Urteil des BPatG vom 08.06.2016

Stand der Technik, Patentanspruch, Fig, Empfang

BPatG 154
05.11
BUNDESPATENTGERICHT
20 W (pat) 88/13
_______________
(Aktenzeichen)
Verkündet am
8. Juni 2016
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Patentanmeldung 10 2007 022 384.8
hat der 20. Senat (Technischer Beschwerdesenat) auf die mündliche Verhandlung
vom 8. Juni 2016 durch den Vorsitzenden Richter Dipl.-Phys. Dr. Mayer, den Rich-
ter Dipl.-Ing. Musiol, die Richterin Dorn sowie den Richter Dipl.-Phys. Bieringer
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
- 2 -
G r ü n d e
I.
Das Deutsche Patent- und Markenamt -
Prüfungsstelle für IPC-Klasse G 07 D - hat
die am 10. Mai 2007 eingereichte Patentanmeldung mit der Bezeichnung „Verfah-
ren und Vorrichtung zur automatischen und manuellen Prüfung von Rohlingen für
Sicherheits-
und/oder Wertdokumente“ mit Beschluss vom 23. Oktober 2013 zu-
rückgewiesen. Der Zurückweisung lagen die Patentansprüche nach Hauptantrag,
Hilfsantrag 1 und Hilfsantrag 2 vom 28. Juni 2012 zugrunde. Die Patentansprüche
1 gemäß Haupt- wie Hilfsanträgen waren jeweils gleichlautend. Ein zuvor gestell-
ter Antrag auf Anhörung war mit Schriftsatz vom 28. Juni 2012 zurückgenommen
worden. Die Prüfungsstelle begründete ihren Zurückweisungsbeschluss damit,
dass der Gegenstand des Patentanspruchs 1 in Ansehung der Druckschriften
D1 DE 103 32 212 A1 und
D4 WO 2005/070143 A2
nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.
Hiergegen richtet sich die am 8. November 2013 eingelegte Beschwerde der An-
melderin, mit der sie ihre Anmeldung weiterverfolgt.
Der Bevollmächtigte der Anmelderin und Beschwerdeführerin beantragt,
den Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse G 07 D des Deutschen Pa-
tent- und Markenamts vom 23.10.2013 aufzuheben und die Sache zur
weiteren Behandlung an das DPMA zurückzuverweisen.
- 3 -
den Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse G 07 D des Deutschen Pa-
tent- und Markenamts vom 23.10.2013 aufzuheben und das nachgesuchte
Patent auf der Grundlage folgender Unterlagen zu erteilen:
Patentansprüche:
Patentansprüche 1 bis 4, überreicht als Hilfsantrag 1 in der mündlichen
Verhandlung am 08.06.2016
Beschreibung:
anzupassende Beschreibung
Zeichnungen:
Figuren 1 bis 5 vom 11.06.2007, beim DPMA eingegangen am selben Tag
Patentansprüche 1 bis 7, überreicht als Hilfsantrag 2 in der mündlichen
Verhandlung am 08.06.2016
Beschreibung und Zeichnungen wie Hilfsantrag 1.
