Urteil des BPatG vom 17.12.2014

Verkehr, Bestandteil, Eugh, Gesamteindruck

BPatG 152
08.05
BUNDESPATENTGERICHT
26 W (pat) 507/12
_______________________
(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
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betreffend die Marke 30 2008 078 491
hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) in der Sitzung vom 17. Dezem-
ber 2014 unter Mitwirkung des Richters Reker als Vorsitzendem sowie des
Richters Schmid und des Richters Dr. Himmelmann
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
G r ü n d e
I
Gegen die Eintragung der Marke 30 2008 078 491
ist, soweit die Marke für die Waren
„Klasse 25: Bekleidung, Kopfbedeckungen“
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eingetragen worden ist, Widerspruch erhoben worden aus der für die Waren
„Hemden, Hosen, modische Accessoires, nämlich Gürtel und
Krawatten“
eingetragenen prioritätsälteren Marke 920 039
cavallo
Die Markenstelle für Klasse 18 des Deutschen Patent- und Markenamts hat den
Widerspruch zurückgewiesen, weil zwischen den Marken nicht die Gefahr von
Verwechslungen i. S. d. § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG bestehe. Zur Begründung hat
sie ausgeführt, die Marken unterschieden sich in ihrer eingetragenen Form hinrei-
chend deutlich voneinander. Für den Verkehr bestehe auch keine Veranlassung,
die angegriffene Marke unter Vernachlässigung des Wortes „Vita“ auf das weitere,
mit der Widerspruchsmarke übereinstimmende Markenwort „Cavallo“ zu verkürzen
und die angegriffene Marke nur mit diesem Wort zu benennen. Dass dem Verkehr
der Be
griff „Vita“ in seiner Bedeutung „Leben“ bekannt sei, während er die Be-
deutung des italienischen Wortes „Cavallo“, nämlich „Pferd“, im Allgemeinen nicht
kenne, führe nicht dazu, dass er das Wort „Vita“ in der angegriffenen Marke ver-
nachlässige. Es gebe keinen Erfahrungssatz, dass Marken, in denen ein in seiner
Bedeutung allgemein bekanntes, bezüglich der maßgeblichen Waren und/oder
Dienstleistungen jedoch schutzfähiges Wort und ein weiteres, als Phantasiebegriff
verstandenes Wort kombiniert seien, einzig durch den Phantasiebegriff geprägt
werden. Der Verkehr nehme eine Marke in der Regel so auf, wie sie ihm begegne,
ohne sich über die Bedeutung der einzelnen Bestandteile Gedanken zu machen.
Der Verkehr werde die angegriffene Marke deshalb und auch wegen der einzeili-
gen Schreibweise und der gleichen Schriftgröße ihrer Bestandteile als Einheit
wahrnehmen. Eine Prägung des Gesamteindrucks der angegriffenen Marke allein
durch den Bestandteil „Cavallo“ sei deshalb zu verneinen und eine unmittelbare
Verwechslungsgefahr zwischen den Marken bestehe folglich nicht. Auch die Ge-
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fahr einer gedanklichen Verbindung der Marken bestehe nicht, weil die angegrif-
fene Marke ihrer Art nach nicht zu den für die Widersprechende eingetragenen
Marken mit dem Bestandteil „cavallo“ passe und vom Verkehr deshalb nicht als
weitere Marke der Widersprechenden verstanden werde.
Dagegen wendet sich die Widersprechende mit der Beschwerde und dem Antrag,
den Beschluss vom 2. August 2011 insoweit aufzuheben, als der
Widerspruch der Widersprechenden aus der Marke 920 039 hin-
sichtlich der Waren der Klasse 12 der angegriffenen Marke zu-
rückgewiesen worden ist und dem Widerspruch in Bezug auf die
Waren der Klasse 12 der angegriffenen Marke stattzugeben.
