Urteil des BPatG vom 30.03.2016

Inhaber, Glaubhaftmachung, Verwechslungsgefahr, Computersoftware

BPatG 152
08.05
BUNDESPATENTGERICHT
29 W (pat) 74/14
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(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
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betreffend die Marke 30 2012 008 826
hat der 29. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts im
schriftlichen Verfahren am 30. März 2016 unter Mitwirkung der Vorsitzenden
Richterin Dr. Mittenberger-Huber, der Richterin Akintche und des Richters am
Landgericht Dr. von Hartz
beschlossen:
Die Beschwerde der Widersprechenden wird zurückgewiesen.
G r ü n d e
I.
Die am 8. November 2012 angemeldete Wort-/Bildmarke (rot)
ist am 4. Januar 2013 für Waren und Dienstleistungen aus den Klassen 9, 16 und
41 in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Markenre-
gister unter der Nummer 30 2012 008 826 eingetragen worden.
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Gegen die Eintragung dieser Marke, die am 8. Februar 2013 veröffentlicht wurde,
hat die Beschwerdeführerin und Inhaberin der älteren, am 5. Juli 2010 für Waren
und Dienstleistungen der
Klasse 09:
bespielte und unbespielte Datenträger, Magnetaufzeichnungsträ-
ger sowie Ton- und Bildträger (ausgenommen unbelichtete Filme),
insbesondere Schallplatten, Compact Disks, Tonbänder, Tonkas-
setten (Kompaktkassetten), Videoplatten (Bildplatten), Videofolien,
-kassetten und -bänder, belichtete Filme, CD-ROM, DVDs, Laser-
discs, Videospiele (soweit in Klasse 09 enthalten); auf Datenträger
aufgezeichnete Computerprogramme, Spielprogramme für Com-
puter und Computersoftware (gespeichert), einschließlich Com-
puter- und Videospiele (Software); aus dem Internet herunterlad-
bare Computerprogramme, Spielprogramme für Computer und
Computersoftware (gespeichert), einschließlich Computer- und Vi-
deospiele (Software);
Klasse 35:
Einzelhandelsdienstleistungen für Waren der Klasse 09;
Klasse 38:
Telekommunikation; Ausstrahlung von Fernsehprogrammen;
Klasse 41:
Unterhaltung, insbesondere Film-, Fernseh-, Videofilmproduktion;
Musikproduktion; Produktion von Tonaufnahmen; Veranstaltung
von Musik- und Unterhaltungsdarbietungen; Rundfunk- und Fern-
sehunterhaltung; Betrieb eines Ton- studios; Dienstleistungen ei-
nes Fernsehstudios; Vermietung von Kino- und Videofilmen [Film-
verleih]; Bearbeitung von Tonträgern im Rahmen der Dienstleis-
tungen eines Tonstudios; Montage (Bearbeitung) und Aufzeich-
nung von Videobändern;
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Klasse 45: Lizenzvergabe von Rechten an Filmen, Fernsehproduktionen, Mu-
sikproduktionen, Videofilmen sowie an anderen Bild- und/oder
Tonprogrammen; Handel mit Film-, Fernseh- und Videolizenzen;
Lizenzvergabe von Urheberrechten und gewerblichen Schutz-
rechten aller Art inklusive Datenbankrechten und Merchandising-
rechten; Verwertung von Film- und Fernsehnebenrechten auf dem
Gebiet des Merchandising durch Lizenzvergabe,
unter der Nummer 30 2010 023 857 eingetragenen Wort-/Bildmarke
Widerspruch erhoben.
Im Laufe des Widerspruchsverfahrens hat der Inhaber der angegriffenen Marke
mit Schreiben vom 12. August 2013 den Verzicht auf die Waren und Dienstleis-
tungen aus den Klassen 9 und 41 erklärt, so dass das Verzeichnis der Streitmarke
nach entsprechender Teillöschung wie folgt lautet:
Klasse 16: Druckereierzeugnisse; Bücher.
