Urteil des BPatG vom 16.12.2014

Stand der Technik, Patentanspruch, Joghurt, Wasser

BPatG 154
05.11
BUNDESPATENTGERICHT
14 W (pat) 6/13
_______________
(Aktenzeichen)
Verkündet am
16. Dezember 2014
B E S C H L U S S
In der Beschwerdesache
betreffend die Patentanmeldung 10 2004 052 061.5-41
hat der 14. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf
die mündliche Verhandlung vom 16. Dezember 2014 unter Mitwirkung des
Vorsitzenden Richters Dr. Maksymiw, der Richterin Dr. Proksch-Ledig, des
Richters Schell und der Richterin Dr. Wagner
- 2 -
beschlossen:
Der Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts vom
20. November 2012
wird
aufgehoben
und
das
Patent
10 2004 052 061 erteilt.
Bezeichnung:
Verfahren zur Herstellung eines ernährungsphysiologisch verbes-
serten Milchmischproduktes, nämlich Joghurt
Anmeldetag:
26. Oktober 2004
Der Erteilung liegen folgende Unterlagen zugrunde:
a.
Patentansprüche 1 bis 4, überreicht in der mündlichen Ver-
handlung vom 16. Dezember 2014:
1.
Verfahren zur Herstellung eines ernährungsphysiologisch
verbesserten Milchmischproduktes, nämlich Joghurt, mit einem
optimierten Fettsäurespektrum durch gezielte Zugabe von pflanzli-
chen und Ölen marinen Ursprungs mit langkettigen Omega-3-Fett-
säuren, wobei eine Ölmischung mit einem Anteil >50 % Fischöl,
weiterhin umfassend Rapsöl und Leinöl mit einem Anteilsverhält-
nis zwischen Rapsöl und Leinöl der Ölmischung von 3:1 bereitge-
stellt wird, bei Raumtemperatur und unter Schutzgasatmosphäre
aus der Ölmischung gemäß dem kurzfristig bearbeitbaren Bedarf
eine Öl-in-Wasser-Voremulsion mittels Scherdispergiergerät er-
zeugt wird und als emulgierendes Proteinpräparat Magermilch
oder Magermilch-Konzentrat eingesetzt wird, im Anschluss ein
Emulgieren in mehreren Schritten bei unterschiedlichen Drücken,
- 3 -
nämlich 300 bis 500 bar in einer ersten Stufe und 25 bar in einer
zweiten Stufe, erfolgt und die so erhaltene endgültige Emulsion in
den Joghurt eingearbeitet und mit diesem vermengt wird.
2.
Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass
der Ölmischung bis zu 0,1 Masse % Tocopherol zugegeben wird.
3.
Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet,
dass die zur Zwischenlagerung abgefüllte Ölmischungsmenge
haltbarkeitserhöhend Stickstoff-begast und luftdicht verschlossen
wird.
4.
Verfahren nach einem der vorangegangenen Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet, dass das Verhältnis Öl zu Wasser in der
Emulsion bei im wesentlichen 50:50 als Joghurt-Zusatz hergestellt
bei Raumtemperatur, beträgt.
b.
Beschreibung Seiten 1 bis 4 und Beiblatt zur Beschreibung,
überreicht in der mündlichen Verhandlung vom 16. Dezem-
ber 2014.
G r ü n d e
I.
Mit Beschluss vom 20. November 2012 hat die Prüfungsstelle für Klasse A 23 C
des Deutschen Patent- und Markenamts die Patentanmeldung mit der damaligen
Bezeichnung
- 4 -
„Verfahren zur Herstellung eines ernährungsphysiologisch
verbesserten Milchmischproduktes, wie Joghurt, Käse oder
dergleichen, sowie ein derartiges Milchmischprodukt
zurückgewiesen.
Der Zurückweisungsbeschluss ist im Wesentlichen damit begründet, dass die
Gegenstände der seinerzeit geltenden Patentansprüche 1 und 6 nach Haupt- bzw.