Sie ist der Ansicht, die angegriffene Marke halte gegenüber dieser Widerspruchs-
marke, die eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft aufweise, den wegen der
Identität bzw. großen Ähnlichkeit der beiderseitigen Waren der Klasse 25 gebote-
nen deutlichen Abstand nicht ein. Der Bildbestandteil der angegriffenen Marke
trete gegenüber deren Wortbestandteilen zurück. Die ältere Marke sei identisch in
die angegriffene Marke übernommen worden und präge deren Gesamteindruck,
weil das Wort „Cavallo“ als Kunstwort aufgefasst werde, während das ihm voran-
gestellte Wort „Vita“ in der Bedeutung „Leben“ bzw. „Lebenslauf“ allgemein be-
kannt sei und vom Verkehr lediglich als schlagwortartiger Hinweis auf ein Lebens-
gefühl verstanden werde. Auch wenn der Verkehr das Wort „Vita“ nicht vernach-
lässige, sei d
as weitere Wort „Cavallo“ für den Gesamteindruck der angegriffenen
Marke prägend, weil der Verkehr „Vita“ nur als eine Ergänzung von „Cavallo“ im
Sinne von „Leben mit Cavallo“ bzw. „Leben wie Cavallo“ verstehe. Zudem trete
der Bestandteil „Cavallo“ schon auf Grund seiner Länge gegenüber dem kürzeren
Wort „Vita“ deutlich hervor. Aus diesen Gründen habe das Wort „Cavallo“ in der
angegriffenen Marke zumindest eine selbständig kennzeichnende Stellung inne.
Auf Grund der Tatsache, dass die Widersprechende neben der Widerspruchs-
marke noch über eine weitere Wortmarke „Cavallo“ und eine Wort-Bild-Marke
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„Cavallo – Shirt Collection“ verfüge, werde der Verkehr jedenfalls aber annehmen,
dass die beiderseitigen Marken aus wirtschaftlich verbundenen Unternehmen
stammten.
Die Markeninhaberin hat sich zur Beschwerde der Widersprechenden nicht ge-
äußert.
II
1. Die Beschwerde ist unzulässig, weil es an einem Rechtsschutzbedürfnis für die
von der Widersprechenden mit der Beschwerde beantragte Entscheidung, die
angegriffene Marke für Waren der Klasse 12 zu löschen, fehlt.
Mit ihrer Beschwerde wendet sich die Widersprechende nach den Angaben in der
Beschwerdeschrift und dem dort formulierten Antrag nur gegen die Zurückweisung
ihres Widerspruchs aus der Marke 920 039 und auch
nur insoweit, „als der Wider-
spruch der hiesigen Widersprechenden aus der Marke 920
039 „Cavallo“ hinsicht-
lich der Waren der Klasse 12 der angegriffenen Marke zurückgewiesen worden
ist“. Sie beantragt weiterhin, „dem Widerspruch in Bezug auf die Waren der
Klasse
12 der angegriffenen Marke stattzugeben“. Dieser ausdrückliche Antrag
der Widersprechenden bindet sie und beschränkt ihr Beschwerdebegehren, denn
einem Beschwerdeführer darf nicht mehr zuerkannt werden, als er beantragt hat
(BGH BlPMZ 1972, 173
– Sortiergerät; 1973, 315 - Anginetten). Der Senat darf
daher die angefochtene Entscheidung der Markenstelle nur im Rahmen dieses
Antrags ändern oder aufheben (BGH GRUR 1993, 655
– Rohrausformer).
Für die von der Widersprechenden erhobene, auf das zuvor genannte Begehren
beschränkte Beschwerde fehlt das Rechtsschutzbedürfnis, weil die mit dem Wi-
derspruch angegriffene Eintragung der Marke 30 2008 078 491 nur für Waren und
Dienstleistungen der Klassen 18, 25, 35 und 41, nicht jedoch für Waren der
Klasse 12 erfolgt ist. Das von der Widersprechenden mit der Beschwerde und
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dem Beschwerdeantrag verfolgte Ziel der Löschung der angegriffenen Marke für
Waren der Klasse 12 kann deshalb tatsächlich nicht erreicht werden und ist des-
halb offensichtlich nicht schutzwürdig, was zur Unzulässigkeit der Verfahrens-
handlung, hier der Beschwerde führt.
