Urteil des BPatG vom 14.12.2016

Bedingung, Einverständnis, Amt, Patent

BPatG 152
08.05
BUNDESPATENTGERICHT
17 W (pat) 28/16
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(Aktenzeichen)
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die P
atentanmeldung …
hat der 17. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in
der Sitzung am Mittwoch, den 14. Dezember 2016 unter Mitwirkung des
Vorsitzenden Richters Dipl.-Phys. Dr. Morawek, der Richterin Eder, des Richters
Dipl.-Ing. Baumgardt und des Richters Dipl.-Ing. Hoffmann
beschlossen:
Die Beschwerde wird als unzulässig verworfen.
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G r ü n d e
I.
Am
27. September 2006
haben
Herr
S…
und
Herr
S1
ein
zum
Patent
angemeldet.
Die
Prüfungs-
stelle für Klasse G06F hat diese Patentanmeldung zurückgewiesen.
Gegen
diesen
Beschluss
hat
Herr
S…
Beschwerde
eingelegt
und eine Beschwerdegebühr in Höhe von 200 Euro einbezahlt. Im Beschwerde-
schriftsatz vom 12. April 2016 wies er ausdrücklich darauf hin, dass
„dieser Antrag
nur dann Gültigkeit hat, wenn die Kosten für das gesamte Verfahren der Be-
schwerde bei den bereits eingezahlten 200 Euro verbleiben oder nach Ihrer Rück-
sprache mit mir und meinem Einverständnis erhöht werden“.
Mit Schreiben vom 16. Juni 2016 wurde der Beschwerdeführer darauf hingewie-
sen, dass seine Beschwerde unter einer Bedingung eingelegt worden sei
(…„wobei dieser Antrag nur dann Gültigkeit hat, wenn“…), die Einlegung einer
Beschwerde unter einer Bedingung aber nicht zulässig und somit rechtlich unwirk-
sam sei. Es wurde anheimgestellt, die Beschwerde zurückzunehmen, andernfalls
diese durch Beschluss als unzulässig verworfen werden müsse.
Darauf nimmt der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 11. Juli 2016 Stellung und
führt aus, er habe die Bedingung in dem Anschreiben zu der dann beigefügten
Beschwerde gestellt und ihm gehe es einzig und allein darum, dass infolge der
eingereichten Beschwerde keine unerwartet hohen Kosten bzw. Gebühren für ihn
entstünden.
Wegen der Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
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II.
Die Beschwerde ist nicht zulässig, denn sie ist unter einer Bedingung erhoben.
Eine Beschwerde ist ein Rechtsmittel. Rechtsmittelerklärungen aber sind als be-
wirkende Prozesshandlungen bzw. Bewirkungshandlungen bedingungsfeindlich.
Bewirkungshandlungen sind Verfahrenshandlungen, die ohne Tätigkeit von Amt
oder Gericht unmittelbar auf das Verfahren wirken. Darunter haben Verfahrenser-
klärungen, die das Verfahren in Gang setzen oder beenden, besonderes Gewicht
(Hövelmann, GRUR 2003, 203, 204). Sie erlauben keine echten Bedingungen
oder Zeitbestimmungen (Busse/Keukenschrijver, PatG, 8. Aufl., vor § 73
Rdnr. 68). Es muss nämlich im Interesse der Rechtssicherheit klar sein, ob die
Erklärung wirksam ist oder nicht (Schulte, PatG, 9. Aufl., Einl., Rdnr. 54). Daher
sind Verfahrenshandlungen, die von einem außerprozessualen Ereignis abhängig
gemacht werden, unwirksam, weil die Wirkung auf das Verfahren niemals unge-
wiss sein darf (Schulte, a. a. O.; Busse, PatG, 8. Aufl., vor § 73 Rdnr. 68, vor § 34
Rdnr. 58).
Zulässig sind nur Bedingungen, die von einem innerprozessualen Vorgang abhän-
gig sind (z. B. Haupt-/Hilfsantrag, vgl. Schulte a. a. O.).