Hilfsantrag im Hinblick auf die Druckschriften
D1
WO 01/80656 A1 und
D2
WO 03/056939 A1
nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhten und Patentanspruch 1 des Hilfs-
antrags außerdem formale Mängel aufwiese.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, mit der sie
ihr Patentbegehren mit den in der mündlichen Verhandlung überreichten Patent-
ansprüchen 1 bis 4 und einer hieran angepassten Beschreibung weiterverfolgt.
Die Anmelderin trägt vor, der Gegenstand des nunmehr geltenden Patentan-
spruchs 1 beruhe auf einer erfinderischen Tätigkeit, denn mit keiner der im Verfah-
ren genannten Entgegenhaltungen werde dem Fachmann eine Anregung vermit-
telt, die im Patentanspruch 1 genannten Maßnahmen in ihrer Gesamtheit zu
ergreifen, um so zu einem Verfahren zur Herstellung eines ernährungsphysiolo-
gisch verbesserten Milchmischproduktes, nämlich Joghurt, zu gelangen, bei dem
aufgrund des Herstellungsverfahrens der Voremulsion die Ölmischung vor Oxida-
tion geschützt sei und dadurch das Milchmischprodukt, in das diese eingearbeitet
werde, einerseits geschmacksneutral sei und andererseits über die notwendige
Haltbarkeit verfüge. Des Weiteren verfüge die Ölmischung über ein physiologisch
optimiertes Fettsäurespektrum durch die Kombination von pflanzlichen und Ölen
- 5 -
marinen Ursprungs mit langkettigen Omega-3-Fettsäuren, wobei die Ölmischung
einen Anteil von >50 % Fischöl und eine Mischung von Raps- und Leinöl mit
einem Anteilsverhältnis von 3:1 aufweise. Dagegen stellten die Ölmischungen im
Stand der Technik weder eine Kombination dieser Öle dar, noch wiesen sie das
vorliegend gewählte Mischungsverhältnis auf. Zudem werde ein Verfahren zur
Herstellung der Voremulsion bei Raumtemperatur und unter Schutzgas, bei dem
zunächst eine Voremulsion durch Mischen der Öle in Gegenwart eines emulgie-
renden Proteins mit einem Scherdispergiergerät und im Anschluss ein Emulgieren
in mehreren Schritten bei unterschiedlichen Drücken, nämlich 300 bis 500 bar in
einer ersten Stufe und 25 bar in einer zweiten Stufe erfolge, bevor die so herge-
stellte Emulsion in das Milchprodukt eingearbeitet werde, nicht nahe gelegt.
Die Anmelderin beantragt,
den angefochtenen Beschluss der Prüfungsstelle vom 20. Novem-
ber 2012 aufzuheben und das Patent mit den in der mündlichen
Verhandlung überreichten Patentansprüchen 1 bis 4 vom 16. De-
zember 2014 zu erteilen.
Im Rahmen des Prüfungsverfahrens waren neben den im Zurückweisungsbe-
schluss genannten Entgegenhaltungen D1 und D2 auch die folgenden Dokumente
genannt worden:
D3 DE 33 08 358 A1
D4 RÖMPP
Online, Stichwort „Rapsöl“, Version 3.24, URL:
http://www.roempp.com/prod/, Dokumentkennung: RD-18-00290
[recherchiert am 18.06.2012]
D5 Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft, e.V. (GDV), Berlin:
Heringsöl. S. 3, URL: http://www.tis-gdv.de/tis/ware/oele/herings/herings.htm,
archiviert in http://www.archive.org am 31.12.2003 [abgerufen am
19.06.2012], Seiten 1 bis 6
- 6 -
D6 Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft, e.V. (GDV), Berlin:
Leinöl. S. 3, http://www.tis-gdv.de/tis/ware/oele/leinoel/leinoel.htm, archiviert
in URL: http://www.archive.org am 31.12.2003 [abgerufen am 19.06.2012],
Seiten 1 bis 6
D7 RÖMPP Onlin
e, Stichwort „Milch“, Version 3.24, URL:
http://www.roempp.com/prod/, Dokumentkennung: RD-13-02386
[recherchiert am 18.06.2012]
D8 H. G. K
essler, „Lebensmittel- und Bioverfahrenstechnik – Molkereitechnolo-
gie“. 4. Auflage. München: Verlag A. Kessler, 1996, Seiten 110 bis 121
D9
„Gesetzliche Begrenzungen von Abwasseremissionen aus der Milchbe- und
–verarbeitung“, BGBl. II, Nr. 11/1999, URL:
http://www.wko.at/up/enet/wasser/aevmilchwirtschaft.pdf, Seiten 1 bis 20
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
Die zulässige Beschwerde führt in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang zum
Erfolg, wobei der Senat die verkündete Beschlussformel wegen einer offenbaren
Unrichtigkeit (§ 95 PatG) berichtigt hat, da der in der mündlichen Verhandlung auf
einen verfahrensleitenden Hinweis des Vorsitzenden hin eingereichte Anspruch 1
nicht auf ein
„Gewichtsanteilsverhältnis zwischen Rapsöl und Leinöl“, sondern auf
ein „Anteilsverhältnis zwischen Rapsöl und Leinöl“ gerichtet werden sollte.
