Urteil des BPatG vom 25.02.2015

Abhängigkeit, Überwachung, Messung, Fig

BPatG 154
05.11
BUNDESPATENTGERICHT
18 W (pat) 195/14
_______________
(Aktenzeichen)
Verkündet am
25. Februar 2015
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Patentanmeldung 197 56 761.4-26
hat der 18. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf
die mündliche Verhandlung vom 25. Februar 2015 unter Mitwirkung der Vorsit-
zenden Richterin Dipl.-Ing. Wickborn, des Richters Kruppa, der Richterin
Dipl.-Phys. Dr. Otten-Dünnweber und des Richters Dr.-Ing. Flaschke
beschlossen:
Die Beschwerde der Anmelderin wird zurückgewiesen.
- 2 -
G r ü n d e
I.
Die am 19. Dezember 1997 beim Deutschen Patentamt eingereichte Patentan-
meldung 197 56 761.4 mit der Bezeichnung
„Verfahren zur Erkennung von Verbrennungsaussetzern“
wurde durch die Prüfungsstelle für Klasse F 02 D mit Beschluss vom
25. Juni 2014 mit der Begründung zurückgewiesen, dass der Gegenstand des
Patentanspruchs 1 nicht auf Neuheit beruhe, wobei auf folgende Druckschrift
verwiesen wurde:
D2
DE 196 41 610 A1
Gegen diesen Beschluss ist die Beschwerde der Anmelderin gerichtet.
Mit Schriftsatz vom 15. Januar 2015 hat der Senat u. a. auf die Druckschrift
D11 DE 196 22 448 A1
hingewiesen.
- 3 -
Die Beschwerdeführerin beantragt,
den Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse F 02 D des
Deutschen Patent- und Markenamts vom 25. Juni 2014 aufzu-
heben und das Patent auf der Grundlage der folgenden Unter-
lagen zu erteilen:
- Patentansprüche 1 und 2, eingegangen am 19. Dezember 1997,
hilfsweise gemäß Hilfsantrag 1
Patentansprüche 1 und 2, eingereicht in der mündlichen
Verhandlung,
hilfsweise gemäß Hilfsantrag 2
Patentanspruch 1, eingereicht in der mündlichen Verhandlung,
- Beschreibung Seiten 2 - 4, eingegangen am 19. Dezember 1997.
Patentanspruch 1 nach
Hauptantrag
M
„Verfahren zur Erkennung von Verbrennungsaussetzern bei mehrzylin-
drigen Brennkraftmaschinen in Kraftfahrzeugen durch Überwachung
der Laufruhe der Kurbelwelle
M1
mittels Messung vom Segmentzeiten, die die Kurbelwelle während der
Arbeitstakte der einzelnen Zylinder zum Durchlaufen vorgegebener Kur-
belwellen-Winkelbereiche benötigt,
dadurch gekennzeichnet, dass
M1a
kleiner als 360 Grad multipliziert mit zwei und geteilt durch die Anzahl
der Zylinder der Brennkraftmaschine bzw. bei Zweitaktmotoren kleiner
als 360 Grad geteilt durch die Anzahl der Zylinder der Brennkraftma-
schine sind.“
- 4 -
Wegen des Unteranspruchs 2 nach Hauptantrag wird auf den Akteninhalt ver-
wiesen.
Anspruch 1 nach Hilfs-
antrag 1
vorgehoben):
M
„Verfahren zur Erkennung von Verbrennungsaussetzern bei mehrzylin-
drigen Brennkraftmaschinen in Kraftfahrzeugen durch Überwachung
der Laufruhe der Kurbelwelle
M1
mittels Messung vom Segmentzeiten, die die Kurbelwelle während der
Arbeitstakte der einzelnen Zylinder zum Durchlaufen vorgegebener Kur-
belwellen-Winkelbereiche benötigt,
dadurch gekennzeichnet, dass
M1a
kleiner als 360 Grad multipliziert mit zwei und geteilt durch die Anzahl
der Zylinder der Brennkraftmaschine bzw. bei Zweitaktmotoren kleiner
als 360 Grad geteilt durch die Anzahl der Zylinder der Brennkraft-
maschine sind,
M1b
von Betriebsparametern der Brennkraftmaschine variabel vorgebbar
sind
.“
Wegen des Unteranspruchs 2 nach Hilfsantrag 1 wird auf den Akteninhalt
verwiesen.