Eine solche innerprozessuale Bedingung liegt hier nicht vor, denn die Bedingung,
dass
„dieser Antrag nur dann Gültigkeit hat, wenn die Kosten für das gesamte
Verfahren der Beschwerde bei den bereits eingezahlten 200 Euro verbleiben oder
nach Ihrer Rücksprache mit mir und meinem Einverständnis erhöht werden“, liegt
nicht im Bereich innerhalb des Prozesses. Vielmehr betreffen die vom Beschwer-
deführer aufgestellten Anforderungen eine Verfahrenshandlung, die ein Verfahren
– hier: das Beschwerdeverfahren – in Gang setzen soll, wobei aber die Anforde-
rungen für das Gericht unwägbar sind. Festlegungen über die Kosten für das
gesamte Verfahren sind nur hinsichtlich der Höhe der Beschwerdegebühr möglich,
nicht aber hinsichtlich sonstiger Faktoren wie Kosten für Kopien, Ermittlungen,
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Zustellungsauslagen etc. Unklar ist auch, inwieweit die aufgestellte Bedingung
(„für das gesamte Verfahren der Beschwerde“) Kosten umfassen soll, die außer-
halb der Einflussmöglichkeit des Gerichts ausschließlich in der Sphäre des
Beschwerdeführers liegen.
Im Hinblick auf den unzweideutigen Wortlaut der Erklärung führt auch eine Ausle-
gung zu keinem anderen Ergebnis.
Um eine Erklärung auslegen zu können, bedarf es gewisser Unsicherheiten im
Ausdruck, die dann unter Zuhilfenahme weiterer Anhaltspunkte ausgelegt oder
interpretiert werden können. Dabei können auch dem Verfahrensablauf Hinweise
für eine Interpretation zugunsten des Erklärenden entnommen werden. Immer ist
dabei zu fragen, ob das dem Amt bzw. Gericht und den weiteren Verfahrenbetei-
ligten zumutbar ist (Hövelmann, a. a. O., S. 208). Eine solche auslegungsfähige
Willenserklärung liegt nicht vor.
Im Beschwerdeschriftsatz hat der Anmelder und Beschwerdeführer seine „Bedin-
gung“ für seinen Antrag, also die Beschwerde, klar formuliert. Er hat nämlich aus-
geführt: „übersende ich vorab als Fax meine Beschwerde zum Beschluss des
Deutschen Patent- und Markenamts vom 16.03.2016 zur Kenntnis und weiteren
Bearbeitung, wobei dieser Antrag nur dann Gültigkeit hat, wenn die Kosten für das
gesamte Verfahren der Beschwerde bei den bereits eingezahlten 200 Euro ver-
bleiben oder nach Ihrer Rücksprache mit mir und meinem Einverständnis erhöht
werden“. Eine Unklarheit liegt hier nicht vor.
Im seiner nach dem rechtlichen Hinweis des Gerichts folgenden Stellungnahme
vom 11. Juli 2016 äußert sich der Beschwerdeführer allerdings dahingehend, dass
seine „eigentliche“ Beschwerde im Anhang des Schreibens vom 12. April 2016 zu
finden sei. Da aber nur das „Anschreiben“ unterschrieben ist und zudem ausdrück-
lich auf die nachgehefteten Blätter Bezug nimmt und für diese die oben zitierte
Be
dingung aufstellt („soll nur dann gelten, wenn“), ist eine Trennung von „An-
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schreiben“ und nachfolgenden Darlegungen nicht möglich, vielmehr hängen „An-
schreiben“ und nachgeheftete Blätter inhaltlich unauflösbar zusammen.
Zudem bekräftigt der Beschwerdeführer auch in seiner Stellungnahme vom
11. Juli 2016, dass er die von ihm aufgestellte Bedingung aufrecht erhalte, da es
ihm „einzig und allein darum (gehe), dass … für mich nicht unerwartet hohe Kos-
ten bzw. Gebühren entstehen“.
Es liegen darüber hinaus keine weiteren Umstände vor, die eine Auslegung
zugunsten des Beschwerdeführers rechtfertigen könnten.
Da die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen war, konnte von einer mündlichen
Verhandlung abgesehen werden (§ 79 Abs. 2 PatG).
Rechtsmittelbelehrung
Gegen diesen Beschluss steht den am Beschwerdeverfahren Beteiligten das Rechtsmittel
der Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen hat, ist
sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass
1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des
Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befan-
genheit mit Erfolg abgelehnt war,
3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war,
sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend
zugestimmt hat,
5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die
Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder
6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.
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Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses beim
Bundesgerichtshof, Herrenstr. 45 a, 76133 Karlsruhe, durch einen beim Bundesgerichts-
hof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schriftlich einzulegen.
Dr. Morawek
Eder
Baumgardt
Hoffmann
Fa