Der Inhaber der angegriffenen Marke hat zudem im Amtsverfahren mit Schriftsatz
vom 9. Oktober 2013, eingegangen beim DPMA am gleichen Tag, die Benutzung
der Widerspruchsmarke bestritten. Mit amtlichen Bescheid vom 16. Oktober 2013
sind die Parteien darauf hingewiesen worden, dass die vom Inhaber der angegrif-
fenen Marke erhobene Einrede der mangelnden Benutzung derzeit nicht zulässig
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sei, weil die fünfjährige Benutzungsschonfrist der am 5. Juli 2010 eingetragenen
Widerspruchsmarke noch nicht abgelaufen sei.
Die Markenstelle für Klasse 16 hat mit Beschluss vom 3. September 2014 den
Widerspruch mangels Verwechslungsgefahr zurückgewiesen. Die Waren der an-
gegriffenen Marke lägen zwar in einem engeren Ähnlichkeitsbereich zu den Wi-
derspruchswaren der Klasse 9. Der Widerspruchsmarke komme zudem eine
durchschnittliche Kennzeichnungskraft zu. Den erforderlichen Abstand zur Wider-
spruchsmarke, an den bei der genannten Ausgangslage strenge Anforderungen
zu stellen seien, halte die angegriffene Marke in jeder Hinsicht aber noch ein. Ins-
besondere unterschieden sich die Vergleichsmarken klanglich schon durch ihre
Wortlänge deutlich. Denn es stünden sich „TM“ und „TM International“ gegenüber,
weil die Widerspruchsmarke als zusammenhängender Begriff im Sinne einer
„in-
ternationalen Marke
“ verstanden und daher nicht auf „TM“ verkürzt werde. Für an-
dere Arten der Verwechslungsgefahr sei nichts dargetan oder ersichtlich.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden, mit der sie unter
näherer Begründung beantragt,
den Beschluss der Markenstelle für Klasse 16 vom 3. September 2014 auf-
zuheben und die angegriffene Marke wie beantragt aus dem Register zu lö-
schen.
Im Beschwerdeverfahren hat der Inhaber der angegriffenen Marke mit Schriftsatz
vom 20. November 2015 erneut die Benutzung der Widerspruchsmarke unter an-
derem mit der Begründung bestritten, dass diese nur in abgewandelter Form be-
nutzt worden sei. Durch den zusätzlichen Buchst
aben „G“ und dem geänderten
Schriftzug „TELE MÜNCHEN GRUPPE“
werde die Widerspruchs-
marke nicht wie eingetragen und daher nicht rechtserhaltend benutzt.
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Der Inhaber der angegriffenen Marke und Beschwerdegegner beantragt sinnge-
mäß,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Der Beschwerdeführerin ist der Schriftsatz des Markeninhabers vom
20. November 2015 gegen Empfangsbekenntnis am 27. November 2015 zuge-
stellt worden. Sie hat sich zu diesem Schriftsatz der Gegenseite nicht geäußert,
insbesondere hat sie weder etwas zu einer rechtserhaltenden Benutzung der Wi-
derspruchsmarke vorgetragen noch hierzu Unterlagen vorgelegt.
Die Beschwerdeführerin hat lediglich mit Schriftsatz vom 15. Februar 2016 den
Sachstand erfragt. Daraufhin ist den Parteien durch entsprechende Verfügung der
Vorsitzenden mit Schreiben vom 25. Februar 2016 mitgeteilt worden, dass der
Senat am 30. März 2016 in der Streitsache entscheiden werde; ein Eingang weite-
rer Äußerungen ist auch seither nicht zu verzeichnen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die gemäß § 66 MarkenG zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
Die Widersprechende hat auf die erstmals im Beschwerdeverfahren in zulässiger
Weise erhobene Nichtbenutzungseinrede des Inhabers der angegriffenen Marke
eine rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke gemäß §§ 43 Abs. 1
Satz 2, 26 Abs. 1 MarkenG nicht glaubhaft gemacht. Mangels berücksichtigungs-
fähiger Waren und Dienstleistungen auf Seiten der Widerspruchsmarke konnte der
Widerspruch und damit die Beschwerde schon deshalb keinen Erfolg haben, § 43
Abs. 1 Satz 3 MarkenG.