- 5 -
Anspruch 1 nach
Hilfsantrag 2
hervorgehoben):
M
„Verfahren zur Erkennung von Verbrennungsaussetzern bei mehrzylin-
drigen Brennkraftmaschinen in Kraftfahrzeugen durch Überwachung
der Laufruhe der Kurbelwelle
M1
mittels Messung vom Segmentzeiten, die die Kurbelwelle während der
Arbeitstakte der einzelnen Zylinder zum Durchlaufen vorgegebener Kur-
belwellen-Winkelbereiche benötigt,
dadurch gekennzeichnet, dass
M1a
kleiner als 360 Grad multipliziert mit zwei und geteilt durch die Anzahl
der Zylinder der Brennkraftmaschine bzw. bei Zweitaktmotoren kleiner
als 360 Grad geteilt durch die Anzahl der Zylinder der Brennkraft-
maschine sind,
M1b*
von Betriebsparametern der Brennkraftmaschine für jeden Zylinder
variabel vorgebbar sind.“
Die Beschwerdeführerin macht hierzu geltend, dass die geänderten Anspruchsfas-
sungen zulässig seien, die verwendeten Begriffe klar seien und die Gegenstände
der Ansprüche neu und erfinderisch seien.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
- 6 -
II.
Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Denn die Gegenstände
der jeweiligen Ansprüche nach Hauptantrag und nach den Hilfsanträgen 1 und 2
beruhen nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Die Frage der Neuheit der An-
spruchsgegenstände
kann
somit
dahinstehen
(vgl.
BGH,
Urteil
vom
18. September 1990
– X ZR 29/89, GRUR 1991, 120, 121 li. Sp. Abs. 3 –
Elastische Bandage).
1.
Die Patentanmeldung betrifft ein Verfahren zur Erkennung von Verbren-
nungsaussetzern bei Fahrzeugmotoren. Bei auftretenden Verbrennungsausset-
zern, z. B. durch abgenutzte Zündkerzen oder durch fehlerhafte elektrische Ver-
bindungen, gelange unverbranntes Gemisch in den Katalysator. Dieses Gemisch
könne den Katalysator beschädigen, zumindest jedoch zu unerwünscht hohen
Emissionen führen. Daher müssten bereits einzelne Verbrennungsaussetzer er-
kannt werden. Hierzu habe sich die Überwachung der Laufunruhe der Kurbelwelle
als am besten geeignet herausgestellt. Trete ein Verbrennungsaussetzer auf,
fehle der Brennkraftmaschine das normalerweise durch die Verbrennung erzeugte
Drehmoment. Dies führe zu einer kurzzeitigen Verlangsamung der Drehbewe-
gung. Insbesondere bei hoher Drehzahl und niedriger Last sei eine hochgenaue
Überwachung der Drehbewegung erforderlich. Aus Druckschrift DE 195 44 720 C1
sei ein Verfahren zur Erkennung von Verbrennungsaussetzern bekannt. Hierbei
werde die Laufruhe der Kurbelwelle mittels Messung von Segmentzeiten, die die
Kurbelwelle während der Arbeitstakte der einzelnen Zylinder zum Durchlaufen
vorgegebener Kurbelwellen-Winkelbereiche benötige, erfasst. Demgemäß seien
die vorgegebenen Kurbelwellen-Winkelbereiche bei Viertaktmotoren genau 360
Grad multipliziert mit zwei und geteilt durch die Anzahl der Zylinder der
Brennkraftmaschine, also z. B. 120 Grad KW (KW = Kurbelwelle) bei 6-Zylin-
dermotoren oder 180 Grad KW bei 4-Zylindermotoren. Hierdurch solle bisher je
nach Zylinderanzahl einer Brennkraftmaschine der maximal mögliche Auswer-
tebereich im Hinblick auf den vorgegebenen Winkelbereich verwendet werden.