Hilfsantrag 1
Merkmalsbezeichnungen und unter Korrektur offensichtlicher Fehler):
M1
Vorrichtung zur automatischen Prüfung von Rohlingen (1) für Sicherheits-
und/oder Wertdokumente mit integriertem Speicherchip (1a)
- 4 -
M2
mit einer Vereinzelungsvorrichtung (2), welche zur Vereinzelung einer
Mehrzahl von Rohlingen (1), die jeweils einen integrierten Speicherchip (1a)
aufweisen, eingerichtet ist,
M3
mit einer an die Vereinzelungsvorrichtung (2) angeschlossenen Fördervor-
richtung (3),
M4
mit einer ersten Prüfstation (4), welche an der Fördervorrichtung (3)
angeordnet ist, wobei die erste Prüfstation (4) Auslesemittel (4a) aufweist,
und wobei die Auslesemittel (4a) mit einer Steuervorrichtung (5) verbunden
sind,
M5
mit Mitteln zum Aussortieren von Fehlexemplaren, welche an der Förder-
vorrichtung (3) angeordnet sind, und welche an die Steuervorrichtung (5)
angeschlossen sind, und
M6
mit einer an die Fördervorrichtung (3) angeschlossenen Ablagevorrichtung
(6),
M7
wobei die Auslesemittel (4a) zur Auslesung von Inhalten der Speicherchips
(1a) eingerichtet sind,
M8
wobei die Auslesemittel (4a) bei nicht erfolgreicher Auslesung eines
Speicherchips (1a) zur Erzeugung eines Steuersignals "nicht auslesbar"
eingerichtet sind,
M9
wobei die Auslesemittel (4a) oder die Steuervorrichtung (5) zum Vergleich
eines ausgelesenen Inhaltes mit einem Referenzinhalt, welcher in den
Auslesemitteln (4a) und/oder in der Steuervorrichtung (5) gespeichert ist,
und zur Erzeugung eines Steuersignals “nicht übereinstimmend“ bei Nicht-
übereinstimmung eingerichtet sind,
M10 wobei die Mittel zum Aussortieren von Fehlexemplaren auf Empfang eines
Steuersignals „nicht auslesbar“ oder „nicht übereinstimmend“ zur Aussortie-
rung jener Rohlinge (1) eingerichtet sind, welche ein Steuersignal verur-
sacht haben,
M11 mit einer zweiten Prüfstation (7), welche Durchlichtbeleuchtungsmittel (7a)
und, bezogen auf die Lage eines Rohlings (1), gegenüberliegende erste
Bilderfassungsmittel (7b) aufweist, welche mit der Steuervorrichtung (5)
- 5 -
verbunden sind, wobei die ersten Bilderfassungsmittel (7b) und/oder die
Steuervorrichtung (5) dazu eingerichtet sind, das mittels der ersten Bilder-
fassungsmittel (7b) im Durchlicht erhaltene Schattenbild eines Rohlings (1)
mit einem in den ersten Bilderfassungsmitteln (7b) oder in der Steuervor-
richtung (5) gespeicherten Referenzschattenbild zu vergleichen und bei
Nichtübereinstimmung ein Steuersignal "falsche Chiplage" zu erzeugen,
M12 und wobei die Mittel zum Aussortieren von Fehlexemplaren auf Empfang
eines Steuersignals "falsche Chiplage" zur Aussortierung jener Rohlinge (1)
eingerichtet sind, welche das betreffende Steuersignal verursacht haben,
M13 wobei die Mittel zum Aussortieren als eigenständige Aussortierstationen
eingerichtet sind, welche den Prüfstationen, bezogen auf die Förderrich-
tung, nachgeschaltet sind.
Wegen der abhängigen Ansprüche 2 bis 4 wird auf den Inhalt der Akten verwie-
sen.
Hilfsantrag 2
gliederung und unter Korrektur offensichtlicher Fehler):
N1
Verfahren zur automatischen Prüfung von Rohlingen (1) für Sicherheits-
und/oder Wertdokumente mit integriertem Speicherchip (1a), mit den fol-
genden Verfahrensstufen:
N2
a) eine Mehrzahl von Rohlingen (1) werden einer Vereinzelungsvorrichtung
(2) zugeführt,
N3
b) die vereinzelten Rohlinge (1) werden mittels einer an die Vereinze-
lungsvorrichtung (2) angeschlossenen Fördervorrichtung (3) an zumindest
einer ersten Prüfstation (4) vorbei geführt, wobei mittels im Rahmen der
ersten Prüfstation (4) eingerichteter Auslesemittel (4a) Inhalte des Spei-
- 6 -
cherchips (1a) ausgelesen werden oder der Versuch einer solchen Aus-
lesung unternommen wird,
N4
c1) bei nicht erfolgreicher Auslesung wird von den Auslesemitteln (4a) ein
Steuersignal "nicht auslesbar" an eine an die erste Prüfstation (4) ange-
schlossene Steuervorrichtung (5) gesendet, oder
