Urteil des BPatG vom 16.10.2014

Stand der Technik, Patentanspruch, Erfindung, Druck

BPatG 154
05.11
BUNDESPATENTGERICHT
15 W (pat) 1/12
_______________
(Aktenzeichen)
Verkündet am
16. Oktober 2014
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend das Patent 198 19 058
- 2 -
hat der 15. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf
die mündliche Verhandlung vom 16. Oktober 2014 unter Mitwirkung des Vorsit-
zenden Richters Dr. Feuerlein und der Richter Kätker, Dr. Wismeth und
Dr. Freudenreich
beschlossen:
1. Auf die Beschwerde der Einsprechenden wird der Beschluss
der Patentabteilung 43 des Deutschen Patent- und Marken-
amtes vom 31. Mai 2011 aufgehoben und das Patent
DE 198 19 058 widerrufen.
2. Die Beschwerde der Patentinhaberin wird zurückgewiesen.
G r ü n d e
I.
Auf die am 29. April 1998 eingereichte Patentanmeldung hat das Deutsche Pa-
tent- und Markenamt das Patent 198 19 058 mit der Bezeichnung
„Teilchenförmige, schwach angeschäumte, expandierte Styrolpolymerisate, Ver-
fahren zu deren Herstellung und Aufschäumen“
erteilt. Der Veröffentlichungstag der Patenterteilung ist der 24. Dezember 2009.
Die nebengeordneten Patentansprüche 1 bis 6 in der erteilten Fassung haben den
folgenden Wortlaut:
- 3 -
Nach Prüfung des dagegen eingelegten Einspruchs der Beschwerdeführerin zu 1.
ist das Patent mit Beschluss der Patentabteilung 43 des Deutschen Patent- und
Markenamts in der Anhörung vom 31. Mai 2011 beschränkt aufrechterhalten wor-
den. Dem Beschluss lagen gemäß Hauptantrag die Patentansprüche 1 bis 6 in der
erteilten Fassung und gemäß Hilfsantrag ein Patentanspruch mit folgendem
Wortlaut zugrunde.
„Verfahren zur Herstellung von vorgeschäumten EPS-Partikeln mit
einer mittleren Teilchengöße von 2 bis 8 mm und einer Zellzahl
zwischen 1 und 4 Zellen pro mm bei einer Schüttdichte von 8 bis
20 g/l durch ein- oder mehrmaliges Aufschäumen von EPS-Parti-
keln mit Wasserdampf bei Temperaturen zwischen 100 und
120°C, dadurch gekennzeichnet, dass teilchenförmige expandier-
bare Styrolpolymerisate (EPS-Partikel), die schwach angeschäumt
sind, so dass ihre Schüttdichte 0,5 bis 20% niedriger ist als die
- 4 -
Ausgangs-Schüttdichte der ungeschäumten EPS-Partikel, einge-
setzt werd
en“.
Gegenüber dem mit den Druckschriften
E1
US 4 606 873
E2
JP 06 136176 A
E2‘
Englische Übersetzung der JP 06 136176 A
E3
JP 06 298983 A
E3‘
Englische Übersetzung der JP 06 298983 A
E4
GB 1 062 307
E5
DIN ISO 697, Januar 1984, 4 Seiten.
E6
EP 0 374 812 A1
E7
DE 39 21 147 A1
E8
DE 196 19 397 A1
E9
Versuchsbericht der Sulzer Chemtech AG vom 14. Mai 2011: Anschäu-
men von EPS
E10
US 5 000 891
E11
Technisches Datenblatt der BASF, April 2002, Styropor
®
expandable
polystyrene BF Product Series, 2 Seiten
E12
Technisches Datenblatt der BASF, April 2002, Styropor
®
expandable
polystyrene BFL Product Series, 2 Seiten
E13
Technisches Datenblatt der INEOSNOVA, April 2002, Expandierbares
Polystyrol (B933B), undatiert, 3 Seiten
E14
Fotodokumentation der Patentinhaberin, Vergleich EPS ungeschäumt und
schwach angeschäumt, 4 Seiten, undatiert
ausgewiesenen Stand der Technik wurde die beschränkte Aufrechterhaltung des
Patents im Wesentlichen damit begründet, dass die technische Lehre der Erfin-
dung für einen Fachmann anhand der vorliegenden Offenbarung praktisch zu ver-
wirklichen sei und dass es dem Gegenstand nach Patentanspruch 1 jedoch in der
- 5 -
E3
male des mit Hilfsantrag beanspruchten Verfahrens seien in keiner der Entgegen-
haltungen unmittelbar und eindeutig offenbart und das Verfahren beruhe auch auf
einer erfinderischen Tätigkeit. Insbesondere vermittle die nahe liegende Druck-
E3
schwach anzuschäumen, um vorgeschäumte Partikel mit grober Zellstruktur und
letztendlich Schaumstoff-Formkörper mit geringer Wärmeleitfähigkeit zu erhalten.