- 7 -
Insbesondere bei Brennkraftmaschinen mit geringer Anzahl von Zylindern, z. B.
bei Vierzylinder-Motoren, habe sich gezeigt, dass der maximal mögliche Auswer-
tebereich im Hinblick auf den vorgegebenen Winkelbereich, hier z. B. 180 Grad
KW, so groß sei, dass auch Antriebsstrangschwingungen insbesondere durch das
Getriebe oder durch andere rotierende Teile des Antriebsstrangs zu Stördrehbe-
wegungsänderungen und damit zu einer fehlerhaften Verbrennungsaussetzer-
erkennung führten (Sp. 1, Z. 3 - 50 der Offenlegungsschrift).
Der Anmeldung liegt laut Beschreibungseinleitung (Sp. 1, Z. 54 - 58 der Offen-
Aufgabe
brennungsaussetzern bei mehrzylindrigen Brennkraftmaschinen derart zu verbes-
sern, dass die Aussetzererkennung unempfindlicher gegenüber Einflüssen durch
den Antriebsstrang wird.
Fachmann
Fahrzeugtechnik anzusehen, der langjährige Erfahrungen auf dem Gebiet der
Steuerung und Regelung von Brennkraftmaschinen besitzt und speziell auf dem
Gebiet der On-Board-Diagnose über zusätzliches Wissen verfügt.
Gelöst werden soll die Aufgabe durch ein Verfahren gemäß Anspruch 1 nach
Hauptantrag bzw. nach Hilfsantrag 1 oder 2.
Als Lösung gemäß Anspruch 1 nach Hauptantrag ist im Wesentlichen ein Ver-
fahren zur Erkennung von Verbrennungsaussetzern vorgesehen, bei dem mit Hilfe
von gemessenen Segmentzeiten die Laufruhe der Kurbelwelle überwacht wird.
Die Segmentzeit ist dabei die Zeit, in der die Kurbelwelle einen vorgegebenen
Winkelbereich überstreicht. Dabei sollen gelten:
für Viertaktmotoren:
Winkelbereich < 360° ∙ 2 / Anzahl der Zylinder
für Zweitaktmotoren: Winkelbereich < 360° / Anzahl der Zylinder.
- 8 -
Das Verfahren gemäß Anspruch 1 nach Hilfsantrag 1 ist gegenüber dem des
Hauptantrags dahingehend eingeschränkt, dass die Winkelbereiche in Abhängig-
keit von Betriebsparametern der Brennkraftmaschine variabel vorgebbar sind.
Gemäß Anspruch 1 nach Hilfsantrag 2 sollen die Winkelbereiche in Abhängigkeit
von Betriebsparametern für jeden Zylinder variabel vorgebbar sein.
2.
D2
damit nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
D2
aussetzer zu verstehenden Fehlzündungen bei mehrzylindrigen Brennkraftma-
schinen (vgl. Anspruch 1 u. S. 2, Z. 6 - 10 i. V. m. S. 17, Z. 63 - 64). Die
Erkennung der Aussetzer erfolgt durch eine Überwachung der Laufruhe der
Kurbelwelle (S. 2, Z. 3 - 5: ). Der
Fachmann liest dabei mit, dass das Verfahren in Kraftfahrzeugen durchgeführt
Merkmal M
Zur Überwachung der Laufruhe wird die Segmentzeit ermittelt, die die Kurbelwelle
während der Arbeitstakte der einzelnen Zylinder zum Durchlaufen eines vorgege-
benen Kurbelwellen-Winkelbereichs benötigt (vgl. Anspruch 12 der Druckschrift
D2:
[…]
[…])Die Segmentzeit wird dabei mit Hilfe eines Drehwinkelsensors
gemessen, welcher die zeitliche Länge des Winkelbereichs durch Zählen der
Merkmal
M1
Aus Druckschrift D2 lässt sich auch eine Anleitung zur Berechnung des für die
Überwachung der Laufruhe vorgegebenen Kurbelwellen-Winkelbereichs entneh-
men. Auf Seite 3 wird in den Zeilen 48 bis 52 erläutert, dass sich der Kurbelwellen-
- 9 -
Winkelbereich () durch Dividieren eines Kurbelwinkels, um den
sich die Kurbelwelle zum Vollenden eines Verbrennungszyklus in einem Zylinder
dreht, durch die Anzahl der Zylinder in der Brennkraftmaschine berechnen lässt.