1.
Bezüglich der Offenbarung der Patentansprüche 1 bis 4 bestehen keine
Bedenken. Patentanspruch 1 geht inhaltlich auf die ursprünglich eingereichten
Patentansprüche 1, 5 und 8 sowie S. 6, Z. 15 bis 20, S. 7, Z. 21 bis 28, S. 8, Z. 11
bis 18 der Erstunterlagen zurück. Die rückbezogenen Patentansprüche 2 bis 4
basieren auf den ursprünglich eingereichten Patentansprüchen 2 bis 4.
- 7 -
2.
Das Verfahren zur Herstellung eines ernährungsphysiologisch verbesserten
Milchmischproduktes, nämlich Joghurt, ist neu.
In keiner der vorliegenden Druckschriften wird ein Verfahren angegeben, bei dem
aus einer Ölmischung mit einem Anteil >50 % Fischöl, weiterhin umfassend
Rapsöl und Leinöl mit einem Anteilsverhältnis zwischen Rapsöl und Leinöl der
Ölmischung von 3:1 eine Öl-in-Wasser-Voremulsion in Gegenwart eines emulgie-
rendes Proteinpräparat, bestehend aus Magermilch oder Magermilch-Konzentrat,
bei Raumtemperatur und unter Schutzgasatmosphäre mittels eines Scherdisper-
giergeräts erzeugt wird, und diese im Anschluss durch Emulgieren in mehreren
Schritten bei unterschiedlichen Drücken, nämlich 300 bis 500 bar in einer ersten
Stufe und 25 bar in einer zweiten Stufe, zu einer endgültigen Emulsion weiterver-
arbeitet wird, die dann mit dem Joghurt vermengt wird.
Mit dem im Dokument D1 beschriebenen Verfahren wird ein Milchmischprodukt
hergestellt, mit dem zunächst aus Wasser und einer Mischung aus einem
Schutzöl, und einer mehrfach ungesättigte Fettsäuren enthaltenden Ölmischung in
Gegenwart eines Emulgators, wie Natrium- oder Calciumcaseinat, eine Voremul-
sion durch Mischen bei hohen Scherraten erzeugt wird. Diese wird im Anschluss
einer Hochdruckhomogenisation unterworfen, bevor sie einem Milcherzeugnis
zugesetzt wird (vgl. D1, Patentanspruch 18, Beschreibung S. 9, Z. 32 bis S. 10,
Z. 3/4, S. 16, Z. 8 bis 18). Die mehrfach ungesättigten Fettsäuren der Ölmischung
gemäß D1 stammen von Ölen maritimen oder pflanzlichen Ursprungs, wobei bei-
spielhaft nur Fischöl, Leinöl und Perillaöl beschrieben sind. (vgl. D1, Beschreibung
S. 7, Z. 25 bis 31). Bei den verwendeten Schutzölen handelt es sich um Weizen-,
Gersten-, Hafer-, Roggen-, Reis-, Mais- oder Sesamöl (vgl. D1, Patentan-
spruch 2). Damit unterscheidet sich das anmeldungsgemäße Verfahren bereits
darin, dass die anmeldungsgemäße Ölmischung Rapsöl enthält.