Auch die weiteren im Verfahren befindlichen Druckschriften führten den Fachmann
nicht zu dem beanspruchten Verfahren.
Wegen der weiteren Ausführungen im Übrigen wird auf die Patentakte verwiesen.
Gegen diesen Beschluss haben sowohl die Einsprechende (Beschwerdeführerin
zu 1.) als auch die Patentinhaberin (Beschwerdeführerin zu 2.) Beschwerde ein-
gelegt.
Die Einsprechende sieht beim Gegenstand des erteilten Patentanspruchs 1 keine
E1
Extrusionsverfahren stets wegen des Temperatur- und Druckgradienten zu einem
Anschäumen führten. Zudem sei die Erfindung nicht so deutlich und ausreichend
offenbart, dass ein Fachmann sie ausführen könne. Der Gegenstand der Erfin-
dung beruhe im Übrigen auch nicht auf erfinderischer Tätigkeit. Auch beim Ge-
genstand des Verfahrens gemäß Hilfsantrag sieht sie zumindest keine erfinderi-
E3
E3‘
Die Patentinhaberin (Beschwerdeführerin zu 2.) verweist zu Neuheit und erfinderi-
scher Tätigkeit bei den Gegenständen des erteilten Patentes auf ihren Ein-
spruchsschriftsatz. Sie sieht die Erfindung als ausführbar an. Insbesondere macht
E9
E3
E3‘
des strittigen Patents gezielt so verändert seien, dass entgegen der Lehre der
- 6 -
E3
E3‘
E9
rungsmittels Talk eingesetzt und der Wasserdruck verringert, womit das An-
E3
E3‘
E1
Vermeiden des Anschäumens.
Die Einsprechende und Beschwerdeführerin zu 1. stellt den Antrag,
den angefochtenen Beschluss der Patentabteilung 43 des Deut-
schen Patent- und Markenamtes vom 31. Mai 2011 aufzuheben
und das Patent vollumfänglich zu widerrufen.
Weiter beantragt sie,
die Beschwerde der Patentinhaberin zurückzuweisen.
Die Patentinhaberin und Beschwerdeführerin zu 2. beantragt,
den angefochtenen Beschluss aufzuheben und das Patent, wie
erteilt, aufrechtzuerhalten.
Weiter beantragt sie,
die Beschwerde der Einsprechenden zurückzuweisen.
Wegen weiterer Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt
der Akten verwiesen.
- 7 -
II.
1.
Die Beschwerden der Einsprechenden zu 1. und der Patentinhaberin zu
2. sind frist- und formgerecht eingelegt worden und auch im Übrigen zulässig
(PatG § 73). Sie führen zu dem im Tenor angegebenen Ergebnis.
2.
Der zuständige Fachmann ist ein Chemie-Ingenieur oder ein Diplom-
Chemiker mit einschlägigen Kenntnissen der Polymerchemie, der aufgrund seiner
Ausbildung und mehrjährigen Berufserfahrung, etwa in der Entwicklungsabteilung
eines einschlägigen Unternehmens, über fundierte Kenntnisse auf dem Gebiet der
Polymerschaumherstellung und
–verarbeitung verfügt. Dieser Fachmann besitzt
auch spezielle Kenntnisse auf dem Gebiet der Werkstoffkunde, d. h. über anwen-
dungsorientierte Aspekte von Polymeren, insbesondere von polymeren Schaum-
materialien.
3.
Die Patentansprüche 1, 2 und 6 des Streitpatents gliedern sich mit Merkma-
len versehen wie folgt.