Dem Fachmann ist bekannt, dass sich die Kurbelwelle bei einem Viertaktmotor
zum Vollenden eines Verbrennungszyklus zweimal dreht; daraus ergibt sich für ein
Arbeitsspiel eines Viertakt-Motors ein notwendiger Kurbelwellenwinkel von 720°
(d. h. 360° multipliziert mit zwei). Aus dieser Relation lässt sich der einem Zünd-
takt zuzuordnende Winkelbereich berechnen. Bei einem Vierzylinder-Motor ist dies
der in Druckschrift D2 genannte Kurbelwellenwinkel von 180° (vgl. S. 6, Z. 31 -
33); bei einem Sechszylinder-Motor beträgt der Winkelbereich 120° (vgl. S. 6,
Z. 17 - 24). Zudem weist Druckschrift D2 darauf hin, dass sich die Kurbelwelle bei
einem Zweitaktmotor bis zum Vollenden eines Verbrennungszyklus nur einmal
dreht und der für einen Verbrennungszyklus erforderliche Kurbelwellenwinkel so-
mit 360° beträgt (vgl. S. 24, Brückenabsatz zu S. 25). Demnach offenbart Druck-
schrift D2 alle notwendigen Angaben, aus denen sich eine Rechenvorschrift zur
Berechnung des Winkelbereichs für einen Viertakt-Motor mit beliebiger Zylinder-
Anzahl sowie eine Rechenvorschrift zur Berechnung des Winkelbereichs eines
Zweitaktmotors mit beliebiger Zylinder-Anzahl ableiten lässt. Der Kurbelwellen-
Winkelbereich bei Viertaktmotoren ergibt sich daher aus 360 Grad multipliziert mit
zwei und geteilt durch die Anzahl der Zylinder der Brennkraftmaschine. Bei Zwei-
taktmotoren berechnet sich der Winkelbereich aus 360 Grad geteilt durch die An-
zahl der Zylinder (teilweise Merkmal M1a).
Der Gegenstand von Anspruch 1 nach Hauptantrag unterscheidet sich von dem
der Druckschrift D2 darin, dass eine allgemeine Berechnungsvorschrift formuliert
ist, nach der gilt, dass der für die Aussetzer-Erkennung vorgegebene Kurbelwel-
len-Winkelbereich bei Viertaktmotoren kleiner als 360 Grad multipliziert mit zwei
und geteilt durch die Anzahl der Zylinder der Brennkraftmaschine bzw. bei Zwei-
taktmotoren kleiner als 360 Grad geteilt durch die Anzahl der Zylinder der Brenn-
kraftmaschine sein soll.
- 10 -
Eine entsprechende Ungleichung geht aus Druckschrift D2 zwar nicht explizit
hervor. Allerdings offenbart Druckschrift D2 in einem Ausführungsbeispiel, dass
die Winkelbreite des Abschnitts, in dem die Fehlzündungserfassung durchgeführt
werden soll, auch kleiner sein kann als derjenige Winkelbereich, der sich aus der
Zündfolge ergibt (vgl. S. 26, Z. 34 - 38). Speziell am Beispiel eines Viertaktmotors
mit vier Zylindern wird gezeigt, dass der vorgegebene Kurbelwellen-Winkelbereich
in bestimmten Betriebsbereichen kleiner als 180° sein kann. Als Beispiele werden
Segmente mit einer Winkelbreite von 90° oder 120° genannt (vgl. S. 25, Z. 8 - 24
u. Fig. 24). Anhand dieses Ausführungsbeispiels wird in Druckschrift D2 gezeigt,
dass eine drehzahlabhängige Verschiebung und Begrenzung des Messfensters
die Genauigkeit bei der Verbrennungsaussetzer-Erkennung erhöhen kann (vgl.