Die Entgegenhaltung D2 betrifft ein Verfahren zur Herstellung von Lebensmitteln,
wie u. a. Joghurt, der eine mehrfachungesättigte Fettsäuren aufweisende Ölmi-
- 8 -
schung enthält. Bei dem Verfahren wird zuerst eine Ölmischung durch Mischen
der Öle in Abwesenheit von Sauerstoff hergestellt, die anschließend dem Joghurt
zu gesetzt wird (vgl. D2, Patentansprüche 10, 13 und 19). Die Ölmischung setzt
sich aus Fischöl und ölsäurereichen pflanzlichen Ölen, wie u. a. Rapsöl zusam-
men (vgl. D2, Beschreibung S. 3, Z. 29 bis S. 4, Z. 2). Angaben dahingehend aus
einer Ölmischung mit einem Anteil >50 % Fischöl, weiterhin umfassend Rapsöl
und Leinöl mit einem Anteilsverhältnis zwischen Rapsöl und Leinöl von 3:1 in
Gegenwart eines emulgierenden Proteins zunächst eine Voremulsion mittels eines
Scherdispergiergerätes zu bilden, werden in diesem Dokument nicht gemacht.
Bei dem in der Druckschrift D3 beschriebenen Verfahren zur Anreicherung von
Milch und Milchprodukten mit polyungesättigten Fettsäuren wird zunächst eine Öl-
Wasser-Emulsion aus sterilem Wasser und polyungesättigten Fettsäure-reichen
Ölen in einem Mikrozerkleinerungsvorrichtung bei einem Druck von 2 bis 10 bar
zubereitet, die im Folgenden in die Milch bzw. ein Milchprodukt eingearbeitet wird
(vgl. D3, Patentansprüche 1 bis 3, Beschreibung S. 6, Z. 15 bis 38). In der D3
werden als polyungesättigte Fettsäure-reiche Öle lediglich Öle aus der Gruppe
von Sonnenblumenöl, Maisöl, Weintraubenkernöl, Nachtkerzenöl, Safloröl und
Weizenkeimöl beschrieben (vgl. D3, Beschreibung S. 4/5, übergreifender Abs.).
Somit unterscheidet sich das in D3 beschriebene Verfahren vom anmeldungsge-
mäßen Verfahren bereits darin, dass kein Fischöl verwendet wird.
Auch die übrigen dem Senat vorliegenden, jedoch in der mündlichen Verhandlung
nicht mehr aufgegriffenen Entgegenhaltungen können die Neuheit des bean-
spruchten Gegenstandes nach Auffassung des Senates nicht in Frage stellen,
denn keine dieser Entgegenhaltungen gibt ein Verfahren zur Herstellung eines
ernährungsphysiologisch verbesserten Milchproduktes mit den im Patentan-
spruch 1 angegebenen Merkmalen an.
- 9 -
3.
Die Bereitstellung eines Verfahrens zur Herstellung eines ernährungsphy-
siologisch verbesserten Milchproduktes gemäß Patentanspruch 1 beruht auch auf
einer erfinderischen Tätigkeit.
Der Anmeldung liegt die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren zur Herstellung eines
ernährungsphysiologisch verbesserten Milchmischproduktes, nämlich Joghurt, mit
einem optimierten Fettsäurespektrum durch gezielte Zugabe von Ölen maritimen
und pflanzlichen Ursprungs, insbesondere langkettiger Omega-3-Fettsäuren,
anzugeben, welches zu einem Endprodukt führt, das einerseits geschmacks-
neutral ist und andererseits über die notwendige Haltbarkeit verfügt, ohne dass für
die Qualitätseigenschaften des Milchmischproduktes nachteilige Behandlungs-
schritte anfallen (vgl. Offenlegungsschrift DE 10 2004 052 061 A1, Beschreibung,
S. 3/6, Abs. [0024]).
Die Aufgabe wird durch das Verfahren mit den im Patentanspruch 1 genannten
Merkmalen gelöst:
1.