2. Auch wenn zu Gunsten der Widersprechenden im Wege der Auslegung des
Beschwerdeantrags entgegen seinem ausdrücklichen Wortlaut auf Grund des
sonstigen Vorbringens der Widersprechenden in der Beschwerdebegründung da-
von ausgegangen wird, dass sie mit ihrer Beschwerde die Aufhebung des ange-
griffenen Beschlusses der Markenstelle insoweit begehrt, als der Widerspruch aus
der Marke 920 039 in Bezug auf die Waren der Klasse 25 der angegriffenen
Marke zurückgewiesen worden ist, kann ihre Beschwerde keinen Erfolg haben, da
es der Beschwerde insoweit an der Begründetheit mangelt.
Zu Recht und mit im Wesentlichen zutreffender Begründung hat die Markenstelle
in dem mit der Beschwerde angegriffenen Beschluss nämlich festgestellt, dass
zwischen den Marken nicht die Gefahr von Verwechslungen i. S. d. § 9 Abs. 1
Nr. 2 MarkenG besteht. Das Vorbringen der Widersprechenden im Beschwerde-
verfahren vermag eine andere Beurteilung der Verwechslungsgefahr nicht zu be-
gründen.
Die Beurteilung der Verwechslungsgefahr nach der vorgenannten Bestimmung ist
unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmen. Dabei be-
steht eine Wechselwirkung zwischen den in Betracht zu ziehenden Faktoren, ins-
besondere der Ähnlichkeit bzw. der Identität der Marken, der für die Marken ein-
getragenen Waren bzw. Dienstleistungen und der Kennzeichnungskraft der prio-
ritätsälteren Marke, sodass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren oder
Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Zeichen oder
durch eine erhöhte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden
kann und umgekehrt (ständige Rechtsprechung, vgl. BGH GRUR 2008,
905 - Pantohexal; BGH GRUR 2004, 594
– Ferrari-Pferd; EuGH GRUR 1998,
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387 - Sabèl/Puma; EuGH GRUR 1998, 922
– Canon; EuGH GRUR Int. 1999,
734 - Lloyd). Bei dieser umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist auf
den durch die Zeichen hervorgerufenen Gesamteindruck abzustellen, wobei
insbesondere ihre unterscheidungskräftigen und dominierenden Elemente zu
berücksichtigen sind (EuGH GRUR 2010, 933
– Barbara Becker; BGH GRUR
2012, 64 - Maalox/Melox-GRY).
Bei Zugrundelegung dieses rechtlichen Maßstabs hat die angegriffene Marke ge-
genüber der für Waren der Klasse 25 durchschnittlich kennzeichnungskräftigen
Widerspruchsmarke unter Berücksichtigung der Identität der beiderseitigen Waren
dieser Klasse zwar einen überdurchschnittlich großen, deutlichen Abstand einzu-
halten, um die Gefahr von Verwechslungen verneinen zu können. Dieser Abstand
ist jedoch in jeder Richtung gewahrt.
Für den markenrechtlichen Vergleich zweier Zeichen ist deren Gesamteindruck
maßgeblich (EuGH GRUR Int. 2010, 129, 132
– Carbonell/ La Espanola; GRUR
Int. 2012, 754, 757
– Linea Natura). Eine zergliedernde Betrachtungsweise einzel-
ner Markenteile ist daher grundsätzlich unzulässig. Vielmehr ist von dem allge-
meinen Erfahrungssatz auszugehen, dass der Verkehr eine Marke so aufnimmt,
wie sie ihm entgegentritt, ohne sie einer analysierenden Betrachtungsweise zu
unterziehen (EuGH GRUR 1998, 387, 390
– Sabèl/Puma; GRUR Int. 2004, 843,
845
– MATRATZEN). Deshalb ist beim Markenvergleich von mehrteiligen Marken
zunächst stets von der registrierten Form der Marken auszugehen, die für den
markenrechtlichen Schutz maßgeblich ist (BGH GRUR 2005, 326, 327
– il
Padrone/Il Portone; GRUR 2008, 903, 904
– SIERRA ANTIGUO; GRUR 2012, 64,
65
– Maalox/Melox GRY).
In ihren eingetragenen Formen weisen die angegriffene Marke und die Wider-
spruchsmarke deutliche, die Gefahr von Verwechslungen in jeder Richtung aus-
schließende Unterschiede auf. Während die Widerspruchsmarke nur aus einem
einzigen Wort, nämlich „cavallo“, besteht, besteht die angegriffene Marke aus der
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Wortfolge „Vita Cavallo“ und einem Bildbestandteil, der aus der Zeichnung eines
Pferdekopfs besteht. Angesichts dieser Unterschiede ist davon auszugehen, dass
der Verkehr die Marken in ihrer Gesamtheit sicher auseinanderhalten kann, auch
wenn er ihnen nicht gleichzeitig begegnet, sondern auf das eher unsichere Erinne-
rungsbild angewiesen ist.