S. 26, Z. 34 - 38). Das Beispiel am Vierzylinder-Motor wird der Fachmann zum
Anlass nehmen, auch bei Motoren mit einer anderen Zylinderanzahl den Winkel-
bereich zur Erkennung von Verbrennungsaussetzern entsprechend zu verkleinern.
Die Vorschrift zur Berechnung des zu begrenzenden Winkelbereichs bei einem
Viertaktmotor mit der Zylinder-Anzahl als Variable erhält der Fachmann auf Sei-
te 3, Zeilen 48 bis 54. Wendet der Fachmann die entsprechende Fehlzündungser-
fassung bei einem Zweitaktmotor an, so wird er berücksichtigen, dass der Motor
für sein Arbeitsspiel nur eine Kurbelwellenumdrehung benötigt (vgl. S. 25, Z. 1 -
2). Somit ist es dem Fachmann nahegelegt, für die Erkennung von Verbrennungs-
aussetzern sowohl bei Viertakt- wie auch bei Zweitaktmotoren ein Winkelsegment
festzulegen, welches kleiner ist als das, welches sich aus der Zündfolge eines
Merkmal M1a
Die Anmelderin hat in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, Druckschrift D2
gebe nur eine Anleitung, wie unbegrenzte Winkelsegmente berechnet werden
können. Für den Fachmann liege es nicht nahe, die allgemeine Formel auf das in
Druckschrift D2 beschriebene sechste Ausführungsbeispiel zu übertragen, in dem
die Begrenzung des Winkelsegments ausschließlich für einen Vierzylinder-Motor
beschrieben wird.
- 11 -
Dieser Auffassung kann seitens des Senats nicht beigetreten werden. Druckschrift
D2 weist ausdrücklich darauf hin, dass auch der in den Ausführungsbeispielen 1
bis 5 fest vorgegebene Abschnitt zur Fehlzündungsermittlung verändert werden
kann (vgl. S. 25, Z. 3 - 5). Zudem beschränkt sich die Lehre von Druckschrift D2
nicht nur auf einen Vierzylinder-Motor, sondern berücksichtigt auch Brennkraft-
maschinen mit beispielsweise drei, fünf oder sechs Zylindern (vgl. S. 23, Z. 53 -
60). Für den Fachmann liegt es daher nahe, das am Beispiel eines Vierzylinder-
Motors demonstrierte Verfahren, in dem eine zusätzliche Begrenzung des Win-
kelsegments vorgenommen wird, auch auf Motoren mit einer beliebigen Zylinder-
Anzahl zu übertragen.
Die Auffassung der Anmelderin, Druckschrift D2 basiere auf Kennfeldern und
offenbare keinen Algorithmus für ein Motorsteuergerät, der eine für jeden belie-
bigen Motor allgemein gültige Rechenvorschrift zur Begrenzung des Winkel-
segments beinhaltet, mag zutreffend sein. Allerdings geht ein derartiger, in ein Mo-
torsteuergerät implementierter Algorithmus auch aus dem vorliegenden Anspruch
nicht hervor. Vielmehr wird ein Verfahren zur Erkennung von Verbrennungsaus-
setzern durch Überwachung der Laufruhe der Kurbelwelle mittels Messung von
Segmentzeiten, die die Kurbelwelle zum Durchlaufen eines vorgegebenen Seg-
ments benötigt, beansprucht, wobei die sich aus dem Zündabstand ergebende
Winkelbreite des Segments begrenzt wird. Ein solches Verfahren geht, wie vor-
stehend dargelegt, aus Druckschrift D2 hervor.
