Urteil des BPatG vom 07.05.2015

Stadt Bremen, Besitz, Beratung, Unternehmen

BPatG 154
05.11
BUNDESPATENTGERICHT
27 W (pat) 525/12
_______________
(Aktenzeichen)
An Verkündungs Statt
zugestellt am
7. Mai 2015
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Markenanmeldung 30 2011 048 667.0
hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die
mündliche Verhandlung vom 10. März 2015 durch den Vorsitzenden Richter
Dr. Albrecht, den Richter Hermann und die Richterin Werner
beschlossen:
I.
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
- 2 -
G r ü n d e
I.
Die Anmeldung der Wortmarke
Stadtwerke Bremen
für folgende Waren und Dienstleistungen
„technische Öle und Fette; Schmiermittel; feste, flüssige und gas-
förmige Brennstoffe (einschließlich Motorentreibstoffe) und
Leuchtstoffe, Brennstoffmischungen, insbesondere Erdgas und
Biogas; elektrische Energie; Erdöl, Heizöl, Gas, Erdgas und Flüs-
siggas; wissenschaftliche, Schifffahrts-, Vermessungs-, photogra-
phische, Film-, optische, Wäge-, Mess-, Signal-, Kontroll-, Ret-
tungs- und Unterrichtsapparate und -instrumente; Apparate und
Instrumente zum Leiten, Schalten, Umwandeln, Speichern, Regeln
und Kontrollieren von Elektrizität; Geräte zur Aufzeichnung, Über-
tragung und Wiedergabe von Ton, Bild und Daten; Datenträger,
Schallplatten; Verkaufsautomaten und Mechaniken für geldbetä-
tigte Apparate; Registrierkassen, Rechenmaschinen, Datenverar-
beitungsgeräte und Computer; Software; Feuerlöschgeräte; wie-
derbeschreibbare bzw. wiederaufladbare Datenträger wie Chip-
karten und Magnetkarten, insbesondere als Wertkarten mit Gut-
haben beziehungsweise Kreditrahmen; elektronische Apparate
und Geräte; Zähler, insbesondere Strom-, Gas-, Wasser-, Abwas-
ser-, Wärmezähler, insbesondere von vorgenannten Datenträgern
gesteuerte Zähler mit Strom-, Gas-, Wasser- und Wärmefrei- bzw.
-abschaltung sowie Fernbedienungen dafür; Abrechnungssyste-
me; Schreib- und Lesegeräte für vorgenannte Datenträger; Wer-
- 3 -
bung; Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Organisati-
onsberatung in Geschäftsangelegenheiten; Vermittlung von Han-
delsgeschäften für Dritte; Vermittlung von Verträgen für Dritte,
über die Erbringung von Dienstleistungen; Herausgabe von Statis-
tiken; verwaltungstechnische Bearbeitung von Bestellungen; Öf-
fentlichkeitsarbeit; Organisation und Durchführung von Ausstel-
lungen und Messen für gewerbliche und Werbezwecke; Sponso-
ring in Form von Werbung; Aufstellung von Kosten-Preisanalysen;
betriebswirtschaftliche Beratung; Beschaffungsdienstleistungen für
Dritte im Bereich der Energie- und Wasserversorgung (Erwerb von
Waren und Dienstleistungen für andere Unternehmen); Erteilung
von Auskünften (Information) und Beratung für Verbraucher in
Handels- und Geschäftsangelegenheiten; Systematisieren von
Daten in Computerdatenbanken; Einzel- und Großhandelsdienst-
leistungen mit Abfall, wiederverwertbaren Stoffen, Strom oder
Heizwärme; Vermittlung von Verträgen mit Stromlieferanten; Groß-
und Einzelhandelsdienstleistungen mit Waren der Klassen 4 und
9; Finanzwesen, Inkasso und Abrechnung; Ausgabe von Wert-
und Kreditkarten, insbesondere von wiederaufladbaren Wertkarten
für den Bezug von Strom, Gas, Wasser und Wärme; Verwaltung
von Gebäuden und Grundstücken; Bauwesen; Reparatur der in
Klasse 9 genannten Waren; Installationsarbeiten, Straßenreini-
gung; Vermietung von Reinigungsmaschinen und Straßenkehrma-
schinen; Installation, Wartung und Reparatur von Erzeugnissen