Wegen der Maßgeblichkeit der registrierten Form der Marken für den Zeichenver-
gleich ist es grundsätzlich verwehrt, aus der angegriffenen jüngeren Marke ein
Element herauszugreifen und allein auf dieser Grundlage eine Verwechslungsge-
fahr mit der älteren Marke festzustellen (BGH GRUR 1996, 198, 199
– Springende
Raubkatze). Der selbständige Vergleich eines einzelnen Markenbestandteils einer
jüngeren Marke mit der älteren Marke ist nur dann zulässig, wenn dieser Marken-
bestandteil den Gesamteindruck der mehrgliedrigen Marke prägt oder in dieser
eine selbständig kennzeichnende Stellung innehat (EuGH GRUR 2005, 1042,
1044
– THOMSON LIFE).
Der Bestandteil „CAVALLO“ weist in der angegriffenen Marke weder eine prä-
gende noch eine selbständig kennzeichnende Stellung auf. Eine Prägung des Ge-
samteindrucks einer mehrteiligen Marke durch einen einzelnen Bestandteil kann
nur angenommen werden, wenn davon auszugehen ist, dass die übrigen
Markenteile für die angesprochenen Verkehrskreise in einer Weise zurücktreten,
dass sie für den Gesamteindruck vernachlässigt werden können (BGH GRUR
1996, 775, 777
– Sali Toft; GRUR 2000, 233, 234 – RAUSCH/ELFI RAUCH). Sie
ist dagegen zu verneinen, wenn der Gesamteindruck durch einen weiteren Be-
standteil mitbestimmt wird (BGH GRUR 2008, 719, 722
– idw Informationsdienst
Wissenschaft; GRUR 2010, 828, 832
– DiSC; a. a. O. - Maalox/Melox-GRY). In
diesem Zusammenhang dürfen auch beschreibende oder kennzeichnungsschwa-
che Markenteile nicht von vornherein unberücksichtigt bleiben. Sie prägen prinzi-
piell zwar nicht für sich allein den Gesamteindruck einer Marke, können sich je-
doch mit weiteren Angaben zu einem zusammengehörigen betrieblichen Her-
kunftshinweis verbinden oder sonst zum Gesamteindruck beitragen. Dies gilt erst
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recht für Angaben, die zwar für eine Vielzahl von Produkten beschreibend sind,
auf dem maßgeblichen Warengebiet aber eher als Phantasiebezeichnungen auf-
gefasst werden (BGH GRUR 1999, 52, 53
– EKKO BLEIFREI). Eine hinreichende
Prägung des Gesamteindrucks durch einen Markenbestandteil kann nicht ange-
nommen werden, wenn sich dieser Bestandteil als lediglich gleichgewichtig mit
anderen Markenteilen darstellt (BGH a. a. O
– Sali Toft; a. a. O. – ECCO
BLEIFREI).