Das Verfahren des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag ergibt sich damit für den
Fachmann in naheliegender Weise aus der Lehre der Druckschrift D2. Das
Verfahren des Anspruchs 1 beruht somit nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Der Anspruch 1 nach Hauptantrag ist daher nicht patentfähig.
- 12 -
3.
Hilfsantrag 1
D2
Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1 unterscheidet sich von Anspruch 1 nach
Hauptantrag durch das angefügte Merkmal M1b, wonach
„die vorgegebenen
Kurbelwellen-Winkelbereiche in Abhängigkeit von Betriebsparametern der Brenn-
kraftmaschine variabel vorgebbar sind
“, und beinhaltet ansonsten die Merkmale
gemäß Hauptantrag, so dass hinsichtlich dieser Merkmale auf die Ausführungen
unter Abschnitt II.2. verwiesen wird.
Auch das zusätzlich aufgenommene Merkmal M1b kann eine erfinderische
D2
kennung von Verbrennungsaussetzern bei mehrzylindrigen Brennkraftmaschinen,
bei dem die Winkelbreite der Segmente, die die Kurbelwelle während der Arbeits-
takte durchläuft, nicht nur
– wie zu Merkmal M1a ausgeführt – kleiner ist als die,
die sich aus dem Zündabstand ergibt, sondern auch in Abhängigkeit von der Mo-
tordrehzahl der Brennkraftmaschine variabel vorgebbar ist. Denn Druckschrift D2
beschreibt in einem Ausführungsbeispiel, dass die Winkelbreite des Abschnitts zur
Fehlzündungsbestimmung eines Vierzylinder-Motors bei niedriger Drehzahl, d. h.
bei einer Motordrehzahl kleiner als 5000 U/min, auf 90° und bei einer hohen
Drehzahl, d. h. bei einer Motordrehzahl größer oder gleich 5000 U/min, auf 120°
festgelegt wird (vgl. Fig. 24 i. V. m. S. 25, Z. 13 - 24). Damit ist der für die
Überwachung der Laufruhe vorgegebene Winkelbereich kleiner als der, welcher
sich aus dem Zündabstand ergibt; das wären bei einem Vierzylinder-Motor 180°.
Damit wird die Winkelbreite in Abhängigkeit eines Betriebsparameters der Brenn-
kraftmaschine, nämlich der Drehzahl, vorgegeben. Die Lehre der Druckschrift D2
beschränkt sich auch nicht auf dieses eine Beispiel. Auf Seite 26, Zeilen 58 bis 64
wird darauf hingewiesen, dass der Drehzahlbereich des Motors auch in beliebig
viele Bereiche unterteilt werden kann, denen jeweils eine eigene Winkelbreite des
Abschnittes für die Fehlzündungserkennung zugeordnet wird, was nichts anderes
bedeutet, als dass die Kurbelwellen-Winkelbereiche in Abhängigkeit eines Be-
- 13 -
Merkmal
M1b
brachte Argument der Anmelderin, in der Lehre der Druckschrift D2 würde nur zwi-
schen einer hohen und niedrigen Drehzahl unterschieden werden, was keine
Variabilität im Sinne eines Faktors beinhalten würde.
Das Verfahren des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 1 ergibt sich daher für den
Fachmann in naheliegender Weise aus der Lehre der Druckschrift D2. Das Ver-
fahren des Anspruchs 1 beruht somit nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Der Anspruch 1 nach Hilfsantrag 1 ist daher nicht patentfähig.
4.
Hilfsantrag 2
D2
Tätigkeit.
Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 2 unterscheidet sich von Anspruch 1 nach
Hilfsantrag 1 durch die unterstrichen hervorgehobene Änderung in Merkmal M1b*,
wonach
„die vorgegebenen Kurbelwellen-Winkelbereiche in Abhängigkeit von Be-
triebsparametern der Brennkraftmaschine für jeden Zylinder variabel vorgebbar
sind
“.
