auf die
ursprünglich eingereichte sowie auf die erteilte Fassung zurück:
5.1
Patentansprüche 1, 2 und 4 zurück, unter Ergänzung mit Merkmalen aus der ur-
sprünglichen Beschreibung (Absätze [0002], [0027], [0031] sowie [0033] der ge-
genüber der ursprünglichen Fassung unveränderten Offenlegungsschrift) und ha-
ben bereits zur erteilten Fassung des Patentanspruchs 1 geführt, wobei der
Fachmann selbstverständlich mitliest, dass die Angabe im erteilten Patentan-
spruch 1, wonach das Anschlusselement dem elektrischen Anschluss der
LED (13) und der Befestigung der LED (13) dienen kann, bedeutungsgleich ist mit
der Aussage, dass von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht wird, also dass das
Anschlusselement bei Bedarf dem elektrischen Anschluss der LED (13) und der
Befestigung der LED (13) dient, wie im ursprünglichen Patentanspruch 4 und nun
wieder im Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag vom 22. Mai 2015
– Merk-
mal 3.3 - angegeben ist.
- 12 -
Der Wortlaut der Merkmale 3.4, 3.5, sowie 4 ist dem ursprünglichen Patentan-
spruch 6 bzw. dem erteilten Patentanspruch 5 entnommen.
Das Merkmal 5 findet seine Stütze in Absatz [0030] der Streitpatentschrift sowie in
Absatz [0028] der gegenüber der ursprünglichen Fassung unveränderten Offenle-
gungsschrift, in dem das erfindungsgemäße Ausführungsbeispiel nach den Figu-
ren 1 bis 4 beschrieben ist.
Anders als von der Klägerin vorgetragen, ist der Wortlaut des Merkmals 6 bereits
im ursprünglichen Patentanspruch 3 ursprünglich offenbart und war Gegenstand
des erteilten Patentanspruchs 3.
5.2
des Hauptantrags vom 22. Mai 2015 gerichtet sind, war zwar weder in einem
ursprünglichen noch in den erteilten Patentansprüche genannt, sie sind nach
Überzeugung des Senats dennoch zulässig, da das Kragenelement in der
Beschreibung (Absätze [0029] bis [0030] der Patentschrift, bzw. [0027] bis [0028]
der Offenlegungsschrift) ausführlich beschrieben ist. Außerdem sind die Teile des
Anschlusselementes, durch die sich dieses zumindest in der konkreten
Ausführungsform vom Stand der Technik unterscheidet, im Wesentlichen gerade
an dem Kragenelement ausgebildet, so dass für den Fachmann bereits aufgrund
der ursprünglich eingereichten Unterlagen zu erkennen war, dass die konkrete
Ausgestaltung des Kragenelements unmittelbar und eindeutig zur Erfindung
gehört.
5.3
che 6 bzw. 8 bis 13 (ursprünglich 7 bzw. 9 bis 14) zurück.
5.4
Kontaktelements 39 gerichtet, die in Absatz [0033] der Patentschrift bzw.
Absatz [0031] der Offenlegungsschrift beschrieben ist. Auch hier war für den
Fachmann bereits anhand der ursprünglichen Unterlagen erkennbar, dass es sich
dabei um etwas über den Stand der Technik Hinausgehendes handelt.
Bezüglich der von der Klägerin darüber hinaus als unzulässig beanstandeten
unzulässigen „Zwischenverallgemeinerungen“ ist der Senat in Übereinstimmung
- 13 -
mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs der Überzeugung, dass
grundsätzlich all das offenbart ist, was in der Gesamtheit der Anmeldeunterlagen
angegeben ist und was sich dem fachkundigen Leser am Anmeldetag erschlossen
hat. Dabei orientiert sich der Fachmann nicht am Wortlaut, sondern an dem mit
der Erfindung verfolgten Zweck und dem Lösungsvorschlag (BGH, GRUR 2008,
56
– Injizierbarer Mikroschaum; vgl. auch BGH, GRUR 2009, 382 – Olanzapin,
BGH GRUR 2012, 1124
– Polymerschaum). Jedenfalls lässt der insoweit nicht
substantiierte Vortrag der Klägerin nicht erkennen, weshalb die dadurch jeweils
definierten Gegenstände den ursprünglichen Unterlagen nicht als zur Erfindung
gehörend zu entnehmen gewesen sein sollten.
6.
in der Streitpatentschrift hinreichend deutlich und vollständig offenbart ist, da die
Zeichnungen derart detailliert sind, dass der Fachmann ohne weiteres dazu in der
Lage wäre, auf deren Grundlage Fertigungsunterlagen zu erstellen.
Einige Merkmale mögen zwar zu einem breiten Schutzbereich führen, dies stellt
jedoch für sich genommen kein Nichtigkeitsgrund dar (BGH, GRUR 2004,
47 - Blasenfreie Gummibahn I, Leitsatz 2).