N5
c2) bei erfolgreicher Auslesung erfolgt ein Vergleich der Inhalte des
Speicherchips (1a) mit Referenzinhalten, welche in der Steuervorrichtung
(5) und/oder den Auslesemitteln (4a) gespeichert sind, und bei Nichtüber-
einstimmung wird von der Steuervorrichtung (5) ein Steuersignal "nicht
übereinstimmend" erzeugt,
N6
d) bei erfolgreicher Auslesung sowie bei positivem Vergleich werden die
Rohlinge (1) einer an die Fördervorrichtung (3) angeschlossenen Ablage-
vorrichtung (6) zugeführt,
N7
wobei im Rahmen der Fördervorrichtung (3) oder der Prüfstation (4) Mittel
zur Aussortierung von Fehlexemplaren eingerichtet sind, welche Mittel an
die Steuervorrichtung (5) angeschlossen sind und von dem Steuersignal
"nicht auslesbar" oder von dem Steuersignal "nicht übereinstimmend" akti-
viert werden und jene Rohlinge (1) aussortieren, welche das betreffende
Steuersignal verursacht haben,
N8
wobei die Rohlinge (1) mittels der Fördervorrichtung (3) an einer zweiten
Prüfstation (7) vorbei geführt werden, welche an die Steuervorrichtung (5)
angeschlossen und mit Durchlichtbeleuchtungsmitteln (7a) sowie, bezogen
auf die Lage eines Rohlings (1), gegenüberliegenden ersten Bilderfas-
sungsmitteln (7b) ausgestattet ist, wobei das mittels der ersten Bilderfas-
sungsmittel (7b) im Durchlicht erhaltene Schattenbild eines Rohlings (1) mit
einem in den ersten Bilderfassungsmitteln (7b) oder in der Steuervorrich-
tung (5) gespeicherten Referenzschattenbild verglichen wird, wobei in der
Steuervorrichtung (5) bei Nichtübereinstimmung ein Steuersignal "falsche
Chiplage" erzeugt wird,
- 7 -
N9
und wobei die Mittel zum Aussortieren von Fehlexemplaren von dem
Steuersignal "falsche Chiplage" aktiviert werden und jene Rohlinge aussor-
tieren, welche das betreffende Steuersignal verursacht haben,
N10 wobei die Mittel zum Aussortieren als eigenständige Aussortierstationen
eingerichtet sind, welche den Prüfstationen, bezogen auf die Förderrich-
tung, nachgeschaltet sind.
Wegen der abhängigen Ansprüche 2 bis 7 wird auf den Inhalt der Akten verwie-
sen.
Neben den Druckschriften D1 und D4 hat die Prüfungsstelle im Prüfungsverfah-
ren die Druckschriften
D2 FRIEDRICH, EDGAR, Dr.: The Introduction of Electronic Passports in
Germany; 2
nd
Symposium on ICAO-Standard MRTDs, Biometrics and Se-
curity; 6-7 Sept. 2006; [http://www.icao.intlicao/en/atb/MRTDsymposium/-
MRTD_06/Presentations/Friedrich.pdf] [recherchiert am 04.10.07] und
D3 US 3 800 155
eingeführt.
Der Bevollmächtigte der Anmelderin bestätigte in der mündlichen Verhandlung auf
Nachfrage des Senats, dass sein Hauptantrag auf die Zurückverweisung der Sa-
che an das Deutsche Patent- und Markenamt gerichtet sei, und führte hierzu aus,
dass der Zurückweisungsbeschluss der Prüfungsstelle an Begründungsmängeln
leide. Insbesondere fehle eine Begründung hinsichtlich eines Anlasses, welcher
den Fachmann zu einer Zusammenschau der Druckschriften D1 und D4 angeregt
hätte.
Die von der Prüfungsstelle im Zurückweisungsbeschluss genannten Druckschrif-
ten D1 und D4 könnten zudem die Patentfähigkeit der Anmeldung nicht in Frage
stellen, jedenfalls gelte dies für die Fassungen der Hilfsanträge 1 und 2.
- 8 -
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg, da eine Zurückverwei-
sung der Sache an das Deutsche Patent- und Markenamt nicht in Betracht kommt
(§ 79 PatG) und der Gegenstand des Patentanspruchs 1 sowohl in der Fassung
des Hilfsantrags 1 als auch in der Fassung des Hilfsantrags 2 nicht auf einer erfin-
derischen Tätigkeit beruht (§ 4 PatG).
1.
Der Anmeldegegenstand betrifft ein Verfahren und eine Vorrichtung zur
automatischen Prüfung von Komponenten von Sicherheits- und/oder Wertdoku-
menten, wobei mittels Auslesemitteln Inhalte eines in einer Komponente angeord-
neten Speicherchips ausgelesen und mit Referenzinhalten verglichen werden (vgl.
u.U., S. 1, Z. 8 - 13).