Der Bestandteil „Vita“ der angegriffenen Marke weist für die Waren der Klasse 25
„Bekleidung, Kopfbedeckungen“, anders als etwa für medizinische Produkte und
Produkte des Lebensmittelbereichs, keine unmittelbare beschreibende Bedeutung
und keine ohne weiteres für den Verkehr erkennbaren beschreibenden Anklänge
auf. Der Umstand, dass das Wort „Vita“ im Verkehr auf einigen anderen Waren-
und Dienstleistungsgebieten auch als ein schlagwortartiger Hinweis auf ein Le-
bensgefühl verwendet wird, reicht nicht aus, um ihm für die hier maßgeblichen
Waren der Klasse 25 jegliche Kennzeichnungskraft abzusprechen. Soweit die Wi-
dersprechende argumentiert, der Verkehr werde das Wort „Vita“ lediglich als Er-
gänzung zu dem nachfolgenden, ihrer Ansicht nach den Gesamteindruck der an-
gegriffenen Marke prägenden Wort „Cavallo“ im Sinne von „Leben mit Cavallo“
oder „Leben wie Cavallo“ verstehen, spricht diese Argumentation eher für eine
Wertung von
„Vita Cavallo“ als zusammengehörige begriffliche Einheit und damit
eher gegen eine Vernachlässigung des Wortes „Vita“ durch die angesprochenen
Verkehrskreise. Auch die von der Widersprechenden angesprochene unterschied-
liche Länge der beiden Wörter der angegriffenen Marke spricht nicht für eine Prä-
gung dieser Marke durch das Wort „Cavallo“, sondern eher dagegen. Zwar neigt
der Verkehr erfahrungsgemäß dazu, Kennzeichen in einer die Merkbarkeit und
Aussprechbarkeit
erleichternden
Weise
zu
verkürzen
(BGH
GRUR
a. a. O. - RAUSCH/ELFI RAUCH). Gegen eine Verkürzung der angegriffenen
Marke auf den Bestandteil „CAVALLO“ bei mündlicher Wiedergabe der Marke
spricht jedoch einerseits, dass die Wortbestandteile der angegriffenen Marke
insgesamt nicht übermäßig lang sind, sowie andererseits, dass der Verkehr sein
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Augenmerk erfahrungsgemäß in erster Linie auf die Zeichenanfänge richtet, im
vorliegenden Fall also auf das Wort „Vita“ der angegriffenen Marke. Dass der
Verkehr dessen Be
deutung „Leben“ versteht, während er die Bedeutung des
Wortes „Cavallo“ überwiegend nicht kennt, spricht ebenfalls nicht für seine
Außerachtlassung, sondern erleichtert im Gegenteil die Merkbarkeit dieses
Markenteils, sodass bei einer Erinnerung an die angegriffene Marke eher deren
erster Be
standteil „Vita“ Bedeutung erlangt. Aus den genannten Gründen kann
insgesamt nicht von einer Prägung der angegriffenen Marke allein durch den mit
der Widerspruchsmarke übereinstim
menden Bestandteil „Cavallo“ ausgegangen
werden.
Das Wort „Cavallo“ weist in der angegriffenen Marke auch keine selbständig
kennzeichnende Stellung auf. Der Umstand, dass eine ältere Marke in identischer
Form in ein jüngeres Kombinationszeichen eines Dritten integriert bzw. übernom-
men wird, reicht für sich genommen nicht aus, um eine Verwechslungsgefahr be-
jahen zu können (BGH GRUR 1996, 977 - DRANO/P3-drano; GRUR 2004, 865,
866
– Mustang). Von einer die Gefahr von Verwechslungen begründenden selb-
ständig kennzeichnenden Stellung der übernommenen Marke in einer jüngeren
mehrteiligen Marke kann vielmehr nur dann ausgegangen werden, wenn der be-
treffende Bestandteil wie eine Marke in der Marke erscheint, was nicht bei jeder
Übernahme einer älteren Marke in ein jüngeres Kombinationszeichen der Fall ist.
Vielmehr bedarf es hierfür stets besonderer Anhaltspunkte und Feststellungen
(EuGH MarkenR 2006, 527, 530 - POWER; BGH GRUR 2013, 833, 837
– Culina-
ria/Villa Culinaria). Solche Anhaltspunkte sind vorliegend nicht gegeben. Bei dem
der Widerspruchsmarke „Cavallo“ in der angegriffenen Marke vorangestellten Wort
„Vita“ handelt es sich weder um das Unternehmenskennzeichen noch um eine
bekannte Marke oder den bekannten Stammbestandteil von Serienzeichen der
Markeninhaberin. Für eine selbständig kennzeichnende Stellung sprechen auch
keine branchenspezifischen Kennzeichnungsgepflogenheiten auf dem Beklei-
dungssektor. Solche Gepflogenheiten sind weder von der Widersprechenden vor-
getragen worden noch sonst ersichtlich. Die Reihenfolge der Wortbestandteile in
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der angegriffenen Marke, in der dem übernommenen Wort ein weiteres Wort nicht
angehängt, sondern vorangestellt ist, spricht ebenso eher gegen eine selbständig
kennzeichnende Stellung des übernommenen Wortes wie die von der Widerspre-
chenden selbst angeführte begriffliche Zusammengehörigkeit der beiden
Markenteile.