1.1
Teilchenförmige expandierbare Styrolpolymerisate (EPS-Partikel)
1.2
schwach angeschäumt
1.3
mit einer Schüttdichte, die 0,1 bis 20% niedriger ist als die Ausgangs-
Schüttdichte der ungeschäumten EPS-Partikel,
2
Herstellverfahren
Eingesetzt wird:
2.1
Treibmittelhaltiges Polystyrol
Hergestellt werden:
2.2
1.1
Verfahrensschritte:
2.3
Extrusion der Polystyrolschmelze in ein Wasserbad
2.4
Abkühlen des Schmelzstrangs
- 8 -
2.5
Unterwassergranulierung des abgekühlten Strangs
2.6
das Wasserbad ist auf eine Temperatur zwischen 50 und 90°C
2.7
das Wasserbad befindet sich in einem geschlossenen System, in
welchem ein Druck zwischen 2 und 20 bar herrscht,
6
Herstellverfahren
Eingesetzt werden:
6.1
1.1
Hergestellt werden:
6.4
vorgeschäumte EPS-Partikel
Verfahrensschritte:
6.5
ein- oder mehrmaliges Aufschäumen der EPS-Partikel
6.6
mit Wasserdampf
6.7
bei Temperaturen zwischen 100 und 130°C.
Der beschränkt aufrechterhaltene Patentanspruch 1 bezieht sich auf ein
1
B
Herstellverfahren
Eingesetzt werden:
1.1
B
teilchenförmige expandierbare Styrolpolymerisate (EPS-Partikel)
1.2
B
schwach angeschäumt
1.3
B
mit einer Schüttdichte, die 0,5 bis 20% niedriger ist als die Ausgangs-
Schüttdichte der ungeschäumten EPS-Partikel.
Hergestellt werden:
1.4
B
vorgeschäumte EPS-Partikel
1.5
B
mit einer mittleren Teilchengröße von 2 bis 8 mm
1.6
B
mit einer Zellzahl zwischen 1 und 4 Zellen pro mm bei einer Schütt-
dichte von 8 bis 20 g/l
- 9 -
Verfahrensschritte:
1.7
B
ein- oder mehrmaliges Aufschäumen der EPS-Partikel
1.8
B
mit Wasserdampf
1.9
B
bei Temperaturen zwischen 100 und 120°C.
1
B
für vorgeschäumte EPS-Partikel des beschränkt auf-
Patent durch einen engeren Bereich hinsichtlich der relativen Abnahme der
Schüttdichte des Einsatzmaterials im Vergleich zum ungeschäumten Polystyrol
1.3
B
1.3
1.9
B
6.7
mit 100 bis 120°C bzw. 100 bis 130°C).
Die aus diesem Herstellverfahren zugänglichen vorgeschäumten EPS-Partikel
1.5
B
) und eine
definierte Zellzahl bei definierter Schüttdichte (1 bis 4 Zellen pro mm bei einer
1.6
B
) charakterisiert.
4.
Der Inhalt der beantragten Patentansprüche geht in zulässiger Weise auf
die ursprünglich beim Deutschen Patent- und Markenamt eingereichten Anmelde-
unterlagen und das Streitpatent zurück. Bezüglich der Offenbarung der Patentan-
sprüche 1 bis 6 gemäß Streitpatent und des einzigen Patentanspruchs nach Hilfs-
antrag bestehen somit keine Bedenken.
Die Gegenstände der erteilten Patentansprüche 1 bis 6 finden ihre Offenbarung in
den Patentansprüchen 1 bis 6 vom Anmeldetag.
1.1
B
1.3
B
sind im Patentanspruch 1 sowie auf
1.4
B
1.6
B
im
Patentanspruch 7 sowie auf Seite 3, Zeilen 32 und 34 bis 36 (Patentschrift: Ab-
1
B
1.7
B
1.9
B
in den Patentansprüchen 1
- 10 -
und 6, sowie auf Seite 3, Zeilen 28 bis 30 (Patentschrift: Absatz [0018]) der Un-
terlagen vom Anmeldetag offenbart.
5.