Die Anmeldung geht davon aus, dass in Rohlingen von Sicherheits- und/oder
Wertdokumenten (z.B. Pässen) Speicherchips (z.B. RFID-Chips) angeordnet sind,
in welchen zumindest ein Teil der individualisierenden Informationen (z.B. der
Name des Passinhabers) gespeichert und so leicht maschinell auslesbar sind (vgl.
u.U., S. 1, Z. 22 bis S. 2, Z. 25).
Aus der Praxis sei es bekannt, mittels der Rohlinge fertige, d.h. individualisierte,
Sicherheits- und/oder Wertdokumente herzustellen und im Zuge der Herstellung,
insbesondere der Individualisierung, oder daran anschließend Lage und Funktion
des integrierten Speicherchips zu prüfen. Jene Sicherheits- und/oder Wertdoku-
mente, bei welchen eine falsche Lage und/oder ein Defekt des Speicherchips
festgestellt würden, würden dann aussortiert und es werde die Neuherstellung
eines Substituts initiiert. Diese Vorgehensweise sei jedoch aufwändig und weise
den wesentlichen Nachteil auf, dass defekte Speicherchips oder falsche Lagen
- 9 -
derselben erst in einem sehr späten Stadium des Herstellungsprozesses des Si-
cherheits- und/oder Wertdokumentes festgestellt werden könnten (vgl. u.U., S. 3,
Z. 1 bis 23).
Ausgehend hiervon stellt sich die Anmeldung die Aufgabe, ein Verfahren und eine
Vorrichtung anzugeben, welche im Zuge der Herstellung eines Sicherheits-
und/oder Wertdokuments zu einer erheblichen Vereinfachung und Verbesserung
des Gesamtprozesses führen (vgl. u.U., S. 3, Z. 27 - 31).
Die anmeldungsgemäße Lösung sieht im Wesentlichen vor, den (noch nicht indi-
vidualisierten) Rohling einer oder mehreren Prüfstationen zuzuführen, den im
Rohling befindlichen Speicherchip (z. B. auf Funktion und Anordnung) zu prüfen
und als fehlerhaft erkannte Rohlinge auszusortieren (vgl. u.U., S. 5, Z. 7
– 17 und
Patentanspruch 1).
2.
Als zuständigen Fachmann sieht der Senat - in Übereinstimmung mit dem
Vertreter der Anmelderin - einen Ingenieur mit Fachhochschulabschluss auf dem
Gebiet der Automatisierungstechnik, welcher über Erfahrungen im Bereich der
Konstruktion, Inbetriebnahme und Wartung von Bearbeitungsmaschinen für Wert-
und Sicherheitsdokumente verfügt.
Dieser Fachmann erkennt, dass der Begriff des anmeldungsgemäß auch
selbstständige Karten oder Label umfasst, die typischerweise als mehrschichtige
flächige Konstrukte, beispielsweise Laminate, ausgebildet sind, einen Speicher-
chip enthalten und eine Funktion als Sicherheits- und/oder Wertdokument ausü-
ben. Hierzu zählen Personalausweise, ID-Karten, Zugangskontrollausweise, Visa,
Steuerzeichen,
Tickets,
Führerscheine,
Kraftfahrzeugpapiere,
Banknoten,
Schecks, Postwertzeichen, Kreditkarten, aber auch beliebige Chipkarten und
Haftetiketten (z.B. zur Produktsicherung) (vgl. u.U. S. 2, zweiter Absatz).
- 10 -
3.
Mit dem Hauptantrag begehrt die Anmelderin eine unbedingte Zurückverweisung
der Sache an das Deutsche Patent- und Markenamt. Zweifel an diesem prozessu-
alen Begehren der auch in der mündlichen Verhandlung anwaltlich vertretenen
Anmelderin bestehen nicht. Eine Zurückverweisung kommt jedoch im vorliegen-
den Fall nicht in Betracht. Die Zurückverweisung steht nach § 79 Abs. 3 S. 1 PatG
im Ermessen des Gerichts. Der Ermessensspielraum reduziert sich in dem Maße,
in dem die Sache bereits geklärt ist (vgl. Benkard, PatG, 11. Auflage, § 79, Rn. 41;
Schulte, PatG, 9. Auflage, § 79, Rn. 17 und 18). Ist die Sache entscheidungsreif,
kommt eine Zurückverweisung regelmäßig nicht in Betracht (vgl. ebenda). So liegt
die Sache hier, da sie gemäß der Hilfsanträge 1 und 2, wie untenstehend ausge-
führt wird, entscheidungsreif ist. Es kann deshalb in diesem Zusammenhang da-
hingestellt bleiben, ob die Voraussetzungen für eine Zurückverweisung nach § 79
Abs. 3 S. 1 PatG vorliegen.