der Elektrotechnik und des Maschinenbaus; Entstörung in elektri-
schen Anlagen; Bau von Messeständen; Leitung von Bauarbeiten
(Oberaufsicht); Abbrucharbeiten und Abdichtungsarbeiten an Ge-
bäuden; Schacht- und Brunnenbohrungen; manuelle und maschi-
nelle Reinigungsleistungen im kommunalen Bereich, insbesondere
von Straßen und Plätzen, Entleeren von Papierkörben und Müll-
eimern; Reparatur, Installation und technische Wartung von Stra-
- 4 -
ßenbeleuchtungsanlagen; Errichtung, Unterhaltung und Reparatur
von Bauten, Straßen, Brücken, Dämmen, Telekommunikationsein-
richtungen, Anlagen, wie Energieerzeugungs- und -Verteilungsan-
lagen, insbesondere von Kraftwerken, insbesondere Kohlekraft-
werken, Gas- und Dampfturbinenkraftwerken, Heizkraftwerken,
Blockheizkraftwerken und Deponiegaskraftwerken, sowie Müllver-
brennungsanlagen, Müllheizkraftwerken und Trafostationen, und
Netzen, die der Versorgung mit Elektrizität, Gas, insbesondere
Erdgas, Erdöl, Heiz- bzw. Fernwärme, der Wasserversorgung,
Abwasserableitung und -behandlung, insbesondere im kommu-
nalen Bereich, und der Telekommunikation dienen, insbesondere
von Leitungen wie Elektrizitäts-, Gas-, Heiz- bzw. Fernwärme-,
Wasser-, Abwasser- und Telekommunikationsleitungen; Telekom-
munikation, einschließlich Mobilfunkdienste und Leitungs-, Rou-
ting- und Verbindungsdienstleistungen für die Telekommunikation;
Vermietung von Geräten für die Nachrichtenübertragung über
elektrische und faseroptische Netzwerke; Telekommunikation,
nämlich Errichtung und Betrieb von Anlagen und Netzen zur
Telekommunikation; Transportwesen; Veranstaltung von Reisen;
Verpackung und Lagerung von Waren; Verteilen von Energie und
Elektrizität, Gas und Wasser; Pipeline-Transporte, einschließlich
Abwasserkanaldienste; Durchleitung und Transport von elektri-
schem Strom, Heizwärme, Gas oder Wasser; Versorgung von
Verbrauchern durch Anlieferung von elektrischem Strom, Heiz-
wärme, Gas oder Wasser; Wasserversorgung; Abtransport und
Lagerung von Abfall- und Recyclingstoffen; Vermietung von
Parkplätzen; Lagerung von elektronisch gespeicherten Daten und
Dokumenten;
Rettungsdienste
[Transport],
Lotsendienste;
Abtransport und Lagerung von Abfall- und Recyclingstoffen;
Logistik-Dienstleistungen auf dem Transportsektor; Transport und
Lagerung von Müll; Verteilung von Heizwärme; Transport von
- 5 -
Fäkalien und Abwasser für nicht an das Abwassernetz ange-
schlossene Haushalte; Betrieb der öffentlichen Straßenbeleuch-
tung, nämlich Einspeisung von Energie für Straßenbeleuchtungs-
anlagen; Materialbearbeitung; Erzeugung von Energie, einschließ-
lich erneuerbarer Energien, insbesondere aus Solarkraft, Wind-
und Wasserenergie; Holzfällen und -zuschneiden; Lötarbeiten;
Luftreinigung und Luftauffrischung (Klimatisierung); Abfallverar-
beitung (Umwandlung); Müll- und Abfallvernichtung sowie -Sortie-
rung, -Verbrennung und -recycling; Wasserbehandlung, insbeson-
dere Wasserenthärtung; Offsetdruckarbeiten; Gravuren; Sortie-
rung von Müll und wiederverwertbaren Stoffen; Betrieb von Müll-
verbrennungsanlagen, insbesondere Verbrennung von Müll in
Müllverbrennungsanlagen; Erzeugung von Energie; Erdöl- und
Erdgasverarbeitung; Wasserbehandlung, insbesondere Gewin-
nung und Aufbereitung von Trinkwasser; Ausbildung; Erziehung;
Unterhaltung; sportliche und kulturelle Veranstaltungen; Organisa-
tion und Veranstaltung von Kongressen und Ausstellungen; On-
line-Publikation von elektronischen Büchern und Zeitschriften und