Somit ist der behauptete Nichtigkeitsgrund nach Art. II § 6 Abs.1 Nr. 2 IntPatÜG
i. V. m. Art. 138 Abs. 1 lit b EPÜ nicht gegeben.
7.
Stand der Technik nicht vorweggenommen (Art. 138 Abs. 1 lit a, i. V. m. Art. 54
EPÜ):
7.1
WO 2008-133 889 A1 geht nicht über Folgendes hinaus: Ein
0. Anschlusselement 13 (rot koloriert) zur
elektrischen Anbindung einer LED („LED
Connector Assembly“)
0.1 für die Raum- und Gebäudeausleuchtung
(Abs.
[0002]:
„lighting
such
as
- 14 -
architectural … applications“; Abs. [0021]: „The LED PCBs are for use in
various architectural and general-purpose lightin
g fixtures … not limited to
lighting
fixtures for building illumination.”)
0.2 wobei die LED auf einer Platine 16 angeordnet ist, die zur Kontaktierung mit
elektrischen Leitern Kontaktfelder (in Figur 11 grün koloriert) aufweist,
1.1 wobei das Anschlusselement 13 Kontaktelemente 21 zur Anordnung auf den
Kontaktfeldern aufweist und
1.2 jedes Kontaktelement 21 einen Andruckkontakt in Form eines zur Platine 16
hin gerichteten Federbeinchens (abstehende Streifen) aufweist, welches zur
Auflage auf einem Kontaktfeld der Platine vorgesehen ist,
2. wobei die Kontaktelemente 21 des Anschluss-
elementes eine lötfreie Anbindung (Abs. [0029]:
crimped contacts) von Anschlusskabeln (36) er-
möglichen,
3.1 das Anschlusselement 13 auf der Platine 16
aufsitzt und
3.2 das Anschlusselement 13 die Platine 16 zwischen
sich und einem Gegenlager 18 hält und
3.3 somit dem elektrischen Anschluss der LED (gelb
koloriert) und der Befestigung der LED dient,
3.4 wobei das Anschlusselement 16 im Wesentlichen
ringförmig ist (anders als in der Anmeldung tat-
wobei
3.5
- das Anschlusselement 16 zur Platine hin offene
Gehäuseschalen
(sonst
würden
die
Kontaktelemente
nicht
unten
rausstehen)
zur
Aufnahme
der
Kontaktelemente 21 aufweist,
4.
- die Gehäuseschalen zusätzlich Einführöffnungen (ebenfalls von unten) zur
Aufnahme von Anschlusskabelndrähten 36 ausbilden,
5.
- jedes Kontaktelement 21 in einer Gehäuseschale angeordnet ist,
6.
- jedes Kontaktelement 21 eine Kontaktklemme aufweist.
- 15 -
Somit unterscheidet sich der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß gelten-
dem Hauptantrag zumindest durch die in Merkmal 4 genannte Ausgestaltung.
Soweit die Beklagte geltend macht, der Fachmann würde unter einer Kon-
taktklemme ausschließlich eine Federkraftklemme verstehen, teilt der Senat diese
Meinung nicht. Vielmehr subsummiert der Fachmann unter dem Begriff Kontakt-
klemme gleichermaßen auch Schraub- oder Schneidklemmen sowie Crimpverbin-
dungen, wie sie in der (NK4) WO 2008-133 889 A1 dargestellt und beschrieben
sind.
Es ist außerdem unerheblich, ob die Anschlussdrähte 36 von Anschlusskabeln zu
unterscheiden sind bzw. inwiefern mit dieser Unterscheidung eine bestimmte
Ausgestaltung des Anschlusselements verbunden ist, da gemäß der (NK4) WO
2008-133 889 A1 keine zusätzlichen, also separaten Einführöffnungen für die
Anschlussdrähte 36 vorhanden sind.
Anders als die Klägerin verwirft der Senat nämlich die Lesart des Merkmals 4,
wonach dessen Wortlaut, aus dem Kontext der Streitpatentschrift herausgelöst,
auch so gelesen werden könne, dass die Angabe, die Gehäuseschalen bildeten
zusätzlich Einführöffnungen aus, nicht gegenständlich sondern rein funktional zu
verstehen wäre, da keine andere Öffnung benannt sei.
Selbst wenn für den Fachmann in Zweifel stünde, worauf das Wort
„zusätzlich“
Bezug nimmt, käme er unmittelbar zu dem Ergebnis, dass dieses auf die zur
Platine gerichteten Öffnungen der Gehäuseschalen zielt, die unmittelbar zuvor
durch Merkmal 3.5 definiert sind. Dieses Verständnis wird durch die zeichnerische
Darstellung und die dazugehörende Beschreibung gestützt, so dass der Fach-
mann keinerlei Anhaltspunkte hat, nach weiteren Deutungsmöglichkeiten für den
Wortlaut des Merkmals 4 zu suchen.