4.
Der mit dem Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 (s.o. unter Ziff. I) bean-
spruchte Gegenstand beruht nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Druckschrift D1 (DE 103 32 212 A1)
von Prüfkörpern, insbesondere mit der Qualitätsprüfung von Wertpapieren (vgl.
Titel und Abs. [0002]). Die Prüfung findet vor der Individualisierung statt (vgl. Abs.
[0002], letzter Satz). Die Qualität von Banknoten-Bögen wird schon bei der Her-
stellung hinsichtlich relevanter Parameter (hier magnetische und fluoreszierende
Eigenschaften, Qualität und Passung des Drucks, Wasserzeichen) überwacht (vgl.
Abs. [0008] und [0009]). Bögen, die den Anforderungen nicht genügen, werden
markiert bzw. unbrauchbar gemacht und ausgesondert (Abs. [0006]). Die Vorrich-
tung weist eine Vereinzelungsvorrichtung, eine Fördervorrichtung, mehrere Prüf-
- 11 -
stationen, Ablagevorrichtungen und eine Steuervorrichtung auf (Fig. 1 mit Be-
schreibung; siehe insb. Abs. [0025], [0028], [0029] und Fig. 6 mit Abs. [0046]).
Aus der Druckschrift D1 geht im Einzelnen hervor:
M1
tlw.
Vorrichtung zur automatischen Prüfung von Rohlingen für Sicherheits-
und/oder Wertdokumente (hier Bögen mit gedruckten Wertpapieren vor ih-
rer Nummerierung [=Individualisierung]) mit integriertem Sicherheitschip
M2
tlw.
mit einer Vereinzelungsvorrichtung, welche zur Vereinzelung einer Mehr-
zahl von Rohlingen, die jeweils einen integrierten Sicherheitschip aufwei-
sen, eingerichtet ist (vgl. Abs. [0016]),
M3
mit einer an die Vereinzelungsvorrichtung angeschlossenen Fördervorrich-
tung (hier die Bänder des Bändertisches und Transportzylinder, vgl. Abs.
[0016] bis [0018]),
M4
tlw.
mit einer ersten Prüfstation, welche an der Fördervorrichtung angeordnet ist
(hier Auflicht-Prüfstation; vgl. Abs. [0018] i. V. m. Fig. 1), wobei die erste
Prüfstation (4) Auslesemittel (4a) aufweist und wobei die Auslesemittel (4a)
mit einer Steuervorrichtung (5) verbunden sind,
M5
mit Mitteln zum Aussortieren von Fehlexemplaren (vgl. Abs. [0029]), welche
an der Fördervorrichtung angeordnet sind, und welche an eine Steuervor-
richtung (Rechner, der die Prüfungsergebnisse auswertet sowie die Kenn-
zeichnung und Aussonderung von Schlechtware steuert, vgl. Abs. [0025],
[0027] und [0029]) angeschlossen sind, und
M6
mit einer an die Fördervorrichtung angeschlossenen Ablagevorrichtung
(vgl. Abs. [0029]),
M11
tlw.
mit einer zweiten Prüfstation (hier der Durchlicht-Prüfstation; vgl. Abs.
[0020]), welche Durchlichtbeleuchtungsmittel (hier Lichtquelle 42) und, be-
zogen auf die Lage eines Rohlings, gegenüberliegende erste Bilderfas-
sungsmittel (hier Kamera 44) aufweist, welche mit der Steuervorrichtung
(hier Steuereinheit) verbunden sind, wobei die Steuervorrichtung dazu ein-
gerichtet ist, das mittels der ersten Bilderfassungsmittel im Durchlicht er-
- 12 -
haltene Schattenbild eines Rohlings mit einem in der Steuervorrichtung ge-
speicherten Referenzschattenbild zu vergleichen und bei Nichtüberein-
stimmung ein Steuersignal "falsche Chiplage" zu erzeugen (vgl. wiederum
Abs.- [0020] i.V.m. den Abs. [0025] und [0028] und [0029]),
M12
tlw.
und wobei die Mittel zum Aussortieren von Fehlexemplaren auf Empfang
eines Steuersignals "falsche Chiplage" zur Aussortierung jener Rohlinge
eingerichtet sind, welche das betreffende Steuersignal verursacht haben
(vgl. Abs. [0029], letzter Satz),
M13 wobei die Mittel zum Aussortieren als eigenständige Aussortierstationen
eingerichtet sind, welche den Prüfstationen, bezogen auf die Förderrich-
tung, nachgeschaltet sind (vgl. Abs. [0029] i.V.m. Fig. 1).