Stadtinformationsdokumenten; Veröffentlichung von Büchern und
Zeitschriften und Videos; Betrieb von Sportanlagen und Kinder-
Vergnügungsparks; Vermietung von Bühnendekoration; Aus- und
Fortbildungsberatung, insbesondere im Bereich der örtlichen Infra-
struktur; Platzreservierung für Unterhaltungsveranstaltungen; wis-
senschaftliche und technologische Dienstleistungen und For-
schungsarbeiten und diesbezügliche Designerdienstleistungen;
industrielle Analyse- und Forschungsdienstleistung; Entwurf und
Entwicklung von Computerhardware und -Software; Erstellen von
technischen Gutachten; Bauberatung zur Infrastruktur-Anschluss-
Planung und technische Projektplanung; Eichen (Kalibrieren), ins-
besondere von Messeinrichtungen, Dienstleistungen von Ingeni-
euren; Materialprüfung; Qualitätsprüfung, insbesondere von Was-
- 6 -
ser; technische Umweltschutzberatung; Beratung auf dem Gebiet
der Energieeinsparung; Beratung bei der Gestaltung von Home-
pages und Internetseiten; Beratung für Telekommunikationstech-
nik; technische Beratung; technische Beratung für den Betrieb und
die Betriebsführung von Energieerzeugungs- und -Verteilungsan-
lagen, insbesondere von Kraftwerken, insbesondere Kohlekraft-
werken, Gas- und Dampfturbinenkraftwerken, Heizkraftwerken,
Blockheizkraftwerken und Deponiegaskraftwerken, sowie Müllver-
brennungsanlagen, Müllheizkraftwerken, Trafostationen und Ver-
teilnetzen für elektrischen Strom oder Heizwärme; technische Be-
ratung auf dem Gebiet der Erzeugung von elektrischer und ther-
mischer Energie, insbesondere im Zusammenhang mit energie-
sparenden Maßnahmen und der Optimierung von Kraftwerken,
insbesondere Kohlekraftwerken, Gas- und Dampfturbinenkraft-
werken, Heizkraftwerken, Blockheizkraftwerken und Deponiegas-
kraftwerken, sowie Müllverbrennungsanlagen, Müllheizkraftwer-
ken, Trafostationen und Verteilnetzen für elektrischen Strom oder
Heizwärme; technische und ökologische Beratungsdienstleistun-
gen im Energiebereich, insbesondere technische Energieberatung
für Haushalt, Gewerbe und Industrie; wissenschaftliche und tech-
nologische Dienstleistungen und Forschungsarbeiten; Ingenieur-
dienstleistungen für elektrische Strom- und Fernwärmenetze; in-
dustrielle Analyse- und Forschungsdienstleistungen; wissenschaft-
liche und industrielle Forschung und Entwicklung; Umweltdienst-
leistungen, nämlich umweltbezogene Beratung, technische Ent-
wicklung von Konzepten für das Umweltrisikomanagement;
Dienstleistungen eines Ingenieurs, insbesondere die Erbringung
von Ingenieurdienstleistungen für Anlagen zur Umwandlung und
Anwendung von Energie, insbesondere Kraftwerke, insbesondere
Kohlekraftwerke, Gas- und Dampfturbinenkraftwerke, Heizkraft-
werke, Blockheizkraftwerken und Deponiegaskraftwerke, sowie
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Müllverbrennungsanlagen, Müllheizkraftwerke, Trafostationen und
Verteilnetze für elektrischen Strom oder Heizwärme; Planung von
Straßenbeleuchtungsanlagen"
hat die Markenstelle mit Beschluss vom 20. Dezember 2011 zurückgewiesen.
Das ist damit begründet, die Bezeichnung
„Stadtwerke Bremen“ setze sich sprach-
üblich aus verständlichen Begriffen des deutschen Sprachschatzes zusammen.
„Stadtwerke" bezeichne private Unternehmen, die kommunale Grunddienstleis-
tungen abdeckten, bzw. von einer Stadt betriebene wirtschaftliche Unternehmen,
die besonders für die Versorgung, den öffentlichen Verkehr o.Ä. zuständig seien.