Auch dieses Merkmal kann eine erfinderische Tätigkeit nicht begründen.
Wie zum Hauptantrag und Hilfsantrag 1 in den Abschnitten II.2. und II.3. ausge-
D2
Verbrennungsaussetzern bei mehrzylindrigen Brennkraftmaschinen, bei dem die
Winkelbreite der Segmente, die die Kurbelwelle während der Arbeitstakte durch-
läuft, nicht nur kleiner ist als die, die sich aus dem Zündabstand ergibt, sondern
- 14 -
auch in Abhängigkeit von Betriebsparametern der Brennkraftmaschine variabel
vorgebbar ist (Merkmale M bis M1a und M1b).
Zylinder variabel vorgebbar sind.
D11
setzern bei mehrzylindrigen Brennkraftmaschinen in Kraftfahrzeugen (vgl. An-
M
über eine Überwachung der Laufruhe der Kurbelwelle, wobei ein Maß für die
Laufunruhe zylinderindividuell gebildet und mit einem Referenzwert verglichen
wird (vgl. Anspruch 1). Als Maß für die Laufunruhe werden die Segmentzeiten
mittels eines Geberrads und einem Winkelsensor gemessen (vgl. S. 2, Z. 21 - 30,
M1
Die Druckschrift D11 geht dabei von der gleichen Problemstellung aus wie die
vorliegende Patentanmeldung. So wird beschrieben, dass Antriebsstrangschwin-
gungen zu einer systematischen Verlängerung der Segmentzeiten und damit zu
einer fehlerhaften Aussetzererkennung führen können, und dass mit zunehmender
Drehzahl sowie abnehmender Last die Zuverlässigkeit der Aussetzererkennung
sinkt (vgl. insb. S. 2, Z. 42 - 50 u. S. 4, Z. 11 - 13). Als Lösung bietet Druckschrift
D11 ein Verfahren zur Korrektur von fehlerbehafteten Segmentzeiten an. Am
Beispiel eines Achtzylinder-Motors wird die Bildung der für die Messung der
Segmentzeiten benötigten Winkelbereiche beschrieben (S. 3, Z. 30 - 42). Dabei
wird darauf hingewiesen, dass für ein Arbeitsspiel eines Viertakt-Motors zwei Kur-
belwellenumdrehungen (720°) benötigt werden (S. 3, Z. 34 - 36). In Verbindung
mit Figur 3a wird gezeigt, dass das Winkelgeberrad der Kurbelwelle eines acht-
zylindrigen Viertaktmotors in vier sich aneinander anschließende Segmente ein-
geteilt ist. Darüber hinaus wird offenbart, dass der Winkelbereich auch kleiner sein
kann als der, der sich aus dem Zündabstand berechnet (S. 3, Z. 37 - 42). So kann
es Markierungen auf dem Kurbelwellen-Geberrad geben, die keinem Winkel-
teilweise
Merkmal M1a
- 15 -
beliebigen Zylinder-Anzahl). Druckschrift D11 offenbart zudem, dass die einzelnen
Winkelbereiche beliebig lang sein können (vgl. S. 3, Z. 41 - 42). Dem Fachmann
ist es damit nahegelegt, die Länge der Winkelbereiche für jeden Zylinder variabel
festlegen zu können, um beispielsweise Nichtlinearitäten bei der Laufunruheaus-
wertung auszugleichen. Insbesondere um systematischen Fehlern (z. B. durch
Verschleiß) einzelner Zylinder entgegenzuwirken (S. 2, Z. 45 - 49), können die
Winkelbereiche zylinderindividuell korrigiert werden (Anspruch 1). Für die Kor-
rektur stehen dem Motorsteuergerät Korrekturwerte zur Verfügung, die für jeden
Zylinder in Abhängigkeit von Last und Drehzahl empirisch ermittelt und abge-
speichert wurden (S. 4, Z. 11 - 16, Fig. 4 u. Fig. 5, Schritt S5.12). Berücksichtigt
der Fachmann diese Korrekturwerte bei der Bestimmung der Länge der Winkelbe-
reiche, so bedeutet dies nichts anderes, als dass die Kurbelwellen-Winkelbereiche
in Abhängigkeit von Betriebsparametern der Brennkraftmaschine für jeden Zy-
Merkmal M1b*
Wie vorstehend ausgeführt, unterscheidet sich der Gegenstand gemäß vorlie-
D2
belwellen-Winkelbereich für jeden Zylinder variabel vorgebbar ist. Bei der in
D2
von Betriebsparametern der Brennkraftmaschine wird der Drehzahlbereich des
Motors in beliebig viele Bereiche unterteilt, denen jeweils ein Kurbelwellen-Win-
kelsegment mit vorgegebener Winkelbreite zugeordnet wird (S. 26, Z. 58 - 64).