Steht der Fachmann nun in Kenntnis dieses allgemeinen Standes der Technik
seines Fachgebiets vor der Aufgabe, eine automatische Prüfung von Rohlingen
mit integriertem Speicherchip vorzunehmen, so lehrt ihn die Druckschrift D1, dass
die Prüfvorrichtung um weitere Inspektionseinrichtungen erweiterbar ist (vgl. dort
Abs. [0037]), und gibt ihm mit der Druckschrift D4 (WO 2005/070143 A2) eine
konkrete Anleitung für die Ausgestaltung dieser weiteren Inspektionseinrichtung.
lingen (tag inlays) mit integriertem Speicherchip und Antenne (RFID tag; vgl. Abs.
[0001] und [0026] bis [0028]). Die Inlay-Rohlinge werden vereinzelt (=singulated;
vgl. Abs. [0022] und [0040]) und mittels einer Fördereinrichtung einer Prüfstation
zugeführt (vgl. Abs. [0009] und [0039]) welche zum Auslesen des Speicherchips
eingerichtet ist (vgl. Abs. [0030], [0031] und [0043]), wobei Fehlexemplare im
Rahmen der Fördervorrichtung oder der Prüfstation aussortiert werden (vgl. Abs.
[0045]).
- 13 -
Der Druckschrift D4 entnimmt der Fachmann somit eine
M2
Vorrichtung mit einer Vereinzelungsvorrichtung, welche zur Vereinzelung
einer Mehrzahl von Rohlingen, die jeweils einen integrierten Speicherchip
aufweisen, eingerichtet ist (vgl. Abs. [0022] und [0040]),
M3
mit einer an die Vereinzelungsvorrichtung angeschlossenen Fördervorrich-
tung (vgl. Abs. [0009] und Patentanspruch 12 sowie Fig. 5),
M4
mit einer ersten Prüfstation, welche an der Fördervorrichtung angeordnet
ist, wobei die erste Prüfstation Auslesemittel aufweist, und wobei die Ausle-
semittel mit einer Steuervorrichtung verbunden sind (vgl. Abs. [0030],
[0031], [0034], [0039], [0043] und [0046] i. V. m. Fig. 5; um die beschrie-
bene Sortierung vollziehen zu können, muss funktionsnotwendig ein
Steuersignal an eine Steuereinrichtung gesendet werden, hier das
„control-
ler of sortation system 100“),
M5
mit Mitteln zum Aussortieren von Fehlexemplaren, welche an der Förder-
vorrichtung angeordnet sind, und welche an die Steuervorrichtung
angeschlossen sind (vgl. Abs. [0032], [0034] und [0045]), und
M6
mit einer an die Fördervorrichtung angeschlossenen Ablagevorrichtung
(vgl. Abs. [0045]),
M7
wobei die Auslesemittel zur Auslesung von Inhalten der Speicherchips
eingerichtet sind (vgl. Abs. [0043] und [0046]; dort wird beschrieben, dass
eine „identification number“ eingeschrieben und nachfolgend ausgelesen
und dieser Test ausgewertet wird),
M8
wobei die Auslesemittle bei nicht erfolgreicher Auslesung eines Speicher-
chips zur Erzeugung eines Steuersignals "nicht auslesbar" eingerichtet sind
(vgl. ebenda),
M9
wobei die Auslesemittel (4a) oder die Steuervorrichtung (5) zum Vergleich
eines ausgelesenen Inhaltes mit einem Referenzinhalt, welcher in den
Auslesemitteln (4a) und/oder in der Steuervorrichtung (5) gespeichert ist,
und zur Erzeugung eines Steuersignals “nicht übereinstimmend“ bei Nicht-
- 14 -
übereinstimmung eingerichtet sind (vgl. wiederum die Zitatstelle zu Merkmal
M7),
M10 wobei die Mittel zum Aussortieren von Fehlexemplaren auf Empfang eines
Steuersignals „nicht auslesbar“ oder „nicht übereinstimmend“ zur Aussortie-
rung jener Rohlinge (1) eingerichtet sind, welche ein Steuersignal verur-
sacht haben (vgl. die Zitatstellen zu den Merkmalen M5, M7 und M9).