„Stadtwerke Bremen“ wirke damit für die angesprochenen Verbraucher im Zu-
sammenhang mit den beanspruchten Waren/Dienstleistungen ohne weiteres als
Sachinformation über deren Beschaffenheit, Zweckbestimmung und den lokalen
Erbringungsort. Eine individualisierendeKennzeichnungswirkung für einen be-
stimmtenAnbieter habe es nicht, zumal die zunehmende Privatisierung einstiger
kommunaler Dienste sowie die Aufbrechung des Monopols in einigen Branchen
die Individualisierung eines bestimmten Herstellers/Anbieters verhindere (vgl.
BIPMZ 2009, 443 - Stadtwerke Bochum).
Wegen der Sprachüblichkeit der Bezeichnung und ihrer Eignung zur Beschrei-
bung sei darüber hinaus ein Bedürfnis an der Freihaltung der Bezeichnung2zur
Verwendung für vergleichbare Projekte nicht auszuschließen.
Der Beschluss ist der Anmelderin am 27. Dezember 2011
zugestellt worden.
Die Anmelderin hat am 24. Januar 2012 Beschwerde eingelegt und beantragt
sinngemäß,
den Beschluss
der Markenstelle vom 20. Dezember 2011 aufzu-
heben.
- 8 -
Auf den Hinweis des Senats, dass auch § 8 Abs. 2 Nr. 4 MarkenG als Schutzhin-
dernis in Betracht komme, weil die Beteiligungsverhältnisse dem in „Stadtwerke
Bremen
“ zum Ausdruck kommenden Einfluss der Stadt Bremen nicht entsprächen,
sind mit Schriftsätzen vom 28. Juni und 23. Oktober 2012 zunächst die Beteili-
gungsverhältnisse an der früheren Anmelderin dargelegt worden. Aktuell führt die
Beschwerdeführerin unter dem 7. März 2015 aus, dass die Anmeldung im
März 2015 an sie übertragen wurde. Sie sei zu
… % von der B…-
… GmbH gehalten und zu … % von der s… AG. Letztere habe früher
S… AG geheissen; ihr Grundkapital sei in … Aktien einge-
teilt. Diese seien bis auf eine im Besitz der E
… AG in O…. Die eine Aktie sei
im Besitz der landeseigenen B
… mbH und damit im
Besitz des Landes Bremen. Die E
… AG befinde sich zu … % über Beteiligungs-
gesellschaften (nämlich die
… % an der E… AG haltende W…-
… GmbH und die … % an der E… AG haltende Weser-
E
… GmbH, die wiederum zu … % von der E1…-
… mbH gehalten werde)
im Besitz des E1
…, dessen
… Mitglieder Städte und Landkreise in der E2… seien. Wie-
tere
… % der Besitzanteile der E… AG gehörten der E3…-
… AG, die zu … % im Besitz des Landes Baden-Württemberg und
zu
… % im Besitz des Zweckverbandes O…
(O
…) über die O1… GmbH sei. Der O1… sei ein Zusam
menschluss von Gebietskörperschaften und Kommunen im südlichen Baden-
Württemberg. Weitere
… % der Aktien seien im eigenen Besitz der E3…-
… AG. Voraussichtlich seien weitere kleinere Anteile im
Besitz der öffentlichen Hand, nämlich der
…-%-Anteil des G…-
…, der …-%-Anteil des N…-
… sowie der …-%-Anteil des L…-
….
- 9 -
Die Beteiligung der S1
… über die hiesige Anmelderin „W…-
… GmbH“ (an der auch Bremerhaven zu einem Drittel beteiligt ist) entspreche
wirtschaftlich einem Anteil von
… %, auch wenn sie aus steuerlichen Gründen
nominell nur ein Prozent vom Stammkapital halte und die weiteren
… % als stille
Beteiligung zur Verfügung gestellt habe. Insofern nehme sie die Stellung eines
qualifizierten Minderheitsgesellschafters ein, dem gesellschaftsvertragliche Veto-
rechte eingeräumt seien.
Also sei der weitaus größte Anteil der Anmelderin im Besitz der öffentlichen Hand,
insbesondere im Besitz von Städten, Landkreisen, Gebietskörperschaften und
Kommunen, aber auch der B
… und B…. Über
die wirtschaftliche Beteiligung der S
… sei der kommunale Einfluss ge-
wahrt.
II.
Die nach § 66 Abs. 1 S. 1 und 2, Abs. 2 MarkenG zulässige Beschwerde hat kei-
nen Erfolg. Zwar fehlt der angegriffenen Wort-/Bildmarke in ihrer Gesamtheit nicht
die erforderliche Unterscheidungskraft i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG. Doch ist
die Marke nach § 8 Abs. 2 Nr. 4 MarkenG geeignet, das Publikum zu täuschen.