Verfahren zur Herstellung eines ernährungsphysiologisch
verbesserten Milchmischproduktes,
1.1. nämlich Joghurt
1.2. mit einem optimierten Fettsäurespektrum
2.
durch gezielte Zugabe von pflanzlichen und Ölen marinen
Ursprungs mit langkettigen Omega-3-Fettsäuren,
3.
wobei eine Ölmischung
3.1. mit einem Anteil >50 % Fischöl,
3.2. Rapsöl und
3.3. Leinöl
3.4. mit einem Anteilsverhältnis zwischen Rapsöl und Leinöl der
Ölmischung von 3:1 bereitgestellt wird,
4.
wobei gemäß dem kurzfristig bearbeitbaren Bedarf
5.
eine Öl-in-Wasser-Voremulsion
- 10 -
5.1. bei Raumtemperatur und unter Schutzgasatmosphäre aus
der Ölmischung,
5.2. mittels Scherdispergiergerät erzeugt wird
5.3. wobei als emulgierendes Proteinpräparat
5.3.1.
Magermilch oder
5.3.2.
Magermilchkonzentrat eingesetzt wird,
6.
im Anschluss ein Emulgieren in mehreren Schritten bei
unterschiedlichen Drücken,
6.1. nämlich 300 bis 500 bar in einer ersten Stufe und
6.2. in einer zweiten Stufe bei 25 bar, erfolgt und
7.
die so erhaltende endgültige Emulsion in den Joghurt einge-
arbeitet und mit diesem vermengt wird.
Zur Lösung der Aufgabe konnte der Fachmann, ein Lebensmitteltechnologe mit
Hochschulabschluss und mehrjähriger Erfahrung auf dem Gebiet der Herstellung
von Milchprodukten, von der Druckschrift D1 ausgehen, aus der ein Verfahren zur
Herstellung eines ernährungsphysiologisch verbesserten Milchmischproduktes mit
einem optimierten Fettsäurespektrum durch Zugabe von pflanzlichen und Ölen
marinen Ursprungs mit langkettigen Omega-3-Fettsäuren, bekannt war (vgl. D1,
Patentanspruch 18, Beschreibung S. 7, Z. 25 bis 27). Als Öle pflanzlichen und
maritimen Ursprungs werden dabei Fischöl und Leinöl verwendet (vgl. D1,
Beschreibung S. 7, Z. 27 bis 31), die in Gegenwart eines Emulgators, wie Natrium-
oder Calciumcaseinat (vgl. D1, Beschreibung S. 9, Z. 30 bis 35, S. 16, Beispiel 4),
mit Wasser zu einer Voremulsion bei Anwendung von hohen Scherraten gemischt
werden. Im Anschluss wird die erhaltene Voremulsion einer Hochdruckhomogeni-
sation unterworfen, bevor sie abschließend pasteurisiert und in das Milchprodukt
eingearbeitet wird (vgl. D1, Patentanspruch 18, Beschreibung S. 4/5, übergreifen-
der Absatz, S. 10, Z. 1 bis 3, S. 11, Z. 21 bis Z. 34). Dagegen erhält der Fach-
mann in der D1 weder einen Hinweis darauf, dass die Verwendung einer Ölmi-
schung mit einem Anteil >50 % Fischöl, weiterhin umfassend Rapsöl und Leinöl
mit einem Anteilsverhältnis von 3:1 einen besonderen ernährungsphysiologischen
- 11 -
Vorteil bietet, noch erhält er die Anregung für ein geschmacksneutrales Endpro-
dukt die Voremulsion unter Schutzgas und bei Raumtemperatur herzustellen,
sowie das anschließende Emulgieren bei unterschiedlichen Drücken, nämlich 300
bis 500 bar in einer ersten Stufe und 25 bar in einer zweiten Stufe vorzunehmen.
Denn in der D1 wird zur Vermeidung eines Fischgeschmackes oder -geruches im
Enderzeugnis, der durch die Oxidation des Fischöl hervorgerufen wird, die Zugabe
eines Schutzöles, wie Haferöl oder Haferkleieöl, zu der Ölmischung vorgeschla-
gen (vgl. D1, Beschreibung S. 1, Z. 4 bis 10, S. 3, Z. 7 bis 11, S. 4, Z. 2 bis 5, S. 6,
Z. 30 bis 31, S. 8, Z. 1 bis 17, S. 12, Z. 20 bis 24, S. 13, Z. 34 bis 37).
Demzufolge gibt die Lehre der D1 dem Fachmann keine Maßgaben an die Hand,
die ihn in die Lage versetzen, ohne die Verwendung von Schutzölen zu einem
geschmacksneutralen und über die notwendige Haltbarkeit verfügenden, ernäh-
rungsphysiologisch verbesserten Milchmischprodukt zu gelangen.