Erweitert der Fachmann nun für die Prüfung von Sicherheitsdokumenten mit inte-
griertem Speicherchip die ihm als erweiterbar bekannte Lehre der Druckschrift D1
(vgl. oben) um die genannten Prüfvorrichtungen der Druckschrift D4 und nimmt
hierbei für die Durchlichtprüfung die Anregung der Druckschrift D4 auf, die Dimen-
sionen des tag inlays (und damit dessen Lage) zu überprüfen (vgl. dort Absatz
[0031]), so ist er, ohne erfinderisch tätig zu werden, beim Anmeldegegenstand
angelangt.
Soweit der Vertreter der Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung vor-
getragen hat, er sehe insbesondere insoweit einen Unterschied zwischen dem
Stand der Technik und dem verteidigten Gegenstand, als in letzterem eine Sortie-
rung verschiedener, nicht einwandfreier Rohlinge nach Fehlerursache möglich sei,
so kann auch dies - eine Offenbartheit dieses Umstandes im Anspruch ange-
nommen - eine erfinderische Tätigkeit nicht begründen. Der Stand der Technik
sieht eine Sortierung und getrennte Ablage von Rohlingen bereits vor (vgl. nur in
D1 die Fig. 1). Diese vorrichtungsgemäß bereits vorgeschlagene Sortiermöglich-
keit zu nutzen, um die Rohlinge „fehlerscharf“ zu trennen, bietet sich dem Fach-
mann in der Praxis bereits deshalb an, um eine Fehleranalyse und ggf. eine Fest-
stellung der Haftung für Fehler (z. B. eines Zulieferers) durchführen zu können.
Nachdem sich der Patentanspruch 1 als nicht patentfähig erweist, kann die mit
dem Hilfsantrag 1 beantragte Patenterteilung nicht erfolgen. Mit dem Patentan-
spruch 1 fallen auch alle anderen Ansprüche. Aus der Fassung des Antrags und
dem zu seiner Begründung Vorgebrachten ergeben sich keine Zweifel an dem
- 15 -
prozessualen Begehren der auch in der mündlichen Verhandlung anwaltlich ver-
tretenen Anmelderin, das Patent ausschließlich in der beantragten Fassung zu
verteidigen (BGH GRUR 2008, 1128 - Installiereinrichtung).
5.
Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 2 entspricht hinsicht-
lich seiner technischen Lehre in der Form des beanspruchten Verfahrensan-
spruchs inhaltlich dem Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 1.
Die Gründe, die zu einem Mangel an erfinderischer Leistung bezüglich des Ge-
genstands des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 1 gelten, sind somit auch
hier heranzuziehen; es wird daher auf die Ausführungen zu Hilfsantrag 1 verwie-
6.
Abs. 3 PatG rechtfertigen würden, sind nicht ersichtlich, insbesondere weist der
Zurückweisungsbeschluss, entgegen dem Vorbringen der Beschwerdeführerin,
Keine ausreichende Begründung i. S. d. § 47 Abs. 1 PatG liegt vor, wenn aus dem
Beschluss nicht zu erkennen ist, welche tatsächlichen Feststellungen und welche
rechtlichen Erwägungen für die getroffene Entscheidung maßgebend waren, etwa
weil eine Begründung gänzlich fehlt oder sie widersprüchlich, verworren oder
sachlich inhaltslos ist (BGHZ 39, 333 m. w. N.
– Warmpressen; Schulte, a. a. O.,
§ 73 Rn. 143 und § 47 Rn. 24f. m. w. N.).