Nach § 8 Abs. 2 Nr. 4 Markengesetz sind Marken von der Eintragung ausge-
schlossen, welche geeignet sind, das Publikum insbesondere über die Art, die Be-
schaffenheit oder die geographische Herkunft der Waren oder Dienstleistungen zu
täuschen. Die Täuschungseignung muss dabei ersichtlich i. S. v. § 37 Abs. 3 Mar-
kenG sein.
Eine Täuschungsgefahr i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 4 MarkenG muss von der angemel-
deten Marke an sich ausgehen. Es muss also der Inhalt oder die Aussage der
Marke selbst in Bezug auf die konkret beanspruchten Waren und Dienstleistungen
irreführend sein. Auf die persönlichen oder rechtlichen Verhältnisse des jeweiligen
Markenanmelders bzw. die Modalitäten einer bereits erfolgten oder zu erwarten-
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den Markenbenutzung kommt es nicht an. Entscheidend sind die Eigenschaften,
die die Marke selbst besitzt. Die Zurückweisung einer nicht täuschenden Marke
kann deshalb nicht damit begründet werden, bei der Verwendung der Marke im
Markt seien Irreführungen zu erwarten (EuG GRUR Int. 2005, 1017 Rn. 28,
29 - INTERTOPS; BGH GRUR 2002, 540, 541
– OMEPRAZOK; BPatG, Be-
schluss vom 28. Juni 2006, 26 W (pat) 139/104, GRUR 2007, 789, 790
Rn. 24 - Miss Cognac; , in: Ströbele/Hacker, Markengesetz, 10. Auflage
2012, § 8 Rn. 579 m. w. N.). Das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 4 MarkenG
erfasst die Täuschung über den Geschäftsbetrieb grundsätzlich nicht.
Die Kombination „Stadtwerke Bremen“ spezifiziert einen Betrieb. „Stadtwerke“ ist
ein gebräuchlicher Begriff. Dieser wird wegen seiner üblichen Verwendung im
Kontext mit einer geographischen Angabe als Unterscheidungsmittel verstanden.
Wie der 33. Senat des Bundespatentgerichts in seiner Entscheidung vom
20. Mai 2008, 33 W (pat) 118/06, GRUR-RR 2009, 128 - Stadtwerke Bochum aus-
geführt hat, bezeichnet „Stadtwerke“ ein kommunales Unternehmen. Bei einem
solchen handelt es sich um den wirtschaftlichen Betrieb einer Kommune, der sich
um die Grundversorgung der Bevölkerung, insbesondere mit Strom, Wasser und
Gas, oder um die Abfall- und Abwasserentsorgung kümmert. Kommunale Unter-
nehmen nehmen Aufgaben der unmittelbaren Daseinsvorsorge wahr. Deshalb
kann die Unternehmensbezeichnung „Stadtwerke“ nicht mit Bezeichnungen wie
„Firma, „Einkaufsmarkt“ o. ä., gleichgesetzt werden. Sie enthalten nämlich in Ver-
bindung mit der Ortsangabe eine eindeutige betriebliche Herkunftsangabe.
Es ist angesichts der Privatisierungstendenzen im kommunalen Bereich und der
Liberalisierung des Energiemarkts nicht ausgeschlossen, dass in Zukunft weitere
Anbieter von Daseinsvorsorge-Leistungen mit Sitz in Bremen auf dem Markt auf-
treten. Die Stadtwerke kommunaler Träger stehen dazu wirtschaftlich in Konkur-
renz, nicht jedoch in der Namensgebung, we
il die Bezeichnung „Stadtwerke“ die
kommunale Trägerschaft zum Ausdruck bringt. Dagegen spricht auch nicht, dass
in kommunaler Trägerschaft befindliche Stadtwerke in anderen Kommunen unter
der dortigen geografischen Bezeichnung wettbewerblich tätig werden können.
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Es ist aber zu berücksichtigen, dass es
nach den zu „Bundesdruckerei“ (vgl. BGH
GRUR 2007, 1079; nachfolgend OLG München, Urt. v. 19. Juni 2008 -
29 U 5133/03, BeckRS 2010, 09548) entwickelten Grundsätzen wettbewerbswid-
rig (§§ 3, 5 Abs. 1 UWG) wä
re, die Bezeichnung „Stadtwerke“ ohne eine Träger-
schaft durch eine Kommune zu verwenden. Dabei kommt es nicht darauf an, ob
sich Regelungen finden, die die Bezeichnung „Stadtwerke“ ausdrücklich schützen.