Daher sind die Merkmale 3.5 und 4 im Zusammenhang des Patentanspruchs 1
nicht anders zu lesen als in dem Sinn, dass die Gehäuseschalen zur Platine hin
offen sind, also in diese Richtung gerichtete Öffnungen aufweisen, und
dass in den Gehäuseschalen davon zu unterscheidende separate Öffnungen zur
Einführung von Anschlusskabeln ausgebildet sind.
- 16 -
Derartige Einführöffnungen sind in der (NK4) WO 2008-133 889 A1 weder
beschrieben noch zeichnerisch dargestellt.
Somit ist der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gegenüber dem Anschluss-
element gemäß (NK4) WO 2008-133 889 A1 neu.
7.2
auch unter Einbeziehung der Übersetzung ins Deutsche gemäß NK1a nach
Erkenntnis des Senats nicht über Folgendes hinaus: Ein
0. Anschlusselement
9
zur elektrischen Anbindung einer
LED 1
0.1 für
die
Raum-
und
Gebäudeausleuchtung,
0.2 wobei die LED 1 auf einer Platine
3
angeordnet
ist,
die
zur
Kontaktierung
mit
elektrischen
Leitern Kontaktfelder 4 aufweist,
1.1 wobei das Anschlusselement 9 Kontaktelemente 14 zur Anordnung auf den
Kontaktfeldern 4 aufweist und
1.2 jedes Kontaktelement 14 einen Andruckkontakt in Form eines zur Platine 3
hin gerichteten Federbeinchens Anschlusselements 12 aufweist, welches zur
Auflage auf einem Kontaktfeld 4 der Platine 3 vorgesehen ist,
2. wobei
die
Kontakt-
elemente 14 des An-
schlusselementes 9
eine lötfreie gelötete
Anbindung
von
Anschlusskabeln 17
ermöglichen
(vgl.
NK1a,
Abs. [0027],
Abs. [0030] letzter Satz),
3.1 das Anschlusselement 9 auf der Platine 3 aufsitzt und
- 17 -
3.2 das Anschlusselement 9 die Platine 3 zwischen sich und einem Gegenlager 5
hält und
3.3 somit dem elektrischen Anschluss der LED 1 und der Befestigung der LED 1
dient,
3.4 wobei das Anschlusselement 9 im Sinne des Streitpatents im Wesentlichen
wobei
3.5
- das Anschlusselement 9 parallel zur Platine hin offene Gehäusebereiche
schalen zur Aufnahme der Kontaktelemente 14 aufweist in denen die
Kontaktelemente 14 aufgenommen (Abs.
[0029]: „hinterspritzt“) sind,
4.
- die Gehäusebereiche schalen zusätzlich Einführöffnungen (bei 13) zur
Aufnahme von Anschlusskabeln 17 ausbilden,
5.
- jedes Kontaktelement 14 in einem Gehäusebereich schale angeordnet ist,
6.
- jedes Kontaktelement 14 eine Kontaktklemme Lötstelle 13 aufweist.
Auch hierbei liegt der Beurteilung des Senats die Überzeugung zugrunde, dass
der Fachmann keinerlei Anlass hat, die Angaben „offene Gehäuseschalen“ sowie
„Federbeinchen“ anders als rein konstruktiv auch funktional zu verstehen. Die
Angabe in der NK1a, Abs. [0029], dass die Kontaktelemente hinterspritzt, also in
einem Spritzgießverfahren mit Isolierstoff umspritzt sind, lässt keinen Raum für
eine Lesart, dass dem patentgemäßen Kragenelement entsprechende Teile des
Anschlusselements 9 gemäß (NK1) JP 2007-311 482 A in irgendeinem Stadium
der Herstellung oder danach eine Öffnung zur Platine hin ausbilden. Abgesehen
davon sind die Anschlusselemente 12, die aus dem Isolierkörper 9 herausragen,
nicht auf die Platine hin ausgerichtet, sondern parallel zu deren Oberfläche
orientiert.
Weiter verbindet der Fachman
n mit der Angabe „Federbeinchen“ in
Zusammenhang mit dem Begriff „Andruckkontakt“, wie er durch das Merkmal 1.2
hergestellt ist, eine über eine bloße Materialelastizität hinausgehende
Formgebung des Andruckkontakts, die eine besondere federnde Wirkung hat.
Soweit in der NK1a (siehe die dortige Zusammenfassung) davon die Rede ist,
dass die Anschlusselemente 12 auf die Stromversorgungselemente 4 der LED 1
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gepresst werden, mag das die gleiche Funktion haben, eine Aussage über eine
etwaige Federwirkung des Anschlusselements ist damit aber nicht verbunden.