Zu den Merkmalen „schwach angeschäumt“ und „Schüttdichte“
a)
Für die Herstellung der „schwach angeschäumten“ Styrolpolymerisate nach
Patentanspruch 1 der Patentschrift sind in den Patentansprüchen 2 bis 5 unter-
schiedliche Herstellungwege beschrieben. Beim Befolgen der für die verschiede-
nen Herstellungswege angegebenen Versuchsbedingungen werden dann
„schwach angeschäumte“ EPS-Partikel erhalten, da bzw. vergleichbare
regelmäßig zu bzw. vergleichbaren Produkten
führen. Auch in der Patentschrift ist dargelegt, dass nach dem ersten Verfahren
der Unterwassergranulierung (Patentanspruch 2) die Temperierung bzw. der
Druck ein schwaches, genau kontrolliertes Anschäumen bewirkt (Patentschrift:
Absatz [0012], letzter Satz).
b)
Hinsichtlich der Schüttdichte wird der Fachmann den im Absatz [0016] des
Streitpatents angegebenen mit 1600 g/l nicht korrekt publizierten Wert von 600 g/l
als Referenzwert für ungeschäumte EPS-Partikel zugrunde legen, womit die
Schüttdichte „schwach angeschäumter“ EPS-Partikel im Bereich von 480 bis
599,6 g/l liegt.
Im Übrigen ist dem Fachmann die Herstellung nicht angeschäumter EPS-Partikel
als Referenz unter Heranziehung seines allgemeinen Fachwissens möglich. Dies
ist bereits beim Unterschreiten der in den Verfahrensansprüchen 2 bis 6 gemäß
Streitpatent angegebenen Temperaturbereiche unter sonst identischen Verfah-
rensbedingungen möglich (Patentschrift: Beispiele 2 und 4). Alternativ kann er bei
der Herstellung der Referenzpartikel ohne Treibmittel arbeiten. Er wird die Be-
stimmung der Schüttdichten ungeschäumter und angeschäumter EPS-Partikel
dann unter denselben Messbedingungen anhand bekannter Methoden vornehmen
- 11 -
und kann damit die technische Lehre hinsichtlich der Schüttdichtendifferenz prak-
tisch verwirklichen.
6.
Die Erfindung ist in einer Weise offenbart, dass ein Fachmann sie ausfüh-
Geltender Rechtsprechung folgend, ist bei der Bewertung, inwiefern eine Erfin-
dung ausführbar offenbart ist, zunächst zu klären, ob die in der Patentanmeldung
enthaltenen Angaben dem fachkundigen Leser so viel an technischer Information
vermitteln, dass er mit seinem Wissen und Können in der Lage ist, die Erfindung
erfolgreich auszuführen (BGH, GRUR 2010, 916
– „Klammernahtgerät“).
Diesen Anforderungen genügen die Angaben in den Anmeldeunterlagen, wie zu
den von der Einsprechenden als unklar bzw. nicht ausführbar erachteten Merk-
malen „schwach angeschäumt“ und „Schüttdichte“ ausgeführt wurde.
E9
Umsetzung der erfindungsgemäßen Lehre gelungen, worauf sie im Schriftsatz
vom 23. September 2014, Seite 8, 3. Absatz verweist. Fallkonstellationen wie in
den Verfahren 1 Ni 16/13 (EP) vom 6. Juli 2004 und 15 W (pat) 27/01 vom
27. Juni 2002 sind daher vorliegend nicht einschlägig.
Auch wenn man der Einsprechenden dahingehend folgte, dass ausweislich der
E5
Polymeren, sondern von oberflächenaktiven Stoffen und Waschmitteln beschäftigt,
die Messungenauigkeit eines normierten Verfahrens bei bis zu 5 % liege, ist dies
unbeachtlich, da unter dieser Voraussetzung alle EPS-Partikel mit einer Schütt-
dichte nach Patentanspruch 1 als schwach angeschäumt zu werten sind.
7.