Das Wort hat einen Sinngehalt, den das angesprochene Publikum unabhängig
von gesetzlichen Vorschriften nur so versteht, dass Träger des Unternehmens die
lokale
„öffentliche Hand“ ist, womit es regelmäßig die Erwartung verknüpft, auf
einen leistungsfähigen, lokal engagierten (Vertrags-) Partner mit den entspre-
chenden Sicherheiten bei z. B. Verlässlichkeit oder Insolvenzfestigkeit zu treffen.
Auch die Möglichkeit, dass Stadtwerke ihre Leistungen in verschiedenen Gebiets-
körperschaften anbieten, hindert die Verbraucher nicht, den Begriff „Stadtwerke“
mit einer geographischen Angabe einem bestimmten kommunalen Unternehmen
zuzuordnen, weil sie annehmen werden, das so bezeichnete Unternehmen (etwa
einer benachbarten Kommune) übernehme auch die Versorgung in Hoheitsge-
bieten anderer Kommunen und trage insoweit die Verantwortung. Welche öffent-
lich-rechtlichen Verträge bzw. Regelungen dies ermöglichen, interessiert die Ab-
nehmer dabei nicht.
Der Senat hat bereits in dem Beschluss „St. Petersburger Staatsballett“ vom
22. Mai 2012 (27 W (pat) 51/11, GRUR-RR, 2013, 59, 61) für unternehmensbezo-
gene Angaben mit dem Anspruch hoheitlicher Rechte angenommen, dass eine
Geschäftsbezeichnung i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 4 MarkenG ersichtlich täuschend sein
kann. Wenn nämlich eine Marke beim Anbieter eine staatliche Trägerschaft er-
warten lasse, müsse schon im Eintragungsverfahren die Berechtigung dazu ge-
prüft werden. Dies gelte jedenfalls dann, wenn der Anmelder selbst vortrage, dass
keine Beziehungen zu staatlichen Stellen be
stehen würden. Der Begriff „Staats-
ballett“ sei üblich und verleite den Verbraucher zu besonderen Qualitätserwartun-
gen. Damit sei diese Angabe geeignet, das Publikum in seinen wirtschaftlichen
Entschlüssen zu beeinflussen. Für die Berücksichtigung der Irreführung durch
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Berühmung staatlicher Trägerschaft schon im Eintragungsverfahren spreche auch
der Gedanke des § 8 Abs. 2 Nr. 6 MarkenG sowie des Art. 7 Abs. 1 lit. h GMV,
staatliche Hoheitszeichen vom Markenschutz auszuschließen, wenn kein Berech-
tigungsnachweis (§ 8 Abs. 4 S. 2 MarkenG, Art. 6ter Abs. 8 PVÜ) vorliege.
Nach § 37 Abs. 3 MarkenG kann im markenrechtlichen Eintragungsverfahren vor
dem Deutschen Patent- und Markenamt eine Anmeldung nach § 8 Abs. 2 Nr. 4
MarkenG nur zurückgewiesen werden, wenn die Eignung zur Täuschung ersicht-
lich, also ohne weiteres erkennbar ist, was umfangreiche und zeitraubende Er-
mittlungen ausschließt (, a. a. O., § 8 Rn. 597). Eine konkrete Prüfung der
Beteiligungsverhältnisse zur Feststellung, ob ein Mindestumfang hoheitlicher Be-
teiligung erreicht wurde, kann deshalb wohl nicht im Registereintragungsverfahren
geschehen, wenn etwa aufwändige Ermittlungen nötig wären, die dem Lö-
schungsverfahren nach den §§ 50, 54 MarkenG vorbehalten sind (so
, „Stadtwerke“ als Marke und Betriebsbezeichnung, NVwZ 2013,
896, 900). Vorliegend drängte sich indessen angesichts des Namens / der Firma
der früheren Anmelderin auf, eine kommunale Trägerschaft der p
… GmbH
anzuzweifeln. Aufgrund des darauf gehaltenen Vortrags sind die genauen Beteili-
gungsverhältnisse ohne weitere Ermittlungen bekannt und entsprechend zu-
grundezulegen.