Eine zylinderselektive Vorgabe der Winkelbereiche wird nicht beschrieben. Druck-
D2
systembedingte Drehzahlschwankungen auftreten können, auch wenn keine Ver-
brennungsaussetzer vorliegen (vgl. S. 2, Z. 11 - 17). Dieser Hinweis ist für den
Fachmann Veranlassung zu überlegen, wie er zylinderindividuelle Fehler bei der
Aussetzer-Erkennung kompensieren kann. Dabei wird er die Lehre der Druck-
D11
zugeordneten Winkelbereiche beliebig lang sein können (vgl. S. 3, Z. 30 - 42). Be-
D2
- 16 -
D11
vorgeben zu können, so ist es ihm nahegelegt, die Kurbelwellen-Winkelbereiche
nicht nur in Abhängigkeit von Betriebsparametern der Brennkraftmaschine, son-
Merkmal M1b*
Das Argument der Beschwerdeführerin, dass der Fachmann, der vor der Aufgabe
steht, Verbrennungsaussetzer insbesondere bei Motoren mit niedriger Zylinder-
Anzahl erkennen zu können, Druckschrift D11 nicht berücksichtigen würde, greift
nicht. Denn eine solche Maßnahme ist nicht Gegenstand des Anspruchs.
Das Verfahren des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 2 ist für den Fachmann
daher in Kenntnis von Druckschrift D2 in Verbindung mit Druckschrift D11 na-
hegelegt. Der Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 2 beruht somit nicht
auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Auch Anspruch 1 nach Hilfsantrag 2 ist damit nicht patentfähig.
5.
Mit dem jeweils nicht patentfähigen Anspruch 1 nach Hauptantrag und nach
Hilfsantrag 1 ist auch der jeweilige auf diesen Anspruch rückbezogene Unteran-
spruch 2 nicht schutzfähig, da auf diese Ansprüche kein eigenständiges Patentbe-
gehren gerichtet war und über einen Antrag nur einheitlich entschieden werden
kann (vgl. BGH, Beschluss vom 27. Juni 2007
– X ZB 6/05, GRUR 2007, 862,
Abschnitt III. 3. a) aa)
– Informationsübermittlungsverfahren II).
6.
Nachdem die jeweiligen Anspruchssätze nach Hauptantrag bzw. nach Hilfs-
antrag 1 bzw. 2 nicht patentfähig sind, war die Beschwerde zurückzuweisen.
- 17 -
III.
Rechtsmittelbelehrung
Gegen diesen Beschluss steht den am Beschwerdeverfahren Beteiligten das
Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht
zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass
1.
das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2.
bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung
des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen
Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3.
einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4.
ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes
vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich
oder stillschweigend zugestimmt hat,
5.
der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist,
bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt
worden sind, oder
6.
der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.
Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Be-
schlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstr. 45 a, 76133 Karlsruhe, durch einen
beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schrift-
lich einzulegen.
Wickborn
Kruppa
Dr. Otten-Dünnweber
Dr. Flaschke
Hu