Der Gegenstand nach den erteilten Patentansprüchen 1, 2 und 6 ist nicht
- 12 -
E3
E3‘
wird die Herstellung schäumbarer thermoplastischer Harzpartikel beschrieben
(
E3‘
eines anorganischen Pulvers in eine unter Druck stehende Flüssigkeit extrudiert,
sofort geschnitten und dann abgekühlt werden (
E3‘
2
genannt (
E3‘
wendet, wobei als Granulierbad ein auf 60 bis 85°C erwärmtes Wasserbad bevor-
zugt ist (
E3‘
mittels liegt bei weniger als 40 Teilen bezogen auf den Thermoplasten, bevorzugt
bei 2 bis 10 Teilen (
E3‘
Gew.-%), der Druck, unter dem das Bad steht, liegt bei 5, bevorzugt bei 10 bis 20
kg/cm
2
(= 4,90, bevorzugt 9,8 bis 19,6 bar;
E3‘
Die Verfahrensparameter und die Ausgangsmaterialien entsprechen somit den
Vorgaben des Streitpatents, da das thermoplastische Material nach Absatz [0009]
übliche und bekannte Hilfsmittel und Zusatzstoffe enthalten kann (Patentschrift:
Absatz [0009] und Beispiel 1 mit 2% Graphit). Somit muss das in der Druckschrift
E3‘
2.2
Der Auffassung der Patentinhaberin, dass die Druckschrift
E3’
der EPS-Partikel abrate (
E3’
vented“) und der Fachmann, wenn er schwach angeschäumte Partikel herstellen
solle, entgegen der Lehre dieser Druckschrift arbeiten müsse, kann nicht gefolgt
werden. In der Druckschrift
E3’
im Streitpatent angegeben, womit sich das im Absatz [0021] beschriebene, allge-
mein formulierte, „Schäumen“ nicht auf das Anschäumen, sondern auf das Auf-
schäumen des Polystyrols beziehen muss.
- 13 -
E9
1.) durchgeführte Versuche mit zwei verschiedenen Polystyrolen (143E der BASF
und Empera 153F der INEOS NOVA), die mit 6,2 Gew.% des Treibmittels Pentan
(vgl. Streitpatent: Beispiele 1 bis 4 und Absatz [0010]) und 0,5 bis 1 Gew.-% Talk
in ein unter Druck von 5 bis 10 bar stehendes Wasserbad granuliert und ge-
schnitten, sowie nachfolgend abgetrennt und getrocknet wurden. Bei den Refe-
renzversuchen 2 und 10 liegt die Badtemperatur außerhalb des beanspruchten
Bereiches, nämlich wie im Streitpatent bei 35°C (Patentschrift, Beispiel 2).
In den Referenzversuchen, bei denen das Bad mit 10 bar beaufschlagt war, liegt
E9
Tabelle) und damit im Bereich, den auch die Patentschrift für nicht angeschäumte
EPS-Partikel angibt. Die Schüttdichte der nach den Versuchen erhaltenen Partikel
ist um 0,17 bis 5,22 % im Vergleich zu den ungeschäumten EPS-Partikeln verrin-
gert. Das Nacharbeiten der in Druckschrift
E3‘
sage der Einsprechenden aus ökonomischen und anlagetechnischen Gründen
nicht völlig exakt möglich gewesen sei, führte gleichwohl dazu, dass unter den
E9
Patentanspruch 3 des Streitpatents teilchenförmige expandierbare Styrolpolymeri-
sate erhalten wurden, die schwach angeschäumt sind und deren Schüttdichte 0,1
bis 20 % niedriger ist als die Ausgangsschüttdichte der ungeschäumten EPS-Par-
tikel.
Soweit die Patentinhaberin bei den Versuchen der Sulzer Chemtech AG nach
E9
Patents verwirklicht und den Anteil des als Nukleierungsmittel wirkenden Talks
stark erhöht sieht, vermag diese Ansicht nicht durchzugreifen. Alle Versuchspara-
E3
‘ und des Streitpa-
tents. Talk ist als erstes Beispiel eines Zusatzstoffes auf Basis anorganischer Pul-
ver in der Druckschrift
E3’
nach Absatz [0009] sogar beliebige Mengen an Hilfs- und Zusatzstoffen zulässig
- 14 -
E9
rend im Beispiel 1 des Streitpatents auch höhere Mengen anorganischer Stoffe
zugegeben werden können (Patentschrift: Absatz [0021]: 2% Graphit).
Die nach der Druckschrift
E3‘
6.6
2
) und damit bei einer Temperatur von
6.7
E3‘
6
Damit sind die Gegenstände der nebengeordneten Patentansprüche 1, 2 und 6
aus der Druckschrift
E3‘
8.