Berühmt sich der Anmelder durch die Marke selbst einer staatlichen bzw. kommu-
nalen Trägerschaft, ist er aber weder zum Zeitpunkt der Anmeldung noch zum
Zeitpunkt der Entscheidung über die Beschwerde bezüglich deren Zurückweisung
in erforderlichem Umfang an dem staatlichen bzw. kommunalen Träger, auf den
die Marke selbst hinweist, beteiligt, erzeugt er unzutreffende Erwartungen über die
Verantwortlichkeit für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen, womit die
Marke geeignet ist, das Publikum i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 4 MarkenG zu täuschen.
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Die begehrte Marke ist geeignet, hinsichtlich der für sie registrierten Waren und
Dienstleistungen das Publikum zu täuschen, denn zum Zeitpunkt der Anmeldung
und auch der mündlichen Verhandlung war die Stadt Bremen, auf die die Marke
hinweist, an der Inhaberschaft dieses Zeichens nicht wesentlich beteiligt, weil es
sich bei der Anmelderin eigenen Angaben zufolge um eine Tochtergesellschaft der
Stadt Bremen zu einem Prozent Anteil und im Übrigen der s
… AG handelt, an der
die Stadt Bremen nicht beteiligt ist, sondern mit einer Aktie die landeseigene Bre-
mer Verkehrsgesellschaft mbH. Die Marke weist demgegenüber auf die Herkunft
der Waren- und Dienstle
istungen aus dem städtischen Betrieb „Stadtwerke Bre-
men“ hin, wonach die Verbraucher lebensnah annehmen werden, ein im Wesentli-
chen in der Trägerschaft der Stadt Bremen stehender Betrieb versorge sie z. B.
mit Strom. Diese Annahme wäre aber unrichtig, weil der Stadt Bremen allenfalls
ein geringer Anteil an einer Netzinhaberin gehört, bei der ein gesellschaftsinterner
kommunaler Einfluß die Erwartungen, die das Publikum mit kommunaler Träger-
schaft verbindet, wie Versorgungssicherheit oder Insolvenzschutz, nicht in Täu-
schungsgefahr ausschliessender Weise sicherstellen kann.
Eine Täuschungsgefahr i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 4 MarkenG setzt nicht nur die Un-
richtigkeit eines Zeichens oder einer Angabe voraus. Vielmehr muss das Zeichen
bzw. die Angabe zusätzlich geeignet sein, die beteiligten Verkehrskreise in ihren
wirtschaftlichen Entschlüssen zu beeinflussen (BGH GRUR 2003, 628,
630 - Klosterbrauerei; BPatGE 12, 233, 237
– SCOTCH-GRIP; , a. a. O.,
§ 8 Rn. 593 m. w.
N.). Die Eignung der Angabe „Stadtwerke Bremen“, das Publi-
kum in seinen wirtschaftlichen Entschlüssen zu beeinflussen, ist zu bejahen, weil
der durchschnittlich informierte Verbraucher unter einem mit „Stadtwerke“ be-
zeichneten Unternehmen einen kommunalen oder gemeindenahen Versorgungs-
betrieb versteht, bei dem die Kommune einen bestimmenden Einfluss auf die Un-
ternehmenspolitik hat, was eine unmittelbare oder mittelbare Mehrheitsbeteiligung
der Gemeinde selbst voraussetzt (BPatG a. a. O.
– Stadtwerke Bochum).
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Anhaltspunkte dafür, dass die Voraussetzungen des § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG
bei der Anmeldung vorgelegen hätten, sind nicht ersichtlich.
Die Rechtsbeschwerde ist nach § 83 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zuzulassen, weil die
Rechtsfrage, ob die Eignung einer Marke, das Publikum hinsichtlich der ge-
schützten Waren und Dienstleistungen i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 4 MarkenG zu täu-
schen, aufgrund der mangelnden bzw. geringen staatlichen oder kommunalen
Trägerschaft des Anmelders zu prüfen ist, soweit ersichtlich höchstrichterlich nicht
entschieden und von grundsätzlicher Bedeutung ist.
Rechtsmittelbelehrung
Gegen diesen Beschluss steht den am Beschwerdeverfahren Beteiligten das
Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu.
Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlus-
ses beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45 a, 76133 Karlsruhe, durch einen
beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schrift-
lich einzulegen.
Dr. Albrecht
Hermann
Werner
Hu