Ein Verfahren, wie im geltenden Patentanspruch 1 angegeben, kann die Entge-
genhaltung D1 demzufolge nicht nahelegen.
Anregungen, die in Richtung der anmeldungsgemäßen Lösung weisen, erhält der
Fachmann auch nicht aus den ebenfalls mit der Herstellung von mit mehrfach-
ungesättigten Fettsäuren angereicherten Milchprodukten befassten Druckschrif-
ten D2 und D3.
Aus der D2 ist die Herstellung von Milchmischprodukten bekannt, die eine
Mischung aus Omega-3- und monoungesättigten Fettsäure-reichen Ölen aufweist
(vgl. D2, Patentansprüche 1 und 10, Beschreibung S. 1, Z. 5 bis 9, S. 2, Z. 16 bis
S. 3, Z. 3). Bei den Ölen mit einem hohen Anteil an Omega-3-Fettsäuren handelt
es sich um Fischöl oder pflanzliches Öl, insbesondere Seegrasöl (vgl. D2,
Beschreibung S. 3, Z. 29 bis 31, S. 4, Z. 15 bis 19, S. 6, Beispiel 1), während die
Öle mit einem hohen Gehalt an monoungesättigten Fettsäuren, insbesondere
Ölsäure, ausgewählt sind aus der Gruppe von Färberdistel-, Sonnenblumen-,
Raps-, Borretsch-, Palm-, Soja-, Mais- und Olivenöl (vgl. D2, Beschreibung S. 3,
Z. 31 bis S. 4, Z. 2). Bei der Herstellung der Ölmischung wird ein mit natürlichen
- 12 -
Antioxidationen stabilisiertes Omega-3-Fettsäure reiches Öl mit einem Ölsäure-
reichen Öl in Abwesenheit von Sauerstoff vermischt (vgl. D2, Beschreibung S. 4,
Z. 12 bis S. 5, Z. 3, S. 6/7, Ausführungsbeispiel). Diese Mischung wird im
Anschluss in Milchprodukte, wie Joghurt eingearbeitet (vgl. D2, Patentansprü-
che 11, 13 und 19, Beschreibung S. 5, Z. 6 bis 13). Hinweise darauf, eine Vor-
emulsion aus den Ölen mit einem Emulgator bei Raumtemperatur und unter
Schutzgas mittels eines Scherdispergiergerätes herzustellen und diese durch
anschließendes Emulgieren bei unterschiedlichen Drücken, nämlich 300 bis
500 bar in einer ersten Stufe und 25 bar in einer zweiten Stufe weiterzuverarbei-
ten, um so zu einer haltbaren Ölmischung zu gelangen, erhält der Fachmann in
der D2 nicht. Denn nach der Lehre der D2 wird die Haltbarkeit durch die Zugabe
von natürlichen Antioxidantien zum Fischöl und dem Arbeiten unter Ausschluss
von Sauerstoff bei dem Mischen der Öle erzielt.