Die Prüfungsstelle hat sich im angefochtenen Beschluss mit einem der gesetzli-
chen Zurückweisungsgründe
– nämlich der mangelnden Patentfähigkeit – detail-
liert, nachvollziehbar und ohne logische Brüche auseinandergesetzt. So hat sie
- 16 -
zunächst festgestellt, dass ein Verfahren zum automatischen Prüfen und Weiter-
verarbeiten von Rohlingen, die einen integriertem Speicherchip und eine Antenne
aufweisen, bekannt sei, und in diesem Zusammenhang auf einen konkreten Stand
der Technik, nämlich die Entgegenhaltung D4 verwiesen (vgl. S. 3, vierter Abs.
des angefochtenen Beschlusses). Zu den weiteren Merkmalen des Patentan-
spruchs 1 hat sie festgestellt, dass diese sich für den Fachmann aus dem Stand
der Technik, nachgewiesen in Gestalt der Druckschrift D1, seinem Fachwissen
und einem fachmännischen zielgerichteten Vorgehen, ergäben (vgl. S. 3, fünfter
Abs. bis S. 4, vierter Abs.).
Soweit die Beschwerdeführerin fehlende Ausführungen bezüglich eines Anlasses
des Fachmanns, die Lehre der Druckschrift D1 mit derjenigen der Druckschrift D4
zu verknüpfen, gerügt hat, hat die Prüfungsstelle deutlich gemacht, dass sie die
eine zweite Prüfstation betreffenden Merkmale dem Fachwissen eines Fach-
manns,
„der mit der Herstellung und Qualitätssicherung von Sicherheits- und/oder
Wert
dokumenten vertraut ist“, zurechnet und als Beleg für dieses Fachwissen die
Druckschrift D1 herangezogen (vgl. S. 3, vorletzter Abs., bis S. 4, erster Abs.).
Die maßgeblichen Gründe für die Entscheidung sind daher erkennbar, so dass ein
Verstoß gegen die Begründungspflicht nicht vorliegt.
- 17 -
Rechtsbehelfsbelehrung
Gegen diesen Beschluss des Beschwerdesenats steht den am Beschwerdeverfahren Beteiligten
die Rechtsbeschwerde zu (§ 99 Absatz 2, § 100 Absatz 1, § 101 Absatz 1 des Patentgesetzes).
Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird,
dass
1.
das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2.
bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes
kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg ab-
gelehnt war,
3.
einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4.
ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er
nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat,
5.
der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vor-
schriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder
6.
der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist
(§ 100 Absatz 3 des Patentgesetzes).
Die Rechtsbeschwerde ist beim Bundesgerichtshof einzulegen (§ 100 Absatz 1 des Patentgeset-
zes). Sitz des Bundesgerichtshofes ist Karlsruhe (§ 123 GVG).
Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses beim Bun-
desgerichtshof schriftlich einzulegen (§ 102 Absatz 1 des Patentgesetzes). Die Postanschrift lautet:
Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45 a, 76133 Karlsruhe.
Sie kann auch als elektronisches Dokument eingereicht werden (§ 125a Absatz 2 des Patentge-
setzes in Verbindung mit der Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr beim Bundesge-
richtshof und Bundespatentgericht (BGH/BPatGERVV) vom 24. August 2007 (BGBl. I S. 2130)). In
diesem Fall muss die Einreichung durch die Übertragung des elektronischen Dokuments in die
elektronische Poststelle des Bundesgerichtshofes erfolgen (§ 2 Absatz 2 BGH/BPatGERVV).
Die Rechtsbeschwerde kann nur darauf gestützt werden, dass der Beschluss auf einer Verletzung
des Rechts beruht (§ 101 Absatz 2 des Patentgesetzes). Die Rechtsbeschwerde ist zu begründen.
Die Frist für die Begründung beträgt einen Monat; sie beginnt mit der Einlegung der Rechtsbe-
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schwerde und kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden (§ 102 Absatz 3 des Pa-
tentgesetzes). Die Begründung muss enthalten:
1.
die Erklärung, inwieweit der Beschluss angefochten und seine Abänderung oder Aufhe-
bung beantragt wird;
2.
die Bezeichnung der verletzten Rechtsnorm;
3.
insoweit die Rechtsbeschwerde darauf gestützt wird, dass das Gesetz in Bezug auf das
Verfahren verletzt sei, die Bezeichnung der Tatsachen, die den Mangel ergeben
(§ 102 Absatz 4 des Patentgesetzes).
Vor dem Bundesgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch einen beim Bundesgerichtshof zu-
gelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten vertreten lassen (§ 102 Absatz 5 des Patentgeset-
zes).
Dr. Mayer
Musiol
Dorn
Bieringer
Hu