Letztlich besteht zwischen den Marken auch keine Verwechslungsgefahr unter
dem Gesichtspunkt der gedanklichen Verbindung. Nicht jegliche, wie auch immer
geartete gedankliche Assoziation stellt ein Schutzhindernis i. S. d. § 9 Abs. 1 Nr. 2
MarkenG dar. Fälle, in denen der Verkehr lediglich irgendwelche gedanklichen
Assoziationen zwischen den Marken herstellt, weil die Wahrnehmung der einen
Marke die Erinnerung an die andere Marke weckt, obwohl beide Marken ihrer be-
trieblichen oder konzernmäßigen Herkunft nach nicht verwechselt werden, fallen
deshalb nicht unter die vorgenannte Bestimmung (EuGH GRUR Int. 2000, 899,
901
– Marca/Adidas; BGH GRUR 2010, 729, 732 – MIXI). Deshalb reicht insbe-
sondere das Vorhandensein eines übereinstimmenden Elements in beiden Mar-
ken noch nicht zur Annahme der Gefahr von Verwechslungen der Marken durch
gedankliche Verbindung aus. Vielmehr ist zusätzlich erforderlich, dass diesem Be-
standteil ein Hinweischarakter auf den Inhaber der prioritätsälteren Marke zu-
kommt. Dafür ist es erforderlich, dass dieser im Verkehr mit dem entsprechenden
Wort als Bestandteil mehrerer eigener, entsprechend gebildeter Serienmarken
aufgetreten ist (EuGH GRUR 2008, 343, 346
– Il Ponte Finanziaria Spa/HABM),
und zwar vor dem Anmeldetag der jüngeren Marke (Schmidhuber/Torka WRP
2009, 545, 551). Verfügt der Widersprechende zwar über eine eingetragene Mar-
kenserie mit gleichem Stammbestandteil, sind diese Marken aber unbenutzt,
kommt eine Verwechslungsgefahr unter dem Gesichtspunkt des Serienzeichens
nicht in Betracht (EuGH a. a. O
– Il Ponte Finanziaria Spa; BGH GRUR 2009, 484,
488
– Metrobus).
Die Widersprechende hat zwar vorgetragen, dass für sie zwei weitere Marken mit
dem Bestandteil „Cavallo“ eingetragen seien. Zu deren Benutzung im inländischen
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Verkehr hat sie jedoch nichts vorgetragen, so dass eine Gewöhnung des Verkehrs
an das Wort „Cavallo“ als Stammbestandteil einer Markenserie der Widerspre-
chenden nicht glaubhaft gemacht ist und folglich die Gefahr einer Verwechslung
der beiderseitigen Marken durch gedankliche Verbindung nicht festzustellen ist.
Auch Tatsachen, die dem Verkehr die Annahme von wirtschaftlichen oder organi-
satorischen Beziehungen der Verwender der beiderseitigen Marken nahelegen
könnten, sind von der Anmelderin nicht vorgetragen worden, so dass auch keine
hinreichenden Anhaltspunkte für eine Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne
ersichtlich sind. Die Beschwerde der Widersprechenden kann daher auch in der
Sache keinen Erfolg haben und ist daher zurückzuweisen.
Gründe für eine Auferlegung der Kosten des Beschwerdeverfahrens auf eine der
Verfahrensbeteiligten aus Gründen der Billigkeit (§ 71 Abs. 1 S. 1 MarkenG) sind
weder auf Grund der Sach- und Rechtslage noch auf Grund der Verfahrensfüh-
rung der Beteiligten gegeben.
Rechtsmittelbelehrung
(bei zulassungsfreier Rechtsbeschwerde)
Gegen diesen Beschluss steht den am Beschwerdeverfahren Beteiligten das Rechtsmittel
der Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen hat, ist
sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass
1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes
kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abge-
lehnt war,
3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er
nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat,
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5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschrif-
ten über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder
6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.
Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses beim
Bundesgerichtshof, Herrenstr. 45 a, 76133 Karlsruhe, durch einen beim Bundesgerichtshof
zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schriftlich einzulegen.
Reker
Schmid
Dr. Himmelmann
Bb