Auch die Druckschrift D3 lehrt ein Verfahren zur Anreicherung von Milch und
Milchprodukten mit polyungesättigten Fettsäuren, wobei eine Emulsion aus einer
Mischung von polyungesättigten Fettsäuren aus Pflanzenölen, unter hohem Druck
erzeugt wird, die im Anschluss in Milch oder in Milchprodukte unter Bewegen oder
Rühren eingebracht wird (vgl. D3, Patentansprüche 1 und 2, Beschreibung S. 4/5,
übergreifender Absatz, S. 6, Herstellungsbeispiel). Im Hinblick auf die Haltbarkeit
der Ölmischung-Emulsion kann der Fachmann der D3 entnehmen, dass es von
Vorteil ist, bei deren Herstellung steriles Wasser zu verwenden und Vitamin E als
Antioxidans zu zusetzen (vgl. D3, Beschreibung S. 5, Z. 33 bis 35, S. 6, Z. 17 bis
32). Nachdem aber in der D3 keine Hinweise gegeben werden, die den Fachmann
dazu veranlassen könnten, eine Ölmischung mit einem Anteil >50 % Fischöl, wei-
terhin umfassend Rapsöl und Leinöl mit einem Anteilsverhältnis zwischen Rapsöl
und Leinöl der Ölmischung von 3:1 vorzusehen oder die Herstellung der Voremul-
sion mittels eines Scherdispergiergeräts mit einem emulgierenden Protein unter
Schutzgas und bei Raumtemperatur vorzunehmen, sowie das anschließende
Emulgieren bei unterschiedlichen Drücken, nämlich 300 bis 500 bar in einer ersten
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Stufe und 25 bar in einer zweiten Stufe erfolgt, ist auch diese Druckschrift nicht
geeignet, das Verfahren nach Patentanspruch 1 nahe zu legen.
Folglich konnte der Fachmann ausgehend von D1, selbst unter Berücksichtigung
der weiteren Druckschriften D2 oder D3 nicht zum anmeldungsgemäßen Verfah-
ren gemäß Patentanspruch 1 gelangen.
Auch die Berücksichtigung der weiteren, in der mündlichen Verhandlung, jedoch
nicht mehr aufgegriffenen Entgegenhaltungen führt zu keiner anderen Beurteilung
des Sachverhalts, denn sie offenbaren ebenfalls keine darüber hinaus gehende
Lehre, so dass auch sie nicht dazu geeignet sind, ein Verfahren, wie es in Patent-
anspruch 1 beschrieben wird, in das Blickfeld des Fachmanns zu rücken.
Bei den weiteren Druckschriften D4 bis D9 handelt es sich um gutachterlich zitier-
ten Stand der Technik, der dem Fachmann keine Hinweise auf die Bereitstellung
eines Verfahrens zur Herstellung eines ernährungsphysiologisch verbesserten
Milchmischproduktes mit den im Patentanspruch 1 angegebenen Merkmalen ver-
mitteln kann. D4, D7 und D9 betreffen die Zusammensetzung von Rapsöl und
Milch, sowie die Verarbeitung von Milch (D4, S. 1, Tabelle; D7, S. 3/4, Tabelle 3;
D9, S. 1, 2. und 3. Abs., S. 5, Abschnitt 1.2 bis S. 6/7, Abschnitt 1.2.3), während
D5 und D6 Transportinformationen und die Herkunft von Herings- bzw. Leinöl
beinhalten (D5 und D6, jeweils S. 1, Inhaltsverzeichnis, Warenbeschreibung). Bei
der D8 handelt es sich um einen Lehrbuchauszug, der die technische Durchfüh-
rung, Leistungsbedarf und Einflüsse auf die Homogenisation auf dem Gebiet der
Molkereitechnologie zum Gegenstand hat (vgl. D8, S. 110 bis 113, Abschnitt 5.4).
4.
Nach alledem weist das Verfahren gemäß Patentanspruch 1 der Anmel-
dung alle Kriterien der Patentfähigkeit auf. Dieser Anspruch ist daher gewährbar.
- 14 -
Das gleiche gilt für die auf den Patentanspruch 1 rückbezogenen Patentansprü-
che 2 bis 4, die auf besondere Ausführungsformen des Verfahrens nach Patent-
anspruch 1 gerichtet sind.
III.
Gegen diesen Beschluss steht den Verfahrensbeteiligten das Rechtsmittel der
Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen hat,
ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass
1.
das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2.
bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des
Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der
Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3.
einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4.
ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten
war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder still-
schweigend zugestimmt hat,
5.
der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei
der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden
sind, oder
6.
der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.
- 15 -
Die Rechtsbeschwerdeschrift muss von einer beim Bundesgerichtshof zugelasse-
nen Rechtsanwältin oder von einem beim Bundesgerichtshof zugelassenen
Rechtsanwalt unterzeichnet und innerhalb eines Monats nach Zustellung des
Beschlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe einge-
reicht werden.
Maksymiw
Proksch-Ledig
Schell
Wagner
Fa