1
B
wird auch in dem enger gesetzten Temperaturbereich für
1.9
B
6.7
der Druckschrift
E3‘
1.4
B
1.6
B
zwangsläufig erfüllen. In der Druckschrift
E3‘
schäumen ein Polystyrolschaum mit der beanspruchten Schüttdichte erhalten
(
E3’
entspricht und damit in der Mitte des beanspruchten Bereichs von 8 bis 20 g/l liegt
1.6
B
).
Dabei spielt es keine Rolle, dass im Ausführungsbeispiel 1 der Druckschrift
E3‘
1.6
B
: vgl.
E3‘
200 µm Zelldurchmesser, also 5 Zellen pro mm) unterschiedlich und die bean-
spruchte „mittlere Partikelgröße“ der aufgeschäumten Partikel nicht genannt ist.
Bei diesen Größen handelt es sich um das Verfahrensprodukt charakterisierende
Merkmale, die sich bei der Durchführung des identischen Verfahrens von selbst
einstellen.
- 15 -
9.
Der Gegenstand des beschränkt aufrechterhaltenen Patents beruht nicht
Gemäß Absatz [0006] des Streitpatents besteht die Aufgabe der Erfindung darin,
EPS-Partikel bereitzustellen, die beim Verschäumen vorgeschäumte Partikel mit
grober Zellstruktur ergeben.
Nach der Beschreibung (Patentschrift: Absatz [0004], letzter Satz; Anmeldeunter-
lagen: Seite 1, Zeilen 37 bis 40) führe eine zu feinzellige Schaumstruktur zu er-
höhten Wärmeleitfähigkeiten, d.h. zu einer geringen Wärmedämmwirkung. Bei den
erfindungsgemäßen aufgeschäumten Partikeln liegt die Zellzahl bei einer Schütt-
dichte von 8 bis 20 g/l zwischen 1 und 6, insbesondere zwischen 2 und 4 pro mm
(Anmeldeunterlagen: Seite 3, Zeilen 34 bis 37; Patentschrift Absatz [0018], vor-
letzter Satz) Die geforderte grobzellige Struktur und damit die Lösung der Aufgabe
ist mit den aufgeschäumten Partikeln in der Druckschrift
E3‘
bereits verwirklicht.
Ein überraschender Effekt, der sich auf die Beschränkung der Zellzahl auf 1 bis 4
1.6
B
) zurückführen ließe, ist dem Streitpatent nicht zu
entnehmen. Schon das im Streitpatent als erfindungsgemäß ausgewiesene Bei-
spiel führt eine höhere Zellzahl auf (Streitpatent: Beispiel 4 und Tabelle 2 mit
4,8±0,8 Zellen pro mm).
In gleicher Weise kann aus dem Streitpatent kein besonderer Effekt herausgele-
sen werden, der mit der Beschränkung der mit 1 bis 10 mm im Stand der Technik
üblicherweise eingesetzten mittleren Teilchengröße von vorgeschäumten EPS-
1.5
B
) verbunden wäre. Zum Merkmal der mittle-
ren Teilchengröße räumt die Patentinhaberin ein, dass diese durch die Größe des
angeschäumten Ausgangsmaterials bestimmt sei. Damit kann die mittlere Teil-
chengröße, wie auch in der Druckschrift
E3’
- 16 -
holes with 0.3 to 3 mm of diameter“) über die Wahl der Lochgröße, durch welche
die angeschäumten EPS-Partikel extrudiert werden, beliebig eingestellt werden.
Die beanspruchten Bereiche für die Zellzahl pro mm und die mittlere Teilchen-
größe sind wegen ihrer Beliebigkeit nicht geeignet, eine erfinderische Tätigkeit zu
begründen.
10.
Nach alledem ist der Beschluss der Patentabteilung 43 vom 31. Mai 2011
aufzuheben und das Patent zu widerrufen. Damit war zugleich die Beschwerde
der Patentinhaberin zurückzuweisen.
III.
Gegen diesen Beschluss steht den am Beschwerdeverfahren Beteiligten das
Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht
zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass
1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des
Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der
Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten
war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder still-
schweigend zugestimmt hat,
5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei
der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden
sind, oder
6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.
- 17 -
Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlus-
ses beim Bundesgerichtshof, Herrenstr. 45 a, 76133 Karlsruhe, durch einen beim
Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schriftlich
einzulegen.
Feuerlein
Kätker
Wismeth
Freudenreich
prö