Somit ist der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß geltendem Hauptantrag
auch gegenüber dem aus der (NK1) JP 2007-311 482 A bekannten
Anschlusselement neu.
8.
Stand der Technik nicht nahegelegt (Art. 138 Abs. 1a, i. V. m. Art. 56 EPÜ):
Das Anschlusselement gemäß (NK4) WO 2008-133 889 A1 nimmt zwar von den
von der Klägerin entgegengehaltenen Druckschriften bis auf das Merkmal, dass
die Einführöffnungen für die Anschlusskabel zusätzlich zu den Öffnungen der
Gehäuseschalen zur Platine hin ausgebildet sind, die Erfindung vorweg, bei der
Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit bleibt diese nachveröffentlichte
Druckschrift jedoch unberücksichtigt.
Als nächstkommendem Stand der Technik ist daher von dem Anschlusselement
gemäß (NK1) JP 2007-311 482 A auszugehen. Der Fachmann mag auf dieser
Grundlage noch ohne weiteres in Betracht ziehen, statt der Lötverbindung, die
gemäß dieser Druckschrift vorgesehen ist, auf eine lötfreie Kontaktierung überzu-
gehen. Eine derartige Anre-
gung könnte sich beispiels-
weise aus der (NK7) DE
20 2006 000 380 U1 erge-
ben, gemäß der eine auf ei-
ner Platine 2 angeordnete
LED 3
unter
Verwendung
einer Federkraftklemme 4, also lötfrei mit einem Anschlusskabel 15 verbunden
wird.
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Die Klägerin hat zwar behauptet, die Merkmale 1.2 und 3.5 seien durch die
Entgegenhaltung (NK1) JP 2007-311 482 A vorweggenommen, aber weiter-
gehend nicht substantiiert, weshalb es nahe gelegen haben sollte, die in diesen
Merkmalen genannten Maßnahmen bei dem dortigen Anschlusselement zu
ergreifen. Selbst wenn der Senat über den Vortrag der Klägerin hinaus diese
Überlegung von Amts wegen anstellt, kommt er zu dem Ergebnis, dass der
Fachmann nicht in naheliegender Weise von dem Anschlusselement gemäß
(NK1) JP 2007-311 482 A ausgehend zur Erfindung gelangen konnte:
Eine Anregung, die Halterung 9 gemäß (NK1) JP 2007-311 482 A zunächst ohne
die metallischen Anschlusskörper 14 herzustellen und dabei offene Gehäusescha-
len auszubilden, in die dann die Anschlusskörper angeordnet werden könnten,
lässt sich aus dieser Druckschrift nämlich nicht ableiten. Ebenso gibt diese
Druckschrift
dem
Fachmann
keinen
Anlass,
die
Orientierung
der
Anschlusselemente 12 derart zu ändern, dass sie nicht mehr parallel zur Ober-
fläche der Platine orientiert sind sondern auf diese hin.
Schließlich lehrt die (NK1) JP 2007-311 482 A einen zuverlässigen elektrischen
Kontakt zwischen Anschlusselementen 12 und Stromversorgungselementen 4 auf
der Platine durch Pressung zu gewährleisten. Eine Ausgestaltung der Anschluss-
elemente 12 als Federbeinchen, die dem Merkmal 1.2 gemäß Patentanspruch 1
nach Hauptantrag entspräche, würde den Anpressdruck verringern und somit die
Kontaktierung verschlechtern, so dass der Fachmann diese Maßnahme bei dem
Anschlusselement gemäß (NK1) JP 2007-311 482 A als unbrauchbar verwerfen
würde.
Somit ist der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hauptantrag gegenüber
dem von der Klägerin nachgewiesenen Stand der Technik neu und beruht auf
einer erfinderischen Tätigkeit.
Zu den weiteren von der Klägerin genannten Entgegenhaltungen fehlt es an
jeglichen Ausführungen, warum durch diese der Gegenstand des Streitpatents
vorweggenommen oder nahegelegt sein sollte. Auch für den Senat sind
Anhaltspunkte für eine fehlende Patentfähigkeit nicht ersichtlich.
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9.
Patentfähigkeit von deren Gegenständen nicht zu erörtern.
10.
die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 99 Abs. 1 PatG
i. V. m. § 709 ZPO.
Rechtsmittelbelehrung
Gegen dieses Urteil findet das Rechtsmittel der Berufung statt.
Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils, spätestens
aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung, durch einen Rechts- oder
Patentanwalt
als
Bevollmächtigten
schriftlich
beim
Bundesgerichtshof,
Herrenstr. 45a, 76133 Karlsruhe, einzulegen.
Voit
Martens
Dr. Scholz
J. Müller
Arnoldi
Bb