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Mit am gleichen Tag beim Bundespatentgericht eingegangenem Schriftsatz vom
20. November 2015 hat der Inhaber der angegriffenen Marke unsubstantiiert die
Benutzung der Widerspruchsmarke bestritten. Dieses Bestreiten de
der Widerspruchsmarke ist gemäzulässig, nach-
dem zum Zeitpunkt der Erhebung der Einrede am 20. November 2015 die fünfjäh-
rige der Widerspruchsmarke, die mit der Eintragung am
5. Juli 2010 zu laufen begonnen hatte, bereits abgelaufen war.
Der Widersprechenden oblag es damit, eine rechtserhaltende Benutzung ihrer
Widerspruchsmarke in dem nach § 43 Abs. 1 Satz 2 MarkenG maßgeblichen
„wandernden“ Benutzungszeitraum, nämlich den letzten fünf Jahren vor der Ent-
scheidung über den Widerspruch - mithin für den Zeitraum März 2011 bis
März 2016 - nach Art, Zeit, Ort und Umfang glaubhaft zu machen. Dieser Oblie-
genheit zur Glaubhaftmachung ist die Widersprechende nicht nachgekommen.
Weder hat die Widersprechende irgendetwas zur Benutzung der Widerspruchs-
marke vorgetragen, erst recht nicht Unterlagen zur Glaubhaftmachung vorgelegt
noch hat sie eine Glaubhaftmachung angekündigt und/oder hierfür eine Frist be-
antragt.
Für den notwendigen Sachvortrag zur rechtserhaltenden Benutzung und die Ein-
reichung von Glaubhaftmachungsunterlagen bedurfte es im vorliegenden Fall
auch keines besonderen Hinweises durch den Senat nach § 139 ZPO. Die Wider-
sprechende hat nach Übermittlung der Einrede von sich aus die erforderlichen
Unterlagen vorzulegen. Zudem hat bereits die Markenstelle in ihrem Amtsbe-
scheid vom 16. Oktober 2013 ausdrücklich auf die tatbestandlichen Vorausset-
zungen des § 43 Abs. 1 MarkenG hingewiesen.
Die Widersprechende hat vorliegend auch ausreichend Gelegenheit gehabt, sich
zur Nichtbenutzungsreinrede des Inhabers der angegriffenen Marke zu äußern,
nachdem seit Zustellung des Schriftsatzes des Beschwerdegegners vom
20. November 2015 am 27. November 2015 mehr als vier Monate vergangen sind.
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Nicht zuletzt hat der Senat mit Schreiben vom 25. Februar 2016 auf das beabsich-
tigte Entscheidungsdatum am 30. März 2016 hingewiesen, so dass die Beschwer-
deführerin auch danach noch über vier Wochen die Möglichkeit hatte, zur bestrit-
tenen Benutzung ihrer Widerspruchsmarke vorzutragen. Dies hat sie unterlassen.
Mangels berücksichtigungsfähiger Widerspruchswaren und -dienstleistungen
kommt es auf die weiteren Fragen der Verwechslungsgefahr zwischen den beiden
Vergleichsmarken nicht mehr an.
Für eine Auferlegung von Kosten aus Billigkeitsgründen bestand kein Anlass,
§ 71 Abs. 1 MarkenG.
Die Entscheidung konnte ohne mündliche Verhandlung getroffen werden. Von den
Beteiligten hat keiner einen Antrag auf Durchführung der mündlichen Verhandlung
gestellt (§ 69 Nr. 1 MarkenG); die Durchführung einer mündlichen Verhandlung
war auch aus anderen Gründen nicht angezeigt (§ 69 Nr. 2 und Nr. 3 MarkenG).
Rechtsmittelbelehrung
Gegen diesen Beschluss steht den am Beschwerdeverfahren Beteiligten das Rechtsmittel
der Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen hat, ist
sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass
1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richter-
amtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit
Erfolg abgelehnt war,
3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
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4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, so-
fern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zuge-
stimmt hat,
5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die
Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder
6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.
Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses beim
Bundesgerichtshof, Herrenstr. 45 a, 76133 Karlsruhe, durch eine beim Bundesgerichtshof
zugelassene Rechtsanwältin oder durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen
Rechtsanwalt schriftlich einzulegen.
Dr. Mittenberger-Huber
Akintche
Dr. von Hartz
Hu